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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils VR230006: Obergericht des Kantons Zürich

Der Appellant, Monsieur A, hat gegen ein Urteil Berufung eingelegt, das am 19. Mai 2020 ergangen ist und in dem es unter anderem um die Scheidung und die Unterhaltszahlungen für die gemeinsamen Kinder ging. Das Gericht hat entschieden, dass Monsieur A ab Oktober 2020 monatlich 290 CHF pro Kind an Madame B zahlen muss. Monsieur A hat Berufung eingelegt und argumentiert, dass er aufgrund seiner Arbeitslosigkeit nicht in der Lage sei, diesen Betrag zu zahlen. Das Gericht hat entschieden, dass Monsieur A bis zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit keine Unterhaltszahlungen leisten muss. Die Gerichtskosten in Höhe von 1500 CHF werden je zur Hälfte auf die Parteien aufgeteilt.

Urteilsdetails des Kantongerichts VR230006

Kanton:ZH
Fallnummer:VR230006
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VR230006 vom 13.12.2023 (ZH)
Datum:13.12.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rekurs gegen Anordnung vom 23. Oktober 2023
Schlagwörter : Verrechnung; Rekurrentin; Rekurs; Verfahren; Obergericht; Recht; Gericht; Forderung; Rekursgegner; Kanton; Obergerichts; Inkasso; Schuld; Kantons; Geschäfts-Nr; Forderung; Bezirksgericht; Höhe; Inkassos; Forderungen; Verwaltungskommission; Kostenvorschuss; Zentrale; Inkassostelle; Verfahrens; Rechtsmittel; Bundesgericht; Anordnung
Rechtsnorm:Art. 120 OR ;Art. 124 OR ;Art. 98 ZPO ;
Referenz BGE:139 IV 243;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts VR230006

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. VR230006-O/U

Mitwirkend: Die ObergerichtsvizePräsidentin lic. iur. F. Schorta, Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz und Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 13. Dezember 2023

in Sachen

A. ,

Rekurrentin

gegen

Obergericht des Kantons Zürich,

Rekursgegner

betreffend Rekurs gegen Anordnung vom 23. Oktober 2023, Nr. 1057926

Erwägungen:

I.
  1. A. (fortan: Rekurrentin) schuldet dem Kanton Zürich aus verschiede- nen am Bezirksgericht Dielsdorf und dem Obergericht des Kantons Zürich durchgefährten Verfahren einen Betrag von insgesamt Fr. 20'352.50 (vgl. act. 6/16). Aus dem Verfahren Geschäfts-Nr. LB230003-O steht ihr sodann eine Forderung von Fr. 18'500.zu. Diese resultiert aus einem geleisteten Kostenvorschuss nach Art. 98 ZPO, welcher der Rekurrentin in der besagten Höhe zurückzuerstatten ist (act. 6/16, act. 7). Mit Schreiben vom

    25. September 2023 wandte sich die Zentrale Inkassostelle des Obergerichts des Kantons Zürich (fortan: Rekursgegner) an die Rekurrentin und liess ihr einen Kontoauszug samt Verrechnungsanzeige zukommen (act. 6/16). Daraus ging hervor, dass sie die der Rekurrentin aus dem Verfahren Geschäfts-Nr. LB230003-O zustehende Forderung von Fr. 18'500.gestützt auf Art. 120 OR mit den oberwähnten Schulden verrechnen würde. Zudem stellte sie ihr den Betrag von Fr. 389.20 in Rechnung (act. 4/3). Am

    18. Oktober 2023 teilte die Rekurrentin mit, dass sie mit der Verrechnung nicht einverstanden sei und diese als unzulässig erachte (act. 6/17). Mit Schreiben vom 23. Oktober 2023 (act. 6/18) hielt die Zentrale Inkassostelle an der Verrechnung fest und begründete dies damit, dass die Voraussetzungen von Art. 120 OR (SR 220) erfüllt seien, weshalb eine Verrechnung zulässig sei. Sie orientierte die Rekurrentin über den ihr zustehenden Rechtsmittelweg.

