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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils UE200296: Obergericht des Kantons Zürich

Die A. AG hat Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 31. August 2020 eingereicht. Die Beschwerde betrifft Vorwürfe wie Sachentziehung, arglistige Vermögensschädigung und Nötigung im Zusammenhang mit der Kündigung von Büroräumlichkeiten in Zürich. Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Beschwerde abgewiesen und die Kosten der Beschwerdeführerin auferlegt. Der Richter ist lic. iur. A. Flury, die Gerichtsschreiberin Dr. iur. S. Christen.

Urteilsdetails des Kantongerichts UE200296

Kanton:ZH
Fallnummer:UE200296
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE200296 vom 25.11.2021 (ZH)
Datum:25.11.2021
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_55/2022
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Verfahren; Recht; Staatsanwaltschaft; Verband; Kündigung; Beschwerdegegner; Nichtanhandnahme; Beschwerdeverfahren; Sachen; Entscheid; Gericht; Verfahrens; Bundesgericht; Anzeige; Zugang; Bundesgerichts; Rechtsmittel; Mietverhältnis; Behauptung; Ausweisung; Nötigung; Ausweisungsverfahren; Zutritt
Rechtsnorm:Art. 14 StGB ;Art. 141 StGB ;Art. 151 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 192 ZPO ;Art. 254 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 273 OR ;Art. 383 StPO ;Art. 385 StPO ;Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:141 IV 396;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar Schweize- rische Zivilprozessordnung, Art. 254 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts UE200296

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE200296-O/U/BUT

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, und lic. iur. D. Oehninger, Oberrichterin lic. iur. K. Eichenberger sowie Gerichtsschreiber

Dr. iur. S. Christen

Beschluss vom 25. November 2021

in Sachen

A. AG,

Beschwerdeführerin

vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X. _,

gegen

  1. B. ,
  2. Unbekannt,
  3. Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 31. August 2020 in Sachen Rechtsanwalt B. , F- 6/2020/10026696

Erwägungen:

I.

1. Die A. AG erstattete am 5. August 2020 Strafanzeige gegen B. , C. sowie unbekannt wegen Sachentziehung, arglistiger Vermögensschädigung, Erschleichens einer falschen Urkunde, Nötigung und Betrugs bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (Urk. 13/1). Gemäss der Strafanzeige mietete die A. AG im 3. und 5. Obergeschoss an der D. -strasse ... in Zürich Büroräumlichkeiten. Die Vermieterin, der kaufmännische Verband Zürich, habe ihr per

31. März 2020 gekündigt. Mit unwahren Behauptungen sei ein Retentionsgesuch gegen die A. AG eingereicht worden. Sodann sei der A. AG der Zugang zu den Büroräumlichkeiten am 31. März 2020 zu Unrecht versperrt worden. In einem Ausweisungsverfahren seien ebenfalls unwahre Tatsachen behauptet worden.

Am 31. August 2020 erliess die Staatsanwaltschaft eine Nichtanhandnahmeverfügung (Urk. 3/2).

2. Die A. AG erhebt Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (Urk. 2). Sie beantragt die Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung. Die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, ein Strafverfahren gegen B. und unbekannt zu eröffnen.

Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde (Urk. 12). B. beantragt die Abweisung der Beschwerde ohne weitere Stellungnahme (Urk. 14). Die A. AG hält in der Replik an ihren Anträgen fest (Urk. 17). Die Staatsanwaltschaft und B. haben je auf eine Duplik verzichtet (Urk. 23 und Urk. 24).

II.

1. Angefochten ist eine Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zulässig (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 und Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO sowie § 49 GOG). Die Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

    1. Die Staatsanwaltschaft verfügt die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO). Ob die Behörde ein Strafverfahren durch Nichtanhandnahme erle- digen kann, beurteilt sich nach dem aus dem strafprozessualen Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore. Danach darf die Nichtanhandnahme nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Die Strafverfolgungsbehörde und die Beschwerdeinstanz verfügen über einen gewissen Ermessensspielraum (Urteil des Bundesgerichts 6B_472/2020 vom 13. Juli 2021 E. 2.2.3).

