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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils UE170252: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschwerdeführer wurde wegen geringfügigen Diebstahls von zwei Herrenbadehosen bestraft und erhob Einspruch. Er behauptete, vom Sicherheitsdienstmitarbeiter des Ladens verprügelt worden zu sein und forderte eine Bestrafung dieses Mitarbeiters. Das Statthalteramt stellte das Verfahren gegen den Sicherheitsdienstmitarbeiter ein, worauf der Beschwerdeführer Beschwerde einreichte. Nach verschiedenen Verfahrensschritten und Videoaufnahmen entschied das Obergericht des Kantons Zürich, dass der Eingriff des Sicherheitsdienstmitarbeiters in die körperliche Integrität des Beschwerdeführers gerechtfertigt war und wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten von CHF 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, und die Prozesskaution von CHF 1'200.- wird entsprechend verrechnet.

Urteilsdetails des Kantongerichts UE170252

Kanton:ZH
Fallnummer:UE170252
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE170252 vom 19.03.2018 (ZH)
Datum:19.03.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einstellung
Schlagwörter : Beschwerdegegner; Beschwerdeführer; Beschwerdeführers; Über; Recht; Beschwerdegegners; Polizei; Recht; Statthalteramt; Bezirk; Bülach; Videoaufzeichnung; Garderobe; Bezirkes; Sinne; Videoaufzeichnungen; Verfügung; Einstellung; Verfahren; Tätlichkeit; Eingriff; Selbsthilfe; Übertretung; Verfahren; Tatverdacht; Aufnahmen; Sicherheitsdienst
Rechtsnorm:Art. 103 StGB ;Art. 123 StGB ;Art. 126 StGB ;Art. 14 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 183 StGB ;Art. 218 StPO ;Art. 308 StPO ;Art. 318 StPO ;Art. 319 StPO ;Art. 357 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 52 OR ;
Referenz BGE:104 IV 90; 117 IV 14; 134 IV 189; 138 IV 86;
Kommentar:
Hausheer, Berner Kommentar zum Obligationenrecht, Art. 52 OR, 2013
Schweizer, Trechsel, Pieth, Praxis, 3. Aufl., Zürich, Art. 123 StGB, 2018
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts UE170252

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE170252-O/U/HEI>BEE

Verfügung vom 19. März 2018

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

  1. B. ,
  2. Statthalteramt Bezirk Bülach,

    Beschwerdegegner

    betreffend Einstellung

    Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung des Statthalteramts des Bezirks Bülach vom 31. August 2017, ST.2017.7101

    Erwägungen:

    I.
    1. Mit Strafbefehl vom 11. Dezember 2017 büsste das Statthalteramt des Bezirkes Bülach A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) wegen geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB mit Fr. 880.-

- (Entwendung von zwei Herrenbadehosen im Gesamtwert von Fr. 148.-am

20. Juni 2017 um ca. 17.04 Uhr in der Herrenabteilung des Verkaufsgeschäfts

C. im D. in E. ; Urk. 36/2). Dagegen erhob der Beschwerdeführer Einsprache (vgl. Urk. 36/1).

Anlässlich der Tatbestandsaufnahme betreffend den Ladendiebstahl machte der Beschwerdeführer geltend, von B. , Angestellter des Sicherheitsdienstes im C. D. , (nachfolgend: Beschwerdegegner) verprügelt worden zu sein (Urk. 6/1.1 S. 2). Er stellte am 24. Juni 2017 einen entsprechenden Strafantrag (Urk. 6/2). Mit Verfügung vom 31. August 2017 stellte das Statthalteramt des Bezirkes Bülach das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner betreffend Tätlichkeiten zum Nachteil des Beschwerdeführers ein (Urk. 6/3.1). Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 9. September 2017 Beschwerde bei der hiesigen Kammer und beantragte sinngemäss die Aufhebung der Einstellungsverfügung des Statthalteramtes des Bezirkes Bülach vom 31. August 2017 und die Bestrafung des Beschwerdegegners wegen Tätlichkeiten (Urk. 2).

