Zusammenfassung des Urteils SU170033: Obergericht des Kantons Zürich
Die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK hat gegen den Beschuldigten B. eine Strafverfügung erlassen, da er ohne Prüfung, Konformitätsbewertung oder Zulassung einen Glücksspielautomaten betrieben hat. Der Beschuldigte wurde freigesprochen, da er einem unvermeidbaren Rechtsirrtum unterlag. Die Verjährung trat nicht ein, da die Strafverfügung als erstinstanzliches Urteil gilt. Der Beschuldigte war sich der rechtlichen Restriktionen bewusst und hätte Zweifel an der Legalität seines Handelns haben müssen. Die Berufung der ESBK auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes wurde abgelehnt, da die Auskunft nicht von der zuständigen Behörde stammte. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von Fr. 5'000.- verurteilt. Die Strafe wurde im Rahmen des gesetzlichen Strafrahmens festgelegt, da das Verhalten des Beschuldigten gegen das Spielbankengesetz verstiess.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SU170033 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 26.03.2018 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_505/2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Übertretung des Spielbankengesetzes |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Verjährung; VStrR; Recht; Einziehung; Urteil; Spiel; Beschuldigten; Bundes; Verjährungsfrist; Verwaltung; Verfahren; Sinne; Berufung; Verfügung; Spielbanken; Verfahren; Glücksspiel; Glücksspielautomat; Super; Competition; Bundesgericht; Gericht; Gerät; Automat; Übertretung; Verteidigung |
Rechtsnorm: | Art. 106 StGB ;Art. 19 StGB ;Art. 21 StGB ;Art. 398 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 454 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 48 StGB ;Art. 48a StGB ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ;Art. 75 StGB ;Art. 97 StGB ; |
Referenz BGE: | 129 IV 6; 133 IV 112; 136 IV 59; 138 IV 106; 139 IV 62; 141 III 28; 141 IV 407; 142 IV 276; |
Kommentar: | Donatsch, Hans, Hansjakob, Lieber, 2. Auflage, Zürich, Art. 398 StPO, 2014 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SU170033-O/U/jv
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. B. Gut und Oberrichterin lic. iur. R. Affolter sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. R. Bretscher
Urteil vom 26. März 2018
in Sachen
Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK, vertreten durch A. ,
Verwaltungsbehörde und Berufungsklägerin
sowie
Anklägerin
gegen
Beschuldigter und Berufungsbeklagter sowie Anschlussberufungskläger verteidigt durch Fürsprecher LL.M. X.
betreffend
Strafverfügung:
Die Strafverfügung der Eidgenössischen Spielbankenkommission ESBK vom
25. August 2016 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 3/7 414 ff.).
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 13 S. 17 ff.)
Es wird erkannt:
Der Einsprecher ist der Übertretung des Spielbankengesetzes im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 VStrR nicht schuldig und wird freigesprochen.
Der beschlagnahmte Glücksspielautomat Super Competition bleibt eingezogen und wird der ESBK zur Vernichtung überlassen.
Der Einsprecher wird verpflichtet, dem Bund eine Ersatzforderung in Höhe von Fr. 38.15 zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Allfällige weitere Kosten des gerichtlichen Verfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten der Untersuchung (Fr. 5'012.65 bezüglich des Einsprechers) werden der Eidgenössischen Spielbankenkommission zur Abschreibung überlassen.
Dem Einsprecher wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 11'418.60 für die erbetene Verteidigung zugesprochen.
(Mitteilung)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
Der eidgenössischen Spielbankenkommission ESBK: (Urk. 14 S. 2 und Urk. 34 S. 2)
Dispositiv-Ziffern 1 und 4 - 6 des Urteils des Bezirksgerichts
Zürich, 10. Abteilung, vom 11. April 2017 seien aufzuheben.
B. sei der Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchstabe c SBG schuldig zu sprechen.
B. sei zu einer Busse von Fr. 5'000.zu verurteilen.
Die Kosten des Verfahrens seien B. aufzuerlegen.
Des erbetenen Verteidigers des Beschuldigten: (Urk. 18 S. 3, Urk. 26 S. 2 f. und Urk. 32 S. 2)
Dispositiv-Ziffer 3 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom
11. April 2017 sei aufzuheben.
Der Betrag von Fr. 342.85 sei aus dem Beschlag zu entlassen und an den Berufungsbeklagten herauszugeben.
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Im Rahmen einer koordinierten Aktion der Stadtpolizei Zürich wurde am
22. Dezember 2008 im Restaurant C. an der D. -Strasse in Zürich ein Glücksspielautomat Super Competition festund sichergestellt. Im Rahmen der weiteren Untersuchung konnte der Beschuldigte als Eigentümer des Glücksspielautomaten eruiert werden, worauf gegen ihn wegen Verdachts auf
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz; nachfolgend SBG) eine Strafuntersuchung angehoben wurde.
Mit Verfügung des zuständigen Untersuchungsbeamten des Sekretariates der Eidgenössischen Spielbankenkommission (nachfolgend: ESBK) vom
23. Januar 2009 wurde der Glücksspielautomat Super Competition zunächst bei der E. GmbH (Urk. 3/2 056 ff.), auf deren Beschwerde vom 28. Januar 2009 (Urk. 3/3 065 ff.) hin aber mit Verfügung vom 30. Januar 2009 beim Beschuldigten beschlagnahmt (Urk. 3/2 059 ff.). Der Kasseninhalt des Super Competition in Höhe von Fr. 342.85 wurde sodann mit Verfügung vom 9. Dezember 2010 ebenfalls beim Beschuldigten beschlagnahmt (Urk. 3/2 062 f.).
Im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Qualifikationsverfahrens qualifizierte die ESBK den Spielautomaten Super Competition mit Verfügung Nr. 511-013/02/Kuf vom 26. August 2010 als Glücksspielautomaten im Sinne von Art. 3 Abs. 2 SBG und verbot dessen Betrieb ausserhalb von konzessionierten Spielbanken (Urk. 3/5 178 ff.). Eine technische Analyse des beschlagnahmten Gerätes hat ergeben, dass sich dieses nicht von demjenigen Automaten unterscheidet, welcher Gegenstand der Qualifikationsverfügung der ESBK vom
26. August 2010 war (Urk. 3/5 172 ff.). Nachdem gegen die Verfügung vom
26. August 2010 zwei Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht erhoben worden waren, sistierte der Untersuchungsbeamte der ESBK mit Verfügung vom
2. Februar 2011 das gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren bis zum Endentscheid im Verwaltungsverfahren betreffend die Qualifikation des Geldspielautomaten (Urk. 3/7 324 ff.). Nachdem die Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht abgewiesen worden waren und das Bundesgericht mit Urteil vom 10. April 2012 schliesslich die Qualifikation der ESBK bestätigt und festgestellt hatte, dass der Spielautomat Super Competition einen Glücksspielautomaten im Sinne des SBG darstellt (Urteile des Bundesgerichts 2C_693/2011; 2C_744/2011 vom 10. April 2012), hob der Untersuchungsbeamte der ESBK mit Schlussprotokoll vom 15. Mai 2015 die Sistierung wieder auf und beantragte den Erlass eines Strafbescheids gegen den Beschuldigten (Urk. 3/7 328 ff.).
