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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils UH220008: Obergericht des Kantons Zürich

Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich ordnet die vorzeitige Verwertung von Kryptowährungen an, die bei A. wegen Vertriebs von Kokain beschlagnahmt wurden. A. legt Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wird, da die Voraussetzungen für eine vorzeitige Verwertung gegeben sind. Das Obergericht des Kantons Zürich weist darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft fachgerecht vorgehen muss und die Interessen aller Parteien berücksichtigen sollte. Letztendlich wird die Beschwerde abgewiesen, und A. muss einen Teil der Gerichtskosten tragen.

Urteilsdetails des Kantongerichts UH220008

Kanton:ZH
Fallnummer:UH220008
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH220008 vom 26.04.2022 (ZH)
Datum:26.04.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:vorzeitige Verwertung
Schlagwörter : Verwertung; Staatsanwaltschaft; Verfügung; Bundesgericht; Recht; Urteil; Bundesgerichts; Zeitpunkt; Entscheid; Anspruch; Gehör; Kryptowährung; Kryptowährungen; Verfahren; Beschwerdeverfahren; Interesse; Begründung; Person; Kantons; Werte; Erlass; Willkür; Beschlag; Rechtsmittel; Feststellung; Verletzung; Beschlagnahme
Rechtsnorm:Art. 135 StPO ;Art. 26 BV ;Art. 266 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 382 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 9 BV ;
Referenz BGE:130 I 360; 133 IV 278;
Kommentar:
Stefan Heimgartner, Peter, Schweizer, Basler Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 266 StPO, 2014

Entscheid des Kantongerichts UH220008

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UH220008-O/U/HON

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, und lic. iur. D. Oehninger, Oberrichterin lic. iur. K. Eichenberger sowie Gerichtsschreiber

Dr. iur. S. Christen

Beschluss vom 26. April 2022

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,

Beschwerdegegnerin

betreffend vorzeitige Verwertung

Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2021, D-1/2017/10011833

Erwägungen:

I.

1. Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Sie wirft ihm vor, auf Darknet-Marktplätzen Kokain vertrieben zu haben, wobei die Zahlungen in Kryptowährungen abgewickelt worden seien. Mit Verfügungen vom

13. August 2018, 11. November 2021 und 1. Dezember 2021 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft vier Bestände von Kryptowährungen. Am 23. Dezember 2021 ordnete die Staatsanwaltschaft die Verwertung der beschlagnahmten Kryptowährungen, lagernd auf dem von der B. AG für die Staatsanwaltschaft geführten Konto, an. Die Verwertung habe gesamthaft und sofort zu erfolgen. Der nach der Verwertung resultierende Netto-Erlös werde beschlagnahmt (Urk. 3).

2. A. erhebt Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (Urk. 2). Er beantragt die Aufhebung der Verfügung vom 23. Dezember 2021. Es sei festzustellen, dass eine vorzeitige Verwertung der bei ihm sichergestellten Kryptobestände unzulässig sei. Er stellt zudem den Antrag, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Die Verfahrensleitung der III. Strafkammer des Obergerichts trat am 11. Januar 2022 auf den Antrag zur Erteilung der aufschiebenden Wirkung nicht ein, weil gemäss der angefochtenen Verfügung eine Mitteilung an die für die Verwertung zuständige Stelle erst nach Eintritt der Rechtskraft der angefochtenen Verfügung erfolge, die vorzeitige Verwertung daher nur bei unbenütztem Ablauf der Beschwerdefrist bei einer allfälligen Abweisung der Beschwerde vollzogen wer- de (Urk. 5).

Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen (Urk. 7). Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. A. hält in der Replik an seinen Anträgen fest (Urk. 13). Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Duplik verzichtet (Urk. 17).

II.

1.

    1. Angefochten ist eine Verfügung der Staatsanwaltschaft, mit welcher die vorzeitige Verwertung von Vermögenswerten (Kryptowährungen) angeordnet wird. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO und § 49 GOG).

