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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE230164
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE230164 vom 06.04.2024 (ZH)
Datum:06.04.2024
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdegegner; Beschwerdeführer; Staatsanwaltschaft; Recht; Zeuge; Zeugen; Falsch; Nichtanhandnahme; Beschwerdegegners; Verfahren; Winterthur/Unterland; Bezirksgericht; Aussage; Recht; Anzeige; Rechtshilfeweise; Zeugeneinvernahme; Verfahren; Beschwerdeverfahren; Eingabe; Rechtshilfeweisen; Bülach; Unternehmen; Falsche; Gericht; Rechtlich; Bundesgericht; Frist; Stellungnahme
Rechtsnorm: Art. 111 StPO ; Art. 2 StPO ; Art. 306 StGB ; Art. 307 StGB ; Art. 319 StPO ; Art. 324 StPO ; Art. 383 StPO ; Art. 397 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 5 BV ;
Referenz BGE:143 IV 122;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE230164-O/U/BEE

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. D. Oehninger, Präsident, und lic. iur. A. Flury, Ersatzoberrichter Dr. iur. T. Graf sowie Gerichtsschreiber MLaw

R. Baur

Beschluss vom 6. April 2024

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

gegen

  1. B. ,

  2. Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwalt- schaft Winterthur/Unterland vom 5. April 2023, A-2/2023/10002931

Erwägungen:

I.

  1. Am 19. Januar 2023 liess A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) Straf- anzeige gegen B. (nachfolgend: Beschwerdegegner 1) wegen falschem Zeugnis im Sinne von Art. 307 StGB erstatten (dies im Zusammenhang mit einer rechtshilfeweise erfolgten Zeugeneinvernahme des Beschwerdegegners 1 im Ausland im Jahre 2014, Urk. 8/1).

  2. Am 5. April 2023 verfügte die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung (Urk. 3/1 = Urk. 5 = Urk. 8/4).

  3. Gegen die ihm am 28. April 2023 zugestellte Nichtanhandnahmeverfügung (vgl. Urk. 8/6) liess der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 8. Mai 2023 Beschwerde erheben und folgende Anträge stellen (Urk. 2 S. 2):

    1. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sei anzuweisen, dem Beschwerdeführer Einsicht in die gesamten Akten A-2/2023/ 10002931 zu gewähren. Nach Gewährung dieser Akteneinsicht sei dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zur Einrei- chung einer allfälligen Beschwerdeergänzung anzusetzen.

    1. Die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Winter- thur/Unterland vom 5. April 2023 sei aufzuheben.

    2. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sei anzuweisen, ge- stützt auf die Strafanzeige vom 19. Januar 2023 die Strafuntersu- chung gegen Herrn B. , geb. tt. Dezember 1960 (Beschul- digter) wegen falscher Zeugenaussage vom 14. Februar 2014 an- hand zu nehmen.

    3. Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sei gestützt auf Art. 397 Abs. 3 StPO anzuweisen, unverzüglich die notwendigen Beweis- sicherungsmassnahmen am Wohn- und Geschäftssitz des Beschuldigten B. in C. [Stadt in Österreich] vorzuneh- men.

    4. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. MwST) zulasten der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland.