Mit Strafbescheid vom 27. April 2016 befand die ESBK den Beschuldigten in der Folge des Aufstellens von Glücksspielautomaten ohne Prüfung, Konformitätsbewertung Zulassung zum Zweck des Betriebs, begangen in der Zeit vom 21. August 2008 bis am 22. Dezember 2008 im Restaurant C. in Zürich durch Anbieten des als Glücksspielautomaten qualifizierten Gerätes Super Competition , für schuldig. Der Beschuldigte wurde mit Fr. 5'000.- Busse bestraft. Darüber hinaus wurde der am 30. Januar 2009 beim Beschuldigten beschlagnahmte Glücksspielautomat eingezogen und dessen Vernichtung angeordnet. Der am 9. Dezember 2010 beim Beschuldigten beschlagnahmte Kasseninhalt in der Höhe von Fr. 342.85 wurde ebenfalls eingezogen (Urk. 3/7 377 ff.).
Gegen den Strafbescheid liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 25. Mai 2016 rechtzeitig Einsprache erheben (Urk. 3/7 390 ff.). Daraufhin wurde der Beschuldigte mit Strafverfügung Nr. 62-2009-015/04/Mak vom 25. August 2016 in Bestätigung des Strafbescheides vom 27. April 2016 wegen Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz im vorerwähnten Zeitraum mit einer unveränderten Busse von Fr. 5'000.bestraft, unter (anteilsmässiger) Auflage der Verfahrenskosten. Zudem hielt die ESBK an der Einziehung und Vernichtung des beschlagnahmten Glücksspielautomaten sowie an der Einziehung des Kasseninhalts in der Höhe von Fr. 342.85 fest (Urk. 3/7 414 ff.). Gegen diese Strafverfügung liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 31. August 2016 fristgerecht das Begehren um gerichtliche Beurteilung stellen (Urk. 3/8 433). Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 (Urk. 2) überwies die ESBK die Strafverfügung inklusive Untersuchungsakten an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich zuhanden des zuständigen Strafgerichtes. Mit Eingabe vom 6. Februar 2017 (Urk. 1) überwies die Oberstaatsanwaltschaft die Strafverfügung inklusive Untersuchungsakten an das Bezirksgericht Zürich zur Beurteilung.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom
11. April 2017 wurde der Beschuldigte vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz freigesprochen (Urk. 13). Gegen das schriftlich eröffnete Urteil (Prot. I S. 12 f.), welches den Parteien in vollständig begründeter Ausfertigung am 3. und 4. Juli 2017 zugegangen ist (Urk. 12/1-3), meldete die ESBK mit
Eingabe vom 12. Juli 2017 Berufung an (Urk. 9). Am 13. Juli 2017 ging an der hiesigen Kammer die Berufungserklärung der ESBK ein (Urk. 14). Mit Präsidialverfügung vom 2. August 2017 wurde dem Beschuldigten eine Kopie der Berufungserklärung zugestellt und gleichzeitig Frist angesetzt, um zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben ein Nichteintreten auf die Berufung beantragt wird (Urk. 16).
Mit Eingabe vom 22. August 2017 liess der Beschuldigte ein Nichteintreten auf die Berufung beantragen und gleichzeitig im Sinne eines Eventualbegehrens Anschlussberufung erheben (Urk. 18). Mit Präsidialverfügung vom 23. August 2017 wurde der ESBK sowie der Oberstaatsanwaltschaft eine Kopie des Nichteintretensantrags zugestellt und Frist zur Stellungnahme angesetzt (Urk. 20). Nachdem sich die ESBK mit Eingabe vom 15. September 2017 (Urk. 22) und der Beschuldigte mit Eingabe vom 13. Oktober 2017 (Urk. 26) je einmal zum Nichteintretensantrag vernehmen liessen, wurde mit Beschluss vom 1. Dezember 2017 das schriftliche Verfahren angeordnet und dem Beschuldigten sowie der ESBK Frist angesetzt, um die Berufungsanträge respektive die Anschlussberufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 30). Die begründeten Anträge gingen fristgerecht mit Eingabe des Beschuldigten vom 13. Dezember 2017 (Urk. 32) und der ESBK vom 15. Dezember 2017 (Urk. 34) beim hiesigen Gericht ein. Mit Präsidialverfügung vom 20. Dezember 2017 wurde dem Beschuldigten und der ESBK Frist zur Berufungsantwort bzw. Anschlussberufungsantwort sowie der Vorinstanz zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 36). Während die Vorinstanz auf Vernehmlassung verzichtete (Urk. 38), reichte sowohl die ESBK als auch der Beschuldigte fristgerecht die Berufungs- (Urk. 41) bzw. die Anschlussberufungsantwort (Urk. 39) ein. Mit Präsidialverfügung vom 16. Januar 2018 wurde den Parteien Frist zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 43). Am 29. Januar 2018 (Urk. 45) ging die Stellungnahme der ESBK beim Obergericht ein. Am
9. Februar 2018 ging eine Stellungnahme des Beschuldigten zur Eingabe der ESBK vom 29. Januar 2018 ein (Urk. 47). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Anwendbares Recht
Gemäss Art. 57 Abs. 1 SBG ist das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 (Verwaltungsstrafrechtsgesetz; nachfolgend VStrR) anwendbar (vgl. auch Art. 1 VStrR), welches sowohl materielle (Verwaltungsstrafrecht; Art. 2 ff. VStrR) als auch prozessuale Bestimmungen (Verwaltungsstrafverfahren; Art. 19 ff. VStrR) beinhaltet.
Nach Art. 80 Abs. 1 VStrR können gegen Entscheide der kantonalen Gerichte die Rechtsmittel der StPO ergriffen werden. Darüber hinaus regelt Art. 82 VStrR, dass für das Verfahren vor den kantonalen Gerichten die entsprechenden Vorschriften der StPO gelten, soweit die Artikel 73-81 VStrR nichts anderes bestimmen.
Die eidgenössische Strafprozessordnung trat am 1. Januar 2011 in Kraft. Da das angefochtene Urteil nach diesem Zeitpunkt gefällt wurde, gilt für das vorliegende Berufungsverfahren soweit das VStrR auf die StPO verweist - neues Recht (Art. 454 Abs. 1 StPO).
Umfang der Berufung und Kognition der Berufungsinstanz
Gemäss Art. 80 Abs. 1 VStrR i.V.m. Art. 402 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung. Die Rechtskraft des angefochtenen Urteils wird somit im Umfang der Berufungsanträge gehemmt, während die von der Berufung nicht erfassten Punkte in Rechtskraft erwachsen (vgl. E UGSTER, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StPO II, 2. Auflage, Basel 2014, Art. 402 N 1 f.). Die ESBK focht die Dispositiv-Ziffern 1 und 4 - 6 an (Urk. 14) während der Beschuldigte die Dispositiv-Ziffer 3 anfechten liess (Urk. 18). Einzig in Rechtskraft erwachsen ist deshalb Dispositiv-Ziffer 2 (Einziehung und Vernichtung des Glücksspielautomaten Super Competition). Im übrigen Umfang bildet das vorinstanzliche Urteil Berufungsgegenstand.
