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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SU210036: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um ein Rechtsöffnungsbegehren des Kantons Zug gegen A.________ aufgrund einer Schadenersatzforderung für entgangene Ordnungsbussen durch die Beschädigung eines Radarmessgerätes der Polizei Zug. Der Gesuchsgegner bestritt die Forderung und argumentierte, dass keine definitive Rechtsöffnungstitel vorlägen. Der Erstrichter erteilte dennoch die definitive Rechtsöffnung, woraufhin der Gesuchsgegner Beschwerde einreichte. Das Kantonsgericht hob die Entscheidung des Erstrichters auf und wies das Rechtsöffnungsbegehren ab, da weder ein definitiver noch ein provisorischer Rechtsöffnungstitel vorlag. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Gesuchsteller auferlegt, und er wurde verpflichtet, den Gesuchsgegner angemessen zu entschädigen.

Urteilsdetails des Kantongerichts SU210036

Kanton:ZH
Fallnummer:SU210036
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU210036 vom 08.12.2022 (ZH)
Datum:08.12.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verletzung der Verkehrsregeln
Schlagwörter : Beschuldigte; Fahrzeug; Beruf; Berufung; Beschuldigten; Vorinstanz; Kollision; Aussage; Urteil; Statthalteramt; Aussagen; Busse; Sachverhalt; Über; Bezirk; Unfall; Gericht; Zeugin; Recht; Verletzung; Sinne; Baustelle; Person; Verkehrsregeln; Eingabe; Sachverhalts; Vorbringen; Schäden; Polizei
Rechtsnorm:Art. 10 StPO ;Art. 106 StGB ;Art. 34 SVG ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 44 SVG ;Art. 82 StPO ;Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:141 IV 249; 147 IV 73;
Kommentar:
-, 3. Auflage, Art. 398 StPO, 2020

Entscheid des Kantongerichts SU210036

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU210036-O/U/mc

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichter lic. iur. Stiefel und Oberrichterin lic. iur. Bertschi sowie Gerichtsschreiberin MLaw Brülisauer

Urteil vom 8. Dezember 2022

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

gegen

Statthalteramt Bezirk Zürich, Untersuchungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend Verletzung der Verkehrsregeln

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 3. Juni 2021 (GC210060)

Strafbefehl:

Der Strafbefehl des Statthalteramtes Bezirk Zürich vom 5. März 2019 (Urk. 3/1-2) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 58 S. 12 f.)

  1. Der Einsprecher A. ist schuldig der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 3 und Art. 44 Abs. 1 SVG.

  2. Der Einsprecher wird bestraft mit einer Busse in Höhe von Fr. 400.–.

  3. Bezahlt der Einsprecher die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen.

  4. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'200.–. Die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 360.– Entschädigung Auskunftsperson Weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  5. Die Gerichtskosten werden dem Einsprecher auferlegt. Über diese Kosten stellt die Gerichtskasse Rechnung.

  6. Die Kosten des Statthalteramtes des Bezirkes Zürich im Betrag von

Fr. 1'480.– (Fr. 330.– Kosten gemäss Strafbefehl Nr. ST.2018.5518 vom

5. März 2019 sowie Fr. 1'150.– nachträgliche Gebühren) werden dem Einsprecher auferlegt. Diese Kosten sowie die Busse von Fr. 400.– werden durch das Statthalteramt des Bezirkes Zürich eingefordert.

Berufungsanträge:

  1. Des Beschuldigten: (Urk. 68/1; sinngemäss)

    Der Beschuldigte sei der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von

    Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 3 und Art. 44 Abs. 1 SVG als nicht schuldig zu erklären, unter Erlass der Busse, Gebühren, Gerichtskosten und Entschädigungen.