2. Mit Verfügung vom 22. September 2017 wurde dem Beschwerdeführer Frist zur Leistung einer Prozesskaution von einstweilen Fr. 1'200.-angesetzt (Urk. 9). Diese ging innert Frist bei der Obergerichtskasse ein (Urk. 11). Mit Verfügung vom 20. Oktober 2017 wurden beim Statthalteramt des Bezirkes Bülach aus dem Geschäft Nr. 70080283 betreffend geringfügiger Ladendiebstahl die Videoaufnahmen aus den Überwachungskameras des Verkaufsgeschäftes C. betreffend den Vorfall vom 20. Juni 2017 beigezogen (Urk. 12), welche in Kopie zu den Akten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens genommen wurden

(Urk. 18). Dem Beschwerdeführer wurde mit Verfügung vom 27. November 2017

eine Kopie der Videoaufnahmen zugestellt unter Ansetzung einer Nachfrist von fünf Tagen zur allfälligen Ergänzung seiner Beschwerde (Urk. 22). Mit Eingabe vom 3. Dezember 2017 ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerdeschrift (Urk. 30). Mit Verfügung vom 9. Januar 2018 wurde die Beschwerdeschrift sowie deren Ergänzung dem Beschwerdegegner sowie dem Statthalteramt des Bezirkes Bülach zur (freigestellten) Stellungnahme übermittelt (Urk. 38). Der Beschwerdegegner liess sich innert Frist nicht vernehmen. Das Statthalteramt des Bezirkes Bülach hat auf eine Stellungnahme verzichtet (Urk. 44). Das Beschwerdeverfahren erweist sich damit als spruchreif. Über die Beschwerde entscheidet die Verfahrensleitung bzw. der Präsident der Kammer (Art. 395 lit. a StPO).

II.
  1. Die zur Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen eingesetzten Verwaltungsbehörden haben die Befugnisse der Staatsanwaltschaft (Art. 357 Abs. 1 StPO). Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Vorschriften über das Strafbefehlsverfahren (Art. 357 Abs. 2 StPO). Gemäss Art. 308 Abs. 1 StPO besteht der Zweck der Strafuntersuchung darin, den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht so weit abzuklären, dass das Vorverfahren abgeschlossen werden kann. Bei der Verfolgung dieses Zwecks steht (auch) der Übertretungsstrafbehörde ein gewisser Ermessensspielraum zu. Insbesondere hat sie diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die zur Klärung des Falles Wesentliches beizutragen vermögen. Sie ist aber gerade im Übertretungsstrafbereich nicht verpflichtet, alle erdenklichen Ermittlungshandlungen vorzunehmen. Nach Beendigung des Untersuchungsverfahrens entscheidet die Behörde, ob ein Strafbefehl zu erlassen das Verfahren einzustellen ist (vgl. Art. 318 StPO). Eine Einstellung erfolgt, wenn der Übertretungstatbestand nicht erfüllt ist (Art. 357 Abs. 3 StPO). Sinngemäss anzuwenden sind die in Art. 319 StPO genannten Einstellungsgründe. Eine Einstellung hat daher (u.a.) zu erfolgen, wenn sich ein Tatverdacht nicht in einem Mass erhärten lässt, das eine Anklage bzw. in der Kompetenz der Übertretungsstrafbehörde einen Strafbefehl rechtfertigt, wenn kein Tatbestand erfüllt ist wenn Rechtfertigungsgründe einen Tatbestand unanwendbar machen (vgl. Art. 319 Abs. 1 lit. a, b und c StPO; Riklin, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung [BSK StPO], 2. Aufl., Basel 2014, Art. 357 N 10; Schwarzenegger, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung,

  2. Aufl., Zürich 2014, Art. 357 N 13). Bei dieser Beurteilung steht der Untersuchungsbehörde ein gewisser Ermessensspielraum zu. Der für die Staatsanwaltschaft bei zu verfolgenden Verbrechen und Vergehen geltende Grundsatz in dubio pro duriore - der verlangt, dass bei zweifelhafter Beweisoder Rechtslage das Verfahren seinen Fortgang nimmt (vgl. BGE 138 IV 86 E. 4.1.1 = Pra 101 [2012] Nr. 114) ist bei Übertretungen sodann weniger strikt zu handhaben. Mit anderen Worten hat die Übertretungsstrafbehörde nicht zwingend einen Strafbefehl zu erlassen, wenn gewisse Zweifel an einer klaren Straflosigkeit bestehen (vgl. Verfügungen der hiesigen Kammer vom 22. Juli 2016, Geschäfts-Nr. UE160087, E. III./2., und vom 31. Januar 2017, Geschäfts-Nr. UE160133,

    E. III./1.).

    1. Das Statthalteramt des Bezirkes Bülach begründete die Einstellung des Verfahrens mit den widersprüchlichen Aussagen der Beteiligten und dem Fehlen unabhängiger Zeugen (vgl. Urk. 3).

