Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SU230062 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 04.03.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Verletzung der Verkehrsregeln |
Zusammenfassung : | Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 4. März 2024 betrifft eine Berufung gegen einen Strafbefehl wegen Verletzung der Verkehrsregeln. Die Beschuldigte wurde freigesprochen und erhält keine Entschädigung. Die Kosten des Strafbefehls und weitere Kosten werden dem Stadtrichteramt Zürich überlassen. Die Beschuldigte legte Berufung ein, um eine Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung zu erhalten, was teilweise bewilligt wurde. Der Verteidiger der Beschuldigten erhält eine Entschädigung von insgesamt Fr. 4'437.35. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren beträgt Fr. 2'000.-. Im Berufungsverfahren wird der Beschuldigten eine reduzierte Prozessentschädigung von Fr. 1'503.- zugesprochen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beschuldigten zu einem Fünftel auferlegt und zu vier Fünfteln auf die Gerichtskasse genommen. Die Entscheidung kann beim Bundesgericht angefochten werden. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Verfahren; Recht; Beschuldigten; Stadtrichteramt; Berufung; Urteil; Verfahren; Entschädigung; Verteidigung; Bundesgericht; AnwGebV; Befehl; Vorinstanz; Stunden; Anwalt; Honorar; Verteidiger; Bundesgerichts; Anwalts; Verfahrens; Honorarnote; Berufungsverfahren; Beizug; Recht; Administrativmassnahme; Verfahrens; Unfall; Gericht; Übertretung |
Rechtsnorm: | Art. 10 StGB ; Art. 103 StGB ; Art. 17 VRV ; Art. 356 StPO ; Art. 357 StPO ; Art. 36 SVG ; Art. 398 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 90 SVG ; |
Referenz BGE: | 142 IV 45; 143 IV 453; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SU230062-O/U/ad-cs
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. Bertschi, Präsidentin, Oberrichterin lic. iur.
Ohnjec und Oberrichter Dr. iur. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiberin MLaw Lazareva
Urteil vom 4. März 2024
in Sachen
Beschuldigte und Erstberufungsklägerin
verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
UntersuchungsBehörde und Zweitberufungsklägerin betreffend Verletzung der Verkehrsregeln
Strafbefehl:
Der Strafbefehl des Stadtrichteramtes Zürich vom 11. Mai 2022 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 3).
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 40 S. 20)
Die Einsprecherin ist nicht schuldig und wird freigesprochen.
Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten gemäss vorstehender Ziffer werden auf die Gerichtskasse ge- nommen.
Die Kosten des Strafbefehls Nr. 2021-044-055 vom 11. Mai 2022 und die nachträglichen Untersuchungssowie überweisungskosten werden dem Stadtrichteramt Zürich zur Abschreibung überlassen.
Der Einsprecherin wird keine Entschädigung zugesprochen.
BerufungsAnträge:
Der erbetenen Verteidigung der Beschuldigten: (Urk. 42 S. 2)
Es sei Ziff. 4 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 24. März 2023 aufzuheben und dahingehend abzuändern, wonach der Beschuldigten die beantragte Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung gemäss detaillierter Honorarnote vom 23. März 2023 (Vorakten Urk. 32) zuzusprechen sei.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, Letztere zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zulasten des Staates.
Des Stadtrichteramtes Zürich: (Urk. 55 S. 2)
Die Berufung sei abzuweisen, unter vollumfänglicher Kostenauflage zulasten der Beschuldigten und Erstberufungsklägerin.
Eventualiter sei dem Verteidiger eine Entschädigung unter BeRücksichtigung eines Stundenansatzes von Fr. 220 zuzusprechen.
Erwägungen:
Die Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 24. März 2023 vom Vorwurf der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 4 SVG und
Art. 17 Abs. 4 VRV freigesprochen. Ausserdem wurde entschieden, dass die Entscheidgebühr ausser Ansatz falle. Die weiteren Kosten wurden auf die Staatskasse genommen und der Beschuldigten wurde keine Prozessentschädigung zugesprochen (Urk. 40 S. 20).
Gegen dieses Urteil meldeten sowohl das Stadtrichteramt Zürich (nachfolgend: Stadtrichteramt) als auch die Beschuldigte mit Eingaben vom 28. März 2023 rechtzeitig Berufung an (Urk. 34 und Urk. 35). Das begründete Urteil wurde dem Stadtrichteramt und der Beschuldigten jeweils am 7. September 2023 zugestellt (Urk. 39/1-2). Mit Eingabe vom 21. September 2023 zog das Stadtrichteramt seine Berufung zurück (Urk. 41). Die Beschuldigte liess dagegen mit Eingabe vom
