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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE220042
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE220042 vom 08.08.2022 (ZH)
Datum:08.08.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Beschwerde; Willen; Willens; Willensvollstrecker; Beschwerdeführerin; Beschwerdegegner; Recht; Staatsanwaltschaft; Rechtlich; Honorar; Nichtanhandnahme; Mandat; Erblasser; Verfahren; Rechtliche; Prozessführung; Beendigung; Beamte; Amtlich; Schadloserklärung; Willensvollstreckermandat; Mandats; Amtliche; Bundesgericht; Ersucht; Nötigung; Funktion; Desgerichts; Habe
Rechtsnorm: Art. 110 StGB ; Art. 181 StGB ; Art. 309 StPO ; Art. 310 StPO ; Art. 321 StGB ; Art. 324 StPO ; Art. 390 StPO ; Art. 398 OR ; Art. 428 StPO ; Art. 5 BV ; Art. 517 ZGB ; Art. 518 ZGB ; Art. 8 StPO ;
Referenz BGE:130 III 97; 135 III 597; 137 IV 285; 141 IV 437; 142 II 307; 142 III 9; 145 III 205; 146 III 106; 147 IV 385;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE220042-O/U/HAT>MUL

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, die Oberrichterinnen

lic. iur. C. Gerwig und lic. iur. K. Eichenberger sowie Gerichtsschrei- berin lic. iur. D. Tagmann

Beschluss vom 8. August 2022

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführerin

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

  1. B. , Dr. iur.,

  2. Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwalt- schaft Zürich-Sihl vom 26. Januar 2022, G-7/2021/10012284

Erwägungen:

I.

  1. Am 31. März 2021 erstattete A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin) Strafanzeige gegen Dr. iur. B. (nachfolgend: Beschwerdegegner) und

    Dr. iur. C. wegen Erpressung, Nötigung und Verletzung des Amtsgeheim- nisses (Urk. 13/1/1). Am 26. Januar 2022 verfügte die Staatsanwaltschaft Zürich- Sihl (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) sowohl gegenüber dem Beschwerdegeg- ner (Urk. 5) als auch gegenüber Dr. iur. C. (Urk. 13/5) die Nichtanhand- nahme einer Strafuntersuchung.

  2. Gegen die ihr am 1. Februar 2022 zugestellte Verfügung (Urk. 14) liess die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 11. Februar 2022 fristgerecht Beschwerde erheben und folgende Anträge stellen (Urk. 2 S. 2):

    1. Die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich- Sihl vom 26. Januar 2022 sei vollumfänglich aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl sei anzuweisen, das Strafverfah- ren gegen B. gemäss Strafanzeige vom 31. März 2021 an- hand zu nehmen.

    1. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zzgl. MWST zulasten der Staatskasse.

    2. Innert Frist ging die Prozesskaution in Höhe von Fr. 2'500.00 ein (Urk. 7, Urk. 9). Daraufhin wurden die Untersuchungsakten beigezogen (Urk. 12, Urk. 13).

    3. Da sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erweist, ist von der Einholung von Stellungnahmen abzusehen (Art. 390 Abs. 2 StPO).

    4. Die Beschwerdeführerin macht in prozessualer Hinsicht geltend, dass die Staatsanwaltschaft zwar zwei separate Nichtanhandnahmeverfügungen erlassen habe, so dass sie beide einzeln angefochten habe. Diese beträfen jedoch den identischen Sachverhalt, weshalb aus Opportunitätsgründen eine Vereinigung der beiden Beschwerdeverfahren angezeigt sei (Urk. 2 S. 3 N 5). Dem ist nicht zuzustimmen. Es trifft zwar zu, dass die erhobenen Vorwürfe auf demselben Sachverhalt beruhen, doch wird gegenüber dem Beschwerdegegner ein zusätzli-

cher Vorwurf erhoben. Dementsprechend ist es nicht angezeigt, die beiden Beschwerdeverfahren zu vereinigen. Dem Ansinnen der Beschwerdeführerin ist je- doch insoweit zu entsprechen, als dass dieselbe Gerichtsbesetzung zum selben Zeitpunkt über beide Beschwerden befindet.

II.

  1. Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Unter- suchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatver- dacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhand- nahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, so- bald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fragli- chen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a), Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b) oder aus den in Art. 8 StPO genannten Gründen auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist (lit. c). Die Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtanhandnahme erledigt werden kann, beur- teilt sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore (Art. 5 Abs. 1 BV sowie Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 319 Abs. 1 und

    Art. 324 Abs. 1 StPO). Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die Staatsan- waltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Im Zweifelsfall, wenn die Gründe der Nichtan- handnahme nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren er- öffnet werden. Der Grundsatz in dubio pro duriore ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände zu handhaben (BGE 137 IV 285 E. 2.3; Urteile des Bundesgerichts 6B_573/2017 vom 11. Januar 2018 E. 5.2 und 6B_810/2020 vom 14. September 2020 E. 2.1).