  2. Des Statthalteramtes Bezirk Zürich: (Urk. 63 S. 1; sinngemäss)

    Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

    –––––––––––––––––––––––––––

    Erwägungen:

    1. Verfahrensgang

      1. Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom

      3. Juni 2021 wurde der Beschuldigte im Sinne des eingangs wiedergegebenen Urteilsdispositivs schuldig gesprochen und bestraft (Urk. 58 S. 12 f.). Das Urteil wurde mündlich eröffnet (Prot. I S. 25). Mit Eingabe vom 13. Juni 2021 erklärte der Beschuldigte gegenüber der Vorinstanz sinngemäss, mit dem Urteil nicht einverstanden zu sein (Urk. 46). Auf Nachfrage benannte er die Eingabe als Berufungsanmeldung (Urk. 47 und Urk. 49). Da der Beschuldigte innert Frist für die Berufungsanmeldung schriftlich seinen Willen kundtat, das Urteil nicht zu akzeptieren, und es sich beim Beschuldigten um einen juristischen Laien handelt, ist zu seinen Gunsten von einer rechtzeitigen Berufungsanmeldung auszugehen. In der Folge liess der Beschuldigte der erkennenden Kammer unter Einhaltung der zwanzigtätigen Frist gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO mit Eingabe vom 1. Oktober

      2021 (Datum Poststempel) seine schriftliche Berufungserklärung samt Beilage einreichen (vgl. Urk. 52/2 und Urk. 59 f.).

      1. Mit Präsidialverfügung vom 5. Oktober 2021 wurde dem Statthalteramt Bezirk Zürich (nachfolgend: Statthalteramt) eine Kopie der Berufungserklärung zugestellt und Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erheben um begrün- det ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen. Gleichzeitig wurde der Beschuldigte aufgefordert, ein beiliegendes Datenerfassungsblatt auszufüllen und diverse Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen einzureichen (Urk. 61). Mit Eingabe vom 26. Oktober 2021 erklärte das Statthalteramt fristgerecht den Verzicht auf Anschlussberufung bzw. Stellung eines Antrages (Urk. 63). Unter dem Datum vom 2. November 2021 reichte der Beschuldigte das ausgefüllte Datenerfassungsblatt sowie Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen zu den Akten (Urk. 64/1-3 und Urk. 65).

      2. Nachdem mit Beschluss vom 8. November 2021 das schriftliche Verfahren angeordnet worden war (Urk. 66), reichte der Beschuldigte mit Eingabe vom

      2. Dezember 2021 seine Berufungsbegründung samt Beilage ein (Urk. 68/1-2), welche anschliessend dem Statthalteramt zur Erstattung der Berufungsantwort und der Vorinstanz zur freigestellten Vernehmlassung zugestellt wurden (Urk. 69). Sowohl das Statthalteramt als auch die Vorinstanz verzichteten auf eine Berufungsantwort bzw. Vernehmlassung (Urk. 71 f.), was den Parteien zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 73/1-2). Damit erweist sich das Verfahren als spruchreif.

    2. Prozessuales

  1. Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Der Beschuldigte beantragt im Berufungsverfahren einen Freispruch (Urk. 59, Urk. 68/1). Die Berufung richtet sich mithin gegen das gesamte vorinstanzliche Urteil, womit keine Dispositivziffer in Rechtskraft erwachsen ist. Das vorinstanzliche Urteil steht unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) insgesamt zur Disposition.

  2. Bilden – wie im vorliegenden Fall – ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO).

    1. Beim Sachverhalt hat das Berufungsgericht konkret nur zu prüfen, ob dieser durch die Vorinstanz offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich, festgestellt wurde. Relevant sind dabei klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, wie namentlich Versehen, Irrtümer offensichtliche Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Beweislage auf der einen und der Urteilsbegründung auf der anderen Seite. Weiter kommen insbesondere Fälle in Betracht, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Gesamthaft gesehen sind Konstellationen relevant, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizieren sind (vgl. SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, 3. Auflage 2018, N 13 zu Art. 398 StPO; BSK StPO-EUGSTER, 2. Auflage 2014, N 3a zu Art. 398 StPO; Urteil des Bundesgerichts 6B_696/2011 vom

      6. März 2012 E. 2.1). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist mit der tatsächlichen Situation im klaren Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint gar vorzuziehen wäre, genügt nicht (vgl. BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je m.w.H.).

