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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE230076
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE230076 vom 19.10.2023 (ZH)
Datum:19.10.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdegegner; Beschwerdeführer; Rückkehrzentren; Schaft; Staatsanwaltschaft; Gefahr; Gesundheit; Desinfektionsmittel; Bundesgericht; Bewohner; Pandemie; Person; Verhalten; Massnahme; Recht; Kantons; Folgend:; Massnahmen; Sodann; Handnahme; Vorsätzlich; Beschluss; Nichtanhandnahme; Schutz; Kammer; Werden; Erwägung; Bundesgerichts; Schwere
Rechtsnorm: Art. 12 BV ; Art. 122 StGB ; Art. 127 StGB ; Art. 181 StGB ; Art. 309 StPO ; Art. 390 StPO ; Art. 418 StPO ; Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:131 I 166; 135 I 119; 143 IV 241;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE230076-O/U

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, und lic. iur. D. Oehninger, Ersatzoberrichterin lic. iur. R. Hürlimann sowie Gerichtsschreiberin MLaw M. Häberlin

Beschluss vom 19. Oktober 2023

in Sachen

  1. A. ,

  2. B. ,

  3. C. ,

  4. D. ,

  5. E. ,

  6. F. ,

Beschwerdeführer

1, 2, 3, 4, 5, 6 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

  1. G. ,

  2. H. ,

  3. I. ,

  4. Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwalt-

schaft II des Kantons Zürich vom 24. Februar 2023, A-4/2020/10016594

Erwägungen:

I.

  1. Am 26. Mai 2020 erstattete Rechtsanwalt lic. iur. X. namens verschie- dener Bewohner und Bewohnerinnen von kantonalen Rückkehrzentren sowie der Vereine J. und K. Strafanzeige u.a. gegen G. , CEO L. AG (nachfolgend: Beschwerdegegner 1), H. , Geschäftsführer Schweiz

    L. AG (nachfolgend: Beschwerdegegner 2), und I. , stellvertretender Geschäftsführer Schweiz L. AG (nachfolgend: Beschwerdegegner 3), we- gen Aussetzung, Nötigung, einfacher Körperverletzung bzw. evtl. versuchter schwerer Körperverletzung, vorsätzlicher Widersetzung gegen Massnahmen der COVID-19-Verordnung sowie Verletzung von Vorschriften über die Verhütung der Übertragung von Krankheiten gemäss Epidemiengesetz. Konkret bemängelten die Beschwerdeführer 1-6, dass in den fünf Rückkehrzentren des Kantons Zürich (Adliswil, Kemptthal, Glattbrugg, Urdorf und Hinteregg) vom 27. Februar 2020 bis mindestens 3. April 2020 die Empfehlungen des Bundesrates und des Bundesam- tes für Gesundheit (BAG) betreffend Umgang mit Covid-19 zum Schutz der Per- sonen in Rückkehrzentren nicht eingehalten worden seien, dass unbenutzte Zim- mer/Schlafräume nicht geöffnet worden seien, um den beengten Wohn- und Schlafverhältnissen in den Rückkehrzentren entgegenzuwirken und Social Dis- tancing zu ermöglichen, dass keine Massnahmen ergriffen worden seien, um in den Schlafräumen, in der Küche und in den Waschräumen/Duschen Social Dis- tancing zu ermöglichen, dass keine Isolierungen von angesteckten oder verletzli- chen Personen vorgenommen worden seien, dass Tests nach Auftreten des ers- ten positiven Covid-19-Falles in den Rückkehrzentren gefehlt hätten, dass Schutzmasken, Desinfektionsmittel und Flüssigseife nicht zur Verfügung gestellt worden seien sowie dass es lediglich eine mangelnde bzw. keine Information über die Risiken von Covid-19, die Schutzmassnahmen des BAG und die Möglichkei- ten, sich in den Rückkehrzentren vor Ansteckung zu schützen, gegeben habe (Urk. 10/1/1).

  2. Mit Beschluss Geschäfts-Nr. TB210170-O vom 30. Dezember 2021 erteilte die hiesige Kammer der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich (nachfolgend:

Staatsanwaltschaft) die Ermächtigung zur Strafverfolgung der Beschwerdegeg- ner 1-3 sowie von M. , … des Kantonalen Sozialamts Zürich, und N. ,

… des Kantonalen Sozialamts Zürich, nicht, soweit überhaupt auf das Gesuch der

Staatsanwaltschaft eingetreten wurde (Urk. 10/9/2). Mit Urteil 1C_104/2022 vom

20. Dezember 2022 hiess das Bundesgericht eine von Rechtsanwalt

lic. iur. X. namens A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin 1), B. (nachfolgend: Beschwerdeführer 2), C. (nachfolgend: Beschwerdeführer 3), D. (nachfolgend: Beschwerdeführerin 4), E. (nachfolgend: Beschwer- deführer 5) und F. (nachfolgend: Beschwerdeführerin 6) dagegen erhobene Beschwerde teilweise gut und fasste die Dispositiv-Ziffer 1 des Beschlusses Ge- schäfts-Nr. TB210170-O dahingehend neu, dass auf das Gesuch um Ermächti- gung gegenüber den dortigen Gesuchsgegner 3-5 (im vorliegenden Verfahren die Beschwerdegegner 1-3) vollumfänglich (sowie gegenüber M. und N. hinsichtlich des Vorwurfs der Übertretungen des Epidemiengesetzes) nicht einge- treten werde (Urk. 10/9/7 S. 18).

