Zusammenfassung des Urteils UH140209: Obergericht des Kantons Zürich
Die Beschwerdeführerin wurde fälschlicherweise beschuldigt, an einem Brief beteiligt zu sein, der zu einer Strafuntersuchung führte. Das Strafverfahren gegen sie wurde jedoch eingestellt, da keine Hinweise auf ihre Beteiligung gefunden wurden. Die Staatsanwaltschaft lehnte es ab, der Beschwerdeführerin eine Entschädigung oder Genugtuung zuzusprechen. Die Beschwerdeführerin forderte eine Entschädigung für verschiedene Kosten, die während des Verfahrens entstanden waren. Das Gericht wies die Beschwerde ab und legte die Kosten der Beschwerdeführerin auf. Der Richter war lic. iur. Th. Meyer, und die Gerichtskosten betrugen CHF 800.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | UH140209 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | III. Strafkammer |
Datum: | 20.01.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entschädigung / Genugtuung |
Schlagwörter : | Staat; Staatsanwaltschaft; Verfahren; Entschädigung; Gericht; Verteidigung; Ehemann; Recht; Genugtuung; Beschwerdeverfahren; Kommentar; Prozessordnung; Verletzung; Höhe; Tochter; Schweiz; Kantons; Untersuchung; Einvernahme; Bundesgericht; Verteidiger; Verfahrens; Basler; Schweizerische; Aufwendungen; Verfahren; Belastung; Verhaftung; ügig |
Rechtsnorm: | Art. 130 StPO ;Art. 134 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 167 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 430 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Stefan Wehrenberg, Frank, Schweizer, Basler Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 429 StPO, 2014 Viktor Lieber, Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 134 StPO, 2014 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: UH140209-O/U/HEI
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, und lic. iur. W. Meyer, Ersatzoberrichter lic. iur. A. Schärer und Gerichtsschreiber
Dr. iur. J. Hürlimann
Beschluss vom 20. Januar 2015
in Sachen
,
Beschwerdeführerin
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
Beschwerdegegnerin
betreffend Entschädigung / Genugtuung
Erwägungen:
Am 17. Januar 2011 trat B. in London zusammen mit C. vor die Weltpresse und verkündete, er habe dem deutschen ... [Politiker] D. einen Brief geschrieben und ihm gratis Bankkundendaten angeboten. Der Brief sei von seiner Ehefrau A. (Beschwerdeführerin) mitunterzeichnet worden. Damit löste er eine Strafuntersuchung gegen die Beschwerdeführerin aus. In der untersuchungsrichterlichen Einvernahme bezeichnete er die betreffende Äusserung gegenüber der Presse als Folge einer Verwechslung mit einer Eingabe an das Bundesgericht in einer anderen Angelegenheit. Mit dem Schreiben an D. habe die Beschwerdeführerin nichts zu tun. In der Strafuntersuchung konnten keine Hinweise gefunden werden, dass die Beschwerdeführerin in den Vorfall mit D. involviert gewesen wäre. Vielmehr konnte festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in den Tagen, als der Brief von B. an D. geschrieben und versandt wurde, sich nicht am betreffenden Ort aufhielt. Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich stellte deshalb mit Verfügung vom 30. Juni 2014 das Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin ein. Sie nahm die Kosten auf die Staatskasse und sprach der Beschwerdeführerin mangels erheblicher Umtriebe und besonders schwerer Verletzung in ihren persönlichen Verhältnissen weder eine Entschädigung noch eine Genugtuung zu (Urk. 5).
Mit vorliegender Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin, es sei ihr eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 1'191.60 nebst Zins und eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 5'000.-- nebst Zins zuzusprechen (Urk. 2 S. 2). Die Staatsanwaltschaft beantragte in ihrer Beschwerdeantwort, es sei die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen (Urk. 10 S. 1). Beide Parteien hielten in ihren weiteren Eingaben an ihren Standpunkten fest (Urk. 15, 20 und 24).
Mit Verfügung vom 8. Februar 2011 bestellte die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich Rechtsanwalt lic. iur. X. zum amtlichen Verteidiger der Beschwerdeführerin (Urk. 11/504210).
