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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SU230062
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU230062 vom 04.03.2024 (ZH)
Datum:04.03.2024
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verletzung der Verkehrsregeln
Schlagwörter : Schuld; Schuldig; Beschuldigte; Verfahren; Recht; Beschuldigten; Recht; Stadtrichteramt; Berufung; Urteil; Verfahren; Entschädigung; Verteidigung; Bundesgericht; AnwGebV; Befehl; Vorinstanz; Stunden; Anwalt; Honorar; Verteidiger; Bundesgerichts; Anwalts; Verfahrens; Honorarnote; Berufungsverfahren; Beizug; Administrativmassnahme; Verfahrens
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 103 StGB ; Art. 17 VRV ; Art. 356 StPO ; Art. 357 StPO ; Art. 36 SVG ; Art. 398 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:142 IV 45; 143 IV 453;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU230062-O/U/ad-cs

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. Bertschi, Präsidentin, Oberrichterin lic. iur.

Ohnjec und Oberrichter Dr. iur. Bezgovsek sowie Gerichtsschreibe- rin MLaw Lazareva

Urteil vom 4. März 2024

in Sachen

A. ,

Beschuldigte und Erstberufungsklägerin

verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Stadtrichteramt Zürich,

Untersuchungsbehörde und Zweitberufungsklägerin betreffend Verletzung der Verkehrsregeln

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Ein- zelgericht, vom 24. März 2023 (GC230003)

Strafbefehl:

Der Strafbefehl des Stadtrichteramtes Zürich vom 11. Mai 2022 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 3).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 40 S. 20)

  1. Die Einsprecherin ist nicht schuldig und wird freigesprochen.

  2. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  3. Die Kosten gemäss vorstehender Ziffer werden auf die Gerichtskasse ge- nommen.

    Die Kosten des Strafbefehls Nr. 2021-044-055 vom 11. Mai 2022 und die nachträglichen Untersuchungs- sowie Überweisungskosten werden dem Stadtrichteramt Zürich zur Abschreibung überlassen.

  4. Der Einsprecherin wird keine Entschädigung zugesprochen.

Berufungsanträge:

  1. Der erbetenen Verteidigung der Beschuldigten: (Urk. 42 S. 2)

    1. Es sei Ziff. 4 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 24. März 2023 aufzuheben und dahingehend abzuändern, wonach der Beschuldigten die beantragte Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung gemäss detaillierter Honorarnote vom 23. März 2023 (Vorakten Urk. 32) zuzu- sprechen sei.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, Letztere zuzüglich der ge- setzlichen Mehrwertsteuer zulasten des Staates.

  2. Des Stadtrichteramtes Zürich: (Urk. 55 S. 2)

Die Berufung sei abzuweisen, unter vollumfänglicher Kostenauflage zulasten der Beschuldigten und Erstberufungsklägerin.

Eventualiter sei dem Verteidiger eine Entschädigung unter Berücksichtigung eines Stundenansatzes von Fr. 220.– zuzusprechen.

Erwägungen:

  1. Verfahrensgang

    1. Die Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 24. März 2023 vom Vorwurf der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 4 SVG und

      Art. 17 Abs. 4 VRV freigesprochen. Ausserdem wurde entschieden, dass die Ent- scheidgebühr ausser Ansatz falle. Die weiteren Kosten wurden auf die Staats- kasse genommen und der Beschuldigten wurde keine Prozessentschädigung zu- gesprochen (Urk. 40 S. 20).

    2. Gegen dieses Urteil meldeten sowohl das Stadtrichteramt Zürich (nachfol- gend: Stadtrichteramt) als auch die Beschuldigte mit Eingaben vom 28. März 2023 rechtzeitig Berufung an (Urk. 34 und Urk. 35). Das begründete Urteil wurde dem Stadtrichteramt und der Beschuldigten jeweils am 7. September 2023 zuge- stellt (Urk. 39/1-2). Mit Eingabe vom 21. September 2023 zog das Stadtrichteramt seine Berufung zurück (Urk. 41). Die Beschuldigte liess dagegen mit Eingabe vom

    26. September 2023 fristwahrend die Berufungserklärung im Sinne von Art. 399 Abs. 3 StPO einreichen (Urk. 42).

    3. Mit Präsidialverfügung vom 5. Oktober 2023 wurde die Berufungserklärung der Beschuldigten dem Stadtrichteramt zugestellt und Frist zur Erklärung der Anschlussberufung oder eines Nichteintretensantrags angesetzt (Urk. 44). Nachdem das Stadtrichteramt mit Eingabe vom 13. Oktober 2023 den Verzicht auf An- schlussberufung erklärte (Urk. 46), wurde mit Beschluss vom 24. Oktober 2023 das schriftliche Verfahren angeordnet und der Beschuldigten Frist angesetzt, um ihre Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 47). Mit Eingabe vom

