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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils UH150249: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um ein Gesuch um bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug. Der Beschwerdeführer hatte gegen die Abweisung seines Gesuchs Beschwerde eingelegt und verschiedene Anträge gestellt. Es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nicht erfüllt waren, basierend auf Gutachten und Prognosen. Der Richter entschied, das Gesuch abzuweisen und legte die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auf. Der Richter war Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, und die Gerichtskosten betrugen CHF 2'000.-.

Urteilsdetails des Kantongerichts UH150249

Kanton:ZH
Fallnummer:UH150249
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH150249 vom 23.04.2016 (ZH)
Datum:23.04.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug (Nachverfahren)
Schlagwörter : Beschwerdeführers; Wahrscheinlichkeit; Verwahrung; Legalprognose; Kroatien; Lebens; Freiheit; Rückfall; Gutachter; Entlassung; Ergänzung; Gefährdung; Gutachten; Stellungnahme; Voraussetzung; Drogen; Ergänzungsgutachten; Gewalt; Staatsanwaltschaft; Verteidiger; Vorinstanz; Verhaltens; Rückkehr; Kantons; Taten
Rechtsnorm:Art. 129 StGB ;Art. 425 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 56 StGB ;Art. 59 StGB ;Art. 64 StGB ;Art. 64a StGB ;Art. 64b StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts UH150249

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Strafkammer

    Geschäfts-Nr.: UH150249-O/U/bru

    Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.

    1. Schärer und Ersatzoberrichterin lic. iur. J. Haus Stebler sowie Gerichtsschreiber Dr. A. Brüschweiler

Beschluss vom 23. April 2016

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführer

    amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

    Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich,

    Beschwerdegegnerin

    betreffend Gesuch um bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug (Nachverfahren)

    Beschwerde gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Zürich, 2. Abteilung, vom 13. Juli 2015, DA130037-L

    Erwägungen:

    1. Prozessgeschichte
      1. Nachdem das Gesuch des Beschwerdeführers um bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug mit Beschluss der

      2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich vom 13. Juli 2015 abgewiesen worden war (Urk. 3 S. 34), liess der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 13. August 2015 gegen diesen Beschluss innert Frist Beschwerde erheben und folgende Anträge stellen (Urk. 2 S. 2):

        1. Es sei auf einen vom Gericht zu bestimmenden Zeitpunkt die bedingte Entlassung zu verfügen und die Sache sei an die Vollzugsbehörden zurückzuweisen zur Festlegung der diesbezüglichen Modalitäten (Probezeit usw.).

        1. Der Beschwerdeführer sei vom Obergericht anzuhören.

        2. Es sei bei Dr. B. eine Ergänzung seines Gutachtens vom 11. Juli 2014 im Sinne der nachstehenden Erwägungen einzuholen.

      Mit Präsidialverfügung vom 19. August 2015 wurde der ersten Instanz und der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich Frist zur Stellungnahme angesetzt (Urk. 5), worauf die erste Instanz am 21. August 2015 auf eine Vernehmlassung verzichtete (Urk. 7) und die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom

      24. August 2015 den Antrag stellte, die Beschwerde sei abzuweisen (Urk. 9). Nachdem diese Stellungnahme dem amtlichen Verteidiger des Beschwerdeführers mit Präsidialverfügung vom 31. August 2015 zur freigestellten Replik übermittelt worden war (Urk. 10), verzichtete er am 14. September 2015 auf eine solche (Urk. 11).

      2. Vom Gutachter Dr. med. B.

      wurde mit Beschluss vom

      28. September 2015 ein Ergänzungsgutachten eingeholt (Urk. 14). Mit Präsidialverfügung vom 18. Januar 2016 wurde das Ergänzungsgutachten vom 15. Januar

      2016 (Urk. 17) dem amtlichen Verteidiger und der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich zur Stellungnahme übermittelt (Urk. 20). Die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft datiert vom 22. Januar 2016 (Urk. 24). In seiner Stellungnahme vom 3. März 2016 stellte der amtliche Verteidiger die Verfahrens-Eventualanträge, es sei dem Beschwerdeführer Frist zur Beibringung von Dokumenten anzusetzen, die seine Lebenssituation im Falle der Ausschaffung belegen, und es sei ein aktueller Führungsbericht der JVA ... einzuholen (Urk. 26 S. 10).

      Nachdem die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 22. Januar 2016 und das Schreiben des Beschwerdeführers vom 6. März 2016 dem amtlichen Verteidiger mit Präsidialverfügung vom 8. März 2016 zur freigestellten Äusserung übermittelt worden waren (Urk. 32), verzichtete dieser am 10. März 2016 auf eine solche (Urk. 33). Mit Präsidialverfügung vom 15. März 2016 wurden die Stellungnahme des amtlichen Verteidigers zum Ergänzungsgutachten, seine Eingabe vom

      10. März 2016 sowie das Schreiben des Beschwerdeführers vom 6. März 2016

      (Urk. 29) der Staatsanwaltschaft zur freigestellten Äusserung zugestellt (Urk. 35), worauf sich diese innert angesetzter Frist nicht vernehmen liess.