    2. Gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO kann jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung eines Entscheids hat, ein Rechtsmittel ergreifen.

      Der Beschwerdeführer beantragt, es sei festzustellen, dass eine vorzeitige Verwertung der bei ihm sichergestellten Kryptobestände unzulässig sei (Urk. 2 S. 2).

      Feststellungsbegehren zielen nicht auf die Aufhebung Änderung eines Entscheids ab. Sie sind gegenüber Leistungsbegehren subsidiär und bedürfen eines ausgewiesenen Feststellungsinteresses (Urteil des Bundesgerichts 1B_446/2018 vom 14. November 2018 E. 1.1). Das Feststellungsinteresse ist von der beschwerdeführenden Partei zu begründen und nachzuweisen (Urteil des Bundesgerichts 6B_789/2020 vom 31. Januar 2022 E. 1.1). Derjenige, welcher ein Leistungsbegehren stellen kann, hat kein rechtlich geschütztes Interesse an einem Feststellungsbegehren (Urteil des Bundesgerichts 6B_1317/2019 vom 15. Juni 2020 E. 2.2).

      Der Beschwerdeführer hat ein Leistungsbegehren gestellt. Er beantragt die Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Welches Interesse er darüber hinaus an der beantragten Feststellung hat, legt er in der Beschwerde (Urk. 2) nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Auf den Feststellungsantrag ist nicht einzutreten.

    3. Die weiteren Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist bezüglich des Antrags auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung einzutreten.

2.

    1. Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 266 Abs. 5 StPO sei so zu verstehen, dass Werte mit sehr wechselhaften Kursentwicklungen unmittelbar nach der Sicherstellung zu verwerten seien. Im vorliegenden Fall erfolge die Verfügung betreffend die Verwertung über drei Jahre nach der Sicherstellung der Kryptobestände. Eine nachvollziehbare Begründung, weshalb die Verwertung zum heutigen Zeitpunkt erfolgen müsse, sei der Verfügung nicht zu entnehmen. Damit wer- de der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt und gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) verstossen. Der Beschwerdeführer sei über die vorgesehene Verwertung nicht informiert und nicht zur Stellungnahme aufgefordert wor- den. Auch in diesem Sinne sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Urk. 2 S. 4).

    2. Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör.

      Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV dient einerseits der Klärung des Sachverhaltes und stellt anderseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht bei der Fällung eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des Einzel- nen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht der Betroffenen, sich vor der Entscheidfällung zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen (Urteil des Bun- desgerichts 1B_326/2021 vom 5. Juli 2021 E. 4.2 mit Hinweisen).

      Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die Behör- de die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr

      Entscheid stützt (Urteil des Bundesgerichts 1B_440/2021 vom 17. Februar 2022 E. 3).

      Die Relevanz des rechtlichen Gehörs als Mitwirkungsrecht offenbart sich erst, wenn es verwirklicht ist. Daher ist es formeller Natur: Wird die Verfahrensgarantie verletzt, so ist der angefochtene Entscheid demnach aufzuheben, dies grundsätzlich unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Sache (Urteil des Bundesgerichts 6B_1157/2020 vom 8. September 2021 E. 4.3). Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann (Urteil des Bundesgerichts 6B_105/2021 vom 29. November 2021 E. 2.2.3).

    3. Die Staatsanwaltschaft hat dem Beschwerdeführer den Erlass der angefochtenen Verfügung nicht angekündigt und ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme vor Erlass der Verfügung gegeben (vgl. dazu Urk. 8). Art. 266 Abs. 5 StPO sieht nicht (ausdrücklich) vor, dass die betroffene Person vor der vorzeitigen Verwertung anzuhören ist. Ein Anspruch auf Äusserung vor Erlass der Verfügung kann sich grundsätzlich aus Art. 29 Abs. 2 BV ergeben. Die vorzeitige Verwertung zählt wie die Beschlagnahme zu den dringlichen Verfahrenshandlungen, da unter Umständen sofort gehandelt werden muss. Besteht Vereitelungsgefahr, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör erst nach Erlass der Verfügung zu gewähren (vgl. auch Felix Bommer/Peter Goldschmid, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N 25 zu Art. 266 StPO; Stefan Heimgartner, Strafprozessuale Beschlagnahme, Zürich/Basel/Genf 2011, S. 365).

