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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UH220009
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH220009 vom 26.04.2022 (ZH)
Datum:26.04.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorzeitige Verwertung
Zusammenfassung : Ein Revisionsgesuch wurde gegen einen Strafbefehl wegen Diebstahls eingereicht, da die Verurteilte an Demenz leidet und zur Tatzeit nicht fähig war, das Unrecht zu erkennen. Die Generalstaatsanwaltschaft unterstützte das Gesuch, da der Arztbericht erst nach dem Strafbefehl erstellt wurde und die Demenz bereits vorher bestand. Die Demenz führte zur Einstellung weiterer Verfahren wegen Hausfriedensbruchs. Das Revisionsgesuch wurde angenommen, der Strafbefehl aufgehoben und die Sache zur erneuten Beurteilung an die Staatsanwaltschaft zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens in Höhe von CHF 800.00 trägt der Kanton Bern.
Schlagwörter : Verwertung; Staatsanwaltschaft; Verfügung; Kryptowährung; Recht; Verfahren; Bundesgericht; Interesse; Bundesgerichts; Urteil; Person; Beschwerdeverfahren; Gehör; Gefahr; Wertverlust; Werte; Kantons; Anspruch; Staates; Beschlag; Voraussetzungen; Verfahren; Beschlagnahme; Verfahrens; ätzlich
Rechtsnorm:Art. 107 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 26 BV ; Art. 266 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 36 BV ; Art. 428 StPO ; Art. 9 BV ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Donatsch, Schweizer, Heim, Lieber, Wohlers, Heimgartner, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, Art. 266 StPO, 2020
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UH220009-O/U/HON

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, und lic. iur. D. Oehninger, Oberrichterin lic. iur. K. Eichenberger sowie Gerichtsschreiber

Dr. iur. S. Christen

Beschluss vom 26. April 2022

in Sachen

A. , Beschwerdeführer

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,

Beschwerdegegnerin

betreffend vorzeitige Verwertung

Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2021, D-1/2017/10011833

Erwägungen:

I.

  1. Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Sie wirft ihm vor, auf Darknet-Marktplätzen Partydrogen und Kokain vertrieben zu haben, wobei die Zahlungen in Kryptowährungen abgewickelt worden seien. Mit Verfügung vom 13. August 2018 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft einen Posten in der Kryptowährung ETH. Am 23. Dezember 2021 ordnete die Staatsanwaltschaft die Verwertung der beschlagnahmten Kryptowährung, lagernd auf dem von der B. AG für die Staatsanwaltschaft geführten Konto, an. Die Verwertung habe gesamthaft und sofort zu erfolgen. Der nach der Verwertung resultierende Netto-Erlös werde beschlagnahmt (Urk. 3).

  2. A. erhebt Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (Urk. 2). Er beantragt die Aufhebung der Verfügung vom 23. Dezember 2021. Es sei in Aufhebung der Verfügung vom 23. Dezember 2021 von der gesamten und sofortigen Verwertung der beschlagnahmten Kryptowährung abzusehen. Entsprechend sei auch von der Beschlagnahme des nach der Verwertung resultierenden Erlöses abzusehen. Er stellt zudem den Antrag, der Beschwerde sei die aufschieben- de Wirkung zu erteilen.

Die Verfahrensleitung der III. Strafkammer des Obergerichts trat am 11. Januar 2022 auf den Antrag zur Erteilung der aufschiebenden Wirkung nicht ein, weil gemäss der angefochtenen Verfügung eine Mitteilung an die für die Verwertung zuständige Stelle erst nach Eintritt der Rechtskraft der angefochtenen Verfügung erfolge, die vorzeitige Verwertung daher nur bei unbenütztem Ablauf der Beschwerdefrist bei einer allfälligen Abweisung der Beschwerde vollzogen wer- de (Urk. 5).

Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen (Urk. 7). Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. A. hält in der Replik an seinen Anträgen fest (Urk. 11). Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Duplik verzichtet (Urk. 15).

II.