26. September 2023 fristwahrend die BerufungsErklärung im Sinne von Art. 399 Abs. 3 StPO einreichen (Urk. 42).
3. Mit präsidialVerfügung vom 5. Oktober 2023 wurde die BerufungsErklärung der Beschuldigten dem Stadtrichteramt zugestellt und Frist zur Erklärung der Anschlussberufung eines Nichteintretensantrags angesetzt (Urk. 44). Nachdem das Stadtrichteramt mit Eingabe vom 13. Oktober 2023 den Verzicht auf Anschlussberufung erklärte (Urk. 46), wurde mit Beschluss vom 24. Oktober 2023 das schriftliche Verfahren angeordnet und der Beschuldigten Frist angesetzt, um ihre BerufungsAnträge zu stellen und zu begründen (Urk. 47). Mit Eingabe vom
2. November 2023 liess sie die BerufungsBegründung fristgerecht einreichen (Urk. 49). Am 8. November 2023 wurde die Verteidigung darum ersucht, eine Ho- norarnote für das Berufungsverfahren einzureichen (Urk. 50), welcher Aufforderung sie mit Eingabe vom 9. November 2023 nachkam (Urk. 51). Mit präsidialver- Fügung vom 9. November 2023 wurde die BerufungsBegründung samt Honorar- note dem Stadtrichteramt sowie der Vorinstanz zugestellt. Dem Stadtrichteramt wurde Frist zur Einreichung der Berufungsantwort angesetzt und der Vorinstanz Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt (Urk. 52). Letztere verzichtete auf eine Vernehmlassung (Urk. 54). Mit Eingabe vom 23. November 2023 reichte das Stadtrichteramt innert Frist die Berufungsantwort ein (Urk. 55). Diese wurde der Beschuldigten mit präsidialVerfügung vom 24. November 2023 zugestellt und ihr gleichzeitig Frist zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 56). Mit Eingabe vom 11. Dezember 2023 ging die Replik der Beschuldigten samt aktualisierter Honorarnote ein (Urk. 58 und 59). Mit präsidialVerfügung vom 15. Dezember 2023 wurde dem Stadtrichteramt Frist angesetzt, um die Duplik einzureichen (Urk. 61), worauf sie indes verzichtete (Urk. 62). Damit erweist sich das vorliegende Verfahren als spruchreif.
Einleitend ist nochmals festzuhalten, dass das Stadtrichteramt seine Berufung zurückgezogen hat (Urk. 41). Davon ist mittels Beschluss Vormerk zu nehmen.
Die Berufung der Beschuldigten richtet sich gegen die vorinstanzliche Urteilsdispositivziffer 4. Konkret beantragt sie die Zusprechung einer Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung gemäss der Honorarnote vom 23. März 2023 (Urk. 32; Urk. 42). Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird
die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Das Berufungsgericht überpröft somit das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Nachdem die vorinstanzlichen Urteils- dispositivziffern 1 (Freispruch) sowie 2 und 3 (Kostendispositiv) unangefochten blieben, ist mittels Beschluss weiter festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist.
Bildeten ausschliesslich übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhaltes sei offensichtlich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO).
Angemessenheit des Verteidigerbeizugs
Wird die beschuldigte Person ganz teilweise freigesprochen wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO). Zu den Aufwendungen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO Zählen in erster Linie die Kosten der frei gewöhlten Verteidigung, wenn der Beistand angesichts der tatsächlichen rechtlichen Komplexität wie auch die Höhe des Arbeitsaufwands gerechtfertigt war. Der Beizug eines Verteidigers kann sich als angemessen erweisen, auch wenn er nicht als geradezu geboten erscheint (Urteil des Bundesgerichts 6B_73/2021 vom 28. Februar 2022 E. 3.3.1).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist einem Beschuldigten in der Regel der Beizug eines Anwalts zuzubilligen, jedenfalls wenn dem Deliktsvorwurf eine gewisse Schwere zukommt. Es ist zu beachten, dass es im Rahmen von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO um die Verteidigung einer vom Staat zu Unrecht beschuldigten und gegen ihren Willen in ein Strafverfahren einbezogenen Person geht. Das materielle Strafrecht und das Strafprozessrecht sind zudem komplex und stellen insbesondere für Personen, die das Prozessieren nicht gewohnt sind,
eine Belastung und Herausforderung dar. Wer sich selbst verteidigt, drfte deshalb prinzipiell schlechter gestellt sein. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der Schwere des Deliktsvorwurfs. Auch bei blossen übertretungen darf deshalb nicht generell davon ausgegangen werden, dass die beschuldigte Person ihre Verteidigerkosten als Ausfluss einer Art von Sozialpflichtigkeit selbst zu tragen hat. Im übrigen sind beim Entscheid über die Angemessenheit des Beizugs eines Anwalts neben der Schwere des Tatvorwurfs und der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Falls insbesondere auch die Dauer des Verfahrens und dessen Auswirkungen auf die persönlichen und beruflichen Verhältnisse der beschuldigten Person zu berücksichtigen. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass im Besonderen bei blossen übertretungen die Antwort auf die Frage, ob der Beizug eines Anwalts angemessen war, von den konkreten Umständen des einzelnen Falles abhängt, wobei allerdings an die Angemessenheit keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Urteil des Bundesgerichts 6B_193/2017 vom 31. Mai 2017
E. 2.5 m.w.H.). Insbesondere besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch bei blossen übertretungen ein Anspruch auf Entschädigung für Anwaltskosten, wenn der Rechtsanwalt erst nach Ergehen eines Strafbefehls beigezogen und die übertretung von der Staatsanwaltschaft daher mit einer gewissen Hartn?ckigkeit verfolgt wurde (vgl. BGE 142 IV 45 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_950/2020 vom 25. November 2020 E. 2.3.1 m.w.H.).
