Zusammenfassung des Urteils SU230020: Obergericht des Kantons Zürich
Der Fall betrifft einen Streit zwischen Herrn A______ und der Firma B______ SA bezüglich eines Leasingvertrags für ein Fahrzeug. Die Firma forderte nach vorzeitiger Vertragsauflösung einen Betrag von 26'271 Franken als Restzahlung für das Fahrzeug. Herr A______ argumentierte, dass dieser Betrag überhöht sei und die Vertragsbedingungen nicht klar seien. Das Gericht entschied jedoch, dass der Vertrag den gesetzlichen Bestimmungen entsprach und wies die Klage von Herrn A______ ab. Die Gerichtskosten betrugen 2'000 Franken, die Herr A______ tragen muss. Die Parteikosten belaufen sich auf 1'500 Franken, die Herr A______ an die Firma B______ SA zahlen muss.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SU230020 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 03.10.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Demonstration; Berufung; Platz; Vorinstanz; Polizei; Statthalteramt; Beschuldigten; Urteil; Teilnehmer; Aussage; -platz; Bezirk; Gericht; Teilnehmerin; Person; Befehl; Kundgebung; Aussagen; Personen; Ehemann; COVID-; Statthalteramtes; Verordnung; Verfahren; Vielmehr; Bundes; Lautsprecherdurchsagen |
Rechtsnorm: | Art. 356 StPO ;Art. 357 StPO ;Art. 398 StPO ; |
Referenz BGE: | 136 I 229; 138 I 305; 138 IV 81; 141 IV 249; 146 IV 297; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SU230020-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident, lic. iur. B. Amacker und Ersatzoberrichter lic. iur. K. Vogel sowie die Gerichtsschreiberin MLaw T. K?nzle
Urteil vom 3. Oktober 2023
in Sachen
VerwaltungsBehörde und Berufungsklägerin
gegen
Beschuldigte und Berufungsbeklagte
betreffend Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Zürich,
Strafbefehl des Statthalteramts Bezirk Zürich:
Der Strafbefehl des Statthalteramts Bezirk Zürich Nr. ST.2022.1940 vom 24. März 2022 gilt im Sinne von Art. 357 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 356 Abs. 1 StPO als Anklageschrift und ist diesem Urteil in Kopie beigeheftet (Urk. 8).
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 25 S. 12 f.)
Es wird erkannt:
Die Einsprecherin ist nicht schuldig und wird freigesprochen.
Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten gemäss vorstehender Ziffer werden auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten des Strafbefehls Nr. ST.2022.1940 vom 24. März 2022 und die nachträglichen Untersuchungssowie überweisungskosten werden dem Statthalteramt des Bezirkes Zürich zur Abschreibung überlassen.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
BerufungsAnträge:
(Prot. II S. 5)
Des Statthalteramtes Bezirk Zürich: (Urk. 26)
Dispositiv Ziff. 1, 2 und 3 des Urteils vom 6. Dezember 2022 des Bezirksgerichts Zürich (GC220184) seien aufzuheben.
Der Einsprecher und Berufungsbeklagter sei im Sinne des Strafbefehls ST.2022.1940 vom 24. März 2022 schuldig zu sprechen.
Der Einsprecher und Berufungsbeklagter sei mit einer Busse in der Höhe von Fr. 800.00 zu bestrafen und es sei eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen festzusetzen.
Dem Einsprecher und Berufungsbeklagten seien die Strafbefehlskosten und die entstandenen Untersuchungskosten nach Einsprache sowie die gerichtlichen Kosten vollumfänglich aufzuerlegen.
Der Beschuldigten: (Urk. 29 sinngemäss)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Bezüglich des Verfahrensgangs bis zum Vorliegen des Urteils der Vorinstanz vom 6. Dezember 2022 kann auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 25 S. 3 f.).
Mit eingangs im Dispositiv wiedergegebenen Urteil der Vorinstanz wurde die Beschuldigte von den Vorwürfen der Widerhandlung gegen die COVID-19- Verordnung 2 und der Teilnahme an einer nicht bewilligten Kundgebung freigesprochen (Urk. 25 S. 12).
Dagegen meldete das Statthalteramt Bezirk Zürich (nachfolgend: Statthalteramt) fristgerecht Berufung an (Urk. 20) und erstattete ebenfalls innert Frist die BerufungsErklärung (Urk. 26).
Mit Eingabe vom 4. April 2023 beantragte die Beschuldigte, dass auf die Berufung des Statthalteramtes nicht einzutreten sei (Urk. 29). Mit Beschluss der hiesigen Kammer vom 13. April 2023 wurde festgehalten, dass auf die Berufung des Statthalteramtes einzutreten sei, das schriftliche Berufungsverfahren angeordnet und dem Statthalteramt Frist zur BerufungsBegründung angesetzt (Urk.