  1. Am 24. Februar 2023 verfügte die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen die Beschwerdegegner 1- 3 (Urk. 3/1 = Urk. 4 = Urk. 10/11).

  2. Dagegen liessen die Beschwerdeführer 1-6 mit Eingabe vom 13. März 2023 samt Beilagen innert Frist (vgl. Urk. 10, Empfangsschein Rechtsanwalt X. zu Urk. 10/11) Beschwerde bei der hiesigen Kammer erheben und die Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung vom 24. Februar 2023 sowie die Anweisung der Staatsanwaltschaft, eine Strafuntersuchung einzuleiten, beantragen (Urk. 2 S. 2; Urk. 3/1-4). Am 15. März 2023 liessen die Beschwerdeführer 1-6 sodann (auf- grund von Tippfehlern und falschen Bezeichnungen in Urk. 2) eine (inhaltlich iden- tische) korrigierte Version der Beschwerdeschrift vom 13. März 2023 einreichen (Urk. 6; Urk. 7). Die korrigierte Beschwerdeschrift (Urk. 7) ist nicht unterzeichnet, wohl aber das dazugehörige Begleitschreiben vom 15. März 2023 (Urk. 6 S. 2), weshalb auf das Nachfordern einer unterzeichneten Version der korrigierten Beschwerdeschrift verzichtet wird.

  3. Die Untersuchungsakten wurden beigezogen (Urk. 10). Da sich – wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen werden – die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erweist, ergeht der Entscheid ohne Einholung von Stellungnahmen (Art. 390 Abs. 2 StPO). Das Verfahren erweist sich somit als spruchreif.

II.

1. Angefochten ist eine Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO und § 49 GOG). Die weiteren Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.

2.

    1. Die Staatsanwaltschaft erwog in der angefochtenen Verfügung, dass die

      hiesige Kammer im Rahmen eines Ermächtigungsverfahrens im Beschluss vom

      30. Dezember 2021 erwogen habe, es bestünden keine genügenden Anhalts- punkte dafür, dass sich die Beschwerdegegner 1-3 möglicherweise strafbar ge- macht bzw. zumindest eventualvorsätzlich die Bewohner der kantonalen Rück- kehrzentren in Gefahr gebracht und an Köper oder Gesundheit geschädigt haben könnten. Auch das Bundesgericht habe im Urteil vom 20. Dezember 2022 in der Sache selbst festgehalten, dass das Obergericht sich ausführlich mit den von den Anzeigeerstattern angezeigten Straftatbeständen auseinandergesetzt und akri- bisch dargelegt habe, weshalb kein ausreichender Anfangsverdacht vorliege. Es sei nicht erforderlich, auf alle diese Gesichtspunkte nochmals umfassend einzu- gehen und die Begründung des Obergerichts zu wiederholen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft könne in Bezug auf die Vorwürfe gegen die Beschwerdegeg- ner 1-3 auf die in der Sache selbst ergangene zutreffende und ausführliche Be- gründung im Beschluss der hiesigen Kammer vom 30. Dezember 2021 verwiesen werden. Es sei nicht erforderlich, die vollständige Begründung zu wiederholen. Die Staatsanwaltschaft zitierte sodann die Erwägung 5.3 des Urteils des Bundes- gericht vom 20. Dezember 2022 zu den Vorwürfen gegen die dortigen Beschul- digten 1 und 2 (M. und N. ) und erwog, dass diese Begründung aus ihrer Sicht sinngemäss auch für die dortigen Beschuldigten 3-5 (vorliegend Beschwerdegegner 1-3) zutreffend sei. Die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Untersuchung seien damit nicht gegeben, weshalb auf die Strafanzeige gegen die Beschwerdegegner 1-3 nicht einzutreten und die Untersuchung nicht anhand zu nehmen sei (Urk. 3/1 S. 3 f.).

