Kanton: | ZH |
Fallnummer: | UH180059 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | III. Strafkammer |
Datum: | 20.03.2018 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Akteneinsicht |
Zusammenfassung : | Die Beschwerde von A. gegen die Verweigerung der Akteneinsicht im Strafverfahren gegen B. wurde vom Obergericht des Kantons Zürich abgewiesen. A. hatte Einsicht in die Akten beantragt, um die Legalität bestimmter Formen der Sterbehilfe zu klären. Das Gericht entschied, dass A. kein schützenswertes Interesse an der Einsicht in die Akten habe, da dies nicht gesetzlich vorgesehen sei. Die Gerichtskosten von 900 CHF wurden A. auferlegt. |
Schlagwörter : | Akten; Akteneinsicht; Interesse; Verfahren; Recht; Gericht; Sterbehilfe; Einsicht; Anklage; Verfahren; Urteil; Öffentlichkeit; Verfahrens; Entscheid; Bezirksgericht; Bundesgericht; Medien; Person; Staat; Kanton; Akteneinsichtsverordnung; Kantons; Hauptverhandlung; Schweiz; Verfahrens |
Rechtsnorm: | Art. 101 StPO ; Art. 104 StPO ; Art. 30 BV ; Art. 340 StPO ; Art. 382 StPO ; Art. 390 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 65 StPO ; Art. 69 StPO ; Art. 70 StPO ; Art. 72 StPO ; Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 102 Ia 211; 104 Ia 377; 113 Ia 309; 129 III 529; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: UH180059-O/U/HEI>BEE
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, und lic. iur. A. Flury, Ersatzoberrichter lic. iur. Th. Vesely sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Weber
Beschluss vom 20. März 2018
in Sachen
Beschwerdeführer
gegen
1 verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
betreffend Akteneinsicht
Erwägungen:
Am Bezirksgericht Uster (Einzelgericht) ist eine Anklage der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich gegen Rechtsanwalt B. pendent. Wie diversen Medienberichten zu entnehmen war (vgl. namentlich den bei den Akten liegenden Artikel im Landboten vom tt.mm 2017, Urk. 3/5), wird dem Beschuldigten strafbare Beihilfe zum Selbstmord und Wucher zur Last gelegt. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit mehreren Fällen von Sterbehilfe durch die von ihm gegründete und geleitete Sterbehilfeorganisation C. . Nachdem das Bezirksgericht die Anklageschrift zunächst zur Ergänzung zurückgewiesen und die Staatsanwaltschaft diese dem Gericht modifiziert erneut eingereicht hatte (vgl. dazu auch den Artikel Anklage gegen B. erneuert im Tages-Anzeiger vom tt.mm 2017,
S. 19), wurde am 6. Februar 2018 zur Hauptverhandlung auf den 18. Mai 2018
vorgeladen (vgl. Urk. 3/2 = 5 S. 3 sowie den entsprechenden Eintrag im öffentlichen Verhandlungskalender auf www.gerichte-zh.ch Verhandlungen).
Mit Eingabe vom 12. Dezember 2017 ersuchte A. , Vorstandsmitglied der Schweizer Sektion von D. (einer Pro-Life-Organisation mit katholischem Hintergrund), um Einsicht in die Akten des Strafverfahrens (Urk. 3/1). Das Bezirksgericht wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 8. Februar 2018 ab
(Urk. 3/2 = 5).
Dagegen führt A. mit Eingabe vom 16. Februar 2018 (tags darauf zur Post gegeben) Beschwerde mit den folgenden Anträgen (Urk. 2 S. 2):
In Gutheissung der Beschwerde ist das Gesuch um Akteneinsicht zu genehmigen.
Eventualiter ist das Gesuch um Akteneinsicht auf den Rückweisungsbeschluss zwecks Nachbesserung der Anklageschrift des Bezirksgerichts Uster zu beschränken.
Von der Einholung von Stellungnahmen wurde abgesehen, ebenso vom Beizug der Akten des Strafverfahrens.