    2. Weiter wird das angefochtene Urteil auf Rechtsverletzungen bei der durch die Vorinstanz vorgenommenen rechtlichen Würdigung überprüft. Dabei liegt kei- ne Einschränkung der Überprüfungsbefugnis vor; sämtliche Rechtsfragen sind mit freier Kognition zu prüfen, und zwar nicht nur materiellrechtliche, sondern auch prozessuale (ZIMMERLIN, in: StPO Kommentar, 3. Auflage 2020, N 23 zu Art. 398 StPO).

  3. Die urteilende Instanz muss sich nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen.

Vielmehr kann sich das Gericht auf die seiner Auffassung nach wesentlichen und massgeblichen Vorbringen der Parteien beschränken (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 m.w.H.).

  1. Sachverhalt

    1. Dem Beschuldigten wird im Strafbefehl des Statthalteramtes vom 5. März 2019 vorgeworfen, am 24. Juni 2018 um 09.25 Uhr den Personenwagen BE … auf dem Normalstreifen der Autobahn A1 in Richtung D. gelenkt zu haben, und bei km … in … Zürich, kurz vor einer provisorischen Trennung der Fahrbah- nen infolge einer Baustelle auf den Überholstreifen gewechselt zu haben, wobei er jedoch ungenügend Rücksicht auf ein sich bereits auf dem Überholstreifen fahrendes Fahrzeug genommen habe, weshalb es zu einer Kollision gekommen sei (Urk. 3/1).

    2. Die Vorinstanz sieht den Anklagesachverhalt als erstellt an (Urk. 58 S. 4 ff.). Der Schuldspruch stützt sich im Wesentlichen auf die Aussagen des Beschuldigten in dessen Einvernahme vor dem Statthalteramt (Urk. 12) sowie anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (Prot. I S. 7 ff.), die Aussagen von B. als Auskunftsperson vor dem Statthalteramt (Urk. 27) sowie anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (Prot. I S. 17 ff.), die Aussagen der Zeugin

      C. vor dem Statthalteramt (Urk. 34) sowie die Fotodokumentation über die Unfallfahrzeuge (Urk. 2). Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, dass die Aussagen der Auskunftsperson B. , der den zweiten an der Kollision beteiligten Personenwagen gelenkt haben soll, sowie die Aussagen dessen Beifahrerin und Zeugin C. glaubhaft seien und in sich sowie mit den aktenkundigen Fotos übereinstimmten. Demgegenüber seien die Aussagen des Beschuldigten insgesamt widersprüchlich und unglaubhaft, weshalb nicht darauf abzustellen sei. Vielmehr sei der Anklagesachverhalt gestützt auf die übrigen Beweismittel als erstellt zu erachten. Aufgrund der klaren Sachlage sei auch auf das Einholen weiterer Beweismittel zu verzichten (Urk. 58 S. 8 ff.).