1. Angefochten ist eine Verfügung der Staatsanwaltschaft, mit welcher die vorzeitige Verwertung von Vermögenswerten (Kryptowährung) angeordnet wird. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO und § 49 GOG). Die Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

    1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 107 Abs. 1 StPO und Art. 29 Abs. 2 BV). Er sei weder vor der Anord- nung der Staatsanwaltschaft informiert noch sei ihm Gelegenheit zur Stellung- nahme eingeräumt worden. Die angefochtene Verfügung sei deshalb aufzuheben (Urk. 2 S. 5).

    2. Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör.

      Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV dient einerseits der Klärung des Sachverhaltes und stellt anderseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht bei der Fällung eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des Einzel- nen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht der Betroffenen, sich vor der Entscheidfällung zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen (Urteil des Bun- desgerichts 1B_326/2021 vom 5. Juli 2021 E. 4.2 mit Hinweisen). Art. 107 Abs. 1 StPO geht vorliegend nicht über den verfassungsmässigen Anspruch hinaus.

      Die Relevanz des rechtlichen Gehörs als Mitwirkungsrecht offenbart sich erst, wenn es verwirklicht ist. Daher ist es formeller Natur: Wird die Verfahrensgarantie verletzt, so ist der angefochtene Entscheid demnach aufzuheben, dies grundsätzlich unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Sache (Urteil

      des Bundesgerichts 6B_1157/2020 vom 8. September 2021 E. 4.3). Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann (Urteil des Bundesgerichts 6B_105/2021 vom 29. November 2021 E. 2.2.3).

    3. Die Staatsanwaltschaft hat dem Beschwerdeführer den Erlass der angefochtenen Verfügung nicht angekündigt und ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme vor Erlass der Verfügung gegeben (vgl. dazu Urk. 9). Art. 266 Abs. 5 StPO sieht nicht (ausdrücklich) vor, dass die betroffene Person vor der vorzeitigen Verwertung anzuhören ist. Ein Anspruch auf Äusserung vor Erlass der Verfügung kann sich grundsätzlich aus Art. 29 Abs. 2 BV ergeben. Die vorzeitige Verwertung zählt wie die Beschlagnahme zu den dringlichen Verfahrenshandlungen, da unter Umständen sofort gehandelt werden muss. Besteht Vereitelungsgefahr, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör erst nach Erlass der Verfügung zu gewähren (vgl. auch Felix Bommer/Peter Goldschmid, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N. 25 zu Art. 266 StPO; Stefan Heimgartner, Strafprozessuale Beschlagnahme, Zürich/Basel/Genf 2011, S. 365).

Auch wenn im vorliegenden Fall eine Gefahr von Kursschwankungen besteht, so bestand keine Gefahr, dass der Beschwerdeführer die vorzeitige Verwertung des beschlagnahmten Kryptobestandes hätte vereiteln können. Die Staatsanwaltschaft hätte ihm daher auch vor dem Hintergrund der seit der Beschlagnahme verstrichenen Zeit vor Erlass der angefochtenen Verfügung das rechtliche Gehör gewähren können bzw. müssen. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wiegt vorliegend nicht schwer. Die Verwertung ist noch nicht erfolgt und der Beschwerdeführer konnte sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens äussern. Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung mit voller Kognition prüfen. Der Mangel gilt durch das Beschwerdeverfahren als geheilt.

3.