Die Vorinstanz verneinte den Anspruch der Beschuldigten auf eine Prozessentschädigung mit der Begründung, dass der Beizug eines Wahlverteidigers als nicht angemessene Ausübung der Verfahrensrechte zu bezeichnen sei. Angesichts der der Beschuldigten drohenden Busse von Fr. 300 wertete sie die Schwere des Tatvorwurfs als gering. Dies gelte gleichzeitig auch für die damit verbundenen Auswirkungen auf die persönlichen und beruflichen Verhältnisse der Beschuldigten, zumal im Falle einer rechtKräftigen Verurteilung kein Eintrag im Strafregister erfolgt wäre. Weiter handle es sich in tatsächlicher Hinsicht um einen Bagatellfall, dessen Sachverhalt auch für einen juristische Laien überschaubar und bei dem nur ein geringer Aktenumfang angefallen sei. Die Beschuldigte habe alle für den Freispruch relevanten Tatsachen selbst vorgebracht, womit sie in der Lage gewesen sei, ihre Argumente Selbständig darzulegen. Im übrigen hätten
sich keine derart komplexen Rechtsfragen ergeben, die den Beizug einer Rechtsvertretung gerechtfertigt hätten (Urk. 40 S. 19 f.).
Zur Begründung ihres Vorbringens, dass der Beizug eines Rechtsvertreters gerechtfertigt gewesen sei, liess die Beschuldigte in ihrer BerufungsErklärung zusammengefasst ausführen, dass die Auswirkungen auf sie bedeutend weniger gering seien, als es von der Vorinstanz dargestellt worden sei. So habe diese ausser Acht gelassen, dass der Beschuldigten nebst dem Schuldspruch auch eine Admi- nistrativmassnahme durch das Strassenverkehrsamt Zürich gedroht habe, welche
? ausgehend davon, dass der Vorfall als mittelschwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften gewertet worden wäre einem einmonatigen F?hrerausweisentzug entsprochen hätte. Ausserdem verhalte es sich vorliegend wie im Fall gemäss dem Bundesgerichtsentscheid 6B_322/2017 vom 27. Oktober 2017, auf welchen die Vorinstanz selber verwiesen habe: Die Beschuldigte habe ihre Rechtsschutzversicherung erst eingeschaltet, nachdem sie den Strafbefehl vom 11. Mai 2022 erhalten habe. Der Umstand, dass das Stadtrichteramt trotz der von der Rechtsschutzversicherung ausformulierten Begründung am Strafbefehl festgehalten habe, habe erst dazu gefährt, dass diese gezwungen gewesen sei, einen Verteidiger zu beauftragen, was überhaupt Parteikosten habe entstehen lassen. Selbst die Aussage des Geschädigten anlässlich der Einvernahme beim Stadtrichteramt, dass er ausDrücklich das Desinteresse am Strafverfahren gegen- über der Beschuldigten erkl?re, habe das Stadtrichteramt nicht davon abgehalten, das Verfahren gegen die Beschuldigte weiter voranzutreiben. Ausserdem habe die Vorinstanz verkannt, dass zahlreiche anwaltliche Besprechungen mit der Beschuldigten notwendig gewesen seien, damit diese die Relevanz ihrer Aussagen überhaupt erkannt habe. Ferner sei davon auszugehen, dass der Augenschein durch die Verteidigung mit Fotodokumentation der Unfall?rtlichkeit letztendlich auch die Vorinstanz davon überzeugt haben drfte, dass die Schilderungen des Geschädigten aufgrund der Platzverhältnisse gar nicht hätten zutreffen können. Schliesslich sei der Beizug eines Rechtsvertreters auch mit Blick auf das Alter der Beschuldigten angezeigt gewesen, denn mit 74 Jahren hätte sie die Handhabung ihres eigenen Strafverfahrens überfordert (Urk. 42 S. 4-6).
Zwar weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass vorliegend lediglich eine Busse von Fr. 300 wegen einer einfachen Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG und mithin eine übertretung in Frage stand (vgl. Urk. 40 S. 19). Wie sich aus der zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichts ergibt, schliesst dieser Umstand allein eine Entschädigung der Anwaltskosten allerdings nicht per se aus. In diesem Zusammenhang hielt das Bundesgericht auch fest, dass ein durchschnittlicher juristischer Laie kaum einen massgeblichen Unterschied zwischen einem Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB) und einer übertretung (Art. 103 StGB) erblicken drfte, zumal nicht vorausgesetzt wer- den könne, dass die Trichotomie der Straftaten allgemein bekannt sei (Urteil des Bundesgerichts 6B_800/2015 vom 6. April 2016 E. 2.5). Zu berücksichtigen sind vielmehr wie vorstehend dargelegt die konkreten Umstände des Einzelfalls.
