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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UH180371
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH180371 vom 21.12.2018 (ZH)
Datum:21.12.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Auflagen
Schlagwörter : Beschwerde; Fentlichkeit; Öffentlichkeit; Gericht; Verfügung; Ausschluss; Vorinstanz; Hauptverhandlung; Interesse; Beschwerdegegner; Verfahren; Recht; Beschwerdeführer; Opfer; Recht; Verhandlung; Person; Entscheid; Bundesgerichts; Gerichtsschreiber; Gerichtsberichterstatter; Angefochtene; öffentlich; Interessen; Beschuldigte; Auflagen; Gerichtliche; Unterschrift; Urteil; Rechtlich
Rechtsnorm: Art. 133 StGB ; Art. 30 BV ; Art. 58 BV ; Art. 69 StPO ; Art. 70 StPO ; Art. 80 StPO ;
Referenz BGE:125 V 499; 131 V 483; 131 V 483; 141 I 211; 143 IV 151;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UH180371-O/U/HON

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, und lic. iur. D. Oehninger, Ersatzoberrichter lic. iur. Th. Vesely sowie Gerichtsschreiber Dr. iur.

T. Graf

Beschluss vom 21. Dezember 2018

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

  1. B. ,
  2. Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Beschwerdegegner
  1. amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X.

    betreffend Ausschluss der Öffentlichkeit / Auflagen

    Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Dietikon, Einzelgericht in Strafsachen, vom 18. September 2018, GG180018-M

    Erwägungen:

    1. Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (Beschwerdegegnerin 2) erhob im Mai 2018 beim Einzelgericht Dietikon (Vorinstanz) Anklage gegen B. (Beschwerdegegner 1) wegen (am tt. November 2017 erfolgten) Raufhandels im Sinne von Art. 133 StGB (Urk. 8/27). Mit Verfügung der Vorinstanz vom 27. Juli 2018 wurde die gerichtliche Hauptverhandlung auf den tt. Oktober 2018, Uhr, angesetzt (Urk. 8/35).

    2. Der amtliche Verteidiger des Beschwerdegegners 1 stellte mit Schreiben vom

      6. September 2018 bei der Vorinstanz den Antrag auf (eventualiter teilweisen) Ausschluss der Öffentlichkeit von der Gerichtsverhandlung (Urk. 8/42). Mit Verfü- gung der Vorinstanz vom 18. September 2018 (Urk. 8/43) wurde die Publikumsöf- fentlichkeit von der Hauptverhandlung (vollumfänglich) ausgeschlossen (Disp.- Ziff. 1). Zudem wurden die akkreditierten Gerichtsberichterstatter nur unter Auflagen betreffend Berichterstattung zur Hauptverhandlung zugelassen (Disp.-Ziff. 2). Diese Verfügung wurde gemäss entsprechendem Empfangsschein (Urk. 8/45/2) in einer anonymisierten Fassung (vgl. auch Urk. 3/1) zusammen mit der genannten Anklageschrift unter anderem dem für den C. [Tageszeitung] tätigen akkreditierten Gerichtsberichterstatter A. (Beschwerdeführer) durch Übergabe vor Durchführung der Hauptverhandlung vom tt. Oktober 2018 zur Kenntnis gebracht (vgl. Urk. 8/43 Disp.-Ziff. 4).

    3. Im unmittelbaren Anschluss an die Hauptverhandlung vom tt. Oktober 2018 erging das Sachurteil (Urk. 8/48).

  1. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2018, am nächsten Tag der Post übergeben, erhob der Beschwerdeführer bei der III. Strafkammer Beschwerde gegen die vorinstanzliche Verfügung vom 18. September 2018 (Urk. 2). Darin wird das Eintreten auf die Beschwerde und die Aufhebung der Verfügung beantragt (Urk. 2).

    Die Vorinstanz verzichtete ausdrücklich (Urk. 7), der Beschwerdegegner 1 stillschweigend (vgl. Urk. 5 und Urk. 12) auf Stellungnahme zur Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin 2 beantragte die Aufhebung der Verfügung vom 18. September 2018 (Urk. 10 S. 1), mithin die Gutheissung der Beschwerde. Vorinstanz und Beschwerdegegner 1 verzichteten ausdrücklich auf Stellungnahme zur Eingabe der Beschwerdegegnerin 2 (Urk. 15 und Urk. 17). Damit erweist sich die Sache als spruchreif.

