Kanton: | ZH |
Fallnummer: | UH110193 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | III. Strafkammer |
Datum: | 16.11.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Kostenauflage / Entschädigung |
Zusammenfassung : | Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend vorsorgliche Massnahmen entschieden. Die Gesuchstellerin, eine Firma, beantragte, der Gesuchsgegnerin, einer anderen Firma, die Übermittlung von Personendaten zu verbieten. Das Bezirksgericht Zürich hatte bereits eine superprovisorische Massnahme angeordnet. Nach einer ausführlichen Prüfung der rechtlichen Grundlagen und Argumente entschied das Obergericht, dass der Streit als handelsrechtlich einzustufen sei und der Streitwert mindestens 30'000 Franken betrage. Die Zuständigkeit des Handelsgerichts wurde bestätigt, und die Berufung der Gesuchstellerin wurde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden der Gesuchstellerin auferlegt. |
Schlagwörter : | Angst; Staat; Fahrzeug; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Verhalten; Kostenauflage; Verfahren; Aussage; Beschwerdeführer; Verfahren; Einstellung; Untersuchung; Recht; Beschwerdeführers; Verfahrens; Hafteinvernahme; Aussagen; Person; Persönlichkeit; Eingabe; Befragung; önnen |
Rechtsnorm: | Art. 22 StPO ; Art. 28 ZGB ; Art. 32 BV ; Art. 41 OR ; Art. 423 StPO ; Art. 426 StPO ; |
Referenz BGE: | 116 Ia 162; 119 Ia 332; |
Kommentar: | Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich, Art. 426 StPO, 2010 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: UH110193-O/U/gk
Verfügung vom 16. November 2011
in Sachen
Beschwerdeführer
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
Beschwerdegegnerin
betreffend Kostenauflage / Entschädigung
Erwägungen:
Am 5. April 2010, um ca. 15.20 Uhr, fuhr A. (nachstehend: Beschwerdeführer) als Lenker des Personenwagens Z. zusammen mit dem Beifahrer B. sowie den beiden weiteren Mitinsassen C. und D. auf der V. -Strasse in Y. . Als B. auf der Höhe der Hausnummer den auf dem Trottoir gehenden E. sah, stieg er, nachdem das Fahrzeug angehalten hatte, aus in der Absicht, von diesem den Geldbetrag von Fr. 4'500.einzufordern, den E. ihm angeblich seit Jahren schulde. In der Folge stieg
E. in das Fahrzeug ein. Sodann fuhren sie von der V. -Strasse nach W. , hielten dort auf einem Parkplatz kurz an und fuhren anschliessend wieder zurück an die V. -Strasse , dem Wohnort von E. . B. sowie C. folgten daraufhin E. in dessen Wohnung und drohten diesem sowie der ebenfalls anwesenden F. mehrfach, dass sie schon sehen würden, was passiere, wenn sie das Geld zumindest die in Aussicht gestellten Fr. 200.innert Wochenfrist nicht bezahlen würden (Urk. 7 S. 1).
Gleichentags erstattete F. aufgrund dieses Vorfalls bei der Kantonspolizei Zürich telefonisch Strafanzeige gegen Unbekannt (Urk. 9/1 S. 5 f.). Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen konnten A. , B. , C. und
als die bei der obgenannten Fahrt beteiligten Personen eruiert werden (Urk. 9/2).
Am 14. April 2010 wurde der Beschwerdeführer verhaftet (Urk. 9/17/3). Gleichentags wurde er durch die Kantonspolizei Zürich einvernommen (Urk. 9/5/1) und anschliessend der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (nachstehend: Staatsanwaltschaft) zugeführt (Urk. 19/17/5). Am 29. April 2010 wurde der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen (Urk. 9/17/17).
Die Staatsanwaltschaft stellte mit Verfügung vom 28. Juni 2011 die Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer wegen Erpressung etc. ein, wobei ihm
die Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 2'000.auferlegt wurden und ihm dementsprechend weder eine Entschädigung noch eine Genugtuung ausgerichtet wurde (Urk. 3/2 = Urk. 7 = 9/22).