In tatsächlicher Hinsicht umfasst der vorliegende Vorwurf zwar einen einzelnen, unkomplizierten Sachverhalt, stand doch einzig das Fahrlässige Nichtgewähren des Vortritts beim Wenden zur Diskussion. Es stellten sich jedoch bereits von Beginn weg beweisrechtliche Schwierigkeiten, da zur Erstellung des massgeblichen Sachverhalts keine objektiven Beweismittel zur Verfügung standen. So galt es, den Unfallhergang anhand der Aussagen der Beschuldigten und des am Unfall beteiligten Motorfahrradlenkers sowie der Fotodokumentation der Unfall?rtlichkeit zu erstellen. Auch für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts musste die bundesgerichtliche Rechtsprechung herangezogen werden, was von der Beschuldigten als juristischer Laiin nicht uneingeschränkt erwartet werden konnte.
Massgebend ist weiter, dass die Beschuldigte nicht sogleich bei ihrer ersten Konfrontation mit der Polizei am 29. Juli 2021 einen Rechtsvertreter beizog (vgl. Urk. 1 S. 2), sondern erst nach Erhalt des Strafbefehls. Das Bundesgericht hat bereits mehrfach in ähnlich gelagerten Fällen aufgezeigt, dass diesem Umstand bei der Beurteilung, ob der Beizug eines Anwalts angemessen war, beson- deres Gewicht zukommt (vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_73/2021 vom
28. Februar 2022 E. 3.3.4; 6B_322/2017 vom 27. Oktober 2017 E. 2.4.2;
6B_800/2015 vom 6. April 2016 E. 2.5 f.; 6B_209/2014 vom 17. Juli 2014 E. 2.2 f.;
1B_536/2012 vom 9. Januar 2013 E. 2.3). Erwähnenswert ist an dieser Stelle zudem, dass sich der gegen die Beschuldigte erhobene Vorwurf anfänglich nicht nur auf eine einfache Verletzung der Verkehrsregeln beschränkte, sondern zusätzlich auf eine Fahrlässige Körperverletzung, da der Motorfahrradlenker, also der Geschädigte, aufgrund des Unfalls einen Bruch des linken Unterarms erlitten hatte, was jedoch an der Unfallstelle nicht bemerkt wurde, sondern erst ca. drei Stunden später im Universitätsspital Zürich (Urk. 1 S. 3). Der Geschädigte verzichtete in- des auf die Stellung eines Strafantrags gegen die Beschuldigte (Urk. 1/1). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beschuldigte bereits anlässlich des Telefongesprächs mit der Stadtpolizei Zürich vom 29. Juli 2021 erklärte, dass sie denke, der Motorfahrradlenker sei am Unfall schuld gewesen (Urk. 1 S. 2), und damit den gegen sie erhobenen Vorwurf bestritt. Dies allein vermochte das Stadtrichteramt aber nicht zu überzeugen, erliess es doch am 11. Mai 2022 den Strafbefehl gegen die Beschuldigte (Urk. 3). Wie erwähnt, nahm die Beschuldigte erst danach die Dienste ihrer Rechtsschutzversicherung in Anspruch (die Vollmacht an die Versicherung datiert auf den 23. Mai 2022 [Urk. 6/1]), welche für sie eine Begründung ihrer Einsprache ausformulierte (Urk. 4, Urk. 6 und Urk. 9). Dieses Vorgehen ist nachvollziehbar angesichts des Umstands, dass es sich bei der Beschuldigten um eine juristische Laiin handelt, welche erkennen musste, dass sie mit ihrer Bestreitung alleine keine Einstellung des Verfahrens erreichen konnte. überdies vermochte auch die durch die Rechtsschutzversicherung ausformulierte Einsprache, welche knapp drei Seiten umfasst (Urk. 9), das Stadtrichteramt nicht zu einer Einstellung des Verfahrens zu bewegen, nahm es in der Folge doch weitere Untersuchungshandlungen vor. Aufgrund des verurteilenden Erkenntnisses im Strafbefehl war es für die Beschuldigte zudem nicht absehbar, welche konkreten Untersuchungshandlungen bei einer Anfechtung von Amtes wegen noch durchgefährt würden. So lud das Stadtrichteramt die Beschuldigte am 23. August 2022 denn auch zur Einvernahme als beschuldigte Person vor und setzte die Einvernahme des Geschädigten als Auskunftsperson auf den gleichen Tag an (Urk. 10 f.). Erst darauf mandatierte die Beschuldigte über ihre Rechtsschutzversicherung Rechtsanwalt lic. iur. X. als ihren Rechtsvertreter (die Vollmacht an ihn datiert auf den 7. September 2022 [Urk. 13/2]). Auch dies ist nachvollziehbar, musste sie doch nach der ihr zugegangenen Vorladung zur Befragung damit rechnen, dass das Stadtrichteramt gestützt auf Art. 355 Abs. 3 und Art. 356 StPO am Strafbefehl festhält und die Akten dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens überweist. Nach Durchführung der Einvernahmen der Beschuldigten und des Geschädigten am 24. November 2022 gelangte der Rechtsvertreter per E-Mail sowie telefonisch an die zuständige Stadtrichterin und versuchte sie nochmals von der Einstellung des Strafverfahrens zu überzeugen
(Urk. 22 und Urk. 24 f.), wozu die Beschuldigte alleine klar nicht in der Lage gewesen wäre. Nichtsdestotrotz hielt das Stadtrichteramt am Strafbefehl fest
(Urk. 26), worauf auch die Beschuldigte an der Einsprache festhielt (Urk. 27), und es folgte schliesslich die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens. Unter Be- Rücksichtigung des Umstands, dass das Verfahren bis zum vorinstanzlichen Urteil fast zwei Jahre dauerte und vom Stadtrichteramt wie aufgezeigt mit einer gewissen Hartn?ckigkeit verfolgt wurde, kann nicht mehr von einem einfachen Prozess ohne gänzliche juristische Schwierigkeiten gesprochen werden.
