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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils UH110165: Obergericht des Kantons Zürich

Es handelt sich um einen Gerichtsbeschluss und ein Urteil vom 19. Dezember 2013 des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, in einer Angelegenheit bezüglich Ehescheidung und unentgeltlicher Rechtspflege. Die Parteien haben vier Kinder und haben sich getrennt. Der Beschwerdeführer beantragte die unentgeltliche Prozessführung, was jedoch abgelehnt wurde, da er nicht glaubhaft machen konnte, dass er mittellos sei. Es wurde festgestellt, dass er über Vermögenswerte verfügt, die er nicht offengelegt hat. Die Beschwerde wurde abgewiesen, da die Mittellosigkeit nicht glaubhaft gemacht wurde. Der Beschwerdeführer wurde angewiesen, die Prozesskosten zu tragen, da er nicht nachweisen konnte, dass er mittellos ist.

Urteilsdetails des Kantongerichts UH110165

Kanton:ZH
Fallnummer:UH110165
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UH110165 vom 05.09.2011 (ZH)
Datum:05.09.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Beschwerde gegen Anordnung von Massenuntersuchungen. Anfechtungsobjekt der Beschwerde
Schlagwörter : Verfügung; Zwangsmassnahme; Zwangsmassnahmengericht; Person; Personen; Vorladung; Anordnung; Zwangsmassnahmengerichts; Recht; Wangenschleimhautabstrich; Untersuchung; Massenuntersuchung; Personenkreis; Anfechtung; Allgemeinverfügung; Wangenschleimhautabstrichs; Hansjakob; Kantons; Abgabe; Auffassung; Lehre; Zürich/St; Gallen; Ausführung; Massnahme; Staatsanwaltschaft; DNA-Profil; ännliche
Rechtsnorm:Art. 256 StPO ;
Referenz BGE:125 I 316; 125 I 317; 134 II 280;
Kommentar:
Donatsch, Flachsmann, Hug, Weder, 19. Auflage, Zürich, Art. 22 StGB, 2013

Entscheid des Kantongerichts UH110165

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UH110165-O/U/br

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. K. Balmer, Präsident, lic. iur. W. Meyer und der Ersatzoberrichter lic. iur. A. Schärer sowie der Gerichtsschreiber Dr. T. Graf

Beschluss vom 5. September 2011

in Sachen

X.,

Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt

gegen

Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Molkenstr. 15/17, Postfach 1233, 8026 Zürich,

Beschwerdegegnerin

betreffend Wangenschleimhautabstrich / DNA-Profil

Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft IV vom 21. März 2011, B-2/2010/1034

Erwägungen:

I.
  1. Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (Beschwerdegegnerin) führt eine Strafuntersuchung gegen eine bislang unbekannte Täterschaft wegen eines Tötungsdeliktes zum Nachteil von †Y. Am Tatort konnte eine männliche DNA-Spur sichergestellt werden. Das Zwangsmassnahmengericht des Obergerichts ordnete am 21. Januar 2011 gestützt auf einen entsprechenden Antrag der Beschwerdegegnerin die Durchführung einer Massenuntersuchung von DNA-Analysen bezüglich männlicher Personen an, welche in den beiden letzten Jahren vor der Tat von der Verstorbenen behandelt wurden. Da diese Massenuntersuchung ergebnislos blieb, beantragte die Beschwerdegegnerin beim genannten Zwangsmassnahmengericht eine erweitere Anordnung der Massenuntersuchung von DNA-Analysen. Mit Verfügung vom 7. März 2011 wurde dem Antrag insofern entsprochen, als die Durchführung einer Massenuntersuchung von DNA-Analysen bezüglich männlicher Personen, welche die Verstorbene nachweislich gekannt haben, angeordnet wurde. Die Beschwerdegegnerin verfügte am 21. März 2011 gestützt auf die Art. 255 f. StPO, dass im Rahmen der angeordneten Massenuntersuchung von den zu untersuchenden Personen ein Wangenschleimhautabstrich zu nehmen und davon ein DNA-Profil zu erstellen sei (Urk. 5). Gestützt auf diese Verfügung wurde X. mit Vorladung der Kantonspolizei Zürich vom 30. Mai 2011 zur Abgabe eines Wangenschleimhautabstrichs aufgefordert (Urk. 3/2).