    2. Materielle Beurteilung

1. Erwägungen der 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich

Zur Begründung der Abweisung des Gesuches des Beschwerdeführers um bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, der effektive Strafantritt habe am

3. September 2009 stattgefunden, und der Vollzugsbeginn sei am 24. August 2006 (unter Berücksichtigung des bereits erstandenen Freiheitsentzuges) gewesen. Am 18. November 2012 habe der Beschwerdeführer zwei Drittel seiner Strafe verbüsst, und am 31. Dezember 2015 sei das effektive Strafende. Im Rahmen der Begründung seines Berufungsurteils vom 3. September 2009 (mit welchem das Obergericht des Kantons Zürich anstelle einer stationären therapeutischen Massnahme die Verwahrung des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 64 Abs. 1

lit. b StGB angeordnet hatte) habe das Obergericht festgehalten, es sei ernsthaft zu erwarten, dass der Beschwerdeführer weitere Straftaten der in Art. 64 Abs. 1 StGB umschriebenen Art (wie vorliegend die Tatbestände der Freiheitsberaubung und der Gefährdung des Lebens) begehen werde, habe doch der Gutachter [Dr. med. C. ] ausgeführt, dass sowohl die Gefahr neuerlicher Gewaltstraftaten als auch die Wahrscheinlichkeit weiterer Vermögensdelikte hoch bis sehr hoch sei. Bei dieser Sachlage sei zu prüfen, ob andere Anhaltspunkte bestünden, dass sich die Legalprognose verbessert habe.

Dr. med. B.

habe in seinem Gutachten vom 11. Juli 2014 die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls in den Drogenkonsum als hoch eingestuft; damit sei auch die Wahrscheinlichkeit neuerlicher Betäubungsund Eigentumsdelikte hoch, woraus sich die Wahrscheinlichkeit neuerlicher Verhaftungen ergebe, denen sich der Beschwerdeführer zu entziehen versuche. Unter der Voraussetzung vergleichbarer situativer Konstellationen (die mit hoher Wahrscheinlichkeit wohl eher selten zu erwarten seien) habe der Gutachter von einer deutlichen prognostischen Belastung für die Erfüllung der Tatbestände der Gefährdung des Lebens und der Freiheitsberaubung gesprochen; es bestünde die erhebliche Möglichkeit, dass es im Rahmen eines zunächst als Gewalt und Drohung als Hinderung einer Amtshandlung zu qualifizierenden Verhaltens auch zu einer Eskalation mit einer Gefährdung des Lebens kommen könne. Vor dem Hintergrund des eingeschliffenen deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner ebenfalls eingeschliffenen Verhaltensweise, gegen eine Verhaftung stereotyp Widerstand zu leisten, erscheine eine erneute Eskalation wiederum Jahre nach der letzten Tat keinesfalls unwahrscheinlich. Der bisherige Verlauf lasse (aufgrund mangelnder Einsicht in die dissoziale und narzisstische Persönlichkeitsstörung des Beschwerdeführers, aufgrund der Verweigerung jeglicher therapeutischer Behandlung und des mehrfachen Bewährungsversagens in der Vergangenheit) keine Besserung der deliktfördernden Symptomatik erkennen, weshalb von einer beträchtlichen Gefahr der Entstehung solcher eskalierender Konfliktsituationen auszugehen sei, welche in Gefährdungen des Lebens und Freiheitsberaubungen münden könnten.

Somit habe sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche situative Konstellation in Zukunft wieder eintreten werde, seit dem Zeitpunkt des Urteils des Obergerichts

vom 3. September 2009 nicht verändert. Dr. med. B.

habe festgehalten,

dass die beim Beschwerdeführer diagnostizierte dissoziale und narzisstische Persönlichkeitsstörung als nur sehr schwer behandelbar gelte; die Doppeldiagnose einer schweren Persönlichkeitsstörung und einer Abhängigkeitserkrankung belaste die allgemeinen Therapiemöglichkeiten zusätzlich, indem sie auch die therapeutische Beeinflussbarkeit der letzteren wesentlich in Frage stelle.

Bei dieser Sachlage lasse sich keine Veränderung der Legalprognose betreffend die Rückfallgefahr erkennen. Auch die Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordates sei zum Schluss gekommen, dass weiterhin von einer ungünstigen Legalprognose ausgegangen werden müsse.

Die Aussicht, der Beschwerdeführer könnte im Falle einer bedingten Entlassung nach Kroatien zurückkehren, reiche nicht aus, um eine günstige Prognose zu stellen. Dr. med. B. betrachte die Wahrscheinlichkeit einer Rückfälligkeit in das Konsumverhalten von Drogen und einer damit verbundenen Delinquenz als derart hoch, dass alleine aufgrund eines Wegzugs nach Kroatien keine günstige Prognose ausgestellt werden könne (Urk. 3 S. 24 ff.).