  2. Der Hintergrund der Strafanzeige stellt sich wie folgt dar:

    Am tt.mm.2011 verstarb der Ehemann der Beschwerdeführerin, †D. . Allein- erbin ist die Beschwerdeführerin. Der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. wurden vom verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin zu gemeinsamen

    Willensvollstreckern ernannt. Sie nahmen das Mandat an (Urk. 13/1/3). Es han- delt sich bei ihnen um die ehemaligen Büropartner des Verstorbenen (Urk. 3/8

    S. 3). Beim Beschwerdegegner handelt es sich zudem um den Neffen des Ver- storbenen (Urk. 2 S. 9 N 22, Urk. 3/8 S. 2).

    Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie sich mit den beiden Willensvoll- streckern in einer zivilrechtlichen Streitigkeit betreffend eine Rückzahlungsforde- rung für zu viel bezogenes Honorar als Willensvollstrecker befunden habe. Aus- serdem habe sie sich in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit E. betreffend die Beurteilung eines Darlehens, welches der Verstorbene E. gewährt habe, befunden (Urk. 5 S. 1, Urk. 2 S. 4 N 6 f.). In diesem Kontext erhebt die Beschwerdeführerin Vorwürfe strafrechtlicher Natur gegenüber dem Beschwerdegegner, auf welche nachfolgend einzugehen ist.

    3.1. Zunächst lastet die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner an, dass er sie am 4. Februar 2021 mittels eingeschriebenem Brief dazu genötigt haben soll, eine Schadloserklärung zu unterschreiben, andernfalls er ihr keine Prozessbefug- nis für das Zivilverfahren gegen E. erteilen würde. Der Beschwerdegegner habe durch dieses Verhalten resp. durch Drohung, versucht, sie zu einem Tun zu zwingen. Der Zweck sei dabei nicht legitim und somit widerrechtlich gewesen (Urk. 5 S. 1).

        1. Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme der Strafun- tersuchung bezüglich dieses Vorwurfs zusammengefasst damit, dass die Rechts- widrigkeit des Zwecks, der Mittel der Nötigung oder der Verknüpfung der beiden aus der Anzeige nicht ersichtlich sei. Der verfolgte Zweck sei die Absicherung des Beschwerdegegners vor Haftungen aus dem Zivilverfahren betreffend E. , das angewendete Mittel die Nichtherausgabe der Prozessbefugnis für dasselbe Zivilverfahren. Beide seien grundsätzlich nicht rechtswidrig. Auch die Verknüpfung von Zweck und Mittel sei nicht rechtswidrig, da die Schadloserklärung auf das Zi- vilverfahren betreffend E. beschränkt sei und damit einen engen Zusam- menhang zur Prozessbefugnis, welche für das Verfahren notwendig sei, aufweise (Urk. 5 S. 2 f.).

        2. Die Beschwerdeführerin brachte diesbezüglich in ihrer Beschwerde- schrift zusammengefasst vor, dass der Beschwerdegegner dadurch, dass er die Prozessführungsbefugnis, auf welche sie ein Recht habe, von einer zusätzlichen Bedingung abhängig gemacht habe, welche nicht zulässig gewesen sei, versucht habe, sie zu einem Verhalten (Unterzeichnen der Schadloserklärung) zu nötigen. Das Übel, welches er ihr angedroht habe, sei der Verlust des Prozesses gewe- sen, welcher am Folgetag habe stattfinden sollen. Der vom Beschwerdegegner verfolgte Zweck sei nicht legitim und damit widerrechtlich gewesen. Sie habe die Prozessführungsbefugnis auf eigene Gefahr gefordert. Die verlangte Schadloser- klärung sei darüber hinaus gegangen. Der Beschwerdegegner habe eine generel- le Schadloshaltung gefordert. Da die Verjährung eine mögliche Problematik im Prozess der Beschwerdeführerin gegen E. darstellen könnte und das Nicht- verjährenlassen von Forderungen im Verantwortungsbereich der Willensvollstre- cker stehe, habe sich der Beschwerdegegner durch die verlangte Schadloserklä- rung auf der gesamten Linie vor Ansprüchen ihrerseits absichern wollen und ihre Notlage zum Anlass genommen, dies zu erreichen (Urk. 2 S. 4 ff., insb. S. 6 N 14 ff.).

      1. Gemäss Art. 181 StGB macht sich wegen Nötigung strafbar, wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschrän- kung seiner Handlungsfähigkeit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dul- den. Schutzobjekt von Art. 181 StGB ist die Freiheit der Willensbildung und Wil- lensbetätigung des Einzelnen. Eine Nötigung ist unrechtmässig, wenn das Mittel oder der Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder sittenwid- rig ist (BGE 141 IV 437 E. 3.2.1).

      2. Am 3. Februar 2021 ersuchte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner sowie Dr. iur. C. um Unterzeichnung und Zustel- lung einer Prozessführungsbefugnis bis zum 4. Februar 2021 (Urk. 13/1/4).