  2. Mit vom 16. Juni 2011 datierter Eingabe erhebt X. (Beschwerdeführer) Beschwerde gegen die vorerwähnte Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 21. März 2011 (Urk. 2): Er beantragt die vollständige Aufhebung dieser Verfügung (Urk. 2 S. 2). Die Beschwerdegegnerin stellt in ihrer Beschwerdeantwort (unter anderem) den Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei (Urk. 8 S. 1 f.). Da in der Beschwerde auch die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 7. März 2011 beanstandet wird, wurde diesem Gericht Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde eingeräumt (Urk. 10), wovon es Gebrauch machte (Urk. 12). Der Beschwerdeführer verzichtete auf Äusserung zu

den Eingaben der Beschwerdegegnerin und des Zwangsmassnahmengerichts (Urk. 16), weshalb die Sache nunmehr spruchreif ist.

II.

1. Die Beschwerde richtet sich nach dem Gesagten formell gegen die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 21. März 2011. Inhaltlich beanstandet der Beschwerdeführer jedoch auch teilweise die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 7. März 2011 (vgl. Urk. 2 Ziff. 10, insb. a.E.). Die genannte polizeiliche Vorladung wird in der Beschwerde nicht (ausdrücklich) angefochten. Es stellen sich in diesem Zusammenhang prozessuale Fragen, denen vorab nachzugehen ist; dabei ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass das Bundesgericht bislang

soweit den öffentlich zugänglichen Entscheiden zu entnehmen ist keine Gelegenheit hatte, sich zu der zu erörternden Thematik zu äussern.

    1. Die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 7. März 2011 enthält keine Rechtsmittelbelehrung; das Gericht geht somit davon aus, dass gegen die Verfügung keine Beschwerde im Sinne der StPO ergriffen werden kann. Diese Auffassung ist zutreffend. Gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. c StPO sind Beschwerden gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts nur in den in der StPO (ausdrücklich) vorgesehenen Fällen möglich; in Art. 256 StPO ist die Möglichkeit einer solchen Beschwerde nicht vorgesehen. In der Lehre wird denn auch ausnahmslos die Auffassung vertreten, dass der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts betreffend Anordnung einer Massenuntersuchung gemäss Art. 256 StPO nicht mittels Beschwerde im Sinne der StPO angefochten werden kann (BSK StPOFricker/Maeder, Basel 2011, Art. 256 N 12; Hansjakob, in: Donatsch/Hansjakob/ Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 256 N 9; Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2009, Art. 256 N 3 a.A.; derselbe, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2009, Rz. 1095 FN 331).

    2. In Dispositiv-Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung der Beschwerdegegnerin wird die genannte Anordnung des Zwangsmassnahmengerichts wiederholt. In den Dispositiv-Ziffern 2-4 werden die Modalitäten der Durchführung der Zwangsmassnahme geregelt. Die Beschwerde richtet sich inhaltlich gegen die Anordnung der Zwangsmassnahme und nicht gegen die Regelung der Modalitäten. Bei der Dispositiv-Ziffer 1 handelt es sich inhaltlich im Grunde genommen nicht um eine selbständige Verfügung, sondern um eine blosse Ausführung des vom Zwangsmassnahmengericht Angeordneten; da gegen die (Grund-)Verfügung dieses Gerichts nach dem Gesagten jedoch keine Beschwerde im Sinne der StPO zulässig ist, fragt sich, ob dies auch hinsichtlich der Ausführungsverfügung gilt (ebenso Hansjakob, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, a.a.O., Art. 256 N 9). Zudem ist ein einzelner Angehöriger des in der Verfügung der Beschwerdegegnerin bezeichneten (bestimmbaren, jedoch nicht individuell-konkret bestimmten) Personenkreises durch die Verfügung solange nicht unmittelbar konkret betroffen, als die Verfügung bezüglich ihm nicht umgesetzt wird; unmittelbar konkret betroffen ist der Einzelne erst dann, wenn er tatsächlich zur Abnahme eines Wangenschleimhautabstrichs aufgefordert wird, was vorliegend hinsichtlich des Beschwerdeführers mittels der genannten polizeilichen Vorladung geschah. Es stellt sich somit die Frage, ob der Beschwerdeführer die Verfügung vom 21. März 2011 mittels Beschwerde anfechten ob ein solches Rechtsmittel lediglich gegen die polizeiliche Vorladung welche eine der Beschwerde zugängliche Verfügung darstellt (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO; Weder, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, a.a.O.,

