E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UH160334
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH160334 vom 16.03.2017 (ZH)
Datum:16.03.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Zeugnisverweigerungsrecht
Zusammenfassung : Das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, hat in einem Fall betreffend das Zeugnisverweigerungsrecht entschieden. Ein Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X., wandte sich gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich. Das Untersuchungsrichteramt in Den Haag führte eine Strafuntersuchung gegen einen Beschuldigten wegen betrügerischem Bankrott. Der Beschwerdeführer, der als Zeuge befragt wurde, berief sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Geschäftsführer einer Firma. Die Beschwerdegegnerin entschied, dass dem Beschwerdeführer kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein, die jedoch nicht angenommen wurde. Der Richter des Obergerichts des Kantons Zürich war lic. iur. Th. Meyer.
Schlagwörter : Recht; Zeugnisverweigerungsrecht; Verfügung; Rechtsmittel; Kammer; Verfahren; Kantons; Gericht; Zeuge; Staatsanwalt; Rechtsvertreter; Beschwerdeführers; Verfahren; Beschwerdekammer; Staatsanwaltschaft; Untersuchungsrichter; Einvernahme; Entscheid; Zeugnisverweigerungsrechts; Rechtshilfeverfahren; Rechtsmittelbelehrung; Untersuchungsrichteramt; Sinne; Beschuldigten; Rechtshilfemassnahme; Akten; Behörde
Rechtsnorm:Art. 292 StGB ; Art. 39 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 54 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UH160334-O/U/HEI

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, die Ersatzoberrichter lic. iur. A. Schärer und lic. iur. Th. Vesely sowie Gerichtsschreiber lic. iur. L. Künzli

Beschluss vom 16. März 2017

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführer

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

    Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich,

    Beschwerdegegnerin

    betreffend Zeugnisverweigerungsrecht

    Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 17. Oktober 2016, B-5/2016/10024201

    Erwägungen:

    I.
    1. Das Untersuchungsrichteramt am Gericht in Den Haag (Niederlande) führt eine Strafuntersuchung gegen B. (vorliegend: Beschuldigter) wegen betrügerischem Bankrott (bzw. Konkurs) im Sinne von Art. 341 des niederländischen Strafgesetzbuches (Urk. 6 i.V.m. Urk. 10/1-2).

    1. Mit Schreiben vom 27. Juni 2016 stellte das Untersuchungsrichteramt am Gericht in Den Haag bei der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (vorliegend: Beschwerdegegnerin) ein Rechtshilfegesuch (Urk. 10/1). Es ersuchte die Beschwerdegegnerin, den in C. (ZH) wohnhaften A. (vorliegend: Beschwerdeführer) im Strafverfahren gegen den Beschuldigten rechtshilfeweise als Zeugen zu befragen.

    2. a) Die Beschwerdegegnerin trat nach der Vorprüfung auf das Rechtshilfeersuchen ein und verfügte am 27. Juli 2016 (Urk. 10/5), dass der Beschwerdeführer als Zeuge rechtshilfeweise einzuvernehmen sei, unter Zulassung der niederländischen Prozessbeteiligten (Untersuchungsrichter, Urkundsbeamtin, Staatsanwalt und Verteidiger des Beschuldigten) zur Rechtshilfemassnahme.

      b) Der Beschwerdeführer wurde in der Folge auf den 7. Oktober 2016 zur Zeugeneinvernahme vorgeladen (Urk. 10/9).

    3. Anlässlich der Einvernahme wurde der (in Begleitung seines Rechtsvertreters erschienene) Beschwerdeführer (nach erfolgter Rechtsbelehrung und Beantwortung der einleitenden Fragen zum beruflichen Werdegang etc.) zur Sache befragt. Als die Beschwerdegegnerin in der Befragung auf die D. GmbH (kurz:

      D'. ) zu sprechen kam, berief sich der Beschwerdeführer auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, mit der Begründung : Ich bin Geschäftsführer dieser Firma. Ich muss die Aussage verweigern, wenn es inhaltlich um die Firma geht. Ich unterliege einer Geheim-

      haltungspflicht. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers reichte hierauf als Beleg einen Bestandteil eines Vertrages zu den Akten und erklärte, dass sich der Zeuge auf sein Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne von Art. 169 Abs. 1 lit. b StPO berufe (Urk. 10/13 S. 4-5 und Urk. 10/14/1).

    4. a) Die Einvernahme wurde unterbrochen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Da ein Entscheid über die Gewährung des Zeugnisverweigerungsrechts gestützt auf das anlässlich der Einvernahme eingereichte Dokument nicht sogleich möglich war, wurde der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aufgefordert, den vollständigen Vertragstext nachzuzureichen. Die Beschwerdegegnerin teilte den Anwesenden weiter mit, sie werde nach Eingang des Dokuments über die Zulässigkeit des Zeugnisverweigerungsrechts entscheiden (Urk. 10/13 S. 5 f.).

      b) Bevor die Einvernahme abgebrochen wurde, liess die Beschwerdegegnerin noch einige Frage der niederländischen Verfahrensbeteiligten zu, die offensichtlich nichts mit der D'. zu tun hatten (Urk. 10/13 S. 5 f.).

    5. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2016 (Urk. 10/17) reichte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den vollständigen Vertragstext nach (Urk. 10/18/1).

