Zusammenfassung des Urteils SU210032: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte wurde wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 250 CHF belegt. Falls die Strafe nicht bezahlt wird, droht eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf insgesamt 1'532 CHF. Das Obergericht des Kantons Zürich hat das Urteil gefällt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SU210032 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 20.04.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_712/2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Verletzung der Verkehrsregeln |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Berufung; Lenker; Beschuldigten; Person; Stadtrichteramt; Geständnis; Busse; Lenkerschaft; Vorinstanz; Fahrzeug; Urteil; Über; Sachverhalt; Personen; Gericht; Personenwagen; Befehl; Ersatzfreiheitsstrafe; Eingabe; Bezirksgericht; Berufungserklärung; Recht; Sinne; Sachverhalts; ässig |
Rechtsnorm: | Art. 103 SVG ;Art. 106 StGB ;Art. 160 StPO ;Art. 27 SVG ;Art. 32 SVG ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 82 StPO ;Art. 90 SVG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SU210032-O/U/ad
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Bertschi und Ersatzoberrichter lic. iur. Kessler sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. Schwarzenbach-Oswald
Urteil vom 20. April 2022
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
gegen
betreffend Verletzung der Verkehrsregeln
Strafbefehl:
Der Strafbefehl des Stadtrichteramts Zürich vom 26. November 2020 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 2).
Urteil der Vorinstanz:
Der Einsprecher ist schuldig des Überschreitens der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit durch pflichtwidrige Unvorsichtigkeit im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV.
Der Einsprecher wird bestraft mit einer Busse von Fr. 250.–.
Bezahlt der Einsprecher die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 300.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 1'532.– Kosten Kantonspolizei Schwyz, Personentransporte
Die Gerichtskosten werden dem Einsprecher auferlegt. Über diese Kosten stellt die Gerichtskasse Rechnung.
Die Kosten des Stadtrichteramtes Zürich im Betrag von Fr. 535.– (Fr. 250.– Kosten gemäss Strafbefehl Nr. 2020-055-064 vom 26. November 2020 sowie Fr. 285.– Weisungsgebühr) werden dem Einsprecher auferlegt. Diese Kosten sowie die Busse von Fr. 250.– werden durch das Stadtrichteramt Zürich eingefordert.
Berufungsanträge:
Des Beschuldigten:
(Urk. 39 i.V.m. Urk. 26, sinngemäss)
Der Berufungskläger sei freizusprechen, unter Kostenfolgen zu Lasten der Gerichtskasse.
Des Stadtrichteramts Zürich: (Urk. 43)
Die gestellten Berufungsanträge seien abzuweisen.
Unter Kostenfolgen zu Lasten des Berufungsklägers.
Erwägungen:
Mit Strafbefehl des Stadtrichteramts Zürich vom 26. November 2020 wurde der Berufungskläger und Beschuldigte (fortan der Beschuldigte) wegen Überschreitens der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit, begangen durch pflichtwidrige Unvorsichtigkeit im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 250.– bestraft (Urk. 2). Der Beschuldigte liess mit Schreiben vom 18. Januar 2021 Einsprache gegen den Strafbefehl erheben (Urk. 4). Mit Eingabe vom 5. Mai 2021 überwies das Stadtrichteramt Zürich die Akten ans Bezirksgericht Zürich mit dem Antrag, den Strafbefehl zu bestätigen (Urk. 13).
Im Rahmen der gerichtlichen Beurteilung wurde der Beschuldigte mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 21. Juni 2021 des Überschreitens der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit durch pflichtwidrige Unvorsichtigkeit im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 250.– bestraft. Für das schuldhafte Nichtbezahlen der Busse wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen festgelegt (Urk. 27).
Das Urteil wurde am 21. Juni 2021 mündlich eröffnet und dem Beschuldigten im Dispositiv übergeben (Urk. 18; Prot. I S. 13). Der Beschuldigte erhob mit Eingabe vom 25. Juni 2021 rechtzeitig Berufung (Urk. 21).
Das schriftlich begründete Urteil wurde dem Beschuldigten am 27. August 2021 zugestellt (Urk. 25/2). Der Beschuldigte reichte mit Schreiben vom
30. August 2021 fristgerecht die Berufungserklärung ein, mit welcher er das Urteil vollumfänglich anfocht und sinngemäss einen Freispruch beantragte (Urk. 26). Anschlussberufung wurde nicht erhoben (Urk. 34).