    2. November 2023 liess sie die Berufungsbegründung fristgerecht einreichen (Urk. 49). Am 8. November 2023 wurde die Verteidigung darum ersucht, eine Ho- norarnote für das Berufungsverfahren einzureichen (Urk. 50), welcher Aufforde- rung sie mit Eingabe vom 9. November 2023 nachkam (Urk. 51). Mit Präsidialver- fügung vom 9. November 2023 wurde die Berufungsbegründung samt Honorar- note dem Stadtrichteramt sowie der Vorinstanz zugestellt. Dem Stadtrichteramt wurde Frist zur Einreichung der Berufungsantwort angesetzt und der Vorinstanz Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt (Urk. 52). Letztere verzichtete auf eine Vernehmlassung (Urk. 54). Mit Eingabe vom 23. November 2023 reichte das Stadtrichteramt innert Frist die Berufungsantwort ein (Urk. 55). Diese wurde der Beschuldigten mit Präsidialverfügung vom 24. November 2023 zugestellt und ihr gleichzeitig Frist zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 56). Mit Ein- gabe vom 11. Dezember 2023 ging die Replik der Beschuldigten samt aktualisier- ter Honorarnote ein (Urk. 58 und 59). Mit Präsidialverfügung vom 15. Dezember 2023 wurde dem Stadtrichteramt Frist angesetzt, um die Duplik einzureichen (Urk. 61), worauf sie indes verzichtete (Urk. 62). Damit erweist sich das vorlie- gende Verfahren als spruchreif.

  2. Prozessuales

    1. Einleitend ist nochmals festzuhalten, dass das Stadtrichteramt seine Beru- fung zurückgezogen hat (Urk. 41). Davon ist mittels Beschluss Vormerk zu neh- men.

    2. Die Berufung der Beschuldigten richtet sich gegen die vorinstanzliche Ur- teilsdispositivziffer 4. Konkret beantragt sie die Zusprechung einer Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung gemäss der Honorarnote vom 23. März 2023 (Urk. 32; Urk. 42). Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird

      die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Das Berufungsgericht überprüft somit das erstinstanzliche Urteil nur in den ange- fochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Nachdem die vorinstanzlichen Urteils- dispositivziffern 1 (Freispruch) sowie 2 und 3 (Kostendispositiv) unangefochten blieben, ist mittels Beschluss weiter festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist.

    3. Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhaltes sei offensichtlich un- richtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO).

  3. Entschädigungsanspruch im erstinstanzlichen Verfahren

  1. Angemessenheit des Verteidigerbeizugs

    1. Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO). Zu den Aufwendungen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO zählen in erster Linie die Kosten der frei gewählten Verteidigung, wenn der Bei- stand angesichts der tatsächlichen oder rechtlichen Komplexität wie auch die Höhe des Arbeitsaufwands gerechtfertigt war. Der Beizug eines Verteidigers kann sich als angemessen erweisen, auch wenn er nicht als geradezu geboten er- scheint (Urteil des Bundesgerichts 6B_73/2021 vom 28. Februar 2022 E. 3.3.1).

    2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist einem Beschuldigten in der Regel der Beizug eines Anwalts zuzubilligen, jedenfalls wenn dem Deliktsvor- wurf eine gewisse Schwere zukommt. Es ist zu beachten, dass es im Rahmen von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO um die Verteidigung einer vom Staat zu Unrecht beschuldigten und gegen ihren Willen in ein Strafverfahren einbezogenen Person geht. Das materielle Strafrecht und das Strafprozessrecht sind zudem komplex und stellen insbesondere für Personen, die das Prozessieren nicht gewohnt sind,

      eine Belastung und Herausforderung dar. Wer sich selbst verteidigt, dürfte des- halb prinzipiell schlechter gestellt sein. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der Schwere des Deliktsvorwurfs. Auch bei blossen Übertretungen darf deshalb nicht generell davon ausgegangen werden, dass die beschuldigte Person ihre Verteidi- gerkosten als Ausfluss einer Art von Sozialpflichtigkeit selbst zu tragen hat. Im Übrigen sind beim Entscheid über die Angemessenheit des Beizugs eines An- walts neben der Schwere des Tatvorwurfs und der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Falls insbesondere auch die Dauer des Verfahrens und dessen Auswirkungen auf die persönlichen und beruflichen Verhältnisse der beschuldig- ten Person zu berücksichtigen. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass im Besonderen bei blossen Übertretungen die Antwort auf die Frage, ob der Beizug eines Anwalts angemessen war, von den konkreten Umständen des einzelnen Falles abhängt, wobei allerdings an die Angemessenheit keine hohen Anforderun- gen zu stellen sind (Urteil des Bundesgerichts 6B_193/2017 vom 31. Mai 2017

      E. 2.5 m.w.H.). Insbesondere besteht nach der Rechtsprechung des Bundesge- richts auch bei blossen Übertretungen ein Anspruch auf Entschädigung für An- waltskosten, wenn der Rechtsanwalt erst nach Ergehen eines Strafbefehls beige- zogen und die Übertretung von der Staatsanwaltschaft daher mit einer gewissen Hartnäckigkeit verfolgt wurde (vgl. BGE 142 IV 45 E. 2.2; Urteil des Bundesge- richts 6B_950/2020 vom 25. November 2020 E. 2.3.1 m.w.H.).

