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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UH150056
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH150056 vom 19.08.2015 (ZH)
Datum:19.08.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Herausgabe / Rücktransport beschlagnahmter Akten
Schlagwörter : Beschwerde; Staat; Staatsanwaltschaft; Beschwerdeführer; Beschlagnahmte; Eigentums; Ordner; Beschlagnahme; Verfügung; Kantons; Nteresse; Gericht; Interesse; Behändigung; Person; Eigentumsgarantie; Herausgabe; Wonach; Ziffer; Beschlagnahmten; Verfahrens; Dispositiv-Ziffer; Beantragt; Rechtlich; Angefochtene; Anspruch; Schützt; Behörde; Werden; Aufhebung
Rechtsnorm: Art. 13 BV ; Art. 26 BV ; Art. 267 StPO ; Art. 36 BV ; Art. 382 StPO ; Art. 433 StPO ; Art. 434 StPO ; Art. 477 OR ; Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:107 IV 155; 140 IV 162;
Kommentar zugewiesen:
Felix Bommer, Peter Goldschmid, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 267 StPO, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UH150056-O/U/HEI

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, und lic. iur. W. Meyer, Ersatzoberrichter Dr. iur. T. Graf und Gerichtsschreiber

Dr. iur. S. Christen

Beschluss vom 19. August 2015

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich,

Beschwerdegegnerin

betreffend Herausgabe / Rücktransport beschlagnahmter Akten Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons

Zürich vom 16.02.2015, A-11/2013/171100412

Erwägungen:

I.

1. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen B. wegen mehrfacher Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord. Am

13. November 2013 wurden anlässlich einer Hausdurchsuchung beim A. und B. 106 Bundesordner sichergestellt und in der Folge beschlagnahmt.

Am 14. Januar 2015 verlangte B. bei der Staatsanwaltschaft die Herausgabe der 106 Ordner (Pos. 2.1 bis 2.106). Diese seien zurückzubri ngen (vgl. Urk. 3/1). Die Staatsanwaltschaft erliess am 16. Februar 2015 eine Herausgabeverfü- gung (Urk. 6). Die Ordner würden B. oder einer anderen Person, die zur Vertretung des A. befugt sei, herausgegeben

(Dispositiv-Ziffer 1). Die Ordner würden nach telefonischer Voranmeldung innert einer Frist von 30 Tagen bei der Amtsstelle ausgehändigt. Bei unbenutztem Ablauf dieser Frist werde ein Verzicht auf die vorzeitige Rückgabe angenommen (Dispositiv-Ziffer 2).

2. Der A. erhebt Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (Urk. 2). Er beantragt die Feststellung, dass die Staatsanwaltschaft die Herausgabe der Ordner an ihn verfügt habe. Es sei festzustellen, dass die Verfügung, wonach dem A. eine Frist von 30 Tagen zur Abholung der Ordner am Sitz der Staatsanwaltschaft gesetzt worden sei, rechtswidrig sei. Die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, die Ordner nach Absprache mit dem A. am Ort der Behän- digung wieder auszuhändigen. Eventualiter sei der A. zur Leistung einer durch die Rechtsmittelinstanz zu bestimmenden Kaution für den Rücktransport der Unterlagen zu verpflichten. Eventualiter sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, den Inhalt der Ordner zu scannen und dem A. via Datenträger oder Downloadlink zur Verfügung zu stellen. Eventualiter sei festzustellen, dass das Rechtsschutzi nteresse an der Klärung der vorliegenden Frage nicht untergehe, wenn der A. die Ordner selbst abhole oder abholen lasse.

Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde (Urk. 13). In der Replik hält der A. an seinen Anträgen fest (Urk. 17). Die Staatsanwaltschaft hält in der Duplik an ihrem Antrag fest (Urk. 22). Der A. hat in der Triplik auf weitere Ausführungen verzichtet (Urk. 26).

II.

1.

    1. Angefochten ist eine Verfügung der Staatsanwaltschaft, mit welcher beschlagnahmte Gegenstände freigegeben werden. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht grundsätzlich zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO sowie

      § 49 GOG).

    2. Gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO kann jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat, ein Rechtsmittel ergreifen.

    3. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei festzustellen, dass die Staatsanwaltschaft die Herausgabe der Bundesordner an ihn verfügt habe (Urk. 2 S. 2).

      Da die angefochtene Verfügung festhält, dass die Bundesordner freizugeben sind, verfügt der Beschwerdeführer über kein rechtlich geschütztes Interesse, an der von ihm beantragten Feststellung. Er legt in seiner Beschwerde nicht dar, worin sein rechtlich geschütztes Interesse für diese Feststellung bestehen soll. Auf die Beschwerde ist insofern nicht einzutreten.