    2. Die Beschwerdeführer 1-6 machen in ihrer Beschwerdeschrift zusammenge- fasst geltend, die Staatsanwaltschaft habe das Gesundheitskonzept L. sowie das Pandemie-Konzept nicht berücksichtigt. Das Kantonale Sozialamt habe sich geweigert, den Beschwerdeführern 1-6 die beiden Konzepte zuzustel- len, womit ihnen verunmöglicht worden sei, ihre Strafanzeige zusätzlich mit der Missachtung dieser beiden Konzepte zu begründen. Die beiden Konzepte seien in den vorliegenden Entscheiden des Obergerichts und des Bundesgerichts betref- fend Ermächtigungsverfahren nicht erwähnt worden. Durch diese Schutzkonzepte seien die Beschwerdegegner 1-3 bereits vor dem Ausbruch einer Pandemie ver- pflichtet gewesen, Vorkehrungen zu treffen (z.B. Planung materieller Massnah- men, insbesondere Bevorratung von Desinfektionsmittel). Wäre die L. AG diesen Verpflichtungen nachgekommen, so wäre nie ein Engpass der erforderli- chen Güter eingetreten. Indem die Beschwerdegegner 1-3 den Verpflichtungen gemäss den beiden Konzepten nicht nachgekommen seien, hätten sie in Kauf genommen, dass die Insassen der Rückkehrzentren einer Gefahr an Leben und Gesundheit ausgesetzt werden. Allein dadurch bestehe bereits ein dringender Tatverdacht gegen die Beschwerdegegner 1-3 wegen einfacher und evtl. schwe- rer Körperverletzung sowie wegen Aussetzung (Urk. 7 S. 4 ff.).

      Aus mehreren Medienbeiträgen aus dem Zeitraum vom 22. März 2020 bis

      3. Oktober 2020 gehe hervor, dass Social Distancing aufgrund der räumlichen Verhältnisse (Überbelegung) in den kantonalen Rückkehrzentren nicht eingehal- ten worden sei. Die Beschwerdegegner 1-3 hätten nichts zur Behebung dieses Problems unternommen, obwohl ihnen dieses bekannt gewesen sei. Dies gehe auch aus den Aussagen von Bewohnern und Hilfswerkvertretern hervor. Die Beschwerdeführerin 1 habe im Rückkehrzentrum Ober Halden in Hinteregg ge- wohnt. Sie habe sich mit einem Schreiben vom 2. April 2020 hilfesuchend an die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich gewandt und die Situation im Rückkehrzentrum geschildert. In der Strafanzeige seien sodann Zeugen für das Nichtein- halten der Abstandsregeln genannt worden. Die Staatsanwaltschaft habe sich mit all diesen Beweisen nicht auseinandergesetzt, sondern die Aussagen von Regie- rungsrat O. wiederholt, ohne deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Durch die von O. geltend gemachte Verlegung von Insassen in andere Unterkünf- te habe die Belegungsdichte in den Rückkehrzentren nicht signifikant reduziert werden können, zumal pro Rückkehrzentrum lediglich ca. sechs Personen nach Em-brach verlegt worden seien. Das Pandemie-Konzept der L. AG ver- lange, dass eine Distanz von mindestens zwei Metern von Person zu Person ein- gehalten werde (Urk. 7 S. 9 ff.).

      Zudem sei den Beschwerdegegnern 1-3 das Gesundheitskonzept L. be- kannt gewesen. Obwohl sie durch Solidaritätsgruppen, Hilfswerke, Insassen und Ärzte mehrfach auf die Gefahrenlage in den Rückkehrzentren hingewiesen wor- den seien, hätten sie dennoch keine Massnahmen ergriffen. Noch am 21. März 2020 habe es in den Rückkehrzentren Adliswil und Kemptthal an Desinfektions- mittel und sogar an Seife gefehlt, wobei der Handel mit Seife während keiner Zeit eingeschränkt gewesen sei. Eine Bewohnerin des Rückkehrzentrums Adliswil,

      P. , habe mit Schreiben vom 23. März 2020 die L. AG auf den Mangel an Seife, Desinfektionsmittel und sogar Toilettenpapier sowie den Schmutz in der Küche, den Toiletten und den Duschen hingewiesen. Indem die Reinigung nicht angeordnet bzw. nicht durchgeführt worden sei, was in der Verantwortung der Beschwerdegegner 1-3 liege, sei das Pandemie-Konzept der L. verletzt worden, da dieses die Reinigung der Räume vorschreibe. Es bestünden damit – entgegen der Staatsanwaltschaft – zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegner 1-3 ihren Aufsichtspflichten bewusst nicht genügend nachge- kommen seien und sie somit in Kauf genommen hätten, dass Bewohner der Rückkehrzentren einer schweren, unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit aus- gesetzt worden seien. Freiwillige Helfer von Hilfswerken hätten Desinfektionsmit- tel, Masken und Corona-Tests in die Rückkehrzentren gebracht, seien jedoch von Mitarbeitenden der L. AG weggewiesen worden. Im Rückkehrzentrum Hammermühle in Kemptthal sei sodann zumindest im Büro der L. AG (nicht jedoch in den Eingangsbereichen und in den WC- und Duschräumen) Desinfektionsmittel vorhanden gewesen. Dies zeige, dass die entsprechenden Güter frei im Handel erhältlich gewesen seien. Wenn die Beschwerdegegner 1-3 keine Vorräte der erforderlichen Güter (insbesondere Desinfektionsmittel) angelegt hätten, wä- ren sie zumindest verpflichtet gewesen, sofort entsprechende Güter zu beschaf- fen (Urk. 7 S. 15 ff.).