    2. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft (Urk. 12 S. 2), können im kantonalen Beschwerdeverfahren gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung Noven vorgebracht werden. Die Beschwerde gemäss Art. 393 ff. StPO ist ein ordentliches, vollkommenes und devolutives Rechtsmittel, das die Überprüfung des angefochtenen Entscheids mit freier Kognition erlaubt (BGE 141 IV 396 E. 4.4; vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_258/2017 vom 2. März 2018 E. 6; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 1B_264/2013 vom 17. Oktober 2013 E. 3.2).

3.

    1. Die Beschwerdeführerin führte in der Strafanzeige zu den Vorwürfen der Nötigung und Sachentziehung aus, der kaufmännische Verband habe das Mietverhältnis ausserordentlich per 31. März 2020 gekündigt. Unbekannte Personen hätten ihr am 31. März 2020 gegen 18.00 Uhr den Zutritt zum Gebäude und zur Garage versperrt, obschon das Mietverhältnis erst per 31. März 2020 gekündigt wor- den sei. Ihr habe damit für diesen Tag noch der volle Zugang verschafft werden müssen. Durch die Versperrung des Zugangs seien die Tatbestände der Sachentziehung und Nötigung erfüllt (Urk. 13/1 S. 8).

    2. Die Staatsanwaltschaft erwog dazu in der angefochtenen Verfügung, aus den Mietverträgen gehe hervor, dass die fraglichen Räumlichkeiten bei Ablauf des Mietverhältnisses spätestens am letzten Tag der Kündigungsfrist, 12.00 Uhr, zurückzugeben seien. Die Beschwerdeführerin habe daher keinen Anspruch auf Zutritt zur Liegenschaft bis Mitternacht des besagten Tages gehabt. Die Vorwürfe seien unbegründet (Urk. 3/2 S. 1 f.).

    3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Staatsanwaltschaft stelle den Sachverhalt unvollständig fest. Es möge zutreffen, dass im Falle einer Kündigung am letzten Tag des Mietverhältnisses gemäss vertraglicher Vereinbarung lediglich Zugang zu den Mieträumlichkeiten bis um 12.00 Uhr bestehe. Das sei jedoch vorliegend irrelevant. Die Beschwerdeführerin habe die Kündigung angefochten. Davon habe auch der kaufmännische Verband Kenntnis gehabt. Ihm sei von der Schlichtungsbehörde Zürich vom Eingang des Kündigungsschutzbegehrens wohl am 31. März 2020 Kenntnis gegeben worden. Infolgedessen habe der Beschwer- deführerin der Zugang auch für die Dauer des Kündigungsanfechtungsverfahrens, mithin am 31. März 2020, vollumfänglich gewährt werden müssen. Die Staatsanwaltschaft habe daher die Vorwürfe zu untersuchen (Urk. 2 S. 8).

    4. Der Sachentziehung nach Art. 141 StGB macht sich auf Antrag strafbar, wer dem Berechtigten ohne Aneignungsabsicht eine bewegliche Sache entzieht und ihm dadurch einen erheblichen Nachteil zufügt.

      Der Nötigung nach Art. 181 StGB macht sich strafbar, wer jemanden durch Gewalt Androhung ernstlicher Nachteile durch andere Beschränkung sei- ner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen zu dulden.

    5. Der Beschwerdeführerin soll der Zugang zu ihren Büroräumlichkeiten verwehrt worden sein. Zu bemerken ist, dass die Verweigerung des Zutritts zu den Räumlichkeiten allein den Tatbestand von Art. 141 StGB nicht erfüllt, da Räume keine bewegliche Sachen sind. Dass bzw. welche konkreten beweglichen Sachen der Beschwerdeführerin am 31. März 2020 entzogen worden sein sollen, wird von der Beschwerdeführerin mit keinem Wort thematisiert, geschweige denn substantiiert behauptet gar belegt. Belastbare Hinweise auf eine Sachentziehung im

      hier fraglichen Zusammenhang und damit auf eine unberechtigte Nichtanhand- nahme durch die Staatsanwaltschaft fehlen bei dieser Ausgangslage. Die Beschwerde erweist sich insofern als unbegründet.