    1. Der Beschwerdeführer macht geltend, von der vorzeitigen Verwertung sei

      zurückhaltend Gebrauch zu machen. Sie sei nur verhältnismässig, wenn Anhaltspunkte für einen drohenden Wertverlust bestünden. Die Veräusserung von Wertpapieren und Aktien gegen den Willen des Inhabers sei nur angezeigt, wenn die Gefahr von Wertverlusten evident sei. Die Staatsanwaltschaft habe behauptet, infolge einer aktuellen allgemeinen und von Experten als steigend beurteilten Gefahr der Wertverminderung müsse die beschlagnahmte Kryptowährung vorzeitig verwertet werden. Aus der Verfügung ergebe sich aber nicht, auf welchen konkreten Experten sie sich stütze woraus sich die angeblich allgemein beurteilte Gefahr der Wertverminderung ergebe. Sie führe keine Expertenmeinungen, Fachartikel andere Belege an, welche ihre Behauptung untermauern wür- den. Es könne aufgrund der Verfügung nicht nachvollzogen werden, worauf sich die negative Zukunftsprognose in Bezug auf den Kurs der Kryptowährung Ether stütze. Es lägen keine Anhaltspunkte vor für einen drohenden Wertverlust. Ein Wertverlust sei erst recht nicht evident. Die Verwertung sei unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie nicht verhältnismässig. Aufgrund der Ausführungen der Staatsanwaltschaft stehe nicht fest, dass durch eine vorzeitige Verwertung die auf dem Spiel stehenden Interessen des Staates und des Beschwerdeführers bestmöglich gewahrt würden und ein möglichst günstiges Verwertungsergebnis erzielt werde (Urk. 2 S. 6 f.).

    2. Gemäss Art. 266 Abs. 5 StPO können Gegenstände, die einer schnellen Wertverminderung unterliegen einen kostspieligen Unterhalt erfordern, sowie Wertpapiere andere Werte mit einem Börsenoder Marktpreis nach den Bestimmungen des SchKG sofort verwertet werden, wobei der Erlös mit Beschlag belegt wird. Die vorzeitige Verwertung dient einerseits dem Interesse des Staates, der sonst gegebenenfalls schadenersatzpflichtig würde, und andererseits dem Interesse der beschuldigten Person, die damit keinen Vermögensnachteil erleidet. Der aus einer vorzeitigen Verwertung erzielte Erlös ist zu gegebener Zeit der berechtigten Person zurückzuerstatten einzuziehen. Angesichts des mit der vorzeitigen Verwertung einhergehenden schweren Eingriffs in das Eigentum der betroffenen Person (Art. 26 BV) ist davon zurückhaltend Gebrauch zu machen (Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 E. 3.2 mit Hinweisen).

    3. Kryptowährungen sind volatil und als andere Werte mit einem Börsenoder Marktpreis im Sinne von Art. 266 Abs. 5 StPO zu qualifizieren (vgl. Monika Simmler/Sine Selman/Daniel Burgermeister, Beschlagnahme von Kryptowährungen im Strafverfahren, in: AJP 8/2019 S. 963 ff., insb. S. 977). Die Lehre ist sich uneinig, unter welchen Voraussetzungen diese verwertet werden dürfen müssen. Nach Schmid/Jositsch ist eine schnelle Wertverminderung etwa bei volatilen Wertpapieren gegeben (Niklaus Schmid/Daniel Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen 2018, N. 8 zu Art. 266 StPO). Nach Heimgartner ist eine Verwertung unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) nur verhältnismässig, wenn Anhaltspunkte für einen drohenden Wertverlust bestehen. Im Unterschied zum Pfän- dungsverfahren gelte im Strafprozess die Unschuldsvermutung, und die Wahrscheinlichkeit erscheine geringer, dass sichergestellte Vermögenswerte im Verlauf des Verfahrens zu verwerten seien. Insoweit habe die Interessenabwägung zwischen dem Recht des Inhabers, die Art seiner Vermögensanlage zu bestimmen, und dem Werterhaltungsinteresse des Staates anders auszufallen als im Schuld- und Konkursrecht. Demgemäss sollten Wertpapiere und Aktien nur dann gegen den Willen des Inhabers veräussert werden, wenn die Gefahr von Wertverlusten aufgrund der Umstände (Art der Anlagen, Wirtschaftslage) evident sei (Stefan Heimgartner, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2020,

      N. 10 zu Art. 266 StPO). Nach der Meinung von Bommer/Goldschmid schrumpfe und verdichte sich das scheinbar behördliche Ermessen zu einer Pflicht, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind. Dann müssten die Objekte bzw. Vermögenswerte vorzeitig verwertet werden. Die Pflicht könne höchstens dort nicht gelten, wo der Betroffene Einspruch erhebe und sich verpflichte, allfällige Verluste selber zu tragen und er zudem für sie Sicherheiten beibringe (Felix Bommer/Peter Goldschmid, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N. 32 zu Art. 266 StPO).