Bilden ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhaltes sei offensicht-
lich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 80 Abs. 1 VStrR i.V.m. Art. 398 Abs. 4 StPO).
Die urteilende Instanz muss sich sodann nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Vielmehr kann sich das Gericht auf die seiner Auffassung nach wesentlichen und massgeblichen Vorbringen der Parteien beschränken (Urteil des Bundesgerichts 6B_958/2016 vom 19. Juli 2017 mit Verweis auf BGE 141 III 28
E. 3.2.4; 139 IV 179 E. 2.2; 138 IV 81 E. 2.2; 134 I 83 E. 4.1; 136 I 229 E. 5.2).
Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, wird die vorinstanzliche Sachverhaltserstellung nicht gerügt. Der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Sachverhalt ist unbestritten. Vielmehr werden neben einem Prozesshindernis (vgl. zur Frage der Verjährung sogleich nachfolgend Ziffer 4) die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanz (Urk. 13) gerügt. Diesbezüglich liegt abgesehen von der inhaltlichen Beschränkung des Berufungsthemas keine Einschränkung der Überprüfungsbefugnis des Berufungsgerichts vor; sämtliche Rechtsfragen sowohl materiellrechtliche als auch prozessuale sind mit freier Kognition zu prüfen (vgl. H UG/SCHEIDEGGER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], StPO Kommentar,
2. Auflage, Zürich 2014, Art. 398 N 23).
Verjährung
Rechtliches
Eine eingetretene Verjährung stellt ein Prozesshindernis dar, welches zu einem Nichteintreten bzw. zur Einstellung des Verfahrens führt (Urteil des Bundesgerichts 6B_277/2012 vom 14. August 2012 E. 2.3). Wie bereits vor Vorinstanz (Urk. 6 S. 9 ff.) stellt sich die Verteidigung auf den Standpunkt, dass die vorliegend zu beurteilende Übertretung des Spielbankengesetzes verjährt sei (Urk. 18
S. 5 ff.). Die ESBK beantragt, es seien die Anträge im Nichteintretensantrag vollumfänglich abzuweisen (Urk. 22 S. 2).
Unstrittige Parteistandpunkte
Die Parteien sind sich einig, dass die Verjährung im vorliegenden Verfahren am
22. Dezember 2008 im Sinne von Art. 98 lit. c StGB zu laufen begonnen hat. Ebenfalls unstrittig ist zwischen den Parteien, dass die Verjährungsfrist für die vorliegende Übertretung aufgrund der aktuellen bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGer 6B_770/2010 vom 28. Februar 2011 E. 5.2) grundsätzlich sieben Jahre beträgt (Urk. 6 S. 9; Urk. 18 S. 5 f.; Urk. 22 S. 2).
Strittige Parteistandpunkte
Ruhen der Verjährung
Uneins sind sich Parteien aber darüber, ob die siebenjährige Verjährungsfrist für einen gewissen Zeitraum ruhte.
Die Vorinstanz hielt dafür, dass es sich bei der Frage, ob der Spielautomat (Super Competition) ein Glücksspielautomat im Sinne von Art. 3 Abs. 2 SBG sei, offensichtlich um eine Vorfrage im Sinne von Art. 11 Abs. 3 VStrR handle. Demgemäss habe die Verjährung während rund einem Jahr und zwei Monaten geruht (Urk. 13 S. 6 f.).
Die Verteidigung des Beschuldigten macht in ihrer Eingabe vom 22. August 2017 zusammengefasst geltend, entgegen der Auffassung der Vorinstanz habe das verwaltungsrechtliche Qualifikationsverfahren des Super Competition die Verjährung nicht zu unterbrechen vermocht, da dieses Verfahren nicht als Vorfrage im Sinne von Art. 11 Abs. 3 VStrR gelte. Bei der Revision des Strafgesetzbuches seien die Regeln über die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung in den übrigen Bundesgesetzen aufgehoben worden (Art. 333 Abs. 6 lit. c StGB). Vorbehalten worden sei lediglich Art. 11 Abs. 3 VStrR. Gemäss der Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 21. September 1998 sei dieser Vorbehalt einzig aufgenommen worden um eine Verjährung von Abgabedelikten zu vermeiden. Der Sinn und Zweck des Vorbehalts sei es, eine Verjährung von Abgabestreitigkeiten und insbesondere schweren Fiskaldelikten zu vermeiden, welche infolge der Ausschöpfung sämtlicher Rechtsmittel oft mehrere Jahre dauern könn-
ten. Sowohl die historische als auch die teleologische Auslegung dieser Norm würden demnach für eine restriktive Anwendung von Art. 11 Abs. 3 VStrR sprechen. Da es sich bei der Qualifikation eines Spielautomaten klarerweise nicht um eine Abgabestreitigkeit handle, finde Art. 11 Abs. 3 VStrR im vorliegenden Fall keine Beachtung. Die Verjährung sei sodann auch nicht infolge des Ergreifens eines Rechtsmittels eingetreten, sondern einzig aufgrund der Untätigkeit der ESBK während rund drei Jahren (Urk. 18 S. 6).
Die ESBK bringt mit ihrer Eingabe vom 15. September 2017 im Wesentlichen vor, dass gemäss Rechtsprechung des Zürcher Obergerichts, des Bundesstrafgerichts und insbesondere des Bundesgerichts, der Ausgang eines verwaltungsrechtlichen Qualifikationsverfahrens betreffend die Frage, ob es sich bei einem Spiel um ein Glücksspiel im Sinne von Art. 3 Abs. 1 SBG bei einem Gerät um einen Glücksspielautomaten im Sinne von Art. 3 Abs. 2 SBG handle, massgebend sei für den Fortgang eines Strafverfahrens wegen Verdachts auf eine Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz. Denn eine Verurteilung wegen einer Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz egal ob wegen Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG wegen Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG sei erst dann möglich, wenn im Urteilszeitpunkt eine entsprechende verwaltungsrechtliche Qualifikationsverfügung vorliege. Bereits daraus ergebe sich, dass es sich bei der Frage nach der Qualifikation des Spiels bzw. eines Geräts um eine Vorfrage im Sinne von Art. 11 Abs. 3 VStrR handeln müsse.