    4. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei festzustellen, dass die Anordnung in der angefochtenen Verfügung, wonach dem Beschwerdeführer eine Frist von

      30 Tagen zur Abholung der Ordner am Sitz der Staatsanwaltschaft gesetzt wurde,

      rechtswidrig sei (Urk. 2 S. 2).

      Solange die Möglichkeit besteht, eine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Verfügung zu verlangen, besteht kein rechtlich geschütztes Interesse an einer Feststellung. Auf die Beschwerde bzw. den erwähnten Feststellungantrag ist

      insofern nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer müsste die Abänderung der Ziffer 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung verlangen. Sein Antrag ist in diese Richtung auszulegen.

    5. Der Beschwerdeführer beantragt nicht ausdrücklich die Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Deren Aufhebung oder Abänderung wäre vorauszusetzen, wenn der Antrag des Beschwerdeführers gutgeheissen werden soll, wonach die Ordner am Ort der Behändigung zurückzugeben seien. Diesem Antrag sowie den Ausführungen in der Beschwerde ist die Absicht des Beschwerdeführers zu entnehmen, wonach die angefochtene Verfügung entsprechend abgeändert werden soll. Auf die Beschwerde ist insofern einzutreten.

2.

    1. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die beschlagnahmten Ordner seien nicht am Sitz der Amtsstelle der Staatsanwaltschaft herauszugeben, sondern an jenem Ort, an welchem sie behändigt worden seien (Urk. 2).

    2. Ist der Grund für die Beschlagnahme weggefallen, so hebt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Beschlagnahme auf und händigt die Gegenstände oder Vermögenswerte der berechtigten Person aus (Art. 267 Abs. 1 StPO).

      Soweit ersichtlich, hat sich das Bundesgericht bisher noch nicht zur Frage ge- äussert, ob beschlagnahmte Gegenstände bei einer vorzeitigen Freigabe durch die Staatsanwaltschaft am Ort der Behändigung zurückzugeben sind. Auch die Schweizer Literatur zum Strafprozessrecht äussert sich nicht zu dieser Frage.

    3. Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode (Urteil 6B_991/2013 vom

      24. April 2014 E. 2.4.3 mit Hinweisen). Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet zunächst der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der

      Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die der Verfassung am besten entspricht. Allerdings findet auch eine verfassungskonforme Auslegung ihre Grenzen im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung (BGE 140 IV 162 E. 4.6 mit Hinweisen).

    4. Aus dem Wortlaut von Art. 267 Abs. 1 StPO ergibt sich nicht, wo der berechtigten Person nach Aufhebung der Beschlagnahme die Gegenstände auszuhän- digen sind. Auch eine historische Auslegung beantwortet die Frage nicht. In der Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005 (BBl 2006 1085 ff.) wird der Ort der Aushändigung von beschlagnahmten Gegenständen nicht bezeichnet (insb. BBl 2006 1246).

    5. Die Beschlagnahme von Gegenständen führt zu einem Eingriff in die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV). Eine Einschränkung dieses Grundrechts ist zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist; zudem darf sie den Kerngehalt des Grundrechts nicht beeinträchtigen (Art. 36 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c-d und Abs. 2 StPO; vgl. Urteil 1B_300/2014 vom 14. April 2014 E. 5.6).

      Art. 267 Abs. 1 StPO dient der Beachtung der Verhältnismässigkeit aufgrund des durch die Beschlagnahme erfolgten Eingriffs in die Eigentumsgarantie. Sobald der Grund für die Beschlagnahme weggefallen ist, soll der beschlagnahmte Gegenstand der berechtigten Person ausgehändigt werden. Der Eingriff soll nicht länger dauern, als dies notwendig ist (vgl. Felix Bommer/Peter Goldschmid, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N. 3 zu Art. 267 StPO; Stefan Heimgartner, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, N. 3 zu Art. 267 StPO).

      Der Beschwerdeführer leitet aus der Eigentumsgarantie bzw. dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit eine Leistungspflicht ab, indem er geltend macht, die beschlagnahmten Gegenstände müssten an den Ort ihrer Behändigung zurückgebracht werden. Es bestehe ein Anspruch auf eine restitutio in integrum (Urk. 2 S. 8 ff. und S. 16).