  4. Mit Schreiben vom 25. Mai 2023 wurden die Untersuchungsakten bei der Staatsanwaltschaft beigezogen (Urk. 7). Nach Eingang der Untersuchungsakten (Urk. 8) wurde mit Präsidialverfügung vom 8. Juni 2023 das Gesuch des Beschwerdeführers um Ansetzung einer Nachfrist zur allfälligen Einreichung einer Beschwerdeergänzung abgewiesen; gleichzeitig wurden ihm die beigezogenen Untersuchungsakten zur Einsichtnahme übermittelt und es wurde ihm Frist zur Leistung einer Prozesskaution in der Höhe von CHF 2'000.– angesetzt (Urk. 11). Die Kaution ging am 19. Juli 2023 innert Frist ein (Urk. 16). Mit weiterer Präsidial- verfügung vom 26. Juli 2023 wurde dem Beschwerdegegner 1 und der Staatsan- waltschaft Frist zur Stellungnahme angesetzt (Urk. 17). Die Staatsanwaltschaft verzichtete am 2. August 2023 auf eine Stellungnahme (Urk. 20). Der Beschwer- degegner 1 liess sich mit Eingabe vom 3. August 2023 vernehmen (Urk. 22). Mit Eingabe vom 31. August 2023 liess der Beschwerdeführer replizieren (Urk. 27). Mit Präsidialverfügung vom 19. September 2023 wurde dem Beschwerdegegner 1 und der Staatsanwaltschaft Frist zur Duplik angesetzt (Urk. 30). Die Staatsanwalt- schaft liess sich nicht vernehmen. Der Beschwerdegegner 1 duplizierte mit Ein- gabe vom 29. September 2023 (Urk. 33). Mit Schreiben vom 16. Oktober 2023 wurde dem Beschwerdeführer die Duplik zugestellt mit der Möglichkeit, sich dazu zu äussern (Urk. 35). Der Beschwerdeführer liess sich mit Eingabe vom 2. No- vember 2023 vernehmen (Urk. 36). Weitere Eingaben erfolgten nicht. Das Verfah- ren erweist sich als spruchreif.

  5. Infolge Neukonstituierung der III. Strafkammer per 1. Januar 2024 ergeht der vorliegende Entscheid in teilweise anderer Besetzung und amten zwei Richter in anderer Funktion als angekündigt (vgl. Urk. 11 S. 4).

II.

  1. Lediglich soweit erforderlich, d. h. für die Entscheidfindung notwendig, ist nachfolgend auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft, des Beschwerdefüh- rers sowie des Beschwerdegegners 1 näher einzugehen. In diesem Zusammen- hang ist darauf hinzuweisen, dass der blosse Verweis auf Ausführungen in ande- ren Rechtsschriften oder auf die Akten unbeachtlich ist, da die Begründung der

    Beschwerde in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein muss (BGE 143 IV 122 E. 3.3.; Urteil des Bundesgerichts 6B_152/2023 vom 6. Juli 2023 E. 2.2.4.).

  2. Die Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers, dass der Beschwerdegegner 1 im Verfahren vor der Staatsanwaltschaft nicht Partei gewesen und die Einräumung der Parteistellung im Beschwerdeverfahren klärungsbedürftig sei (Urk. 27 S. 11), sind nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer erstattete bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen den Beschwerdegegner 1, weswe- gen er als beschuldigte Person gilt (Art. 111 Abs. 1 StPO). Als solche ist er ge- mäss Art. 104 Abs. 1 lit. a StPO Partei im Strafverfahren und entsprechend auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren. Diese Rüge erweist sich damit als unbe- gründet. Soweit sich der Beschwerdegegner 1 zu Themen äussert, welche nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung waren (Urk. 22 S. 4; Urk. 33 S. 2), ist darauf nicht einzugehen.

III.

1. Die Staatsanwaltschaft verfügt die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbe- stände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO). Sie eröffnet demgegenüber eine Strafuntersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus

ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtanhandnahme erle- digt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore (Art. 5 Abs. 1 BV sowie Art. 2 Abs. 1 StPO i. V. m. Art. 319 Abs. 1 StPO und Art. 324 Abs. 1 StPO). Danach darf eine Nicht- anhandnahme durch die Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Im Zweifels- fall, wenn die Gründe der Nichtanhandnahme nicht mit absoluter Sicherheit gege- ben sind, muss das Verfahren eröffnet werden. Der Grundsatz in dubio pro duri- ore ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände zu handhaben

(Urteile des Bundesgerichts 6B_573/2017 vom 11. Januar 2018 E. 5.2 und 6B_1037/2019 vom 24. Juni 2020 E. 2.3.1).