        Dr. iur. C. kam dem Anliegen am 4. Februar 2021 nach (Urk. 13/1/5). Der

        Beschwerdegegner erteilte mit Schreiben vom 4. Februar 2021 die folgende Pro- zessführungs-Ermächtigung (Urk. 13/1/6 S. 2):

        Hiermit erteile ich, RA Dr. B. , … [Adresse], als eingesetzter Wil- lensvollstrecker zusammen mit Co-Willensvollstrecker RA Dr. C. im Nachlass von D. sel., A. als Einzelerbin dieses Nach- lasses die Berechtigung zur Führung des vor dem BG Murten hängigen Zivilprozesses und zur Geltendmachung der dort erhobenen Forderun- gen gegenüber E. , … [Adresse].

        1. ist berechtigt, die im hängigen Prozess vor BG Murten erho- bene Forderung gegenüber E. im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung geltend zu machen. In diesem Sinne ist sie zur Prozessführung hierzu entsprechend legitimiert.

          Die Verwendung dieser Prozessführungs-Ermächtigung knüpfte der Beschwerde- gegner an folgende Bedingung (Urk. 13/1/6 S. 2):

          Die Prozessführungs-Ermächtigung wird gegeben und ist gültig unter der Bedingung, dass ich eine von Ihnen oder Ihrer Mandantin original- unterzeichnete unwiderrufliche Schadloserklärung erhalte, bevor Sie von der Ermächtigung Gebrauch machen.

      3. Aus den von der Beschwerdeführerin mit der Strafanzeige eingereichten Ak- ten geht hervor, dass wohl die Beschwerdeführerin eine Zahlung des Verstorbe- nen an E. als Darlehen qualifiziert, die Willensvollstrecker hingegen als Schenkung (Urk. 13/1/8 S. 1). Aufgrund der Qualifizierung als Darlehen leitete die Beschwerdeführerin als Alleinerbin offenbar ein zivilrechtliches Verfahren gegen E. ein (Urk. 2 S. 4 N 6 und S. 5 N 10). Angesichts des noch nicht abge- schlossenen Willensvollstreckermandats war die Beschwerdeführerin diesbezüg- lich auf die Ausstellung einer Prozessführungsbefugnis angewiesen, steht die Ak- tiv- und Passivlegitimation in Prozessen betreffend die Erbschaftsmasse doch grundsätzlich den Willensvollstreckern zu (BGE 146 III 106 E. 3.2.2; BSK ZGB- Karrer/Vogt/Leu, 6. Aufl., Basel 2019, Art. 518 N 69). Dass der Beschwerdegeg- ner in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin die Unterzeichnung einer Schadloserklärung verlangte, ist nicht von strafrechtlicher Relevanz. Es kann diesbezüglich auf die zutreffende Begründung der Staatsanwaltschaft ver- wiesen werden (E. II. 3.2.1). Die Staatsanwaltschaft führte zutreffend aus, dass die vom Beschwerdegegner geforderte Schadloserklärung nicht über den Zivil- prozess, für welchen eine Prozessführungsbefugnis verlangt worden ist, hinaus-

    geht, auch wenn in der genannten Bedingung betreffend die Unterzeichnung einer Schadloserklärung nicht explizit eine Einschränkung auf den besagten Zivilpro- zess enthalten war. Diese Einschränkung geht ohne Weiteres aus dem weiteren Text des Schreibens des Beschwerdegegners hervor, wonach um eine Schadlos- erklärung ersucht werde, da sie, die Willensvollstrecker, mit einer Prozessfüh- rungs-Ermächtigung keinerlei Haftung übernehmen wollten (Urk. 13/1/6 S. 1). Auch dass die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, der Beschwerdegegner hätte sich angesichts ihrer Formulierung, dass sie die Prozessführungsbefugnis auf eigene Verantwortung habe erhalten wollen, keine Sorgen machen müssen (Urk. 2 S. 5 N 11), lässt die Forderung nach einer expliziten, schriftlichen Schad- loserklärung einzig in Bezug auf den von der Beschwerdeführerin angestrebten Zivilprozess mit E. nicht als rechtswidrig erscheinen. Im Übrigen ist auch kein Ausnutzen einer Notsituation infolge der in Kürze anstehenden Hauptver- handlung – wie von der Beschwerdeführerin behauptet (Urk. 2 S. 6 N 14) – er- sichtlich. Denn einerseits war es die Beschwerdeführerin, die kurzfristig am

  3. Februar 2021 die Frist bis zum 4. Februar 2021, infolge der anstehenden Hauptverhandlung am 5. Februar 2021, ansetzte (Urk. 13/1/4); andererseits wie- sen offenbar der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. bereits am 9. Juli und

23. September 2020 – als scheinbar erstmals die Einleitung eines Prozesses thematisiert worden war – auf die auszustellende Schadloserklärung hin (Urk. 13/1/6 S. 1, Urk. 13/1/8 S. 1). Die Staatsanwaltschaft verfügte somit zu

Recht die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung betreffend den Vorwurf der versuchten Nötigung.