Die amtliche Verteidigung beginnt mit der Bestellung und dauert so lange, wie die Voraussetzungen für ihre Anordnung bestehen, längstens und in der Regel bis zum Abschluss des Strafverfahrens vor den kantonalen Instanzen, einschliesslich allfälliger Rechtsmittelverfahren (Viktor Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 2014, N 1 zu Art. 134 StPO). Auch für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen als Folge eines Freispruchs kann die Notwendigkeit einer amtlichen Verteidigung gegeben sein (Bundesgerichtsentscheid 6B_412/2013 vom 16. Juni 2013; Lieber. a.a.O., N 27 zu Art. 130 StPO).
Die Oberstaatsanwaltschaft begründete die Bestellung eines amtlichen Verteidigers für die Beschwerdeführerin zum einen mit Art. 130 lit. b StPO (drohende Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr) und zum anderen mit Art. 130 lit. d StPO (persönliches Auftreten der Staatsanwaltschaft vor dem erstinstanzlichen Gericht und den Berufungsgericht). Fällt der Grund für die amtliche Verteidigung dahin, so widerruft die Verfahrensleitung das Mandat (Art. 134 Abs. 1 StPO). Ein solcher Widerruf erfolgte bis heute nicht, weder in der Voruntersuchung noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren. Der Widerruf kann nicht rückwirkend erfolgen, andernfalls man die Verteidigung das Risiko tragen liesse, für ihre Arbeit, für welche sie vom Staat eingesetzt wurde und die sie im Vertrauen auf die Einsetzung aufgenommen hat, nicht entschädigt zu werden (Niklaus Ruckstuhl, in: Niggli/Heer/ Wiprächtiger, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Band 1, Basel 2014, N 1 zu Art. 134 StPO).
Es kann somit offen gelassen werden, ob die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren betreffend Entschädigung und Genugtuung eines notwendigen amtlichen Verteidigers bedarf. Auf die entsprechenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung (Urk. 2 S. 7 Rz 15, Urk. 10 S. 6 Rz
31, Urk. 15 S. 12 Rz 29) ist deshalb nicht weiter einzugehen. Die am 8. Februar 2011 durch die Oberstaatsanwaltschaft erfolgte Bestellung eines amtlichen Verteidigers gilt auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren.
Die von der Staatsanwaltschaft angeschnittene Frage, ob die Beschwerdeführerin über ein genügendes Vermögen verfüge, um ihre Verteidigung im Beschwerdeverfahren selber zu bezahlen (Urk. 11 S. 7 Rz 32, Urk. 20 S. 2 Rz 4), wird sich allenfalls stellen, wenn ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt werden sollten und eine Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO für die Entschädigung des amtlichen Verteidigers zu prüfen wäre. Dies hätte jedoch nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren sondern durch die Inkassostelle der zürcherischen Gericht zu erfolgen.
a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, nachdem ihr Ehemann am 19. Januar 2011 verhaftet und am 22. Januar 2011 in Untersuchungshaft versetzt worden sei und sie erfahren habe, dass sie selber der Gehilfenschaft zur Bankgeheimnisverletzung beschuldigt worden sei und dass gegen sie ebenfalls eine Strafuntersuchung eröffnet worden sei, habe sie sich umgehend um die Betreuung ihrer damals 12-jährigen Tochter kümmern müssen, da sie zu diesem Zeitpunkt ebenfalls mit einer Verhaftung habe rechnen müssen. Aus diesem Grund sei die Mutter der Beschwerdeführerin für insgesamt vier Wochen aus Nürnberg angereist. Für ihren Unterhalt sei die Beschwerdeführerin aufgekommen. Dabei seien einerseits die Kosten der Zugfahrkarte der Mutter in Höhe von ca. Fr. 285.-- und andererseits die Kosten für deren Verpflegung während 30 Tagen in der Höhe von je Fr. 20.-angefallen (Urk. 2 S. 4 Ziff. 8).
Sodann sei die Beschwerdeführerin zweimal von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte vorgeladen worden, wodurch ihr Reisekosten in der Höhe von je Fr.
16.80 entstanden seien (Urk. 2 S. 5 Ziff. 9).
Die Beschwerdeführerin fährt fort, während der Zeit, in der es der Beschwerdeführerin wegen Kollusionsgefahr untersagt gewesen sei, ihren Ehemann zu besuchen, sei sie dennoch bemüht gewesen, den Kontakt zwischen Tochter und Vater nicht abreissen zu lassen. Zu diesem Zweck sei sie die gemeinsame Tochter insgesamt ca. 13 Mal von E. nach Winterthur gefahren. Dabei seien Fahrtkosten in der Höhe von Fr. 0.70/km angefallen, bei der Strecke E. - Winterthur - E. von ca. 30 km also Fr. 21.-pro Gefängnisbesuch (Urk. 2 S. 65 Ziff. 10).