      Gemäss Angaben der Zentrumsleiterin Q. seien im Rückkehrzentrum Adli- swil keine Auszahlungen von Nothilfe mehr erfolgt, da das Zentrum auf den Cate- ring-Service umgestellt habe. Allgemein sei in den Zentren, in denen Personen an Covid-19 erkrankt seien, keine Nothilfe mehr ausbezahlt worden. R. , Head of Communications der L. AG, habe bestätigt, dass damit habe verhindert werden sollen, dass Leute anderweitig übernachten. Die Bewohner seien dadurch verpflichtet worden, in den Rückkehrzentren zu wohnen und sich der Gefahr einer Erkrankung auszusetzen. Zur Anordnung einer solchen Anwesenheitspflicht sei die L. AG nicht berechtigt. Die Beschwerdegegner 1-3 hätten ihre Kompe- tenzen überschritten und gegenüber den Bewohnern der Rückkehrzentren eine Nötigung begangen (Urk. 7 S. 19 f.).

      Insgesamt bestehe unter Berücksichtigung aller Umstände (Überbelegung der Rückkehrzentren, Nichteinhaltung der Abstandsregeln, schlechte hygienische Zu- stände, fehlende Informationen über richtige Verhaltensweisen, fehlende Tests, Desinfektionsmittel und Seife sowie Zwang zur Anwesenheit in den Zentren) ein Anfangsverdacht hinsichtlich der in der Strafanzeige aufgeführten Delikte gegen die Beschwerdegegner 1-3 (Urk. 7 S. 20 f.).

    3. Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Unter- suchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatver- dacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhand- nahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind. Die Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtan-

handnahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem Grundsatz in dubio pro duriore. Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Im Zweifelsfall, wenn die Gründe der Nichtanhandnahme nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren eröffnet werden. Der Grundsatz in dubio pro duriore ist unter Würdigung der im Einzelfall gege- benen Umstände zu handhaben. Die Staatsanwaltschaft verfügt insoweit über ei- nen gewissen Spielraum (BGE 143 IV 241 E. 2.2.1 m.H.; Urteil des Bundesge- richts 6B_628/2022 vom 22. März 2023 E. 3.2.1).

2.4.

      1. Der Aussetzung im Sinne von Art. 127 StGB macht sich schuldig, wer einen Hilflosen, der unter seiner Obhut steht oder für den er zu sorgen hat, einer Gefahr für das Leben oder einer schweren unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit aus- setzt oder in einer solchen Gefahr im Stich lässt. Das tatbestandsmässige Verhal- ten besteht einerseits darin, dass der Täter den in seiner Obhut stehenden oder seiner Fürsorgepflicht unterliegenden Hilflosen durch aktives Verhalten in eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit bringt, wobei die gesundheit- liche Gefahr schwer und unmittelbar sein muss; andererseits handelt tatbe- standsmässig, wer den Hilflosen in einer Gefahr für das Leben oder in einer schweren, unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit im Stiche lässt. Im ersten Fall besteht die Straftat darin, dass der Täter die Gefahr für den Hilflosen herbei- führt, im zweiten darin, dass er einer schon bestehenden Gefahr, die er zu besei- tigen verpflichtet ist, nicht entgegenarbeitet. Dabei lässt nicht nur im Stich, wer den Hilflosen in der Gefahr verlässt (sich von ihm entfernt) oder sich vollständig passiv verhält, sondern auch, wer sich zwar um ihn bemüht, aber nicht die zur Beseitigung der Gefahr notwendigen Massnahmen trifft. Der subjektive Tatbe- stand erfordert Vorsatz, und zwar Gefährdungsvorsatz, wobei Eventualvorsatz genügt. Fahrlässig kann die Aussetzung nicht begangen werden (Urteil des Bun- desgerichts 6B_40/2008 vom 20. Juni 2008 E. 3.).