  1. Begründung der Beschwerde

    Zur Begründung seiner Beschwerde liess der Beschwerdeführer im Wesentlichen

    vorbringen, dem Gutachter Dr. med. B.

    seien weder der Führungsbericht

    der JVA ... vom 21. April 2015 noch das Vollzugsdossier der JVA ... vorgelegen. Aufgrund der Aktenund Rechtslage sei klarerweise davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland Kroatien seinen Lebensmittelpunkt haben werde. Die Vorinstanz verkenne, dass der Gutachter eben gerade nicht die Auffassung vertrete, dass die Deliktreaktion einem charakterlich gefestigten Verhaltensmuster entspringe. Vielmehr betone der Gutachter, dass bei einer Rückschaffung des Beschwerdeführers in sein Heimatland damit zu rechnen sei, dass die Notwendigkeit von Unterwerfungsgesten, die Infragestellungen seines Selbstwertgefühls (mit dann reaktiven Betonungen seiner Grossartigkeit) und die subjektive Notwendigkeit zur selbstbewussten Demonstration eigener Überlegenheit weniger ausgeprägt wären, was prognostisch günstig zu beurteilen sei. Einzuräumen sei, dass die diesbezüglichen Ausführungen des Gutachters eher knapp seien. Genau aus diesem Grund werde die Ergänzung des Gutachtens beantragt. Wenn der Gutachter die Ressourcen des Beschwerdeführers betont habe und wohl auch deshalb zur Einschätzung gelange, einer Ausschaffung nach Kroatien wäre eine positive prognostische Bedeutung nicht abzusprechen, dann sei anzunehmen, dass er die Drogenproblematik für den Fall einer Rückkehr nach Kroatien anders beurteile als im Fall eines Verbleibes in der Schweiz. Der Gutachter habe sich in keiner Weise dazu geäussert, inwiefern auch in Kroatien ein Rückfall in den Drogenkonsum zu erwarten wäre. Ohne dem Gutachter vorgreifen zu wollen, spreche einiges dafür, dass er auf entsprechende Fragestellung hin zu anderen prognostischen Einschätzungen hinsichtlich einer künftigen Drogenproblematik des Beschwerdeführers in Kroatien gelange als die Vorinstanz (Urk. 2 S. 4 ff.).

  2. Schlus sfolgerung e n des Ergänzung sgutac hte ns

    Dem Gutachter Dr. med. B.

    wurden mit Beschluss vom 28. September

    2015 die folgenden Ergänzungsfragen unterbreitet (Urk. 14 S. 3):

    1. Wie beurteilen Sie aus forensisch-psychiatrischer Sicht die beim Beschwerdeführer zu verzeichnenden Entwicklungen, soweit diese im Gutachten vom 11. Juli 2014 nicht berücksichtigt wurden

    2. Wie beurteilen Sie in legalprognostischer Hinsicht eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kroatien im Fall einer bedingten Entlassung

    3. Inwiefern wäre auch in Kroatien ein Rückfall des Beschwerdeführers in den Drogenkonsum zu erwarten

      Zur Beantwortung dieser Fragen führte Dr. med. B. in seinem Ergänzungsgutachten vom 15. Januar 2016 im Wesentlichen aus, beim Beschwerdeführer lasse sich nicht von einer Entwicklung sprechen, die heute im Hinblick auf die Diagnose eines auf multiplen Substanzgebrauch bezogenen Abhängigkeitssyndroms mit Abstinenz in beschützender Umgebung wesentlich neue Gesichtspunkte aufzeigen liesse. In der Vergangenheit seien immer wieder mehrmonatige Abstinenzzeiten auch unter den Bedingungen einer Lebensführung in Freiheit vorgekommen, und der Beginn der Rückfälligkeit sei mit der jeweiligen ihrer Art nach unterschiedlichen - Erlebnissituation verbunden gewesen. Dann sei es allerdings jeweils zu einer raschen Entwicklung von drängendem Konsumwunsch, Kontrollverlust und Toleranzsteigerung gekommen. Aus gutachterlicher Sicht ergäben sich keine Hinweise, dass dies bei einem künftig möglichen, in der Natur einer jeden Abhängigkeitserkrankung liegenden Rückfall anders wäre. Selbstverständlich bleibe zu beachten, dass der Beschwerdeführer bei seinem letzten Rückfall in den Alkoholund Drogenkonsum 39-jährig gewesen sei und sich die Wahrscheinlichkeit neuerlicher, durch Kontrollverlust und schwerwiegende Intoxikationen gekennzeichneter Rückfälle mit zunehmendem Alter wohl eher verringern dürfte.

      Auch im Hinblick auf die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Zügen zeichne sich keine Entwicklung ab, die eine neue Beurteilung verlangen erlauben würde. Es sei auch hier festzuhalten, dass das für die Lebensvollzüge des Beschwerdeführers bedeutsame Ausmass der diagnostizierten kombinierten Persönlichkeitsstörung mit höherem Lebensalter erfahrungsgemäss an Bedeutung verlieren könne. Es sei nicht zulässig (weder im positiven noch im negativen Sinn), von Verhaltensbeobachtungen in der Vollzugssituation unmittelbar auf die Verhaltensbereitschaften und das Ausmass erwartbarer Dissozialität bei einem Leben in Freiheit zu schliessen. Aber auch hier bleibe die fehlende eben nicht fehlende Rückfälligkeit in den Konsum psychotroper Substanzen von grosser Bedeutung. Aus gutachterlicher Sicht sei festzuhalten, dass die Erwartung, eine Therapie möchte bei einem bald Fünfzigjährigen die bei ihm vorliegende Persönlichkeitsstörung überwinden ihm geschicktere und geeignetere Strategien vermitteln, mit ihnen umzugehen, kaum als realitätsgerecht angesehen werden könne. Die Ansicht des Beschwerdeführers,