Gemäss A CHERMANN hat die besondere Ruhensregelung des Verwaltungsstrafrechts in Art. 11 Abs. 3 VStrR bzw. das Ruhen der Verfolgungsverjährung nicht nur während der Periode, in der ein mutmasslicher Straftäter sich im ausländischen Freiheitsentzug befinde, sondern auch während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerdeoder gerichtlichen Verfahrens über die Leistungsoder Rückleistungspflicht über eine andere nach dem einzelnen Verwaltungsgesetz zu beurteilende Vorfrage einen nachvollziehbaren Grund. Sie trage dem Umstand Rechnung, dass in der Praxis oft vorerst ein rein verwaltungsrechtliches Verfahren geführt werde, woran sofern in diesem Verwaltungsverfahren mutmasslich strafrechtlich relevante Verfehlungen festgestellt würden erst in einem
zweiten Schritt eine (verwaltungs-)strafrechtliche Untersuchung geknüpft werde. Da in verwaltungsrechtlichen (Rechtsmittel-)Verfahren häufig wichtige Vorfragen der verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit zu klären seien, mache ein Ruhen der Verfolgungsverjährung während des verwaltungsrechtlichen Rechtsmittelverfahrens durchaus Sinn. Insbesondere in Fiskalangelegenheiten würden oft über längere Zeit verwaltungsrechtliche Einsprache-, Beschwerdeoder Gerichtsverfahren betreffend die verwaltungsrechtliche (Rück-)Leistungspflicht (i.S.v. Art. 12 VStr R) über andere wesentliche Fragen geführt, deren Ergebnis (als Vorfrage) das zugleich nachfolgend angehobene Verwaltungsstrafverfahren erheblich beeinflussen könne. Würde die Ruhensregelung von Art. 11 Abs. 3 VStrR fehlen, hätte dies in der Praxis zur Konsequenz, dass die Grundlagen einer verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilung (per rechtskräftigem verwaltungsrechtlichem Rechtsmittelentscheid) oftmals erst feststehen würden, wenn deren Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen sei (JONAS ACHERMANN, Die Revisionsbedürftigkeit des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht [VStrR], Das Verwaltungsstrafrecht im Wandel - Herausforderung für Strafverfolgung und Strafverteidigung, 2017, S. 86 f.).
Richtigerweise geht A CHERMANN zwar davon aus, dass insbesondere Fiskalangelegenheiten durch die Ausnahmeregelung von Art. 11 Abs. 3 VStrR erfasst sein sollen, aber eben nicht nur. So erwog auch das Bundesstrafgericht in SK.2015.23 E. 4.4.3, dass gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR die Verjährung bei Vergehen Übertretungen während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerdeoder gerichtlichen Verfahrens über die Leistungsoder Rückleistungspflicht über eine andere nach dem einzelnen Verwaltungsgesetz zu beurteilenden Vorfrage ruhe. Diese Sonderregel solle verhindern, dass Widerhandlungen gegen Verwaltungsgesetze verjähren, bevor über Vorfragen, die für die strafrechtliche Beurteilung wesentlich sind, rechtlich Klarheit bestehe. Im Urteil des Bundesgerichts 6S.464/2004 E. 4 erwog dieses, dass ein Einspracheverfahren über die Leistungspflicht nicht ohne Weiteres, sondern nur dann ein Ruhen der Verjährung bewirke, wenn im Einspracheverfahren auch eine Frage zu beurteilen sei, die strafrechtlich relevant und somit im Sinne von Art. 11 Abs. 3 VStrR als Vorfrage
anzusehen sei (bestätigt in Urteil des Bundesgerichts 6B_679/2009 vom 5. November 2009 E. 3.1).
Das Obergericht des Kantons Zürich setzte sich in der Verfügung vom 23. Januar 2017 ebenfalls mit dieser Thematik auseinander (Entscheid der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich UH160248, E. 7.4. auf S. 10 ff.). Die Kammer hielt im Wesentlichen dafür, dass Art. 11 Abs. 3 VStrR sich auch auf eine andere nach dem einzelnen Verwaltungsgesetz zu beurteilende Vorfrage beziehe. Die Norm komme somit nicht nur auf Verfahren über die Leistungsund Rückleistungspflicht, sondern allgemein auf die Verjährung von Vergehen und Übertretungen nach einzelnen Verwaltungsgesetzen, so auch auf die Verjährung gemäss SBG und speziell auch auf Art. 57 Abs. 2 SBG zur Anwendung. Dieser Entscheid erweist sich sodann als einschlägig: Dem Beschwerdegegner im betreffenden Verfahren wurde ebenfalls eine Übertretung im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG vorgeworfen. Notwendiges Tatbestandsmerkmal von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG, so die III. Strafkammer weiter, sei, dass es sich beim aufgestellten Gerät um einen Glücksspielautomaten handle. Ob das aufgestellte Gerät als Glücksspielautomat zu qualifizieren sei nicht, sei aber unter Hinweis auf BGE 138 IV 106 E. 5.3.2 nicht vom Strafrichter zu entscheiden, sondern in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren festzustellen. Zwar könne der Tatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG (im Unterschied zum Tatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. a StGB [recte: SBG], den das Bundesgericht in BGE 138 IV 106 geprüft habe) vor Erlass einer (verwaltungsrechtlichen) Feststellungsverfügung über die Qualifikation des fraglichen Automaten erfüllt sein. Gleichwohl lasse sich erst nach Abschluss des verwaltungsrechtlichen Qualifikationsverfahrens beurteilen, ob der fragliche Automat die Kriterien eines Glücksspielautomaten im Sinne von Art. 3 Abs. 2 SBG erfülle und unter Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG subsumiert werden könne (Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts BV.2012.42,43 vom 6. Februar 2013
E. 3.3). Abschliessend qualifizierte die III. Strafkammer diese Frage als eine Vorfrage im Sinne Art. 11 Abs. 3 VStrR.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von der zitierten Rechtsprechung abzuweichen. Gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR ruht die Verjährung bei Vergehen und Übertretungen während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerdeoder gerichtlichen Verfahrens über die Leistungsoder Rückleistungspflicht über eine andere nach dem einzelnen Verwaltungsgesetz zu beurteilende Vorfrage solange der Täter im Ausland eine Freiheitsstrafe verbüsst. Nur schon aufgrund des Gesetzeswortlauts ergibt sich, dass nicht nur Fiskalangelegenheiten erfasst sind, sondern daneben auch gerichtliche Verfahren über eine zu beurteilende Vorfrage respektive der Fall, in dem der Täter im Ausland eine Freiheitsstrafe verbüsst. Dass die Botschaft nur Fiskalangelegenheiten aufgreift, bedeutet nicht automatisch, dass von der Ausnahmeregelung des Art. 11 Abs. 3 VStrR auch nur solche erfasst werden sollen. Sinn und Zweck der Sonderregelung ist es vielmehr zu verhindern, dass Widerhandlungen gegen Verwaltungsgesetze verjähren, bevor über Vorfragen, die für die strafrechtliche Beurteilung wesentlich sind, rechtlich Klarheit besteht. Wie schon die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich festgestellt hat, handelt es sich bei der Frage, ob es sich beim Gerät Super Competition um einen Glücksspielautomaten handle nicht, um eine solche Vorfrage im Sinne von Art. 11 Abs. 3 VStrR. Aus dem Gesagten erhellt, dass die Verjährungsfrist somit aufgrund von Art. 11 Abs. 3 VStrR geruht hat.