    3. Mit seiner Berufung macht der Beschuldigte zusammengefasst geltend, dass ihn B. , Auskunftsperson und Lenker des zweiten Personenwagens, fälschlicherweise beschuldigen würde. Er habe Zweifel an dessen Aussagen, da dieser nicht sofort nach der behaupteten Kollision an der Unfallstelle angehalten habe. Dies obwohl dieser von Beruf Fahrlehrer sei und wissen sollte, wie er sich bei einem Unfall zu verhalten habe. Erst ca. 10 Minuten später habe er eine Person neben einem Fahrzeug wahrgenommen. Es sei damit überhaupt nicht klar, wer bzw. ob B. das Fahrzeug geführt habe. Weiter zeige auch die Tatsache, dass sich B. nicht darum gekümmert habe, ob jemand verletzt worden sei, dass er selbst nicht vom Stattfinden eines Unfalls überzeugt gewesen sei. Ebenso könne nicht beurteilt werden, ob die Schäden an dessen Fahrzeug durch die angebliche Kollision entstanden seien, da nur die von B. aufgenomme- nen Fotos vorliegen würden und keine Schadensaufnahme durch die Polizei erfolgt sei. Es gebe entsprechend keine objektiven Beweismittel (Urk. 59 S. 1 f. mit Verweis auf Urk. 60; Urk. 68/1 S. 2 f.). Schliesslich sei auch die Zeugenaussage von C. eine gezielte Falschaussage und stimme mit jener von B. nur überein, weil dieser ihr gesagt habe, was sie sagen solle. Es könne nicht auf deren Aussagen abgestellt werden, auch weil diese teilweise Widersprüche aufweisen würden. C. habe sodann teilweise bestätigt, dass er mit dem Pfosten der Baustelle kollidiert sei. An seinem Wagen sei auch nur diese Kollision zu sehen gewesen. Er sei von einem anderen Fahrzeuglenker abgedrängt worden und mit der Strassenabsperrung kollidiert. Zu einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug sei es nicht gekommen. An seinem Wagen seien entsprechend auch keine Spuren von grauem Lack andere Schäden, die durch ein zweites Fahrzeug verursacht worden sein könnten, festgestellt worden. Die Spuren am zweiten Fahrzeug könnten aufgrund von deren Lage und Farbe ebenfalls nicht von sei- nem Wagen stammen (Urk. 59 S. 2 f.; Urk. 68/1 S. 2 ff. mit Verweis auf Urk. 68/2).

    4. Die Sachverhaltserstellung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden (Urk. 58

      S. 7 ff.). Es kann darauf verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Die nachfolgen- den Erwägungen erfolgen im Sinne von Ergänzungen beziehungsweise Hervorhebungen im Kontext dessen, was vom Beschuldigten im Berufungsverfahren (erneut) vorgebracht wurde.

        1. Dem Polizeirapport ist die Aussage des Beschuldigten zu entnehmen, dass er den Fahrstreifen gewechselt habe und währenddessen das andere Auto mit der linken Seite seines Autos kollidiert sei (vgl. Urk. 1/3). Mithin ging der Beschul- digte nach dem Vorfall selbst noch von einer Kollision zwischen seinem Fahrzeug und jenem von B. aus. Auch anlässlich der Einvernahme beim Statthalteramt gab der Beschuldigte zu Protokoll, gedacht zu haben, dass er das andere Auto berührt hätte (Urk. 12/2). Erst im Laufe des Verfahrens bestritt er dann eine Kollision und behauptete stattdessen, beim Spurwechsel von einem zu schnell heranfahrenden Fahrzeug abgedrängt worden zu sein und deshalb mit seinem Fahrzeug eine Strassenabsperrung bzw. -signalisation gestreift zu haben. Dies mit der Begründung, dass bei der Reparatur seines Fahrzeugs keine Spuren einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug hätten festgestellt werden können, weshalb auch keine solche stattgefunden habe (vgl. Urk. 4/1 und Urk. 4/3; Urk. 12/2 f.; Prot. I S. 11 ff.). Die Tatsache, dass der Beschuldigte zuerst selbst von einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug berichtete, in Kombination mit den glaubhaften Aussagen von B. (vgl. Urk. 1/4; Urk. 27/2; Prot. I S. 19 ff.), der konstant ei- ne Kollision zwischen seinem und dem Fahrzeug des Beschuldigten schilderte und der damit übereinstimmenden Aussagen der Zeugin C. (vgl. Urk. 34) sowie den aktenkundigen Schäden am Fahrzeug von B. (Urk. 2), lässt das spätere Vorbringen des Beschuldigten, er sei nicht mit einem anderen Fahrzeug, sondern einer Strassenabsperrung kollidiert, nachgeschoben und unglaubhaft erscheinen. Dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte gemäss eigener Aussage im Polizeirapport von der Fahrbahntrennung überrascht worden sei (vgl. Urk. 1/3; vgl. auch Prot. I S. 10), nicht benennen konnte, womit er ansonsten genau hätte kollidiert sein sollen (vgl. Urk. 12/3; Prot. I S. 11 ff.) und

          1. nach dem Vorfall nachgefahren ist, um den Sachverhalt zu klären, weil er gemäss eigener Aussage nicht gewusst habe, ob er mit dem Fahrzeug kolli- diert sei (vgl. Urk. 12/5; Prot. I S. 12). Mit der Vorinstanz ist deshalb rechtsgenüglich erstellt, dass der Beschuldigte aufgrund der herannahenden Fahrbahntren- nung nicht genügend Zeit hatte, um den Fahrbahnwechsel sorgfältig vorzubereiten, und beim Wechsel der Fahrbahn das sich bereits auf der Überholspur befin- dende Fahrzeug von B. – wie er auch selbst sagt (vgl. Urk. 12/3; Prot. I S.