  2. Mit Eingabe vom 13. November 2023 (act. 1) erhob die Rekurrentin bei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich innert Frist Rekurs und stellte den folgenden Antrag:

    Es sei die angefochtene Anordnung vom 23. Oktober 2023 (siehe Beilage A) aufzuheben und mir den Betrag in der Höhe von

    CHF 18'500.00 - Gerichtskostenvorschuss des Verfahrens LB 230003- O von CHF 20'500.00 abzüglich Spruchgebühr im Betrage von

    CHF 2'000.00 (Abrechnungssaldo Abrechnungs-Nr. 966322) auszuzahlen.

    Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

  3. Die vorinstanzlichen Akten zog die Verwaltungskommission bei ( 26a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRG, LS 175.2], act. 6/1-20). Zudem zog sie die massgeblichen Entscheide des Bezirksgerichts Dielsdorf vom

14. Februar 2020 bzw. vom 8. Dezember 2022, Geschäfts-Nr. CP170003-D, sowie die Beschlüsse des Obergerichts vom 27. März 2023, Geschäfts- Nr. LB230003-O, und vom 2. März 2023, Geschäfts-Nr. RV230002-O, bei (act. 7-8, act. 11/1-2). Auf die Einholung einer Stellungnahme des Rekursgegners im Sinne von 26b VRG verzichtete sie (VRG Kommentar-Griffel,

? 26b N 6). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

II.

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Verrechnung von Verfahrensschulden der Rekurrentin mit einem dieser zustehenden Rückerstattungsanspruch betreffend einen geleisteten Prozesskostenvorschuss durch den Rekursgegner. Der Bezug und die Verwendung von solchen Leistungen sowie damit zusammenhängende Verrechnungen betreffen eine Justizverwaltungssache (GOG Kommentar-Hauser/Schweri/Lieber, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2017, Vorbemerkungen zu den ?? 67 ff. N 12). Gegen diesbezügliche Anordnungen der Zentralen Inkassostelle ist der Rekurs an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich gegeben ( 76 Abs. 1 Gerichtsorganisationsgesetz [GOG, LS 211.1], 42 GOG, 18 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die Organisation des Obergerichts [OrgV OG, LS 212.51]). Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung des Rekurses gegen die Anordnung vom 23. Oktober 2023 (act. 3) zuständig.

    1. Die Rekurrentin stellt die Legitimation des Rekursgegners zur Ausstellung von VerrechnungsErklärungen wie jener gemäss Schreiben vom

      25. September 2023 in Abrede, indem sie geltend macht, der Gerichtskasse stehe kein Recht zu, zu bestimmen, für was ihr Geld eingesetzt werde. Eine Verrechnung stehe lediglich dem Gericht, nicht aber der Gerichtskasse zu.

      Das Bezirksgericht Dielsdorf habe im Verfahren Geschäfts-Nr. CP170003-D keine solche erklärt (act. 1 Rz 2 f.).

    2. Diesem Standpunkt kann nicht gefolgt werden. Gemäss 2 Abs. 1 der Verordnung des Obergerichts über das Rechnungswesen der Bezirksgerichte und des Obergerichts sowie über das zentrale Inkasso vom 9. April 2003 (LS 211.14) i.V.m. mit 201 Abs. 1 und 2 GOG ist das Rechnungswesen am Obergericht für das Abrechnen der Kostenforderungen (gebühren, Kosten, Bussen und Verpflichtungen) und die Rechnungsstellung für alle Bezirksgerichte sowie für das Obergericht zuständig. Ferner obliegt der Zentralen Inkassostelle am Obergericht gemäss 3 der besagten Verordnung die übernahme des Inkassos von Gerichtsforderungen für alle Bezirksgerichte und das Obergericht. Die Zentrale Inkassostelle ist demnach von Gesetzes wegen zur Vornahme von Abrechnungen betreffend Verfahren der Bezirksgerichte und des Obergerichts des Kantons Zürich zuständig. Von der Abrechnungspflicht erfasst wird auch das Ausstellen von Verrechnungserklärungen im Sinne von Art. 124 Abs. 1 OR. Damit ist die Zentrale Inkassostelle zur Ausstellung eines Schreibens wie dem angefochtenen legitimiert und darf sie VerrechnungsErklärungen wie im Schreiben vom 25. September 2023 vorgenommen aussprechen. Nicht vorausgesetzt wird dabei, dass das Verrechnungsrecht durch das Gericht in seinem Entscheid explizit vorbehalten wurde (KUKO ZPO-Schmid/Jent-Sürensen, Art. 111/112 N 5).

