Zusammenfassung des Urteils WP210007: Obergericht des Kantons Zürich
Die X. AG und die Y. AG hatten Verträge für Architekturleistungen abgeschlossen. Nach gescheiterten Mediationsverhandlungen reichte die Y. AG Klage ein. Das Bezirksgericht entschied, dass die Klage nicht gültig war, da keine Organe der Parteien persönlich anwesend waren. Die X. AG erhob Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden gegen die Kostenentscheidung. Das Kantonsgericht entschied, dass die Prozesskosten im Endentscheid festgelegt werden müssen und hob die Entscheidung des Bezirksgerichts teilweise auf. Die Beschwerdegegnerin muss der Beschwerdeführerin CHF 2'000 als Entschädigung zahlen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 3'000 gehen zu Lasten der Beschwerdegegnerin. Die Beschwerdegegnerin kann gegen diese Entscheidung beim Schweizerischen Bundesgericht Beschwerde einlegen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | WP210007 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 02.12.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Feststellung der Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO |
Schlagwörter : | Recht; Gericht; Bezirksgericht; Honorar; Uster; Verfahren; Entscheid; Obergericht; Zahlung; Kanton; Rechtspflege; Inkasso; Zustellung; Kantons; Rechtsanwältin; Honorarnote; Zentrale; Inkassostelle; Gerichte; Verfügung; Rechtsbeiständin; Bezirksgerichts; Honorarverfügung; Oberrichterin; Eingabe; Frist; Urteil; Parteien |
Rechtsnorm: | Art. 110 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 130 ZPO ;Art. 132 ZPO ;Art. 137 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 4 ZPO ;Art. 82 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: WP210007-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichterin lic. iur.
Strähl sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
Beschluss vom 2. Dezember 2021
in Sachen
Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin
gegen
Beschwerdegegner
vertreten durch Zentrale Inkassostelle der Gerichte
betreffend Feststellung der Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO (FE130278)
Erwägungen:
1.
Mit Verfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Uster vom 12. März 2014 wurde der Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (fortan Beschwerdeführerin) im Verfahren betreffend Ehescheidung (Prozess-Nr. FE130278-I) die unentgeltliche Prozessführung bewilligt und ihr in der Person von Rechtsanwältin lic. iur. X. eine unentgeltliche Rechtsbeiständin bestellt
(act. 3/4 S. 2). Im Scheidungsurteil vom 12. März 2014 wurden die Gerichtskosten den Ehegatten je zur Hälfte auferlegt, jedoch zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege einstweilen auf die Gerichtskasse genommen, wobei auf die spätere Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO hingewiesen wurde (act. 3/4
S. 7). Mit Verfügung vom 12. Juni 2014 wurde sodann die unentgeltliche Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin lic. iur. X. , für ihre Aufwendungen und Auslagen aus der Gerichtskasse mit Fr. 5'459.90 entschädigt. Die genannte Verfügung wurde der unentgeltlichen Rechtsbeiständin im Doppel für sich und zuhanden der Beschwerdeführerin zugestellt (act. 3/5 S. 2).
2.
Mit als Beschwerde zu Geschäft FE130278-I betiteltem Schreiben vom
16. November 2021 (Datum Poststempel: 17. November 2021) wandte sich die Beschwerdeführerin an das Obergericht des Kantons Zürich. Die Beschwerdeführerin legte ihrem Schreiben die Briefe der Zentralen Inkassostelle der Gerichte vom 3. sowie 10. November 2021 betreffend Prozesskosten aus früheren Verfahren und Kontoauszug in Sachen FE130278-I, den Entscheid des Bezirksgerichts Uster betreffend Ehescheidung vom 12. März 2014 sowie die bezirksgerichtliche Honorarverfügung vom 12. Juni 2014 bei (act. 3/1-5).
Gemäss Art. 130 Abs. 1 ZPO müssen Papiereingaben an das Gericht mit einer Originalunterschrift versehen sein. Die Beschwerdeführerin hat ihre Eingabe vom 16. November 2021 nicht unterzeichnet. Gestützt auf Art. 132 Abs. 1 ZPO wäre ihr eine Nachfrist anzusetzen, damit sie diesen Mangel verbessern kann. Am 18. November 2021 leitete das Bezirksgericht Uster jedoch eine Eingabe der Beschwerdeführerin an das Obergericht des Kantons Zürich weiter, welche deren
Schreiben vom 16. November 2021 mit Unterschrift versehen sowie die bereits an das Obergericht gesandten Beilagen enthielt (act. 4 sowie act. 5-6/1-5). Von der Fristansetzung an die Beschwerdeführerin zur Einreichung einer handschriftlich unterzeichneten Eingabe kann damit abgesehen werden. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
3.