      Auch wenn im vorliegenden Fall eine Gefahr von Kursschwankungen besteht, so bestand keine Gefahr, dass der Beschwerdeführer die vorzeitige Verwertung der beschlagnahmten Kryptobestände hätte vereiteln können. Die Staatsanwaltschaft hätte ihm daher auch vor dem Hintergrund der seit der Beschlagnahme verstrichenen Zeit vor Erlass der angefochtenen Verfügung das rechtliche Gehör gewähren können bzw. müssen. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wiegt vorliegend nicht schwer. Die Verwertung ist noch nicht erfolgt und der Beschwerdeführer konnte sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens äussern. Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung mit voller Kognition prüfen. Der Mangel gilt durch das Beschwerdeverfahren als geheilt.

    4. Weshalb zu einem bestimmten Zeitpunkt die vorzeitige Verwertung angeordnet wird, ergibt sich aus Art. 266 Abs. 5 StPO. Diese Bestimmung nennt die Vor-aussetzungen, um Vermögenswerte vorzeitig verwerten zu können. Sind die Vor-aussetzungen gegeben, erfolgt eine vorzeitige Verwertung. Die Staatsanwaltschaft hat in der angefochtenen Verfügung ausgeführt, weshalb ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen für eine vorzeitige Verwertung gegeben sind. Sie führt dazu aus, Kryptowährungen unterstünden keinen staatlichen Kontrollmöglichkeiten und wiesen eine sehr hohe Volatilität auf. Eine Verwaltung nach treuhänderischen Grundsätzen sei mangels Vorhersehbarkeit der Kursentwicklungen, Verzögerungen, Bestätigung von Transaktionen und Persistenz von Kryptobörsen über einen längeren Zeitraum nicht möglich. Es bestehe ein stetes Risiko, dass die beschlagnahmten Kryptowährungen an Wert verlieren (Urk. 3 S. 2). Damit hat die Staatsanwaltschaft begründet, weshalb ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen zur vorzeitigen Verwertung derzeit vorliegen. Sie hat sich insofern zum Zeitpunkt geäussert. Weitergehende Ausführungen zum Zeitpunkt waren unter diesen Umständen nicht erforderlich, damit der Beschwerdeführer in Kenntnis der Sachlage die angefochtene Verfügung an eine höhere Instanz weiterziehen kann. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist insofern nicht gegeben.

    5. Der Beschwerdeführer rügt einen Verstoss gegen das Willkürverbot, weil die angefochtene Verfügung keine nachvollziehbare Begründung zum Zeitpunkt der Verwertung enthalte (Urk. 2 S. 4).

Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Willkürlich ist ein Entscheid nach der Rechtsprechung nicht bereits dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür ist einzig zu bejahen, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (Urteil des Bundesgerichts 1B_42/2021 vom 2. Dezember 2021 E. 7.2).

Inwiefern die Willkürrüge des Beschwerdeführers über die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Rechtliches Gehör (Verletzung der Begründungspflicht) hinausgehen soll, erschliesst sich nicht. Wie erwähnt, enthält die angefochtene Verfügung eine ausreichende Begründung. Die Willkürrüge ist unbegründet.

3.