Mit Eingabe vom 8. Juli 2011 liess sich der Beschwerdeführer rechtzeitig gegen die Kostenauflage und die Entschädigungsfolge der Einstellungsverfügung wenden und folgende Anträge stellen (Urk. 2; Urk. 4):
1. Die Einstellung des Strafverfahrens gegen A. sei zu bestätigen.
Die gesamten Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen, A. seien keine Kosten zu auferlegen.
A. sei für die Untersuchungshaft vom 14.4.2010 bis zum 29.4.2010 (16 Tage) eine Entschädigung von Fr. 800.zuzusprechen.
Die Anwaltskosten für das Beschwerdeverfahren seien aus der Staatskasse zu begleichen.
Mit Präsidialverfügung vom 18. Juli 2011 wurde der Staatsanwaltschaft Frist zur Stellungnahme und Einsendung der Akten angesetzt (Urk. 5; Prot. S. 2). Mit Eingabe vom 20. Juli 2011 liess sie sich vernehmen und beantrage, es sei die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen, unter Kostenfolge zulasten des Beschwerdeführers (Urk. 8). Mit Präsidialverfügung vom 28. Juli 2011 wurde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zugestellt und Frist zur freigestellten Äusserung angesetzt (Urk. 11; Prot. S. 3). Mit Eingabe vom
17. August 2011 liess sich der Beschwerdeführer innert erstreckter Frist vernehmen (Urk. 15; Prot. S. 4).
7. Das Verfahren erweist sich damit als spruchreif.
In ihrer Einstellungsverfügung vom 28. Juni 2011 begründete die Staatsanwaltschaft die Kostenauflage und die Entschädigungsfolge im Wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe die Einleitung der Untersuchung durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten verursacht, indem er anlässlich der ersten Befragung gegenüber der Polizei ausgesagt habe, er hätte bemerkt, dass E. Angst gehabt habe vor B. . Deshalb habe er während der Fahrt
zwischen den beiden anderen Mitfahrern im Fahrzeugfond sitzen lassen, um nicht zu riskieren, dass E. auf einmal aus dem fahrenden Fahrzeug springe. Anlässlich der staatsanwaltlichen Hafteinvernahme habe der Beschwerdeführer sodann ausgesagt, er habe nicht gerne Leute im Auto, die Angst hätten. Deshalb habe er E. in der Mitte zwischen seinen Kollegen auf dem Rücksitz sitzen lassen, denn wenn dieser rechts aussen gesessen wäre, hätte er schnell fliehen können. Aufgrund dieser Aussagen sei von Seiten der Untersuchungsbehörden zumindest von einer psychischen Unterstützung zugunsten des Beschuldigten B. ausgegangen und der Beschwerdeführer sei vom Haftrichter in Untersuchungshaft gesetzt worden. Durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer den Anschein einer Straftat erweckt und den Haftrichter durch seine Äusserungen auf einen dringenden Tatverdacht schliessen lassen. Daher seien dem Beschuldigten die Untersuchungskosten (ausgenommen die Kosten der amtlichen Verteidigung) aufzuerlegen und er sei folgerichtig weder zu entschädigen noch sei ihm eine Genugtuung zuzusprechen (Urk. 7 S. 5 f.).