    3. Die Vorinstanz verneinte den Anspruch der Beschuldigten auf eine Prozes- sentschädigung mit der Begründung, dass der Beizug eines Wahlverteidigers als nicht angemessene Ausübung der Verfahrensrechte zu bezeichnen sei. Ange- sichts der der Beschuldigten drohenden Busse von Fr. 300.– wertete sie die Schwere des Tatvorwurfs als gering. Dies gelte gleichzeitig auch für die damit ver- bundenen Auswirkungen auf die persönlichen und beruflichen Verhältnisse der Beschuldigten, zumal im Falle einer rechtkräftigen Verurteilung kein Eintrag im Strafregister erfolgt wäre. Weiter handle es sich in tatsächlicher Hinsicht um einen Bagatellfall, dessen Sachverhalt auch für einen juristische Laien überschaubar und bei dem nur ein geringer Aktenumfang angefallen sei. Die Beschuldigte habe alle für den Freispruch relevanten Tatsachen selbst vorgebracht, womit sie in der Lage gewesen sei, ihre Argumente selbständig darzulegen. Im Übrigen hätten

      sich keine derart komplexen Rechtsfragen ergeben, die den Beizug einer Rechts- vertretung gerechtfertigt hätten (Urk. 40 S. 19 f.).

    4. Zur Begründung ihres Vorbringens, dass der Beizug eines Rechtsvertreters gerechtfertigt gewesen sei, liess die Beschuldigte in ihrer Berufungserklärung zu- sammengefasst ausführen, dass die Auswirkungen auf sie bedeutend weniger ge- ring seien, als es von der Vorinstanz dargestellt worden sei. So habe diese ausser Acht gelassen, dass der Beschuldigten nebst dem Schuldspruch auch eine Admi- nistrativmassnahme durch das Strassenverkehrsamt Zürich gedroht habe, welche

      – ausgehend davon, dass der Vorfall als mittelschwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften gewertet worden wäre – einem einmonatigen Füh- rerausweisentzug entsprochen hätte. Ausserdem verhalte es sich vorliegend wie im Fall gemäss dem Bundesgerichtsentscheid 6B_322/2017 vom 27. Oktober 2017, auf welchen die Vorinstanz selber verwiesen habe: Die Beschuldigte habe ihre Rechtsschutzversicherung erst eingeschaltet, nachdem sie den Strafbefehl vom 11. Mai 2022 erhalten habe. Der Umstand, dass das Stadtrichteramt trotz der von der Rechtsschutzversicherung ausformulierten Begründung am Strafbefehl festgehalten habe, habe erst dazu geführt, dass diese gezwungen gewesen sei, einen Verteidiger zu beauftragen, was überhaupt Parteikosten habe entstehen lassen. Selbst die Aussage des Geschädigten anlässlich der Einvernahme beim Stadtrichteramt, dass er ausdrücklich das Desinteresse am Strafverfahren gegen- über der Beschuldigten erkläre, habe das Stadtrichteramt nicht davon abgehalten, das Verfahren gegen die Beschuldigte weiter voranzutreiben. Ausserdem habe die Vorinstanz verkannt, dass zahlreiche anwaltliche Besprechungen mit der Beschuldigten notwendig gewesen seien, damit diese die Relevanz ihrer Aussagen überhaupt erkannt habe. Ferner sei davon auszugehen, dass der Augenschein durch die Verteidigung mit Fotodokumentation der Unfallörtlichkeit letztendlich auch die Vorinstanz davon überzeugt haben dürfte, dass die Schilderungen des Geschädigten aufgrund der Platzverhältnisse gar nicht hätten zutreffen können. Schliesslich sei der Beizug eines Rechtsvertreters auch mit Blick auf das Alter der Beschuldigten angezeigt gewesen, denn mit 74 Jahren hätte sie die Handhabung ihres eigenen Strafverfahrens überfordert (Urk. 42 S. 4-6).

          1. Zwar weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass vorliegend lediglich eine Busse von Fr. 300.– wegen einer einfachen Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG und mithin eine Übertretung in Frage stand (vgl. Urk. 40 S. 19). Wie sich aus der zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichts ergibt, schliesst dieser Umstand allein eine Entschädigung der Anwaltskosten allerdings nicht per se aus. In diesem Zusammenhang hielt das Bundesgericht auch fest, dass ein durchschnittlicher juristischer Laie kaum einen massgeblichen Unterschied zwischen einem Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB) und einer Übertretung (Art. 103 StGB) erblicken dürfte, zumal nicht vorausgesetzt wer- den könne, dass die Trichotomie der Straftaten allgemein bekannt sei (Urteil des Bundesgerichts 6B_800/2015 vom 6. April 2016 E. 2.5). Zu berücksichtigen sind vielmehr – wie vorstehend dargelegt – die konkreten Umstände des Einzelfalls.

          2. In tatsächlicher Hinsicht umfasst der vorliegende Vorwurf zwar einen ein- zelnen, unkomplizierten Sachverhalt, stand doch einzig das fahrlässige Nichtge- währen des Vortritts beim Wenden zur Diskussion. Es stellten sich jedoch bereits von Beginn weg beweisrechtliche Schwierigkeiten, da zur Erstellung des massge- blichen Sachverhalts keine objektiven Beweismittel zur Verfügung standen. So galt es, den Unfallhergang anhand der Aussagen der Beschuldigten und des am Unfall beteiligten Motorfahrradlenkers sowie der Fotodokumentation der Unfallört- lichkeit zu erstellen. Auch für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts musste die bundesgerichtliche Rechtsprechung herangezogen werden, was von der Beschuldigten als juristischer Laiin nicht uneingeschränkt erwartet werden konnte.