      eine Behandlung sei nicht indiziert, und seine mangelnde Behandlungsbereitschaft ergäben sich durchaus als nachvollziehbare Konsequenz aus seiner ihrerseits störungsbedingten fehlenden Störungseinsicht. Auch im Hinblick auf die legalprognostischen Überlegungen lasse sich nicht von einer Entwicklung sprechen, die heute zu einer anderen Beurteilung führen würde. Auch heute bleibe aus gutachterlicher Sicht die Anordnung einer Massnahme gemäss Art. 59 StGB kaum eine realistische Option im Hinblick auf eine Entlassungsperspektive. Ver- änderungen, die eine grundsätzlich neue und dann auch belegbar günstige und damit Lockerungen möglich machende Einschätzung erlauben würden, würden über viele Jahre nicht möglich sein.

      Im Rahmen einer Gesamtschau als prognostisch belastend und dann auch als prognostisch günstig zu beurteilender Faktoren ergäben sich unter der hypothetischen Annahme einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kroatien keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte. Dies resultiere schon aus dem Umstand, dass sich in der Gesamtschau des Gutachtens vom 11. Juli 2014 keine spezifisch auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz bezogenen Feststellungen finden liessen. Auch wenn mangelnde soziale Integration und wirtschaftliche Not in Kroatien grundsätzlich geeignet wären, die Wahrscheinlichkeit insbesondere von Eigentumsdelikten zu erhöhen, lasse sich daraus keine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Begehung schwerer Körperverletzungen herleiten. Es lasse sich aus gutachterlicher Sicht nichts erkennbar machen, was Auseinandersetzungen mit staatlichen Ordnungsorganen bei einer Rückkehr nach Kroatien wahrscheinlicher mache, als es bei einer fehlenden Rückkehr der Fall wäre. Im Falle einer Rückkehr nach Kroatien liesse sich eher von einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit von Hinderungen einer Amtshandlung und Gewalt und Drohungen gegen Beamte sprechen (weil diesfalls dem Konflikt zwischen grandioser Selbstvorstellungen und dem Gefühl der Nichtakzeptanz als Ausländer, der subjektiven Notwendigkeit, Überlegenheit zeigen zu müssen, dem Erleben von Kränkungen und Zurücksetzungen und auch dem Bedürfnis nach querulatorisch-rechthaberisch eingenommenen Positionen wohl eine geringere Bedeutung zukomme, als dies in der Schweiz der Fall wäre. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer situativen Konstellation komme, aus welcher heraus eine Freiheitsberaubung resultiere, lasse sich für den Fall einer Rückkehr nach Kroatien nicht näher einschätzen, als dies unter Annahme eines Verbleibens des Beschwerdeführers in Freiheit in der Schweiz der Fall wäre.

      Die Beurteilung, ob ein Rückfall des Beschwerdeführers in den Drogenkonsum in Kroatien wahrscheinlicher unwahrscheinlicher als in der Schweiz wäre, wäre höchst spekulativ. Zunächst sei die Erwartbarkeit eines Rückfalls in den Konsum von Drogen psychotropen Substanzen überhaupt Merkmal jeder Abhängigkeitserkrankung. Dabei werde mit zunehmendem Alter und zunehmender Abstinenzdauer die Wahrscheinlichkeit der Rückfälligkeit geringer. Insoweit für den Beschwerdeführer ein jeweiliges Kränkungserleben besondere Bedeutung im Bedingungsgefüge des Rückfallkonsums gehabt haben möge, liesse sich immerhin vorstellen, dass solche Erlebnissituationen bei zunehmendem Alter und in Kroatien seltener zu erwarten seien als in der Schweiz; ungenügende Strukturierung, fehlende Arbeit, materielle Not und soziale Desintegration könnten ihrerseits die Rückfallwahrscheinlichkeit erhöhen (Urk. 17 S. 37 ff.).

    4. Stellungnahme der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich

      In ihrer Stellungnahme vom 22. Januar 2016 führte die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen aus, insgesamt seien keine wesentlichen Neuerungen Entwicklungen eingetreten, welche die Legalprognose verbessern würden, weshalb eine bedingte Entlassung nach wie vor nicht zu verantworten wäre (Urk. 24).

    5. Stellungnahme des amtlichen Verteidigers

      Im Rahmen seiner Stellungnahme vom 3. März 2016 machte der amtliche Verteidiger im Wesentlichen geltend, die vorinstanzlichen Erwägungen zur Legalprognose würden durch eine ausgesprochene Unwucht auffallen: Die legalprognostisch günstigen Überlegungen im Gutachten vom 11. Juli 2014 fasse die Vorinstanz geradezu beiläufig auf wenigen Zeilen zusammen, während die einzigen legalprognostischen Bedenken über mehrere Seiten hinweg ausgebreitet würden.