  1. Zu prüfen bleibt im Folgenden, ob die Voraussetzungen für eine Verrech- nung gestützt auf Art. 120 ff. OR gegeben sind.

    1. In der Rekursschrift (act. 1) bringt die Rekurrentin hierzu im Wesentlichen vor, sie habe dem Rekursgegner mitgeteilt, dass sie die Rechtsauslegung von Art. 120 OR als unzulässig erachte. Die Gleichartigkeit der Gegenst?n- de sei nicht gegeben. Ohne die Leistung des Kostenvorschusses von Fr. 20'500.im Verfahren Geschäfts-Nr. LB230003-O wäre ihr der Zugang zum Gericht verwehrt gewesen, da auf die Beschwerde nicht eingetreten worden wäre. Die Höhe des Kostenvorschusses sei unangemessen und willkürlich festgelegt worden. Sie habe jedoch auf eine Klage gegen die Höhe des Kostenvorschusses verzichtet, um nicht ihren Anspruch auf Zugang zum Gericht zu verlieren. Es sei rechtswidrig, diesen in einem unfairen Verfahren festgelegten Vorschuss mit Gerichtskosten eines überdies bestritte- nen Verfahrens zu verrechnen. Durch die Festlegung von solch unangemessenen Gerichtskostenvorschüssen beseitige der Staat sein Inkassorisiko. Ihr Grundrecht, wie sie ihre finanziellen Mittel einsetze, sei verletzt wor- den. Der Staat habe nicht das Recht, der beklagten Partei das Insolvenzrisiko des Staates in einem anderen Verfahren zu überbinden. Durch die Verrechnung werde jegliche Rechtsweggarantie verletzt.

    2. Beim in Art. 120 ff. OR vorgesehenen Grundsatz der Verrechnung handelt es sich um einen allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz (BGE 139 IV 243

      E. 5.1 = Pra 2013 Nr. 108). Sofern das öffentliche Recht wie im vorliegen- den Fall keine eigenen Regeln zur Verrechnung enthält, gelangen die obligationenrechtlichen Bestimmungen über die Verrechnung auch in diesem Rechtsgebiet zur Anwendung (Urteil des Bundesgerichts 6B_956/2017 vom

      18. April 2018, E. 2.2 [= BGE 144 IV 212]; Urteil des Bundesgerichts

      2C_432/2010 vom 9. November 2010, E. 4.2).

    3. Schulden zwei Personen einander Geldsummen andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen (Art. 120 Abs. 1 OR). Eine Verrechnung setzt somit die sog. Gegenseitigkeit der Forderungen voraus, was bedeutet, dass sich die Verrechnungsforderung bzw. die Gegenforderung gegen den Verrechnungsgegner und die Hauptforderung gegen den Verrechnenden zu richten hat. Die Gegenseitigkeit der Forderungen muss im Zeitpunkt der VerrechnungsErklärung vorliegen (BSK OR I-Müller, Art. 120 N 7). Bezüglich der Fälligkeit der Forderungen genügt es, wenn die eigene Schuld des Verrechnenden erfüllbar ist, während die Schuld des Verrechnungsgegners fällig sein muss. Fälligkeit bedeutet, dass die Forderung durchsetzbar, einredefrei und einklagbar ist (BSK OR I-Müller, Art. 120 N 3 f.). Schliesslich müssen die Forderungen

      gleichartig sein, was bei sich gegenüberstehenden Geldforderungen in Schweizer Franken stets der Fall ist.