    1. Der Beschwerdeführer warf dem Beschwerdegegner 1 in der Strafanzeige zusammengefasst vor, am 14. Februar 2014 anlässlich einer rechtshilfeweisen Zeugeneinvernahme in C. , Österreich (Urk. 3/4; Urk. 8/2/2), welche Ein- gang in ein zivilrechtliches Verfahren vor dem Bezirksgericht Bülach zwischen dem Beschwerdeführer und J. fand, falsch ausgesagt zu haben (Urk. 8/1

      S. 1 ff.).

      Gemäss Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 27. Februar 2015 stelle sich der Sachverhalt in diesem zivilrechtlichen Verfahren unbestrittenermassen wie folgt dar: Das österreichische Unternehmen D. AG habe den Verkauf der Toch- tergesellschaft E. GmbH & Co. beabsichtigt. Als Käuferin des Unterneh- mens sei die F. GmbH, vertreten durch die G. Stiftung, in Erschei- nung getreten. lm Verkaufsprozess beteiligt gewesen sei auch die H. AG mit Sitz in I. , dessen einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat zum da- maligen Zeitpunkt der Beschwerdeführer gewesen sei. J. habe den Beschwerdeführer als Vertreter/Organ der potentiellen Vermittlerin (H. AG) des Unternehmensverkaufes im Sinne eines business introducers dem damaligen Vertreter der Verkäuferin (D. AG), dem Beschwerdegegner 1, vorgestellt. ln der Folge hätten die D. AG und die H. AG eine Verkäuferprovisions- vereinbarung abgeschlossen. Gleichzeitig habe die H. AG mit der Käuferin des Unternehmens eine Käuferprovision und ein Erfolgshonorar vereinbart. Nach erfolgreichem Verkauf habe die H. AG eine Verkäuferprovision von der

      D. AG und eine Käuferprovision von der F. erhalten. Strittig gewesen sei, ob J. einen Anspruch auf die Hälfte der Verkäufer- und Käuferprovision gehabt habe (Urk. 8/2/1 S. 5).

    2. Die Staatsanwaltschaft führte in der Nichtanhandnahmeverfügung insbeson- dere aus, dass in der zivilrechtlichen Auseinandersetzung strittig gewesen sei, wem welche Provisionen zugestanden hätten. Im Rahmen der rechtshilfeweisen Zeugeneinvernahme durch das Bezirksgericht Josefstadt in Wien sei der Beschwerdegegner 1 zu seiner Rolle beim Unternehmensverkauf, seinen geschäftlichen Beziehungen zu J. , die Rolle von J. beim Verkauf und zu seinen Wahrnehmungen über die Provisionsteilungsvereinbarung befragt worden. Im Ur- teil des Bezirksgerichts Bülach sei festgehalten, dass die Aussage des Beschwer- degegners 1 nur als Behauptung gewertet worden sei, die für sich allein noch kei- nen Beweis erbringe. Weiter sei nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdegeg- ner 1 in der Zeugeneinvernahme konkret falsche Aussagen getätigt haben soll. Falls die Behauptungen des Beschwerdeführers in der Strafanzeige zutreffen wür- den, wäre lediglich davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner 1 und

      J. engere Geschäftspartner gewesen seien als angenommen. Aufgrund dessen könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass er auch betreffend die vereinbarten Provisionen falsch ausgesagt habe. Dies gehe auch aus der Strafanzeige nicht klar hervor. Ebenfalls könne es sein, dass J. nicht als Makler habe auftreten können/dürfen. Dies sei aber eine rein zivilrechtliche Frage (Urk. 5 S. 3 f.).

    3. In der Beschwerdeschrift erklärte der Beschwerdeführer, dass Prozessge- genstand im Verfahren vor dem Bezirksgericht Bülach die Forderung von J. gegen den Beschwerdeführer gewesen sei. Diese habe den Bestand als auch die Höhe einer Zahlung aus einer möglichen Provisionsvereinbarung betroffen. An- lässlich der rechtshilfeweisen Zeugeneinvernahme habe sich der Beschwerde- gegner 1 unrichtig über die tatsächlichen Rollen von J. (als Makler und Ver- käufer) und ihm sowie ihren Abhängigkeiten und Verstrickungen geäussert. Mit ei- ner wahren Zeugenaussage wäre die Vereinbarung in einem ganz anderen Lichte ausgelegt worden und überdies wäre der Beschwerdegegner 1 als Zeuge auf- grund seiner Interessenslage und Nähe zu J. auch nicht als glaubwürdig eingeschätzt worden (Urk. 2 S. 10 ff.). Weiter wäre dann auch klar geworden, dass J. als Verkäufer und nicht als Makler hätte auftreten dürfen und der Beschwerdegegner 1 ein direktes geschäftliches Interesse an der Zusprechung der Forderung an J. gehabt habe (Urk. 2 S. 14). Durch die unvollständige Beantwortung der ihm als Zeugen gestellten Fragen habe er eine falsche Zeugen- aussage gemacht. Konkret habe der Beschwerdegegner 1 folgendes verschwie- gen, womit feststehe, dass die Staatsanwaltschaft bezogen auf den konkret gegen den Beschwerdegegner 1 erhobenen Vorwurf der falschen Zeugenaussage den Sachverhalt unvollständig festgestellt habe (Urk. 2 S. 4 f. und S. 17 f.):