      Diese Bedenken würden sich einzig auf die gutachterliche Erwägung stützen, es lasse sich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit sehen, dass es im Rahmen eines zunächst als Gewalt und Drohung gegen Beamte als Hinderung einer Amtshandlung zu qualifizierenden Verhaltens auch zu einer Eskalation kommen könne, die dann als Gefährdung des Lebens zu sehen sei, bzw. die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer Freiheitsberaubung lasse sich insofern kaum beantworten, als sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wohl eher selten zu erwartende situative Konstellation voraussetze. Einzig auf diesem möglichen Risiko einer möglichen (selten zu erwartenden) künftigen Konstellation basiere die Annahme, es handle sich beim Beschwerdeführer um einen gemeingefährlichen Gewaltstraftäter im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB. In seinem Ergänzungsgutach-

      ten weise Dr. med. B.

      im Hinblick auf die legalprognostischen Überlegungen noch einmal darauf hin, dass die folgenden Punkte einer Vielzahl prognostisch belastender Faktoren entgegenzustellen wären: Alter und Möglichkeit einer gewissen Beruhigung und Verminderung impulsiver und auch aggressiver Verhaltensbereitschaften, Fehlen aktiv vertretener dissozialer Einstellungen, Fehlen von Raubtaten seit über zwanzig Jahren, unterbliebener aktiver Einsatz mitgeführter eigentlicher Waffen, Fehlen einer erkennbar erhöhten Tötungsbereitschaft, fehlende Erkennbarkeit einer ausgeprägten Waffenaffinität trotz wiederholten Waffenbesitzes und fehlende Belegbarkeit einer Progredienz der Deliktschwere. Eine einlässliche Abwägung legalprognostisch günstiger bzw. legalprognostisch ungünstiger Faktoren finde sich im vorinstanzlichen Argumentationskonstrukt nicht. Das von der Vorinstanz in den Vordergrund gerückte Argument, es liesse sich seit dem Urteil des Obergerichts vom 3. September 2009 keine Veränderung der Legalprognose erkennen, vermöge eine einlässliche Diskussion der legalprognostisch günstigen bzw. ungünstigen Faktoren nicht zu ersetzen. Die Tatsache, dass

      das von Dr. med. B.

      festgestellte Gesamt-Score von 28 Punkten um vier

      Punkte tiefer liege als im Gutachten von Dr. med. C. , spreche dafür, dass Dr. med. B. die Legalprognose anders als Dr. med. C. beurteile.

      Die Vorinstanz habe sich nicht auf die Prüfung beschränken dürfen, ob sich die Legalprognose gegenüber dem Urteil vom 3. September 2009 verändert habe. Vielmehr habe sie ex nunc zu prüfen, ob eine hinreichend schlechte Legalprognose im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB forensisch-psychiatrisch belegt sei. Im Falle der Ausschaffung des Beschwerdeführers präsentiere sich die Legalprognose

      aufgrund der Ausführungen von Dr. med. B.

      in seinem Ergänzungsgutachten vom 15. Januar 2016 als günstiger als bisher angenommen, womit der Gutachter den legalprognostischen Überlegungen der Vorinstanz widerspreche. Es bestünden keine Zweifel, dass das Migrationsamt des Kantons Zürich die Wegweisung des Beschwerdeführers verfügen werde. Er verfüge in Serbien über eine Wohnung, die ursprünglich seinem verstorbenen Vater gehört habe. Die Fortdauer der Verwahrung sei im vorliegenden Fall unverhältnismässig, weil ein überaus krasses Missverhältnis zwischen der schwersten denkbaren Sanktion (d.h. dem Entzug eines der höchsten Rechtsgüter während Jahrzehnten) und den real zu befürchtenden Rechtsgüterverletzungen (Freiheitsberaubung und Lebensgefährdung) vorhanden sei (Urk. 26 S. 1 ff.).

    6. Rechtliches und Folgerungen

      1. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des vorliegenden Nachverfahrens bereits von der Vorinstanz persönlich angehört. Angesichts des Prozessthemas (Beurteilung der Legalprognose und deren rechtlichen Folgen) und insbesondere unter Berücksichtigung der im Ergänzungsgutachten vom 15. Januar 2016 dargestellten Abklärungen des Gutachters und Ausführungen des Beschwerdeführers können durch eine zweite Anhörung keine Informationen gewonnen werden, die nicht bereits aktenkundig sind. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Anhörung durch die hiesige Kammer ist daher abzuweisen.

      2. Der amtliche Verteidiger des Beschwerdeführers macht geltend, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug erfüllt. Darüber hinaus bringt er vor,

dass zwischen der Legalprognose von Dr. med. C.

(in dessen Gutachten

vom 29. Mai 2008) und der Legalprognose von Dr. med. B. erhebliche Differenzen bestünden und dass aufgrund der letzteren und aktuelleren davon auszugehen sei, dass die Voraussetzungen einer Verwahrung (insbesondere im Hinblick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip) nicht mehr erfüllt seien.