    6. Der Beschwerdegegner 1 trat nach der Darstellung der Beschwerdeführerin als Rechtsvertreter der E. AG auf (Urk. 13/1 S. 4). Inwiefern er der Beschwerdeführerin den Zugang zu den Büroräumlichkeiten versperrt haben soll, ist aus der Strafanzeige und den vorliegenden Akten nicht ersichtlich. Die Beschwer- deführerin führt in der Strafanzeige aus, unbekannte Personen hätten ihr den Zutritt versperrt. Den Beschwerdegegner 1 erwähnt sie in diesem Zusammenhang nicht, sondern erhebt den Vorwurf gegen eine unbekannte Täterschaft (Urk. 13/1

      S. 8). Auch in der Beschwerde legt sie nicht näher dar, inwiefern der Beschwer- degegner 1 dafür verantwortlich sein soll. Ein Tatverdacht gegen den Beschwer- degegner 1 ist in diesem Zusammenhang damit von vornherein nicht ersichtlich. Die angefochtene Verfügung ist insofern in Bezug auf den Beschwerdegegner 1 nicht zu beanstanden.

    7. Der kaufmännische Verband hat den Mietvertrag betreffend die Räumlichkeiten im 5. Obergeschoss am 25. Februar 2020 auf den 31. März 2020 gekündigt (Urk. 13/2/9). In ihrer Strafanzeige, welche dem angefochtenen Entscheid letztlich zugrunde lag, hatte sich die Beschwerdeführerin einzig auf die Dauer des gekün- digten Mietvertrags (ohne das Argument der Erstreckung) berufen. So machte sie damals geltend, das Mietverhältnis sei (erst) per 31. März 2020 gekündigt wor- den. Für den 31. März 2020 habe ihr somit der volle Zugang zu den von ihr gemieteten Räumlichkeiten verschafft werden müssen (Urk. 13/1 S. 8). Diese Auffassung der Beschwerdeführerin hat die Staatsanwaltschaft - der damaligen Argumentation der Beschwerdeführerin folgend im angefochtenen Entscheid zu Recht als unzutreffend verworfen, denn vertraglich war die Dauer des Zutritts ausdrücklich bis um 12.00 Uhr des letzten Miettages vereinbart (dies anerkennt grundsätzlich auch die Beschwerdeführerin und ergibt sich zudem aus den von ihr eingereichten Mietverträgen, vgl. Urk. 2 S. 8 bzw. Urk. 13/2/1+2). Davon durfte grundsätzlich auch der kaufmännische Verband in guten Treuen ausgehen.

Auch im Beschwerdeverfahren wiederholt die Beschwerdeführerin ihre soeben zitierte Argumentation (Urk. 2 S. 4). Daneben macht sie nun erstmals geltend, dass ihr wie erwähnt gestützt auf das Kündigungsanfechtungsverfahren am 31. März 2020 der Zutritt vollumfänglich (gemeint wohl bis Mitternacht) hätte gewährt wer- den müssen. Dieser (neue) Standpunkt der Beschwerdeführerin war der Staatsanwaltschaft im Zeitpunkt des Nichtanhandnahmeentscheides nicht bekannt. Ebenso wenig reichte die Beschwerdeführerin der Staatsanwaltschaft Belege ein, welche Rückschlüsse auf eine allfällige Kündigungsanfechtung ermöglicht hätten. Aus der Beschwerde und einem Schreiben der Schlichtungsbehörde vom

30. März 2020 geht nun aber hervor, dass die Beschwerdeführerin die Kündigung kurze Zeit vor Ablauf des Mietvertrages offenbar tatsächlich anfocht (Urk. 2 S. 12; Urk. 3/3). Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, warum sie diesen Umstand nicht bereits gegenüber der Staatsanwaltschaft erwähnt hat.

Nach der Lehre ist die Frage gesetzlich nicht geregelt, ob während der Dauer des hängigen Kündigungsschutzbzw. Erstreckungsverfahrens das Mietverhältnis als vorläufig erstreckt zu gelten hat, wenn vor Vertragsende kein rechtskräftiger Entscheid vorliegt. Die Frage wird in der Lehre bejaht (vgl. Roger Weber, in: Lüchinger/Oser (Hrsg.), Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Auflage, Basel 2020,