    2. Der Beschwerdeführer machte in seiner Beschwerde geltend, er sei vom Beschwerdegegner am 20. Juni 2017 grundlos des Diebstahls beschuldigt und von diesem zusammengeschlagen worden. Vom Vorfall bestünden Aufnahmen von Überwachungskameras, was von der Staatsanwaltschaft in der angefochtenen Verfügung nicht berücksichtigt worden sei (Urk. 2).

Zu den nachträglich beigezogenen Videoaufzeichnungen führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, diesen sei zu entnehmen, dass er sich nie aggressiv verhalten, sondern immer wieder nach der Polizei verlangt habe. Aus den Videoaufnahmen 45 HAKA und 39 UVE gehe hervor, dass der Beschwerdegegner sich sehr aggressiv verhalten habe und ihn, den Beschwerdeführer, um 17.11 Uhr in der Garderobe angefangen habe zu schlagen, wovon ihn auch die Anwesenheit des minderjährigen Sohnes des Beschwerdeführers nicht abgehalten habe. Aus der Aufnahme 41 H gehe hervor, dass der Beschwerdegegner ihn um

17.13 Uhr bei der Rolltreppe gepackt, ihm die Arme verdreht und an den Hals gegriffen habe. Dieses Mal seien mehrere Zeugen dabei gewesen. Aus der Aufnahme 43 HAKA gehe hervor, dass der Beschwerdegegner ihn danach zum Lift geschleppt und mit Gewalt auf den Boden geworfen habe. Diese Aufnahme stamme von einer Seitenkamera, weshalb die Aufnahmen ganz klein seien. Es seien deshalb die Aufnahmen der Überwachungskameras neben dem Lift und im Lift zu erheben. Im Lift habe ihn der Beschwerdegegner weiter verprügelt und ihn bei der Ankunft im Untergeschoss mit voller Wucht aus dem Lift geworfen. Er sei am Boden gelegen, und der Beschwerdegegner habe ihn zugedrückt. Das hätten mehrere Zeugen, unter ihnen das Personal gesehen. Der nächste Videoabschnitt beginne ab 17.38 Uhr. Es fehlten somit Aufnahmen zwischen 17.15 Uhr und 17.38 Uhr. Die Videoaufzeichnung der Ankunft der Polizei und der Kontrolle seiner Sachen als wichtigstes Beweismittel seiner Unschuld fehle ebenfalls. Eine solche Videoaufzeichnung müsse vorhanden sein, da im Raum, wo die polizeiliche Kontrolle stattgefunden habe, gefilmt worden sei. Die fehlenden Aufnahmen seien somit noch zu erheben. Sodann seien die mehreren Zeugen, die identifiziert werden könnten, und der Beschwerdegegner zu befragen (Urk. 30).

    1. Nach Art. 126 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Körpers der Gesundheit zur Folge haben. In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz gefordert, wobei Eventualvorsatz genügt (Roth/Keshelava in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht II [BSK StGB II], 3. Aufl., Basel 2013, Art. 126 N 13). Gemäss Bundesgericht liegt eine Tätlichkeit vor, wenn das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass einer Einwirkung auf den Körper eines andern überschritten wird (BSK StGB II-Roth/Keshelava, a.a.O., Art. 126 N 3 m.H. auf BGE 134 IV 189). Strafwür- dig sind einerseits nicht schon geringfügigste Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit (Trechsel/Geth, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2018, Art. 126 N 1). Gegenüber der einfachen Körperverletzung (Art. 123 StGB) ist die Tätlichkeit andererseits dadurch abgegrenzt, dass sie noch keine Schädigung des Körpers der Gesundheit zur Folge hat. Als Tätlichkeiten sind namentlich Eingriffe in die körperliche Integrität zu werten, die nur Schrammen, Kratzer, Schürfungen, blaue

      Flecken Quetschungen bewirken, ohne erhebliche Schmerzen zu verursachen (BSK StGB II-Roth/Keshelava, a.a.O., Art. 126 N 5) so etwa Ohrfeigen, Faustschläge, Fusstritte und heftige Stösse (Donatsch, Strafrecht III, 10. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, § 3 S. 56; Urteile BGer vom 08.10.2001, 6P.99/2001 bzw.