A. verweist sowohl in seinem Gesuch an die Vorinstanz als auch in seiner Rechtsmittelschrift auf seine Funktion als Vorstandsmitglied von D. Schweiz. Ob er aus diesem Mandat ein eigenes schützenswertes Interesse ableitet, das ihm Anspruch auf Akteneinsicht vermitteln würde, aber er damit zum Ausdruck bringen will, dass er für D. Schweiz handelt, bleibt unklar. Jedenfalls fehlt ein expliziter Hinweis darauf, dass er im Namen dieser Organisation das Gesuch stellen beziehungsweise die Beschwerde erheben würde. A. , der nicht nur studierter Theologe ist, sondern auch über ein Lizentiat der Rechtswissenschaften verfügt (Staatskalender des Kantons Zürich 2015/2016, S. ), spricht im Gegenteil in erster Person (Urk. 2 S. 1: [ ] hat der Unterzeichnete [ ] ein Gesuch um Akteneinsicht [ ] erhoben; Urk. 2 S. 2: [ ] stellt der Unterzeichnete folgende Anträge:). Unter diesen Umständen ist die Beschwerde als von A. in eigenem Namen erhoben entgegenzunehmen. Der Vollständigkeit halber sei aber gesagt, dass wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt - der Ausgang des vorliegenden Verfahrens auch dann kein anderer wäre, wenn D. Schweiz Beschwerde führte.
Der Beschwerdeführer ist der Meinung, Anspruch zu haben auf Einsicht in die Akten des pendenten Strafverfahrens gegen B. . Er stützt sich dabei auf Art. 101 Abs. 3 StPO. Nach dieser Vorschrift können Dritte die Akten einsehen, wenn sie dafür ein wissenschaftliches ein anderes schützenswertes Interesse geltend machen (beziehungsweise tatsächlich ein solches haben [Urteil des Bundesgerichts 1B_306/2014 vom 12. Januar 2015 E. 2.1]) und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen privaten Interessen entgegenstehen.
Der vom Beschwerdeführer behauptete Anspruch setzt demnach keine Parteistellung im Strafverfahren (Art. 104 StPO) voraus. Entsprechend ist er auch als blosser Dritter berechtigt, den ihm die beantragte Akteneinsicht verweigernden Entscheid anzufechten (Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 382 Abs. 1 StPO; Riklin, StPO Kommentar, Orell Füssli Kommentar / navigator.ch, 2. Auflage, Zürich 2014, Art. 101 N 7; Brüschweiler, in: Donatsch / Hansjakob / Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Auflage, Zürich 2014, Art.
102 N 6). Das Vorliegen eines schützenswerten Interesses ist Tatbestandsmerkmal von Art. 101 Abs. 3 StPO, betrifft also nicht die Zulässigkeit der Beschwerde, sondern deren Begründetheit. Die Legitimation des Beschwerdeführers ist somit ungeachtet seiner fehlenden Parteistellung im Strafverfahren gegeben.
Nicht zum Tragen kommt vorliegend die Beschränkung der selbständigen Anfechtbarkeit verfahrensleitender Anordnungen der erstinstanzlichen Gerichte nach Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 65 Abs. 1 StPO. Da dem Beschwerdeführer keine Parteistellung im Strafverfahren zukommt, wird es ihm verwehrt sein, den das Strafverfahren abschliessenden Entscheid anzufechten und in diesem Rahmen die Fehlerhaftigkeit der Verfügung vom 8. Februar 2018 geltend zu machen. Für ihn ist das Verfahren vielmehr mit der Verweigerung der Akteneinsicht erledigt. Damit bleibt ihm nur deren selbständige Anfechtung (Schmutz, in: Niggli / Heer / Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014 [BSK StPO], Art. 102 N 6).
Die übrigen Sachentscheidvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf das erhobene Rechtsmittel ist einzutreten.
Die Vorinstanz erwägt im angefochtenen Entscheid, der Beschwerdeführer habe sein Interesse an der Einsicht in die Akten nicht näher begründet. Er führe einzig aus, dass sich D. als Organisation für die Achtung und den Schutz des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod einsetze. Damit habe der Beschwerdeführer, so die Vorinstanz, weder für sich persönlich noch für D. ein schützenswertes Interesse an der Akteneinsicht geltend gemacht (Urk. 3/2 = 5 E. 2.2).