Mit Präsidialverfügung vom 22. September 2021 wurde das Gesuch des Beschuldigten um Bestellung einer amtlichen Verteidigung abgewiesen (Urk. 35). Sodann wurde mit Beschluss vom 23. September 2021 das schriftliche Verfahren angeordnet und dem Beschuldigten Frist zur Einreichung der Berufungsbegrün- dung angesetzt (Urk. 37). Mit Eingabe vom 4. Oktober 2021 reichte der Beschul- digte die Berufungsbegründung ein bzw. verwies auf seine Berufungserklärung (Urk. 39). Anschliessend wurde mit Präsidialverfügung vom 20. Oktober 2021 dem Stadtrichteramt Zürich Frist zur Einreichung der Berufungsantwort angesetzt und der Vorinstanz Gelegenheit zur freigestellten Vernehmlassung eingeräumt (Urk. 41). Das Stadtrichteramt Zürich reichte am 25. Oktober 2021 die Berufungsantwort ein (Urk. 43). Mit Eingabe vom 26. Oktober 2021 verzichtete die Vorinstanz auf eine Vernehmlassung (Urk. 44). Mit Präsidialverfügung vom
13. Dezember 2021 wurde dem Beschuldigten die Berufungsantwort zur freigestellten Stellungnahme zugestellt (Urk. 46), welche mit Eingabe vom 22. Dezember 2021 erfolgte (Urk. 48). Dem Stadtrichteramt Zürich wurde die Stellungnahme des Beschuldigten mit Präsidialverfügung vom 3. Januar 2022 zur freigestellten Stellungnahme zugestellt (Urk. 49). Dieses verzichtete auf eine Stellungnahme (Urk. 51).
Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO). Mit der Berufung bei Übertretungen können Fehler bei der Anwendung des anwendbaren materiellen formellen Rechts geltend gemacht werden, insbesondere des StGB und der StPO. Gerügt werden können sodann Überschreitungen und Missbrauch des Ermessens sowie Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, nicht aber blosse Unangemessenheit (Schmid/Jositsch, Handbuch StPO, 3. Aufl., N 1538). Soweit die Beweiswürdigung bzw. die Feststellung des (rechtmässig erhobenen) Sachverhalts gerügt wird, beschränkt sich die Überprüfung auf offensichtliche Unrichtigkeit, also auf Willkür (Zürcher Kommentar StPO-Zimmerlin, 3. Aufl., Art. 398 N 23). Gerügt werden können damit nur klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, wobei zunächst an Versehen und Irrtümer, ferner an Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Beweislage und den Feststellungen im Urteil, zu denken ist. In Betracht fallen sodann Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, vorab der StPO selbst beruht. Zu denken ist weiter an Fälle, in denen die an sich zur Verfügung stehenden Beweismittel offensichtlich ungenügend ausgeschöpft wur- den, also der Sachverhalt unvollständig festgestellt und damit der Grundsatz der Wahrheitsforschung von Amtes wegen missachtet wurde (Schmid/Jositsch, a.a.O., N 1538).
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, am tt. August 2020 um 13.18 Uhr an der B. -strasse ... in Zürich in Fahrtrichtung stadtauswärts durch pflichtwidrige Unvorsichtigkeit als Lenker des Personenwagens mit dem Kennzeichen SZ1 die allgemeine Höchstgeschwindigkeit nach Abzug der vorgeschriebe- nen Geräte- und Messtoleranz innerorts um 12 km/h überschritten zu haben (Urk. 2).
Der Beschuldigte macht mit seiner Berufungserklärung zusammengefasst geltend, da die Vorinstanz einen anderen Sachverhalt behaupte, als er es erlebt habe, müsse es sich um eine andere Verkehrssituation handeln, als dieje- nige, die er im Kopf gehabt habe. Auch das Foto sei verwirrend, da die Person auf dem Bild einen durchgehenden Haaransatz über der Stirn, er hingegen links und rechts grosse Einschnitte am Haaransatz (Geheimratsecken) habe. Das Fahrzeug werde von verschiedenen Personen benutzt, womit nicht klar sei, wer es zum entsprechenden Zeitpunkt gelenkt habe. Die Person am Steuer trage eine Sonnenbrille, was eine Zuordnung unmöglich mache. Auch sei es zu lange her, um den damaligen Lenker zu ermitteln. Daher widerrufe er seine bisherigen Aussagen und bestreite alle Anschuldigungen. Die Zweifel über den Lenker habe er bereits in der Verhandlung geltend gemacht (Urk. 26).