Zu Recht weist die Verteidigung sodann darauf hin, dass die Vorinstanz ausser Acht gelassen hat, dass der Beschuldigten nicht nur eine Verurteilung, sondern auch eine vom Ausgang des Strafverfahrens abhängende Administrativmassnahme drohte. So geht aus den Akten hervor, dass das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich nach dem Vorfall vom 10. Juli 2021 ein Administrativmassnahmeverfahren eröffnet und um die Zustellung des Strafentscheids ersucht hat mit dem Hinweis, dass sich das Strafverfahren auf das Administrativmassnahmeverfahren auswirke (Urk. 2). Die Beschuldigte wurde hiervon bereits mit Schreiben vom 8. September 2021 also noch vor Ergehen des Strafbefehls und damit vor der Mandatierung ihrer Rechtsvertretung durch das Strassenverkehrsamt in Kenntnis gesetzt. Dabei wurde sie darauf hingewiesen, dass Administrativmassnahmen eine Verwarnung aber auch ein Entzug des führerausweises sein könnten. Sollte sie im Strafverfahren rechtsKräftig verurteilt werden, werde das Strassenverkehrsamt auf der Grundlage des Strafentscheids entscheiden. Sie habe im Strafverfahren umfassende Verteidigungsrechte. Falls sie mit den Vorwürfen nicht einverstanden sei, müsse sie sich bereits im Strafverfahren wehren. Im Verfahren betreffend Administrativmassnahmen könne sie keine Einwände mehr gegen die Vorwürfe erheben (Urk. 43/1). Auch aus diesem Grund ist
nachvollziehbar, dass sich die Beschuldigte, nachdem der Strafbefehl welcher auch einen Einfluss auf das Administrativmassnahmeverfahren gehabt hätte, wenn er rechtsKräftig geworden wäre erging, an ihre Rechtsschutzversicherung wandte. Ausserdem war es für sie nicht erkennbar, inwiefern sich die Verletzung des am Unfall beteiligten Motorfahrradlenkers auf das Administrativmassnahmeverfahren auswirken würde. Zu berücksichtigen ist zudem, dass Allfällige Administrativmassnahmen gerade für ältere Fahrzeugführer wie die Beschuldigte die Gefahr einer Infragestellung ihrer Fahreignung als solcher bergen. Dem gegenüber der Beschuldigten erhobenen Vorwurf kommt daher trotz Qualifikation im Strafbefehl als einfache Verkehrsregelverletzung (und damit als übertretung) aus diesem Blickwinkel doch eine gewisse Schwere zu.
1.6. Aus den dargelegten Gründen hatte die Beschuldigte, nachdem das Stadtrichteramt gegen sie einen Strafbefehl erlassen hatte und auch die begründete Einsprache ihrer Rechtsschutzversicherung nicht fruchtete, objektiv begründeten Anlass, für das weitere Strafverfahren einen frei gewöhlten Verteidiger beizuziehen. Der Beizug des erbetenen Verteidigers an sich war somit im Zeitpunkt der Mandatierung gerechtfertigt.
Festsetzung des Honorars
Es stellt sich in der Folge die Frage, welcher vom beigezogenen Rechtsanwalt betriebene Aufwand noch als angemessene Ausübung der Verfahrensrechte qualifiziert werden kann.
Für die Verteidigung der Beschuldigten machte ihr Rechtsvertreter vor Vorinstanz gemäss seiner Honorarnote vom 23. März 2023 für das Untersuchungsverfahren und das erstinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von insgesamt
Fr. 5'883.10 geltend, bestehend aus einem Zeitaufwand von total 19.4 Stunden zu Fr. 280 sowie Barauslagen von Fr. 30.50 und 7.7% Mehrwertsteuer (Urk. 32).
Das Stadtrichteramt beantragt im vorliegenden Verfahren, der Beschuldigten sei eventualiter eine Entschädigung unter BeRücksichtigung eines Stundenansatzes von Fr. 220 zuzusprechen (Urk. 55 S. 2).