      • Beherrschung der K1. AG (spätere K2. AG), der L. GmbH, der M. AG und der N. durch J. zusammen mit dem Beschwerdegegner 1;

      • Das Amt des Beschwerdegegners 1 als Vorstand bei der M. AG;

      • Die persönliche finanzielle Beteiligung des Beschwerdegegners 1 an der L. GmbH;

      • Vorstand der K1. AG (spätere K2. AG) (zeitweise zusammen mit J. ), Einzelzeichnungsberechtigung: Kontrolle über L. GmbH;

      • Gleichzeitiger Austritt aus dem Vorstand der K1. AG (spätere K2. AG) Ende Juni 2010;

      • Amt von J. als Aufsichtsrat K1. AG (spätere K2. AG) ab 2012;

      • Gründung der Bank O. durch P. AG, später Verkauf Beteiligung an J. und den Beschwerdegegner 1 und danach Übernahme der Anteile des Beschwerdegegners 1 durch J. ;

      • Zahlung von 2 Millionen Euro für Genussscheine der M. AG durch die von J. und dem Beschwerdegegner 1 kontrollierte K1. AG (spätere K2. AG);

      • Die massiven wirtschaftlichen Verstrickungen und die direkte wirtschaftliche Abhängigkeit des Beschwerdegegners 1 von J. .

    4. In seiner Stellungnahme vom 3. August 2023 wies der Beschwerdegegner 1 die Vorwürfe des Beschwerdeführers von sich, beantragte sinngemäss die Abwei- sung der Beschwerde und machte Ausführungen zum besagten Unternehmens- verkauf und zu den vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift genannten Firmenbeteiligungen. Er machte geltend, er habe anlässlich der rechtshilfeweisen Zeugeneinvernahme keine irreführenden und/oder falschen Aussagen getätigt oder die Intention dazu gehabt. Er habe sich bemüht, klare Antworten zu geben

      und sich bestmöglich zu erinnern. Es würden nun offensichtliche, öffentlich zu- gängliche Informationen, die jeder Rechtsanwalt und jedes Gericht im Firmenbuch nachsehen könne, bewusst falsch dargestellt. Es könne ihm nicht angelastet wer- den, dass es damals unterlassen worden sei, diese Informationen in öffentlichen Registern einzusehen (Urk. 22 S. 1 ff.).

    5. In der Replik erklärte der Beschwerdeführer, dass mit dem Verzicht der Staatsanwaltschaft auf eine Stellungnahme zur Beschwerdeschrift offensichtlich würde, dass diese den Rügen in der Beschwerdeschrift nichts entgegenzusetzen habe. Betreffend die Stellungnahme des Beschwerdegegners 1 führte er aus, dass dieser die Grundargumente der Staatsanwaltschaft nicht erwähne. Daraus dürfe und müsse geschlossen werden, dass der Beschwerdegegner 1 diese als ir- relevant und nicht zutreffend erachte. Weiter habe dieser in seiner Stellungnahme eingestanden, welche ihm damals bekannten Tatsachen zu den geschäftlichen Beziehungen zwischen ihm und J. er bei der rechtshilfeweisen Zeugenaus- sage nicht vollständig erwähnt habe (Urk. 27 S. 2 ff.).