Was die Dauer des Ruhens der Verjährungsfrist angeht, so ist grundsätzlich mit der ESBK und entgegen der Vorinstanz (vgl. Urk. 13 S. 6 f.) nicht die Zeit während der Sistierung massgebend, sondern es ist vielmehr auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens betreffend Qualifikation des Gerätes Super Competition abzustellen, genauer gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR die Dauer des Beschwerdeverfahrens. Art. 11 Abs. 3 VStrR soll nämlich nicht gewährleisten, dass die Verwaltungsbehörden nach Anhebung eines Verwaltungsverfahrens sich alle Zeit der Welt nehmen können, ohne Gefahr laufen zu müssen, dass die Strafbarkeit verjährt. Vielmehr soll mit dieser Bestimmung verhindert werden, dass ein Verwaltungsstraftäter sich durch Anhebung eines verwaltungsrechtlichen Einspracheoder Rechtsmittelverfahrens (zumindest) bezüglich der verwirklichten Verwaltungsstraftatbestände in die Verjährung retten kann (J ONAS ACHERMANN, Die Revisionsbedürftigkeit des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht [VStrR], Das Verwaltungsstrafrecht im Wandel - Herausforderung für Strafverfolgung und Strafverteidigung, 2017, S. 87; so auch Urteil des Bundesstrafgerichts
SK.2015.31 E. 3.3 vom 3. November 2015). Die Verjährungsfrist ruhte deshalb vom 28. September 2010 (Beschwerdeanhebung ans Bundesverwaltungsgericht) bis zum 10. April 2012 (Entscheid des Bundesgerichts über die gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts angehobene Beschwerde).
Strafverfügung als erstinstanzliches Urteil
Ebenfalls uneins sind sich die Parteien darüber, welcher Entscheid im vorliegenden Verfahren als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB zu gelten hat.
Die Verteidigung macht zusammengefasst geltend, selbst wenn das Qualifikationsverfahren als eine Vorfrage im Sinne von Art. 11 Abs. 3 VStrR qualifiziert werde und die Verjährungsfrist 14 Monate geruht habe, wäre die Verjährung dennoch eingetreten. Die Verfolgungsverjährung trete nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergehe (Art. 97 Abs. 3 und Art. 333 Abs. 6 lit. d StGB). Diesen Anforderungen vermöge aber eine Strafverfügung nicht zu genügen, sondern es könne einzig die Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht als erstinstanzliches Urteil i.S.v. Art. 97 Abs. 3 StGB gelten und entsprechend den Eintritt der Verjährung hindern. Das Urteil der Vorinstanz sei am 11. April 2017 ergangen. Entsprechend sei selbst wenn man nach der abgelaufenen siebenjährigen Verjährungsfrist am 22. Dezember 2015 eine Unterbrechung von rund 14 Monaten mitberücksichtige, die Verjährung bereits am
22. Februar 2017, mithin vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils, eingetreten (Urk. 18 S. 7 f.).
Die ESBK beruft sich im Wesentlichen auf BGE 133 IV 112. Darin lege das Bundesgericht fest, dass eine Strafverfügung nach Art. 70 VStrR als ein erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB zu qualifizieren sei (Urk. 22
S. 4 ff.).
Gemäss Art. 333 Abs. 6 lit. d StGB (und im Übrigen auch gemäss Art. 97 Abs. 3 StGB in Verbindung mit Art. 2 VStrR) tritt die Verfolgungsverjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergan-
gen ist. Gemäss der geltenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung wird eine Strafverfügung gemäss Art. 70 VStrR einem Urteil gleichgesetzt (BGE 133 IV 112). Das Bundesgericht begründet dies damit, dass der angeschuldigten Person im Verwaltungsstrafverfahren weitgehende Mitwirkungsrechte eingeräumt wür- den. Ihr werde insbesondere das rechtliche Gehör gewährt, sie könne an Beweisaufnahmen teilnehmen (Art. 35 VStrR) und habe ein Akteneinsichtsrecht (Art. 36 VStrR). Gegen einen Strafbescheid der Verwaltung (Art. 64 VStrR) könne sie Einsprache erheben (Art. 67 VStrR). Die Verwaltung habe alsdann den angefochtenen Bescheid neu zu überprüfen (Art. 69 Abs. 1 VStrR) und eine Strafverfügung zu treffen (Art. 70 Abs. 1 VStrR), welche zu begründen sei (Art. 70 Abs. 2 VStrR). Jeder Strafverfügung (Art. 70 VStrR) habe damit zwingend ein Strafbescheid voranzugehen, welcher wie ein Strafmandat (Strafbefehl) auf summarischer Grundlage getroffen werden könne. Die Strafverfügung dagegen müsse einem erstinstanzlichen Urteil ähnlich auf einer umfassenden Grundlage beruhen und werde in einem kontradiktorischen Verfahren erlassen (a.a.O., E. 9.4.4). Nicht gefolgt werden kann der Verteidigung, wenn sie in BGE 139 IV 62 E. 1.4.6 ein Obiter Dictum sieht, mit welchem das Bundesgericht diese Praxis habe aufgeben wollen. Die ESBK weist zu Recht darauf hin, dass das Bundesgericht die entsprechende Frage explizit offen gelassen und somit keine Praxisänderung vollzogen hat.
Im vorliegenden Fall wurde gegen den Beschuldigten am 27. April 2016 zunächst ein Strafbescheid im Sinne von Art. 64 VStrR erlassen (Urk. 3/7 377 ff.). Der Beschuldigte erhob dagegen am 25. Mai 2016 Einsprache (Urk. 3/7 390 ff.). Die ESBK erliess darauf am 25. August 2016 eine Strafverfügung im Sinne von Art. 70 VStrR (Urk. 3/7 414 ff.). Die Strafverfügung kam damit im vom Gesetz dafür vorgesehenen, kontradiktorisch ausgebildeten Verfahren zustande. Daran än- dert nichts, dass die ESBK vorgängig keine ergänzenden Untersuchungshandlungen vorgenommen hat. Die Einsprache des Beschuldigten richtete sich in erster Linie gegen die rechtliche Würdigung. Insbesondere machte die Verteidigung sinngemäss unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung geltend, dass sich der Beschuldigte nur strafbar gemacht haben könne, nachdem der Automat durch die ESBK als Glücksspielautomat qualifiziert worden sei (Urk. 3/7 395 f.). Dass die ESBK ihren Entscheid bei dieser Ausgangslage gestützt auf die
bereits erhobenen Beweise fällte, kann nicht beanstandet werden (vgl. den als Kann-Vorschrift ausgestalteten Art. 69 Abs. 1, 2. Satz VStrR). Die Strafverfügung vom 25. August 2016 ist somit im Lichte der vorstehend zitierten bisherigen Rechtsprechung (BGE 133 IV 112 E. 9.4.4, bestätigt in BGE 139 IV 62 E. 1.2 und
BGE 142 IV 276 E. 5.2) als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB zu qualifizieren.
Die dem Beschuldigten vorgeworfene Übertretung endete am 22. Dezember 2008. Unter Berücksichtigung, dass die siebenjährige Verjährungsfrist im Zeitraum vom 28. September 2010 bis zum 10. April 2012, also während ca. 18 Monaten, ruhte, war sie am Tage der Ausfällung der Strafverfügung der ESBK am 25. August 2016 nicht verjährt. Die Verjährung wäre nicht vor Juni 2017 eingetreten. Selbst wenn man also die Strafverfügung der ESBK vom 25. August 2016 nicht als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB qualifizieren möchte, läge mit dem Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 11. April 2017 auf jeden Fall ein solches erstinstanzliches Urteil vor, und wäre die Verjährung auch in diesem Fall nicht eingetreten.