Der Beschwerdeführer wendete mit Eingabe vom 8. Juli 2011 hiergegen im Wesentlichen ein, die Ausführungen der Staatsanwaltschaft, wonach er anlässlich der ersten polizeilichen Befragung ausgeführte habe, E. hätte im Auto Angst gehabt, seien schlicht falsch. Dies habe er bei der Befragung durch die Polizei am 14. April 2010 nie gesagt. Vielmehr habe er ausgesagt, E. habe scheu und zurückhaltend auf ihn gewirkt und er sei freiwillig in das Fahrzeug eingestiegen. Bei der Hafteinvernahme vom 14. April 2010 habe der Staatsanwalt von sich aus ausgeführt, E. sei aus Angst eingestiegen. Die Behauptung, dass E. Angst gehabt habe, stamme also von der Staatsanwaltschaft, diese
Aussage sei vom Beschwerdeführer aber nicht bestritten worden. Der Beschwerdeführer habe gegenüber dem Staatsanwalt nicht ausgesagt, E. sei aus Angst eingestiegen, er habe lediglich ausgeführt, der Typ habe Angst gehabt. Diese Aussage könne durchaus den Tatsachen entsprechen. E. habe möglicherweise allgemein Angst gehabt, weil er Schulden gehabt habe, diese nicht habe begleichen können und daher Zukunftsängste gehabt habe. Diese Angst habe aber offensichtlich nichts mit dem Einsteigen in das Auto zu tun. Der Beschwerdeführer habe lediglich geschildert, welchen Eindruck E. auf ihn gemacht habe. Der Staatsanwalt sei offenbar der Ansicht, dass der Beschwerdeführer durch seine Aussagen den Eindruck erweckt habe, dass er eine Straftat begangen habe und dass es widerrechtlich sei, einen solchen Eindruck zu erwecken. Der Beschwerdeführer habe aber nie einen solchen Eindruck erweckt zu erwecken versucht. Zudem habe E. bereits in der ersten Einvernahme durch die Polizei ausdrücklich ausgesagt, er habe sich nur durch die zwei Personen bedroht geführt, welche mit ihm in die Wohnung gekommen seien. Seit Beginn der Untersuchung sei also festgestanden, dass sich E. durch den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt bedroht gefühlt habe (Urk. 2 S. 2 ff.).
Mit Eingabe vom 20. Juli 2011 verwies die Staatsanwaltschaft zunächst auf ihre Ausführungen in der Einstellungsverfügung vom 28. Juni 2011 und ergänzte diese in Bezug auf die Beschwerdeschrift im Wesentlichen dahingehend, dass die erwähnte Angst, welche der Beschwerdeführer bei E. anlässlich der Fahrt im Z. zugegebenermassen festgestellt habe, ihm nicht in den Mund gelegt worden sei, wie dies der Beschwerdeführer geltend machte. So habe der Beschwerdeführer anlässlich der ersten polizeilichen Befragung selber ausgesagt, E. habe ängstlich gewirkt. Auch sei nicht zutreffend, von Anfang der Untersuchung an sei festgestanden, dass E. sich durch den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt bedroht gefühlt habe. Im Moment des Einsteigens in den
Z. habe E. nämlich noch nicht gewusst, mit wem ausser B. er es zu tun habe. Auch habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst, wer ihn im späteren Verlauf des Vorfalls in seine Wohnung begleiten und erpressen werde, wer für ihn effektiv eine Bedrohung darstelle. Wenn die Angst von E. nichts mit dem Einsteigen in den Z. zu tun gehabt haben soll, sondern lediglich mit den zumindest mutmasslich angenommenen Geld-Schulden gegen- über B. , wäre dies wohl kein Grund für E. gewesen, vor den vier Insassen im Z. also auch vor dem Beschwerdeführer - Angst gehabt zu haben. Noch viel weniger wäre dies ein Grund gewesen, dass der Beschwerdeführer die Befürchtung gehegt habe, E. könne während der Fahrt aus dem Fahrzeug flüchten, weshalb er bereits vor der Fahrt dafür gesorgt habe, dass
E. in der Mitte im Fahrzeugfond zwischen zwei Mitfahrern zu sitzen kam. Indem der Beschwerdeführer den ängstlichen E. in der Mitte zwischen zwei Insassen in seinem Fahrzeug mitgenommen habe, habe er gegen Treu und Glauben gehandelt resp. habe er zumindest dessen Persönlichkeitsrechte im Sinne von Art. 28 ZGB eingeschränkt, was als zivilrechtlich vorwerfbar zu taxieren sei, weshalb ihm die Verfahrenskosten aufzuerlegen seien (Urk. 8 S. 2 ff.).