      2. Der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB macht sich schuldig, wer jeman- den durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Be-

        schränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden. Die Androhung ernstlicher Nachteile liegt vor, wenn nach der Darstellung des Täters der Eintritt des Nachteils als von seinem Willen abhängig erscheint und wenn die Androhung geeignet ist, den Betroffenen in seiner Entscheidungs- freiheit einzuschränken. Die Ernstlichkeit eines angedrohten Nachteils ist immer im Gesamtzusammenhang zu sehen. Strafrechtlich relevant i. S. der Nötigung kann auch ein ernstlicher Nachteil nur dann sein, wenn er beim Drohungsadres- saten zu einer unzulässigen Freiheitsbeschränkung führen kann. Droht einer dem anderen zulässige, nachteilige Handlungen an, so liegt darin keine unzulässige Freiheitsbeschränkung des anderen, weil jener sich die Verwirklichung dieser für ihn ernstlichen Nachteile gefallen lassen muss, zumindest solange diese nicht zur Erzielung zweckwidriger Vorteile missbraucht werden (DELNON/RÜDY, in: Nig- gli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 4. Aufl., Basel 2019, N 25, N 32 und N 38 f. zu Art. 181 StGB). Erforderlich ist Vorsatz bzw. Eventualvorsatz. Der Vor- satz muss sich auf die Einflussnahme und das abzunötigende Verhalten bezie- hen. Die Täterschaft will den Willen ihres Opfers beugen und es dadurch in des-

        sen rechtlich geschützter Freiheit beschränken oder nimmt dies zumindest in Kauf (DELNON/RÜDY, a. a. O., N 55 zu Art. 181 StGB). Gemäss ständiger Praxis des Bundesgerichts und herrschender Lehre indiziert die Tatbestandsmässigkeit der Nötigung – entgegen den allgemeinen Grundsätzen – die Rechtswidrigkeit noch nicht; diese muss vielmehr positiv begründet werden. Rechtswidrig ist eine Nöti- gung, wenn das Mittel oder der Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum er- strebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechts- missbräuchlich oder sittenwidrig ist (DELNON/RÜDY, a. a. O., N 56 f. zu Art. 181 StGB).

      3. Der schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB macht sich schuldig, wer vorsätzlich einen Menschen lebensgefährlich verletzt, wer vorsätz- lich den Körper, ein wichtiges Organ oder Glied eines Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ oder Glied unbrauchbar macht, einen Menschen blei- bend arbeitsunfähig, gebrechlich oder geisteskrank macht, das Gesicht eines Menschen arg und bleibend entstellt oder eine andere schwere Schädigung des

        Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen verur- sacht. Der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB macht sich schuldig, wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt.

      4. Sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch vor- liegt, macht sich nach Art. 10d COVID-Verordnung 2 (Stand 17. März 2020 resp. Art. 10f Abs. 1) strafbar, wer sich vorsätzlich Massnahmen nach Art. 6 COVID- Verordnung 2 widersetzt.

      5. Art. 83 EpG regelt die Strafbarkeit der Übertretungen von verschiedenen Vorschriften des Epidemiengesetzes. Gemäss Art. 83 lit. c EpG wird mit Busse bestraft, wer die Vorschriften über die Verhütung der Übertragung von Krankhei- ten (Art. 19 EpG) verletzt.

2.5.

      1. Die hiesige Kammer setzte sich bereits im Beschluss vom 30. Dezember 2021 im Rahmen eines Ermächtigungsverfahrens ausführlich mit den vorliegen- den Vorwürfen gegen die Beschwerdegegner 1-3 (sowie gegen M. und

        N. ) auseinander und kam dabei – soweit auf das Gesuch eingetreten wurde (vgl. Urk. 10/9/2 E. 3.3.5) – zum Schluss, dass keine Hinweise dafür bestünden, dass die Verantwortlichen der L. AG (vorliegend die Beschwerdegegner 13) – zumindest eventualvorsätzlich – die Bewohner der kantonalen Rückkehrzen- tren in Gefahr gebracht und an Körper oder Gesundheit geschädigt haben könn- ten und dass insofern keine genügenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhal- ten der Beschwerdegegner 1-3 bestünden (Urk. 10/9/2 E. 4). Vorliegend kann vorab auf die entsprechenden, nach wie vor zutreffenden Erwägungen, auf wel- che auch die Staatsanwaltschaft in der angefochtenen Verfügung verweist

        (Urk. 3/1 S. 4) und mit denen sich die Beschwerdeführer 1-6 in der Beschwerde- schrift lediglich punktuell auseinandersetzen (auf die entsprechenden Vorbringen ist nachfolgend näher einzugehen), verwiesen werden. Dies, zumal mit Urteil des Bundesgerichts vom 20. Dezember 2022 lediglich festgehalten wurde, dass in Bezug auf die Beschwerdegegner 1-3 kein Ermächtigungsvorbehalt nach Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO bestehe, weshalb auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft nicht

        einzutreten gewesen wäre (Urk. 10/9/7 E. 3). Materiell befasste sich das Bundes- gericht lediglich – und wie bereits erwähnt – mit den Vorwürfen gegen M. und N. und erwog dabei, dass das Obergericht sich ausführlich mit den von den Beschwerdeführern angezeigten Straftatbeständen auseinandergesetzt und akribisch dargelegt habe, weshalb kein ausreichender Anfangsverdacht für die Er- teilung einer Ermächtigung zur Strafverfolgung (von M. und N. ) vor- liege. Weiter erwog das Bundesgericht, es sei notorisch, dass zu Beginn der Pan- demie Desinfektionsmittel, Masken und Testmaterial gefehlt hätten bzw. kaum er- hältlich gewesen seien und das Tragen von Masken überdies von den Bundesbe- hörden gar nicht empfohlen worden sei. Auch die übrigen Massnahmen (Distanz- halten, Isolation von angesteckten Personen) seien in der fraglichen Zeit erst

