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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE210345
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE210345 vom 08.06.2022 (ZH)
Datum:08.06.2022
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_879/2022
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Zusammenfassung : In dem Gerichtsverfahren ZK1 2017 3 ging es um eine Forderung aus einer Lebensversicherung. Der Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt B.________, forderte von der Beklagten, der C.________ AG, einen Betrag von Fr. 100‘000.00 nebst Zinsen. Die Beklagte hatte den Versicherungsvertrag aufgrund von Anzeigepflichtverletzungen seitens des Versicherungsnehmers gekündigt und keine Leistungen ausgezahlt. Das Bezirksgericht wies die Klage ab, aber das Kantonsgericht hob dieses Urteil auf und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger den geforderten Betrag zu zahlen. Die Gerichtskosten und Entschädigungen wurden der Beklagten auferlegt.
Schlagwörter : Beschwerdegegner; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Recht; Verfahren; Nichtanhandnahme; Entsiegelung; Bundesgericht; Kantons; Geschäfts-; Untersuchung; Geschäfts-Nr; Beschwerdeführer; Durchsuchung; Beschwerdeführers; Bundesgerichts; Zwang; Verhalten; Dokumente; Rechtsmittel; Akten; Schutz; Berufsgeheimnis; Beschwerdegegners; Unterlagen; Korrespondenz; Beschlagnahme
Rechtsnorm:Art. 108 StPO ; Art. 147 StPO ; Art. 247 StPO ; Art. 309 StPO ; Art. 310 StPO ; Art. 312 StGB ; Art. 324 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 5 BV ; Art. 8 StPO ;
Referenz BGE:127 IV 209;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE210345-O/U/HON

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, Oberrichterin lic. iur. C. Gerwig, Ersatzoberrichterin lic. iur. S. Mathieu sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. D. Tagmann

Beschluss vom 8. Juni 2022

in Sachen

A. , Dr. iur., Beschwerdeführer

gegen

  1. B. , MLaw,

  2. Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 5. Oktober 2021, A-6/2021/10033313

Erwägungen:

I.

  1. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl führte eine Strafuntersuchung gegen Rechtsanwalt A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) wegen Betrugs etc. (vgl. Urk. 12 und Urk. 13). Am 7. Juli 2021 erhob die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl Anklage gegen den Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Zürich (Urk. 31/1). Im Rahmen seiner Stellungnahme im Ausstandsverfahren, Geschäfts-Nr. UA210025, erstattete der Beschwerdeführer am 15. August 2021 Strafanzeige gegen den fallführenden Staatsanwalt B. (nachfolgend: Beschwerdegegner) wegen Amtsmissbrauchs (Urk. 12/3 S. 10). Diese Strafanzeige wurde von der III. Strafkammer mit Beschluss vom 19. August 2021 an die Staatsanwaltschaft Zürich- Sihl übermittelt (Urk. 12/2 S. 5), worauf die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich den Fall der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) zuwies (Urk. 12/4). Diese verfügte am 5. Oktober 2021 die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung (Urk. 3).

  2. Gegen die ihm am 16. Oktober 2021 zugestellte Verfügung (Urk. 12/8/2) erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 26. Oktober 2021 fristgerecht Beschwerde und stellte folgende Anträge (Urk. 2 S. 2):

    1. Die Nichtanhandnahmeverfügung vom 5. Oktober 2021 im Verfahren A-6/2021/10033313 der Staatsanwaltschaft II, Besondere Untersuchungen, sei aufzuheben und es sei die Staatsanwaltschaft II anzuweisen, ein Strafverfahren gegen den Beschuldigten zu eröffnen.

    1. Soweit erforderlich seien die Akten der gegen den Beschwerdeführer geführten Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, F-3/2016/10022635, gegenwärtig vom Obergericht im Verfahren UV210018 betreffend Rechtsverweigerung beigezogen, beizuziehen.