Mit Eingabe vom 17. August 2011 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er habe bei der polizeilichen Einvernahme zwar gesagt, E. habe ängstlich gewirkt. Dies sei aber nicht dasselbe, wie wenn er gesagt hätte,
E. habe Angst gehabt, ins Fahrzeug zu steigen. Der Beschwerdeführer habe nur geschildert, was für einen Eindruck E. auf ihn gemacht habe. Die Staatsanwaltschaft habe bisher die Kostenauflage damit begründet, dass der Beschwerdeführer bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft irreführende Aussagen gemacht habe. Offenbar sei aber eher sein Verhalten gegenüber E. für die Kostenauflage entscheidend. Die Staatsanwaltschaft wolle dem Beschwerdeführer mit der Kostenauflage zu verstehen geben, dass er sich gegenüber E. in einer Art und Weise verhalten habe, welche zwar nicht strafbar, aber eben doch zu missbilligen sei. Es sei aber nicht die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, jemandem soziale Verhaltensregeln mittels Kostenauferlegung beizubringen. Die Staatsanwaltschaft weise zu Recht darauf hin, dass solches Fehlverhalten eine Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 28 ZGB darstellen könne. Dann müsse aber E. zivilrechtliche Ansprüche gegen den Beschwerdeführer geltend machen, sei dies adhäsionsweise in einem Zivilverfahren. Es sei aber keineswegs zulässig, dass zivilrechtliche Ansprüche des Opfers durch eine Kostenauferlegung im Strafverfahren ersetzt würden. Wenn hier der Staat Ansprüche erhebt, welche eigentlich dem Opfer zustehen würden, so sei dies gesetzwidrig und eigentlich auch eine Missachtung der Opferrechte (Urk. 15 S. 1 f.).
Auf weitere Vorbringen der Parteien wird soweit für die Entscheidfindung erforderlich in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen sein.
Die Kosten einer Strafuntersuchung trägt der Staat, sofern keine gesetzliche Grundlage eine Kostenauflage an Parteien andere Verfahrensbeteiligte vorsieht (Art. 423 StPO). Einer beschuldigten Person sind die Kosten bei einer Verurteilung aufzuerlegen (Art. 426 Abs. 1 StPO). Daneben können ihr die Kosten auch bei Freispruch Einstellung des Verfahrens auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO). Diese Formulierung übernimmt die bisherige Rechtsprechung, wonach gemäss Art. 32 Abs. 1 BV und
Art. 6 Ziff. 2 EMRK jede Person bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt. Nach der Rechtsprechung ist es mit Verfassung und Konvention unvereinbar, in der Begründung des Entscheids, mit dem einem Angeschuldigten bei Freispruch Einstellung des Verfahrens Kosten auferlegt werden, diesem direkt indirekt vorzuwerfen, er habe sich strafbar gemacht bzw. es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden. Dagegen ist es mit Verfassung und Konvention vereinbar, einem nicht verurteilten Angeschuldigten die Kosten zu überbinden, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise - d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze gegen eine geschriebene ungeschriebene Verhaltensnorm, die aus der gesamten schweizerischen Rechtsordnung stammen kann, klar verstossen und dadurch das Strafverfahren veranlasst dessen Durchführung erschwert hat (BGE 116 Ia 162 E. 2e S. 175, bestätigt in BGE 119 Ia 332 E. 1b, BGer 1B_41/2011). Ein lediglich nach ethischen moralischen Grundsätzen zu missbilligendes Verhalten genügt demgegen- über für eine Kostenauflage nicht (Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur
Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich 2010, N 10 zu Art. 426 StPO). In tatsächlicher Hinsicht bedeutet dies, dass sich die Kostenauflage auf unbestrittene bereits klar nachgewiesene Umstände stützt (Niggli/Heer/Wiprächtiger, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Basel 2011, N 34 zu Art. 426 StPO).
Die Kostenauflage trotz Freispruch bzw. Einstellung des Strafverfahrens setzt ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten voraus. Widerrechtlichkeit liegt vor, wenn entweder ein Rechtsgut eine Verhaltensnorm, die den Schutz des Geschädigten bezweckt, verletzt wird. Die objektive Seite des Verschuldens umfasst den Vorsatz sowie die Fahrlässigkeit. Vorsätzlich bzw. eventualvorsätzlich handelt, wer weiss hätte wissen müssen, dass durch sein widerrechtliches Verhalten eine Strafuntersuchung ausgelöst wird. Bei der Fahrlässigkeit ist vom Begriff der groben Fahrlässigkeit auszugehen; eine leichte Fahrlässigkeit genügt nicht. Es muss somit ein bei objektiver Betrachtungsweise als schwerwiegend zu qualifizierender Verstoss gegen die vom Betreffenden einzuhaltenden Sorgfaltspflichten vorliegen. In subjektiver Hinsicht setzt das Verschulden die Urteilsfähigkeit voraus (Donatsch/Hansjakob/Lieber, a.a.O., N 13 f. zu Art. 426 StPO, mit weiteren Hinweisen).