    1. a) Die Beschwerdegegnerin stellte mit Verfügung vom 17. Oktober 2016 fest, dass dem Beschwerdeführer im Rechtshilfeverfahren in Sachen Untersuchungsrichteramt Den Haag gegen den Beschuldigten betreffend betrügerischer Bankrott kein Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne von Art. 169 Abs. 1 lit. b StPO zustehe. Der Beschwerdeführer wurde demzufolge (unter Androhung einer Ordnungsbusse bis Fr. 1'000.- und unter Hinweis auf die Straffolgen nach Art. 292 StGB [Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen]) verpflichtet, als Zeuge in diesem Verfahren auszusagen (Urk. 6 S. 6).

      b) Als zulässiges Rechtsmittel gegen diese Verfügung gab die Beschwerdegegnerin in der Rechtsmittelbelehrung die Beschwerde (nach Art. 393 ff. StPO) an die hiesige Kammer an (a.a.O.).

    2. Gegen die Verfügung vom 17. Oktober 2016 liess der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 28. Oktober 2016 (entsprechend der Rechtsmittelbelehrung) Beschwerde einreichen (Urk. 2). Er lässt den Antrag stellen, es sei in Aufhebung der angefochtenen Verfügung festzustellen, dass er im Rechtshilfeverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht nach Art. 169 Abs. 1 lit. a und/oder lic. b und/oder Abs. 2 StPO habe (a.a.O., S. 2). Die Beschwerdegegnerin liess sich mit Eingabe vom 22. November 2016 vernehmen, verbunden mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde (Urk. 9). Der Beschwerdeführer verzichtete stillschweigend auf eine Replik, nachdem ihm mit Präsidialverfügung vom 7. Dezember 2016 die Stellungnahme zur freigestellten Äusserung übermittelt worden war (vgl. Urk. 13-14).

    3. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

II.

1. Vorab ist von Amtes wegen die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz zu prüfen bzw. die Frage, ob der angefochtene Entscheid betreffend Ablehnung des Zeugnisverweigerungsrechts im Rahmen einer Rechtshilfeangelegenheit der Beschwerde nach Art. 393 ff. StPO unterliegt (Art. 39 Abs. 1 StPO).

    1. Für den Vollzug von Rechtshilfemassnahmen in der Schweiz ist grundsätzlich die StPO anwendbar. Dies ergibt sich aus Art. 80a Abs. 2 IRSG, wonach die ersuchte Behörde die Rechtshilfehandlungen nach dem eigenen Verfahrensrecht ausführt (vgl. ebenso Grundsatz in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 IRSG; KUSTER, BSK Internationales Strafrecht, Basel 2015, N 4 zu Art. 80a IRSG). Für den prozessualen Rechtsschutz gegen Rechtshilfemassnahmen ist indessen nicht die StPO massgeblich, sondern das IRSG als lex specialis (Art. 1 Abs. 1 IRSG, Art. 54 StPO). Insbesondere richtet die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen eine im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens erlassene Verfügung nicht nach der StPO (DANGUBIC/KESHELAVA, BSK, a.a.O., N 2 zu Art. 12 IRSG; BuGer 1B_563/2011,

      Urteil vom 16. Januar 2012, E. 2.1).

      Das IRSG regelt als lex specialis in Art. 80e ff. die Anfechtbarkeit von Verfügungen der ausführenden Behörde. Nach Art. 80e Abs. 1 IRSG unterliegt die Verfügung der ausführenden kantonalen Behörde (oder der Bundesbehörde), mit der

      das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Der Schlussverfügung vorangehende Zwischenverfügungen können nach Abs. 2 selbstständig angefochten werden, sofern sie einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken, (lit. a) durch die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen (lit. b) durch die Anwesenheit von Personen, die am ausländischen Prozess beteiligt sind.

    2. Die Beschwerdegegnerin hat vorliegend im Rahmen des angefochtenen Entscheids in einer Rechtshilfeangelegenheit über die Zulassung eines Zeugnisverweigerungsrechts befunden. Mithin geht es um einen Zwischenentscheid (EYMANN, BSK, a.a.O., N 3 zu Art. 80e IRSG), der zusammen mit der (vorliegend noch ausstehenden) Schlussverfügung nach Art. 80e Abs. 1 IRSG allenfalls selbstständig nach Art. 80e Abs. 2 IRSG bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts angefochten werden kann.

    1. Damit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten und erweist sich die vom Ausgeführten abweichende Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Verfügung als unzutreffend.

    2. Weiter hat zuständigkeitshalber eine Weiterleitung der Beschwerdeschrift zusammen mit den Akten an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes zu erfolgen (Art. 39 Abs. 1 StPO). Insbesondere wird es Sache des Bundesstrafgerichtes sein zu prüfen, inwieweit es auf die Rechtsmitteleingabe des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 80e ff. IRSG (namentlich Art. 80e Abs. 2 lit. a-b IRSG) einzutreten hat.

III.

Der Beschwerdeführer hätte als unterliegende Partei die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Angesichts der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung rechtfertigt es sich jedoch ausnahmsweise, von einer Kostenauflage abzusehen. Indessen hat er keinen Anspruch auf Prozessentschädigung.

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

  2. Die Akten werden zuständigkeitshalber an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes weitergeleitet.

  3. Im Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben und es wird keine Prozessentschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, zweifach (per Gerichtsurkunde)

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (gegen Empfangsbestätigung)

    • die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Geschäftskontrolle,

      unter Übersendung der Verfahrensakten (gegen Empfangsbestätigung)

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann unter den einschränkenden Voraussetzungen von Art. 93 des Bundesgerichtsgesetzes Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der

Ersten öffentlich-rechtlic he n Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne

14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 16. März 2017

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. Th. Meyer

Gerichtsschreiber:

lic. iur. L. Künzli

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.