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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE230194
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE230194 vom 19.02.2024 (ZH)
Datum:19.02.2024
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Zusammenfassung : Die Cour d'appel civile hat in einem Fall zwischen P.________ und C.________ entschieden. P.________ wurde angewiesen, C.________ Beträge zu zahlen und eine Entschädigung für einen angeblich missbräuchlichen Rauswurf zu leisten. P.________ legte Berufung ein, die jedoch abgelehnt wurde, da die Richter feststellten, dass der Rauswurf auf einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte von C.________ beruhte. Die Gerichtskosten von 354,60 CHF wurden P.________ auferlegt.
Schlagwörter : Staatsanwaltschaft; Kantons; Nichtanhandnahme; Verfahren; Hinweis; Anschuldigung; Befragung; Verfolgung; Gesuch; Bundesgericht; Obergericht; Verfügung; Hinweise; Polizei; Beschwerdeverfahren; Nichtanhandnahmeverfügung; Anzeige; Vulva; Akten; Tatbestand; Anfangsverdacht; Bundesgerichts; Nichtschuldigen; Rechtsmittel; Oehninger
Rechtsnorm:Art. 136 StPO ; Art. 154 StPO ; Art. 385 StPO ; Art. 390 StPO ; Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:149 IV 248;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE230194-O/U/AEP

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. D. Oehninger, Präsident, und lic. iur.

B. Stiefel, Ersatzoberrichter Dr. iur. T. Graf sowie Gerichtsschreiber Dr. iur. S. Christen

Verfügung und Beschluss vom 19. Februar 2024

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

gegen

  1. B. ,
  2. Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Beschwerdegegnerinnen

1 verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die NichtanhandnahmeVerfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 12. Mai 2023, A-1/2023/10017852

Erwägungen:

I.
  1. B. erstattete am 26. August 2022 Strafanzeige gegen A. . Er soll die gemeinsame Tochter, C. (geb. tt.mm.2017), auf die Vulva gek?sst haben. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich stellte das Strafverfahren gegen A. wegen sexuellen Handlungen mit Kindern etc. am 13. April 2023 ein (Urk. 11/14).

    Am 28. April 2023 erstattete A. Strafanzeige gegen B. wegen falscher Anschuldigung (Urk. 11/16). Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich erliess am 12. Mai 2023 eine NichtanhandnahmeVerfügung (Urk. 5).

  2. A. erhebt Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (Urk. 2). Er beantragt die Aufhebung der NichtanhandnahmeVerfügung. Es sei eine Straf- untersuchung gegen B. an die Hand zu nehmen.

Das Obergericht hat die Akten der Staatsanwaltschaft beigezogen (Urk. 7 sowie Urk. 11) und auf das Einholen von Stellungnahmen verzichtet (Art. 390 Abs. 2 StPO).

II.
  1. Angefochten ist eine NichtanhandnahmeVerfügung der Staatsanwaltschaft. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zulässig (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 und Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO sowie 49 GOG). Die Eintretensvoraussetzungen geben grundsätzlich zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist - unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen einzutreten.

  2. Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei gar nicht untersucht worden, weshalb nicht festgestellt werden könne, ob der fragliche Tatbestand eindeutig nicht erfüllt sei. In der angefochtenen Verfügung werde ausgefährt, dass ausser den sich widersprechenden Aussagen der Beschwerdegegnerin 1 und des Beschwerdeführers und den sich widersprechenden Angaben des Kindes, C. ,