Das Stadtrichteramt Zürich führte dazu aus, der Beschuldigte habe in sämtlichen Schreiben, welche er vor der Berufungserklärung verfasst habe, seine Lenkerschaft zum Tatzeitpunkt nicht bestritten. So habe er in seinem Schreiben vom
September 2020 an die Stadtpolizei Zürich unter anderem explizit erklärt, das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt zu haben. Auch in seinen Eingaben an das Stadtrichteramt vom 18. Januar 2021, vom 25. März 2021 und vom 9. April 2021 habe er zumindest implizit die Lenkerschaft anerkannt, indem er jeweils geltend gemacht habe, vom Fahrer des hinter ihm fahrenden weissen Fahrzeugs genötigt worden zu sein, schneller zu fahren. Erst anlässlich der Hauptverhandlung vor Bezirksgericht Zürich, am 21. Juni 2021, habe der Beschuldigte anfänglich Zweifel an seiner Lenkerschaft geäussert, in der Folge aber seine bisherigen Angaben, wonach er zur Geschwindigkeitsüberschreitung genötigt worden sei, wiederholt. An diesen Angaben habe er auch noch in seiner Berufungsanmeldung vom 25. Juni 2021 festgehalten. Seine neu vorgebrachte Bestreitung seiner Lenkerschaft erscheine deshalb unglaubhaft. Eine Erklärung für diesen Bruch in sei- nem Aussageverhalten sei nicht ersichtlich und vom Beschuldigten auch nicht dargetan worden. Ebenso wenig habe er eine konkrete Person als möglichen Lenker benannt. Unter diesen Umständen seien die vom Beschuldigten neu vorgebrachten Zweifel an seiner Lenkerschaft als Schutzbehauptung zu würdigen.
Es sei daher weiterhin davon auszugehen, dass der Beschuldigte am tt. August 2020, um 13.18 Uhr den Personenwagen SZ1 gelenkt habe (Urk. 43).
Dadurch, dass der Beschuldigte seine Lenkerschaft bestreitet, rügt er sinngemäss die Beweiswürdigung bzw. die Feststellung des (rechtmässig erhobenen) Sachverhalts. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass der eingeklagte Sachverhalt erstellt sei. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann vorab auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 27 S. 5 ff.).
Was die Lenkerschaft des Fahrzeugs SZ1 zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitung vom tt. August 2020 betrifft, so wurde die Übertretungsanzeige der Stadtpolizei Zürich an die Fahrzeughalterin C. , die Mutter des Beschuldigten, geschickt (Urk. 1/2). Der Beschuldigte reagierte mit Schreiben vom 28. September 2020 und wies darauf hin, dass er das Fahrzeug zum entsprechenden Zeitpunkt gefahren habe. Aus diesem Schreiben ergibt sich, dass er sich noch sehr genau daran erinnern konnte, in welcher Situation er geblitzt wur- de. Er bestritt seine Lenkerschaft keineswegs, führte dazu aber aus, er sei genötigt worden, schneller zu fahren, um die Spur wechseln zu können (Urk. 1/3). Mit seiner Einsprache vom 18. Januar 2021 bestritt der Beschuldigte seine Lenkerschaft ebenfalls nicht, sondern wies erneut darauf hin, dass er genötigt worden sei, schneller zu fahren (Urk. 4). Am 25. März 2021 hielt er in einem weiteren Schreiben ans Stadtrichteramt fest, dass er von einem anderen Lenker genötigt worden sei (Urk. 9). Im Schreiben ans Stadtrichteramt vom 9. April 2021 wies er wiederum darauf hin, dass das Fahrzeug hinter ihm ihn genötigt habe, schneller zu fahren (Urk. 11). Er selber ging damit davon aus, der Lenker des geblitzten Fahrzeugs gewesen zu sein. Nachdem der Beschuldigte vom Bezirksgericht Zürich die Vorladung zur Hauptverhandlung erhalten hatte, liess er dem Bezirksgericht am 7. Juni 2021 eine Eingabe zukommen, aus welcher hervorgeht, dass er seine Lenkerschaft nicht bestreitet, sondern erneut geltend macht, durch ein an- deres Fahrzeug genötigt worden zu sein, schneller zu fahren (Urk. 17). Anlässlich der Hauptverhandlung vor Bezirksgericht am 21. Juni 2021 führte er zum Grund seiner Einsprache aus, er sei mit dem Strafbefehl nicht einverstanden, weil er