N. 4 zu Art. 273 OR).

Selbst wenn man die nach dieser Auffassung zutreffende Beantwortung dieser gesetzlich nicht geregelten Rechtsfrage (Auswirkung der Kündigungsanfechtung) auf Seiten der für den kaufmännischen Verband handelnden Personen als bekannt voraussetzen wollte, wäre für eine allfällige Strafbarkeit im Sinne der beschwerdeführerischen Vorwürfe zwingend, dass besagte unbekannte Mitarbeiter bzw. Beauftragte der Vermieterschaft vor dem 31. März 2020, 18.00 Uhr (Zeitpunkt des angeblich verwehrten Einlasses, vgl. Urk. 2 S. 4) von der Anhebung des Schlichtungsverfahrens Kenntnis erhielten. Diesbezüglich begnügt sich der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit der Behauptung, der kaufmännische Verband habe von der Anfechtung Kenntnis gehabt, da diesem von der Schlichtungsbehörde Zürich doch über den Eingang des Kündigungsschutzbegehrens mit Schreiben vom 30. März 2020, wohl zugestellt am 31. März 2020, Kenntnis

gegeben worden sei. Als Beweisofferte hierzu liess die Beschwerdeführerin einzig ein Schreiben an ihren eigenen Rechtsvertreter einreichen, worin die Schlichtungsbehörde diesem zur Orientierung mitteilte, dass ein Kündigungsschutzverfahren eröffnet worden sei (Urk. 3/3).

Dies genügt den Anforderungen an eine substantiierte Begründung der Beschwerde (welche soweit möglich mit entsprechenden Belegen zu untermauern wäre) nicht (Art. 385 Abs. 1 StPO). Die Beschwerdeführerin bzw. ihr Rechtsvertreter kann es vorliegend nicht bei der blossen Behauptung bzw. Mutmassung bewenden lassen, die Gegenseite habe von der Kündigungsanfechtung (wohl) Kenntnis gehabt, zumal sie bzw. er dies mit einem Dokument zu belegen versucht, das zur wesentlichen Frage nichts aussagt. Das eingereichte Schreiben der Schlichtungsbehörde richtete sich wie erwähnt - nur an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und enthält keinen Hinweis darauf, dass es (allenfalls in Kopie) auch an den kaufmännischen Verband ging. Auch liegen der Kammer kei- ne anderen Hinweise vor, dass eine entsprechende Kenntnisnahme auf Seiten des kaufmännischen Verbandes im fraglichen Zeitpunkt bereits erfolgt war. Der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin wäre es bei dieser Ausgangslage (insbesondere auch als Partei des fraglichen Kündigungsschutzverfahrens) ohne weiteres zumutbar und möglich gewesen, z. B. allfällige Zustellnachweise (der Schlichtungsbehörde) an den kaufmännischen Verband erhältlich machen zu lassen und gegebenenfalls einzureichen (der blosse Hinweis der Beschwerdeführerin in der Replik [vgl. Urk. 17. S. 2], das angeblich auch dem kaufmännischen Verband zugestellte Schreiben könne bei ebendiesem ediert werden, ändert an der diesbezüglich unzureichenden Überzeugungskraft der Beschwerdebegrün- dung nichts, liesse sich dadurch doch der fragliche Empfangszeitpunkt ebenfalls nicht feststellen). Dies wäre umso zwingender gewesen, als die Beschwerdeführerin erst jetzt mit besagtem Argument aufwartet. Die der Kammer nun vorliegen- de unbelegte Mutmassung genügt jedenfalls nicht, um dem (neuen) Standpunkt der Beschwerdeführerin die nötige Überzeugungskraft zu verleihen. Damit fehlt es an einer verlässlichen Grundlage, welche Weiterungen zu den (wie bereits angetönt ebenfalls eher fraglichen) übrigen Voraussetzungen der behaupteten Nötigung rechtfertigen würde und die Nichtanhandnahme ist dementsprechend auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden.

4.