      Während demnach Bommer/Goldschmid vom Wortlaut von Art. 266 Abs. 5 StPO ausgehen, wonach sich die Voraussetzungen der schnellen Wertverminderung

      oder des kostspieligen Unterhalts allein auf Gegenstände bezieht und Wertpapiere sowie andere Werte mit einem Börsenoder Marktpreis folglich ohne das Vorliegen dieser Voraussetzungen vorzeitig verwertet werden dürfen, verlangt Heimgartner eine Gefahr von Wertverlusten. Die Meinung von Heimgartner setzt voraus, dass die Wertentwicklung vorhersehbar ist. Börsen- und Marktpreise sind jedoch nicht vorhersehbar, da niemand die Zukunft kennt.

      Simmler/Selman/Burgermeister halten die vorzeitige Verwertung von Kryptowährungen für grundsätzlich zulässig. Eine solche solle jedoch jedenfalls sachgemäss und verhältnismässig sein. Ein Blick auf die Kursentwicklung und die Volatilität der infrage stehenden virtuellen Währung sei folglich angebracht. Bei der Beschlag- nahme zur Sicherstellung von Verfahrenskosten scheine das Einholen der Zustimmung der beschuldigten Person angemessen. Dabei könne zugleich eine Bestätigung eingeholt werden, dass bei einem Verzicht auf Veräusserung allfällige Kursverluste durch den Beschuldigten selbst zu tragen seien (Haftungsausschluss). Bei der Restitutions- und Einziehungsbeschlagnahme sei gerade aufgrund der aktuell persistenten Kursschwankungen und des damit einhergehenden hohen Risikos eines Wertverlustes allerdings eine vorzeitige Verwertung nahezulegen – auch gegen den Willen der beschuldigten Person (Simmler/Selman/Burgermeister, a.a.O., S. 978).

      Der Wortlaut von Art. 266 Abs. 5 StPO nennt für die vorzeitige Verwertung von Werten mit einem Börsenoder Marktpreis keine Voraussetzungen. Weil der Gesetzgeber demgegenüber bei Gegenständen ausdrücklich Voraussetzungen anführt, erscheint es nicht angebracht, diese Voraussetzungen auf andere Werte zu übertragen. Dass die Verwertung stets dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu entsprechen hat, ergibt sich aus dem Eingriff in die Eigentumsgarantie (vgl. Art. 36 BV). Massgebend ist, dass die vorzeitige Verwertung einerseits dem Interesse des Staates dient, der sonst gegebenenfalls schadenersatzpflichtig würde, und andererseits dem Interesse der beschuldigten Person, die damit keinen Vermögensnachteil erleidet (Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 E. 3.2). Volatile Werte sind keine sicheren Anlagen, sie unterliegen (unvorhersehbaren) Kursschwankungen. Ihre Verwertung dient daher den erwähnten Interessen gleichsam und ist insofern verhältnismässig.

    4. Nach dem Gesagten sind die Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf einen drohenden Wertverlust nicht relevant. Ebenso wenig ist auf das Vorbringen einzugehen, die Staatsanwaltschaft habe keine Anhaltspunkte für die Gefahr der Wertverminderung dargelegt. Massgebend ist die Volatilität des beschlagnahmten Wertes. Mit seinen Ausführungen legt der Beschwerdeführer je- doch nicht dar, weshalb nicht von einem volatilen Wert auszugehen ist, der nach dem Wortlaut des Gesetzes grundsätzlich voraussetzungslos vorzeitig verwertet werden darf. Abgesehen davon sind Kryptowährungen (wie der Name schon sagt) letztlich Währungsbzw. Zahlungsmittelalternativen, die als solche im Grunde selbst nichts produzieren, das zu einem künftigen Ertrag führen könnte (nonproductive asset). Ihr Marktwert ergibt sich allein aus der (wie bereits erwähnt und allgemein bekannt, stark volatilen) aktuellen Nachfrage, welche für die Zukunft nicht verlässlich abschätzbar und daher spekulativ ist. Kommt hinzu, dass es nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sein kann, sich über die grundsätzliche Pflicht der sorgfältigen Verwaltung hinaus in dem Sinn als Vermögensverwalter zu betätigen (noch dazu betreffend einen Vermögenswert mit derart volatilem Kurs), dass sie eigentliche Investmentstrategien zu entwerfen gar solche der beschuldigten Person an dessen Stelle weiterzuverfolgen hätten. Dies ist (vom Haftungsrisiko des Staates einmal abgesehen) mit ein berechtigter Grund um als Strafverfolgungsbehörde nach Art. 266 Abs. 5 StPO zu verfahren, d. h. eine vorzeitige Verwertung in Erwägung zu ziehen.