          3. Massgebend ist weiter, dass die Beschuldigte nicht sogleich bei ihrer ers- ten Konfrontation mit der Polizei am 29. Juli 2021 einen Rechtsvertreter beizog (vgl. Urk. 1 S. 2), sondern erst nach Erhalt des Strafbefehls. Das Bundesgericht hat bereits mehrfach in ähnlich gelagerten Fällen aufgezeigt, dass diesem Um- stand bei der Beurteilung, ob der Beizug eines Anwalts angemessen war, beson- deres Gewicht zukommt (vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_73/2021 vom

            28. Februar 2022 E. 3.3.4; 6B_322/2017 vom 27. Oktober 2017 E. 2.4.2;

            6B_800/2015 vom 6. April 2016 E. 2.5 f.; 6B_209/2014 vom 17. Juli 2014 E. 2.2 f.;

            1B_536/2012 vom 9. Januar 2013 E. 2.3). Erwähnenswert ist an dieser Stelle zudem, dass sich der gegen die Beschuldigte erhobene Vorwurf anfänglich nicht nur auf eine einfache Verletzung der Verkehrsregeln beschränkte, sondern zusätzlich auf eine fahrlässige Körperverletzung, da der Motorfahrradlenker, also der Ge- schädigte, aufgrund des Unfalls einen Bruch des linken Unterarms erlitten hatte, was jedoch an der Unfallstelle nicht bemerkt wurde, sondern erst ca. drei Stunden später im Universitätsspital Zürich (Urk. 1 S. 3). Der Geschädigte verzichtete in- des auf die Stellung eines Strafantrags gegen die Beschuldigte (Urk. 1/1). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beschuldigte bereits anlässlich des Telefonge- sprächs mit der Stadtpolizei Zürich vom 29. Juli 2021 erklärte, dass sie denke, der Motorfahrradlenker sei am Unfall schuld gewesen (Urk. 1 S. 2), und damit den ge- gen sie erhobenen Vorwurf bestritt. Dies allein vermochte das Stadtrichteramt aber nicht zu überzeugen, erliess es doch am 11. Mai 2022 den Strafbefehl gegen die Beschuldigte (Urk. 3). Wie erwähnt, nahm die Beschuldigte erst danach die Dienste ihrer Rechtsschutzversicherung in Anspruch (die Vollmacht an die Versi- cherung datiert auf den 23. Mai 2022 [Urk. 6/1]), welche für sie eine Begründung ihrer Einsprache ausformulierte (Urk. 4, Urk. 6 und Urk. 9). Dieses Vorgehen ist nachvollziehbar angesichts des Umstands, dass es sich bei der Beschuldigten um eine juristische Laiin handelt, welche erkennen musste, dass sie mit ihrer Bestrei- tung alleine keine Einstellung des Verfahrens erreichen konnte. Überdies ver- mochte auch die durch die Rechtsschutzversicherung ausformulierte Einsprache, welche knapp drei Seiten umfasst (Urk. 9), das Stadtrichteramt nicht zu einer Ein- stellung des Verfahrens zu bewegen, nahm es in der Folge doch weitere Untersu- chungshandlungen vor. Aufgrund des verurteilenden Erkenntnisses im Strafbefehl war es für die Beschuldigte zudem nicht absehbar, welche konkreten Untersu- chungshandlungen bei einer Anfechtung von Amtes wegen noch durchgeführt würden. So lud das Stadtrichteramt die Beschuldigte am 23. August 2022 denn auch zur Einvernahme als beschuldigte Person vor und setzte die Einvernahme des Geschädigten als Auskunftsperson auf den gleichen Tag an (Urk. 10 f.). Erst darauf mandatierte die Beschuldigte – über ihre Rechtsschutzversicherung – Rechtsanwalt lic. iur. X. als ihren Rechtsvertreter (die Vollmacht an ihn da- tiert auf den 7. September 2022 [Urk. 13/2]). Auch dies ist nachvollziehbar, musste sie doch nach der ihr zugegangenen Vorladung zur Befragung damit rechnen, dass das Stadtrichteramt gestützt auf Art. 355 Abs. 3 und Art. 356 StPO am Strafbefehl festhält und die Akten dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens überweist. Nach Durchführung der Einvernahmen der Beschuldigten und des Geschädigten am 24. November 2022 gelangte der Rechts- vertreter per E-Mail sowie telefonisch an die zuständige Stadtrichterin und ver- suchte sie nochmals von der Einstellung des Strafverfahrens zu überzeugen

            (Urk. 22 und Urk. 24 f.), wozu die Beschuldigte alleine klar nicht in der Lage ge- wesen wäre. Nichtsdestotrotz hielt das Stadtrichteramt am Strafbefehl fest

            (Urk. 26), worauf auch die Beschuldigte an der Einsprache festhielt (Urk. 27), und es folgte schliesslich die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens. Unter Be- rücksichtigung des Umstands, dass das Verfahren bis zum vorinstanzlichen Urteil fast zwei Jahre dauerte und vom Stadtrichteramt wie aufgezeigt mit einer gewis- sen Hartnäckigkeit verfolgt wurde, kann nicht mehr von einem einfachen Prozess ohne gänzliche juristische Schwierigkeiten gesprochen werden.