    1. Der Beschwerdeführer macht geltend, nach der Rechtsprechung des Bun- desgerichts müsse die Staatsanwaltschaft bei einer vorzeitigen Verwertung mit hohem Sach- und Fachverstand vorgehen und gegebenenfalls fachmännischen Rat in Anspruch nehmen (Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 mit Verweis auf BGE 130 I 360, BGE 133 IV 278 und weiteren Verweisen). Die allgemeinen Hinweise der Staatsanwaltschaft auf das Fehlen staatlicher Kontrollmöglichkeiten bei Kryptowährungen, deren hohe Volatilität, Anfälligkeit auf technische Störungen beim Verkauf etc. genügten den hohen Anforderungen nicht, die an die Abklärungen im Vorfeld einer vorzeitigen Verwertung gestellt würden. Alle von der Staatsanwaltschaft in der Begründung angeführten Risiken und Eigenschaften von Kryptowährungen seien schon zum Zeitpunkt der Sicherstellung 2018 bekannt gewesen. Weshalb zum heutigen Zeitpunkt eine vorzeitige Verwertung vorgenommen werde, beantworte die Staatsanwaltschaft nicht. Auch ohne Fachwissen sei festzuhalten, dass ein Verkauf der fraglichen Werte zum heutigen Zeitpunkt zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Nachteilen zulasten des Beschwerdeführers führten und damit einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in dessen Eigentumsrechte darstelle. Ein Blick in die Printausgabe der NZZ vom

      7. Januar 2022 (S. 25) zeige, dass es offenbar durch politische Unruhen in Kasachstan und die damit verbundene Unterbrechung der Internetverbindung zu diesem Land, zu einem eigentlichen Einbruch des Kurses des Bitcoins gekommen sei. Allein diese Kryptowährung weise zum heutigen Datum [7. Januar 2022] nur zwei Drittel des Wertes aus, welcher im November 2021 notiert worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass nach Wiederherstellung der Internetverbindung

      die Leistung der dort ansässigen Mining-Industrie, mit erheblichem Marktanteil, wieder hochgefahren werden könne und eine Stabilisierung des Bitcoin-Kurses erfolgen werde. Bei dieser Sachlage sei die vorzeitige Verwertung nicht rechtens (Urk. 2).

    2. Gemäss Art. 266 Abs. 5 StPO können Gegenstände, die einer schnellen Wertverminderung unterliegen einen kostspieligen Unterhalt erfordern, sowie Wertpapiere andere Werte mit einem Börsenoder Marktpreis nach den Bestimmungen des SchKG sofort verwertet werden, wobei der Erlös mit Beschlag belegt wird. Die vorzeitige Verwertung dient einerseits dem Interesse des Staates, der sonst gegebenenfalls schadenersatzpflichtig würde, und andererseits dem Interesse der beschuldigten Person, die damit keinen Vermögensnachteil erleidet. Der aus einer vorzeitigen Verwertung erzielte Erlös ist zu gegebener Zeit der berechtigten Person zurückzuerstatten einzuziehen. Angesichts des mit der vorzeitigen Verwertung einhergehenden schweren Eingriffs in das Eigentum der betroffenen Person (Art. 26 BV) ist davon zurückhaltend Gebrauch zu machen (Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 E. 3.2 mit Hinweisen).

    3. Das Bundesgericht hat sich in dem vom Beschwerdeführer angeführten Urteil 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 dafür ausgesprochen, dass die vorzeitige Verwertung so vorzunehmen ist, dass die auf dem Spiel stehenden Interessen bestmöglich gewahrt werden. Sie ist der konkreten Situation und unter Umstän- den, namentlich wenn weniger liquide Wertpapiere Werte wenn ein qualifizierter Bestand betroffen ist, auch den Gegebenheiten des Marktes anzupassen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Verwertungsart als auch hinsichtlich der Modalitäten der Verwertung. Insofern haben die Strafbehörden bei der vorzeitigen Verwertung beschlagnahmter Gegenstände und Vermögenswerte sach- und fachgemäss sowie sorgfältig vorzugehen und gegebenenfalls fachmännischen Rat einzuholen (E. 3.4). Das Bundesgericht hat im erwähnten Urteil geprüft, inwiefern die Art und Weise der vorzeitigen Verwertung durch die zuständige Behörde zu bestimmen ist. Es erwog: Gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem absehbar ist, dass die Art und Weise der Verwertung für deren Ergebnis relevant

      sein könnte, hat die anordnende Staatsanwaltschaft jedoch Vorkehrungen zu treffen, damit ein Verlust möglichst ausgeschlossen ist bzw. die Interessen des Staates und der beschuldigten Person bestmöglich gewahrt werden. (E. 4.4.2).