    1. Zu den weiteren beanzeigten Delikten führte die Beschwerdeführerin in der Strafanzeige aus, der Beschwerdegegner 1 und Rechtsanwalt C. , welcher Rechtsvertreter des kaufmännischen Verbands gewesen sei, hätten verheimlicht, dass zwischen dem kaufmännischen Verband und der E. AG - der ehemaligen Untermieterin der Beschwerdeführerin betreffend ein Grossteil der Mieträumlichkeiten ein direkter Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Im Rahmen der Verhandlungen rund um die Rückgabe der Mietsache hätten sich der Beschwerdegegner 1 und C. widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich verhalten. Der kaufmännische Verband habe daher zur Einleitung des mit Gesuch vom 28. April 2020 angestrengten Mietausweisungsverfahrens zu keinem Zeitpunkt über ein Rechtsschutzinteresse verfügt. Bei Offenlegung sämtlicher Informationen und wahrheitsgemässen Behauptungen hätte auf das Gesuch nicht eingetreten werden dürfen. Der Beschwerdegegner 1 und C. hätten die Beschwerdeführerin mit dem abgekarteten Spiel zur Beteiligung am Mietausweisungsprozess genötigt. Infolge Unterliegens sei die Beschwerdeführerin mit Verfügung des Handelsgerichts Zürich vom 2. Juli 2020 zur Bezahlung der Prozesskosten in der Höhe von Fr. 16'500.-verpflichtet worden. Durch sein Verhalten habe sich der Beschwerdegegner 1 des Betrugs, der Nötigung und eventualiter der arglistigen Vermögensschädigung strafbar gemacht (Urk. 13/1 S. 8 ff.).

    2. Die Staatsanwaltschaft erwog dazu in der angefochtenen Verfügung, es verhalte sich rechtmässig, wer handle, wie es das Gesetz gebiete erlaube (Art. 14 StGB). Das Recht zur Stellung eines Gesuchs um Mietausweisung könne niemandem verwehrt werden. Dessen Prüfung obliege dem zuständigen Gericht. Ob das Verfahren gesetzeskonform durchgeführt worden sei, könne nicht Gegenstand des Strafverfahrens sein, zumal sich die Beschwerdeführerin im Rahmen des beanstandeten Verfahrens bzw. mit Rechtsmitteln dagegen habe zur Wehr setzen können. Hinweise auf ein strafbares Verhalten seien nicht erkennbar

      (Urk. 3/2 S. 2 f.).

    3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Gegenstand des Strafverfahrens könne sein, ob die betreffenden Parteien bzw. deren Vertreter in strafbarer Weise auf das Verfahren eingewirkt hätten. Es gehe darum, ob diese Personen unwahre Tatsachenbehauptungen getätigt und damit in strafbarer Weise auf den Ausgang des Verfahrens eingewirkt hätten. Sofern in einem Zivilverfahren unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt würden, sei dies strafrechtlich relevant. Infolgedessen sei dies unter strafrechtlichen Gesichtspunkten auch zu untersuchen, unabhängig vom zivilprozessualen Rechtsschutz. Der Beschwerdegegner 1 habe zusammen mit Rechtsanwalt C. ausgeführt, dass zwischen der E. AG und dem kaufmännischen Verband kein direktes Vertragsverhältnis bestehe. Gleichzeitig habe er aber ausgeführt, die Beschwerdeführerin könne von der

      E. AG nicht verlangen, ihr Mobiliar aus dem früheren Mietobjekt zu entfer- nen, um es eine halbe Stunde später wieder einzuräumen. Es liege daher auf der Hand, dass ein direktes Vertragsverhältnis bestehe. Die Staatsanwaltschaft habe daher zu untersuchen, ob ein solches bestehe. Wenn dies zutreffe, könne nicht die Rede davon sein, dass die fraglichen Tatbestände eindeutig nicht erfüllt seien (Urk. 2 S. 9 f.).

    4. Am Handelsgericht Zürich wurde das Ausweisungsverfahren mit dem Betreff Rechtsschutz in klaren Fällen geführt. Es handelt sich um ein summarisches Verfahren (vgl. Urk. 13/2/22; Art. 257 Abs. 1 ZPO). Im summarischen Verfahren ist der Beweis in der Regel durch Urkunden zu erbringen (Art. 254 Abs. 1 ZPO; Urteil des Bundesgerichts 4A_25/2019 vom 15. April 2019 E. 3). Es gilt jedoch keine Beweismassbeschränkung. Es ist der volle Beweis zu erbringen (vgl. Stephan Mazan, in: Spühler/Tenchio/Infanger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Basel 2017, N. 1 zu Art. 254 ZPO).