  2. Gemäss Lehre und Praxis sind Medienvertreter grundsätzlich legitimiert, Entscheide betreffend Ausschluss der Öffentlichkeit sowie Auflagen bezüglich der Medienberichterstattung mit Beschwerde anzufechten (Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Diss. Bern 2011, N 312; Beschlüsse der Kammer UH140149 und UH140152 vom 31. März 2015, je

Erw. III/1.4 und III/2).

    1. In der Beschwerde wird zutreffend darauf hingewiesen, dass die angefochtene Verfügung nur durch den Gerichtsschreiber, nicht jedoch durch die Verfahrensleitung unterzeichnet wurde (Urk. 2 Ziff. 21). Die Unterschrift der Verfahrensleitung fehlt nicht nur auf der dem Beschwerdeführer übergebenen anonymisierten Fassung der Verfügung (Urk. 3/1), sondern auch auf dem Aktenexemplar der Verfügung (Urk. 8/43) wie auch im entsprechenden Protokolleintrag (Urk. 8 Prot. S. 7 f.).

    2. Abgesehen von einfachen verfahrensleitenden Beschlüssen und Verfügungen, welche weder besonders ausgefertigt noch begründet, sondern lediglich im Protokoll vermerkt und den Parteien in geeigneter Weise eröffnet werden müssen (Art. 80 Abs. 3 StPO), ergehen Entscheide schriftlich und werden begründet. Sie werden von der Verfahrensleitung sowie der protokollführenden Person unterzeichnet und den Parteien zugestellt (Art. 80 Abs. 2 StPO). Ein Entscheid betreffend Ausschluss der Öffentlichkeit und Auflagen an die akkreditierten Gerichtsberichterstatter (und damit auch die angefochtene Verfügung vom 18. September 2018) stellt zweifellos keine einfache verfahrensleitende Verfügung im Sinne von Art. 80 Abs. 3 StPO dar, wie die Beschwerdeinstanz bereits mehrfach (z.B. in den Verfahren UH140149, UH140152, UH180017) festgestellt hat.

Die handschriftliche Unterzeichnung hat die Funktion, die formelle Richtigkeit der Ausfertigung und deren Übereinstimmung mit dem vom Gericht gefassten Erlass

zu bestätigen (BGE 131 V 483 Erw. 2.3.3). Zugleich bezeugt die Unterschrift in authentischer Weise die Mitwirkung der rubrizierten Personen am gefällten Entscheid (BGE 131 V 483 Erw. 2.3.2; BGer, Urteil des Bundesgerichts 2C_72/2016 vom 3. Juni 2016 Erw. 5.5.2). Im Interesse der Rechtssicherheit und mit Rücksicht auf die Vollstreckung ist die Unterschrift ein Gültigkeitserfordernis (BGE 131 V 483 Erw. 2.3.2 betr. Unterschrift des Gerichtspräsidenten). Art. 80 Abs. 2 StPO stellt demnach nicht eine blosse Ordnungs-, sondern eine Gültigkeitsvorschrift dar. Bei fehlender Unterschrift des verfahrensleitenden Richters oder des Gerichtsschreibers liegt demnach ein wesentlicher, nicht heilbarer Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des betreffenden Entscheids führt (BGE 131 V 483

Erw. 2.3.5; BGE 125 V 499 zu Art. 58 aBV). Eine Ausnahme besteht für den Fall, dass die Unterzeichnung durch den Richter oder den Gerichtsschreiber versehentlich unterblieb. Es wird als zulässig erkannt, einen solchen Mangel durch die nachträgliche Zustellung eines unterschriebenen Exemplars zu beheben (in diesem Sinn Urteil des Bundesgerichts 1B_608/2011 vom 10. November 2011

Erw. 2.3 a.E.; Brüschweiler, in: Zürcher Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Art. 80 N. 3).

Im vorliegenden Fall steht bereits aufgrund der im Rubrum der Verfügung genannten Gerichtspersonen ausser Frage, dass der Verfahrensleiter am angefochtenen Entscheid mitgewirkt hat, mithin die Verfügung nicht im Alleingang durch den Gerichtsschreiber erlassen wurde. Das Fehlen der Unterschrift des Verfahrensleiters auf der Verfügung ist im Ergebnis gleich zu behandeln wie ein blosses Versehen. An diesem Ergebnis ändert nichts, dass auch der Protokolleintrag betreffend die Verfügung lediglich vom Gerichtsschreiber unterzeichnet wurde. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die angefochtene Verfügung sei nicht auf formell korrekte Weise erlassen worden, mithin deren Ausfertigung stimme nicht mit der vom Gericht erlassenen Verfügung überein. Die Sachlage stellt sich vorliegend grundlegend anders dar als im Verfahren UH180017, auf welches der Beschwerdeführer verweist; die damals Anfechtungsobjekt der Beschwerde des gleichen Beschwerdeführers bildende gerichtliche Verfügung war nicht nur nicht von der Verfahrensleitung unterzeichnet worden, sondern sie war nicht einmal ansatzweise begründet. Somit erscheint eine Aufhebung der Verfügung aus diesem Grund oder gar eine Rückweisung der Sache zur Behebung des Mangels als unverhältnismässig. Dem Beschwerdeführer steht es frei, die nachträgliche Zustellung einer korrekt unterzeichneten Verfügung zu verlangen.