      Die hohen Anforderungen, von denen der Beschwerdeführer in der Beschwerde spricht, beziehen sich auf Fälle, in denen die Art und Weise der Verwertung für deren Ergebnis relevant sein könnte. Allein mit der Rüge, die Hinweise der Staatsanwaltschaft würden diesen Anforderungen nicht gerecht, legt der Beschwerdeführer in der Beschwerde jedoch nicht dar, weshalb im vorliegenden Fall die Art und Weise der Verwertung für deren Ergebnis relevant sein soll (vgl.

      Urk. 2). Das ist auch nicht ersichtlich. Anders als im Urteil 1B_59/2021 vom

      18. Oktober 2021 geht es vorliegend nicht um derart grosse Bestände von Kryptowährungen, dass bei einem Verkauf mit einem Einbruch des Kurses gerechnet werden müsste. Es geht auch nicht um hinter den Währungen stehende Projekte wie im erwähnten Urteil. Die Staatsanwaltschaft hat in der angefochtenen Verfügung erwogen, dass infolge der aktuellen allgemeinen und von Experten als steigend beurteilten Gefahr der Wertverminderung die Kryptowährungen gesamthaft und sofort zu verwerten seien. Da die Anteile ein äusserst geringes Marktvolumen der jeweiligen virtuellen Währung aufwiesen, berge ein sofortiger Verkauf kein Risiko eines Wertzerfalls durch die geplante Verwertungsmassnahme (Urk. 3

      S. 3). Der Beschwerdeführer setzt sich mit dieser (grundsätzlich überzeugenden) Begründung nicht auseinander. Seine Einwände erweisen sich insofern als unbegründet.

    4. Der Beschwerdeführer hat seiner Beschwerde keinen Ausdruck der Printausgabe der NZZ vom 7. Januar 2022 beigelegt (vgl. Urk. 2 S. 6). Sein Hinweis legt an sich nur die Volatilität der Kryptowährungen dar. Soweit er mit einer Stabilisierung des Bitcoin-Kurses rechnet, verfällt er in Spekulation. Er legt auch seine Behauptung nicht näher dar, wonach ein Verkauf der fraglichen Werte zum heutigen Zeitpunkt zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Nachteilen zu seinen Lasten führen soll. Allein, dass der Kurs volatil ist, spricht nicht gegen eine vorzeitige Verwertung. Kommt hinzu, dass Kryptowährungen (wie der Name schon sagt) letztlich Währungsbzw. Zahlungsmittelalternativen sind und als solche im Grunde selbst nichts produzieren, das zu einem künftigen Ertrag führen könnte (nonproductive asset). Ihr Marktwert ergibt sich allein aus der (wie bereits erwähnt und allgemein bekannt, stark volatilen) aktuellen Nachfrage, welche für die Zukunft nicht verlässlich abschätzbar und daher spekulativ ist. Es kann zudem nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sein, sich über die grundsätzliche Pflicht der sorgfältigen Verwaltung hinaus in dem Sinn als Vermögensverwalter zu betätigen (noch dazu betreffend einen Vermögenswert mit derart volatilem Kurs), dass sie eigentliche Investmentstrategien zu entwerfen gar solche der beschuldigten Person an dessen Stelle weiterzuverfolgen hätten. Dies ist (vom Haftungsrisiko des Staates einmal abgesehen) mit ein berechtigter Grund um als Strafverfolgungsbehörde nach Art. 266 Abs. 5 StPO zu verfahren, d. h. eine vorzeitige Verwertung in Erwägung zu ziehen.