30). Mit Eingabe vom 5. Mai 2023 erstattete das Statthalteramt die Berufungsbegründung innert Frist (Urk. 32). Die Beschuldigte liess die Frist zur Erstattung ei- ner Berufungsantwort ungenutzt verstreichen (vgl. Urk. 34). Die Vorinstanz verzichtete ausDrücklich auf eine Vernehmlassung (Urk. 35).
Gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist die Berufung zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen worden ist. Die Berufungsinstanz überpröft den vorinstanzlichen Entscheid bezüglich sämtlicher Tat-, Rechts- und Ermessensfragen üblicherweise frei (Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO). Bildeten jedoch ausschliesslich übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so schränkt Art. 398 Abs. 4 StPO die Kognition der Berufungsinstanz ein. In diesen Fällen wird das angefochtene Urteil lediglich dahingehend überpröft, ob es rechtsfehlerhaft ist ob eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gegeben ist. Relevant sind dabei klare Versehen bei der Sachverhaltsermittlung wie namentlich Irrtümer offensichtliche Diskrepanzen zur Akten- und Beweislage. Weiter in Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen die Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Gesamthaft gesehen dürften regelmässig Konstellatio- nen relevant sein, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizieren sind (vgl. S CHMID/JOSITSCH, StPO Praxiskommentar, 4. Aufl. 2023, Art. 398 N 12f.; BSK StPO-B?HLER, 3. Aufl. 2023, Art. 398 N 6). Willkür bei der BeweisWürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung Würdigung ebenfalls vertretbar gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hinweisen). Eine vertretbare BeweisWürdigung ist daher auch dann noch nicht willkürlich, wenn die Berufungsinstanz anstelle des Vorderrichters allenfalls anders entschieden hätte. Es ist somit zu überprüfen, ob das vorinstanzliche Urteil im Bereich der zulässigen Kognition Fehler aufweist.
Die urteilende Instanz muss sich nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausDrücklich widerlegen. Vielmehr kann sich das Gericht auf die seiner Auffassung nach wesentlichen und massgeblichen Vorbringen der Parteien beschränken (BGE 146 IV 297 E. 2.2.7; BGE 141 IV 249; BGE 138 IV 81 E. 2.2; BGE 136 I 229 E. 5.2).
Das Statthalteramt beantragt mit seiner Berufung einen anklagegemüssen Schuldspruch (Urk. 26 und Urk. 32), weshalb das vorinstanzliche Urteil im Rahmen der eingeschränkten Kognition vollumfänglich zur Disposition steht bzw. in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen ist.
Ausgangslage
Der Beschuldigten wird zur Last gelegt, am tt.mm.2020 nachmittags auf dem B. -platz in Zürich an einer unbewilligten Demonstration betreffend Einschränkungen der Grundrechte wegen der Corona-Massnahmen des Bun- des teilgenommen und sich dabei trotz mehrmaliger Aufforderungen der Polizei mittels Lautsprecherdurchsagen nicht von der ?-rtlichkeit entfernt zu haben. Für die konkreten Einzelheiten der Vorwürfe kann auf die angefährte Anklageschrift (Strafbefehl vom 24. März 2022) verwiesen werden (Urk. 8).
Die Beschuldigte stellte von Beginn an in Abrede, an der nicht bewilligten Demonstration teilgenommen zu haben. Sie sei zusammen mit ihrem Mann (Beschuldigter im Verfahren SU220019) um cirka 14.15 Uhr über den B. platz geschlendert. Sie hätten beim C. ein Glace essen wollen. Sie hätten dann das Geschehen auf dem Platz beobachtet und hätten den nötigen Abstand eingehalten, wobei sie am Rande des Platzes herumgegangen seien. Sie hätten sich an die Durchsagen gehalten und den Platz verlassen. Nachdem der Platz leer gewesen sei, hätten sie sich auf einen Stuhl gesetzt und seien dann kontrolliert worden (Urk. 3 F/A 6 und F/A 21). Sie seien zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass sie für Demonstranten hätten gehalten werden können,
weil die Demonstration ja vorbei und der Platz geräumt gewesen sei, als sie auf die zwei Stühle gesessen seien (Prot. I S. 14).