      6S.436/2001; BGE 117 IV 14 Erw. 2 b).

    2. Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist (Art. 14 StGB). Als Quelle solcher Erlaubnisse Gebote kommt die gesamte Rechtsordnung in Betracht. Rechtfertigungsgründe, die für die vorliegend im Raume stehende Anwendung unmittelbaren Zwangs gegenüber einer Person und für eine Ausnahme vom Verbot der Gewaltanwendung durch Private zur Abwehr von Eigentumsverletzungen in Betracht kommen, sind insbesondere die Festnahme durch Privatpersonen nach Art. 218 StPO und das Selbsthilferecht nach Art. 52 Abs. 3 OR. Eingriffe unter Berufung auf Art. 14 StGB unterstehen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Der Eingriff muss also geeignet und erforderlich sein, um den verfolgten Zweck herbeizuführen. Sodann muss auch Verhältnismässigkeit zwischen Eingriffszweck und Eingriffswirkung gegeben sein. Die Rechte privater Sicherheitsdienstanbieter ob sie nun im Auftrag von Privatpersonen aufgrund staatlicher Ermächtigung auf Basis eines öffentlich-rechtlichen Vertrages tätig werden gehen nicht weiter als die Rechte jeder einzelnen Privatperson im Rahmen der gesetzlichen Rechtfertigungsgründe (vgl. zum Ganzen: Seelmann in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I [BSK StGB I], 3. Aufl., Basel 2013, Art. 14 N 3 und 5; BSK StPO-Albertini/Arm-

bruster, a.a.O., Art. 218 N 3).

Rechtmässig handelt nach Art. 52 Abs. 3 OR namentlich, wer zum Zwecke der Sicherung eines berechtigten Anspruchs sich selbst Schutz verschafft, wenn nach den gegebenen Umständen amtliche Hilfe nicht rechtzeitigt erlangt und nur durch Selbsthilfe eine Vereitelung des Anspruches eine wesentliche Erschwerung seiner Geltendmachung verhindert werden konnte. Der Rechtfertigungsgrund von Art. 52 Abs. 3 OR gilt wie erwähnt über das Haftpflichtrecht hinaus auch im Strafrecht (vgl. BGE 104 IV 90 E. 2 m.H.). Er rechtfertigt grundsätzlich jede Handlung, sofern diese angemessen und nicht rechtsmissbräuchlich ist. Der zur Selbsthilfe Berechtigte kann u.U. auch auf die Anwendung von Gewalt angewiesen sein (vgl. Brem in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar zum Obligationenrecht, 4. Aufl., Bern 2013, Art. 52 N 58 ff.; vgl. auch ZStrR 2004 S. 58 ff.).

    1. Gemäss den im Rapport der Kantonspolizei Zürich sinngemäss zusammengefassten Aussagen des Beschwerdeführers führte dieser aus, er sei in Anwesenheit seines Sohnes von einem der beiden Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes des C. verprügelt worden. Er, der Beschwerdeführer, habe nichts gestohlen und habe auch nicht flüchten wollen. Den Inhalt seiner Tasche habe er nur der Polizei zeigen wollen (Urk. 6/1.1 S. 2).

    2. Der Beschwerdegegner führte demgegenüber sinngemäss aus, der Beschwerdeführer habe sich verdächtig verhalten, weshalb sie [der Beschwerdegegner und sein Kollege vom Sicherheitsdienst des C. ] diesen nach dem Verlassen des C. hätten kontrollieren wollen. Der Beschwerdeführer habe ihnen den Inhalt seiner Tasche nicht zeigen wollen und habe ihnen erzählt, er habe die Kleider, die er anprobiert habe, in der Garderobe zurückgelassen. Der Beschwerdeführer habe darauf bestanden, ihnen dies zu zeigen. Sie seien zurück in die Garderobe gegangen, wo sich der Beschwerdeführer sogleich eingeschlossen habe. Sie hätten die Kabine mit einem 50-Rappen-Stück öffnen müssen. Sein Kollege habe beobachten können, wie der Beschwerdeführer die Badehosen in der Umkleidekabine hinter dem Sitz habe verschwinden lassen wollen. Sie hätten mit dem Beschwerdeführer die Garderobe wieder verlassen. Der Beschwerdeführer habe dann versucht zu flüchten, worauf er, der Beschwerdegegner, ihn festgehalten habe. Er habe den Beschwerdeführer nicht geschlagen, sondern diesen nur zurückgehalten, damit dieser vor dem Eintreffen der Polizei nicht habe fliehen können (Urk. 6/1.1 S. 2 f.).