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz unter Bezugnahme auf diese Erwägungen vor, sie verkenne, dass es sich bei der organisierten Sterbehilfe im Allgemeinen und bei der Sterbehilfe für Personen mit Wohnsitz im Ausland (sogenannter 'Sterbetourismus') im Besonderen um eine Thematik von eminent gesellschaftspolitischer Relevanz handle, welche Staat und Gesellschaft seit mehreren Jahren sowohl auf eidgenössischer wie auch kantonalzürcherischer Ebene intensiv beschäftige. Dies gelte vor allem auch für das Geschäftsmodell der vom Be-
schuldigten vertretenen Sterbehilfeorganisation 'C. ', welche ihre Dienstleistungen primär suizidwilligen Personen mit Wohnsitz im Ausland anbiete. Der Beschwerdeführer verweist auf verschiedene Bestrebungen auf Bundesebene, die organisierte Sterbehilfe gesetzlich ausdrücklich zu regeln (unter Hinweis auf das [archivierte] Dossier Sterbehilfe auf der Website des Bundesamtes für Justiz, www.bj.admin.ch Gesellschaft Abgeschlossene Rechtsetzungsprojekte [Urk. 3/3]) sowie auf die beiden kantonalzürcherischen Volksinitiativen Nein zum Sterbetourismus im Kanton Zürich und Stopp der Suizidhilfe. Es liege auf der Hand, dass eine Organisation wie D. , die den Schutz des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod als ihre vorrangige Zielsetzung bezeichne, ein schutzwürdiges Interesse an der Kenntnis von Vorgängen habe, welche wie in casu der Fall der Klärung der Legalität gewisser Formen der hierzulande praktizierten Sterbehilfe dienten. Weiter weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass er während seiner beruflichen Tätigkeit bei der Gesundheitsdirektion
des Kantons Zürich von 1998 bis 2016 für das Dossier 'Sterbehilfe' zuständig gewesen sei, insbesondere für die Beantwortung parlamentarischer Vorstösse im Zusammenhang mit der mehr als fragwürdigen Sterbehilfepraxis von 'C. ', und selbstredend auch nach seiner altershalber erfolgten Pensionierung an dieser Thematik persönlich sehr interessiert sei. Die Schutzwürdigkeit des Interesses an der Klärung der Legalität hierzulande praktizierter Formen der Sterbehilfe werde noch dadurch potenziert, als gemäss Medienberichten die Rückweisung der Anklage durch das Bezirksgericht von der Oberstaatsanwaltschaft als 'juristisch nicht nachvollziehbar' bezeichnet worden sei (unter Hinweis auf den schon erwähnten Landboten-Artikel). Die Vorinstanz stütze sich zu Unrecht auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 22. April 2016 (1B_353/2015). Die Sachverhalte seien insofern nicht vergleichbar, als im zitierten Bundesgerichtsurteil ausschliesslich Ansprüche einer Privatperson strittig gewesen seien, wohingegen im vorliegenden Fall primär öffentliche, vom Staat in besonderer Weise zu schützende Rechtsgüter ('Schutz des Lebens') im Zentrum der gerichtlichen Klärung stünden (Urk. 2 S. 1 f.).
Nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 UNO-Pakt II hat jede Person ein Recht darauf, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage öffentlich verhandelt wird. Art. 30 Abs. 3 BV sieht vor, dass Gerichtsverhandlung und Urteils-
verkündung öffentlich sind. Das diesen Bestimmungen zugrunde liegende Prinzip der Justizöffentlichkeit und die daraus abgeleiteten Informationsrechte sind von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer Bedeutung. Sie sorgen für Transparenz in der Rechtspflege, was eine demokratische Kontrolle durch das Volk erst ermöglicht, und bedeuten damit eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Die Kontrolle durch die Öffentlichkeit soll nicht nur eine korrekte und gesetzmässige Behandlung der Verfahrensbeteiligten gewährleisten. Die interessierte Öffentlichkeit soll darüber hinaus Kenntnis erhalten können, wie das Recht verwaltet und wie die Rechtspflege ausgeübt wird. Ohne Gerichtsöffentlichkeit sind Spekulationen, ob die Justiz einzelne Prozessparteien ungebührlich benachteiligt privilegiert, unvermeidlich. Kritik an einseitiger rechtsstaatlich fragwürdiger Ermittlungstätigkeit mangelhafter Verfahrensleitung bliebe ausgeschlossen. Für die Bürger soll ersichtlich sein, wie die Richter die ihnen vom jeweiligen Wahlkörper übertragene Verantwortung wahrnehmen (BGE 102 Ia 211 E. 6.b, 108 Ia 90 E. 3.a, 111 Ia 239 E. 7.b, 113 Ia 309 E. 4.c, 113 Ia 412 2.c, 117
Ia 387 E. 3, 119 Ia 99 E. 4.a, 124 IV 234 E. 3.b, 133 I 106 E. 8.1, 134 I 286 E. 5.1,
137 I 16 E. 2.2, 139 I 129 E. 3.3, 143 IV 151 E. 2.4, 143 I 194 E. 3.1). Schließt
heute ein Staat durch seine Vorschriften tatsächlich die Öffentlichkeit aus, so beweist er dadurch sein schlechtes Gewissen, hielt der vom Bundesgericht in den genannten Entscheiden zitierte Autor 1973 fest (Schultz, Der Grundsatz der Öffentlichkeit im Strafprozeß, SJZ 69/1973 129, S. 130).
Im Strafverfahren wird der Grundsatz der Justizöffentlichkeit in Art. 69 ff. StPO präzisiert. Nach Art. 69 Abs. 1 StPO sind die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte öffentlich. Demgegenüber ist das Vorverfahren nicht (publikums-)öffentlich (Art. 69 Abs. 3 lit. a StPO). Haben die Parteien in einem nach Art. 69 Abs. 1 StPO öffentlichen Verfahren auf eine öffentliche Urteilsverkündung verzichtet ist ein Strafbefehl ergangen, so können interessierte Personen in die Urteile und Strafbefehle Einsicht nehmen (Art. 69 Abs. 2 StPO; weiter geht das kantonale Recht, das in § 21 Abs. 2 der Akteneinsichtsverordnung der obersten kantonalen Gerichte [LS 211.15; abrufbar auf zhlex.zh.ch] das Einsichtsrecht von Privatpersonen auf nicht mündlich eröffnete
Entscheide [gemeint sind gemäss § 4 Abs. 3 der Akteneinsichtsverordnung Entscheide in der Sache ] generell ausdehnt, vgl. auch das Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts vom 1. Juli 2009 [abrufbar auf www.gerichte-zh.ch Kreisschreiben] und Schmidheiny, Die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips am Zürcher Obergericht und an den Bezirksgerichten, Richterzeitung vom 23. Mai 2012, Rz. 9 ff.). Ein Einsichtsrecht in die übrigen Akten des Strafverfahrens, namentlich in Entscheide, die nur verfahrensleitender Natur sind, besteht hingegen gestützt auf das Prinzip der Justizöffentlichkeit grundsätzlich nicht.
Selbst den akkreditierten Gerichtsberichterstattern wird in Strafverfahren keine unbegrenzte Einsicht gewährt. Sie haben in Verfahren mit öffentlicher Verhandlung - Einsicht in die Anklageschrift und, soweit keine überwiegenden öffentlichen privaten Interessen entgegenstehen, in weitere Akten (§ 16 Abs. 1 Ziff. 2 der Akteneinsichtsverordnung). Hintergrund der Medienschaffenden gegenüber weitergehend zugebilligten Informationsrechte ist ihre zentrale Funktion bei der Verwirklichung des Öffentlichkeitsprinzips. Da nicht jedermann jederzeit an beliebigen Gerichtsverhandlungen teilnehmen kann, übernehmen die Medien mit ihrer Gerichtsberichterstattung insofern eine wichtige Brückenfunktion, als sie die gerichtliche Tätigkeit einem grösseren Publikum zugänglich machen (BGE 129 III 529
E. 3.2, vgl. auch BGE 113 Ia 309 E. 3.c und 137 I 209 E. 4.2). Sie werden nicht um ihrer selbst willen mit Unterlagen bedient, sondern weil sie als Informationsträger die Verbindung zwischen dem informierenden Gemeinwesen und der Öffentlichkeit herstellen und damit einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten (BGE 104 Ia 377 E. 3.a).