keine weiteren sachdienlichen Beweismittel vorhanden seien. Gerade solche sachdienlichen Hinweise Müssten durch eine Untersuchung abgeklürt werden. Insbesondere bei Vieraugendelikten respektive bei Vorliegen einer solchen Situation wie der vorliegenden könne ausschliesslich durch Befragung der entsprechenden Personen eine mögliche Straftat abgeklürt respektive aufgeklürt werden. Es müsse sich allein aus den Akten ersichtlich um einen sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fall handeln. Das liege in Bezug auf den zu untersuchenden Tatbestand der falschen Anschuldigung hier nicht vor. Es gebe keine Akten dazu und es gebe einen nicht von der Hand zu weisenden Anfangsverdacht. Die Beschwerdegegnerin 1 habe alles versucht, um im Prozess gegen den Beschwerdeführer die Oberhand zu gewinnen respektive zu behalten. Es sei offensichtlich, dass sie das Kind gegen den Beschwerdeführer instrumentalisiert habe. Es liege offensichtlich eine wäste Trennung vor und die Beschwerdegegnerin 1 versuche alles, um den Beschwerdeführer so schlecht wie möglich darzustellen, um das alleinige Sorgerecht aufrechterhalten zu können und das Kind vom KindsVater fernzuhalten. Es bestehe zumindest der Anfangsverdacht, dass die Beschwerdegeg- nerin 1 die StrafBehörden instrumentalisiert und über ein Strafverfahren wegen sexueller Handlungen mit einem Kind versucht habe, den Beschwerdeführer zu desavouieren. Die angefochtene Verfügung verletze Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO und Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO und den Grundsatz in dubio pro duriore. Es hätten zumindest Untersuchungshandlungen, wie namentlich die Befragung der Beschwerdegegnerin 1 respektive die Befragung des Kindes, in die Wege geleitet werden müssen, um den Anfangsverdacht entweder zu bestätigen zu entkröften (Urk. 2).

3.

    1. Die Staatsanwaltschaft verfügt die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO). Sie eröffnet demgegenüber eine Strafuntersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus

      ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die Frage, ob die StrafverfolgungsBehörde ein Strafverfahren durch

      Nichtanhandnahme erledigen kann, beurteilt sich nach dem aus dem strafprozessualen Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore. Danach darf die Nichtanhandnahme gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen (Urteile des Bundesgerichts 6B_628/2022 vom 22. März 2023 E. 3.2.1; 7B_10/2022 vom 25. September 2023

      E. 4.2.1).

    2. Der falschen Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 StGB macht sich strafbar, wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen (Abs. 1), wer in anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen (Abs. 2).

Die beiden Tatvarianten gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB unterscheiden sich lediglich durch das Mittel, das zur beabsichtigten Herbeiführung der Strafverfolgung eingesetzt wird. Das Beschuldigen gemäss Abs. 1 besteht in der an eine Behörde gerichteten sprachlichen Mitteilung. Von Abs. 2 werden diejenigen Machenschaften erfasst, welche, ohne eine ausDrücklich geäusserte Anschuldigung zu sein, in schlüssiger Weise den Verdacht auf eine bestimmte Person lenken. Arglistige Veranstaltungen im Sinne des Tatbestands liegen vor, wenn der täter durch Machenschaften, die ernste Verdachtsmomente gegen eine bestimmte Person hervorrufen und voraussichtlich zur Kenntnis von Polizei UntersuchungsBehörden gelangen, darauf ausgeht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen. Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz und in Bezug auf die Unwahrheit der Beschuldigung ein Handeln wider besseres Wissen. Der täter muss sicher darum wissen, dass die Anschuldigung unwahr ist. Eventualvorsatz genügt nicht. Schliesslich bedarf es der Absicht, eine Strafverfolgung gegen den Nichtschuldigen herbeizuführen, wobei nach herrschender Rechtsprechung und Lehre Eventualabsicht genügt (Urteil des Bundesgerichts 6B_219/2021 vom 19. April 2023 E. 7.3 mit Hinweisen, nicht publ. in:

BGE 149 IV 248).

4.

    1. Die Staatsanwaltschaft erwog in der angefochtenen Verfügung, C. habe anlässlich der ersten Befragung angegeben, der Beschwerdeführer habe sie auf die Vulva gek?sst. Für eine Suggestion durch die Beschwerdegegnerin 1 lügen keine Hinweise vor (Urk. 5 S. 3). Der Beschwerdeführer behauptet, die Beschwerdegegnerin 1 habe alles versucht, um ihn so schlecht wie möglich darzustellen, damit sie das alleinige Sorgerecht aufrechterhalten könne und um das Kind von ihm fernzuhalten. Damit zeigt der Beschwerdeführer zwar ein mögliches Motiv der Beschwerdegegnerin 1 auf, um das gemeinsame Kind zu instrumentalisieren. Er legt mit den Behauptungen aber keine objektiven Hinweise dar, die auf eine tatsächliche Einflussnahme der Beschwerdegegnerin 1 auf das Kind schliessen lassen.