      Art. 201 N 56; BSK StPO-Rüegger, a.a.O., Art. 206 N 7; Schmid, Handbuch, a.a.O., Rz. 1504 a.E. und Rz. 1056) ergriffen werden kann.

    3. Vorab ist zu bemerken, dass es aus rechtstaatlichen Gründen unabdingbar ist, dass sich ein einer Zwangsmassnahme Unterworfener in geeigneter Weise gegen deren Anordnung wehren kann.

      1. In der Lehre wird im Kontext mit Art. 256 StPO ausdrücklich ausgeführt, gegen die an eine konkrete Person gerichtete Aufforderung, sich einer solchen Untersuchung zu unterziehen, sei eine Beschwerde möglich (BSK StPO-Fricker/Maeder, a.a.O., Art. 256 N 12; Schmid, Kommentar, a.a.O., Art. 256 N 3; derselbe, Handbuch, a.a.O., Rz. 1095 FN 331). Bereits diese Auffassung legt den Schluss nahe, dass im vorliegenden Fall nicht die einen individuell-abstrakt bestimmten Personenkreis bezeichnende generelle Anordnung der Zwangsmassnahme mit Beschwerde anfechtbar ist, sondern die konkret an den Beschwerdeführer gerichtete Vorladung. Dabei ist auch zu erwähnen, dass angesichts des Zeitraums zwischen Anordnung der Zwangsmassnahme und Erlass der an den Beschwerdeführer gerichteten Vorladung sowie der Erfahrungstatsache, dass die Untersuchung bei Tötungsdelikten jeweils sehr beförderlich durchgeführt wird, davon auszugehen ist, dass einerseits im Zeitpunkt der Massnahmeanordnung zumindest teilweise noch ungewiss bzw. noch abzuklären war, welche Personen konkret zum genannten Personenkreis gehören, und andererseits bei verschiedenen Personen bereits die Zwangsmassnahme durchgeführt worden war, bevor die Vorladung an den Beschwerdeführer erging. War im Zeitpunkt der Massnahmeanordnung nur der Personenkreis bestimmt, jedoch noch nicht eindeutig, welche Männer konkret nachträglich zur Abgabe eines Wangenschleimhautabstrichs vorgeladen werden wür- den, waren die dem Personenkreis angehörenden Männer durch die Anordnung noch nicht unmittelbar, sondern nur virtuell betroffen. Wäre zudem bei einer der ersten Personen, bei welchen die Massnahme bereits durchgeführt worden war, bei der Abgleichung des DNA-Profils mit der am Tatort sichergestellten DNA-Spur ein positives Resultat (ein sog. Treffer) entstanden, wären selbstverständlich die übrigen Personen nicht mehr zur Abgabe eines Wangenschleimhautabstrichs vorgeladen worden, weshalb nachträglich die virtuelle Betroffenheit durch die Massnahmeanordnung und damit ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Anordnung weggefallen wäre.