Es trifft zu, dass ein Einwirken auf einen Entscheid eines Zivilgerichts strafrechtlich relevant sein kann. Indessen ist die blosse Behauptung von unwahren Tatsachen durch eine Partei des Zivilprozesses grundsätzlich nicht strafbar auch dann nicht, wenn das Gericht die unwahren Behauptungen glaubt und dafür keine Urkunde als Beweis abnimmt. Es fehlt insofern am Tatbestandsmerkmal der Arglist, damit die Tatbestände des Betrugs der arglistigen Vermögensschädigung erfüllt sein könnten (Art. 146 und Art. 151 StGB). In Bezug auf den Vorwurf der Nötigung fehlt es an der Unrechtsmässigkeit des Mittels, des Zwecks deren Verbindung (Art. 181 StGB; vgl. zur Unrechtmässigkeit der Nötigung das Urteil des Bundesgerichts 6B_1282/2020 vom 8. Juli 2021 E. 6.3). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Aussagen nicht im Rahmen einer Parteibefragung Beweisaussage erfolgen (vgl. Art. 191 und Art. 192 ZPO). Dass dies hier der Fall sein soll, behauptet die Beschwerdeführerin nicht und ergibt sich auch nicht aus dem Entscheid vom 2. Juli 2020 des Handelsgerichts (vgl. Urk. 13/2/22). Gemäss diesem Entscheid erfolgte die Kündigung des Mietverhältnisses und das Ausweisungsverfahren aufgrund eines Zahlungsverzugs der Beschwerdeführerin. Es ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich, inwiefern es für das Ausweisungsverfahren relevant war, ob zwischen dem kaufmännischen Verband und der E. AG ein direkter Vertrag bestand. Ob der kaufmännische Verband mit der Ausweisung und deren Vollzug allenfalls ein bestehendes Vertragsverhältnis mit der

E. AG verletzte, ist für das Ausweisungsverfahren nicht entscheidend. Aus strafrechtlicher Sicht ist es irrelevant, ob die Einleitung des Ausweisungsverfahrens widersprüchlich rechtsmissbräuchlich war. Ein allfälliges widersprüchliches rechtsmissbräuchliches zivilrechtliches Vorgehen zeitigt zivilrechtliche Folgen, da es sich hier wie erwähnt höchstens um unwahre tatsächliche Behauptungen handelt. Dass in einschlägigem Sinne mit einer Straftat auf das Zivilverfahren Einfluss genommen wurde, ist nicht ersichtlich. Die angefochtene Verfügung ist in diesem Punkt nicht zu beanstanden.

5.

    1. Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Beschwerdeführerin unterliegt im Beschwerdeverfahren. Sie hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

      Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Zeitaufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'200.-festzusetzen (§ 17 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 GebV OG).

    2. Da die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren unterliegt, ist sie nicht zu entschädigen. Der Beschwerdegegner 1 obsiegt im Beschwerdeverfahren mit

      seinem Antrag. Da er eine Seite eingereicht hat und zu seinem Antrag an sich auf eine Stellungnahme verzichtet (vgl. Urk. 14), sind ihm keine erheblichen Aufwen- dungen entstanden, die zu entschädigen wären.

    3. Die Beschwerdeführerin hat für das Beschwerdeverfahren eine Sicherheitsleistung von Fr. 2'500.-bezahlt (Art. 383 StPO; Urk. 5 und Urk. 9). Die der Beschwerdeführerin auferlegten Kosten sind von der Sicherheitsleistung zu beziehen. Im Restbetrag ist ihr die Sicherheitsleistung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel gegen den vorliegenden Entscheid zurückzuerstatten, vorbehältlich allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 1'200.-festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.

  3. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Die der Beschwerdeführerin auferlegten Kosten (Fr. 1'200.--) werden von der Sicherheitsleistung (Fr. 2'500.--) bezogen. Im Restbetrag wird der Beschwerdeführerin die Sicherheitsleistung zurückerstattet - unter Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates.

  5. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt MLaw X. , zweifach, für sich und die Beschwerdeführerin, per Gerichtsurkunde

    • den Beschwerdegegner 1, per Gerichtsurkunde

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, ad F-6/2020/10026696, zweifach, für sich und die eigene Kasse, unter gleichzeitiger Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 13), gegen Empfangsbestätigung

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 25. November 2021

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiber:

Dr. iur. S. Christen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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