        nach und nach angeordnet worden. Für die Mitarbeitenden in den Rückkehrzen- tren hätten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie die gleichen Mass- nahmen wie für die Insassen gegolten. Diese seien also nicht anders als das Per- sonal behandelt worden. Ab Mitte März 2020 hätten die Verantwortlichen für die Rückkehrzentren die Möglichkeit der Verlegung von Insassen in andere Unter- künfte diskutiert. Sie hätten solche alsdann vorbereitet, hätten die Belegung der Rückkehrzentren ausgedünnt und am 20. März 2020 eine separate Unterkunft für vulnerable Personen eröffnet. Ohne die Mitwirkung des zuständigen Regierungs- rates habe es den Mitarbeitenden des Sozialamtes jedoch an der ausreichenden Kompetenz zur Eröffnung weiterer Räumlichkeiten gefehlt. Es gebe keine An- haltspunkte, dass M. und N. gemessen am damaligen Wissensstand und mit Blick auf die ihnen zugänglichen Hilfsmittel nicht korrekt gehandelt hätten. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass sie (eventual-)vorsätzlich die Gesundheit und das Leben der Beschwerdeführer 1-6 gefährdet oder deren körperliche Integrität verletzt hätten. Betreffend die gerügte ungenügende medizinische Versorgung sei festzuhalten, dass es dem Sozialamt versagt sei, in ärztliche Entscheide einzu- greifen. Es sei auch nicht ersichtlich, wie die angezeigten Mitarbeiterinnen des Sozialamts dafür verantwortlich sein könnten, dass die Beschwerdeführerin 1, nachdem sie sich mit dem Coronavirus angesteckt und dieses vermutlich an ihre Familienangehörigen weitergegeben hatte, nicht sofort bzw. erst verzögert zu- sammen mit ihrer Familie hospitalisiert worden sei. Auch die weiteren Vorbringen

        der Beschwerdeführer 1-6 seien nicht geeignet, einen ausreichenden Tatverdacht im Zusammenhang mit den angezeigten Straftatbeständen gegen M. und N. zu begründen (Urk. 10/9/7 E. 5). Der Staatsanwaltschaft ist beizupflich- ten, dass diese Erwägungen des Bundesgerichts – soweit sich die Vorwürfe ge- gen M. und N. mit jenen gegen die Beschwerdegegner 1-3 decken – auch für die Beschwerdegegner 1-3 zutreffend sind (vgl. Urk. 4 S. 4).

      2. Die Beschwerdeführer 1-6 haben in ihrer Beschwerde nicht dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern erhebliche und konkrete Hinweise auf einen angeblichen Verstoss der Beschwerdegegner 1-3 gegen Art. 83 lit. c EpG i.V.m. Art. 19 EpG bestehen sollen und gegen welche konkreten Vorschriften diese verstossen haben sollen (vgl. Urk. 7 S. 21). Damit bestehen auch betreffend die- sen – im Beschluss der hiesigen Kammer vom 30. Dezember 2021 zufolge Nicht- eintretens nicht materiell geprüften – Vorwurf der Beschwerdeführer 1-6 keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der Beschwerdegegner 1-3.

      3. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer 1-6, die Staatsanwaltschaft, die hiesige Kammer und das Bundesgericht hätten in den erwähnten Entscheiden das Gesundheitskonzept L. sowie das Pandemie-Konzept bzw. die Nichteinhaltung der daraus resultierenden Verpflichtungen durch die Beschwer- degegner 1-3 jeweils nicht berücksichtigt, kann nicht gefolgt werden. So wurde im Beschluss der hiesigen Kammer vom 30. Dezember 2021, auf dessen Erwägun- gen sowohl in der angefochtenen Verfügung als auch im Urteil des Bundesge- richts jeweils verwiesen wird (vgl. Urk. 3/1 S. 4; Urk. 10/9/7 E. 5.1), explizit auf die beiden Konzepte (Gesundheitskonzept und Pandemie-Konzept; Urk. 10/3/6/4; Urk. 10/3/6/5) Bezug genommen und zutreffend festgehalten, dass – selbst wenn die Konzepte in den Rückkehrzentren anfänglich nicht wie geplant ausgeführt und zum Beispiel zusätzliche Räume nicht umgehend geöffnet worden sein sollten, teilweise zu wenig Seife und Desinfektionsmittel vorhanden und auch die Hygie- nesituation unbefriedigend gewesen sein sollte sowie die Information umfassen- der hätte erfolgen können – ein möglicherweise vorsätzliches, strafbares Verhal- ten der Gesuchsgegner (d.h. auch der Beschwerdegegner 1-3) nicht ersichtlich sei (Urk. 10/9/2 E. 4.1.5, 4.1.6 und 4.1.12).