      1. Aufgrund des vom Beschwerdegegner glaubhaft geschilderten Verhaltens des Beschwerdeführers in der Garderobe der Herrenabteilung des C. (Einschliessen in der Kabine, versuchtes Verstecken der in der Auslage fehlenden zwei Badehosen hinter dem Hocker in der Kabine; vgl. auch Erwägungen im

        Strafbefehl vom 11. Dezember 2017 zu den Wahrnehmungen der Sicherheitsdienstmitarbeiter zeitlich vor der Kontrolle des Beschwerdeführers in Urk. 36/2) bestand gegen den Beschwerdeführer ein dringender Tatverdacht betreffend einen geringfügigen Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB. Der dringende Tatverdacht bezieht sich damit auf eine Übertretung im Sinne von Art. 103 StGB, weshalb das Festnahmerecht Privater im Sinne von

        Art. 218 StPO als gesetzliche Grundlage für die Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers durch den Beschwerdegegner vorliegend grundsätzlich keine Anwendung findet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner als Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Geschädigten (C. ) ermächtigt war, deren Interessen wahrzunehmen. Er war damit grundsätzlich berechtigt, den Beschwerdeführer aufgrund des vorerwähnten Tatverdachts bis zum Eintreffen der Polizei zurückzuhalten. Diese der Selbsthilfe der Geschädigten im Sinne von Art. 52 Abs. 3 OR dienende Massnahme war vorliegend geeignet und erforderlich, da es den Sachverhalt und die Identität des Beschwerdeführers abzuklären galt, um allfällige Ansprüche der Geschädigten gegen den Beschwerdeführer später geltend machen zu können, der Beschwerdeführer aber zu einer Überprüfung seiner Personalien und Durchsuchung seiner Tasche durch den Beschwerdegegner unbestrittenermassen nicht bereit war und offenbar selbst den Beizug der Polizei verlangte, die Polizei zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht vor Ort war (vgl. Albertini/Armbruster, a.a.O., Art. 218 N 2).

      2. it dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei vom Beschwerdegegner verprügelt und damit stark geschlagen worden, macht dieser sinngemäss geltend, das Verhalten des Beschwerdegegners im Rahmen der Ausübung des Selbsthilferechts sei unverhältnismässig gewesen, mithin habe der Beschwerdegegner mit seinem Handeln die erlaubten Grenzen der Selbsthilfe nach Art. 52 Abs. 3 OR überschritten.

      3. Den Videoaufzeichnungen 39 UVE ab 17.07 Uhr (DVD 3), 41 H ab

17.13 Uhr (DVD 3), 43 HAKA ab 17.13 Uhr (DVD 1 und 2) und 45 HAKA ab 17.11

Uhr (DVD 2), ist zu entnehmen, wie der Beschwerdeführer vor dem Verkaufsgeschäft C. vom Beschwerdegegner und dessen Kollegen angesprochen wird und nach einer längeren Unterhaltung der Beschwerdeführer mit seinem Sohn an der Hand mit etwas Abstand gefolgt vom Beschwerdegegner und dessen Kollegen zur Garderobe geht und sich währenddessen mit diesen unterhält. Ab 17.13 Uhr ist ersichtlich, wie der Beschwerdeführer dicht gefolgt vom Beschwerdegegner zwischen den Kleiderauslagen aus der Garderobe zur Rolltreppe geht. Bei der Rolltreppe hält der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer an den Armen fest, worauf sich dieser loszureissen versucht und es zu einem Gerangel zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner kommt, während welchem der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer mit beiden Armen zuerst von hinten über dem Brustkorb und dann über die Schulter umfasst und sich der Beschwerdeführer weiterhin aus dem Griff zu lösen versucht. Beide verschieben sich in der Folge nach hinten, mutmasslich zum Lift, gefolgt vom Kollegen des Beschwerdegegners und dem Sohn des Beschwerdeführers.