    6. In der Duplik machte der Beschwerdegegner 1 im Wesentlichen weitere Aus- führungen zum besagten Unternehmenskauf (Urk. 33). In der weiteren vom Beschwerdeführer eingereichten Eingabe vom 2. November 2023 äusserte er sich sodann insbesondere zu den vom Beschwerdegegner 1 aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der Verjährung und der Zuständigkeit (Urk. 36).

  1. Wegen falschem Zeugnis macht sich strafbar, wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge falsch aussagt (Art. 307 Abs. 1 StGB). Die Falschheit der Aussage bestimmt sich nicht nach dem subjektiven Massstab der Überzeugung des Täters, sondern nach dem objektiven Sachverhalt. Strafbar ist die falsche Aussage, womit ein objektiver Widerspruch zur Wahrheit gemeint ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_249/2017 vom 17. Januar 2018 E. 1.1. m.H.). Ob eine Aus- sage inhaltlich falsch ist, beurteilt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung. Für Ein- schränkungen durch die Befragungssituation (sagen Sie nur Ja oder Nein) hat die befragte Partei nicht einzustehen. Falsch sind auch unvollständige Aussagen, insbesondere wenn Weglassungen in erkennbarer Weise einen verzerrten Sach- verhalt oder eine unzutreffende Würdigung herbeiführen können. Wird vorgegeben, etwas nicht oder nicht mehr zu wissen, ist objektiv ebenfalls Unrichtigkeit ge- geben. Dasselbe trifft auf denjenigen zu, der behauptet, noch genau zu wissen, wie sich ein Vorgang abgespielt hat, obwohl er sich nicht daran erinnern kann (DELNON/RÜDY, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 4. Aufl. 2019, N 22 f. zu

    Art. 307 StGB i.V.m. N 27 f. zu Art. 306 StGB m.H.).

  2. Das Bezirksgericht Josefstadt stellte dem Beschwerdegegner 1 anlässlich der rechtshilfeweisen Zeugeneinvernahme nur die vom Bezirksgericht Bülach vor- gegebenen Fragen (Urk. 3/4). Diese waren eher offen formuliert. Der Beschwer- degegner 1 machte von sich aus relativ ausführliche und detaillierte Aussagen.

    Seine besondere geschäftliche Nähe zu J. sowie einen gewissen Einfluss auf involvierte Firmen legte er von Anfang an offen. Die Frage nach der Bezie- hung zum Kläger beantwortete der Beschwerdegegner 1 damit, dass dieser ein guter Bekannter sei. Er habe ihn vor mehreren Jahren über die K2. AG ken- nengelernt, welche ein Gesellschafter der L. GmbH sei. J. sei dort ein wesentlicher Aktionär. Er führte aus, dass er mit J. erst gerade am Tag zu- vor telefoniert habe. Er habe ihm dabei gesagt, dass er als Zeuge aussagen müsse. Das Telefonat habe aber eigentlich wegen einer anderen causa stattge- funden (Urk. 8/2/2 S. 1 f.). Er erklärte auch, Vertreter der L. GmbH gewesen zu sein und im Namen der Vorstände der M. AG eine Bestätigung ausge- stellt zu haben. Weiter führte er aus, dass die L. GmbH als Berater der

    M. AG tätig gewesen sei. Da man sich nicht gut selber verkaufen könne, habe man J. beigezogen. Diesen würde er schon so lange kennen, dass er sich ihm gegenüber nicht zu erklären gehabt habe. Und dieser habe ja ausser zu ihm auch noch zu mehreren anderen Stellen im Unternehmen Kontakt gehabt. Bei ihnen würde man J. vertrauen (Urk. 8/2/2 S. 5).