        Der Schluss, dass vorliegend der Beschwerdeführer nur direkt die an ihn gerichtete Vorladung anfechten kann, drängt sich aufgrund einer weiteren Überlegung auf. Sowohl die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts wie auch die Ausführungsverfügung der Beschwerdegegnerin sind vergleichbar mit einer verwaltungsrechtlichen Allgemeinverfügung. Solche zeichnen sich ebenfalls dadurch aus, dass sie zwar einen konkreten Sachverhalt regeln, sich aber an einen grösseren, nicht individuell hinreichend bestimmten (offenen bzw. unbestimmten geschlossenen bzw. bestimmbaren) Personenkreis richten (BGE 125 I 316 Erw.

        2.a m.H.; BGE 134 II 280 Erw. 3.2; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, Zürich/St. Gallen 2010, 6. Aufl., Rz. 923-924). Gemäss Bundesgericht muss die Allgemeinverfügung, wenn der Kreis der Adressaten offen ist und diese

        durch den Erlass der Allgemeinverfügung nur virtuell berührt werden, im konkreten Anwendungsfall noch vorfrageweise auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden können (BGE 125 I 317 Erw. 2.b; BGE 134 II 280 Erw. 3.3 m.H.); ist dagegen der Adressatenkreis bestimmt bestimmbar und kann die Allgemeinverfügung ohne konkretisierende Anordnung einer Behörde angewendet und vollzogen werden, bildet sie ein der Verfügung gleichgestelltes direktes Anfechtungsobjekt (BGE 125 I 317 Erw. 2.b; vgl. auch Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 925 und 930). Laut dieser Rechtsprechung ist somit die Allgemeinverfügung dann kein direktes Anfechtungsobjekt, wenn die darin bezeichneten Adressaten durch die Allgemeinverfügung nur virtuell betroffen sind; sie kann diesfalls im Rahmen der Anfechtung einer Verfügung nur vorfrageweise bzw. akzessorisch überprüft werden. Dieser Auffassung hat sich ein Grossteil der neueren Lehre angeschlossen (vgl. Feller, Das Prinzip der Einmaligkeit des Rechtsschutzes im Staatshaftungsrecht, Zürich/St. Gallen 2007, S. 181 m.H. auf die Lehre).

        Im Lichte all dieser Überlegungen ist hinsichtlich des vorliegenden Falles davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer direkt nur die polizeiliche Vorladung, nicht jedoch die Verfügung der Beschwerdegegnerin anfechten kann. Indessen kann diese Verfügung akzessorisch überprüft werden. Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nach dem Gesagten im Wesentlichen um eine Ausführung der Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts, welche im Gegensatz zur Verfügung der Beschwerdegegnerin eine Begründung der Anordnung enthält, muss indirekt auch die Verfügung des Gerichts akzessorisch überprüft werden können. Damit ist gewährleistet, dass der Beschwerdeführer sein genanntes Recht auf Überprüfung der ihn betreffenden Zwangsmassnahme hinreichend ausüben kann. Indessen ist zu bemerken, dass sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, dass im Falle der erfolgreichen Anfechtung der Vorladung nur diese aufzuheben wäre, hingegen nicht die kein direktes Anfechtungsobjekt bildenden Verfügungen von Beschwerdegegnerin und Zwangsmassnahmengericht.

      2. Zwar ist nicht zu übersehen, dass sich die Beschwerde formell nicht gegen die Vorladung richtet. Es wäre indessen überspitzt formalistisch, dem Beschwerdeführer dies entgegenzuhalten, da er sich einerseits klarerweise gegen die

      Zwangsmassnahme und damit gegen die Abgabe eines Wangenschleimhautabstrichs zur Wehr setzt, wofür er vorgeladen wurde, und andererseits die Verfügung (im Gegensatz zur Vorladung) eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung enthält und nicht sofort offenkundig war, dass die Verfügung nicht direkt angefochten werden kann.

    4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zu prüfen ist, ob sich die polizeiliche Vorladung vom 30. Mai 2011 aufrechterhalten lässt, wobei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 21. März 2011 und diejenige des Zwangsmassnahmengerichts vom 7. März 2011 gestützt auf die entsprechenden Rügen akzessorisch auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen sind.

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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