Zusammengefasst macht die Beschwerdeführerin folgende Entschädigungsansprüche geltend (Urk. 2 S. 5 Ziff. 11):
13 x Fahrtkosten Begleitung der Tochter zum
Gefängnis à Fr. 21.-- Fr. 273.--
b/aa) B. wurde am 19. Januar 2011 verhaftet. Die erste Einvernahme der Beschwerdeführerin erfolgte am 31. Januar 2011. Zu dieser wurde die Beschwerdeführerin schriftlich vorgeladen (vgl. Urk. 11/504401) und nicht polizeilich vorgeführt. Hätte die Staatsanwaltschaft die Verhaftung der Beschwerdeführerin beabsichtigt, wäre sie anders vorgegangen. Auch zur zweiten Einvernahme der Beschwerdeführerin vom 24. Mai 2011 (Urk. 11/504601) wurde diese schriftlich vorgeladen. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Staatsanwaltschaft je die Verhaftung der Beschwerdeführerin in Betracht zog, liegen nicht vor. Die Staatsanwaltschaft hält denn auch in ihrer Beschwerdeantwort fest, einziger Vorhalt, den die Beschwerdeführerin zu gewärtigen hatte, sei eine Gehilfenschaft zu einem Versuch des Verrats von Bankkundengeheimnissen. Es entspreche dem gesunden Menschenverstand, dass die moralische Gehilfenschaft einer Ehefrau zu einem Versuch einer Bankkundengeheimnisverletzung durch den Ehemann nicht für die Anordnung einer Untersuchungshaft ausreiche. Weiter sei die Beschwerdeführerin gut vertreten gewesen, und sie sei bei dieser Sachlage kaum dahingehend beraten worden, dass ihr Haft drohe (Urk. 10 S. 3 Rz 11 f.).
Es ist zwar nachvollziehbar, dass eine unbescholtene Ehefrau, wenn ihr Ehemann verhaftet wird und sie erfährt, dass in der gleichen Sache auch gegen sie ermittelt wird, im ersten Moment empfindliche Folgen wie eine Verhaftung auch für sich selbst in Betracht zieht. Wenn die Beschwerdeführerin, wie vorliegend, objektiv gesehen unnötige Vorkehren für den unrealistischen Fall einer Verhaftung trifft, handelt es sich bei den betreffenden Kosten aber weder um Aufwendungen für die angemessene Ausübung von Verfahrensrechten (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO)
noch um wirtschaftliche Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO).
Somit sind die mit dem Aufenthalt der Mutter der Beschwerdeführerin in der Schweiz verbundenen Aufwendungen nicht zu entschädigen.
bb) Grundsätzlich sind auch Reisekosten im Zusammenhang mit der Teilnahme an Verhandlungen als wirtschaftliche Einbusse, die aus der notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind, im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO zu entschädigen (Stefan Wehrenberg/Friedrich Frank, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Band 2, N 23 zur Art.
429 StPO).
Die Entschädigung kann jedoch verweigert werden, wenn die Aufwendungen der beschuldigten Person geringfügig sind (Art. 430 Abs. 1 lit. c StPO). Dem in Strafverfahren verwickelten Bürger ist zuzumuten, geringfügige Aufwendungen selbst zu tragen. Die Pflicht, einoder zweimal bei einer Gerichtsverhandlung erscheinen zu müssen, gilt als geringfügiger Nachteil, der zu keiner Entschädigung Anlass gibt (Bundesgerichtsentscheid 6B_707/2001 vom 22. November; 2011 E 3; Botschaft des Bundesrats zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts [zur Strafprozessordnung] vom 21. Dezember 2005, BBl. 2006/1330; Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, N 6 zur Art. 430 StPO; Yvona Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 2014, N 14 14 zur Art. 430; Stefan Wehrenberg/Irene Bernhard, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 1. Aufl., Basel 2011, N 18 zu Art. 430 StPO).