5.3.4 Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer nach dem Verlassen der Garderobe, mithin nach der Feststellung der Umstände, die den Beschwerdegegner berechtigterweise zur Annahme eines dringenden Tatverdachts betreffend Diebstahl veranlassten bei den Rolltreppen festgehalten. Auf den Videoaufzeichnungen (39 UVE 17.13 Uhr DVD 3) ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer von der Garderobe herkommend nach dem Passieren der Kleiderauslage kurz vor der Rolltreppe eine abrupte Bewegung nach links machte. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht abwegig, wenn der Beschwerdegegner davon ausging, der Beschwerdeführer wolle fliehen, weshalb er diesen in seiner Funktion als Sicherheitsdienstangestellter der Geschädigten zum Zwecke der Durchsetzung von deren Ansprüchen daran hindern und diesen festhalten durfte. Weiter wird ersichtlich, dass das nachfolgende Gerangel zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeführt werden kann, der sich gegen das berechtigte Festhalten des Beschwerdegegners wehrte und versuchte, sich aus dem Griff des Beschwerdegegners zu lösen. Vor diesem Hintergrund erscheint der auf den Videoaufnahmen wahrnehmbare Einsatz körperlichen Zwangs des Beschwerdegegners gegenüber dem Beschwerdeführer, soweit dieser Eingriff in die körperlichen Unversehrtheit überhaupt die Schwelle zur Tätlichkeit überschreiten sollte, nicht unverhältnismässig und mit den Aussagen des Beschwerdegegners zum Geschehen vereinbar. Ein eigentlicher Griff des Beschwerdegegners an den Hals des Beschwerdeführers ist auf den Aufnahmen nicht ersichtlich. Zu keinem Zeitpunkt der in den Akten liegenden relevanten Videosequenzen wird sodann erkennbar, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer geschlagen sogar verprügelt und zu Boden geworfen hätte. Vom Geschehen in der Garderobe bestehen sodann keine Videoaufzeichnungen, die die Darstellung des Beschwerdeführers zu stützen vermöchten. Auch in Bezug auf das Geschehen unmittelbar vor dem Lift, im Lift und beim Verlassen des Lifts im Untergeschoss liegen an Beweismitteln einzig die sich widersprechenden Aussagen des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners vor. Auch diesbezüglich existieren somit keine objektiven Beweismittel, die die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei vom Beschwerdegegner auch unmittelbar beim Lift, im Lift und nach dem Verlassen des Liftes im Untergeschoss geschlagen und zu Boden geworfen worden, zu stützen vermöchten. Wäre der Beschwerdeführer vom Beschwerdegegner tatsächlich verprügelt und zu Boden geworfen worden, wie er geltend machte, wäre zu erwarten gewesen, dass er sichtbare Spuren davon getragen hätte, wie etwa Rötungen und Hämatome. Solche Beeinträchtigungen wurden beim Beschwerdeführer jedoch nicht festgestellt und wurden von diesem auch nicht geltend gemacht. Der Beschwerdeführer legte auch nicht näher dar, welcher Handlung er den Beschwerdegegner mit seiner Äusserung in der Beschwerde bezichtigt, wonach ihn der Beschwerdegegner nach dem Verlassen des Liftes im Untergeschoss zugedrückt habe. Aufgrund des dringenden Tatverdachts betreffend Diebstahl, der nicht widerlegbaren Aussage des Beschwerdegegners, der Beschwerdeführer habe fliehen wollen, der vom Beschwerdeführer verweigerten Kontrolle durch den Beschwerdegegner und dessen Kollegen und damit insbesondere auch der fehlenden Kenntnis der Personalien des Beschwerdeführers war der Beschwerdegegner berechtigt, diesen unter Einsatz von körperlichem Zwang festzuhalten und bis zum Eintreffen der nachweislich bereits avisierten Polizei in einem Raum zurückzuhalten. Der sinngemäss erhobene Vorwurf, der erfolgte Eingriff in die körperliche Integrität und die Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers durch den

Beschwerdegegner habe die Grenzen der erlaubten Selbsthilfe nach Art. 52 Abs. 3 OR überschritten und sei unverhältnismässig gewesen, lässt sich vor dem

Hintergrund des vorliegenden Beweisergebnisses, insbesondere der in den Akten liegenden Videoaufzeichnungen der zeitlich eng begrenzten Festhaltung des Beschwerdeführers, nicht aufrechterhalten.

