Zusammenfassung des Urteils UE210361: Obergericht des Kantons Zürich
Die Vorinstanz stützte sich auf die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen H.D.________, F.E.________ und H.E.________, die bestätigten, dass der Beschuldigte dem Fahrzeug von H.D.________ während mindestens 30 Sekunden sehr nahe aufgefahren ist, mit einem Abstand von knapp 5 Metern bzw. 0.36 Sekunden. Die Verteidigung des Beschuldigten argumentiert, dass ein so nahes Auffahren nicht möglich gewesen sei, da die Motorhaube des Beschuldigten immer sichtbar gewesen sein müsste. Der Beschuldigte bestreitet das zu nahe Auffahren und führt an, dass die Abstandsangaben der Zeugen widersprüchlich seien. Er argumentiert, dass der Vorfall erst nach der Abzweigung Dorfstrasse Därligen stattgefunden haben könne und der Beschuldigte nicht genügend Leistung gehabt habe, um so nah aufzufahren. Die Kammer würdigt die Aussagen der Zeugen als glaubhaft und bestätigt den Abstand von einer Fahrzeuglänge.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | UE210361 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | III. Strafkammer |
Datum: | 02.05.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtanhandnahme |
Schlagwörter : | Staatsanwaltschaft; Verfahren; Anzeige; Hausdurchsuchung; Kantons; Nichtanhandnahme; Beschwerdeverfahren; Untersuchung; Befehl; Hausdurchsuchungsbefehl; Begründung; Entscheid; Nichtanhandnahmeverfügung; Garten; Bundesgericht; Beschluss; Flüssigkeit; Urkunde; Prozesskaution; Rechtsmittel; Empfang; Obergericht; Kammer; Flury; Präsident; Ersatzoberrichter; Gerichtsschreiber |
Rechtsnorm: | Art. 14 StGB ;Art. 251 StGB ;Art. 308 StPO ;Art. 309 StPO ;Art. 310 StPO ;Art. 317 StGB ;Art. 390 StPO ;Art. 424 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 8 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: UE210361-O/U/GRO
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.
Th. Vesely, Ersatzoberrichterin Dr. iur. C. Schoder sowie Gerichtsschreiber Dr. iur. D. Hasler
Beschluss vom 2. Mai 2022
in Sachen
Beschwerdeführerin
gegen
Beschwerdegegnerinnen betreffend Nichtanhandnahme
Erwägungen:
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führt gegen A. (Beschwerdeführerin) ein Strafverfahren wegen Sachbeschädigung und weiteren Delikten. In der Anzeige vom 24. August 2020 wurde ihr vorgeworfen, in den Nächten vom 30. auf den
31. Juli 2020 und vom 7. auf den 8. August 2020 eine unbekannte Flüssigkeit in den Garten von C. geschüttet zu haben, wodurch die Pflanzen verdorrt und eingegangen seien. Dies habe zu einem erheblichen finanziellen Schaden (Gärt- nerarbeiten) geführt (vgl. weiteres Beschwerdeverfahren UH200386: Urk. 8/D1/1
= Urk. 3/5 im vorliegenden Verfahren).
Nachdem die Beschwerdeführerin einer Vorladung der Staatsanwaltschaft keine Folge geleistet hatte, wurde sie am 18. November 2020 an ihrem Wohnort verhaftet und es wurde eine Hausdurchsuchung ihrer über dem Erdgeschoss befindlichen Wohnung durchgeführt. Dabei wurden mehrere Geräte zum Verspritzen von Pestiziden und ein Kanister mit Chemikalien sichergestellt, sowie weitere Gegenstände, die auf einen Diebstahl eine Sachentziehung hinweisen, namentlich Fahrradschlösser und lose Schutzbleche eines mutmasslich gestohlenen Fahrrads, zwei Topfdeckel und Bodenfliesen von Nachbarn. Die Beschwerdeführerin wurde polizeilich befragt und es wurde ihr der Hausdurchsuchungsbefehl vom
9. November 2020 ausgehändigt. Gegen beide Verfügungen erhob die Beschwerdeführerin bei der hiesigen Kammer eine Beschwerde, auf welche mit Beschluss vom 5. März 2021 nicht eingetreten wurde (UH200386).