    2. Unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

  3. Die Prozesskaution in Höhe von Fr. 1'800 ging innert Frist ein (Urk. 5,

Urk. 8). Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin unter Einreichung der Untersuchungsakten mit Eingabe vom 14. Dezember 2021 die Abweisung der Beschwerde, unter Kostenfolgen zu Lasten des Beschwerdeführers (Urk. 11,

Urk. 12, Urk. 13). Ebenso beantragte der Beschwerdegegner mit Eingabe vom

15. Dezember 2021 die Abweisung der Beschwerde (Urk. 14). Am 28. Dezember 2021 erging eine weitere Eingabe des Beschwerdeführers (Urk. 20). Am 12. Ja- nuar 2022 replizierte der Beschwerdeführer (Urk. 26). Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Duplik (Urk. 25, Urk. 30); der Beschwerdegegner liess sich nicht mehr vernehmen (Urk. 24/1, Urk. 29/1). Wie beantragt, wurden aus dem Beschwerdeverfahren, Geschäfts-Nr. UV210018, zwei sich nicht in den Untersuchungsakten der Staatsanwaltschaft befindende Aktenstücke beigezogen

(Urk. 31/1-2).

4. Infolge einer längeren unvorhergesehenen Abwesenheit eines Mitglieds des Spruchkörpers, der hohen Geschäftslast der Kammer und entsprechender Entlastungsmassnahmen ergeht der vorliegende Entscheid in Nachachtung des Beschleunigungsgebots teilweise in einer anderen Besetzung als den Parteien angekündigt.

II.

  1. Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatver- dacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhand- nahmeverfügung einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a), Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b) aus den in Art. 8 StPO genannten Gründen auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist (lit. c). Die Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtanhandnahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore (Art. 5 Abs. 1 BV sowie Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 319 Abs. 1 und

    Art. 324 Abs. 1 StPO). Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und

    rechtlich klaren Fällen ergehen. Im Zweifelsfall, wenn die Gründe der Nichtanhandnahme nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren er- öffnet werden. Der Grundsatz in dubio pro duriore ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände zu handhaben (Urteile des Bundesgerichts 6B_573/2017 vom 11. Januar 2018 E. 5.2 und 6B_810/2020 vom 14. September

    2020 E. 2.1).

  2. Wie bereits ausgeführt (vgl. vorstehend E. I.1.), führte der Beschwerdegeg- ner in seiner Funktion als Staatsanwalt eine Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer. Dem Beschwerdeführer wird gemäss Strafanzeige grob zusammengefasst vorgeworfen, vor seinem Weggang aus der Kanzlei E. Rechtsanwälte Honorarrechnungen für Leistungen in den von ihm betreuten Mandaten über mehrere hunderttausend Franken lediglich zum Schein erstellt zu haben, um die Aufwände nach seinem Weggang unter eigenem Namen in Rechnung zu stellen (Urk. 3 S. 1).

Der Beschwerdeführer legt dem Beschwerdegegner in diesem Kontext zur Last, im Rahmen jener Strafuntersuchung in der Kanzlei C. Rechtsanwälte sichergestellte Anwaltskorrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und verschiedenen Klienten, bestehend aus E-Mails und physischen Rechnungen, entsiegelt und durchforscht zu haben, ohne den Beschwerdeführer vorher informiert und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, bei der Durchsuchung anwesend zu sein. Der Beschwerdegegner sei sich dabei auch bewusst gewesen, dass die damalige Staatsanwältin im vorangegangenen Entsiegelungsverfahren genau diesen Schutz zugesichert und der Beschwerdeführer das Entsiegelungsbegehren unter der Bedingung, dass er bei der Durchforstung anwesend sei, zurückgezogen habe. Dadurch habe sich der Beschwerdegegner zum Schaden des Beschwerdeführers und seiner Klienten Kenntnis von dem Anwaltsgeheimnis unterstehenden Namen und Vorgängen verschafft, die nichts mit dem gegen den Beschwerdeführer geführten Strafverfahren zu tun hätten, und für die auch keine Entbindung vom Berufsgeheimnis durch die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte vorliege. Der Beschwerdegegner habe so dem Beschwerdeführer auch verunmöglicht, sich von den gravierenden gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu entlasten (Urk. 3 S. 1 f.).

    1. Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung zusammengefasst damit, dass dem Beschwerdeführer als Inhaber der zu durchsuchenden Sachen das von Art. 247 Abs. 1 StPO verlangte rechtliche Gehör zur anstehenden Durchsuchung bei der Hausdurchsuchung und im Entsiegelungsverfahren gewährt worden sei. Der Beschwerdeführer habe kein gesetzliches Teilnahmerecht an einer späteren Durchsuchung. Ausserdem habe das Zwangsmassnahmengericht die zu durchsuchenden Sachen bedingungslos zur Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft freigegeben. Folglich habe der Beschwerdegegner seine Machtbefugnisse offenkundig rechtmässig angewendet (Urk. 3 S. 5 f.).