Die Höhe der Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung richtet sich nach den Grundsätzen der kantonalen Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (Anwaltsgebührenverordnung; LS 215.3). Dabei ist bei der Festsetzung der Entschädigung des Verteidigers primör zu unterscheiden, ob es sich um ein einfaches Standardverfahren handelt nicht. Dies beurteilt sich nach Aktenumfang, Komplexität und Schwierigkeit des Falles (sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht), Bedeutung des Verfahrens für die betroffene Person und Anzahl der angeklagten und zu beurteilenden Delikte (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich SB170088 vom 13. Oktober 2017 E. V.2.3 m.w.H.). Gemäss Praxis ist bei einfachen Standardverfahren von den in der Anwaltsgebührenverordnung angefährten Ansätzen auszugehen. Die Bemöhungen des Anwaltes müssen im Umfang den Verhältnissen entsprechen, das heisst sachbezogen und angemessen sein. Unnötige und übersetzte Kosten sind nicht zu entschädigen, wobei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Verteidigerbeizugs abgestellt werden muss (WEHRENBERG/FRANK, BSK StPO, 3. Aufl. 2023, N 15 zu Art. 429). Nach z?rcherischer Praxis ist eine Honorarnote des Privatverteidigers sodann im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und des Gebots zur Schadensminderung auf ihre Angemessenheit zu prüfen (ZR 101 Nr. 19; ZR 102 Nr. 49; ZR 107 Nr. 74). Bei der Bemessung einer Entschädigung für Prozesskosten ist der Staat jedenfalls nicht an irgendwelche privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Anwalt und Klient gebunden. Als Massstab bei der Beantwortung der Frage, welcher Aufwand für eine angemessene Verteidigung im Strafverfahren nötig ist, hat der erfahrene Anwalt zu gelten, der im Bereich des materiellen Strafrechts und des Strafprozessrechts über fundierte Kenntnisse verfügt und deshalb seine Leistungen von Anfang an zielgerichtet und effizient erbringen kann (Urteile des Bundesgerichts 6B_950/2020 vom 25. November 2020 E. 2.3.1 und 6B_129/2016 vom 2. Mai 2016 E. 2.2 mit Hinweisen).
Im Kanton Zürich wird unterschieden zwischen den anwaltlichen Bemöhungen, die im Rahmen des Vorverfahrens erbracht werden, und denjenigen, welche die Hauptverhandlung betreffen (? 16 und 17 AnwGebV). Für das übertretungsstrafverfahren (Art. 357 StPO) enthält die Anwaltsgebührenverordnung keine eigene Regelung. Da dieses Verfahren weitgehend dem Vorverfahren entspricht, ist
? 16 Abs. 1 AnwGebV analog anzuwenden. Gemäss dieser Bestimmung bemisst sich die gebühr im Vorverfahren im Sinne der Art. 299 ff. StPO nach dem notwen- digen Zeitaufwand der Vertretung, wobei die Ansätze gemäss 3 der AnwGebV gelten, d.h. in der Regel Fr. 150 bis Fr. 350 pro Stunde. Für die Bestimmung der konkreten Stundenansatzhöhe ist auf die allgemeinen Regeln von 2 AnwGebV zurückzugreifen, wonach diese im Wesentlichen nach der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie der Verantwortung und dem notwendigen Zeitaufwand der Verteidigung festzulegen ist. während sich die Entschädigung im Untersuchungsverfahren wie gesehen nach dem notwendigen Zeitaufwand der Vertretung bemisst ( 16 AnwGebV), ergibt sie sich im Gerichtsverfahren aus der gebühr ( 17 AnwGebV). Für die führung eines Strafprozesses einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung vor den Einzelgerichten beträgt die Grundgebühr nach 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV in der Regel Fr. 600 bis Fr. 8'000, wobei auch hier die Bedeutung des Falles, die Verantwortung und der notwendige Zeitaufwand des Anwalts sowie die Schwierigkeit des Falles die Grundlage für die Festsetzung der Entschädigung bilden ( 2 Abs. 1 lit. b-e AnwGebV). Zur Grundgebühr werden Zuschläge berechnet und zwar für jede zusätzliche Verhandlung (Vorverhandlung, Vergleichsverhandlung, vorgängige Beweiserhebung), für jede weitere notwendige Rechtsschrift und für über den ersten Tag hinausgehende Verhandlungstage, wie Ergänzungsoder Beweisverhandlungen ( 17 Abs. 2 AnwGebV). 11 Abs. 2 und 3 AnwGebV sind analog anwendbar ( 17 Abs. 3 AnwGebV). Zu entschädigen sind ferner auch die notwendigen Auslagen ( 22 Abs. 1 AnwGebV).