Eine Kostenauflage an einen nicht verurteilten Beschuldigten wegen zivilrechtlich schuldhaften Verhaltens kann sich grundsätzlich auf Art. 28 ZGB stützen (Bundesgerichtsurteile 1P.18/2007 vom 30. Juli 2007 E. 3.3.4. und 1P.65/2005 vom 22. Juni 2005 E. 4.3.). Nach dieser Bestimmung kann derjenige, der in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen (Art. 28 Abs. 1 ZGB). Widerrechtlich ist eine Verletzung, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates öffentliches Interesse durch Gesetz gerechtfertigt ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Die Persönlichkeitsrechte werden durch Angriffe auf die physische und psychische Integrität verletzt. Darunter fällt auch ein Verhalten, das andere verängstigt und diese in ihrem seelischen Wohlbefinden gefährdet bzw. erheblich stört (Bundesgerichtsurteile 1P.18/2007 vom 30. Juli 2007 E. 3.3.5. und 1P.188/2005 vom 14. Juli 2005 E. 5.3., je mit Hinweisen). Dabei ist aber zu
berücksichtigen, dass nicht jede noch so geringfügige Beeinträchtigung der Persönlichkeit als rechtlich relevante Verletzung verstanden werden kann. Vielmehr muss die Verletzung eine gewisse Intensität erreichen, wobei die subjektive Empfindlichkeit des Betroffenen nicht massgeblich ist. Für die Beurteilung der Schwere des Eingriffs ist ein objektiver Massstab anzulegen (Bundesgerichtsurteil 1P.18/2007 vom 30. Juli 2007 E. 3.3.5., mit Hinweisen).
Anlässlich der polizeilichen Befragung vom 5. April 2010 führte E. aus, er sei freiwillig in das Fahrzeug eingestiegen. Er habe zuerst gesagt, er steige nicht ein. Dann sei er aber dennoch eingestiegen, weil er nicht gewusst habe, was sonst passieren würde; da er Angst gehabt habe (Urk. 9/6/1 S. 6).
Ebenso führte E. anlässlich der Einvernahme vor der Staatsanwaltschaft am 29. April 2010 aus, B. habe ihn aufgefordert, ins Fahrzeug einzusteigen. Dabei habe ihm dieser aber keine Nachteile in Aussicht gestellt, wenn er nicht in das Fahrzeug eingestiegen wäre. Auf die Frage, ob er Angst vor allfälligen Konsequenzen gehabt hätte, wenn er nicht ins Fahrzeug eingestiegen wäre, führte E. aus, er habe gedacht, wenn er nicht einsteigen würde, gäbe es nur wieder Probleme. Er habe nicht gewusst, was geschehen würde, wenn er nicht einsteige. Insbesondere habe er nicht gewusst, ob er nur B. gegen sich gehabt habe ob die drei Fahrzeuginsassen zu dessen Verstärkung gegen ihn da gewesen seien (Urk. 9/6/5 S. 4).
Der Beschwerdeführer führte anlässlich der polizeilichen Befragung vom
14. April 2010 aus, nachdem B. auf der Strasse E. entdeckt habe und aus dem Fahrzeug gestiegen sei, habe er das Fahrzeug gewendet und sei zu den beiden hin gefahren. Als er neben den beiden angehalten habe, habe er zu
B. gesagt, sie sollten an einen anderen Ort gehen, da die Leute auf sie schauen würden. Dies habe er auf [Sprache] gesagt, da er nicht gewollt habe, dass E. jemand anderer dies verstehe. B. habe sodann zu
E. gesagt, er solle einsteigen, sie würden an einen anderen Ort fahren. Er (der Beschwerdeführer) habe erklärt, E. solle sich auf dem Rücksitz in die Mitte setzen. Er habe bemerkt, dass E. schockiert und zurückhaltend gewirkt habe. Er (der Beschwerdeführer) habe zwar nicht gewusst, um was es gehe.
Er habe aber nicht gewollt, dass E. auf einmal aus dem fahrenden Fahrzeug springen würde (Urk. 9/5/1 S. 4).