    2. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Beschwerdeschrift im Wesentlichen vor, dass obwohl die Mandanten- und E-Mail-Korrespondenz offensichtlich dem Beschlagnahmeverbot nach Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO unterliege und daran kein rechtlich geschütztes Interesse hinsichtlich des gegen ihn geführten Strafverfahrens bestehe, sie vom Beschwerdegegner entsiegelt, beschlagnahmt und durchsucht worden sei. In der Folge habe der Beschwerdegegner keine angemessenen Massnahmen getroffen, um die berechtigten Drittinteressen, namentlich den Schutz des Berufsgeheimnisses, zu wahren, dies obwohl der Beschwerdegegner durch ihn, den Beschwerdeführer, und das Obergericht mehrfach dazu aufgefor- dert worden sei. Folglich übe der Beschwerdegegner gegenüber ihm und seinen Mandanten hoheitlichen Zwang aus und greife in deren geschützte Grundrechte ein. Das Vorgehen des Beschwerdegegners verstosse zudem gegen Treu und Glauben. Er habe wegen der Zusicherung des Teilnahmerechts zwecks ord- nungsgemässer Aussonderung und Unkenntlichmachung von mandatsspezifischen Informationen auf die Siegelung verzichtet. Es sei ein widersprüchliches und missbräuchliches Verhalten, dass der Beschwerdegegner sich nicht an diese Zusicherung halte. Durch den verweigerten Abgleich der eingereichten Unterlagen vereitle der Beschwerdegegner zudem, dass er, der Beschwerdeführer, entlastende Beweise erbringen könne (Urk. 2 S. 9 ff.).

    3. Die Staatsanwaltschaft hielt in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen an ihrem Standpunkt fest (Urk. 11).

    4. Der Beschwerdegegner entgegnete in seiner Stellungnahme im Wesentlichen, dass er das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer mit bestem Wissen und Gewissen geführt habe. Er sei sich keines Fehlverhaltens bewusst. Selbstverständlich könne er nicht gänzlich ausschliessen, mit seiner Rechtsauffassung bzw. mit seinem Vorgehen allenfalls falsch gelegen zu haben. Hiervon gehe er jedoch nicht aus (Urk. 14).

    5. Mit seiner unaufgeforderten Eingabe (Urk. 20) und seiner Replik (Urk. 26) hielt der Beschwerdeführer im Wesentlichen an seinem Standpunkt fest. Er betonte hierbei, dass Anwaltskorrespondenz sichergestellt worden sei, welche keinen Sachzusammenhang zum Strafverfahren aufweise.

4. Mitglieder einer Behörde Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen einem andern einen Nachteil zuzufügen, machen sich wegen Amtsmissbrauchs im Sinne von Art. 312 StGB strafbar.

Ein Missbrauch von Amtsgewalt liegt vor, wenn der Täter die verliehenen Machtbefugnisse unrechtmässig anwendet, indem er kraft seines Amtes hoheitliche Verfügungen trifft auf andere Art Zwang ausübt, wo dies nicht geschehen dürfte (BGE 127 IV 209 E. 1). In objektiver Hinsicht liegt ein Amtsmissbrauch vor, wenn ein Beamter in Grundfreiheiten eingreift, ohne dass die dazu gesetzlich notwendigen Voraussetzungen gegeben sind. Erfasst ist somit regelmässig die widerrechtliche Anordnung von Zwangsmassnahmen (BSK StGB-Heimgartner,

4. Aufl., Basel 2019, Art. 312 N 8; Urteil des Bundesgerichts 1C_313/2012 vom

9. November 2012 E. 3.1). Eine formelle Rechtsverweigerung erfüllt den Tatbestand für sich alleine hingegen nicht (Urteil des Bundesgerichts 1C_356/2020 vom

19. Oktober 2020 E. 3.2.4, mit Verweis auf Urteil des Bundesgerichts 1C_97/2012 vom 16. Juli 2012 E. 7.4.2; siehe hierzu auch Urteil des Bundesgerichts 1C_57/2018 vom 19. November 2018 E. 3, wonach sich das Bundesgericht zur

Frage, ob ein Missbrauch der Amtsgewalt allenfalls auch durch Unterlassung möglich ist, noch nicht [abschliessend] geäussert hat).