4.

    1. Der Beschwerdeführer macht geltend, aus der angefochtenen Verfügung gehe nicht hervor, weshalb gerade jetzt, nach über drei Jahren seit der Beschlag- nahme, eine vorzeitige Verwertung zur Erzielung eines möglichst günstigen Verwertungsergebnisses führen solle. Die Staatsanwaltschaft habe in der angefochtenen Verfügung festgehalten, nichts stehe der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels entgegen. Dies spreche gegen die Behauptung, die Kryptowährung müsse sofort verwertet werden. Der gewählte Zeitpunkt für die Verwertung sei

      nicht nachvollziehbar und willkürlich. Die angefochtene Verfügung verstosse gegen das Willkürverbot von Art. 9 BV. Die Staatsanwaltschaft habe auf das Urteil 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 hingewiesen, aber weder behauptet noch aufgezeigt, dass ihre Behörde über das nötige Fachwissen besitze, um beurteilen zu können, ob gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für die Verwertung sein soll. Das sei auch nicht ersichtlich. Obschon die Staatsanwaltschaft nicht über das nötige Fachwissen verfüge, habe sie es unterlassen, eine Fachperson beizuziehen. Da sie in der angefochtenen Verfügung ausgeführt habe, Kryptowährungen würden eine hohe Volatilität aufweisen, sei dies vorliegend umso wichtiger. Die Staatsanwaltschaft sei bei der Anordnung der Verwertung weder sach- und fachgerecht noch sorgfältig vorgegangen. Ihr Vorgehen biete keine Gewähr dafür, dass mit der angefochtenen Verfügung die Interessen des Staates und des Beschwerdeführers bestmöglich gewährt würden. Auch deshalb seien die Anforderungen von Art. 266 Abs. 5 StPO nicht erfüllt (Urk. 2 S. 7 f.).

    2. Die Staatsanwaltschaft erwog in der angefochtenen Verfügung, die Verwertung sei gemäss Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 so vorzunehmen, dass die auf dem Spiel stehenden Interessen bestmöglich gewahrt würden, namentlich die Erzielung eines möglichst günstigen Verwertungsergeb- nisses. Dies bedeute, dass die beschlagnahmte Kryptowährung infolge der aktuell allgemeinen und von Experten als steigend beurteilten Gefahr der Wertverminderung gesamthaft und vorzeitig zu verwerten sei. Da die Anteile der beschlagnahmten Krypto-Assets ein äusserst geringes Markvolumen der jeweiligen virtuellen Währung aufwiesen, berge ein sofortiger Verkauf kein Risiko eines Wertzerfalls durch die geplante Verwertungsmassnahme (Urk. 3 S. 3).

    3. Sind die Voraussetzungen von Art. 266 Abs. 5 StPO gegeben, darf vorzeitig verwertet werden. Insofern bedarf die Bestimmung des Zeitpunkts, in welchem die entsprechende Verfügung zu erlassen ist, keiner zusätzlichen Begründung. Zu begründen wäre nach der Darstellung des Beschwerdeführers eher, weshalb nicht schon früher eine vorzeitige Verwertung angeordnet wurde. Das ist indessen vorliegend nicht relevant, da die Möglichkeit einer Verwertung zu einem früheren Zeitpunkt die aktuelle Verwertung nicht als unzulässig erscheinen lässt.