          4. Zu Recht weist die Verteidigung sodann darauf hin, dass die Vorinstanz ausser Acht gelassen hat, dass der Beschuldigten nicht nur eine Verurteilung, sondern auch eine vom Ausgang des Strafverfahrens abhängende Administrativ- massnahme drohte. So geht aus den Akten hervor, dass das Strassenverkehrs- amt des Kantons Zürich nach dem Vorfall vom 10. Juli 2021 ein Administrativ- massnahmeverfahren eröffnet und um die Zustellung des Strafentscheids ersucht hat mit dem Hinweis, dass sich das Strafverfahren auf das Administrativmassnah- meverfahren auswirke (Urk. 2). Die Beschuldigte wurde hiervon bereits mit Schreiben vom 8. September 2021 – also noch vor Ergehen des Strafbefehls und damit vor der Mandatierung ihrer Rechtsvertretung – durch das Strassenverkehrs- amt in Kenntnis gesetzt. Dabei wurde sie darauf hingewiesen, dass Administrativ- massnahmen eine Verwarnung oder aber auch ein Entzug des Führerausweises sein könnten. Sollte sie im Strafverfahren rechtskräftig verurteilt werden, werde das Strassenverkehrsamt auf der Grundlage des Strafentscheids entscheiden. Sie habe im Strafverfahren umfassende Verteidigungsrechte. Falls sie mit den Vorwürfen nicht einverstanden sei, müsse sie sich bereits im Strafverfahren weh- ren. Im Verfahren betreffend Administrativmassnahmen könne sie keine Ein- wände mehr gegen die Vorwürfe erheben (Urk. 43/1). Auch aus diesem Grund ist

      nachvollziehbar, dass sich die Beschuldigte, nachdem der Strafbefehl – welcher auch einen Einfluss auf das Administrativmassnahmeverfahren gehabt hätte, wenn er rechtskräftig geworden wäre – erging, an ihre Rechtsschutzversicherung wandte. Ausserdem war es für sie nicht erkennbar, inwiefern sich die Verletzung des am Unfall beteiligten Motorfahrradlenkers auf das Administrativmassnahme- verfahren auswirken würde. Zu berücksichtigen ist zudem, dass allfällige Adminis- trativmassnahmen gerade für ältere Fahrzeugführer wie die Beschuldigte die Ge- fahr einer Infragestellung ihrer Fahreignung als solcher bergen. Dem gegenüber der Beschuldigten erhobenen Vorwurf kommt daher trotz Qualifikation im Strafbe- fehl als einfache Verkehrsregelverletzung (und damit als Übertretung) aus diesem Blickwinkel doch eine gewisse Schwere zu.

      1.6. Aus den dargelegten Gründen hatte die Beschuldigte, nachdem das Stadt- richteramt gegen sie einen Strafbefehl erlassen hatte und auch die begründete Einsprache ihrer Rechtsschutzversicherung nicht fruchtete, objektiv begründeten Anlass, für das weitere Strafverfahren einen frei gewählten Verteidiger beizuzie- hen. Der Beizug des erbetenen Verteidigers an sich war somit im Zeitpunkt der Mandatierung gerechtfertigt.

  2. Festsetzung des Honorars

    1. Es stellt sich in der Folge die Frage, welcher vom beigezogenen Rechtsan- walt betriebene Aufwand noch als angemessene Ausübung der Verfahrensrechte qualifiziert werden kann.

    2. Für die Verteidigung der Beschuldigten machte ihr Rechtsvertreter vor Vorin- stanz gemäss seiner Honorarnote vom 23. März 2023 für das Untersuchungsver- fahren und das erstinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von insgesamt

      Fr. 5'883.10 geltend, bestehend aus einem Zeitaufwand von total 19.4 Stunden zu Fr. 280.– sowie Barauslagen von Fr. 30.50 und 7.7% Mehrwertsteuer (Urk. 32).

    3. Das Stadtrichteramt beantragt im vorliegenden Verfahren, der Beschuldigten sei – eventualiter – eine Entschädigung unter Berücksichtigung eines Stundenan- satzes von Fr. 220.– zuzusprechen (Urk. 55 S. 2).