Wehrenberg/Bernhard halten in der 2. Auflage des Basler Kommentars an ihrer in der 1. Auflage im Einklang mit der Botschaft und der bisherigen Lehre und Rechtsprechung vertretenen Ansicht ausdrücklich nicht fest. Ein Zeuge werde bereits für seine einmalige Anreise zu einer Einvernahme entschädigt. Es sei nicht einzusehen, warum er diesbezüglich besser gestellt sein sollte als der später freigesprochene Angeschuldigte (Wehrenberg/Bernhard, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger, Basler Kommentar, 2. Aufl., a.a.O. Band 2, N 18 zu Art. 430 StPO).
Gemäss Art. 167 StPO hat ein Zeuge Anspruch auf angemessene Entschädigung für Erwerbsausfall und Spesen. Ein Vorbehalt betreffend Geringfügigkeit der Aufwendungen findet sich in dieser Bestimmung nicht. Die Strafprozessordnung regelt also die Entschädigungen für Beschuldigte und Zeugen unterschiedlich. Es ist im Einklang mit dem Gesetzestext an der bisherigen Lehre und Rechtsprechung festzuhalten.
Die Kosten von zwei Bahnbillets im Gesamtbetrag von Fr. 33.60 halten sich im Rahmen von geringfügigen Aufwendungen im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. c StPO, weshalb nicht zu beanstanden ist, dass die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin dafür keine Entschädigung zusprach.
cc) Die mit den Besuchen der gemeinsamen Tochter der Beschwerdeführerin und B. s bei ihrem Vater im Gefängnis Winterthur verbundenen Kosten sind eine Folge der Untersuchungshaft und damit des gegen B. geführten Strafverfahrens, nicht aber des gegen die Beschwerdeführerin geführten Verfahrens. Darüber, ob und allenfalls in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen solche Kosten vom Staat zu ersetzen seien, wird allenfalls im Endentscheid des Strafverfahrens gegen B. zu prüfen sein. Es war nicht in der angefochtenen Einstellungsverfügung betreffend die Beschwerdeführerin darüber zu befinden. Die Staatsanwaltschaft sprach der Beschwerdeführerin deshalb zu Recht keine solche Entschädigung zu.
a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei aufgrund der nunmehr haltlosen Beschuldigungen und des damit einhergehenden Verbots der Staatsanwaltschaft, ihren Ehemann in Gefangenschaft zu besuchen, starken emotionalen Belastungen ausgeliefert gewesen. Von einem Tag auf den nächsten habe sie ihren Eheund Gesprächspartner verloren und sei quasi zur alleinerziehenden Mutter geworden. Die Zeit, in der sie ihren Ehemann nicht habe besuchen dürfen, sei für sie in mehrfacher Hinsicht sehr belastend gewesen, da gleichzeitig auch gegen sie ein Strafverfahren eröffnet worden sei und sie sich um ihre Tochter und deren
Ängste habe kümmern müssen. Sie habe ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Ehemann. Das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin habe von der Einleitung bis zur Einstellung rund 3 ¼ Jahre gedauert. In dieser Zeit sei sie einer konstanten seelischen Belastung ausgesetzt gewesen, was bei ihr zu einer Ausgelaugtheit und wiederkehrender Müdigkeit geführt habe. Aus diesem Grund habe sie sich Mitte 2013 in ärztliche Behandlung begeben und sei dies auch heute noch. Dass der Fall ihres Ehemannes ständig in den Medien präsent war und sie, zu Unrecht, damit in Verbindung gebracht worden sei, sei für sie mit einer enormen zusätzlichen Belastung verbunden gewesen. Es liege im vorliegenden Fall eine besonders schwere Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte vor. Eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 5'000.-sei angemessen (Urk. 2 S. 6 Ziff. 13).
b) Wird eine beschuldigte Person freigesprochen wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf eine Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug (Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO).
Die Beschwerdeführerin hatte zweimal zu einer Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft zu erscheinen, wurde aber nie verhaftet. Eine Verletzung in Form von Freiheitsentzug liegt also nicht vor.
Es muss eine gewisse Intensität der Verletzung vorliegen, dass von einer besonders schweren Verletzung zu sprechen ist und eine Genugtuung zugesprochen werden kann. Als Beispiele können eine publik gewordene Hausdurchsuchung, eine sehr lange Verfahrensdauer, eine breite Darlegung in den Medien und auch Probleme im Familienund Beziehungsleben genannt werden (Stefan Wehrenberg / Friedrich Frank, in: Basler Kommentar, 2. Aufl., a.a.O., N 27 zu Art. 429 StPO).