4.1. Die Beschwerdeführerin wirft dem Beschwerdegegner weiter vor, zusammen mit Dr. iur. C. , mittels Schreiben vom 3. September und 23. September 2020, unter Androhung das Willensvollstreckermandat nicht zu beenden, versucht zu haben, sie, die Beschwerdeführerin, zu erpressen, die Honorarklage bzw. das Schlichtungsgesuch nicht einzureichen oder zurückzuziehen. Durch die Wei- terführung des Willensvollstreckermandats und die damit verbundene weitere Ver- rechnung von Honoraren wäre sie am Vermögen geschädigt worden (Urk. 5 S. 3).

      1. Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme bezüglich dieses Vorwurfs zusammengefasst damit, dass angesichts dessen, dass die Wil- lensvollstrecker auch weitere Gründe angeführt hätten, welche einer sofortigen Beendigung des Willensvollstreckermandats entgegenstünden, eine Drohung, wonach die Beendigung der Willensvollstreckung vom Rückzug der Honorarkla- ge abhängig gemacht werde, nicht ersichtlich sei. Daher fehle es an einem ernst- lich angedrohten Nachteil. Weiter müsste für eine Erpressung die Vermögensver- schiebung durch die geschädigte Person selbst veranlasst worden sein, was vor- liegend nicht der Fall sein dürfte (Urk. 5 S. 3 f.).

      2. Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Beschwerdeschrift zusam- mengefasst vor, dass sich der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. mit einer Honorarminderungsklage von mehreren hunderttausend Franken konfrontiert sä- hen. Die Beschuldigten seien mehrere Male aufgefordert worden, das Mandat endlich zu beenden. Zudem habe sie eine Klage eingeleitet und die Rückzahlung des gesamten bezogenen Honorars gefordert. Mit Schreiben vom 3. September 2020 hätten die Beschuldigten mitgeteilt, dass sie die Beendigung des Willens- vollstreckermandats davon abhängig machen würden, ob sie, die Beschwerdefüh- rerin, auf eine Honorarklage verzichte oder nicht. Dies gehe auch aus einem wei- teren Schreiben vom 23. September 2020 hervor. Die Aussage der Willensvoll- strecker, dass sie sich als amtierende Willensvollstrecker gegen die Honorarmin- derungsklage zur Wehr setzen müssten und ihre Zeit dem Nachlass belasten würden, sei falsch. Indem die Beschuldigten als Gegenleistung zur Beendigung des Mandats, ihr den Verzicht auf eine allfällige Honorarminderungsklage abzunö- tigen versuchten, um damit eine Klage gegen sich und somit eine Entreicherung rechtswidrig zu verhindern, würde versucht, sie zu erpressen. Der ernstliche Nachteil habe darin bestanden, dass die Beschuldigten die Beendigung des Man- dats für die Dauer verweigert und den Nachlass teilweise vorenthalten hätten, bis der Zivilprozess abgeschlossen gewesen wäre, was sich über mehrere Jahre hin- ausgezögert hätte. Eventualiter handle es sich um eine rechtswidrige Nötigung. Die von den Beschuldigten angeführten anderen Gründe, die einer Beendigung des Mandats entgegenstünden, seien klar vorgeschoben. Im Übrigen würde ein

Forderungsverzicht resp. der Verzicht auf die Honorarminderungsklage eine Ver- mögensdisposition ihrerseits darstellen (Urk. 2 S. 7 ff.).

    1. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber oder einen andern am Vermögen schädigt, macht sich wegen Erpressung strafbar (Art. 156 Ziff. 1 StGB). Wie bereits ausge- führt, begeht eine Nötigung gemäss Art. 181 StGB, wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden. Nötigung wird vom Tatbestand der Erpressung konsumiert. Scheidet aber der Tatbestand der Erpressung z.B. mangels unrechtmässiger Bereicherungsabsicht aus, kann der Tatbestand der Nötigung erfüllt sein; dieser stellt gegenüber der Erpressung den Grundtatbestand dar (BSK StGB-Weissenberger, 4. Aufl., Basel 2019,

      Art. 156 N 51).

    2. Am 3. September 2020 schrieben der Beschwerdegegner und Dr. iur.

      C. an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin. Sie teilten mit, dass die Willensvollstreckung noch nicht abgeschlossen sei. Sie orientierten darüber, dass

      u.a. die Prüfung der Abrechnung und Rechnung der definitiven SVA-Verfügung für 2009 noch zu erfolgen habe und die definitiven SVA-Verfügungen für die Jahre 2010 und 2011 noch offen seien, ebenso wie allfällige nachträgliche Steuerrech- nungen aufgrund der Steuereinsprachen und -rekurse der Beschwerdeführerin für die Jahre 2009, 2010 und 2011. Hernach hielten sie das Folgende fest

      (Urk. 13/1/7 S. 1):

      In Ihrem Schreiben vom 11.5.2020 behielten Sie sich vor, mit diver- sen offenen Themen und Ansprüchen an uns zu gelangen. Erst wenn definitiv ausgeschlossen ist, dass Sie keine kostenpflichtigen Anfragen mehr an uns haben, können wir an den Abschluss des Willensvollstre- cker-Mandats denken.

