Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VV220010 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 27.10.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Umteilung Prozess Nr. GH220052-G des Bezirksgerichts Meilen in Sachen Staatsanwaltschaft See/Oberland gegen ... betreffend Anordnung der Untersuchungshaft |
Zusammenfassung : | Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragte die definitive Rechtsöffnung für Steuerschulden gegen A.________. Der Einzelrichter gewährte die Rechtsöffnung teilweise. A.________ legte Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde. Es wurde festgestellt, dass die Steuerentscheide rechtskräftig seien und die Rechtsöffnung gerechtfertigt sei. Die Gerichtskosten von CHF 450.00 wurden A.________ auferlegt. |
Schlagwörter : | Verfahren; Bezirksgericht; Gericht; Beschuldigte; Zwangsmassnahmengericht; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Beschuldigten; Bezirkes; Geschäfts-Nr; See/Oberland; Verfahrens; Ausstand; Obergericht; Umteilung; Anordnung; Untersuchungshaft; Antrag; Kantons; Verwaltungskommission; Sachen; Obergerichts; Anzeige; Richter; Behandlung; Oberrichter; Bezirksgerichts; Gerichtsleitung; Ausstands; ängig |
Rechtsnorm: | Art. 285 StGB ; Art. 56 StPO ; |
Referenz BGE: | 138 I 1; |
Kommentar: | Keller, Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Art. 56 OR StPO, 2014 |
Obergericht des Kantons Zürich
Verwaltungskommission
Geschäfts-Nr. VV220010-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Langmeier, Vizepräsidentin lic. iur. F. Schorta, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz und Oberrichter lic. iur. A. Wenker sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Beschluss vom 27. Oktober 2022
in Sachen
Antragstellerin
gegen
Beschuldigter
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
Erwägungen:
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2022 (act. 1) gelangte das Bezirksgericht B. an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich und ersuchte um Zuweisung des Verfahrens in Sachen Staatsanwaltschaft See/Oberland gegen A.
betreffend Anordnung der Untersuchungshaft, Geschäfts-Nr. GH220052-…, an ein anderes Gericht des Kantons Zürich. Zur Begründung brachte es vor, A. (fortan: Beschuldigter)
habe im Rahmen eines am Bezirksgericht B.
hängigen Forderungsprozesses massive Drohungen gegen die am Prozess beteiligten Mitarbeitenden des Bezirksgerichts ausgesprochen. Die Gerichtsleitung habe daher in der Folge Strafanzeige gegen den Beschuldigten erstattet. Der Beschul- digte sei am 25. Oktober 2022 verhaftet worden. Der ans Bezirksgericht
B.
gerichtete Haftantrag datiere vom 26. Oktober 2022. Bei diesen
Gegebenheiten, insbesondere aufgrund der durch das Bezirksgericht B. erfolgten Strafanzeige, dürften in Bezug auf das Verfahren betreffend Anordnung der Untersuchungshaft keine am besagten Gericht tätigen Richterinnen und Richter als unbefangen gelten, weshalb um Umteilung des Verfahrens ersucht werde.
Nachdem der Vertreter des Beschuldigten beim Bezirksgericht B. ebenfalls mit Eingabe vom 26. Oktober 2022 infolge des Anscheins von Befangenheit ein Ausstandsgesuch gegen alle Gerichtsmitglieder des Bezirksgerichts B. gestellt und die Umteilung des Verfahrens an ein anderes Zwangsmassnahmengericht beantragt (act. 3/3) und auch die Staatsanwaltschaft gegen eine Umteilung nichts einzuwenden hat (act. 4), kann von der Gewährung des rechtlichen Gehörs mittels Einholung von Stellungnahmen der Parteien abgesehen werden. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Zuständig zur Behandlung des vorliegenden Gesuchs um Umteilung ist die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich als unmittelbare Aufsichtsbehörde über die ihm unterstellten Gerichte (§ 80 Abs. 1 lit. b GOG).