    4. Die Höhe der Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung richtet sich nach den Grundsätzen der kantonalen Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (Anwaltsgebührenverordnung; LS 215.3). Dabei ist bei der Festsetzung der Entschädigung des Verteidigers primär zu unterscheiden, ob es sich um ein einfaches Standardverfahren handelt oder nicht. Dies beurteilt sich nach Aktenumfang, Komplexität und Schwierigkeit des Falles (sowohl in tatsächli- cher als auch in rechtlicher Hinsicht), Bedeutung des Verfahrens für die betroffene Person und Anzahl der angeklagten und zu beurteilenden Delikte (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich SB170088 vom 13. Oktober 2017 E. V.2.3 m.w.H.). Gemäss Praxis ist bei einfachen Standardverfahren von den in der An- waltsgebührenverordnung angeführten Ansätzen auszugehen. Die Bemühungen des Anwaltes müssen im Umfang den Verhältnissen entsprechen, das heisst sachbezogen und angemessen sein. Unnötige und übersetzte Kosten sind nicht zu entschädigen, wobei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Verteidigerbeizugs abgestellt werden muss (WEHRENBERG/FRANK, BSK StPO, 3. Aufl. 2023, N 15 zu Art. 429). Nach zürcherischer Praxis ist eine Honorarnote des Privatverteidigers sodann im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und des Gebots zur Schadensminderung auf ihre Angemessenheit zu prüfen (ZR 101 Nr. 19; ZR 102 Nr. 49; ZR 107 Nr. 74). Bei der Bemessung einer Entschädigung für Prozesskos- ten ist der Staat jedenfalls nicht an irgendwelche privatrechtlichen Vereinbarun- gen zwischen Anwalt und Klient gebunden. Als Massstab bei der Beantwortung der Frage, welcher Aufwand für eine angemessene Verteidigung im Strafverfah- ren nötig ist, hat der erfahrene Anwalt zu gelten, der im Bereich des materiellen Strafrechts und des Strafprozessrechts über fundierte Kenntnisse verfügt und deshalb seine Leistungen von Anfang an zielgerichtet und effizient erbringen kann (Urteile des Bundesgerichts 6B_950/2020 vom 25. November 2020 E. 2.3.1 und 6B_129/2016 vom 2. Mai 2016 E. 2.2 mit Hinweisen).

    5. Im Kanton Zürich wird unterschieden zwischen den anwaltlichen Bemühun- gen, die im Rahmen des Vorverfahrens erbracht werden, und denjenigen, welche die Hauptverhandlung betreffen (§§ 16 und 17 AnwGebV). Für das Übertretungs- strafverfahren (Art. 357 StPO) enthält die Anwaltsgebührenverordnung keine ei- gene Regelung. Da dieses Verfahren weitgehend dem Vorverfahren entspricht, ist

      § 16 Abs. 1 AnwGebV analog anzuwenden. Gemäss dieser Bestimmung bemisst sich die Gebühr im Vorverfahren im Sinne der Art. 299 ff. StPO nach dem notwen- digen Zeitaufwand der Vertretung, wobei die Ansätze gemäss § 3 der AnwGebV gelten, d.h. in der Regel Fr. 150.– bis Fr. 350.– pro Stunde. Für die Bestimmung der konkreten Stundenansatzhöhe ist auf die allgemeinen Regeln von § 2 AnwGebV zurückzugreifen, wonach diese im Wesentlichen nach der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie der Verantwortung und dem notwendigen Zeitaufwand der Verteidigung festzulegen ist. Während sich die Entschädigung im Untersuchungsverfahren wie gesehen nach dem notwendigen Zeitaufwand der Vertretung bemisst (§ 16 AnwGebV), ergibt sie sich im Gerichtsverfahren aus der Gebühr (§ 17 AnwGebV). Für die Führung eines Strafprozesses einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung vor den Einzelgerichten beträgt die Grundgebühr nach § 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV in der Regel Fr. 600.– bis Fr. 8'000.–, wobei auch hier die Bedeutung des Falles, die Verantwortung und der notwendige Zeitaufwand des Anwalts sowie die Schwierig- keit des Falles die Grundlage für die Festsetzung der Entschädigung bilden (§ 2 Abs. 1 lit. b-e AnwGebV). Zur Grundgebühr werden Zuschläge berechnet und zwar für jede zusätzliche Verhandlung (Vorverhandlung, Vergleichsverhandlung, vorgängige Beweiserhebung), für jede weitere notwendige Rechtsschrift und für über den ersten Tag hinausgehende Verhandlungstage, wie Ergänzungs- oder Beweisverhandlungen (§ 17 Abs. 2 AnwGebV). § 11 Abs. 2 und 3 AnwGebV sind analog anwendbar (§ 17 Abs. 3 AnwGebV). Zu entschädigen sind ferner auch die notwendigen Auslagen (§ 22 Abs. 1 AnwGebV).

    6. Der Verteidiger der Beschuldigten verweist zur Begründung der Höhe des Entschädigungsanspruchs auf die vor Vorinstanz eingereichte Honorarnote

      (Urk. 32; vgl. Urk. 42 S. 1). Der vom ihm eingesetzte Stundenansatz von Fr. 280.– bewegt sich im oberen Bereich der von der Anwaltsgebührenverordnung vorgege- benen Stundenansätze. Was den Schwierigkeitsgrad des Falles betrifft, kann die- ser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als leicht eingestuft werden. Der Akte- numfang ist zudem als gering zu bezeichnen. Ferner ging es um einen einzelnen, unkomplizierten Sachverhalt. Es war mithin ein eng umgrenzter Vorfall zu beurtei- len, welcher weder umfangreich noch komplex ist. Ausserdem stand lediglich eine

      Busse von Fr. 300.– in Frage, womit es sich um ein Delikt im Bagatellbereich han- delt. Ein Stundenansatz von Fr. 280.– erscheint daher als zu hoch. Zur Bedeu- tung des Falles ist zu sagen, dass eine Verurteilung wohl auch Konsequenzen im Administrativmassnahmeverfahren nach sich gezogen hätte. Da es sich indes, wie erwähnt, um einen einfachen Standardfall handelt, erscheint ein Stundenan- satz von Fr. 220.– indiziert.