      Vor Abschluss unseres Willensvollstrecker-Mandats sind sodann unse- re offenen Honorarrechnungen zu bezahlen

      Nach einer abschliessenden Einigung mit Ihrer Mandantin über den Abschluss des Willensvollstrecker-Mandats werden wir ihr den verblei- benden Restbetrag aus dem UBS-Nachlasskonto überweisen und das Konto saldieren

      Am 23. September 2020 schrieben der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. erneut an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin. In diesem Schreiben nahmen sie zu einem nicht eingereichten Schreiben der Gegenseite vom 17. Sep- tember 2020 Stellung und führten insbesondere Folgendes aus (Urk. 13/1/8 S. 1):

      Entgegen Ihrer Behauptung haben wir Ihr Schreiben vom 1. Septem- ber 2020 am 3. September beantwortet und klar ausgedrückt, weshalb das Willensvollstrecker-Mandat noch nicht beendet werden kann.

      Kommt nun noch hinzu: Sie haben im Auftrag Ihrer Mandantin gegen uns Willensvollstrecker beim Friedensrichteramt … eine ungeheure Forderungsklage erhoben, welche Sie auf ebenso ungeheuerliche Vorwürfe gegen unsere Nachlassabwicklung abstützen. Gegen diese Vorwürfe müssen wir uns im nachfolgenden Zivilprozess in unserer Funktion als noch amtierende Willensvollstrecker zur Wehr setzen können. Eine formelle Beendigung des Willensvollstrecker-Mandats kommt insb. auch aus diesem Grund nicht in Frage

    3. Aus den soeben genannten Schreiben des Beschwerdegegners und

Dr. iur. C. kann – wie die Staatsanwaltschaft zutreffend festhielt – kein straf- rechtlich relevantes Verhalten abgeleitet werden. Die beiden Schreiben sind sach- licher Natur und erfolgten als Antwort auf Nachfragen der Beschwerdeführerin selbst (Urk. 13/1/7 S. 1, Urk. 13/1/8 S. 1), welche mehrfach um Beendigung des Mandats ersucht hatte (Urk. 2 S. 7 N 19). Der Beschwerdegegner und Dr. iur.

C. bezogen in ihrer Funktion als Willensvollstrecker mit Schreiben vom

3. und 23. September 2020 lediglich Stellung betreffend die Anfrage der Beschwerdeführerin auf Beendigung des Willensvollstreckermandats und legten hierbei aus ihrer Sicht dar, weshalb das Willensvollstreckermandat noch nicht be- endet werden könne. Hierbei versuchten sie mit keinem Wort, die Beschwerde- führerin davon abzuhalten, ihre Klage einzureichen, resp. sie zum Rückzug der eingereichten Klage zu bewegen. Aus dem Kontext ergibt sich klar, dass – entge- gen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Urk. 2 S. 7 N 20) – mit der verwendeten Formulierung des definitiven Ausschlusses kostenpflichtiger Anfragen nicht die eingereichte Honorarklage gemeint sein kann [dementsprechend machten sie auch nicht geltend, allfällige Kosten in Bezug auf den Honorarforderungsprozess dem Nachlass zu belasten, wie es die Beschwerdeführerin moniert; Urk. 2 S. 8

N 22]. Dass sich der Beschwerdegegner und Dr. iur. C._ auf den Standpunkt stellen, das Mandat könne vor Bezahlung des Honorars nicht abgeschlossen

werden, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. In der öffentlichen letztwilligen Verfügung von †D. vom 1. März 2011 ist festgehalten, dass die Willensvollstrecker ihre Tätigkeiten dem Nachlass zu deren üblichen Honorarsät- zen verrechnen sollen und sie Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten und Auslagen haben (Urk. 3/8 S. 3 Ziff. 5 lit. g). Den Willensvollstreckern kommt u.a. die Aufga- be zu, die Schulden des Erblassers zu bezahlen (Art. 518 Abs. 2 ZGB), wozu auch die Begleichung der Erbgangsschulden, inklusive die Kosten des Willens- vollstreckerhonorars, gehört (Urteil des Bundesgerichts 6B_582/2014 vom 7. Ja- nuar 2015 E. 2.1.2; vgl. auch BGE 142 III 9 = Pra 2017 Nr. 11 E. 9.4). Durch die Bekanntgabe, dass ihres Erachtens insbesondere erst nach Festlegung des Ho- norars resp. der Begleichung dieser Erbgangsschuld ihr Mandat beendet werden könne, fordern der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. keinen Rückzug der Honorarrückforderungsklage. Sie gaben – wie gesagt – lediglich ihre rechtliche Meinung wieder. Im Übrigen wies die Staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass ein Rückzug der Honorarrückforderungsklage nicht die sofortige Beendigung des Mandats zur Folge gehabt hätte, machten der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. doch noch weitere der Beendigung des Mandats entgegenstehende Gründe geltend. Dass die anderen genannten Gründe, welche einer Beendigung des Mandats entgegenstehen sollen, vorgeschoben waren, geht aus den Akten nicht hervor. Es handelt sich dabei lediglich um eine unsubstantiierte, unbelegte Behauptung seitens der Beschwerdeführerin (Urk. 2 S. 9 N 24 f.). Aus dem Inhalt der Schreiben geht somit keinerlei strafrechtlich relevantes Verhalten hervor. Die von der Staatsanwaltschaft bezüglich dieses Sachverhaltsabschnitts verfügte Nichtanhandnahme ist somit ebenfalls nicht zu beanstanden.