      Eine Verrechnung kommt bei Erfüllung der eben erwähnten Voraussetzungen auch dann in Frage, wenn einer Partei aufgrund der nicht vollständigen Beanspruchung eines geleisteten Prozesskostenvorschusses eine Forderung auf Rückzahlung des nicht beanspruchten Teils gegenüber dem Kanton zusteht, jedoch noch offene Gegenforderungen des Kantons bestehen (KUKO ZPO-Schmid/Jent-Sürensen, Art. 111/112 N 4; BSK ZPO- Rüegg/Rüegg, Art. 111 N 3). Sofern die Rekurrentin in diesem Zusammenhang die Höhe des Prozesskostenvorschusses beanstandet und sich auf ei- ne unzulässige übertragung des Kostenrisikos beruft (act. 1 Rz 4 f.), so ist dem entgegen zu halten, dass ihr gegen die Anordnung des Kostenvorschusses das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht zustand. Dessen Höhe bzw. die geltend gemachte Unverhältnismässigkeit hätte sie auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg anfechten müssen. Von diesem Recht hat sie gemäss eigenen Angaben jedoch keinen Gebrauch gemacht. Im vorliegenden Verfahren kann auf die geltend gemachte Unrechtmässigkeit der Vorschusshöhe nicht näher eingegangen werden. Vielmehr ist mangels Anfechtung von der Rechtmässigkeit des Kostenvorschusses auszugehen.

    4. Bei den zur Verrechnung stehenden Forderungen der Parteien handelt es sich allesamt um Geldforderungen. Das Kriterium der Gleichartigkeit ist damit entgegen der Rekurrentin (act. 1 Rz 2) gegeben. Ferner sind die Schul- den der Rekurrentin im Umfang von Fr. 20'352.50 fällig (act. 6/16, act. 6/9, act. 11/1-2, act. 8), während jene des Rekursgegners über Fr. 18'500.erfüllbar ist (act. 7). Ebenso ist das Erfordernis der Gegenseitigkeit erfüllt. Die Rekurrentin ist die Schuldnerin der im Schreiben des Rekursgegners vom

      25. September 2023 aufgelisteten, aktuell betreibbaren Schulden in der Höhe von Fr. 20'352.50 (act. 6/16). Gegenteilige Hinweise bestehen keine, und die Rekurrentin bringt Entsprechendes auch nicht vor. Hinsichtlich der aus dem Verfahren der I. Zivilkammer Geschäfts-Nr. LB230003-O resultierenden

      Forderung von Fr. 18'500.ist die Rekurrentin sodann Gläubigerin und der Rekursgegner Schuldner (act. 7). Das Erfordernis der Gegenseitigkeit der zur Verrechnung gebrachten Forderungen ist demnach erfüllt.

    5. Infolge Erfüllung aller massgeblichen Voraussetzungen stand dem Rekursgegner am 25. September 2023 (act. 6/16), bestätigt durch das Schreiben vom 23. Oktober 2023 (act. 6/18), das Recht zu, gegenüber der Rekurrentin die Verrechnung in der Höhe von Fr. 18'500.zu erklären. Die Rekurrentin vermag in ihren Ausführungen nichts vorzubringen, was einer gültigen Verrechnung entgegenstehen würde, weshalb der Rekurs abzuweisen ist.

III.
  1. Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Verfahren ist auf Fr. 500 festzusetzen ( 13 VRG i.V.m. 20 GebV OG [LS 211.11]). Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der Rekurrentin aufzuerlegen.

  2. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen ( 17 VRG).

  3. Hinzuweisen bleibt schliesslich auf das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesgericht.

Es wird beschlossen:

  1. Der Rekurs wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Verfahren wird auf Fr. 500.festgesetzt.

  3. Die Kosten des Verfahrens werden der Rekurrentin auferlegt.

  4. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • die Rekurrentin und

    • den Rekursgegner, unter Beilage einer Kopie von act. 1.

      Die beigezogenen Akten des Rekursgegners (act. 6/1-20) werden diesem nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel retourniert.

  6. Eine Allfällige Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (ordentliche Beschwerde) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Zürich, 13. Dezember 2023

Obergericht DES KANTONS Zürich

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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