Die Beschwerdeführerin erstattete am 21. September 2021 Anzeige gegen die
zuständige Staatsanwältin lic. iur. B.
(Beschwerdegegnerin 1), weil diese
auf dem Hausdurchsuchungsbefehl vom 9. November 2020 geschrieben habe, die Beschwerdeführerin habe eine unbekannte Flüssigkeit in den Garten des Geschädigten [gemeint ist der Anzeigeerstatter C. ] geschüttet. Der Garten gehöre laut Grundbucheintrag jedoch gar nicht C. . Damit, so die Beschwer- deführerin, habe sich die Beschwerdegegnerin 1 der Urkundenfälschung und Verwendung einer falschen Urkunde strafbar gemacht (vgl. Urk. 11/2).
Am 11. Oktober 2021 erliess die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich eine Nichtanhandnahmeverfügung (Urk. 11/4 = Urk. 3/1 = Urk. 5). Mit Eingabe vom
1. November 2021 erhob die Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht die vorliegende Beschwerde. Sie beantragt die Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung und die Anweisung an die Staatsanwaltschaft, die Untersuchung an die Hand zu nehmen und ein Strafverfahren gegen die Beschwerdegegnerin 1 zu er- öffnen (Urk. 2).
Nachdem der Beschwerdeführerin mit Präsidialverfügung vom 10. Dezember 2021 aufgegeben worden war, eine Prozesskaution von Fr. 1'800.zu leisten (Urk. 6), erfolgte am 31. Dezember 2021 fristgerecht eine entsprechende Geldzahlung (Urk. 8, Urk. 9).
In Anwendung von Art. 390 Abs. 2 StPO konnte davon abgesehen werden, Stellungnahmen einzuholen.
Aufgrund der hohen Geschäftslast der Kammer und entsprechender Entlastungsmassnahmen ergeht der vorliegende Beschluss in Nachachtung des Beschleunigungsgebots teilweise nicht in der den Parteien angekündigten Besetzung (vgl. Urk. 6)
1. Rechtliches
Gemäss Art. 309 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Eröffnung einer Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatver- dacht ergibt, wenn sie Zwangsmassnahmen anordnet sowie wenn sie von der Polizei über schwere Straftaten andere schwer wiegende Ereignisse informiert wurde. Gelangt sie hingegen zum Schluss, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind, Verfahrenshinder- nisse bestehen gemäss Art. 8 StPO aus Opportunitätsgründen auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist, verfügt sie die Nichtanhandnahme (Art. 310 Abs. 1 StPO). Der Zweck der Untersuchung besteht nach Art. 308 Abs. 1 StPO
darin, den Sachverhalt so weit zu ermitteln, dass das Vorverfahren entweder mit einem Strafbefehl, einer Anklage einer Einstellung abgeschlossen werden kann. Bei der Verfolgung dieses Zwecks steht der Staatsanwaltschaft ein gewisser Ermessensspielraum zu. Dies bedeutet unter anderem, dass die Staatsanwaltschaft nicht jeglicher Spur und jedem Hinweis nachzugehen hat, auch wenn sich eine beschuldigte Person ein Geschädigter solches vorstellt. Die Staatsanwaltschaft darf dann die Untersuchung z.B. aufgrund einer Anzeige - nicht an Hand nehmen, wenn mit Sicherheit feststeht, dass der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt wenn mit anderen Worten eine Anzeige von vornherein aussichtslos ist, weil offensichtlich keine Straftatbestände Prozessvoraussetzungen erfüllt sind. Ebenso ist keine Untersuchung an Hand zu nehmen, wenn Prozesshindernisse wie z.B. Verjährung gegeben sind. Eine Nichtanhandnahmeverfügung darf jedoch nicht ergehen, wenn es bloss zweifelhaft ist, ob ein Straftatbestand vorliegt.