5.1. Des Weiteren brachte die Beschwerdeführerin zur Anzeige, dass der Anwalt von E. sie, die Beschwerdeführerin, im Zivilverfahren mit einer Tatsache konfrontiert habe, die zu der Zeit nur ihr Anwalt, sie (die Beschwerdeführerin) so- wie der Beschwerdegegner und Dr. iur. C. hätten wissen können. Es sei daher zu vermuten, dass der Anwalt von E. diese Information von den Wil- lensvollstreckern erhalten habe. Beim Willensvollstreckermandat handle es sich um eine vorübergehende amtliche Funktion, weshalb diese durch die Bekanntga- be das Amtsgeheimnis verletzt hätten (Urk. 5 S. 4).

      1. Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme im Wesent- lichen damit, dass das Institut des Willensvollstreckers ein privatrechtliches Insti- tut sui generis sei. Aus der dispositiven Regelung von Art. 518 ZGB könne nicht geschlossen werden, der Willensvollstrecker übe eine amtliche Funktion aus. Die Willensvollstrecker hätten mit der Verwaltung des Nachlasses auch keine Funkti- on im Dienst der Öffentlichkeit wahrgenommen. Ein Willensvollstrecker sei daher kein Beamter oder Mitglied einer Behörde und unterstehe daher nicht dem Amts- geheimnis (Urk. 5 S. 4).

      2. Die Beschwerdeführerin entgegnete in ihrer Beschwerdeschrift im We- sentlichen, dass – wie ein Rechtsanwalt das Berufsgeheimnis zu wahren habe – ein Willensvollstrecker das Amtsgeheimnis zu wahren habe. Indem der Beschwerdegegner (alternativ Dr. iur. C. ) die Information, dass die Prozess- führungsbefugnis nur unter einer Bedingung erteilt worden sei, an einen unbefug- ten Dritten weitergegeben habe und dabei nicht über ihre Einwilligung verfügt ha- be, habe er sich der Amtsgeheimnisverletzung schuldig gemacht. Das Bundesge- richt lege den Beamtenbegriff weit aus. Der Willensvollstrecker stehe in den Rechten und Pflichten eines amtlichen Erbschaftsverwalters. Aufgrund der feh- lenden Gegenpartei des Vertrags, der Erblasser sei zu jenem Zeitpunkt verstor- ben, nähmen Willensvollstrecker durchaus eine öffentliche Funktion wahr und stünden daher unter der Aufsicht einer Aufsichtsbehörde. Eventualiter handle es sich um eingetragene Rechtsanwälte. Das Willensvollstreckermandat betreffe den Nachlass eines Rechtsanwalts, womit die gesamte Tätigkeit unter das Anwalts- geheimnis falle (Urk. 2 S. 11 ff.).

      1. Gemäss Art. 320 Ziff. 1 StGB macht sich wegen Amtsgeheimnisverlet- zung strafbar, wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mit- glied einer Behörde oder als Beamter anvertraut worden ist, oder das er in seiner amtlichen oder dienstlichen Stellung wahrgenommen hat.

      2. Nach Art. 110 Abs. 3 StGB gelten als Beamte die Beamten und Ange- stellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwal- tung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. Nach der Rechtsprechung erfasst der strafrechtliche Beamtenbe- griff sowohl institutionelle als auch funktionelle Beamte. Entscheidend für die An- nahme der Beamtenstellung ist, ob die übertragene Funktion amtlicher Natur ist,

        d.h. ob sie zur Erfüllung einer dem Gemeinwesen zustehenden öffentlichrechtli- chen Aufgabe übertragen wurde. Die Beamteneigenschaft ist im Einzelfall zu prü- fen. Bei funktionellen Beamten ist es nicht von Bedeutung, in welcher Rechtsform sie für das Gemeinwesen tätig sind. Das Verhältnis kann öffentlichrechtlich oder privatrechtlich sein. Entscheidend ist die Funktion der Verrichtungen. Bestehen diese in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, so sind die Tätigkeiten amtlich und die sie verrichtenden Personen Beamte im Sinne des Strafrechts. Die betreffende Person muss zum Gemeinwesen nicht in einem Dienstverhältnis, wohl aber in ei- nem Verhältnis der Abhängigkeit stehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_637/2021 vom 21. Januar 2022 E. 2.4).