Im Folgenden ist in einem ersten Schritt zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung gegeben sind (a). Daran anschliessend ist vorfrageweise zu prüfen, ob der Entscheid betreffend Anordnung der Verwahrung überhaupt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden kann (b), bevor überprüft wird, ob die Voraussetzungen einer Verwahrung nach wie vor erfüllt sind (c).

  1. Nach Art. 64 Abs. 3 StGB verfügt das Gericht im Falle, dass schon während des Vollzugs der Freiheitsstrafe zu erwarten ist, dass sich der Täter in Freiheit bewährt, die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe frühestens auf den Zeitpunkt hin, an welchem der Täter zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüsst hat. Für die bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug gelten dieselben Bestimmungen über die Aufhebung der Verwahrung wie bei einem entsprechenden Entscheid während des Vollzuges der Verwahrung (Art. 64a StGB), d.h. nicht zuletzt auch derselbe Prognosemassstab (BSK StGBHeer/Habermeyer, Art. 64 N 125). Der Massstab für die Beurteilung der Möglichkeit einer Entlassung ist somit sehr streng. Es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich der Täter in der Freiheit bewährt (BSK StGB-Heer, Art. 64a N 13).

    Aufgrund der Ausführungen von Dr. med. B.

    in seinem Gutachten vom 11.

    Juli 2014 sowie in seinem Ergänzungsgutachten vom 15. Januar 2016 ist eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer in der Freiheit bewährt, zu verneinen. So ist aus gutachterlicher Sicht die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls in den Drogenkonsum und damit auch die Wahrscheinlichkeit neuerlicher Betäubungsmittel- und Eigentumsdelikte hoch (Urk. 8/40 S. 180). Dr. med. B. hielt fest, dass die Rückfälligkeit in das Konsumverhalten und eine damit verbundene Delinquenz die Wahrscheinlichkeit einer neuerlich drohenden tatsächlich erfolgenden Verhaftung und damit die Wahrscheinlichkeit einer in diesem situativen Zusammenhang erfolgenden Tathandlung erhöhen (Urk. 8/40 S. 183) und dass sich unter der Voraussetzung vergleichbarer situativer Gegebenheiten wie in der Vergangenheit mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit sehen lässt, dass es im Rahmen eines zunächst als Gewalt und Drohung gegen Beamte als Hinderung einer Amtshandlung zu qualifizierenden Verhaltens

    auch zu einer Eskalation kommen kann, die dann als Gefährdung des Lebens zu sehen ist (Urk. 8/40 S. 182). Der Gutachter gelangte zum Schluss, dass sich keine guten Kontrollmöglichkeiten des Beschwerdeführers abzeichnen, die im Falle eines neuerlichen Drogenkonsums die Begehung neuerlicher Eigentumsdelikte erschweren (im Falle einer drohenden Verhaftung) die Hinderung von Amtshandlungen Gewalt und Drohung gegen Behörden unwahrscheinlich machen würden (Urk. 8/40 S. 178). Im Rahmen seines Ergänzungsgutachtens vom

    15. Januar 2016 führte Dr. med. B. aus, dass sich im Hinblick auf die legalprognostischen Überlegungen nicht von einer Entwicklung des Beschwerdeführers sprechen lässt, die heute zu einer anderen Beurteilung führen würde (Urk. 17 S. 42).

    Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Kroatien in der Freiheit bewährt, nicht wesentlich anders als bei einem Verbleib in der Schweiz einzuschätzen.

    Zwar wies Dr. med. B.

    in seinem Ergänzungsgutachten vom 15. Januar

    2016 darauf hin, dass sich im Falle einer Rückkehr nach Kroatien eher von einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit von Hinderungen einer Amtshandlung und Gewalt und Drohungen gegen Beamte sprechen lässt und dass (insoweit für den Beschwerdeführer ein jeweiliges Kränkungserleben besondere Bedeutung im Bedingungsgefüge des Rückfallkonsums gehabt haben mag) solche Erlebnissituationen in Kroatien und bei zunehmendem Alter seltener zu erwarten sind. Im Gegenzug legte er jedoch dar, dass mangelnde soziale Integration und wirtschaftliche Not in Kroatien grundsätzlich geeignet wären, die Wahrscheinlichkeit insbesondere von Eigentumsdelikten zu erhöhen (Urk. 17 S. 44 ff.).

    Da Dr. med. B.

    im Rahmen seines Ergänzungsgutachtens die Lebenssituation des Beschwerdeführers in Kroatien im Falle einer Ausschaffung insbesondere dessen Aussicht auf eine Arbeitsstelle in der Schuhmanufaktur eines Verwandten mitberücksichtigte (Urk. 17 S. 32 f.) und er zudem die positiven Effekte der Versetzung des Beschwerdeführers von der JVA ... nach ... in die Betrachtung miteinbezog (Urk. 17 S. 39), sind zusätzliche Dokumente zur Lebenssituation des Beschwerdeführers im Falle der Ausschaffung sowie ein aktueller Führungsbericht zur Beurteilung der Legalprognose nicht erforderlich, weshalb die entsprechenden Verfahrens-Eventualanträge des amtlichen Verteidigers abzuweisen sind.

    Gestützt auf die überzeugenden Darlegungen von Dr. med. B. ist festzuhalten, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus dem der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzug (auch im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kroatien) nicht erfüllt sind.