Da bereits daraus folgt, dass die Verjährung nicht eingetreten ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob die Verjährung auch während des Beschwerdeverfahrens betreffend Zuständigkeit der ESBK zur Prüfung des Spielautomaten Super Competition ruhte (ca. sechs Monate, erledigt mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2009; Urk. 22 S. 4).
Ausgangslage / Sachverhalt
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in der Zeit vom 21. August 2008 bis zum 22. Dezember 2008 einen Glücksspielautomaten des Typs Super
Competition im Restaurant C.
in Zürich angeboten zu haben, und sich
dadurch im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG des Aufstellens eines Glücksspielautomaten ohne Prüfung, Konformitätsbewertung Zulassung durch die ESBK schuldig gemacht zu haben.
Wie bereits erwähnt wird der Sachverhalt weder vom Beschuldigten noch von der ESBK bestritten (Urk. 18 S. 3; Urk. 34 S. 2). Für die rechtliche Würdigung ist demnach von dem zur Anklage gebrachten Sachverhalt auszugehen.
Tatbestandsmässigkeit
Wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat und wie von keiner Partei bestritten wurde, erfüllte der Beschuldigte mit seinem Verhalten den objektiven und subjektiven Tatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG (Urk. 13 S. 7 f.; Urk. 34 S. 2;
Urk. 41 S. 3).
Rechtsirrtum
Gemäss der Vorinstanz unterlag der Beschuldigte einem unvermeidbaren Rechtsirrtum, weswegen der Beschuldigte schuldlos gehandelt habe. Sie erwog zusammengefasst, dass der Beschuldigte sich auf die aktenkundigen Schreiben der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich und der Polizeiund Militärdirektion des Kantons Bern habe berufen dürfen, obwohl diese an F. adressiert gewesen seien. Es mache wenig Sinn, wenn der Beschuldigte eine Anfrage betreffend die Qualifikation des Automaten Super Competition an die exakt gleichen Behörden wie F. stellen müsse, da es für die Qualifikation des Automaten keine Rolle spiele, von wem dieser nun betrieben werde. Es spiele folglich keine Rolle, ob nun F. der Beschuldigte Abklärungen bei den Behörden getroffen habe. So so habe der Beschuldigte - über F. - Kenntnis der behördlichen Informationen erhalten. Das Ausmass an Vertrauen, welches der Beschuldigte diesen Auskünften habe schenken dürfen, hänge nicht davon ab, an wen die entsprechenden Auskünfte adressiert gewesen seien (Urk. 13 S. 13).
Ein Rechtsirrtum nach Art. 21 StGB i.V.m. Art. 2 VStrR liegt vor, wenn der Täter nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält, das heisst, wenn der Täter aus zureichenden Gründen angenommen hat, er sei zur Tat berechtigt. War der Irrtum vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe. Die
Frage der Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums orientiert sich daran, ob sich auch ein gewissenhafter Mensch hätte in die Irre führen lassen, ob der Täter hinreichenden Anlass gehabt hätte, die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen in Erfahrung zu bringen. Die Überprüfung des eigenen Verhaltens auf seine Rechtmässigkeit ist insbesondere dann verlangt, wenn der Täter weiss, dass sein Verhalten rechtlicher Regelung unterliegt, ohne sich näher über deren Inhalt und Reichweite zu informieren. Wenn Anlass zu Zweifeln an der Rechtmässigkeit des Verhaltens besteht, muss sich der Täter grundsätzlich bei der zuständigen Behörde zuvor näher informieren. In diesem Sinn gilt ein Verbotsirrtum nach der Rechtsprechung in der Regel unter anderem als vermeidbar, wenn der Täter selbst an der Rechtmässigkeit seines Handelns zweifelte hätte zweifeln müssen wenn er weiss, dass eine rechtliche Regelung besteht, er sich über deren Inhalt und Reichweite aber nicht genügend informiert (BGE 129 IV 6
E. 4.1; 120 IV 208 E. 5b; je m.w.H.). Diese Regelung beruht auf dem Gedanken, dass sich der Rechtsunterworfene um die Kenntnis der Rechtslage zu bemühen hat und deren Unkenntnis nur in besonderen Fällen vor Strafe schützt (Urteil des Bundesgerichts 6B_387/2017 vom 26. September 2017 m.w.H.).
Dem Beschuldigten war als Betreiber von drei Restaurants und als Person, welche sich gemäss eigenen Angaben seit dem Jahr 1963 im Automatengeschäft bewegt (Urk. 3/4 104), bewusst, dass der Spielbankenbereich reguliert ist und folglich das Aufstellen von Automaten rechtlichen Restriktionen unterliegt. Wie der Beschuldigte (Urk. 3/4 109; Prot. I S. 8) und auch die Verteidigung (Urk. 41 S. 4) ausführten, tätigte der Beschuldigte selber Abklärungen betreffend die Legalität des Automaten, indem er bei der ESBK im Jahre 2007 und 2008 mehrmals nachgefragt hat. Nicht nur erhellt daraus, dass sich der Beschuldigte sehr wohl bewusst war, dass die ESBK, und nicht etwa die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich die Polizeiund Militärdirektion des Kantons Bern, für die Zulassung der Automaten zuständig war, sondern war sich der Beschuldigte entgegen den Vorbringen seiner Verteidigung (Urk. 41 S. 5 f.) offenbar auch durchaus von Anfang an bewusst, dass der Betrieb von Spielautomaten gesetzlichen Einschränkungen unterliegen könnte. Die eigenen Abklärungen des Beschuldigten machen
deutlich, dass er Zweifel an der Legalität seines Tuns bzw. der von ihm aufgestellten Automaten hatte.
Im Zusammenhang mit den Telefongesprächen des Beschuldigten mit der ESBK ist weiter zu erwähnen, dass dem Beschuldigten nie mitgeteilt wurde, dass es sich bei den Geräten des Typs Super Competition um legale Geräte handle. Vielmehr wurde ihm gegenüber erklärt, dass die Zulässigkeit zunächst abgeklärt werden müsse (Urk. 3/4 109). Aufgrund dieser Auskunft und angesichts des Umstandes, dass der Beschuldigte darauf hingewiesen wurde, dass zur Abklärung ein bestimmtes Gerät benötigt werde, durfte der Beschuldigte eben gerade nicht davon ausgehen, dass der Automat legal war. Vielmehr musste ihm aufgrund dessen bewusst sein, dass die Legalität bzw. Illegalität des Gerätes noch Gegenstand von Abklärungen war.