    5. Der Beschwerdeführer macht geltend, die von der Staatsanwaltschaft in der Begründung angeführten Risiken und Eigenschaften von Kryptowährungen seien schon zum Zeitpunkt der Sicherstellung 2018 bekannt gewesen. Weshalb zum heutigen Zeitpunkt eine vorzeitige Verwertung vorgenommen werde, beantworte die Staatsanwaltschaft nicht (Urk. 2 S. 5). In der Replik stellt er sich auf den Standpunkt, Werte mit schwankendem Kurs dürften durch die Staatsanwaltschaft nur unmittelbar nach deren Beschlagnahme verwertet werden. Werde dies unterlassen, müsse das Sachgericht im Rahmen der Hauptverhandlung darüber entscheiden (Urk. 13 S. 5).

Wie der Beschwerdeführer zu seiner Behauptung kommt, die Staatsanwaltschaft dürfe nur unmittelbar nach der Beschlagnahme eine sofortige Verwertung anord- nen, begründet er nicht. Eine derartige Regelung enthält Art. 266 Abs. 5 StPO nicht.

Wann der konkrete Zeitpunkt eintritt, um eine vorzeitige Verwertung anzuordnen, ergibt sich aus Art. 266 Abs. 5 StPO. Die vorzeitige Verwertung dient einerseits dem Interesse des Staates, der sonst gegebenenfalls schadenersatzpflichtig wür- de, und andererseits dem Interesse der beschuldigten Person, die damit keinen Vermögensnachteil erleidet (Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom

18. Oktober 2021 E. 3.2). Sind die Voraussetzungen von Art. 266 Abs. 5 StPO erfüllt, kann eine vorzeitige Verwertung erfolgen. Das muss nicht zwingend unmittelbar nach dem Erlass einer Beschlagnahmeverfügung sein. Es kann verschie- dene Umstände geben, die eine Verwertung erst nach einer gewissen Zeit zulassen aufdrängen. Weshalb die Staatsanwaltschaft nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt (vor Erlass der angefochtenen Verfügung) eine vorzeitige Verwertung anordnete, kann mangels Relevanz hier offen bleiben. Dass die vorzeitige Verwertung schon zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, hindert die nunmehrige Verfügung nicht. Entscheidend ist, ob die Voraussetzungen von Art. 266 Abs. 5 StPO (aktuell) gegeben sind. Dem Einwand des Beschwerdeführers lässt sich dazu allerdings nichts entnehmen.

4.

    1. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer unterliegt im Beschwerdeverfahren. Er hat grundsätzlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

      Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Zeitaufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'500.-festzusetzen (§ 17 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 GebV OG).

      Da im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers erwogen wird, ist dies bei der Verlegung der Kosten zu berücksichtigen (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 1B_334/2018 vom 30. Juli 2018 E. 2.5). Unter diesen Umständen hat der Beschwerdeführer die Kosten im Umfang von 2/3 zu tragen. Im Übrigen sind sie auf die Gerichtskasse zu nehmen.

    2. Die Kosten der amtlichen Verteidigung für diesen Verfahrensabschnitt sind, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht im Umfang von 2/3 nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO, einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für ihre im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen wird durch die das Strafverfahren abschliessende Behörde festzusetzen sein (Art. 135 Abs. 2 StPO).

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 1'500.-festgesetzt.

  3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer zu 2/3 auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Diejenigen der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse ge- nommen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht im Umfang von 2/3 nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für ihre im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen ist bei Abschluss des Strafverfahrens festzusetzen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt lic. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerdeführer, per Gerichtsurkunde

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, ad D1-/2017/10011833, unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 8), gegen Empfangsbestätigung

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, ad D1-/2017/10011833, gegen Empfangsbestätigung

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne

14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 26. April 2022

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. S. Christen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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