    2. Die Staatsanwaltschaft erwog ferner, einer weiteren Befragung von C. stehe nicht nur deren altersgemäss stark eingeschränkte Urteils- und Zeugnisfähigkeit entgegen, sondern auch deren Wohl als Kind (Art. 154 Abs. 4 StPO; Urk. 5 S. 3).

      Wenn der Beschwerdeführer ohne weitere Begründung rägt, die Staatsanwaltschaft hätte das Kind einvernehmen müssen, setzt er sich mit der angefochtenen Verfügung nicht genügend auseinander (vgl. Art. 385 Abs. 1 StPO). Er zeigt namentlich nicht auf, inwiefern die Ausführungen der Staatsanwaltschaft unzutreffend sein sollen und aus welchen Gründen eine andere Lösung näher liegen soll.

    3. Die Beschwerdegegnerin 1 sagte am 26. August 2022 anlässlich der polizeilichen Befragung aus, C. habe ihr erzählt, dass der Beschwerdeführer sie (C. ) auf die Vulva gek?sst habe (Urk. 11/5 S. 2). C. hat gegenüber der Polizei am 9. September 2022 erzählt, der Beschwerdeführer habe sie auf die Vulva gek?sst (vgl. Urk. 11/4/2).

Aus diesem Sachverhalt ergibt sich kein Verdacht gegen die Beschwerdegegnerin 1 wegen einer falschen Anschuldigung. Es ist nicht ersichtlich, wie der Beschwerdegegnerin 1 ein Handeln wider besseres Wissen nachzuweisen wäre, zumal die blosse Inkaufnahme einer falschen Beschuldigung nicht strafbar ist. Allein die nochmalige Einvernahme der Beschwerdegegnerin 1 ist nicht zielführend, da keine objektiven Hinweise vorliegen, wonach sie die Tochter manipuliert haben könnte. Zudem hat sie bereits bei der Polizei ausgesagt.

5.

    1. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer unterliegt im Beschwerdeverfahren, weshalb er grundsätzlich die Kosten zu tragen hat (Art. 428 Abs. 1 StPO). Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Zeitaufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'000.-festzusetzen ( 17 Abs. 1 und

      ? 2 Abs. 1 GebV OG).

      Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (Urk. 2 S. 2). Er hat seinem Gesuch keine Belege zu seiner angeblichen Mittellosigkeit beigelegt verweist auch nicht auf allenfalls vorhandene Belege (vgl. Urk. 2 S. 6). Sodann hat er nicht dargelegt, inwiefern eine Allfällige Zivilforderung nicht aussichtslos sein könnte (vgl. Art. 136 StPO). Seine Beschwerde ist überdies nach dem Gesagten offensichtlich aussichtslos, zumal er zum behaupteten Anfangsverdacht keinen objektiven Hinweis genannt hat. Das Gesuch ist abzuweisen.

    2. Da der Beschwerdeführer unterliegt, ist er für das Beschwerdeverfahren nicht zu entschädigen. Er ersucht um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands (Urk. 2 S. 6). Dieses Gesuch ist aus denselben Gründen abzuweisen, wie das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung.

Es wird verfügt:

(Oberrichter lic. iur. D. Oehninger)

  1. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird abgewiesen.

  2. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands wird abgewiesen.

  3. Schriftliche Mittelung und Rechtsmittelbelehrung mittels nachfolgendem Beschluss.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 1'000.-festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.

  3. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt Dr. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerdeführer, per Gerichtsurkunde

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y. , zweifach, für sich und die Beschwer- degegnerin 1, per Gerichtsurkunde

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, ad A-1/2023/10017852, gegen Empfangsbestätigung

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung Allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, ad A-1/2023/10017852, unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 7), gegen Empfangsbestätigung

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch).

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 19. Februar 2024

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. D. Oehninger

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. S. Christen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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