Die Verteidigung berief sich sodann wiederholt auf die Antwortschreiben der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich sowie der Polizeiund Militärdirektion des Kantons Bern. Diese sind entgegen der Ansicht der Verteidigung von vorneherein nicht geeignet, den Beschuldigten zu entlasten und einen Rechtsirrtum zu belegen, da diese von kantonalen Behörden und damit nicht von der zuständigen eidgenössischen Behörde stammen, was dem Beschuldigten, wie soeben erwähnt, bewusst war. Aus diesem Grund ist auch die Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht zu hören, zumal die erfolgreiche Berufung auf diesen allgemeinen Verfassungsgrundsatz voraussetzt, dass die Auskunft von der zuständigen staatlichen Behörde erteilt wird. Wird eine von der Behörde einem Dritten erteilte Auskunft weitergeleitet, so kann dies keine geeignete Vertrauensgrundlage darstellen. Es handelte sich dabei nicht um eine verbindliche Rechtsauskunft durch die zuständige staatliche Behörde, sondern um die Auskunft einer Privatperson konkret des Automatenlieferanten -, die darüber hinaus ein Interesse hatte, ihre Geräte zu verkaufen. Die von einer Behörde abgegebene Zusicherung gilt grundsätzlich nur für den unmittelbaren Empfänger (H ÄFELIN/ MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, Zürich/St. Gallen 2016, S. 153, Rz. 669). Kommt weiter hinzu, dass im Schreiben der Polizeiund Militärdirektion des Kantons Bern darauf aufmerksam gemacht wird, dass die ESBK unter Umständen intervenieren könnte, falls das Gerät Super Competition unter die Spielbankengesetzgebung fallen könnte (Urk. 3/4 112). Aus dem Schreiben ergibt sich somit nicht nur, dass die Spielbankengesetzgebung der Inbetriebnahme des Gerätes entgegen stehen könnte, sondern auch, dass die kantonale Behörde nicht (alleine) zuständig ist, die Zulässigkeit des Aufstellens des Automaten endgültig und alleine zu entscheiden. Für die Annahme eines Verbotsirrtums fehlt es aufgrund des Gesagten an der Voraussetzung der Unvermeidbarkeit. Ein Entfallen der Schuld beim Beschuldigten aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums ist zu verneinen.
Zusammengefasst sind keine Schuldausschlussgründe gegeben. Der Beschuldigte ist folglich der Übertretung des Spielbankengesetzes im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG schuldig zu sprechen.
Strafzumessung im konkreten Fall
Die ESBK beantragt, der Beschuldigte sei zu einer Busse von Fr. 5'000.zu verurteilen (Urk. 14 S. 2 und Urk. 34 S. 2).
Vorliegend reicht der gesetzliche Strafrahmen von Haft Busse bis Fr. 500'000.-. Anzumerken ist, dass die Haftstrafe bei der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches abgeschafft wurde, wobei das Spielbankengesetz offensichtlich noch nicht entsprechend revidiert wurde. Innerhalb des Strafrahmens ist die Strafe nach den Verhältnissen des Täters so zu bemessen, dass diese seinem Verschulden angemessen ist. Dabei bestimmt sich das Verschulden nach der Schwere der Verletzung der Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, weiter nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, inwieweit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB). Ausgangspunkt bei der Bestimmung des Gesamtverschuldens bildet die objektive Tatschwere. Berücksichtigt wird sodann das subjektive Tatverschulden. Insbesondere ist einer allfälligen Verminderung der Schuldfähig-
keit (vgl. Art. 19 Abs. 2 StGB) sowie den Verschuldensminderungsgründen gemäss Art. 48 StGB Rechnung zu tragen (BGE 136 IV 59 f.). Gemäss der Spezialbestimmung in Art. 8 VStrR sind Bussen bis zu Fr. 5'000.- nach der Schwere der Widerhandlung und des Verschuldens (also aufgrund der Tatkomponente) zu bemessen. Andere Strafzumessungsgründe (und damit insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Täters bzw. die Täterkomponente) dürfen, müssen aber nicht berücksichtigt werden (EICKER/FRANK/ACHERMANN, a.a.O., S. 71 f.). Vorliegend ist der Strafrahmen bedeutend höher, weshalb die Sonderbestimmung nicht zur Anwendung gelangt.
Die objektive Tatschwere ist anhand ihrer Sozialgefährlichkeit zu bewerten (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. c SBG). Nachdem der Beschuldigte keine näheren Angaben zum Automaten machen konnte (Urk. 3/4 107 ff.), lassen sich einzig der technischen Geräteanalyse der ESBK Hinweise zur Sozialgefährlichkeit des Automaten entnehmen. Gemäss dieser beträgt der Einsatz pro Spiel Fr. 1.-, wobei die Spieldauer ca. 1.5 - 3 Sekunden beträgt. Bei Gewinn (10 Punkte) gibt der eingebaute Carddispenser eine Karte aus (Urk. 3/5 172 ff.). Was mit dieser anschliessend geschieht, kann den Akten nicht entnommen werden. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Automat im Restaurant C. einem unbeschränkten Personenkreis offen stand, anders als beispielsweise in einem Vereinslokal. Es ist damit davon auszugehen, dass der Schutz der potentiellen Spieler und der Gesellschaft vor den Gefahren der Spielsucht dadurch beeinträchtigt war. Ein weiterer Zweck des SBG ist der Schutz ökonomischer bzw. fiskalischer Interessen des Staates am Angebot an Glücksspielen einzig in konzessionierten Spielbanken. Der Beschuldigte erhielt einen Anteil von 50% an den Geräteeinahmen, wobei von einem Reingewinn von Fr. 381.auszugehen ist (vgl. Urk. 13 S. 15). Zumindest in diesem Umfang wurden deshalb auch die fiskalischen Interessen des Staates beeinträchtigt. Im Spektrum aller denkbar möglichen Fälle bewegt sich der vorliegend zu berurteilende aber im untersten Bereich. Die objektive Tatschwere ist deshalb als sehr leicht zu qualifizieren.
Bei der subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte aus rein finanziellen Interessen gehandelt hat (Urk. 3/4 107). Allerdings ist zu berück-
sichtigen, dass der Beschuldigte darauf vertraute, das Aufstellen des Spielautomaten zwecks Betriebs sei legal (Urk. 3/4 109). Zwar war der auf diesem Vertrauen beruhende Irrtum vermeidbar, trotzdem ist das subjektive Verschulden des Beschuldigten leichter zu veranschlagen, als dasjenige eines wissend und wollend Delinquierenden, was sich strafmindernd auszuwirken hat (Art. 2 VStrR in Verbindung mit Art. 21 und Art. 48a StGB).
Zu den persönlichen und finanziellen Verhältnissen sowie dem Vorleben des Beschuldigten ist bekannt, dass dieser drei Restaurants führt. Der Beschuldigte verdient damit ca. Fr. 5'000.bis Fr. 6'000.-. Er ist geschieden, Vater von fünf erwachsenen Kindern und lebt alleine. Der Beschuldigte verfügt über ein Vermögen von Fr. 1.6 Mio (Urk. 3/3 104 ff.). Sein Geständnis ist strafmindernd zu berücksichtigen, da die Beweislage zwar als komfortabel bezeichnet werden kann, der Beschuldigte aber dennoch das Verfahren erleichtert hat.
In Anbetracht sämtlicher relevanter Strafzumessungsgründe ist die von der ESBK ausgesprochene Busse in der Höhe von Fr. 5'000.- dem Verschulden angemessen, zumal dies nur gerade einem Prozent der maximal möglichen Strafe entspricht. Der Beschuldigte ist folglich mit einer Busse von Fr. 5'000.zu bestrafen.