Voraussetzung für die Gewährung dieser Privilegien (vgl. auch Art. 70 Abs. 3 StPO sowie §§ 13a ff. der Akteneinsichtsverordnung) ist wie erwähnt die Akkreditierung, die in §§ 10 ff. der Akteneinsichtsverordnung geregelt ist und in Art. 72 StPO ihre bundesrechtliche Stütze findet. Sie setzt die Zutrauenswürdigkeit des Journalisten voraus (§ 10 Abs. 1 der Akteneinsichtsverordnung). Er kann bei wiederholter schuldhafter Pflichtverletzung mit Sanktionen (bis hin zum Zulassungsentzug) belegt werden (§ 12 der Akteneinsichtsverordnung). Diese Disziplinierungsmöglichkeiten bilden das Korrelat zur Sonderstellung, die den Medienschaffenden eingeräumt wird (BGE 113 Ia 309 E. 5.c). Des Weiteren kann bei einem Journalisten ein gewisses Berufsethos vorausgesetzt werden. Wenn auch Medienschaffende versucht sein können, im Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Informationsbedürfnis und den Persönlichkeitsrechten der Beteiligten jenes stärker und unter Umständen zu stark zu gewichten, ist doch immerhin zu erwarten, dass sie sich ihrer mit dem ihnen gewährten Sonderstatus einhergehenden besonderen Verantwortung bewusst sind und die ihnen eingeräumte Aktenkenntnis nicht für sachfremde Partikularinteressen missbrauchen. Diese Voraussetzung ist bei anderen am Verfahren nicht beteiligten Dritten nicht in gleichem Masse gegeben.
Die Öffentlichkeit des Strafverfahrens kann mit den Persönlichkeitsrechten der Parteien kollidieren, namentlich mit jenen der beschuldigten Person, aber auch mit jenen von Tatopfern. Diese Gefahr akzentuiert sich, wenn Dritten Akteneinsicht schon im Vorfeld der Hauptverhandlung gewährt wird. In der öffentlichen Verhandlung erfährt der Zuschauer, wie sich der Angeklagte zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen stellt und mit welchen Argumenten er sich verteidigt. Dies ist bei einer vorgängigen Einsicht in die hauptsächlich von der Untersuchungsbehör- de produzierten Akten naturgemäss nicht gegeben, was mit Blick auf den Grundsatz der Waffengleichheit problematisch ist. Insbesondere die Anklageschrift ist geeignet, bei Aussenstehenden den Anschein amtlicher Richtigkeit zu wecken (Zeller, Medien und Hauptverhandlung, Menschenrechtliche Leitplanken, Richterzeitung vom 22. März 2006, Rz. 88, unter Hinweis auf einen Entscheid des [deutschen] Bundesverfassungsgerichts [BVerfGE 71, 206 <216 f.>]). Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist die Nichtöffentlichkeit des Vorverfahrens (wie auch des schriftlichen Anklagezulassungsverfahrens im Sinne von Art. 328 ff. StPO) zu sehen. Hinzu kommt, dass im Rahmen der Hauptverhandlung im Anschluss an die Parteiverhandlung in der Regel sogleich die (geheime) Urteilsberatung und die (öffentliche) Urteilseröffnung folgen (Art. 348 ff. und Art. 84 StPO). Wird demgegenüber unbeteiligten Dritten Akteneinsicht schon vorher gewährt, ist die beschuldigte Person während längerer Zeit im Detail öffentlich bekannten, noch nicht durch ein unabhängiges Gericht beurteilten Vorwürfen ausgesetzt. Auch
dies erhöht die Gefahr einer Vorverurteilung beziehungsweise einer rechtswidrigen Verletzung der Persönlichkeitsrechte.