      4. Kein Anfangsverdacht eines strafbaren Verhaltens begründet sodann auch der Vorwurf der Beschwerdeführer 1-6, die Beschwerdegegner 1-3 hätten sich nicht rechtzeitig um die Beschaffung der erforderlichen Güter (insbesondere Des- infektionsmittel) bemüht. Es ist notorisch, dass Desinfektionsmittel (genau wie Hygienemasken und Corona-Tests) zu Beginn der Pandemie kaum erhältlich wa- ren (vgl. auch die Erwägungen in Urk. 10/9/2 E. 4.1.6 und Urk. 10/9/7 E. 5.3). Es bestehen sodann keinerlei Hinweise, dass die Beschwerdegegner 1-3 (eventual-

        )vorsätzlich unterlassen hätten, rechtzeitig für genügend Vorrat an Desinfektions- mittel etc. zu sorgen. Den Beschwerdeführern 1-6 kann insbesondere nicht ge- folgt werden, dass die L. AG (bzw. die Beschwerdegegner 1-3) ihrer Ver- pflichtung zur Bevorratung von Desinfektionsmittel gemäss Gesundheitskonzept und Pandemie-Konzept (vgl. Urk. 10/3/6/4 Ziff. 11.1 und Urk. 10/3/6/5 Ziff. 5.5) nicht nachgekommen sei. So war gemäss Auskunft der L. AG gegenüber N. zumindest Anfang März 2020 in den Rückkehrzentren noch Desinfekti- onsmittel vorhanden, auch wenn kein Vorrat für Monate bestand (vgl.

        Urk. 10/3/6/25 S. 1 f.). Sodann wurden laut R. mehrere Grossbestellungen für Schutzmaterial von der L. AG getätigt, wobei das bestellte Schutzmate- rial spätestens am 3. April 2020 (Datum der E-Mail von R. an S. , Prä- sidentin/Geschäftsführerin des Vereins T. , worin R. erklärt, dass das bestellte Schutzmaterial inzwischen geliefert worden sei) bei der L. AG ein- getroffen ist (vgl. Urk. 10/2/8a). Betreffend den Vorwurf der Beschwerdeführer 1- 6, die Beschwerdegegner 1-3 hätten durch die nicht rechtzeitige Beschaffung von Desinfektionsmittel eine schwere Gesundheitsgefährdung der Bewohner der Rückkehrzentren in Kauf genommen, ist sodann darauf hinzuweisen, dass die Verwendung von Desinfektionsmittel zu Beginn der BAG-Schutzkampagne nicht einmal Bestandteil der Hygiene- und Verhaltensregeln war, sondern vom BAG einzig zum gründlichen Händewaschen aufgefordert wurde (vgl. Urk. 10/3/6/4 letzte Seite; Urk. 10/3/6/8; Urk. 10/3/6/11; Urk. 10/4/1).

      5. Betreffend den Vorwurf der Beschwerdeführer 1-6, die Distanzregeln (Soci- al Distancing) von mindestens zwei Metern von Person zu Person gemäss Pan- demie-Konzept der L. AG (Urk. 10/3/6/5 S. 3) seien nicht eingehalten wor- den, ist sodann festzuhalten, dass bereits Mitte März 2020 der Transfer verschiedener Bewohner in eine andere Unterkunft diskutiert und vorbereitet wurde

        (Urk. 3/3/6/30). Sodann wurde am 20. März 2020 eine separate Unterkunft spezi- fisch für vulnerable Personen eröffnet und am 3. April 2020 wurde eine separate Station mit Krankenzimmern in Betrieb genommen (Urk. 3/3/6/32). Die Bele- gungsdichte in den Rückkehrzentren lag Anfang April 2020 bei 46% (d.h. rund die Hälfte der Plätze war belegt; Urk. 3/3/6/33). Soweit die Beschwerdeführer 1-6 gel- tend machen, dass mit den genannten Massnahmen keine ausreichende Redu- zierung der Belegungsdichte erreicht worden sei (Urk. 7 S. 14), ist sodann anzu- merken, dass es nicht in der Kompetenz der Beschwerdegegner 1-3 stand, weite- re Unterkünfte zu eröffnen bzw. weitere Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen (was im Übrigen auch die Beschwerdeführer 1, 2, 5 und 6 in ihrer Strafanzeige einräumten, vgl. Urk. 10/1/1 S. 66; zum Ganzen siehe auch die Erwägungen in Urk. 10/9/2 E. 4.1.3 und Urk. 10/9/7 E. 5.3). Es wurden sodann weitere Mass- nahmen ergriffen, um Social Distancing in den kantonalen Rückkehrzentren, ins- besondere in Küchen, Waschräumen und Duschen zu ermöglichen. So wurden zusätzliche Sanitär-Container und ToiTois aufgestellt und in einzelnen Rück- kehrzentren wurde ein Catering-Service eingeführt, damit die Bewohner nicht ein- kaufen mussten und um Kontakte der Bewohner untereinander in den Küchen der Rückkehrzentren zu reduzieren (Urk. 10/3/5 S. 5). Insofern liegt kein Anfangsver- dacht eines strafbaren Handelns der Beschwerdegegner 1-3 vor, selbst wenn die Distanzregeln gemäss Pandemie-Konzept der L. AG bzw. gemäss den BAG-Schutzmassnahmen (Urk. 10/4/1 S. 3 ff.) – wie von den Beschwerdefüh- rern 1-6 vorgebracht (Urk. 7 S. 9 ff.) – durch die Bewohner der kantonalen Rück- kehrzentren nicht stets eingehalten worden sein sollten.