      3. Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine oder mehrere handlungsfähige Personen mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen (Art. 517 Abs. 1 ZGB). Die Willensvollstrecker stehen grundsätzlich in den Rech- ten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters (Art. 518 Abs. 1 ZGB). Die- se Regel ist dispositiver Natur und der Erblasser kann die Befugnisse der Wil- lensvollstrecker erweitern oder umgekehrt auf gewisse Bereiche der Liquidation des Nachlasses, auf gewisse Teile des Vermögens und auf eine gewisse Dauer beschränken. Soweit der Erblasser nicht anders verfügt, hat der Willensvollstre- cker den Willen des Erblassers zu vertreten, insbesondere den Nachlass zu ver- walten, die Schulden des Nachlasses und des Erblassers zu bezahlen, die Ver- mächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. Der Willensvoll- strecker haftet für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Ge- schäfts; gegenüber den Erben trägt er die gleiche Verantwortung wie ein Beauf-

        tragter, dem er gleichgestellt wird (Art. 398 Abs. 2 OR). Der Willensvollstrecker ist der Aufsicht der zuständigen Behörde unterstellt, die namentlich Disziplinarmass- nahmen gegen ihn treffen kann; materiell-rechtliche Fragen fallen in die Zustän- digkeit der ordentlichen Gerichte. Der Willensvollstrecker hat die Interessen der Gesamtheit der Erben zu wahren, indem er Handlungen vornimmt, welche die Erben vornehmen müssten, was zur Folge hat, dass deren Nachlassrechte ge- schmälert werden und sie bis zum Ende der Durchführung des Erbgangs keinerlei Verfügungs- oder Verwaltungsbefugnisse haben (BGE 145 III 205 = Pra 2020

        Nr. 16 E. 4.4.2.1). Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen die Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu (Art. 518 Abs. 3 ZGB).

      4. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung handelt es sich bei der Willensvollstreckung um ein privatrechtliches Institut sui generis (Urteile des Bun- desgerichts 6B_582/2014 vom 7. Januar 2015 E. 4 und 2C_933/2018 vom

25. März 2019 E. 5.5.1; siehe auch BSK ZGB-Karrer/Vogt/Leu, a.a.O., Vorbemer- kungen zu Art. 517-518 N 6 f.; Bürgi, in: OFK ZGB Kommentar, 4. Aufl., Zürich 2021, Art. 517 N 2; Künzle, in: CHK Handkommentar zum Schweizer Privatrecht,

3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 517-518 N 2). Dass der Willensvollstrecker einer Behördenaufsicht untersteht, vermag – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Urk. 2 S. 12 N 37) – hieran nichts zu ändern (vgl. BSK ZGB- Karrer/Vogt/Leu, a.a.O., Art. 518 N 2, wonach das Willensvollstreckermandat durch die Behördenaufsicht nicht zum öffentlichen Amt wird [mit weiteren Hinwei- sen auf die Lehre]). Ein Willensvollstrecker erfüllt auch keine öffentlichrechtliche Aufgabe, denn – wie bereits aufgezeigt (siehe vorstehend E. II. 5.3.3) – vertritt er die Interessen des Erblassers resp. der Erben, Vermächtnisnehmer sowie Gläu- biger und damit ausschliesslich private Interessen. Der Vollständigkeit halber bleibt anzufügen, dass auch der Hinweis auf die Rechtsprechung zum ausseramt- lichen Konkursverwalter sowie die Argumentation der Beschwerdeführerin, der Willensvollstrecker unterstehe gemäss Art. 518 Abs. 1 ZGB den Regeln des amt- lichen Erbschaftsverwalters (Urk. 2 S. 12 N 37), nicht verfangen. Bei der Erb- schaftsliquidation, auf deren Regeln in Art. 518 Abs. 1 ZGB verwiesen wird (BSK ZGB-Karrer/Vogt/Leu, a.a.O., Art. 518 N 1), handelt es sich gemäss bundesge- richtlicher Rechtsprechung, obwohl der Erbschaftsliquidator von einer Behörde ernannt wird und unter deren Aufsicht steht, ebenfalls um ein privatrechtliches Amt, da die amtliche Liquidation vornehmlich den Interessen der Erbschaftsgläu- biger und der Erben dient (BGE 145 III 205 = Pra 2020 Nr. 16 E. 4.4.2.2, insb. mit Verweis auf BGE 130 III 97 E. 3.1). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin

lässt sich im Weiteren der Aufgabenbereich des Willensvollstreckers nicht mit demjenigen eines ausseramtlichen Konkursverwalters vergleichen, weshalb sich Ausführungen zum angeführten Bundesgerichtsentscheid erübrigen. Die Staats- anwaltschaft hat folglich zu Recht die Beamteneigenschaft des Beschwerdegeg- ners ausgeschlossen und dementsprechend in Bezug auf den Vorwurf der Amts- geheimnisverletzung die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung verfügt.