    7. Ihre Aufwendungen für das Vorverfahren, mithin das gesamte Verfahren vor dem Stadtrichteramt, bezifferte die Verteidigung auf 8.63 Stunden (Aufwendungen bis zum 14. Dezember 2022; vgl. Urk. 32 S. 2). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Verteidiger an den Einvernahmen der Beschuldigten und der weiteren am Unfall beteiligten Person als Auskunftsperson teilnahm, weshalb mehr als nur eine Besprechung mit der Beschuldigten angezeigt war. Ausserdem sind auch die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Kontaktaufnahme mit dem Stadtrich- teramt nicht zu beanstanden angesichts des nachvollziehbaren Bestrebens der Verteidigung, diese von der Einstellung des Verfahrens zu überzeugen. Insge- samt erscheint der im Untersuchungsverfahren geltend gemachte Aufwand daher als noch angemessen. Der entschädigungspflichtige Zeitaufwand für das Untersu- chungsverfahren beträgt folglich Fr. 1'898.60 (8.63 Stunden x Fr. 220.–).

    8. Für den Zeitraum des Hauptverfahrens vom 15. Februar 2023 bis zum

      24. März 2023 stellt die Verteidigung sodann Aufwendungen im Umfang von

      10.77 Stunden in Rechnung (Urk. 32). Wie bereits dargelegt, besteht mit § 17 Abs. 1 AnwGebV für dieses Verfahrensstadium eine klare Rechtsgrundlage für die Honorarbemessung nach Pauschalgebühr. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass alle prozessualen Bemühungen zusammen als einheitliches Ganzes aufge- fasst werden, wohingegen der tatsächlich geleistete Zeitaufwand nur sehr bedingt berücksichtigt wird. Entsprechend ist das Gericht bei der rein pauschalen Ent- schädigungsbemessung auch nicht gehalten, sich mit den in der Honorarnote der Verteidigung enthaltenen Aufwandspositionen im Einzelnen auseinanderzusetzen (BGE 143 IV 453 E. 2.5). Nach Massgabe von § 2 Abs. 1 AnwGebV bemisst sich die Gebühr in solchen Fällen vielmehr vor allem nach der Bedeutung der Strafsa- che, der Verantwortung der Verteidigung und der Schwierigkeit des Falls. Angesichts der erwähnten, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überschaubaren Di- mension des Falls (vorstehend, Ziff. 2.6) erweist sich im Rahmen der für die Füh- rung eines Strafprozesses (einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung) vor dem Einzelgericht gegebenen Band- breite von Fr. 600.– bis Fr. 8'000.– eine Pauschalgebühr von Fr. 2'000.– als ange- messen. Als zuschlagspflichtiger Aufwand ist der am 17. März 2023 von der Ver- teidigung eigenständig vorgenommene Augenschein samt Fotodokumentation von der Unfallörtlichkeit zu qualifizieren. In Anwendung von § 17 Abs. 2 lit. b Anw- GebV ist die Gebühr deswegen auf Fr. 2'200.– zu erhöhen. Bezüglich der zur Kontrollrechnung hinzuzuziehenden Honorarnote von Rechtsanwalt lic. iur.

      X. ist anzumerken, dass wiederum nicht von einem Stundenansatz von

      Fr. 280.–, sondern von Fr. 220.– auszugehen ist. Entsprechend erscheint die Ent- schädigung für die Führung eines Strafprozesses einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung vor dem Einzelgericht in der Höhe von Fr. 2'200.– als angemessen.

    9. Sodann sind dem Verteidiger der Beschuldigten die Barauslagen des Vor- und Hauptverfahrens zu ersetzen. Rechtsanwalt lic. iur. X. macht Barausla- gen von insgesamt Fr. 30.50 geltend. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Ko- pien nicht mit Fr. 1.–, sondern gemäss dem gerichtsüblichen Ansatz lediglich mit Fr. 0.50 pro Stück zu entschädigen sind. Für die Kopien wäre damit ein Betrag von Fr. 9.– (18 Kopien x Fr. 0.50) statt Fr. 18.– zuzusprechen (vgl. hierzu den Leitfaden amtliche Mandate, Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, S. 66). Entsprechend ist eine Kürzung vorzunehmen. Im Übrigen sind die geltend ge- machten Barauslagen ausgewiesen und in ihrer Höhe nicht zu beanstanden. Die Barauslagen der Verteidigung sind somit auf Fr. 21.50 zu beziffern und in diesem Umfang zu entschädigen.