vom Fahrer des hinteren Personenwagens genötigt worden sei, schneller zu fahren, als er die Spur habe wechseln wollen (Prot. I S. 8). Er machte demnach nicht von sich aus geltend, Einsprache erhoben zu haben, da er nicht der Lenker gewesen sei. Auf die Frage, ob er nach wie vor nicht bestreite, der Lenker des Personenwagens SZ1 gewesen zu sein, als dieses geblitzt wurde, führte er aus, das sei grundsätzlich auch heute der Fall. Wenn er das Bild anschaue (Urk. 1/1) erkenne man aber die Person, die fahre, gar nicht. Weiter machte er geltend, nicht zu wissen, wer den Personenwagen damals gefahren habe. Es gehe um den Personenwagen seiner Mutter und viele Leute würden damit fahren. Er könne sich nicht mehr erinnern. Es sei aber richtig, dass er bisher in der Untersuchung nicht bestritten habe, dass er damals den Personenwagen gefahren habe. Er habe das Auto auch am meisten benutzt. Die folgende Frage, ob er die ihm vorgeworfene Geschwindigkeit von 62 km/h anerkenne, bejahte er schliesslich und machte erneut geltend, genötigt worden zu sein, schneller zu fahren, um die Spur zu wechseln (Prot. I S. 8 f.). Er konnte dann auch detailliert schildern, wie sich die Situation aus seiner Sicht abgespielt hatte (vgl. Prot. I S. 9 ff.). Aus der Berufungsanmeldung vom 25. Juni 2021 ergibt sich ebenfalls nicht, dass er seine Lenkerschaft bestreitet. Vielmehr geht er auf die damalige Situation ein und macht wiederum geltend, zur Geschwindigkeitsüberschreitung genötigt worden zu sein (Urk. 21). Erst mit seiner Berufungserklärung vom 30. August 2021 machte er geltend, eine andere Verkehrssituation als diejenige, welche Gegenstand des Strafverfahrens ist, im Kopf gehabt zu haben. Weiter führte er aus, dass die Lenkerschaft des betreffenden Fahrzeugs unklar sei. Mit der Berufungserklärung widerrief er seine bisherigen Aussagen und damit auch sein Geständnis (Urk. 26).
Ist die beschuldigte Person geständig, so prüfen Staatsanwaltschaften und Gericht die Glaubwürdigkeit ihres Geständnisses (Art. 160 StPO). Für die Glaubhaftigkeit des Geständnisses sind vor allem Einzelheiten des Tathergangs relevant, die nur dem wahren Täter und evtl. den Strafbehörden bekannt sein können. Dem Geständnis der beschuldigten Person kommt im Rahmen der freien Beweiswürdigung kein a priori grösserer Beweiswert zu als anderen Aussagen sonstigen Beweismitteln. Legt eine ordnungsgemäss nach Art. 157 ff. einvernommene beschuldigte Person ein Geständnis ab, fällt dieses mit einem etwa-
igen Widerruf nicht dahin, sondern bleibt als Beweismittel verwertbar. Wie das Geständnis, ist dann auch der Widerruf frei zu würdigen. Dabei sind zunächst die Beweggründe abzuklären, die zu den widersprüchlichen Aussagen geführt haben, und dann auf dieser Grundlage die Glaubhaftigkeit und Ernsthaftigkeit von Geständnis und Widerruf gegeneinander abzuwägen (Zürcher Kommentar StPO- Godenzi, 3. Aufl., Art. 160 N 4 f.).
Was das Geständnis des Beschuldigten betreffend seine Lenkerschaft betrifft, so ist festzustellen, dass der Beschuldigte, wie bereits ausgeführt, sein Geständnis mehrfach wiederholte. Seine Ausführungen zur Verkehrssituation zum Tatzeitpunkt aus einer Sicht sind detailliert und ausführlich, weshalb es glaubhaft erscheint, dass er der Lenker des Fahrzeugs war und nicht etwa jemand anderes. Er macht mit der Berufungserklärung sodann keinen Grund geltend, wieso sein Geständnis bezüglich seiner Lenkerschaft nicht der Wahrheit entsprechen sollte bzw. wieso er fälschlicherweise ein Geständnis abgelegt hätte. Das Geständnis ist insgesamt glaubhafter als dessen Widerruf. Der Widerruf des Geständnisses, wonach er das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, ist daher in Würdigung aller Umstände nicht beachtlich und auf das (mehrfach wiederholte) Geständnis kann abgestellt werden, zumal keine Hinweise darauf erkennbar sind, dass das Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde.