    1. Da die Hauptverhandlung bereits durchgeführt wurde, bestünde an sich an der Anfechtung von Disp.-Ziff. 1 der Verfügung (Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung) kein aktuelles Rechtsschutzinteresse. Allerdings ist der Ausschluss der Öffentlichkeit - wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird (Urk. 2 Ziff. 13) - zwingende Voraussetzung für die (in der Beschwerde ebenfalls beanstandeten) Auflagen an die Gerichtsberichterstatter (Art. 70 Abs. 1 und

      Abs. 3 StPO; BGE 141 I 211 Erw. 3.4). Somit ist vorab zu prüfen, ob die Vorinstanz die Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung zu Recht ausgeschlossen hat.

    2. Gemäss Art. 69 StPO sind die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte mit Ausnahme der Beratung öffentlich (Abs. 1). Öf- fentliche Verhandlungen sind allgemein zugänglich (Abs. 4). Damit setzt die Strafprozessordnung das in Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II verankerte Prinzip der Justizöffentlichkeit um. Diese erlaubt Einblick in die Rechtspflege und sorgt für Transparenz gerichtlicher Verfahren. Damit dient sie einerseits dem Schutz der direkt an gerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien im Hinblick auf deren korrekte Behandlung und gesetzmässige Beurteilung. Andererseits ermöglicht die Justizöffentlichkeit auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten nachzuvollziehen, wie gerichtliche Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt wird. Für die Bürger soll ersichtlich sein, wie die Richter die ihnen vom jeweiligen Wahlkörper übertragene Verantwortung wahrnehmen, und der Grundsatz der publikumsöffentlichen Verhandlung dient ganz allgemein einer transparenten Justiztätigkeit und Rechtsfindung. Die Justizöffentlichkeit bedeutet eine Absage an jegliche Form der Kabinettsjustiz, will für Transparenz der Rechtsprechung sorgen und die Grundlage für das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit schaffen. Der Grundsatz ist von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer Bedeutung. Die demokratische Kontrolle

      durch die Rechtsgemeinschaft soll Spekulationen begegnen, die Justiz benachteilige oder privilegiere einzelne Prozessparteien ungebührlich oder die Ermittlungen würden einseitig und rechtsstaatlich fragwürdig geführt (BGE 143 IV 151 Erw. 2.4 sowie Urteil des Bundesgerichts 1B_87/2018 vom 9. Mai 2018 Erw. 3.2.1, je mit Hinweisen).

      Ungeachtet der erheblichen demokratischen, rechtstaatlichen und grundrechtlichen Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips gilt es jedoch insbesondere auch das gegenteilige Interesse des Persönlichkeitsschutzes zu berücksichtigen. So kann die detaillierte Ausbreitung der persönlichen Verhältnisse einer Partei in deren Privatoder gar Geheimsphäre eingreifen. Dem trägt Art. 70 StPO Rechnung. Beim Entscheid über den Öffentlichkeitsausschluss ist zu beachten, dass Publikumsund Medienöffentlichkeit die verfassungsrechtliche Regel, der Ausschluss der Öffentlichkeit die legitimationsbedürftige Ausnahme ist. Es sind die Interessen, zu deren Schutz der Ausschluss erfolgen soll, und die Interessen der Öffentlichkeit sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Der Ausschluss der Öffentlichkeit und der Gerichtsberichterstatter muss verhältnismässig, d.h. geeignet und erforderlich sein. Zwar geniessen nicht nur Opfer, sondern auch Beschuldigte Persön- lichkeitsschutz. Dennoch ist gegenüber dem Ausschluss der Öffentlichkeit und der Gerichtsberichterstatter im Interesse der beschuldigten Person Zurückhaltung geboten. Grundsätzlich muss die beschuldigte Person die mit einer öffentlichen Verhandlung möglicherweise verbundenen psychischen Belastungen und Konsequenzen erdulden. Sie kann nicht allein deswegen den Ausschluss der Öffentlichkeit verlangen (Urteil des Bundesgerichts 1B_87/2018 vom 9. Mai 2018 Erw. 3.2.4 mit Hinweisen).