            10) – übersah, was dazu führte, dass der Beschuldigte mit seinem linken Aussenspiegel das Fahrzeug von B. touchierte.

        2. Gestützt wird dieser Schluss durch die Fotodokumentation über die Unfallfahrzeuge (Urk. 2). Dem Beschuldigten ist zwar zuzustimmen, dass eine fotografische Schadensaufnahme der Polizei in den Akten fehlt. Gemäss Polizeirapport ging diese aufgrund eines technischen Problems unwiderruflich verloren, weshalb die beigelegte Fotodokumentation mit den von den Unfallbeteiligten erstellten Fotos generiert wurde (vgl. Urk. 1/4). Die im Recht liegende Fotodokumentation – auch wenn sie gemäss Vorbringen des Beschuldigten von B. stammen sollte – stimmt jedoch sowohl mit den im Polizeirapport beschriebenen Sachschäden (vgl. Urk. 1/2-3) als auch mit den Aussagen von B. und der Zeugin C. sowie den Erstaussagen des Beschuldigten zum Unfallhergang überein. Die Fotodokumentation zeichnet das Bild einer seitlichen Kollision: So weist das Objekt 1, das Auto des Beschuldigten, in Fahrtrichtung betrachtet am linken Seitenspiegel sowie an der linken vorderen Seite Schäden auf, das Objekt 2, das Fahrzeug von B. , solche an der rechten vorderen Seite.

        3. In Übereinstimmung mit dem Schadensbild beschreibt schliesslich auch B. den Unfallhergang, wenn er zu Protokoll gibt, dass er im Augenwinkel

          einen Schatten habe kommen sehen, und der Beschuldigte sein Fahrzeug seitlich auf Höhe der Seitentüre touchiert habe. Der Beschuldigte sei schneller gefahren als er und habe sein Fahrzeug seitlich nach vorne weg bis zur Stossstange touchiert (Urk. 27/2 f.; vgl. auch Prot. I S. 19 f. und Urk. 1/4). Auch die Zeugin

          1. erklärte, im Bereich der Baustelle auf der linken Seite gefahren zu sein, als Herr B. plötzlich gerufen habe Nicht zu uns!. Das andere Fahrzeug sei einfach in ihr Fahrzeug gefahren. Es sei zu zwei Zusammenstössen gekommen. Das Fahrzeug von B. sei dadurch auf der Beifahrerseite und jene des Beschuldigten auf Seite des Chauffeurs, beschädigt worden (Urk. 34/3 f.). Auch wenn die Zeugin nach eigenen Angaben zu Beginn des Vorfalls die Augen geschlossen hatte (vgl. Urk. 34/3), ist ihre Aussage nicht als unglaubhaft einzustufen. Aus ihrer Darstellung ergibt sich, dass sie durch den Ausruf von B. die Augen öffnete und den Vorfall wie beschrieben wahrnahm. Bezüglich der Um-

          stände vor der Kollision, beispielsweise der gefahrenen Geschwindigkeiten, gibt sie denn auch an, dazu nichts sagen zu können, da sie die Augen geschlossen gehabt habe (Urk. 34/3). Ferner ist festzustellen, dass sie zwar – wie der Beschuldigte vorbringt – an einer Stelle aussagte, der Beschuldigte sei mit dem Pfosten der Baustelle kollidiert. Jedoch erklärte sie, dass das Fahrzeug des Beschuldigten mit dem Fahrzeug von Herrn B. kollidiert sei, danach auf dem rechten Fahrstreifen weitergefahren und anschliessend mit dem Pfosten der Baustelle kollidiert sei. Anders als vom Beschuldigten vorgebracht, beschreibt die Zeugin also nicht eine Kollision mit dem Baustellenpfosten anstelle einer Kollision mit dem Fahrzeug von B. , sondern eine zusätzliche Kollision (vgl.