Erforderlich ist Vorsatz, wobei Eventualvorsatz ausreicht. Daran fehlt es etwa, wenn der Amtsträger im Glauben handelt, er übe seine Machtbefugnisse pflichtgemäss aus. Der Amtsträger muss ferner in der (Eventual-)Absicht handeln, sich einem Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen einem an- deren einen Nachteil zuzufügen, der auch unrechtmässig sein muss (BSK StGB- Heimgartner, a.a.O., Art. 312 N 22 f., Urteil des Bundesgerichts 1C_456/2021 vom 6. Januar 2022 E. 5.1).

5. Aus den Akten ergibt sich folgender, relevanter Ablauf der gegen den Beschwerdeführer geführten Strafuntersuchung: Am 26. September 2016 erliess die damals zuständige Staatsanwältin D. einen Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl für die dem Beschwerdeführer zugänglichen Räumlichkeiten in der Kanzlei C. Rechtsanwälte (Urk. 12/6/1/1). Die Hausdurchsuchung fand am 29. September 2016 statt; der Beschwerdeführer beantragte die Siegelung der aus den Klientendossiers sichergestellten Dokumente sowie der auf ei- nem USB-Stick sichergestellten E-Mail -Korrespondenz (Urk. 12/6/1/2, Urk. 12/6/1/3). Am 3. Oktober 2016 beantragte Staatsanwältin D. beim Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich die Entsiegelung. Hierbei hielt sie fest, dass die Entsiegelung im Beisein des Beschwerdeführers eines Mitarbeiters des Beschwerdeführers erfolgen könne, welcher allfällige Daten betreffend den Inhalt der Mandate schwärzen entfernen könne. Zwar sei davon auszugehen, dass die sichergestellten Dokumente und gespeicherten Informationen nur Daten betreffen würden, welche Gegenstand der Verfügung der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte seien und für welche das Berufsgeheimnis bereits aufgehoben sei. Aufgrund des Ausmasses der Datensicherstellung sei es jedoch möglich, dass sich auch für die Strafuntersuchung unbedeutende Daten dabei befänden, welche aussortiert werden müssten. Die massgeblichen Dokumente und Daten würden in der Folge beschlagnahmt

(Urk. 12/6/2/1 S. 3). Am 11. Oktober 2016 teilte der Beschwerdeführer dem Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich mit, das im Entsiegelungsgesuch

dargelegte Vorgehen der Staatsanwaltschaft stelle sicher, dass das Berufsgeheimnis nicht tangiert werde. Er sei daher mit der beantragten Entsiegelung und Durchsuchung einverstanden (Urk. 12/6/2/3). Mit Verfügung vom 24. Oktober 2016 wurde das Entsiegelungsverfahren vom Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich zufolge Rückzugs des Siegelungsbegehrens als gegenstandslos erledigt abgeschrieben. Die sichergestellten Dokumente und der USB-Stick mit der sichergestellten E-Mail-Korrespondenz wurden der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung und weiteren Verwendung freigegeben (Urk. 12/6/2/4).

Am 23. Januar 2020 beschlagnahmte der Beschwerdegegner die anlässlich der Hausdurchsuchung vom 29. September 2016 sichergestellten Rechnungen inklusive Begleitschreiben sowie den USB-Stick mit E-Mail-Korrespondenz

(Urk. 13/11/1). Am 26. Januar 2020 beantragte der Beschwerdeführer deren er- neute Siegelung. Er müsse aufgrund der detaillierten Aufzählung in der Beschlag- nahmeverfügung davon ausgehen, dass eine Entsiegelung ohne Massnahmen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses stattgefunden habe. Den Rechnungen seien detaillierte Tätigkeitsbeschriebe beigefügt worden; bei den elektronischen Daten handle es sich um die gesamte Korrespondenz mit den Klienten. Massnahmen zum Schutz der gesetzlich geschützten Drittpersonen seien zwingend erfor- derlich (Urk. 13/11/3). Am 27. Januar 2020 verfügte der Beschwerdegegner daraufhin die Herausgabe der Unterlagen sowie des USB-Sticks an den Beschwer- deführer (Urk. 13/11/4). Mit Beschluss vom 31. Mai 2021 hob die III. Strafkammer in Gutheissung der Beschwerde des Privatklägers E. die Herausgabeverfügung auf und hielt hierbei fest, dass es der Staatsanwaltschaft überlassen sei, den von ihr im Entsiegelungsverfahren offerierten Schutz zu gewährleisten (Urk. 12/6/3; Geschäfts-Nr. UH200042). Am 17. Juni 2021 ersuchte der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner um Auswertung der Korrespondenz unter Wahrung des Berufsgeheimnisses (Urk. 13/7/21). Der Beschwerdegegner antwortete am