Anlässlich der Hafteinvernahme vom 14. April 2010 bestätigte der Beschwerdeführer gegenüber der Staatsanwaltschaft seine bereits gemachte Aussage, wonach er gewollt habe, dass E. hinten im Fahrzeug in der Mitte sitzen solle, damit dieser nicht plötzlich aus dem fahrenden Fahrzeug springen wür- de. Auf die Frage, weshalb E. dies hätte tun sollen, antwortete der Beschwerdeführer, er habe keine Ahnung gehabt, um was es gegangen sei. Sie seien vier Leute im Auto gewesen. Der Typ (wohl E. gemeint) habe Angst gehabt. Er (der Beschwerdeführer) habe nicht gerne Typen im Auto, welche Angst hätten. Deshalb habe er gewollt, dass er (E. ) in der Mitte sitze. Wenn er rechts gesessen wäre, hätte er schnell fliehen können. Dann wäre er (der Beschwerdeführer) der Verarschte gewesen. B. habe ihm gesagt, er solle einsteigen. Dies habe er ihm schon ein wenig aggressiv gesagt. Der anderer (wohl E. gemeint) habe aber nichts gesagt. Er sei einfach eingestiegen. Weiter führte der Beschwerdeführer aus, der Typ (E. ) habe Angst vor
B. gehabt, so viel sei klar gewesen. Er habe alles bedingungslos gemacht, was ihm B. aufgetragen habe. Er (der Beschwerdeführer) hätte das nicht gemacht. Es habe den Anschein gemacht, dass der Geschädigte Angst vor
B. gehabt habe. Auf die Frage, wie er sich diese Angst erkläre, meinte der Beschwerdeführer, er vermute, dass sie (B. und E. ) von früher her Zoff gehabt hätten. Er (der Beschwerdeführer) habe aber keine Ahnung, um was es dabei gegangen sei (Urk. 9/5/2 S. 3 f.).
Den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerdeschrift, wonach die Staatsanwaltschaft anlässlich der Hafteinvernahme vom 14. April 2010 von sich aus ausgeführt habe, E. sei aus Angst in das Fahrzeug eingestiegen (vgl. Urk. 2 S. 3), kann nicht gefolgt werden. Wie aus der Hafteinvernahme ersichtlich ist, fasste die Staatsanwaltschaft sinngemäss und zutreffend die Aussagen von E. zusammen, die dieser am 5. April 2010 gegenüber der Polizei machte (vgl. Urk. 9/5/2 S. 2; Urk. 9/6/1 S. 6). Entsprechend hat die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus ausgeführt, E. hätte Angst gehabt und sei
deshalb in das Fahrzeug eingestiegen. Sie stützte sich dabei auf die entsprechenden Aussagen von E. . Diese Ausführungen wurden zudem vom Beschwerdeführer nie bestritten.
Der Beschwerdeführer machte weiter geltend, er habe zwar anlässlich der Hafteinvernahme vom 14. April 2010 vor der Staatsanwaltschaft ausgeführt,
E. habe Angst gehabt. Dieser hätte aber möglicherweise deshalb Angst gehabt, weil er Schulden gehabt habe, diese nicht habe begleichen können und daher Zukunftsängste gehabt habe (vgl. Urk. 2 S. 3). Diese Ausführungen des Beschwerdeführers erscheinen als blosse Schutzbehauptung und stehen den weiteren Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich derselben Hafteinvernahme entgegen. So führte der Beschwerdeführer aus, E. habe Angst vor B. gehabt. E. habe alles bedingungslos gemacht, was ihm B. aufgetragen habe. Er vermute, dass sie von früher her Zoff miteinander gehabt hätten (Urk. 9/5/2 S. 3 f.). Dem Beschwerdeführer war demnach ohne Weiteres bewusst, dass E. Angst vor B. hatte und folglich nicht an allfälligen Zukunfts- ängsten aufgrund seiner finanziellen Situation litt. Zudem ist zu bemerken, dass auch E. im gesamten Untersuchungsverfahren nie erwähnte, dass er aufgrund seiner finanziellen Situation allfällige Zukunftsängste hätte. Vielmehr führte dieser aus, er sei in das Fahrzeug eingestiegen, da er Angst gehabt habe. Er habe nicht gewusst, was sonst passieren würde (Urk. 9/6/1 S. 6).