Zu den rechtlichen Grundlagen der Urkundenfälschung nach Art. 251 und Art. 317 StGB kann auf die zutreffenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft in der Nichtanhandnahmeverfügung verwiesen werden (Urk. 3/1 S. 1 f.). Ergänzend ist festzuhalten, dass Entscheide, die von einer Einzelperson gefällt werden und in denen nicht über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird, in Form einer Verfügung bzw. schriftlich und begründet ergehen (vgl. Art. 80 Abs. 1 und 2 Satz 1 StPO). Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist (Art. 14 StGB).
Der von der Beschwerdegegnerin 1 erstellte Hausdurchsuchungsbefehl vom 9. November 2020 hat in erster Linie die angeordnete Hausdurchsuchung zum Gegenstand. Im massgeblichen Dispositiv wird die Hausdurchsuchung und die Durchsuchung von Personen und Gegenständen angeordnet. Insbesondere wird die Adresse genannt und wonach zu suchen ist (vgl. Urk. 3/1 S. 2). In der Begründung des Entscheids wird ausgeführt, es sei zu vermuten, dass die Beschwerdeführerin zu bestimmten Daten eine unbekannte Flüssigkeit in den Garten des Geschädigten an der D. -Strasse 1 in … Zürich geschüttet habe
(Urk. 3/1 S. 1). Diese Begründung stützte sich offenkundig auf den Vorwurf der Anzeige vom 24. August 2020 von C. . Indem die Beschwerdegegnerin 1 in der Begründung des Hausdurchsuchungsbefehls den Vorwurf des Anzeigeerstatters wiedergab (vgl. Urk. 3/5), beging sie keine Straftat. Sie war von Gesetzes wegen gehalten, ihren Entscheid zu begründen (vgl. Art. 80 Abs. 2 Satz 1 StPO). Sie handelte mithin in ihrer Amtspflicht. Daran ändert nichts, dass die Beschwer- deführerin sich an dieser Begründung stört bzw. sie für falsch hält und geltend macht, bereits die Anzeige sei falsch (Urk. 2 S. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stellt eine unzutreffende Entscheidbegründung sodann ohnehin keine Fälschungshandlung dar, die von Art. 251 StGB Art. 317 StGB erfasst würde.
Zusammenfassend liegt in der angeblich falschen Begründung des Hausdurchsuchungsbefehls kein hinreichender Anfangsverdacht für eine strafbare Handlung vor. Entsprechend durfte die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung nicht an die Hand nehmen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Angesichts von Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Zeitaufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'000.– festzusetzen (Art. 424 Abs. 1 StPO sowie
§ 17 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 GebV OG). Die von der Beschwerdeführerin geleistete Sicherheit ist in diesem Umfang zur Deckung der Gerichtskosten zu verwenden und im Restbetrag – vorbehältlich allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates
– an die Beschwerdeführerin zurückzubezahlen. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Entschädigungen zugesprochen.
Es wird beschlossen:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'000.– festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt und aus der von ihr geleisteten Prozesskaution bezogen. Im Restbetrag wird die Prozesskaution der Beschwerdeführerin – unter Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates – zurückerstattet.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Entschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an:
die Beschwerdeführerin (per Gerichtsurkunde)
die Beschwerdegegnerin 1, unter Beilage einer Kopie von Urk. 2 (per Gerichtsurkunde)
die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, ad A-1/2021/10032490, unter Beilage einer Kopie von Urk. 2 (gegen Empfangsbestätigung)
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:
die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, ad A-1/2021/10032490, unter Rücksendung der eingereichten Akten (Urk. 11; gegen Empfangsbestätigung)
die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch).
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Zürich, 2. Mai 2022
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Der Präsident:
lic. iur. A. Flury
Der Gerichtsschreiber:
Dr. iur. D. Hasler
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.