Die Vorinstanz hielt in ihren Erwägungen zusammengefasst fest, dass die Beschuldigte konstant und übereinstimmend ausgesagt habe, nicht an der Demonstration teilgenommen und die polizeilichen Durchsagen nicht auf sich bezogen zu haben. Vielmehr sei sie zwar vorgängig über die Medien über eine Kundgebung auf dem B. -platz informiert worden, sei aber wohlwissend über die Corona-Massnahmen in die Stadt gekommen, um sich unter anderem die Geschehnisse auf dem B. -platz aus der Ferne anzusehen. Ihre Aussagen, weder an der Demonstration teilgenommen noch sich in der entsprechenden Menschenansammlung aufgehalten zu haben, erschienen gemäss Vorinstanz als nicht unglaubhaft (Urk. 25 S. 9). Als Beleg, dass es sich bei der durch Polizeibeamte kontrollierten Beschuldigten um eine Demonstrationsteilnehmerin gehandelt habe, liege einzig eine grüne Karte bei den Akten (Provisorische Personenkontrollkarte; vgl.Urk. 2), wonach die Beschuldigte am D. , ... ZH kontrolliert worden sei. Der nicht unglaubhafte Standpunkt der Beschuldigten, sie sei nicht Teilnehmerin der Anti-Lockdown Demonstration Mahnwache gewesen, son- dern diese lediglich von aussen beobachtet zu haben, könne weder durch den Polizeirapport noch durch das dem Polizeirapport angehängte Dokument (Provisorische Personenkontrollkarte) widerlegt werden. Es fehle an einem Beweismittel, das belegen würde, dass die Beschuldigte effektiv Teil dieser Demonstrationsmasse gewesen sei. Die Kundgebung soll zudem auf dem B. -platz stattgefunden haben, die Beschuldigte sei gemäss provisorischer Personenkontrollkarte (Urk. 2) am D. kontrolliert worden und somit ürtlich vom B. -platz getrennt. Lasse sich nicht erstellen, dass die Beschuldigte Teil der Demonstration gewesen sei, lasse sich ebenso wenig erstellen, dass ihr die Polizeidurchsagen gegolten hätten (Urk. 25 S. 10 f.). Die Beschuldigte sei deshalb von den Vorwürfen im Strafbefehl vom 24. März 2022 aufgrund nicht überwindbarer Zweifel an der Sachverhaltsdarstellung des Statthalteramtes freizusprechen (Urk. 25 S. 11).
Das Statthalteramt rägt in der BerufungsBegründung eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Die Aussagen der Beschuldigten seien keineswegs konstant. Vielmehr zeige die Beschuldigte ein widersprächliches Aussageverhalten. Einerseits mache sie geltend, nicht an der Demonstration teilgenommen zu haben, andererseits impliziere ihre Aussage, wonach vermutlich sie die Idee gehabt habe, an der Demonstration zu gehen, weil sie im Vorfeld über die Medien davon erfahren habe, dass sie eben genau deshalb von E. nach Zürich angereist sei, um an der besagten Demonstration teilzunehmen. Weiter impliziere zurückkommen und wieder zurückgegangen, dass sie bereits zuvor, vor 14.30 Uhr, also vor dem angeblichen Glacekauf am
C. -Stand auf dem B.
gewesen sei, als die Demonstration noch im
Gang gewesen sei und der Polizeieinsatz, welcher ab 14.00 Uhr begangen habe, bereits gelaufen sei. Es sei ferner notorisch, dass wenn die Polizei einen Platz Räume und eine Einkesselung vornehme, die betreffenden Personen nicht am selbigen Ort bzw. ürtlich getrennt kontrolliert würden. Des Weiteren gehe die Vorinstanz damit fehl, dass sie aus der Nichterstellung der Teilnahme der Beschuldigten an der unbewilligten Demonstration die Nichterstellung, dass ihr die polizeilichen Lautsprecherdurchsagen gegolten hätten, ableite. Die Beschuldigte habe diese unbestrittenermassen Gehört. Selbst wenn sie nicht Teilnehmende der Demonstration gewesen wäre, hätte sie den polizeilichen Lautsprecherdurchsagen als polizeiliche Anordnungen demnach Folge leisten müssen (Urk. 32 S. 2 f.).
