Zusammenfassung des Urteils WP240001: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Verfahren über die Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO entschieden. Der Kanton Zürich stellte ein Gesuch gegen A., vertreten durch die Zentrale Inkassostelle der Gerichte. A. wurde zur Nachzahlung von Fr. 2'506.60 verpflichtet, da er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Es wurden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. Das Urteil wurde am 14. Februar 2024 gefällt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | WP240001 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 14.02.2024 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 2C_152/2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Feststellung der Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO (PQ170097) |
Schlagwörter : | Gesuch; Zahlung; Gesuchsgegner; Recht; Zahlungspflicht; Verfahren; Gesuchsteller; Gericht; Obergericht; Kanton; Rechtspflege; Mitwirkung; Mitwirkungspflicht; Parteien; Kantons; Zivilkammer; Urteil; Inkasso; Zentrale; Inkassostelle; Feststellung; Verfahrens; Verfügung; Zahlungsverfahren; Oberrichter; Gerichte; Beschluss; Gesuchsgegners; Hinweis |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 4 ZPO ; |
Referenz BGE: | 137 III 470; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: WP240001-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Gütschi
Urteil vom 14. Februar 2024
in Sachen
Gesuchsteller
vertreten durch Zentrale Inkassostelle der Gerichte
gegen
Gesuchsgegner
betreffend Feststellung der Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO (PQ170097)
Erwägungen:
Sachverhalt / Prozessgeschichte
Im Obergerichtlichen Verfahren mit der Geschäfts-Nr. PQ170097 wurde
A. (nachfolgend: Gesuchsgegner) mit Beschluss und Urteil vom 31. Januar 2018 (act. 3/1 = act. 4/13) die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt (Beschlussdispositiv-Ziffer 3). Die Entscheidgebühr des bezirksrätlichen Verfahrens in der Höhe von Fr. 1'000 und die Kosten für die Kindesverfahrensvertretung in der Höhe von insgesamt Fr. 3'044.80 wurden dem Gesuchsgegner zur Hälfte auferlegt, infolge bewilligter unentgeltlicher Rechtspflege aber einstweilen auf die Bezirksratskasse genommen, und die Nachzahlungspflicht gemäss
Art. 123 ZPO wurde vorbehalten (vgl. Urteilsdispositiv-Ziffer 2). Die Entscheidgebühr für das Obergerichtliche Verfahren wurde auf Fr. 750 festgesetzt und die Gerichtskosten des Obergerichtlichen Verfahrens wurden (vollumfänglich) dem Gesuchsgegner auferlegt, infolge bewilligter unentgeltlicher Rechtspflege aber einstweilen auf die Gerichtskasse genommen; die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO wurde vorbehalten (vgl. Urteilsdispositiv-Ziffern 4 und 5).
Mit Beschluss vom 13. März 2018 (act. 3/2 = act. 4/18) wurde der Rechtsbeistand des Gesuchsgegners für seine Bemöhungen und Barauslagen im ge- nannten Verfahren mit Fr. 1'756.60 aus der Gerichtskasse entschädigt. Die Nachzahlungspflicht des Gesuchsgegners gemäss Art. 123 Abs. 1 ZPO wurde vorbehalten (a.a.O.).
Mit Schreiben vom 10. Januar 2024 (act. 2) stellte der Kanton Zürich, vertreten durch die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (nachfolgend: Gesuchsteller), beim Obergericht ein Gesuch um Feststellung der Nachzahlungspflicht nach
Art. 123 ZPO für eine Forderung von Fr. 2'506.60 (Fr. 750 plus Fr. 1'756.60).