          Urk. 34/5). Auf Vorhalt, dass der Beschuldigte die Kollision mit dem Fahrzeug von B. bestreite, sagte sie klar, dass dies nicht stimme und sich die Fahrzeuge berührt hätten (vgl. Urk. 34/4). Die Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen beschreibt sie konstant und übereinstimmend mit den Aussagen von B. . Schliesslich stimmen auch – entgegen der vom Beschuldigten vertretenen Mei- nung (vgl. statt vieler Prot. I S. 14 f.) – Ort, Form und Farbe der Schäden an den beiden Fahrzeugen mit den Aussagen und dem gestützt darauf angeklagten Unfallhergang überein (Urk. 68/1 S. 2 f.).

        4. Folglich basiert der vorinstanzliche Schuldspruch, anders als vom Beschul- digten vorgebracht, nicht nur auf zweifelhaften Aussagen bzw. Spekulationen und Interpretationen (vgl. Urk. 59 S. 1 und S. 3; Urk. 68/1 S. 2 f.). Diesem liegen nebst glaubhaften Aussagen auch weitere Beweismittel zugrunde.

        5. Betreffend das Geschehen nach dem eigentlich zur Beurteilung stehenden Sachverhalt ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass B. erklärte, kurz vor dem Tunneleingang, noch auf der Baustelle, angehalten zu haben (Urk. 27/4). Auch die Zeugin C. erklärte, dass der Beschuldigte ihnen nach dem Vorfall während ca. einer Minute gefolgt sei, bevor sie parkiert hätten (Urk. 34/5) und selbst der Beschuldigte anerkennt, dass B. nach ca. 5-10 km angehalten und auf ihn gewartet habe (Prot. I S. 16). Dass man auf Autobahnen, nicht zuletzt aufgrund der hohen Geschwindigkeiten, nicht an Ort und Stelle anhalten kann, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Im Übrigen könnte der Be-

      schuldigte mit seinem Vorbringen, dass sich B. nach der angeblichen Kollision nicht korrekt verhalten habe, selbst wenn es sich als wahrheitsgetreu herausstellen würde, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Dass der Beschuldigte schliesslich in Frage stellt, ob überhaupt B. das Fahrzeug gelenkt habe, ist als eine reine Schutzbehauptung zu werten. Dafür gibt es weder Anhaltspunkt in den Akten noch in den Aussagen der beteiligten Personen. Im Übrigen ist dieses Vorbringen als neue Behauptung – sie erfolgte erstmals nach Eröffnung des vorinstanzlichen Urteils im Rahmen der Berufungsanmeldung (vgl. Urk. 49) – nicht zu hören. Gleiches gilt für die mit Eingabe vom 13. Juni 2021 eingereichten Beilagen und dem damit verbundenen Einwand betreffend die genaue Höhe von Strassenabsperrungen (vgl. Urk. 46).

    5. Somit enthält die vorinstanzliche Beweiswürdigung, wenn sie den Anklagesachverhalt als erstellt erachtet, keine unüberwindbaren Widersprüche, die als schlechterdings unhaltbar erscheinen, und auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes in dubio pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO) ist die Vorinstanz bei der Feststellung des Sachverhaltes nicht in Willkür verfallen. Vielmehr erweist sich die Erstellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz als nachvollziehbar. Sie ist weder offensichtlich unrichtig noch sind klare Fehler ersichtlich. Demnach ist die von der Vorinstanz vorgenommene Sachverhaltserstellung sowie die Tatsache, dass keine weiteren Beweise abgenommen wurden, nicht zu beanstanden. Für die rechtliche Würdigung ist vom Sachverhalt gemäss Strafbefehl vom 5. März 2019 auszugehen.