    10. Nach dem Gesagten setzt sich die Entschädigung für den erbetenen Vertei- diger der Beschuldigten wie folgt zusammen:

Honorar Untersuchungsverfahren

Fr.

1'898.60

Honorar erstinstanzliches Verfahren

Fr.

2'200.–

Barauslagen Fr. 21.50

Zwischentotal Fr. 4'120.10

7.7% Mehrwertsteuer Fr. 317.25

Total Fr. 4'437.35

IV. Kosten- und Entschädigungsfolgen im Berufungsverfahren

  1. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 2'000.– zu veran- schlagen (§ 2 Abs. 1 lit. b, c und d GebV OG sowie § 16 Abs. 1 in Verbindung mit

    § 14 GebV OG).

  2. Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ih- res Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Beschuldigte ob- siegt zwar mit ihrem Antrag auf Zusprechung einer Prozessentschädigung, aller- dings wird ihr die Prozessentschädigung nicht im von ihr beantragten Umfang zu- gesprochen. Statt Fr. 5'883.10 werden ihr Fr. 4'437.35 entschädigt, was eine Dif- ferenz von Fr. 1'445.75 (also von etwa einem Viertel) ergibt. Angesichts dieses Verhältnisses und unter Berücksichtigung, dass die Beschuldigte mit ihrem Antrag auf Zusprechung einer Prozessentschädigung an sich obsiegt, rechtfertigt es sich, die Kosten des Berufungsverfahrens zu einem Fünftel der Beschuldigten aufzuer- legen und sie zu vier Fünfteln auf die Gerichtskasse zu nehmen. Demgegenüber rechtfertigt es sich nicht, den frühen Rückzug des Stadtrichteramtes bei der zwei- tinstanzlichen Kostenauflage zu berücksichtigen.

  3. Der Beschuldigten ist auch für das Berufungsverfahren gestützt auf Art. 429 Abs. 1 StPO eine Entschädigung für die angemessene Ausübung ihrer Verfah- rensrechte zuzusprechen. Rechtsanwalt lic. iur. X. macht für das Berufungsverfahren einen Aufwand in der Höhe von Fr. 2'270.60 geltend, beste- hend aus einem Zeitaufwand von total 7.89 Stunden zu Fr. 280.– sowie Barausla- gen von Fr. 61.40 und 7.7% Mehrwertsteuer (Urk. 59). Gemäss § 18 Abs. 1 AnwGebV wird im Berufungsverfahren die Gebühr grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen. Dabei wird auch berücksichtigt, ob das Urteil vollumfänglich oder nur teilweise angefochten worden ist. Auch an dieser Stelle ist anzumerken, dass die Bearbeitung des vorliegenden Falles einfach war,

zumal im Berufungsverfahren einzig die durch die Vorinstanz nicht zugespro- chene Prozessentschädigung Prozessthema war. Da auch in diesem Zusammen- hang ohne Weiteres ein Standardverfahren vorliegt, ist von einem Stundenansatz von Fr. 220.– auszugehen. Ausserdem ist wiederum bei den Auslagen für die Fo- tokopien der gerichtsübliche Ansatz von Fr. 0.50 zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Honorarnote des Verteidigers jedoch nicht zu beanstanden. Es rechtfertigt sich gesamthaft betrachtet, die Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren auf Fr. 1'700.– festzusetzen. Hinzu kommen die – um die zu hoch ausgewiesenen Kopierkosten gekürzten – Barauslagen von Fr. 44.40. Damit resultiert ein Ge- samtbetrag von Fr. 1'878.70 (inkl. MwSt.). Aufgrund des teilweisen Unterliegens der Beschuldigten ist dieser jedoch im Umfang von einem Fünftel, also auf

Fr. 1'503.–, zu reduzieren.

Es wird beschlossen:

  1. Vom Rückzug der Berufung des Stadtrichteramtes Zürich wird Vormerk ge- nommen.

  2. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung

    - Einzelgericht, vom 24. März 2023 bezüglich der Dispositivziffern 1 (Frei- spruch) sowie 2 und 3 (Kostendispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.

  3. Schriftliche Mitteilung mit dem nachfolgendem Urteil.

  4. Gegen Ziff. 1 dieses Beschlusses kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesge- richtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsge- setzes.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigten wird für das Vorverfahren sowie das erstinstanzliche Ver- fahren eine Prozessentschädigung in der Höhe von Fr. 4'437.35 zugespro- chen.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 2'000.–.

  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beschuldigten im Umfang von einem Fünftel auferlegt und im Umfang von vier Fünfteln auf die Ge- richtskasse genommen.

  4. Der Beschuldigten wird für das Berufungsverfahren eine reduzierte Prozessentschädigung in der Höhe von Fr. 1'503.– zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Beschuldigten

    • das Stadtrichteramt Zürich

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmit- tel an

    • die Vorinstanz [mit dem Ersuchen um Vornahme der notwendigen Mit- teilungen an die Behörde, inkl. Mitteilung an die Kantonspolizei Zürich gem. § 54a PolG].

  6. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsa- chen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesge- richtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsge- setzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 4. März 2024

Die Präsidentin:

Oberrichterin lic. iur. Bertschi

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Lazareva

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