Daraufhin wurde dem Gesuchsgegner mit Verfügung vom 12. Januar 2024
(act. 5) eine 20-t?gige Frist angesetzt, um zu den Ausführungen des Gesuchstellers Stellung zu nehmen und seine aktuelle finanzielle Situation darzulegen; dies mit dem Hinweis, dass eine Verletzung der Mitwirkungspflicht zur Bejahung der
Nachzahlungspflicht führe. Die Verfügung wurde dem Gesuchsgegner am 16. Ja- nuar 2024 am Schalter zugestellt (vgl. act. 6/2). Die Frist lief am 5. Februar 2024 ab. Am 12. Februar 2024 ging am Obergericht des Kantons Zürich ein Schreiben des Gesuchsgegners ein (vgl. act. 7 und act. 8/1-2). Welches Datum der Poststempel dieser Eingabe trägt, ist nicht zweifelsfrei erkennbar. Selbst wenn diese Eingabe rechtzeitig erfolgt sein sollte und beRücksichtigt würde, würde dies am Ausgang dieses Verfahrens jedoch nichts ändern (vgl. unten E. 3.3).
Prozessuales
Gemäss Art. 123 Abs. 1 ZPO ist eine Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege Gewährt wurde, zur Nachzahlung der gestundeten Kosten verpflichtet, sobald sie dazu in der Lage ist. Der Anspruch des Kantons verjährt zehn Jahre nach Abschluss des Verfahrens (Art. 123 Abs. 2 ZPO). Welche Behörde für die Anord- nung der Nachzahlung zuständig ist, bestimmt das kantonale Recht (Art. 4 Abs. 1 ZPO). Mangels kantonaler Vorschriften ist jene Instanz zuständig, welche die unentgeltliche Prozessführung bzw. Rechtspflege seinerzeit bewilligte (vgl. OGer ZH LE140062 vom 10. Februar 2015 E. 3d; HUBER, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016,
Art. 123 N 12; ZK ZPO-EMMEL, 3. Aufl. 2016, Art. 123 N 4). Hier ist dies die II. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich. Die Verordnung des Obergerichts über das Rechnungswesen der Bezirksgerichte und des Obergerichts sowie über das zentrale Inkasso vom 9. April 2003 (LS 211.14) regelt in 7 Abs. 1, dass die Zentrale Inkassostelle am Obergericht regelmässig pröft, ob Parteien, denen die unentgeltliche Rechtspflege die amtliche Verteidigung bewilligt wurde, zur Nachzahlung Rückerstattung im Sinne von Art. 123 ZPO verpflichtet werden können. Leisten die Parteien entsprechende Nachforderungen nicht freiwillig, stellt sie beim zuständigen Gericht Antrag auf Erlass eines nachträglichen Entscheides ( 7 Abs. 2).
Beim Nachzahlungsverfahren handelt es sich um ein summarisches Verfahren. Das Verfahren untersteht der Offizial- und Untersuchungsmaxime, wobei Letztere durch die Mitwirkungspflicht der Gesuchgegnerin eingeschränkt ist. Die für das Bewilligungsverfahren bei der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege statuierte Mitwirkungspflicht der gesuchstellenden Partei (Art. 119 Abs. 2 Satz
1 ZPO) gilt im Nachzahlungsverfahren analog. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht führt im Nachzahlungsverfahren zur Bejahung der Nachzahlungsfühigkeit und der Nachzahlungspflicht (vgl. statt vieler OGer ZH WP210001 vom 1. April 2021 E. 4 m.w.H., HUBER, DIKE-Komm-ZPO, a.a.O., Art. 123 N 6; BK ZPO-
B?HLER, Bern 2012, Art. 123 N 39). Aus der Mitwirkungspflicht folgt, dass die betreffende Partei verpflichtet ist, ihre Einkünfte, Vermögenssituation und Schuldverpflichtungen vollständig und klar darzustellen sowie soweit möglich durch Urkunden zu belegen.