  2. Rechtliche Würdigung

    Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz ist zutreffend. Indem der Beschul- digte mit seinem Personenwagen BE … auf der Autobahn vom Normalstreifen auf den Überholstreifen wechselte, ohne auf die Fahrzeuge auf dem Überholstreifen Rücksicht zu nehmen, und dadurch eine Kollision mit einem sich bereits auf dem Überholstreifen befindenden und vortrittsberechtigen Personenwagen verursachte, mithin durch sein Verhalten diesen gefährdete, ist der Beschuldigte der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung Art. 34 Abs. 3 SVG sowie Art. 44 Abs. 1 SVG schuldig zu sprechen.

  3. Strafzumessung

    1. Die Vorinstanz hat den Strafrahmen für den Tatbestand der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 3 SVG und Art. 44 Abs. 1 SVG zutreffend auf Busse bis zu Fr. 10'000.– abgesteckt und die Grundlagen der Bemessung der Busse korrekt dargelegt (Urk. 58 S. 11). Der Beschuldigte ging weder in der Berufungserklärung noch in der Berufungsbegründung auf die von der Vorinstanz ausgefällte Bussenhöhe ein (Urk. 59 und Urk. 68/1). Da einzig der Beschuldigte Berufung erhob, ist bei der Bemessung der Busse das Verschlechterungsverbot zu beachten (Art. 391 Abs. 2 StPO).

    2. Die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zur konkreten Bemessung der Busse sind zu übernehmen (vgl. Urk. 58 S. 11). Hervorzuheben ist betreffend die objektive Tatschwere, dass Verkehrsregelverletzungen auf Autobahnen und damit im Kontext hoher Geschwindigkeiten ein erhebliches Gefährdungspotential innewohnt, es jedoch im zu beurteilenden Fall glücklicherweise, abgesehen von einem geringen Sachschaden, zu keinen weiteren Schäden gekommen ist. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere sind keine Umstände ersichtlich, welche die objektive Tatschwere zu relativeren zu erhöhen vermöchten. Die Vorinstanz ging bei der Bemessung der Busse deshalb zurecht von einem leichten Gesamtverschul- den aus (Urk. 58 S. 11).

    3. Ergänzend ist nebst dem Tatverschulden grundsätzlich die Täterkomponente, mithin auch die finanzielle Situation des Beschuldigten, zu berücksichtigen. Die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten wurden von der Vorinstanz nicht festgehalten, indes ergibt sich aus den Akten, dass sich diese, namentlich seine Einkommensverhältnisse, nicht massgeblich verändert haben. Der Beschuldigte weist nach wie vor gemeinsam mit seiner Ehefrau ein jährliches Renteneinkommen von rund Fr. 40'000.– auf (Prot. I S. 8; Urk. 64/1-3). Weitere strafzumessungsrelevante Faktoren sind nicht gegeben. Im Ergebnis erweist sich die von der

      Vorinstanz festgelegte Busse von Fr. 400.– als dem Verschulden und den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen, und sie ist – auch unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots – entsprechend zu bestätigen.

    4. Unter Hinweis auf Art. 106 Abs. 2 StGB ist die Ersatzfreiheitsstrafe mit der Vorinstanz auf 4 Tage festzusetzen.

  4. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Ausgangsgemäss – es bleibt beim vorinstanzlichen Schuldspruch – ist das vorinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 bis 6) zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO).

  2. Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen auferlegt (Art. 428 Abs. 1 StPO). Mit dem heutigen Urteil unterliegt der Beschul- digte mit seiner Berufung vollständig. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit ei- ner Gerichtsgebühr von Fr. 500.– sind daher dem Beschuldigten aufzuerlegen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 34 Abs. 3 und Art. 44 Abs. 1 SVG.

  2. Der Beschuldigte wird mit Fr. 400.– Busse bestraft.

    Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen.

  3. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 bis 6) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 500.–.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  6. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • den Beschuldigten

    • das Statthalteramt Bezirk Zürich

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz.

  7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von deAr Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 8. Dezember 2022

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Brülisauer

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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