      Die Eigentumsgarantie gehört zu den Grundbzw. Freiheitsrechten. Die primäre Aufgabe von Freiheitsrechten ist die Abwehr von staatlichen Eingriffen in die durch sie geschützte Sphäre. Einen Anspruch auf eine staatliche Leistung vermitteln sie nur ausnahmsweise (vgl. Häfelin/Haller/Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2012, N. 257 ff.; Klaus

      A. Vallender/Peter Hettich, in: Ehrenzeller/Schweizer/Schindler/Vallender (Hrsg.), Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen 2014, N. 18 zu Art. 26 BV). Die Eigentumsgarantie erscheint in verschiedenen Ausprägungen, namentlich als Instituts-, Bestandesund Wertgarantie. Insbesondere die Bestandesgarantie schützt die individuellen Eigentumsrechte vor staatlichen Eingriffen (Häfelin/Haller/Keller, a.a.O., N. 594 ff.; Vallender/Hettich, a.a.O., N. 29 f. zu Art. 26 BV). Der Eigentümer hat das Recht, seine Sache zu behalten, zu nutzen und darüber zu verfügen (Vallender/Hettich, a.a.O.,

      N. 30 zu Art. 26 BV).

      Aus der Eigentumsgarantie lässt sich vorliegend kein Anspruch auf staatliche Leistung in dem Sinne herleiten, dass die beschlagnahmten Gegenstände am Ort ihrer Behändigung ausgehändigt werden müssten. Indem die beschlagnahmten Gegenstände freigegeben werden und bei der Behörde abgeholt werden können, hat die betroffene Person die Möglichkeit, die Gegenstände wieder zu nutzen und über sie zu verfügen. Die Störung des Eigentums ist mit der Freigabe beendet und der rechtmässige Zustand wieder hergestellt. Art. 267 Abs. 1 StPO ist auch im Lichte der Eigentumsgarantie nicht dahingehend auszulegen, dass der Staat die beschlagnahmten Gegenstände an den Ort der Behändigung zurückbringen müsste. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Beschwerdeführer angerufenen Schutz der Privatsphäre nach Art. 13 BV und Art. 8 EMRK

      (vgl. Urk. 2 S. 13 ff.).

    6. Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf die Deutsche Literatur und Rechtsprechung, wonach für die Rückgabe beschlagnahmter Gegenstände die Vorschriften des § 697 BGB entsprechend anzuwenden seien. Danach habe die

      Rückgabe der hinterlegten (hier: der durch Beschlagnahme in öffentlich-rechtliche Verwahrung genommenen) Sache an dem Ort zu erfolgen, an welchem die Sache aufzubewahren gewesen sei; der Verwahrer sei nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger zu bringen (vgl. Urk. 13 S. 3 f.; Entscheid des Deutschen Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 2005 - III ZR 271/04). Ebensolches ergibt sich aus

      Art. 477 OR, wonach die Sache da zurückzugeben ist, wo sie aufbewahrt werden

      sollte. Die Staatsanwaltschaft will diese Bestimmung analog anwenden (Urk. 13 S. 3).

      Der Hinterlegungsvertrag nach Art. 472 ff. OR erfolgt im Interesse des Hinterlegers. Die Beschlagnahme erfolgt dagegen im Interesse des Aufbewahrers bzw. der Strafbehörden. Während der Hinterlegungsvertrag aufgrund eines Konsenses der Parteien zustande kommt, erfolgt die Beschlagnahme aufgrund einer einseitigen Anordnung. Die Beschränkung der Ausübung der Eigentumsrechte geschieht beim Hinterlegungsvertrag freiwillig. Bei der Beschlagnahme wird die Einschränkung erzwungen. Da die Interessenlagen beim Hinterlegungsvertrag und der Beschlagnahme nicht vergleichbar sind, ist die analoge Anwendung der Bestimmungen des Hinterlegungsvertrags abzulehnen.

    7. Mit dem Entscheid zur Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände ist die Störung des Eigentums an sich beendet, weshalb sich - wie erwähnt - ein Anspruch auf Rückschaffung nicht mit der Eigentumsgarantie begründen lässt.

      Indessen verleiht Art. 434 StPO Dritten einen Anspruch auf Ersatz ihres nicht auf andere Weise gedeckten Schadens sowie auf Genugtuung, wenn sie durch Verfahrenshandlungen oder bei der Unterstützung von Strafbehörden Schaden erlitten haben. Art. 433 Abs. 2 StPO, wonach die Privatklägerschaft ihre Entschädigungsforderung bei der Strafbehörde zu beantragen, zu beziffern und zu belegen hat, ist sinngemäss anwendbar. Über die Ansprüche ist im Rahmen des Endentscheides zu befinden. In klaren Fällen kann die Staatsanwaltschaft schon im Vorverfahren darüber entscheiden (Art. 434 Abs. 2 StPO).

      Zu entschädigen sind dem Dritten Aufwendungen und wirtschaftliche Einbussen, die ihm aus der Ausübung von Verfahrensrechten oder sonst aufgrund des Verfahrens entstanden sind. So sind namentlich Lohn und Erwerbsausfall wie auch Reisespesen grundsätzlich zu entschädigen. Erfordert eine Untersuchung Warentransporte durch Dritte, sind auch die damit verbundenen Kosten zu ersetzen.