Würdigung
Unbestrittenermassen fand am tt.mm.2020 auf dem B. -platz in Zürich um ca. 14.00 Uhr eine nicht bewilligte Demonstration betreffend Anti- Lockdown statt (vgl. Urk. 1 S. 1). Dabei wurden die Teilnehmer/-innen dieser Kundgebung durch die Stadtpolizei Zürich mehrere Male mittels Lautsprecherdurchsagen abgemahnt und aufgefordert, die ?-rtlichkeit zu verlassen. Die Beschuldigte war zusammen mit ihrem Mann ebenfalls vor Ort (Urk. 1 S. 1 ff.). Fraglich ist nun, ob die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach die Beschuldigte nicht als Teilnehmerin zu erachten sei, unhaltbar bzw. offensichtlich unrichtig ist. Als Beweismittel liegen der Polizeirapport vom 11. Juni 2020 und der
dazuGehörige Anhang Verhaftskarte (Urk. 1 und 2) sowie die Aussagen der Beschuldigten (Urk. 3 und Prot. II S. 12 ff.) im Recht. Vor Vorinstanz wurde zudem auch der Ehemann der Beschuldigten als beschuldigte Person befragt (Geschöfts-Nr. SU230019; Prot. II S. 8 ff.).
Vorweg ist nochmals festzuhalten, dass eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung nur vorliegt, wenn die Würdigung der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar ist. Es genügt mithin nicht, wenn man es im Rahmen des Ermessens auch anders würdigen könnte.
Die Vorinstanz hat die Aussagen der Beschuldigten zutreffend wiedergegeben. Darauf kann grundsätzlich verwiesen werden (Urk. 25 S. 8 f.). Rekapitulierend bzw. teilweise ergänzend das Folgende: Den polizeilichen Aussagen der Beschuldigten lässt sich sachdienlich entnehmen, dass sie und ihr Ehemann ca. um
14.15 Uhr am B. -platz gewesen und langsam über den Platz geschlendert seien. Sie hätten beim C. ein Glace essen wollen. Sie hätten dann auf dem Platz gesehen, dass es viele Leute habe, die demonstrierten. Sie seien dann am Rande des Platzes 2 bis 3 Mal umhergegangen und hätten vereinzelnd auch mit Leuten gesprochen, wobei sie immer den 2-Meter-Abstand eingehalten hätten. Sie seien neugierig gewesen und hätten das Geschehen auf dem Platz beobachtet. Sie hätten durch die Medien erfahren, dass dort am tt.mm.2020 (recte: wohl tt.mm.2020 gemeint) eine Kundgebung sei und hätten einfach schauen gehen wollen, was dort los sei. Die Polizei habe etwa viermal Durchsagen gemacht. Es sei dann recht fix gegangen und der Platz sei leer gewesen. Am Rand habe man noch vereinzelt Polizisten gesehen, die mit Leuten gesprochen hätten. Ihr Ehemann sei dann auf die glorreiche Idee gekommen, dass sie sich auf einen Stuhl auf dem leeren Platz setzen könnten. Kaum hätten sie Platz genommen, seien die 3 Polizisten gekommen und hätten sie kontrolliert. Sie hätten definitiv nicht an der Demonstration teilgenommen (Urk. 3 F/A 6 ff.).
Im Rahmen der Befragung vor Vorinstanz hielt die Beschuldigte im Wesentlichen an ihrem Standpunkt fest, nicht Teilnehmerin der Demonstration gewesen zu sein. Sie seien um den Platz gelaufen und zu keinem Zeitpunkt auf dem Platz gewesen. Sie hätten es nur von rundherum beobachtet. Sie hätten dann ein
Glace geholt und als sie um ca. 14.30 Uhr zurückgekommen seien, sei der Platz leer gewesen. Sie hätten sich auf zwei freie Stühle gesetzt. Sie seien davon ausgegangen, dass die ganze Sache vorbei sei. Der Platz sei geräumt gewesen. Sie seien auch nicht davon ausgegangen, dass sie den Platz nicht mehr hätten betreten dürfen. Dies habe nie jemand gesagt. Es habe danach auch Passanten gegeben, die über den Platz gelaufen seien. Die Polizei habe sie dann kontrolliert und weggewiesen, weshalb sie sofort gegangen seien (Prot. I S. 12 ff.).