    Ein bewusstes Weglassen der Nähe zu J. sowie geschäftlichen Verstrickun- gen und dadurch ein Verleiten des Bezirksgerichts Bülach zu einer unzutreffen- den Würdigung kann dem Beschwerdegegner 1 somit nicht vorgeworfen werden. Vielmehr ist im Urteil des Bezirksgerichts Bülach ersichtlich, dass sich dieses auf- grund der Aussagen des Beschwerdegegners 1 durchaus im Klaren war, dass zwischen dem Beschwerdegegner 1 und J. geschäftliche Beziehungen bestanden und aufgrund dieser eine besondere Nähe zwischen den Beiden gege- ben war. Auch die Möglichkeit, dass ein allfälliges persönliches Interesse des Beschwerdegegners 1 am Verfahrensgegenstand vorhanden sein könnte, war dem Gericht bewusst (Urk. 8/2/1 S. 13). Offensichtlich hielt es das Bezirksgericht Bülach für die Entscheidfindung aber nicht für nötig, den Beschwerdegegner 1 er- neut einvernehmen zu lassen, um sich mit konkreteren Fragen diese offengelegte Beziehung und das Geschäftsnetz genauer erläutern zu lassen. Detailliertere Er- läuterungen zu den Beteiligungen und Funktionen des Beschwerdegegners 1 und J. an bzw. bei den verschiedenen Gesellschaften, insbesondere in dem vom Beschwerdeführer geschilderten Umfang, konnten vom Beschwerdegegner 1 bei derart offen formulierten Fragen nicht erwartet werden. Seine Aussagen kön- nen deswegen nicht als falsch bzw. unvollständig im Sinne von Art. 307 StGB qualifiziert werden. Daher erweisen sich auch die Ausführungen auf den Seiten 2

    • 17 der Strafanzeige ohne Relevanz, weshalb sich die Staatsanwaltschaft entge- gen der Ansicht des Beschwerdeführers (Urk. 2 S. 3 ff.) damit nicht explizit aus- einanderzusetzen hatte.

    Bei diesem Ergebnis erübrigen sich Erwägungen zur Relevanz der rechtshilfewei- sen Zeugeneinvernahme für den Ausgang des besagten zivilrechtlichen Verfah- rens. Weil die Staatsanwaltschaft in der angefochtenen Nichtanhandnahmeverfü- gung sodann explizit offen liess, ob der Beschwerdegegner 1 vor der rechtshilfe- weisen Zeugeneinvernahme korrekt über seine Rechte und Pflichten belehrt wor- den sei, besteht vorliegend auch kein Grund, um auf diese Thematik weiter einzu- gehen.

  3. Zusammenfassend hat die Staatsanwaltschaft zu Recht die Nichtanhand- nahme einer Strafuntersuchung verfügt. Die Beschwerde ist folglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

IV.

  1. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Aufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf CHF 2'000.– festzusetzen (§ 17 Abs. 1

    i. V. m. § 2 Abs. 1 lit. b – d GebV OG).

  2. Da der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren unterliegt, ist er nicht zu entschädigen. Der Beschwerdegegner 1 wurde im Beschwerdeverfahren nicht an- waltlich vertreten. Er persönlich reichte zwei zu berücksichtigende Rechtsschriften von drei Seiten bzw. einer Seite ein (Urk. 22; Urk. 33). Eine Entschädigung für das Beschwerdeverfahren beantragte er nicht, weshalb ihm für dieses – obwohl er obsiegt – mangels Antrags und entschädigungspflichtiger Aufwendungen keine Entschädigung zuzusprechen ist.

  3. Der Beschwerdeführer hat für das Beschwerdeverfahren eine Sicherheits- leistung von CHF 2'000.– geleistet (Art. 383 StPO; Urk. 11; Urk. 16). Die dem Beschwerdeführer auferlegten Kosten sind von der Sicherheitsleistung zu beziehen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 2'000.– festgesetzt und dem Beschwerde- führer auferlegt.

  3. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Entschädigungen zugespro- chen.

  4. Die dem Beschwerdeführer auferlegten Kosten werden von der Sicherheits- leistung bezogen.

  5. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt lic. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerde- führer (per Gerichtsurkunde)

    • den Beschwerdegegner 1 (gegen Rückschein und unter Beilage des Formulars Hinweis für Zustellungsempfänger)

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland ad A-2/2023/10002931, unter Beilage einer Kopie von Urk. 33 und Urk. 36 (gegen Empfangs- bestätigung)

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland ad A-2/2023/10002931, unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 8; ge- gen Empfangsbestätigung)

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch).

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichts- gesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen

richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsge- setzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 6. April 2024

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. D. Oehninger

Gerichtsschreiber:

MLaw R. Baur

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