Beide Parteien verweisen auf das Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom

18. Oktober 2021. In jenem Verfahren ging es um die Verwertung von derart hohen Kryptobeständen, dass sich deren sofortige und gesamthafte Verwertung negativ auf den realisierbaren Verwertungserlös auswirken konnte. Das sei weder im Interesse des Staates noch im Interesse des Betroffenen. Gerade in einem solchen Fall, in dem absehbar sei, dass die Art und Weise der Verwertung für deren Ergebnis relevant sein könne, habe die anordnende Staatsanwaltschaft je- doch Vorkehrungen zu treffen, damit ein Verlust möglichst ausgeschlossen sei bzw. die Interessen des Staates und der beschuldigten Person bestmöglich gewahrt würden (vgl. E. 4.4.2).

Der vorliegende Fall unterscheidet sich vom erwähnten Urteil des Bundesgerichts. Die Kryptobestände sind vorliegend nicht derart hoch, dass sich eine sofortige und gesamthafte Verwertung negativ auf den Verwertungserlös auswirken könnte. Der Beschwerdeführer macht dies auch nicht geltend. Wenn der Beschwerdeführer rügt, die Staatsanwaltschaft habe eine Fachperson beizuziehen, so ist nicht ersichtlich, weshalb dies vorliegend notwendig sein soll, denn der Verkauf der Kryptowährung unterscheidet sich vom Verkauf von anderen Vermögenswerten mit einem Marktoder Börsenpreis insofern nicht. Selbst wenn eine Fachperson einen möglichst optimalen Verwertungszeitpunkt bestimmen könnte, würde sich dieser durch die Möglichkeit und Ausschöpfung von Rechtsmitteln immer wieder verschieben bzw. müsste jeweils wieder neu bestimmt werden. Kommt hinzu, dass auch eine Fachperson die Zukunft nicht kennt und daher den zukünftigen Kurs von Kryptowährungen nicht kennen kann. Einzig die Abwicklung des Verkaufs verläuft anders als bei anderen Vermögenswerten. Indessen ist die auf Cybercrime spezialisierte Staatsanwaltschaft ohne Weiteres in der Lage, Kryptowährungen zu verkaufen verkaufen zu lassen, zumal sie auch über das notwen- dige Wissen verfügte, um diese Vermögenswerte überhaupt sicherzustellen. Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Stellungnahme aus, die Staatsanwaltschaft Zürich beschäftige einen vollamtlich tätigen Vermögensverwerter in Einziehungs- und Verwertungssachen und arbeite für die Verwertung von Krypotwährungen mit einem hochspezialisierten Unternehmen zusammen (vgl. Urk. 7 S. 2). Dass die

Staatsanwaltschaft dabei die Firma dieses Unternehmens nicht nannte, ändert daran nichts.

5.

    1. Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer unterliegt im Beschwerdeverfahren. Er hat grundsätzlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

      Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Zeitaufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'500.-festzusetzen (§ 17 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 GebV OG).

      Da im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers erwogen wird, ist dies bei der Verlegung der Kosten zu berücksichtigen (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 1B_334/2018 vom 30. Juli 2018 E. 2.5). Unter diesen Umständen hat der Beschwerdeführer die Kosten im Umfang von 2/3 zu tragen. Im Übrigen sind sie auf die Gerichtskasse zu nehmen.

    2. Die Kosten der amtlichen Verteidigung für diesen Verfahrensabschnitt sind, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht im Umfang von 2/3 nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO, einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für ihre im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen wird durch die das Strafverfahren abschliessende Behörde festzusetzen sein (Art. 135 Abs. 2 StPO).

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 1'500.-festgesetzt.

  3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer zu 2/3 auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Diejenigen

    der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse ge- nommen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht im Umfang von 2/3 nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für ihre im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen ist bei Abschluss des Strafverfahrens festzusetzen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt lic. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerdeführer, per Gerichtsurkunde

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, ad D-1/20217/10011833, unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 9), gegen Empfangsbestätigung

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, ad D-1/20217/10011833, gegen Empfangsbestätigung

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte

  5. Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne

14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 26. April 2022

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. S. Christen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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