    3. Der Beschuldigte bzw. Angeklagte B. . liess im Antrag auf (eventualiter teilweisen) Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung ausführen, Thema der Hauptverhandlung würden auch die von ihm erlittenen gesundheitlichen Folgen der Geschehnisse vom tt. November 2017 sein, mithin der Krankheitsverlauf, sein Gesundheitszustand heute und die Aussichten bzw. Prognosen für die Zukunft. Hierbei handle es sich um hoch sensible und äusserst persönliche medizinische Informationen, welche seine engste Privatsphäre beträfen. Er möchte daher nicht, dass derart sensible Informationen von einer breiteren Öffentlichkeit, mithin über die Medien oder durch Personen aus seinem Umfeld, ausgebreitet würden. Sein Interesse am Schutz seiner völkerund verfassungsmässig garantierten Privatsphäre wiege klar schwerer als das Interesse der Öffentlichkeit an einer öffentlichen Verhandlung. Dies auch gerade deshalb, weil der an ihn gerichtete strafrechtliche Vorwurf nicht schwer wiege, die Folgen für ihn jedoch verheerend seien. Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit rechtfertige es sich folglich, die Öffentlichkeit gänzlich - eventualiter teilweise - von der Hauptverhandlung auszuschliessen (Urk. 8/42).

    4. Die Vorinstanz erwog zur Begründung der angefochtenen Verfügung im Wesentlichen, das Gericht könne die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ganz oder teilweise ausschliessen, wenn schutzwürdige Interessen einer beteiligten Person, insbesondere des Opfers, dies erfordere. Ein solches Interesse des notabene minderjährigen Opfers sei ohne weiteres zu bejahen (Urk. 8/43 Erw. 2). Den Beschuldigten würden gemäss immer noch geltender bundesgerichtlicher Praxis kaum je schutzwürdige Interessen zugestanden, weil jedes Gerichtsverfahren eine öffentliche Blossstellung und psychische Belastung bedeute. Ohne weiter darauf einzugehen und abzuwägen, ob diese Argumentation heutzutage noch haltbar sei, müsse vorliegend berücksichtigt werden, dass der Beschuldigte zwar formell Beschuldigter sei, im Sachverhaltskontext aber in erster Linie Opfer und der in diesem Verfahren zu beurteilenden Tat nur untergeordnete Bedeutung zukomme. Im Lichte dieser Tatsache seien die Opferinteressen des Beschuldigten höher zu gewichten als das Interesse der Öffentlichkeit an einer öffentlichen Verhandlung, weshalb die Öffentlichkeit von der Verhandlung auszuschliessen sei (Urk. 8/43 Erw. 5).

    5. a) Der Beschwerdeführer rügt unter anderem eine Verletzung der Begrün- dungspflicht durch die Vorinstanz. Die Vorinstanz sei dem Argument im von

      B. gestellten Gesuch gefolgt, wonach dessen engste Privatsphäre betroffen sei, doch habe sie nicht dargelegt, weshalb dem so sei (Urk. 2, insb. Ziff. 20).

      b) Vorab ist zu bemerken, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Vorinstanz in Erw. 2 der Verfügung festhält, ein schutzwürdiges Interesse zum Ausschluss

      der Öffentlichkeit von der Verhandlung des notabene minderjährigen Opfers sei ohne weiteres zu bejahen. Es wird nicht hinreichend klar, wen die Vorinstanz insofern als Opfer bezeichnete. Feststeht jedenfalls, dass sämtliche am Raufhandel beteiligten Personen - insbesondere auch B. , welcher im Jahr 1996 geboren wurde - zum Zeitpunkt des Vorfalls vom tt. November 2017 (und erst recht zur Zeit der terminierten Hauptverhandlung) mehr als 18 Jahre alt und damit nicht minderjährig waren (vgl. die Altersangaben der Personen im Polizeirapport,

      Urk. 8/1).