Gemäss Art. 123 Abs. 1 ZPO ist eine Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, zur Nachzahlung der gestundeten Kosten verpflichtet, sobald sie dazu in der Lage ist. Der Anspruch des Kantons verjährt zehn Jahre nach Abschluss des Verfahrens (Art. 123 Abs. 2 ZPO). Beim Anspruch auf Rückerstattung von Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Forderung des Staates gegenüber derjenigen Partei, welcher die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde (BGer 2C_100/2012, Urteil vom
25. September 2012, E. 1). Die Zentrale Inkassostelle der Gerichte prüft regelmässig die Nachzahlungsfähigkeit einer Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, und stellt gegebenenfalls beim zuständigen Gericht Antrag auf Erlass eines nachträglichen Entscheids (§ 7 Verordnung des Obergerichts über das Rechnungswesen der Bezirksgerichte und des Obergerichts sowie über das zentrale Inkasso vom 9. April 2003 [LS 211.14]). Welche Behörde für die Anord- nung der Nachzahlung zuständig ist, bestimmt das kantonale Recht (Art. 4 Abs. 1 ZPO). Mangels kantonaler Vorschriften ist jene Instanz zuständig, welche die unentgeltliche Prozessführung bzw. Rechtspflege seinerzeit bewilligte (vgl.
OGer ZH WP210001 vom 1. April 2021 E. 3. m.w.H.); damit ist vorliegend das Bezirksgericht Uster zuständig.
Vorliegend nahm die Zentrale Inkassostelle der Gerichte eine Prüfung der Nachzahlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin vor. Sie kam jedoch zum Schluss, dass aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin vorerst auf ein weiteres Inkasso verzichtet werde (act. 6/2). Es wurde damit kein Antrag auf Erlass eines nachträglichen Entscheids über die Nachzahlung gestellt und es liegt kein solcher Entscheid des Bezirksgerichtes Uster vor. Damit fehlt es am Anfechtungsobjekt für eine Beschwerde an die Kammer. Auch ist die Beschwerdeführe-
rin durch den einstweiligen Verzicht in ihren rechtlich geschützten Interessen nicht tangiert, denn es wurde nichts zu ihren Lasten entschieden (vgl. Art. 59 Abs. 2
lit. a ZPO). Auf die Beschwerde ist folglich nicht einzutreten.
In ihrem Schreiben an die Kammer verlangt die Beschwerdeführerin von ihrer damaligen Rechtsvertretung den Nachweis, dass sie ihr das Urteil des Bezirksgerichts Uster vom 12. März 2014 sowie dessen Verfügung vom 12. Juni 2014 mit Honorarnote zugestellt habe. Sie zweifelt an, dass die Honorarnote legitimiert gewesen sei und fordert daher Einsicht in die detaillierte Honoraraufstellung. Im Falle, dass der Nachweis über die fristgerechte Zustellung des Urteils nicht erbracht werden könne und/oder die Honorarnote in einem Missverhältnis zum von ihr gewünschten Aufwand stehe, sei von der Forderung der Honorarnote abzusehen (act. 2).
Was den Nachweis der Zustellung der genannten Entscheide des Bezirksgerichts Uster betrifft, so hat sich die Beschwerdeführerin mit einem Akteneinsichtsgesuch an das Bezirksgericht zu wenden, welches die Empfangsscheine in den Akten des Verfahrens-Nr. FE130278-I abgelegt hat. Gleiches gilt für die Honorarnote der unentgeltlichen Rechtsbeiständin vom 24. März 2014. In Bezug auf die gerichtliche Zustellung ist die Beschwerdeführerin auf Art. 137 ZPO hinzuweisen: Ist eine Partei vertreten, erfolgt die Zustellung im Verfahren an die Vertretung. Entsprechend wurde die Honorarverfügung vom 12. Juni 2014 der unentgeltlichen Rechtsbeiständin im Doppel für sich und die Beschwerdeführerin zugestellt (act. 6/5 Dispositiv-Ziff. 2). Sollte Rechtsanwältin lic. iur. X. der Beschwerdeführerin den Entscheid nicht übergeben resp. ihr davon keine Kenntnis erteilt haben, so beträfe dies das interne Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwältin sowie Klientin und könnte in diesem Verfahren nicht vorgebracht werden.
Der Entscheid über die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes nach Art. 122 Abs. 1 lit. a ZPO stellt als Bestandteil der Liquidation der Prozesskosten einen Kostenentscheid nach Art. 110 ZPO dar, der innert 10 Tagen ab Er- öffnung grundsätzlich selbständig mit Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO anfechtbar ist (Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO und Art. 321 Abs. 2 ZPO; OGer ZH PC150063 vom 14. Januar 2016 E. II.1; ZR 111 Nr. 53). Die Rechtsmittelfrist zur Anfechtung
der Honorarverfügung vom 12. Juni 2014 lief ab Zustellung an die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin. Soweit die Beschwerdeführerin gegen die Honorarverfügung des Bezirksgerichts Uster vom 12. Juni 2014 resp. das darin an Rechtsanwältin lic. iur. X. zugesprochene Honorar zum heutigen Zeitpunkt (das heisst nach gut sieben Jahren) eine Beschwerde erheben wollte, wäre auf diese zufolge Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht einzutreten.
4.
Ausnahmsweise ist auf die Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren zu verzichten. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.
Es wird beschlossen:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Uster, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 82 ff. (Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 82 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 5'459.90.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Würsch
versandt am:
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