Der Beschwerdeführer machte geltend, ein derartiges Fehlverhalten könne zwar eine Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 28 ZGB darstellen.
E. müsse aber solche zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Beschwerdeführer selber geltend machen, entweder adhäsionsweise in einem separaten Zivilverfahren (Urk. 15 S. 2). Dieser Einwand des Beschwerdeführers ist unbehelflich. Wie vorstehend dargelegt, können die Kosten einer Strafuntersuchung einem nicht verurteilten Angeschuldigten auferlegt werden, wenn dieser in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise das Strafverfahren veranlasst dessen Durchführung erschwert hat. Unerheblich für die Kostenauferlegung ist, ob einem Geschädigten tatsächlich ein finanzieller Schaden entstanden ist und ob er diesen adhäsionsweise in einem separaten zivilrechtlichen Verfahren geltend macht.
Wie aus den Aussagen des Beschwerdeführers und von E. während des Untersuchungsverfahrens ersichtlich ist, wurde zwar gegenüber E. weder Gewalt angewendet, noch wurde ihm verbal einen Nachteil angedroht, für den Fall, dass er nicht in das Fahrzeug einsteigen würde. Von einem Einsteigen in das Fahrzeug aus freiem Willen kann aber dennoch nicht gesprochen werden. So führte E. aus, er sei in das Fahrzeug eingestiegen, weil er Angst gehabt habe. Dies war dem Beschwerdeführer durchaus bewusst, führte er doch selber aus, E. habe auf ihn schockiert und zurückhaltend gewirkt. E. habe vor B. Angst gehabt und dieser habe ihm schon ein wenig aggressiv gesagt, er solle ins Fahrzeug einsteigen. Zudem war es dem Beschwerdeführer selber nicht wohl bei der ganzen Situation, weshalb er möglichst schnell den Ort verlassen wollte, an dem sie E. antrafen, da die Leute in der Umgebung bereits auf sie aufmerksam geworden sind. Trotz des Wissens, dass E. ver- ängstig war und er nicht in das Fahrzeug einsteigen wollte, liess der Beschwerdeführer E. in das Fahrzeug einsteigen und fuhr diesen sowie die weiteren drei Personen von der V. -Strasse ... in Y. nach W. und anschliessend wieder zurück. Bereits dieses Verhalten des Beschwerdeführers stellt einen empfindlichen Eingriff in die psychische Integrität von E. dar. Indem er aber zudem darauf bestand, dass E. in der Mitte zwischen zwei Personen sass, sodass E. wie der Beschwerdeführer ausführte - nicht aus Angst plötzlich aus dem fahrenden Fahrzeug springen bzw. flüchten konnte, wurde das seelische Wohlbefinden von E. massiv und erheblich beeinträchtigt. Unerheblich ist dabei, dass der Beschwerdeführer angeblich wie er mehrfach betonte - nicht gewusst haben soll, um was es zwischen E. und B. genau ging. Zudem ist zu berücksichtigen, dass selbst wenn E. tatsächlich B. Geld geschuldet hätte was dieser aber stets bestritt wäre das vorliegende Verhalten in keiner Weise gerechtfertigt. Demnach liegt eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 28 ZGB vor. Dadurch hat der Beschwerdeführer die vorliegende Strafuntersuchung ohne Weiteres veranlasst, weshalb eine Kostenauflage trotz Einstellung des Verfahrens an den Beschwerdeführer rechtmässig ist. Entsprechend erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist demnach abzuweisen.
Gestützt auf Art. 22 StPO und die §§ 17 Abs. 2, 8 und 4 der Gebührenordnung des Obergerichts (GebV OG) ist eine Gerichtsgebühr von Fr. 270.anzusetzen.
Es wird verfügt:
(Oberrichter lic. iur. K. Balmer)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 270.festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.
Schriftliche Mitteilung an:
den Vertreter des Beschwerdeführers, zweifach (mit Gerichtsurkunde)
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (gegen Empfangsschein) sowie - nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel - unter Rücksendung der beigezogenen Akten
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne
14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Zürich, 16. November 2011
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Präsident:
lic. iur. K. Balmer
Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Hauser
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