Der Verteidiger der Beschuldigten verweist zur Begründung der Höhe des Entschädigungsanspruchs auf die vor Vorinstanz eingereichte Honorarnote
(Urk. 32; vgl. Urk. 42 S. 1). Der vom ihm eingesetzte Stundenansatz von Fr. 280 bewegt sich im oberen Bereich der von der Anwaltsgebührenverordnung vorgegebenen Stundenansätze. Was den Schwierigkeitsgrad des Falles betrifft, kann dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als leicht eingestuft werden. Der Akte- numfang ist zudem als gering zu bezeichnen. Ferner ging es um einen einzelnen, unkomplizierten Sachverhalt. Es war mithin ein eng umgrenzter Vorfall zu beurteilen, welcher weder umfangreich noch komplex ist. Ausserdem stand lediglich eine
Busse von Fr. 300 in Frage, womit es sich um ein Delikt im Bagatellbereich han- delt. Ein Stundenansatz von Fr. 280 erscheint daher als zu hoch. Zur Bedeutung des Falles ist zu sagen, dass eine Verurteilung wohl auch Konsequenzen im Administrativmassnahmeverfahren nach sich gezogen hätte. Da es sich indes, wie erwähnt, um einen einfachen Standardfall handelt, erscheint ein Stundenansatz von Fr. 220 indiziert.
Ihre Aufwendungen für das Vorverfahren, mithin das gesamte Verfahren vor dem Stadtrichteramt, bezifferte die Verteidigung auf 8.63 Stunden (Aufwendungen bis zum 14. Dezember 2022; vgl. Urk. 32 S. 2). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Verteidiger an den Einvernahmen der Beschuldigten und der weiteren am Unfall beteiligten Person als Auskunftsperson teilnahm, weshalb mehr als nur eine Besprechung mit der Beschuldigten angezeigt war. Ausserdem sind auch die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Kontaktaufnahme mit dem Stadtrichteramt nicht zu beanstanden angesichts des nachvollziehbaren Bestrebens der Verteidigung, diese von der Einstellung des Verfahrens zu überzeugen. Insgesamt erscheint der im Untersuchungsverfahren geltend gemachte Aufwand daher als noch angemessen. Der entschädigungspflichtige Zeitaufwand für das Untersuchungsverfahren beträgt folglich Fr. 1'898.60 (8.63 Stunden x Fr. 220).
Für den Zeitraum des Hauptverfahrens vom 15. Februar 2023 bis zum
24. März 2023 stellt die Verteidigung sodann Aufwendungen im Umfang von
10.77 Stunden in Rechnung (Urk. 32). Wie bereits dargelegt, besteht mit 17 Abs. 1 AnwGebV für dieses Verfahrensstadium eine klare Rechtsgrundlage für die Honorarbemessung nach Pauschalgebühr. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass alle prozessualen Bemöhungen zusammen als einheitliches Ganzes aufgefasst werden, wohingegen der tatsächlich geleistete Zeitaufwand nur sehr bedingt beRücksichtigt wird. Entsprechend ist das Gericht bei der rein pauschalen Entschädigungsbemessung auch nicht gehalten, sich mit den in der Honorarnote der Verteidigung enthaltenen Aufwandspositionen im Einzelnen auseinanderzusetzen (BGE 143 IV 453 E. 2.5). Nach Massgabe von 2 Abs. 1 AnwGebV bemisst sich die gebühr in solchen Fällen vielmehr vor allem nach der Bedeutung der Strafsache, der Verantwortung der Verteidigung und der Schwierigkeit des Falls. Angesichts der erwähnten, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überschaubaren Dimension des Falls (vorstehend, Ziff. 2.6) erweist sich im Rahmen der für die Führung eines Strafprozesses (einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung) vor dem Einzelgericht gegebenen Bandbreite von Fr. 600 bis Fr. 8'000 eine Pauschalgebühr von Fr. 2'000 als angemessen. Als zuschlagspflichtiger Aufwand ist der am 17. März 2023 von der Verteidigung eigenstündig vorgenommene Augenschein samt Fotodokumentation von der Unfall?rtlichkeit zu qualifizieren. In Anwendung von 17 Abs. 2 lit. b Anw- GebV ist die gebühr deswegen auf Fr. 2'200 zu Erhöhen. Bezüglich der zur Kontrollrechnung hinzuzuziehenden Honorarnote von Rechtsanwalt lic. iur.
X. ist anzumerken, dass wiederum nicht von einem Stundenansatz von
Fr. 280, sondern von Fr. 220 auszugehen ist. Entsprechend erscheint die Entschädigung für die führung eines Strafprozesses einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung vor dem Einzelgericht in der Höhe von Fr. 2'200 als angemessen.
Sodann sind dem Verteidiger der Beschuldigten die Barauslagen des Vor- und Hauptverfahrens zu ersetzen. Rechtsanwalt lic. iur. X. macht Barauslagen von insgesamt Fr. 30.50 geltend. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Kopien nicht mit Fr. 1, sondern gemäss dem gerichtsüblichen Ansatz lediglich mit Fr. 0.50 pro Stück zu entschädigen sind. Für die Kopien wäre damit ein Betrag von Fr. 9 (18 Kopien x Fr. 0.50) statt Fr. 18 zuzusprechen (vgl. hierzu den Leitfaden amtliche Mandate, Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, S. 66). Entsprechend ist eine Kürzung vorzunehmen. Im übrigen sind die geltend gemachten Barauslagen ausgewiesen und in ihrer Höhe nicht zu beanstanden. Die Barauslagen der Verteidigung sind somit auf Fr. 21.50 zu beziffern und in diesem Umfang zu entschädigen.