5.4. Eventualiter stellt sich die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwer- deverfahrens auf den Standpunkt, dass eine Berufsgeheimnisverletzung im Sinne von Art. 321 StGB vorliege. Der Straftatbestand wurde von der Beschwerdeführe- rin nicht explizit zur Anzeige gebracht, betrifft jedoch den beanzeigten Sachver- halt. Ob hierdurch seitens der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin recht- zeitig Strafantrag gestellt worden ist (vgl. BSK StGB-Riedo, a.a.O., Art. 30 N 54), kann – da ohnehin keine Berufsgeheimnisverletzung vorliegen kann – offen ge- lassen werden. Beim Beschwerdegegner handelt es sich zwar um einen Rechts- anwalt. Dem Berufsgeheimnis unterliegt er jedoch nur in Bezug auf seine berufs- spezifische Tätigkeit. Andere Dienstleistungen, die auch durch andere Berufs- gruppen erbracht werden können, sind davon ausgenommen (BGE 135 III 597 = Pra 2010 Nr. 52 E. 3.3, BGE 147 IV 385 = Pra 2022 Nr. 27 E. 2.2; Urteil des Bun-

desgerichts 2C_586/2015 vom 9. Mai 2016 E. 2.1 [nicht publiziert in BGE 142 II 307]). Vorliegend hat der Erblasser, ein Anwalt, zu Lebzeiten einen Berufskolle- gen als Willensvollstrecker in seinen Nachlass eingesetzt. Gemäss bundesge- richtlicher Rechtsprechung ist mit der Annahme dieses Amtes implizit die Auflage verbunden, sämtliche in Ausübung dieses Amtes wahrgenommenen Informatio- nen, die in Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit des Erblassers stehen, Dritten gegenüber vertraulich zu behandeln, zumal der Erblasser ihm diese zu Lebzeiten vorbehältlich eines Rechtfertigungsgrundes nicht hätte anvertrauen können. Diesbezüglich ist die Ausübung des Amtes als Willensvollstrecker im Nachlass eines Anwaltes daher als berufsspezifisch zu qualifizieren, weshalb der als Willensvollstrecker tätige Anwalt bezüglich sämtlicher in Ausübung des Wil- lensvollstreckermandats wahrgenommener Informationen, welche in Zusammen- hang mit der anwaltlichen Tätigkeit des Erblassers stehen, unter dem Berufsge- heimnis steht (Urteil des Bundesgerichts 2C_586/2015 vom 9. Mai 2016 E. 3.3.2

[nicht publiziert in BGE 142 II 307]; Künzle, in: Berner Kommentar, Bern 2011, Art. 517-518 ZGB, 5. Abschnitt/Kapitel F, N 218). Vorliegend soll der Beschwer- degegner – gemäss Vorwurf der Beschwerdeführerin – die Prozessgegenseite im Rahmen eines von der Beschwerdeführerin eingeleiteten Zivilprozesses über die von ihm als Willensvollstrecker nur mit Auflagen erteilte Prozessführungsbefugnis informiert haben. Diese Information weist keinerlei Bezug zur früheren anwaltli- chen Tätigkeit des Erblassers auf, weshalb diese nicht unter das Berufsgeheimnis fällt. Es erübrigen sich dementsprechend weitergehende Ausführungen zu diesem Vorwurf. Eine Berufsgeheimnisverletzung liegt per se nicht vor.

6. Zusammenfassend erweist sich die von der Staatsanwaltschaft verfügte Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung als korrekt. Folglich ist die Beschwerde abzuweisen.

III.

  1. Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls und des Aufwands des Gerichts und unter Berücksichtigung des parallel geführten Beschwerdever- fahrens (UE220043) mit teilweise überschneidender Thematik ist die Gerichtsge- bühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'800.00 festzusetzen (§ 17 Abs. 1

    i.V.m. § 2 Abs. 1 lit. b - d GebV OG). Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO) und aus der von ihr geleisteten Prozesskaution von Fr. 2'500.00 zu beziehen (Urk. 9).

  2. Stellungnahmen wurden keine eingeholt. Dementsprechend sind mangels wesentlicher Umtriebe keine Entschädigungen zuzusprechen.

  3. Der Restbetrag der Prozesskaution ist unter dem Vorbehalt allfälliger Ver- rechnungsansprüche des Staates an die Beschwerdeführerin zurückzuerstatten.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'800.00 festgesetzt, der Beschwerdeführe- rin auferlegt und aus der geleisteten Prozesskaution bezogen.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Der Restbetrag der Prozesskaution wird unter dem Vorbehalt allfälliger Ver- rechnungsansprüche des Staates an die Beschwerdeführerin zurückerstat- tet.

  5. Schriftliche Mitteilung an:

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht einge-

reicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplo- matischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 8. August 2022

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiberin:

lic. iur. D. Tagmann

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