Wenn der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der Kenntnis von Vorgängen geltend macht, die der Klärung der Legalität gewisser Formen der hierzulande praktizierten Sterbehilfe dienen, und hierbei auf die gesellschaftspolitische Relevanz der Thematik Sterbehilfe verweist sowie darauf, dass sich die Untersuchungsbehörde in den Medien mit dem Kommentar habe zitieren lassen, die Rückweisung der Anklage sei juristisch nicht nachvollziehbar, beruft er sich auf nichts anderes, als auf das durch den Grundsatz der Justizöffentlichkeit umgesetzte Postulat einer transparenten, der öffentlichen Kontrolle zugänglichen Rechtspflege. Wie aber soeben dargelegt ergibt sich weder aus den oben zitierten verfassungsund völkerrechtlichen Normen noch aus den entsprechenden Bestimmungen in der Strafprozessordnung ein Anspruch Dritter auf Einsicht in die Akten des Strafverfahrens. Im Übrigen ist die den Beschwerdeführer interessierende Frage nach der Legalität gewisser Formen von Sterbehilfe eine Rechtsfrage, welche voraussichtlich Gegenstand des Sachentscheides sein wird. An Letzterem kann durchaus ein wissenschaftliches Interesse bestehen. Hingegen besteht kein legitimes beziehungsweise schützenswertes Interesse des Beschwerdeführers an der Einsicht in Akten, die vorgängig und im Hinblick auf einen noch nicht getroffenen Sachentscheid erstellt wurden. Dem Beschwerdeführer steht es offen, am 18. Mai 2018 in Uster der Hauptverhandlung beizuwohnen. Auch wenn dies nicht dem Wortlaut des Gesetzes entnommen werden kann, wird dort die Anklage (jedenfalls eine Zusammenfassung der Vorwürfe) zu verlesen sein (vgl. Art. 340 Abs. 2 StPO; diese Bestimmung hat auch die Funktion, die am Prozess anwesende Öffentlichkeit über die Vorwürfe gegen die beschuldigte Person zu informieren, es ist selbstverständlich die Meinung [ ], dass man eine kurze Zusammenfassung der Anklageschrift zuhanden der Öffentlichkeit vorlegt, Selbstverständliches aber sollte möglichst nicht ausdrücklich aufgenommen werden ins Gesetz [AB 2007 N 1023 f., Votum von Bundesrat Blocher]; vgl. auch die Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2005 1085, S. 1283, und BSK StPO-Hauri / Venetz, Art. 340 N 10 ff.). Der Beschwerdeführer wird hören können, was der Beschuldigte zu sagen hat. Das Urteil wird öffentlich zu verkünden und zumindest kurz zu begründen sein (Art. 84 Abs. 1 StPO). Damit ist nach der gesetzgeberischen Wertung das Strafverfahren hinreichend öffentlich.
Einen Anspruch auf eine weitergehende und vor allem schon der Hauptverhandlung vorgelagerte Öffentlichkeit des vorliegenden Strafverfahrens kann der Beschwerdeführer auch nicht aus Art. 101 Abs. 3 StPO ableiten. Die Akteneinsicht nach dieser Bestimmung setzt ein wissenschaftliches ein anderes schützenswertes Interesse voraus. Ein wissenschaftliches Interesse hat der Beschwerdeführer nicht; er macht ein solches auch nicht geltend. Ein anderes schützenswertes Interesse ist nur in begründeten Ausnahmefällen zu bejahen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1B_353/2015 vom 22. April 2016 E. 4.4). Sieht man von den Medienschaffenden ab, bei denen sich das schützenswerte Interesse aus ihrer schon erwähnten besonderen Funktion bei der Verwirklichung des Öffentlichkeitsprinzips ergibt und deren Privilegien bestimmten Sanktionsmöglichkeiten gegenüberstehen, fallen in erster Linie Konstellationen darunter, in denen die gesuchstellende Drittperson geltend macht, die Aktenkenntnis sei zur Beurteilung der eigenen Rechtsposition erforderlich, etwa weil sie ein administratives gerichtliches Verfahren anstrebt (vgl. Greter, Die Akteneinsicht im Schweizerischen Strafverfahren, Diss. Zürich 2012, S. 109; zum Beispiel: Urteile des Bundesgerichts 1B_33/2014 vom 13. März 2014 [Verantwortlichkeitsprozess], 1B_306/2014 vom 12. Januar 2015 [Strafanzeige/Anzeige an Presserat], 1B_353/2015 vom 22. April 2016 [Revisionsverfahren]).