Der Beschwerdeführer hat nichts geltend gemacht, was an diesem Ergebnis etwas zu ändern vermöchte. Der Beschwerdeführer beantragt, es seien weitere Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras vor dem Lift (auch im UG) und im Lift sowie vom Raum, in welchem er von der Polizei kontrolliert wurde, beizuziehen. Es ist davon auszugehen, dass mit den von der hiesigen Kammer aus dem Verfahren betreffend geringfügigen Diebstahl bei der Polizei erhältlich gemachten Videoaufnahmen alle in der Sache von der Polizei erhobenen Aufnahmen vorliegen. Es ist sodann nicht zu erwarten, dass weitere Videoaufzeichnungen aus dem Raum, in welchem der Beschwerdeführer von der eintreffenden Polizei kontrolliert worden ist, Sachdienliches zum vorangegangenen vorliegend relevanten Geschehen beizutragen vermöchten. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umstand, dass die Polizei anlässlich ihrer Kontrolle in der Umhängetasche des Beschwerdeführers kein Deliktsgut habe feststellen können, vermochte den dringenden Tatverdacht betreffend Diebstahl aufgrund der glaubhaft vorgetragenen Aussagen des Beschwerdegegners jedenfalls nicht zu entkräften. Es erscheint aufgrund des Zeitablaufs sodann wenig wahrscheinlich, dass weitere Personen im heutigen Zeitpunkt mehr als acht Monate seit dem Vorfall im Juni 2017 noch sachdienliche Angaben dazu, insbesondere zum Geschehen vor dem Lift (im OG und UG) und im Lift im C. D. , machen könnten. Zudem liesse sich diesbezüglich mangels Videoaufzeichnungen und konkreter Angaben des Beschwerdeführers wohl nicht mehr eruieren, wer vom Verkaufspersonal etwas vom Vorfall mitbekommen haben und dazu Aussagen machen könnte. Aufgrund der aktenkundigen Darstellung des Geschehens durch den Beschwerdegegner (vgl. Urk. 6/1.1 S. 2), die mit den vorliegenden Videoaufzeichnungen korrespondieren, erübrigt sich auch eine förmliche Einvernahme des Beschwerdegegners zur Sache. Weitere sachdienliche Beweise, die mit Blick auf den abzuklärenden Sachverhalt einen entscheiderheblichen Informationsgewinn

versprechen, sind somit nicht ersichtlich und werden in der Beschwerde auch nicht namhaft gemacht.

6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Eingriff des Beschwerdegegners in die körperliche Integrität und die Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers am 20. Juni 2017 soweit ein solcher überhaupt dokumentiert und erstellbar ist - die Grenzen der erlaubten Selbsthilfe nach Art. 52 Abs. 3 OR nicht überschritten hat und damit verhältnismässig gewesen ist. Eine Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB lässt sich vorliegend nicht erstellen. Dies gilt vor dem Hintergrund des Ausgeführten auch für die Straftatbestände der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB und der Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 StGB. Die Einstellung des Verfahrens im Sinne von Art. 319 Abs. 1 lit. c StPO i.V.m. Art. 14 StGB sowie Art. 357 Abs. 3 StPO erfolgte zu Recht. Die Beschwerde ist folglich abzuweisen.

III.
  1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). In Beachtung der Bemessungskriterien von § 2 Abs. 1 lit. b-d GebV OG und gestützt auf § 17 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 1'000.-festzusetzen. Die Gerichtsgebühr ist mit der vom Beschwerdeführer geleisteten Kaution zu verrechnen. Im Restbetrag ist die Kaution dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten, vorbehältlich allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates.

  2. Der Beschwerdegegner hat auf eine Stellungnahme verzichtet und keine Anträge gestellt. Eine Entschädigung ist dem Beschwerdegegner somit nicht zuzusprechen.

Es wird verfügt:

(Oberrichter lic. iur. Th. Meyer)

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'000.-festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.

  3. Die vom Beschwerdeführer geleistete Prozesskaution von Fr. 1'200.-wird im Umfang von Fr. 1'000.-zur Deckung der Gerichtskosten (Dispo-Ziff. 2) verwendet. Im Restbetrag wird die Prozesskaution dem Beschwerdeführer - unter Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates - nach Rechtskraft dieses Beschlusses zurückerstattet.

  4. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Beschwerdeführer (per Gerichtsurkunde)

    • den Beschwerdegegner (per Gerichtsurkunde)

    • das Statthalteramt des Bezirkes Bülach (gegen Empfangsbestätigung)

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • das Statthalteramt des Bezirkes Bülach, unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 6; gegen Empfangsbestätigung)

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 19. März 2018

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. Th. Meyer

Gerichtsschreiberin:

lic. iur. F. Gisler Monzón

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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