Nach dem Gesagten setzt sich die Entschädigung für den erbetenen Vertei- diger der Beschuldigten wie folgt zusammen:
Barauslagen Fr. 21.50
Zwischentotal Fr. 4'120.10
7.7% Mehrwertsteuer Fr. 317.25
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 2'000 zu veranschlagen ( 2 Abs. 1 lit. b, c und d GebV OG sowie 16 Abs. 1 in Verbindung mit
? 14 GebV OG).
Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Beschuldigte obsiegt zwar mit ihrem Antrag auf Zusprechung einer Prozessentschädigung, aller- dings wird ihr die Prozessentschädigung nicht im von ihr beantragten Umfang zugesprochen. Statt Fr. 5'883.10 werden ihr Fr. 4'437.35 entschädigt, was eine Differenz von Fr. 1'445.75 (also von etwa einem Viertel) ergibt. Angesichts dieses Verhältnisses und unter BeRücksichtigung, dass die Beschuldigte mit ihrem Antrag auf Zusprechung einer Prozessentschädigung an sich obsiegt, rechtfertigt es sich, die Kosten des Berufungsverfahrens zu einem fünftel der Beschuldigten aufzuerlegen und sie zu vier fünfteln auf die Gerichtskasse zu nehmen. Demgegenüber rechtfertigt es sich nicht, den frühen Rückzug des Stadtrichteramtes bei der zweitinstanzlichen Kostenauflage zu berücksichtigen.
Der Beschuldigten ist auch für das Berufungsverfahren gestützt auf Art. 429 Abs. 1 StPO eine Entschädigung für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte zuzusprechen. Rechtsanwalt lic. iur. X. macht für das Berufungsverfahren einen Aufwand in der Höhe von Fr. 2'270.60 geltend, bestehend aus einem Zeitaufwand von total 7.89 Stunden zu Fr. 280 sowie Barauslagen von Fr. 61.40 und 7.7% Mehrwertsteuer (Urk. 59). Gemäss 18 Abs. 1 AnwGebV wird im Berufungsverfahren die gebühr grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen. Dabei wird auch beRücksichtigt, ob das Urteil vollumfänglich nur teilweise angefochten worden ist. Auch an dieser Stelle ist anzumerken, dass die Bearbeitung des vorliegenden Falles einfach war,
zumal im Berufungsverfahren einzig die durch die Vorinstanz nicht zugesprochene Prozessentschädigung Prozessthema war. Da auch in diesem Zusammenhang ohne Weiteres ein Standardverfahren vorliegt, ist von einem Stundenansatz von Fr. 220 auszugehen. Ausserdem ist wiederum bei den Auslagen für die Fotokopien der gerichtsübliche Ansatz von Fr. 0.50 zu berücksichtigen. Im übrigen ist die Honorarnote des Verteidigers jedoch nicht zu beanstanden. Es rechtfertigt sich gesamthaft betrachtet, die Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren auf Fr. 1'700 festzusetzen. Hinzu kommen die um die zu hoch ausgewiesenen Kopierkosten gek?rzten Barauslagen von Fr. 44.40. Damit resultiert ein Gesamtbetrag von Fr. 1'878.70 (inkl. MwSt.). Aufgrund des teilweisen Unterliegens der Beschuldigten ist dieser jedoch im Umfang von einem fünftel, also auf
Fr. 1'503, zu reduzieren.
Es wird beschlossen:
Vom Rückzug der Berufung des Stadtrichteramtes Zürich wird Vormerk ge- nommen.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung
- Einzelgericht, vom 24. März 2023 bezüglich der Dispositivziffern 1 (Freispruch) sowie 2 und 3 (Kostendispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.
Schriftliche Mitteilung mit dem nachfolgendem Urteil.
Gegen Ziff. 1 dieses Beschlusses kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigten wird für das Vorverfahren sowie das erstinstanzliche Verfahren eine Prozessentschädigung in der Höhe von Fr. 4'437.35 zugesprochen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 2'000.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beschuldigten im Umfang von einem fünftel auferlegt und im Umfang von vier fünfteln auf die Gerichtskasse genommen.
Der Beschuldigten wird für das Berufungsverfahren eine reduzierte Prozessentschädigung in der Höhe von Fr. 1'503 zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Beschuldigten
das Stadtrichteramt Zürich
die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung Allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz [mit dem Ersuchen um Vornahme der notwendigen Mitteilungen an die Behörde, inkl. Mitteilung an die Kantonspolizei Zürich gem. 54a PolG].
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 4. März 2024
Die Präsidentin:
Oberrichterin lic. iur. Bertschi
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw Lazareva
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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