Derlei Umstände stehen hier nicht zur Diskussion. Vielmehr erschöpft sich die Begründung des Beschwerdeführers wie gesagt darin, Kenntnis über den Gang des Strafverfahrens erlangen zu wollen. Diesem Anliegen wird bereits mit den vorstehend erläuterten Bestimmungen über die Justizöffentlichkeit ausreichend Rechnung getragen. Es vermag für sich alleine genommen kein schützenswertes Interesse im Sinne von Art. 101 Abs. 3 StPO zu begründen. Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer beziehungsweise die Organisation, der er als Vorstandsmitglied angehört, am Thema der Sterbehilfe besonders interessiert sind. Ein solches bloss faktisches Interesse (in diesem Sinne wird interessiert in
Art. 69 Abs. 2 StPO verwendet) genügt, auch wenn es ausgeprägter ist als beim Durchschnittsbürger, im Rahmen von Art. 101 Abs. 3 StPO nicht. Würden rein politische weltanschauliche Interessen zur Begründung des Akteneinsichtsrechts während eines pendenten Verfahrens nach Art. 101 Abs. 3 StPO genügen, wäre dieses praktisch schrankenlos und des Amtsgeheimnis obsolet.
Schliesslich führt auch die von der Oberstaatsanwaltschaft am gerichtlichen Rückweisungsentscheid geübte Kritik nicht dazu, dass dem Beschwerdeführer Akteneinsicht zu gewähren wäre. Es handelt sich hierbei nicht um einen verfahrenserledigenden Entscheid (in eine solche gerichtliche Einstellung bestünde auch ohne ein schützenswertes Interesse gestützt auf § 21 Abs. 2 der Akteneinsichtsverordnung ein Einsichtsrecht). Es wurde damit einzig der Untersuchungsbehörde aufgegeben, einige Punkte der Anklageschrift nachzubessern. Das vom Beschwerdeführer angerufene Interesse an der Klärung der Legalität hierzulande praktizierter Formen der Sterbehilfe ist dadurch nicht gefährdet. Die dem Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen werden wie gesagt im Rahmen der öffentlichen Hauptverhandlung gerichtlich beurteilt werden. Den Parteien wird es dannzumal überdies offenstehen, sich zur staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Verfahrensleitung zu äussern, soweit sie es für erforderlich halten. Welche Punkte das Bezirksgericht an der Anklage beanstandete, wurde im vom Beschwerdeführer eingereichten Zeitungsartikel genannt, womit eine diesbezüglich hinreichende (mittelbare) Öffentlichkeit besteht. Auf das nur den Journalisten gewährte weitergehende Einsichtsrecht können sich weder der Beschwerdeführer noch seine Organisation berufen.
Dem Beschwerdeführer geht demnach ein schützenswertes Interesse an der Einsicht sowohl in den Rückweisungsentscheid als auch in die übrigen Akten ab. Die Vorinstanz hat diese zu Recht verweigert. Die Beschwerde erweist sich sofort als unbegründet. Von prozessualen Weiterungen ist deshalb abzusehen (Art. 390 Abs. 2 StPO) und die Beschwerde ist sogleich abzuweisen.
Abs. 1 GebV OG) und in Beachtung der massgeblichen Bemessungskriterien (Bedeutung und Schwierigkeit des Falls und Zeitaufwand des Gerichts, § 2 Abs. 1 GebV OG) auf 900 Franken festzusetzen.
Prozessentschädigungen für das Beschwerdeverfahren sind keine zuzusprechen; dem Beschwerdeführer nicht, weil er unterliegt, und dem Beschuldigten nicht mangels erheblicher Aufwendungen.
Es wird beschlossen:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 900.-festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Entschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an:
A. , als Gerichtsurkunde
das Bezirksgericht Uster, Einzelgericht in Strafsachen, unter Beilage einer Kopie der Urk. 2 und 3, gegen Empfangsbestätigung
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, unter Beilage einer Kopie der Urk. 2 und 3, gegen Empfangsbestätigung
Rechtsanwalt Dr. X. , unter Beilage einer Kopie der Urk. 2 und 3, zweifach, für sich und B. , als Gerichtsurkunde
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerde legitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Zürich, 20. März 2018
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Präsident:
lic. iur. Th. Meyer
Gerichtsschreiber:
lic. iur. A. Weber
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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