      Die Ausführungen der Vorinstanz, B. sei zwar formell Beschuldigter, aber primär Opfer, weshalb dessen Opferinteressen höher zu gewichten seien, als das Interesse der Öffentlichkeit an einen öffentlichen Verhandlung, genügen den Anforderungen an eine hinreichende Begründung nicht. Da die Interessen, zu deren Schutz der Ausschluss erfolgen soll, und die Interessen der Öffentlichkeit sorgfäl- tig gegeneinander abzuwägen sind (Urteil des Bundesgerichts 1B_87/2018 vom

      9. Mai 2018 Erw. 3.2.4), bedarf es insofern einer genügenden Begründung. Die Vorinstanz legt jedoch mit keinem Wort dar, welches genau die Opferinteressen des Angeklagten B. sind und weshalb die (nicht erörterten) Opferinteressen höher als die Interessen der Öffentlichkeit zu gewichten sein sollen. Somit liegt eine Verletzung der Begründungspflicht vor. Dieser Mangel kann vorliegend bereits deshalb nicht zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks hinreichender Begründung führen, weil - wie erwähnt - die Hauptverhandlung bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt worden ist.

    6. a) Der Beschwerdeführer rügt ferner, der angeordnete Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung sei rechtlich unhaltbar und unverhältnismässig (Urk. 2, insb. Ziff. 14 und Ziff. 20).

  1. Die Voraussetzungen für einen Öffentlichkeitsausschluss wurden bereits erwähnt (vorne Erw. 5.2). Zu wiederholen ist, dass die Publikumsund Medienöf- fentlichkeit die verfassungsrechtliche Regel, der Ausschluss der Öffentlichkeit die legitimationsbedürftige Ausnahme ist.

  2. B. erlitt anlässlich des eingeklagten Vorfalls erhebliche Verletzungen im Bereich seines Hinterkopfs, welche unter anderem zu Einblutungen im Hirngewebe führten (Urk. 8/12/3 S. 1). Allerdings hatte sich sein Gesundheitszustand bis zur Hauptverhandlung vom tt. Oktober 2018 deutlich verbessert; er konnte der Verhandlung offenbar problemlos folgen und die ihm gestellten Fragen - soweit er sich an den Vorfall erinnern konnte - allesamt adäquat beantworten (Urk. 8 Prot.

S. 10 ff.). Gemäss seinen Aussagen ist noch offen, ob längerfristig gewisse bleibende Schäden zu erwarten sind (vgl. Urk. 8 Prot. S. 16-18, insb. S. 17). Allein der Umstand, dass B. anlässlich des eingeklagten Vorfalls erhebliche Verletzungen erlitt (von denen er im Zeitpunkt der Hauptverhandlung jedoch teilweise genesen war), ist im Lichte der genannten Rechtsprechung kein hinreichender Ausnahmegrund für den Ausschluss der Öffentlichkeit. Würde man dies anders beurteilen, hiesse das, dass bei Anklagen betreffend tätliche Auseinandersetzungen die Öffentlichkeit immer auszuschliessen wäre, wenn der Angeklagte als Folge des Vorfalls selber auch Verletzungen erlitten hat. Hinzu kommt vorliegend, dass es gemäss der Anklage B. war, der anlässlich des eingeklagten Vorfalls zuerst auf die Kontrahenten einschlug (Urk. 8/27 S. 1). Die Beschwerdegegnerin 2 führte in der Stellungnahme zur Beschwerde denn auch aus, B. sei der Auslöser und der Grund für die tätliche Auseinandersetzung gewesen (Urk. 10 S. 1).

Somit bestand kein genügender Grund für den Ausschluss der Öffentlichkeit. Demzufolge durften den Gerichtsberichterstattern auch keine Auflagen betreffend Berichterstattung erteilt werden.

  1. Abschliessend ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde als begründet erweist. Sie ist daher gutzuheissen und die angefochtene Verfügung ersatzlos aufzuheben.

  2. Da sich der Beschwerdegegner 1 einer Stellungnahme und damit eines Antrags enthalten hat, sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Gerichtskasse zu nehmen. Damit ist von sehr geringen Aufwendungen des amtlichen Verteidigers des Beschwerdegegners 1 im Beschwerdeverfahren auszugehen, weshalb ihm keine Entschädigung zuzusprechen ist. Der obsiegende Beschwerdefüh-

rer hat keine Entschädigung beantragt, weshalb ihm ebenfalls keine solche zuzusprechen ist.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung ersatzlos aufgehoben.

  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.

  3. Es werden für das Beschwerdeverfahren keine Entschädigungen ausgerichtet.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Beschwerdeführer, per Gerichtsurkunde;

    • den amtlichen Verteidiger des Beschwerdegegners 1, zweifach, per Gerichtsurkunde;

    • die Beschwerdegegnerin 2, gegen Empfangsbestätigung;

    • die Vorinstanz, unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten [Urk. 8), gegen Empfangsbestätigung.

  5. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann unter den einschränkenden Voraussetzungen von Art. 93 des Bundesgerichtsgesetzes Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerde

legitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 21. Dezember 2018

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. T. Graf

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