Zusammenfassung des Urteils UE160170: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschwerdeführer A. hat bei der Staatsanwaltschaft See/Oberland eine Strafanzeige gegen B. wegen Nötigung erstattet. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch entschieden, die Strafuntersuchung nicht anzunehmen. Der Beschwerdeführer hat daraufhin Beschwerde eingereicht und argumentiert, dass er zivilrechtlich keine Möglichkeiten hat, gegen die Versicherung vorzugehen. Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Beschwerde abgewiesen und entschieden, dass es sich um eine rein versicherungsrechtliche Streitigkeit handelt, für die der Beschwerdeführer andere rechtliche Wege nutzen kann. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | UE160170 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | III. Strafkammer |
Datum: | 11.07.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtanhandnahme |
Schlagwörter : | Staatsanwaltschaft; Versicherung; Prämie; Nichtanhandnahme; Recht; See/Oberland; Streitigkeit; Recht; Frist; Meyer; Nichtanhandnahmeverfügung; Anzeige; Nötigung; Untersuchung; Polizei; Antrag; Vertrag; Leistungspflicht; Versicherer; Verfahren; Rechtsmittel; Empfang; Bundesgerichts; Obergericht; Kantons; Kammer; Präsident; Gerichtsschreiberin |
Rechtsnorm: | Art. 156 StGB ;Art. 20 VVG ;Art. 21 VVG ;Art. 308 StPO ;Art. 309 StPO ;Art. 310 StPO ;Art. 390 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 8 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [kurz: StPO Komm.], Art. 428 OR StPO, 2014 |
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: UE160170-O/U/BUT
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, und lic. iur. W. Meyer, Ersatzoberrichter lic. iur. Th. Vesely und Gerichtsschreiberin Dr. iur.
S. Zuberbühler Elsässer
Beschluss vom 11. Juli 2016
in Sachen
Beschwerdeführer
gegen
Beschwerdegegnerin
betreffend Nichtanhandnahme
Erwägungen:
Mit Eingabe vom 30. Mai 2016 erstattete A. (nachfolgend Beschwerdeführer) bei der Staatsanwaltschaft See/Oberland Strafanzeige gegen die B. wegen Nötigung (Urk. 6/1).
Die Staatsanwaltschaft verfügte am 7. Juni 2016 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung (Urk. 6/2 = Urk. 3). Die Nichtanhandnahmeverfügung ging dem Beschwerdeführer am 15. Juni 2016 zu (Urk. 6/3).
Mit Eingabe vom 15. Juni 2016, hierorts eingegangen am 21. Juni 2016, erhob der Beschwerdeführer innert Frist Beschwerde und beantragte sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie die Durchführung einer Strafuntersuchung (vgl. Urk. 2).
Da sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erweist, wurde auf einen Schriftenwechsel im Beschwerdeverfahren verzichtet (Art. 390 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer machte in der Anzeige geltend, er werde von der
B. genötigt, ihr Fr. 1'130.50 zuzüglich Mahnspesen zu bezahlen. Die Versicherung verweigere ihm Versicherungsleistungen, bis die geforderte Summe bezahlt sei. Er könne jedoch nachweisen, dass er den Betrag bereits geleistet habe (vgl. Urk. 6/1).
Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme im Wesentlichen damit, in der Anzeige werde eine rein versicherungsrechtliche Streitigkeit geschildert. Eine solche sei nicht von der Strafverfolgungsbehörde zu beurteilen (Urk. 3).
Mit der Beschwerde macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, ihm stünden keine Möglichkeiten offen, zivilrechtlich vorzugehen. Die Versicherung drohe immer wieder mit einer Betreibung, handle aber dann doch nicht. So
habe der Beschwerdeführer keine Möglichkeit, mit einem Rechtsvorschlag eine richterliche Beurteilung der eigentlich versicherungsrechtlichen Streitigkeit zu verlangen. Wenn ein zivilrechtlicher Vertragspartner nicht gewillt sei, auf zivilrechtlichem Weg seine vermeintlichen Guthaben einzutreiben, sondern seine Machtstellung missbrauche, den Beschwerdeführer zur Zahlung zu nötigen, sei das Strafrecht zuständig (vgl. Urk. 2).