Kann ein Gericht infolge Ausstands nicht mehr durch den Beizug von Ersatzmitgliedern besetzt werden ist der Beizug von solchen nicht angebracht, so überweist die Aufsichtsbehörde die Streitsache einem anderen Gericht gleicher sachlicher und funktionaler Zuständigkeit (§ 117 GOG). Für Strafverfahren ist der Ausstand in Art. 56 StPO geregelt, der beispielhaft Tatbestände aufzählt, die einen Ausstand begründen, wobei die Aufzählung nicht abschliessend ist. Allgemein ist ein Ausstandsgrund gegeben, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit hervorrufen (BGE 138 I 1 E. 2.2; Keller in: Donatsch/Hansjakob§/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 56 N 9).
Beim Bezirksgericht B. handelt es sich um ein mittelgrosses Landgericht. Am 3. Oktober 2022 erstattete dessen Gerichtsleitung gegen den Beschuldigten Strafanzeige insbesondere wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 StGB, act. 3/5). In der Folge eröffnete die Staatsanwaltschaft See/Oberland das Verfahren B-3/2022/10038079 gegen den Beschuldigten und stellte nach einer Hausdurchsuchung sowie dem Erlass eines Vorführungsbefehls am 20. Oktober 2022 (act. 3/16) am
26. Oktober 2022 beim Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes B. den Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft (act. 3/1). Dieses eröffnete unverzüglich das Verfahren Geschäfts-Nr. GH220052-… und lud den Beschuldigten auf den 27. Oktober 2022, 14.30 Uhr, zur Anhörung vor
(act. 3/2). Das Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes B.
müsste
somit in einem Verfahren entscheiden, welches aufgrund einer Strafanzeige der eigenen Gerichtsleitung eingeleitet wurde. Würde das Zwangsmass- nahmengericht ein solches Verfahren behandeln, könnte gegen Aussen der Eindruck erweckt werden, die Richterinnen und Richter seien nicht ausreichend unabhängig, auch wenn sie sich vorliegend selbst nicht zur Frage des Ausstandes geäussert haben. Gleiches gilt für die juristischen Mitarbeiten- den des Gerichts, weshalb davon abzusehen ist, für die Behandlung der Anklage Ersatzmitglieder heranzuziehen. Unter diesen Umständen erscheint es weder aus der Sicht der Verfahrensbeteiligten noch aus der Sicht der Öffentlichkeit angebracht, das Verfahren durch das Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes B. behandeln zu lassen dafür Ersatzmitglieder heranzuziehen. Demzufolge ist das Verfahren Geschäfts-Nr. GH220052-… dem Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes C. zur weiteren Behandlung
zu überweisen. Soweit das Bezirksgericht B.
in seinem Antrag auf
Verfahrensumteilung auch um Überweisung von allfälligen weiteren Verfahren des Zwangsmassnahmengerichts in dieser Sache ersucht (act. 1 S. 2), so kann diesem Antrag zurzeit mangels Bestehens von entsprechenden Verfahren nicht stattgegeben werden. Vielmehr ist ein solches Begehren erst dann zu stellen, wenn ein entsprechendes Verfahren eröffnet wurde.
Es wird beschlossen:
Das beim Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes B.
hängige Verfahren in Sachen Staatsanwaltschaft See/Oberland gegen A.
betreffend Anordnung der Untersuchungshaft (Geschäfts-Nr. GH220052-…) wird
dem Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes C. überwiesen.
zur Behandlung
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, infolge Dringlichkeit vorab per E-Mail, an:
die Staatsanwaltschaft See/Oberland,
den amtlichen Verteidiger des Beschuldigten, zweifach, für sich und den Beschuldigten,
das Zwangsmassnahmengericht des Bezirkes C. nahme, unter Beilage der vom Bezirksgericht B. Beilagen (act. 3/1-3/20/5),
zur Kenntniseingereichten
das Bezirksgericht B. , mit dem Hinweis, die Akten des Verfahrens Geschäfts-Nr. GH220052-… nach Abschreibung am Register direkt dem Bezirksgericht C. zu übersenden.
Rechtsmittel :
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, bei der Rekurskommission des Obergerichts, Hirschengraben 13/15, Postfach, 8021 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden.
Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.
Zürich, 27. Oktober 2022
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
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