  2. Die Vorinstanz vertrat im Rahmen der Begründung ihres Beschlusses vom 13. Juli 2015 die Auffassung, es stehe nicht die Anordnung der Verwahrung zur Entscheidung an; diese Entscheidung sei mit Urteil des Obergerichts vom

    3. September 2009 gefällt worden. Die massgeblichen tatsächlichen Verhältnisse

    in der Person des Beschwerdeführers hätten sich seither nicht bedeutsam verän- dert, womit die Voraussetzungen der Verwahrung nach wie vor erfüllt seien (Urk. 3 S. 33).

    Aus den folgenden Gründen kann der Auffassung der Vorinstanz, die Überprüfung der Anordnung der Verwahrung bilde nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, nicht ohne weiteres gefolgt werden: Getreu dem Grundsatz nach Art.

    56 Abs. 6 StGB, wonach eine Massnahme bei Wegfall ihrer Voraussetzungen

    aufgehoben werden muss, ist eine Verwahrung während des Vollzugs immer wieder auf ihre Erforderlichkeit zu prüfen (BSK StGB-Heer/Habermeyer, Art. 64 N 125). Dies bedeutet, dass die Verwahrung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch im Falle, dass sich aus aktuellen Gutachten neue Erkenntnisse über die Legalprognose ergeben (welche von früheren Einschätzungen erheblich abweichen), auf ihre Erforderlichkeit hin zu überprüfen ist (insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsprinzips). Im Folgenden ist daher in einem ersten Schritt zu untersuchen, ob die Legalprognose von Dr. med. B.

    erheblich von derjenigen von Dr. med. C.

    abweicht, und in einem zweiten

    Schritt ist zu prüfen, welche rechtlichen Folgen sich aus einer allfälligen geänderten Sachlage ergeben.

  3. Der amtliche Verteidiger weist zu Recht darauf hin, dass zwischen der

Legalprognose von Dr. med. C.

(in dessen Gutachten vom 29. Mai 2008)

und der Legalprognose von Dr. med. B.

erhebliche Differenzen bestehen.

Aus einem Vergleich der entsprechenden Darlegungen der beiden Gutachter geht hervor, dass sie sich im Wesentlichen in den folgenden Punkten voneinander unterscheiden: Während Dr. med. C.

die Rückfallgefahr für Eigentumsdelikte

als hoch und diejenige für Gewaltstraftaten als hoch bis sehr hoch einstufte (Urk.

8/3/18/7 S. 56 f.), hob Dr. med. B.

in seinem Gutachten vom 11. Juli 2014

hervor, dass die Raubtaten des Beschwerdeführers auf die Jahre 1991/92 begrenzt blieben, so dass es seit über 20 Jahren zu keinen einschlägigen Wiederholungen kam. Weder bei den Raubtaten noch bei anderen, die körperliche seelische Integrität Dritter verletzenden Tathandlungen kam es zum aktiven Einsatz von mitgeführten eigentlichen Waffen (jenseits der als Gefährdung des Lebens qualifizierten Tathandlung kamen Spielzeug- und gelegentlich Schreck-

schusswaffen zum Einsatz). Dr. med. B.

führte aus, dass er entgegen

früherer prognostischer Einschätzungen eine dort bejahte, jeweils aber nicht weiter begründete erhöhte Tötungsbereitschaft des Beschwerdeführers ebenso wenig zu erkennen vermag wie eine ausgeprägte Waffenaffinität. Die Tatbestände eines Mordes, einer vorsätzlichen Tötung, einer schweren Körperverletzung, einer Vergewaltigung, einer Geiselnahme einer Brandstiftung erfüllte der Beschwerdeführer in der Vergangenheit nie. Nach der Auffassung von Dr. med.

B.

lässt sich keine unter individualprognostischen Gesichtspunkten deutlich

erhöhte Wahrscheinlichkeit der künftigen Begehung dieser Delikte belegen. Im Hinblick auf schwere Körperverletzungen hielt der Gutachter fest, dass sich in der Vorgeschichte nichts abzeichnet, was davon sprechen lässt, dass der Beschwerdeführer schwerere Körperverletzungen beabsichtigte, als er sie tatsächlich ver- übte. Bezüglich des Tatbestandes der Gefährdung des Lebens ergibt sich aus gutachterlicher Sicht eine deutliche prognostische Belastung unter der Voraussetzung vergleichbarer situativer Bedingungen (d.h. aus der hohen Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls in den Drogenkonsum und damit auch der hohen Wahrscheinlichkeit neuerlicher Betäubungsmittelund Eigentumsdelikte folgt die Wahrscheinlichkeit neuerlicher Verhaftungen, und der Gutachter sieht mit erheblicher

Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit, dass es im Rahmen eines zunächst als Gewalt und Drohung gegen Beamte als Hinderung einer Amtshandlung zu qualifizierenden Verhaltens auch zu einer Eskalation kommen kann, die dann als Gefährdung des Lebens qualifiziert wird). Nach der Auffassung von Dr. med.