3.3 Die Feststellung der Vorinstanz, wonach es unbestritten sei, dass der Beschuldigte Lenker des am tt. August 2020 geblitzten Personenwagens mit dem Kennzeichen SZ1 war (Urk. 27 S. 5), ist damit weder offensichtlich unrichtig noch sind klare Fehler ersichtlich, weshalb keine Willkür vorliegt. Die übrige Sachverhaltserstellung durch die Vorinstanz wurde vom Beschuldigten im Berufungsverfahren nicht gerügt und erweist sich ohnehin als schlüssig und nachvollziehbar.
Die Vorinstanz würdigte das Verhalten des Beschuldigten als Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit durch pflichtwidrige Unvorsichtigkeit im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV (Urk. 27 S. 20). Sie hat die rechtlichen Grundlagen
und die relevanten Gesetzesbestimmungen korrekt dargelegt, worauf zwecks Vermeidens von Wiederholungen verwiesen werden kann (vgl. Urk. 27 S. 13 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Der Beschuldigte hat die rechtliche Würdigung durch die Vorinstanz sodann nicht gerügt. Der Beschuldigte ist somit der fahrlässigen einfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbin- dung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV schuldig zu sprechen.
Gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG ist der Beschuldigte mit einer Busse zu bestrafen. Das Gericht bemisst die Busse nach den Verhältnissen des Täters so, dass dieser die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist (Art. 103 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 106 Abs. 3 StGB).
Was die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten betrifft, so führte er vor Vorinstanz aus, dass er seit 2010 eine IV-Rente beziehe (Prot. I S. 7). Im Datenerfassungsblatt, welches er im Berufungsverfahren einreichte, vermerkte er, dass er seit Februar 2021 keine Renteneinkünfte mehr erhalte (Urk. 33). In sei- nem Schreiben vom 4. Oktober 2021 erwähnte er ebenfalls, dass er seit Februar 2021 keinerlei Einkommen in der Haft, wo er sich derzeit befindet, generiere
(Urk. 39).
Bezüglich seines Verschuldens berücksichtigte die Vorinstanz zu Recht, dass sich aus den Akten keine Besonderheiten entnehmen lassen, die auf eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer schliessen lassen und dass das Verkehrsaufkommen ebenfalls nicht übermässig hoch zu sein schien. Ausserdem ist der Beschuldigte lediglich wegen einer fahrlässigen Verkehrsregelverletzung zu bestrafen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist von einem leichten Verschulden auszugehen.
Angesichts dieser finanziellen Verhältnisse sowie unter Berücksichtigung des Verschuldens des Beschuldigten erweist sich eine Busse von Fr. 250.– als
angemessen. Der Beschuldigte ist folglich mit einer Busse von Fr. 250.– zu bestrafen.
Gemäss Art. 106 Abs. 2 StGB spricht das Gericht im Urteil für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, eine Ersatzfreiheitstrafe von min- destens einem Tag und höchstens drei Monaten aus. In ständiger Praxis erscheint ein Umwandlungssatz von 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe pro Fr. 100.– Busse als angemessen, wobei angebrochene Beträge immer aufgerundet werden. An sich wäre deshalb eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen auszusprechen, da die Vorinstanz aber nur eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen festgelegt hat, ist aufgrund des Verbots der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO) die Ersatzfreiheitsstrafe auch im vorliegenden Verfahren auf zwei Tage festzulegen.
Ausgangsgemäss ist das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 und
5) zu bestätigen.
In Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seinem Antrag auf einen Freispruch. Es sind ihm daher die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig der fahrlässigen einfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27
Abs. 1 SVG und Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV.
Der Beschuldigte wird mit einer Busse von Fr. 250.– bestraft.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 und 5) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'500.–.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
den Beschuldigten
das Stadtrichteramt Zürich
die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Koordinationsstelle Vostra zwecks Löschung der Anfrage mittels Kopie von Urk. 32
die Vorinstanz.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 20. April 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Stiefel
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Schwarzenbach-Oswald
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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