Es trifft mit dem Statthalteramt zu, dass die Beschuldigte vor Vorinstanz entgegen ihren polizeilichen Aussagen nicht mehr angab, zunächst über den Platz geschlendert zu sein und erst danach am Rand umhergegangen zu sein. übereinstimmend und konstant ist jedoch ihre Aussage, dass sie nie Teil der Demonstranten war. Die Beschuldigte war offenbar neugierig und interessierte sich für das Geschehen auf dem B. -platz. Entsprechend erlangte sie auch im Vorfeld durch eine Berichterstattung in den Medien Kenntnis von der geplanten Kundgebung. Bekanntlich gab es gerade zu Zeiten von Covid viele Schaulustige bzw. viel Interesse an der Polizeiarbeit. Gemäss Polizeirapport vom 11. Juni 2020 hätten zudem rund 50 Teilnehmer der Aufforderung der Polizei keine Folge geleistet. Sie seien in der Folge durch die Polizei eingekesselt und einer Personen- und Effektenkontrolle unterzogen worden (Urk. 1 S. 2 f.). Die Beschuldigte und ihr Ehemann wurden in Abweichung davon einer Personenkontrolle unterzogen, als sie sich auf zwei Stühlen mitten auf dem geräumten B. -platz befanden. Die Beschuldigte wurde gemäss Provisorischer Personenkontrollkarte danach am D. , ... Zürich, kontrolliert (Urk. 2). Mithin als die mutmasslichen Teilnehmer/-innen bereits eingekesselt waren. Interessant ist in diesem Zusammenhang zudem, dass gegenüber der Beschuldigten zunächst wegen Organisation Durchführung einer Kundgebung rapportiert wurde (Art. 10f Abs. 1 COVID-19- Verordnung 2) (Urk. 1 S. 1). Folgerichtig hielt die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl in der überweisungsVerfügung vom 14. Dezember 2021 sodann fest, dass es dafür keinerlei Beweismittel sonstige Anhaltspunkte gebe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich die Beschuldigte allenfalls der übertretung nach Art. 10f Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 7c COVID-19-Verordnung 2 schuldig gemacht haben könnte (Urk. 7).
Aus dem Polizeirapport selbst lässt sich entgegen den Rügen des Statthalteramtes nicht rechtsgenügend entnehmen, dass die Beschuldigte Teilnehmerin der Demonstration war. Dass dies seitens der Polizei so gesehen wurde, ist unbestritten. Die Beschuldigte bestreitet jedoch eben gerade diese Sachdarstellung der Polizei. Im Kerngeschehen fallen die Aussagen der Beschuldigten mit der Vorinstanz übereinstimmend aus. Erst nachdem der Platz geräumt gewesen sei und sie (die Beschuldigte und ihr Ehemann) davon ausgegangen seien, dass er (wieder) betreten werden dürfe, setzten sie sich auf zwei Stühle. Dies mag provokativ sein, macht die Beschuldigte jedoch nicht zu Teilnehmerin der Demonstration. Allein der Umstand, dass die Beschuldigte um 14.50 Uhr am D. in Zürich durch den Polizisten F. kontrolliert und weggewiesen wurde (Urk. 1 und Urk. 2), genügt freilich nicht, um die Beschuldigte rechtsgenügend als Teilnehmerin der Demonstration zu betrachten. Der Ehemann der Beschuldigten sagte im Rahmen der Befragung vor Vorinstanz ebenfalls übereinstimmend aus, dass sie keine Teilnehmer sondern Passanten gewesen seien sowie sich erst auf dem Platz gesetzt hätten, als dieser geräumt gewesen sei (Prot. I S. 10 f.).
Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach nicht ohne unüberwindbarer Zweifel rechtsgenügend erstellt werden könne, dass die Beschuldigte Teilnehmerin der Demonstration war, ist nach dem Gesagten nicht offensichtlich unhaltbar. Vielmehr stimmt sie mit der Aktenlage überein.
Die Lautsprecherdurchsagen der Polizei, den B. -platz zu verlassen, galten ferner den Demonstranten. Da der Beschuldigten nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden kann, Teilnehmerin der Demonstration gewesen zu sein, ist ihrer Aussage, wonach sie die Durchsagen nicht auf sich bezogen habe, Glauben zu schenken. Dafür spricht im übrigen auch ihr Verhalten, nachdem sie vom Polizisten F. kontrolliert und weggewiesen wurde. Dieser Aufforderung kam sie unvermittelt nach.
Die Freispräche der Vorinstanz sind nach dem Gesagten zu bestätigen.
Ausgangsgemäss sind die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens auf die Gerichtskasse zu nehmen, weshalb das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 2 und 3) zu bestätigen ist.
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren fällt ausser Ansatz.
Der Beschuldigte macht ferner keine Umtriebsentschädigung geltend, weshalb ihr mangels ersichtlicher Aufwände auch keine zuzusprechen ist.
Es wird erkannt:
Die Beschuldigte ist der Widerhandlung gegen die COVID-19-Verordnung 2 sowie gegen die Allgemeine Polizeiverordnung der Stadt Zürich nicht schul- dig und wird freigesprochen.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 2 und 3) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz.
Der Beschuldigten wird keine Umtriebsentschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die Beschuldigte
das Statthalteramt Bezirk Zürich
die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung Allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben ( 54a Abs. 1 PolG).
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebe- nen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 3. Oktober 2023
Der Präsident:
lic. iur. B. Gut
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw T. K?nzle
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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