Materielles
Mit Schreiben vom 18. Juli 2023 (act. 3/4) war der Gesuchsteller an den Gesuchsgegner gelangt, u.a. zwecks Abklärung der Nachzahlungspflicht in Bezug auf die erwähnte Forderung von Fr. 2'506.60 (Fr. 750 plus Fr. 1'756.60). Er for- derte den Gesuchsgegner auf, innert 30 Tagen Auskunft zu seiner finanziellen Situation zu geben, sollte er zur Bezahlung nicht in der Lage sein (a.a.O. S. 2). Mit Erinnerungsschreiben vom 28. August 2023 (act. 3/5) und vom 2. November 2023 (act. 3/6) forderte der Gesuchsteller den Gesuchsgegner je unter Hinweis auf die ihn treffende Mitwirkungspflicht erneut zur Auskunftserteilung zu seinen finanziellen Verhältnissen auf (a.a.O. S. 1). Da sich dieser nicht vernehmen liess (vgl.
act. 3/7), reichte der Gesuchsteller androhungsgemäss das vorliegende Gesuch um Feststellung der Nachzahlungspflicht ein.
Unter Hinweis auf die fehlende Mitwirkung verlangt der Gesuchsteller vor der Kammer die Feststellung der Nachzahlungspflicht (act. 2 S. 1 f.).
Der Gesuchsgegner bringt zwar vor, er werde bis auf Fr. 1'200 Einkommen gepfändet, komme finanziell für seine Tochter auf und sei mittellos (vgl. act. 7). Trotz entsprechender Aufforderung durch die Kammer in der Verfügung
vom 12. Januar 2024 legt er damit jedoch weder seine Einkünfte, Ausgaben, sei- ne Vermögenssituation und Allfällige Schuldverpflichtungen vollständig und klar dar noch reicht er hierzu Belege ein; dies, obwohl insbesondere Pfändungsurkun- den und SteuerErklärungen vorhanden sein Müssten (vgl. act. 7 und act. 8/1-2). Damit kommt er seiner Mitwirkungspflicht nicht nach. Wie bereits mit Verfügung
vom 12. Januar 2024 festgehalten (vgl. oben E. 1.2), führt dies zur Bejahung der Nachzahlungspflicht (vgl. oben E. 2.2). Demzufolge ist der Gesuchsgegner zur Nachzahlung von Fr. 2'506.60 zu verpflichten.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Art. 119 Abs. 6 ZPO bestimmt, dass in Verfahren um die unentgeltliche Rechtspflege ausser bei Bsoder Mutwilligkeit keine Gerichtskosten erhoben werden. Diese Kostenfreiheit gilt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung allerdings nur (aber immerhin) für das Gesuchsverfahren vor der ersten zweiten Instanz, nicht aber für das Rechtsmittelverfahren (vgl. BGE 137 III 470
E. 6.5.5). Diese Kostenfreiheitsregelung ist nach der Praxis der II. Zivilkammer auf das Nachzahlungsverfahren analog anwendbar (vgl. statt vieler OGer ZH WP210001 vom 1. April 2021 E. 6 m.w.H.; BK ZPO-B?HLER, Bern 2012, Art. 123
N 46). Entsprechend sind für das vorliegende Verfahren vor der II. Zivilkammer als erster Instanz keine Kosten zu erheben.
Der Gesuchsteller verlangt eine Entschädigung, begründet diesen Antrag aber nicht. Ein begründeter Fall im Sinne von Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO, welcher die Zusprechung einer Umtriebsentschädigung für eine nicht berufsmässig vertretene Partei vorsieht, liegt nicht vor. Der Gesuchsteller ist seinerseits vertreten durch ei- ne VerwaltungsBehörde, die lediglich ihre Amtspflicht wahrnimmt. Sie ist weder berufsmässig vertreten noch ist ihr ein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. Demnach ist dem Gesuchsteller keine Parteientschädigung zuzusprechen. Nachdem der Gesuchsgegner unterliegt (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO), ist auch ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Der Gesuchsgegner wird zur Nachzahlung von insgesamt Fr. 2'506.60 an den Kanton Zürich / Zentrale Inkassostelle der Gerichte verpflichtet.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsschein.
Gegen dieses Urteil kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG) gefährt werden.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Gütschi versandt am:
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