21. Juni 2021, dass er den Antrag vorgemerkt habe (Urk. 13/7/21, im Anhang). Am 7. Juli 2021 lehnte der Beschwerdegegner den Antrag ab (Urk. 31/2).

    1. Wie bereits in den Beschlüssen der III. Strafkammer vom 31. Mai 2021 (Geschäfts-Nr. UH200042) und vom 28. März 2022 (Geschäfts-Nr. UA220007) festgehalten, hat der Beschwerdeführer auf die Durchführung eines Entsiegelungsverfahrens verzichtet. Der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Oktober 2016 betreffend die Freigabe der sichergestellten Dokumente und des USB-Sticks mit der sichergestellten E-Mail-Korrespondenz an die Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung und weiteren Verwendung erwuchs in Rechtskraft. Der Beschwer- deführer hat kein Rechtsmittel gegen die bedingungslose Entsiegelung durch das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich ergriffen. Angesichts dessen kann in der Sichtung der sichergestellten resp. beschlagnahmten Unterlagen und Dateien durch den Beschwerdegegner kein strafrechtlich relevantes Verhalten erblickt werden. Wie bereits im Beschluss vom 28. März 2022 (Geschäfts-

      Nr. UA220007) ausgeführt, räumen zudem weder Art. 247 StPO noch Art. 147 StPO dem Beschwerdeführer ein Recht auf Anwesenheit bei der Durchsuchung ein (vgl. u.a. BSK StPO-Thormann/Brechbühl, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 247 N 4 f. und N 10). Auch aus der monierten Nichtgewährung eines Teilnahmerechts

      (Urk. 2 S. 11 f.) geht somit kein Hinweis für ein strafbares Verhalten seitens des Beschwerdegegners hervor.

    2. Weshalb der Erlass einer Beschlagnahmeverfügung als strafrechtlich relevant anzusehen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Die Beschlagnahmeverfügung (Urk. 13/11/1) versah der Beschwerdegegner korrekt mit einer Rechtsmittelbelehrung. Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege ein Beschlagnahmeverbot vor (Urk. 2 S. 9 f.). Auf die Ergreifung eines Rechtsmittels verzichtete er jedoch. Wie bereits im Beschluss vom 28. März 2022 (Geschäfts-Nr. UA220007) erwähnt, schliesst Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO die Beschlagnahme von Unterlagen aus dem Verkehr einer Person mit ihrem Anwalt nicht aus, wenn der Anwalt im gleichen Sachzusammenhang selbst beschuldigt ist. Der Beschwerdegegner stellt sich auf den Standpunkt, dass die entsprechenden Voraussetzungen für eine Beschlag- nahme erfüllt seien (Urk. 15/1 S. 2). Es liegen somit unterschiedliche Rechtsauffassungen vor. Hieraus ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten seitens des Beschwerdegegners, selbst wenn die Rechtsauffassung des Beschwerdegegners vom Sachgericht resp. einer allfälligen Rechtsmittelinstanz letztlich als falsch qualifiziert werden würde. In diesem Zusammenhang ist denn auch anzumerken, dass ebenso vom Sachgericht resp.

      allfälligen Rechtsmittelinstanzen zu beurteilen sein wird, ob die beschlagnahmten Dokumente und Dateien für den Anklagesachverhalt von Relevanz sind (Urk. 20), resp. ob sie zu berücksichtigen sein werden (vgl. hierzu die Beschwerdeverfahren, Geschäfts-Nrn. UH210446 und UH210448). Selbst wenn sich unter den beschlagnahmten Dokumenten und Dateien nicht relevante Informationen befänden, ginge hieraus kein Anzeichen für ein strafrechtlich relevantes Verhalten im Sinne eines Amtsmissbrauchs hervor.