B.

lässt sich die Frage, als wie wahrscheinlich eine erneute - durchaus als

möglich anzusehende - Freiheitsberaubung zu sehen ist, insofern kaum beantworten, als sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wohl eher selten zu erwartende situative Konstellation voraussetzt, wie sie am 27. September 2007 gegeben war (Urk. 8/40 S. 178 ff.).

Zusammenfassend ergibt sich aus einem Vergleich zwischen den Legalprogno-

sen von Dr. med. C.

und Dr. med. B. , dass hinsichtlich derjenigen

Delikte, deren Verübung gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB eine Voraussetzung für die Anordnung der Verwahrung bildet (Mord, vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Raub, Geiselnahme, Brandstiftung, Gefährdung des Lebens eine andere mit einer Höchststrafe von fünf mehr Jahren bedrohte Tat, durch die der Täter die physische, psychische sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat beeinträchtigen wollte), im aktuellen Gutachten und Ergänzungsgutachten von Dr. med. B.

lediglich noch

bezüglich des Tatbestandes der Gefährdung des Lebens (für welchen Art. 129 StGB eine Höchststrafe von fünf Jahren vorsieht) von einer erheblichen Rückfallgefahr ausgegangen wird, während Dr. med. C.

pauschal von einer hohen

bis sehr hohen Rückfallgefahr für Gewaltstraftaten sprach.

Im Folgenden ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen eine Verwahrung, deren Grundlage allein die Rückfallgefahr bezüglich des Tatbestandes der Gefährdung des Lebens bildet (und zwar ausschliesslich im Zusammenhang mit Verhaftungen des Beschwerdeführers und ohne dass aus gutachterlicher Sicht mit der Begehung von schweren Körperverletzungen durch den Beschwerdeführer zu rechnen ist), dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entspricht.

Gemäss Art. 56 Abs. 2 StGB setzt die Anordnung einer Massnahme stets voraus, dass der mit ihr verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit im engeren Sinne fallen im Rahmen einer Gesamtwürdigung insbesondere die Schwere des Eingriffs in die Freiheitsrechte des Betroffenen einerseits in Betracht. Anderseits sind die Schwere und die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten relevant. Selbst eine geeignete und notwendige Massnahme kann sich als übermässig erweisen, wenn der mit ihr verbundene Eingriff im Vergleich zur Bedeutung des angestrebten Ziels unangemessen schwer wiegt. Die vom Betroffenen ausgehende Gefahr ist hinreichend zu konkretisieren. Den Gefahren, die von einem Täter zu befürchten sind, muss bei einer Interessenabwägung grössere Bedeutung zukommen als der Schwere des mit einer Massnahme verbundenen Eingriffs. Es lässt sich somit feststellen, dass mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit die Eingriffsintensität von Interventionen mit der Legalprognose in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis steht. Je mehr eine Einschränkung der persönlichen Freiheit das Mass einer schuldabhängigen Strafe bezüglich Dauer überschreitet, umso gewichtigere Delinquenz muss der Begründung einer ungünstigen Legalprognose zugrunde liegen (BSK StGB-Heer, Art. 56 N 36 f.).

Da nach der aktuellen Legalprognose allein die Rückfallgefahr bezüglich des Tatbestandes der Gefährdung des Lebens (und zwar ausschliesslich im Zusammenhang mit Verhaftungen des Beschwerdeführers und ohne dass aus gutachterlicher Sicht mit der Begehung von schweren Körperverletzungen zu rechnen ist) die Grundlage der Verwahrung bilden kann, muss die Dauer der Verwahrung des Beschwerdeführers in Nachachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips beschränkt sein. Im gegenwärtigen Zeitpunkt (d.h. nach dem Ende des der Verwahrung vorausgehenden Strafvollzuges am 31. Dezember 2015 und somit im Anfangsstadium des Vollzuges der Verwahrung) ist die aktuelle Legalprognose noch als ausreichende Grundlage der Verwahrung zu qualifizieren, jedoch wird sich bereits bei der ersten Überprüfung der Verwahrung nach Ablauf von zwei Jahren (Art. 64b Abs. 1 StGB) die Frage aufdrängen, ob die auf diesen Zeitpunkt hin zu aktualisierende Legalprognose die Aufrechterhaltung der Verwahrung zu rechtfertigen vermag.

6.3 Dementsprechend ist das Gesuch des Beschwerdeführers um bedingte Entlassung abzuweisen.

III. Kostenund Entschädigungsfolgen

Ausgangsgemäss sind die Kosten für das Beschwerdeverfahren dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO), jedoch angesichts seiner wirtschaftliche Verhältnisse sofort abzuschreiben (Art. 425 StPO).

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch des Beschwerdeführers um bedingte Entlassung wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 2'000.festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt, jedoch sofort definitiv abzuschreiben.

  3. Schriftliche Mitteilung an:

    • RA lic. iur. X. , in zweifacher Ausfertigung, für sich und zuhanden des Beschwerdeführers (per Gerichtsurkunde)

    • die 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich (ad DA130037) unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten [Urk. 8] (gegen Empfangsbestätigung)

    • die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (gegen Empfangsbestätigung)

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch)

  4. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 23. April 2016

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. Th. Meyer

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. A. Brüschweiler

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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