Gemäss Art. 309 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Eröffnung einer Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige respektive dem Strafantrag aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt, wenn sie Zwangsmassnahmen anordnet sowie wenn sie von der Polizei über schwere Straftaten andere schwer wiegende Ereignisse informiert wurde. Gelangt sie hingegen aufgrund der Strafanzeige respektive des Strafantrags des Polizeirapports zum Schluss, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind, Verfahrenshindernisse bestehen gemäss Art. 8 StPO aus Opportunitätsgründen auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist, verfügt sie die Nichtanhandnahme (Art. 310 Abs. 1 StPO). Der Zweck der Untersuchung besteht nach Art. 308 Abs. 1 StPO darin, den Sachverhalt so weit zu ermitteln, dass das Vorverfahren entweder mit einem Strafbefehl, einer Anklage einer Einstellung abgeschlossen werden kann. Bei der Verfolgung dieses Zwecks steht der Staatsanwaltschaft ein gewisser Ermessensspielraum zu. Dies bedeutet unter anderem, dass die Staatsanwaltschaft nicht jeder Spur und jedem Hinweis nachzugehen hat, auch wenn sich eine beschuldigte Person ein Geschädigter solches vorstellt. Die Staatsanwaltschaft darf dann die Untersuchung z.B. aufgrund eines Strafantrags - nicht an Hand nehmen, wenn mit Sicherheit feststeht, dass der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt. Eine Nichtanhandnahmeverfügung darf jedoch gemäss dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore nicht ergehen, wenn bloss zweifelhaft ist, ob ein Straftatbestand vorliegt (vgl. zum Ganzen: Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, Zürich/St.Gallen 2013, N 1231; Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St.Gallen 2013, Art. 309 N 3 f., Art. 310 N 1 ff.; Landshut/Bosshard,
in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 2014, Art. 309 N 11-14, N 19-23, Art. 310 N 2 ff.).
Der Erpressung im Sinne des Art. 156 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer jemanden durch Gewalt schwere Drohung nachdem er ihn auf andere Weise zum Widerstand unfähig gemacht hat, nötigt, ihm einem andern einen unrechtmässigen Vermögensvorteil zu gewähren. Die Erpressung ist eine qualifizierte Nötigung. Das Tatbestandsmerkmal der Androhung ernstlicher Nachteile ist nicht erfüllt, wenn mit rechtmässigen Mitteln gedroht wird (BSK StGB IIWeissenberger, 3. Aufl., Basel 2013, N 22 zu Art. 156 StGB).
Der Versicherungsnehmer ist zur Bezahlung der Prämie verpflichtet (Art. 18
Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag, VVG). Wird die Prämie zur Verfallzeit während der im Vertrag eingeräumten Nachfrist nicht entrichtet, so ist der Schuldner unter Androhung der Säumnisfolgen auf seine Kosten schriftlich aufzufordern, binnen 14 Tagen, von der Absendung der Mahnung an gerechnet, Zahlung zu leisten (Art. 20 Abs. 1 VVG). Bleibt die Mahnung ohne Erfolg, so ruht die Leistungspflicht des Versicherers vom Ablaufe der Mahnfrist an (Art. 20 Abs. 3 VVG). Wird die rückständige Prämie nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf der Mahnfrist rechtlich eingefordert, so wird angenommen, dass der Versicherer, unter Verzicht auf die Bezahlung der rückständigen Prämie, vom Vertrage zurücktritt (Art. 21 Abs. 1 VVG). Wird die Prämie vom Versicherer eingefordert nachträglich angenommen, so lebt seine Haftung mit dem Zeitpunkte, in dem die rückständige Prämie samt Zinsen und Kosten bezahlt wird, wieder auf (Art. 21 Abs. 2 VVG).
Im vorliegenden Verfahren muss offen bleiben, ob der Beschwerdeführer seine Prämie rechtzeitig bezahlte bzw. ob die Leistungspflicht der Versicherung zu Recht ruht. Massgeblich ist, dass eine Mitteilung der Versicherung, bei Ausbleiben der Prämienzahlung keine weiteren Leistungen zu erbringen, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers grundsätzlich keine Nötigung bzw. keine Er-
pressung darstellt. Das Ruhen der Leistungspflicht bei Nichtbezahlung der Prämie ist gesetzlich vorgesehen.
Mit der Staatsanwaltschaft ist festzuhalten, dass es sich vorliegend um eine rein versicherungsrechtliche Streitigkeit handelt. Dem Beschwerdeführer steht der Rechtsweg offen, wenn ihm die Versicherung Leistungen zu Unrecht verweigert. Er kann sich beispielsweise bei Streitigkeiten betreffend die Krankenund Unfallversicherung an das Sozialversicherungsgericht wenden.
Ein genügender Anfangsverdacht, welcher zur Einleitung eines Strafverfahrens führen könnte, besteht unter diesen Umständen nicht. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 428 Abs. 1 StPO). In Anwendung von § 17 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 GebV OG sowie unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 500.festzusetzen.
Es wird beschlossen:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 500.festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.
Schriftliche Mitteilung an:
den Beschwerdeführer (per Gerichtsurkunde)
die Staatsanwaltschaft See/Oberland, ad C-2/2016/10018904 (gegen Empfangsbestätigung)
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:
die Staatsanwaltschaft See/Oberland, ad C-2/2016/10018904 unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 6; gegen Empfangsbestätigung)
die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch).
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Zürich, 11. Juli 2016
Obergericht des Kantons Zürich
III. Strafkammer
Präsident:
lic. iur. Th. Meyer
Gerichtsschreiberin:
Dr. iur. S. Zuberbühler Elsässer
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