      Schadenersatz gemäss Art. 434 StPO setzt nicht voraus, dass sich die Verfahrenshandlung der Strafbehörde von vornherein oder nachträglich als rechtswidrig erweist. Er kann jedoch herabgesetzt oder verweigert werden, wenn die erlittenen Nachteile geringfügig sind. Dem Bürger ist zuzumuten, geringfügige Umtriebe ohne Entschädigung in Kauf zu nehmen (Botschaft StPO, BBl 2006 1085 ff., insb. 1330; Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, N 1219a; BGE 107 IV 155 E. 5; Urteil

      6B_490/2007 vom 11. Februar 2008 E. 2.3).

      Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass es dem Dritten grundsätzlich zuzumuten ist, beschlagnahmte Gegenstände - allenfalls gegen Ersatz nennenswerter Fahrspesen - bei der betreffenden Strafbehörde abzuholen, jedenfalls dann, wenn sich die Sache ohne Mühe als Handgepäck transportieren lässt und nicht ohne weiteres auch mit Briefpost retourniert werden kann.

    8. Vorliegend geht es indessen um die - vorzeitige - Rückgabe von mehr als 100 Bundesordnern. Es ist offenkundig, dass sich ein solches Volumen nicht ohne spezielle logistische Vorkehrungen transportieren lässt, jedenfalls nicht von einer Einzelperson mit Mitteln des öffentlichen Verkehrs. Die anfallenden Transportkosten könnten jedenfalls vom Beschwerdeführer dem Staat gestützt auf Art. 434 StPO in Rechnung gestellt werden. Diesbezüglich besteht auch für die beteiligte Behörde eine Schadensminderungspflicht. Eine Schadensminderung kann sich auch aus einem Realakt ergeben. Vor diesem Hintergrund ist nun nicht einzusehen, warum sich die Staatsanwaltschaft nicht bemüht, die anfallenden Kosten möglichst tief zu halten, indem sie den Transport antragsgemäss selbst organisiert und durchführen lässt, wobei die Kosten grundsätzlich als Untersuchungsaufwand zu verbuchen und später - je nach Ausgang des Verfahrens - zu belasten sind.

Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich die Rückschaffung der freigegebenen Akten an den Orte ihrer Behändigung und eine restitutio in integrum verlangt. Damit stellte er selbst eine Forderung im Sinne von Art. 434 StPO in Verbindung mit Art. 433 Abs. 2 StPO auf Schadloshaltung durch Realakt der Untersuchungsbehörde bzw. auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, auf Naturalrestitution.

Dieses Begehren ist hier berechtigt. Dabei kann offenbleiben, ob sich die Kantonspolizei weigerte, den Rücktransport durchzuführen und ob sie einen entsprechenden Auftrag der Staatsanwaltschaft überhaupt ablehnen dürfte. Entsprechende Differenzen zwischen den Amtsstellen sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und vermöchten nichts am Anspruch des Beschwerdeführers zu ändern, geschweige denn würden sie die Organisation einer Rückschaffung durch die Staatsanwaltschaft verunmöglichen.

  1. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Dispositiv-Ziffer 2 der Herausgabeverfügung ist aufzuheben und wie folgt neu zu fassen: 2. Die Gegenstände gemäss Dispositiv-Ziffer 1 werden dem Beschuldigten oder einer anderen, zur Vertretung des A. befugten Person nach telefonischer Absprache am Orte

    ihrer früheren Behändigung gegen Quittung zurückgegeben.

    Es obliegt ohne Weiteres dem Beschwerdeführer, eine reibungslose Übernahme durch entsprechenden Auftrag an eine vertretungsberechtigte Person sicherzustellen.

  2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens fällt die Gerichtsgebühr ausser Ansatz. Der Beschwerdeführer ist mit Fr. 1'600.-- (zuzüglich 8% MwSt.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen (§ 19 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 AnwGebV).

Es wird beschlossen:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird Dispositiv-Ziffer 2 der Herausgabeverfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (Verfahrens-Nr.

    A-11/2013/171100412) aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt: 2. Die Gegenstände gemäss Dispositiv-Ziffer 1 werden dem Beschuldigten oder einer anderen, zur Vertretung des A. befugten Person nach telefonischer Absprache am Orte ihrer früheren Behändigung gegen Quittung zurückgegeben.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren fällt ausser Ansatz.

  3. Der Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'728.-- aus der Gerichtskasse entschädigt.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt Dr. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerdeführer, per Gerichtsurkunde

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, ad A-11/2013/171100412, gegen Empfangsbestätigung

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Ersten öffentlich-rechtliche n Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 19. August 2015

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. Th. Meyer

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. S. Christen

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