      6. Betreffend das Vorbringen der Beschwerdeführer 1-6, die Beschwerdegeg- ner 1-3 hätten zu Unrecht eine Anwesenheitspflicht angeordnet, indem in be- stimmten Rückkehrzentren auf Catering-Service umgestellt und daher keine Not- hilfe mehr ausbezahlt worden sei, ist ebenfalls auf die entsprechenden Erwägun- gen im Beschluss der hiesigen Kammer vom 30. Dezember 2021 zu verweisen. Darin wurde zutreffend festgehalten, dass es den Kantonen freistehe, die Nothilfe durch Sachleistungen sicherzustellen (Art. 82 Abs. 4 AsylG). Zudem seien Aufla- gen und Bedingungen, d.h. Nebenbestimmungen, für Leistungen aus Art. 12 BV

nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Mit Nebenbestimmungen würden die recht- mässige Ausübung eines eingeräumten Rechts oder einer Bewilligung oder die zweckkonforme Verwendung von staatlichen Leistungen sichergestellt. Einzig sachfremde Nebenbestimmungen seien unzulässig (BGE 131 I 166 E. 4.4). Eine ausschliesslich als Naturalleistung für Unterkunft und Verpflegung erbrachte Not- hilfe verstosse als solche nicht gegen das gemäss Art. 12 BV gewährleistete Grundrecht auf Hilfe in Notlagen (BGE 135 I 119 E. 5; zum Ganzen siehe

Urk. 10/9/2 E. 4.2.2). Weshalb die Umstellung auf einen Catering-Service (anstel- le der Ausbezahlung von Nothilfe) ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschwerdegegner 1-3 begründen soll, erhellt nicht, selbst wenn die Beschwerde- führer 1-6 sich bei Beanspruchung von Nothilfe nur noch in den Rückkehrzentren verpflegen konnten. Insbesondere kann den Beschwerdeführern 1-6 nicht gefolgt werden, dass sie durch diese Massnahme gezwungen worden seien, sich in den Rückkehrzentren der Gefahr einer Erkrankung auszusetzen, zumal mit der Um- stellung auf den Catering-Service – wie bereits ausgeführt – gerade bezweckt wurde, den Bewohnern der Rückkehrzentren Social Distancing zu ermöglichen, indem sie nicht mehr einkaufen mussten und weil dadurch auch die Kontakte der Bewohner untereinander in den Küchen der Rückkehrzentren reduziert wurden (Urk. 10/3/5 S. 5; vgl. auch Urk. 10/9/2 E. 4.2.2).

2.6. Zusammenfassend kann dem zur Anzeige gebrachten Sachverhalt kein strafbares Verhalten der Beschwerdegegner 1-3 entnommen werden. Damit wur- de die Strafuntersuchung zu Recht nicht an die Hand genommen. Die Beschwer- de ist daher abzuweisen.

III.

  1. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Beschwerdeführern 1-6 unter solidarischer Haftung zu je einem Sechstel aufzuerle- gen (Art. 428 Abs. 1 StPO; Art. 418 Abs. 1 und 2 StPO). Die Gerichtsgebühr ist unter Berücksichtigung von Bedeutung, Aufwand und Schwierigkeit des Falles auf Fr. 1'500.– festzusetzen (§ 17 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 lit. b–d GebV OG).

  2. Den Beschwerdeführern 1-6 ist zufolge Unterliegens keine Entschädigung zuzusprechen. Den Beschwerdegegnern 1-3 ist mangels Beteiligung am Verfah- ren keine Entschädigung zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'500.– festgesetzt und unter solidarischer Haftung zu je 1/6 den Beschwerdeführern 1-6 auferlegt.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichts- gesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht einge- reicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplo- matischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 19. Oktober 2023

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Der Präsident:

lic. iur. A. Flury

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw M. Häberlin

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