Zwar dauerte Strafuntersuchung 3 ¼ Jahre, doch wurde die Beschwerdeführerin nach ihrer zweiten Einvernahme vom 24. Mai 2011, also gut vier Monate nach Einleitung der Strafuntersuchung, von der Staatsanwaltschaft nicht mehr behelligt. Die anwaltlich vertretene und beratene Beschwerdeführerin hätte ohne weiteres erkennen können, dass eine Anklage gar eine Schuldigsprechung bezüglich
ihrer Person unwahrscheinlich war und die Dauer der Untersuchung im Zusammenhang mit B. stand.
Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht festhält (Urk. 10 S. 5 Rz 24 f.), liegt die Ursache für die Belastungssituation der Beschwerdeführerin in erster Linie in der Haft des Ehemannes und Hauptbeschuldigten B. und nicht in der Mitbeschuldigung der Beschwerdeführerin begründet. Die Umstände, dass sie Alleinerzieherin wurde, dass sie den Gesprächspartner verlor und dass sie sich mit Ängsten ihrer Tochter befassen musste, finden ihre Gründe in der Haft und damit in der Strafverfolgung gegen B. .
Auch wenn B. in der Pressekonferenz in London am 17. Januar 2011 erklärt hatte, der Brief an ... [Politiker] D. mit dem Angebot, Bankkundendaten zugänglich zu machen, sei von der Beschwerdeführerin mitunterzeichnet worden, richtete sich das Interesse der Medien nicht nur in geringem Masse gegen die Beschwerdeführerin.
Dass die Beschwerdeführerin ihren Ehemann nicht in der Untersuchungshaft besuchen durfte, da die Staatsanwaltschaft Kollusionsgefahr annahm, stellte eine Belastung der Beschwerdeführerin dar. Zwar hält die Staatsanwaltschaft in der Beschwerdeantwort fest, es habe in erster Linie verhindert werden sollen, dass B. über seine Ehefrau auf die Datenbunker in der Cloud hätte greifen kön- nen (Urk. 10 S. 5 Rz 24). Dies betraf im Wesentlichen das Strafverfahren gegen
B. . Doch dürfte die Stellung der Beschwerdeführerin als Mitbeschuldigte bei
der Annahme der Kollusionsgefahr auch eine Rolle gespielt haben. Zutreffend hält die Staatsanwaltschaft jedoch fest (a.a.O.), dass der Umstand, dass die Kollusionsgefahr mit einem Besuchsverbot gebannt wurde, nicht zu einer besonders schweren Verletzung in den persönlichen Verhältnissen führte. Damit lässt sich auch aus der daraus resultierenden Belastungssituation kein Genugtuungsanspruch im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO ableiten.
Die Staatsanwaltschaft sprach der Beschwerdeführerin somit zu Recht keine Genugtuung zu.
Da die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen ist, sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr ist in Berücksichtigung des Streitwertes (Fr. 6'191.60), des Zeitaufwands des Gerichts und der Schwierigkeit des Falles auf Fr. 800.-festzusetzen (§ 17 Abs. 2 GebV OG i.V.m. § 8 Abs. 1 GebV OG, § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG und § 2 Abs. 1 lit. b - d GebV OG).
Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind unter Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Höhe der Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird von der Kammer nach Eingang der entsprechenden Honorarnote mit separatem Beschluss festzusetzen sein.
Es wird beschlossen:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 800.-festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung der Beschwerdeführerin, werden der Beschwerdeführerin auferlegt; die Kosten der amtlichen Verteidigung werden unter Vorbehalt eines Rückforderungsanspruchs gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO auf die Gerichtskasse genommen
Der amtliche Verteidiger der Beschwerdeführerin wird aus der Gerichtskasse entschädigt; die Festsetzung der Entschädigung erfolgt durch separaten Beschluss der Kammer.
Schriftliche Mitteilung an:
Rechtsanwalt lic. iur. X. , zweifach für sich und die Beschwerdeführerin (per Gerichtsurkunde)
die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, ad A-2/2011/19 unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten [Urk. 11] (gegen Empfangsbestätigung)
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der
Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Zürich, 20. Januar 2015
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Präsident:
lic. iur. Th. Meyer
Gerichtsschreiber:
Dr. iur. J. Hürlimann
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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