    3. Was den überdies geltend gemachten fehlenden Schutz des Berufsgeheim- nisses anbelangt (Urk. 2 S. 12 N 37 f., Urk. 20, Urk. 26 S. 2), so geht auch diese Argumentation des Beschwerdeführers ins Leere. Bereits im Beschluss vom

      28. März 2022 (Geschäfts-Nr. UA220007) wurde darauf hingewiesen, dass die Gewährleistung des Schutzes allfälliger über die Befreiung vom Anwaltsgeheim- nis gemäss Entscheid der Aufsichtskommission über Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich hinausgehender Informationen nicht nur durch eine sofortige Aussonderung entsprechender Dateien und Dokumente hätte bewerkstelligt wer- den können, sondern der Beschwerdegegner im Falle eines Akteneinsichtsgesuchs seitens der Privatklägerschaft eine Einschränkung des Akteneinsichtsrechts im Sinne von Art. 108 StPO hätte prüfen können resp. müssen. Dass je- doch die beschlagnahmten Unterlagen resp. Dateien der Gegenseite ohne Wahrung des Schutzes allfälliger über die Befreiung vom Anwaltsgeheimnis gemäss Entscheid der Aufsichtskommission über Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich hinausgehender Informationen ausgehändigt worden wären, wurde weder geltend gemacht noch ist derartiges aus den Akten ersichtlich. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Beschwerdegegners in diesem Kontext ist dementsprechend nicht ersichtlich.

    4. Was zu guter Letzt den Vorwurf anbelangt, der Beschwerdegegner habe die Erbringung eines Entlastungsbeweises vereitelt (Urk. 2 S. 13 f.), indem er die bereits eingereichten Unterlagen nicht mit den beschlagnahmten abgeglichen habe, so verfängt auch diese Argumentation nicht. Der Beschwerdegegner hat über den Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Auswertung der Unterlagen und Dateien befunden und diesen am 7. Juli 2021 abgelehnt (Urk. 31/2). Es war Sache des

Beschwerdegegners als fallführender Staatsanwalt zu entscheiden, welche Beweise er im Hinblick auf die Anklageerhebung als notwendig erachtet (vgl.

Art. 324 Abs. 1 StPO). Der Beschwerdeführer kann seine Beweisanträge gegen- über dem Sachgericht wiederholen (Art. 318 Abs. 2 Satz 3 StPO). Hieraus erleidet er keinen Rechtsnachteil. Die Ablehnung des Beweisantrags durch den Beschwerdegegner stellt kein strafbares Verhalten dar.

7. Zusammenfassend gehen aus den Ausführungen des Beschwerdeführers somit keine Anzeichen für ein strafrechtlich relevantes Verhalten seitens des Beschwerdegegners hervor. Die Staatsanwaltschaft hat folglich zu Recht die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung verfügt, womit die Beschwerde abzuweisen ist. Anzumerken ist, dass angesichts des Verfahrensausgangs auch nicht zu beanstanden ist, dass die Staatsanwaltschaft vor Erlass der Nichtanhandnahmeverfügung keine Ermächtigung zur Strafverfolgung im Sinne von § 148 GOG/ZH eingeholt hat (ZR 112/2013 Nr. 86).

III.

Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Aufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'500.00 festzusetzen (§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 lit. b - d GebV OG). Diese ist ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO) und aus der von ihm geleisteten Prozesskaution von Fr. 1'800.00 zu beziehen

(Urk. 8). Der Restbetrag der Prozesskaution ist unter dem Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates an den Beschwerdeführer zurückzuerstatten. Entschädigungen sind keine zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'500.00 festgesetzt, dem Beschwerdeführer auferlegt und aus der geleisteten Prozesskaution bezogen. Der Restbetrag der Prozesskaution wird unter dem Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates an den Beschwerdeführer zurückerstattet.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Beschwerdeführer (per Gerichtsurkunde)

    • den Beschwerdegegner 1 (persönlich/vertraulich, gegen Empfangsschein)

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich (gegen Empfangsbestätigung)

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 12 und Urk. 13; gegen Empfangsbestätigung)

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch).

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 8. Juni 2022

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiberin:

lic. iur. D. Tagmann

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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