Ersatzfreiheitsstrafe
Die Umwandlung einer Busse in Haft wegen einer Übertretung im Anwendungsbereich des VStrR richtet sich auch nach dem Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches nach Art. 10 VStrR und nicht nach Art. 106 StGB. Diese Bestimmung sieht ein von den allgemeinen Bestimmungen des StGB abweichendes Sonderregime betreffend Umwandlung einer Busse in Haft vor, soweit sie nicht eingebracht werden kann (Art. 10 Abs. 1 VStrR). Insbesondere gelten ein starrer Umwandlungsschlüssel von einem Tag Haft pro 30 Franken Busse und eine Obergrenze von maximal drei Monaten (Art. 10 Abs. 3 VStrR). Diese Ordnung gilt, wie das Bundesgericht mit einlässlicher Begründung festgehalten hat, für die Bussenumwandlung auf Grundlage des VStrR
nach wie vor und ist nicht von der Neuregelung der Ersatzfreiheitsstrafe per Anfang 2007 abgelöst worden (BGE 141 IV 407).
Gestützt auf Art. 91 VStrR ist eine Ersatzfreiheitsstrafe allerdings nicht schon mit heutigem Urteil, sondern erst in einem Nachverfahren, d.h. nach Rechtskraft des Bussenentscheides und Nachweis der Uneinbringlichkeit der Busse, festzusetzen, wobei zur Umwandlung der Richter, der die Widerhandlung beurteilt hat zur Beurteilung zuständig gewesen wäre, zuständig ist.
Die Vorinstanz erwog, dass der Beschuldigte durch das Aufstellen des Glücksspielautomaten einen Reingewinn von Fr. 381.erzielt hat. Nach Abzug der beschlagnahmten Fr. 342.85 erkannte sie, dass der Beschuldigte zu einer Ersatzforderung des Bundes zu Lasten des Einsprechers i.S.v. Art. 71 Abs. 1 StGB zu verpflichten sei (Urk. 13 S. 14 ff.).
Der Beschuldigte liess mit seiner Anschlussberufung beantragen, es sei der Betrag von Fr. 342.85 aus dem Beschlag zu entlassen und an den Berufungsbeklagten herauszugeben. Zur Begründung liess er anführen, dass die Einziehung ebenfalls der Verjährung unterliege. So betrage die Verjährungsfrist für die Vermögenseinziehung wie auch für die Ersatzforderung gemäss Art. 70 Abs. 3 StGB grundsätzlich sieben Jahre, sofern die Verfolgung der Straftat nicht einer längeren Verjährungsfrist unterworfen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da auch Übertretungen nach dem SBG in sieben Jahren verjähren würden. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist für die Einziehung sei deshalb nicht angezeigt.
Eine Anwendung von Art. 11 Abs. 3 VStrR auf die Verjährungsfrist der Einziehung sei ausgeschlossen. Dies ergebe sich bereits aus dem klaren Wortlaut von Art. 11 Abs. 3 VStrR, gemäss welchem die Verjährung nur für Vergehen und Übertretungen nicht aber für die Einziehung ruhe. Des Weiteren seien für die Verjährung der Einziehung nach Art. 70 Abs. 3 StGB die Regeln des StGB über die Verfolgungsverjährung analog anwendbar. So habe bereits die bundesrätliche Botschaft zur Revision des Einziehungsrechts festgehalten, dass sich die Fragen von Beginn,
Ruhen und Unterbrechung der Verjährungsfrist der Einziehung nach den allgemeinen Regeln der Verjährung beurteilen würden. In diesen allgemeinen Regeln sei das Institut der Unterbrechung der Verjährung aber nicht vorgesehen. Entsprechend sei bei der Verjährung der Einziehung eine Unterbrechung ausgeschlossen. Schliesslich sei hervorzuheben, dass Art. 11 Abs. 3 VStrR nicht zur Folge habe, dass die ursprüngliche, gesetzlich verankerte Verjährungsfrist verlängert werde, sondern lediglich, dass die Frist während der Dauer der Unterbrechung ruhe und nach der Unterbrechung weiterlaufe. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeute Ruhen i.S.v. Art. 11 Abs. 3 VStrR Anhalten einer bereits laufenden Verjährungsfrist für eine bestimmte Zeit, um nach Wegfall des Grundes weiterzulaufen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3638/2012 vom 21. März 2013 E. 2.4.3 sowie A-6492/2011 vom 15. Januar 2013 E. 2.4.3). Eine Widerhandlung bleibe demnach auch im Falle einer Unterbrechung nach wie vor derselben (siebenjährigen) Verjährungsfrist unterworfen, welche lediglich während der Dauer der Unterbrechung nicht weiterlaufe. Da aber Art. 70 Abs. 3 StGB lediglich auf die Verjährungsfrist, nicht aber die Gesamtdauer des Verjährungslaufs bestehend aus der Verjährungsfrist und der Dauer der Unterbrechung abstelle, sei auch aus diesem Grund eine Unterbrechung für die Verjährungsfrist der Einziehung unbeachtlich.
Dass das Institut der Einziehung resp. die in Art. 70 Abs. 3 StGB festgehaltene Verjährungsfrist nicht von der konkreten Gesamtdauer abhängen könne, ergebe sich schliesslich bereits aus dem Umstand, dass die Einziehung ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer Person und somit selbst dann verfügt werden könne, wenn die Straftat bereits verjährt sei. Vom Gesetzgeber sei entsprechend bewusst in Kauf genommen worden, dass die Verjährung der Straftat und der Einziehung auseinanderfallen könnten. Die Verjährungsfrist habe auch für die Einziehung von Vermögenswerten am 22. Dezember 2008 mit der Sicherstellung des Super Competition zu laufen begonnen. Demnach sei die siebenjährige Verjährungsfrist am 22. Dezember 2015, mithin sogar vor dem Erlass der Strafverfügung der ESBK am 25. August 2016 abgelaufen. Daraus folge, dass das Recht zur Einziehung von Vermögenswerten bzw. zur Stellung einer Ersatzforderung am
22. Dezember 2015 verjährt sei, bevor ein Gericht nach Art. 70 Abs. 1 StGB die Einziehung habe verfügen können (Urk. 32 S. 2 ff.).
Die ESBK führt in ihrer Anschlussberufungsantwort vom 11. Januar 2018 aus, der Verteidigung sei zuzustimmen, dass das Recht auf Einziehung gestützt auf Art. 70 Abs. 3 StGB grundsätzlich einer Verjährungsfrist von 7 Jahren unterliege, sofern für die Verfolgung der zu beurteilenden Straftat keine längere Verjährungsfrist gelte. Die zu beurteilende Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz unterliege aufgrund von Art. 57 Abs. 2 SBG, der Rechtsprechung des Bundesgerichts sowie der Anwendbarkeit von Art. 11 Abs. 3 VStrR einer Verjährungsfrist von 8 Jahren und 6 Monaten. Entgegen den Ausführungen der Verteidigung spiele es für die Bestimmung der Verjährungsfrist für Einziehungen und Ersatzforderungen keine Rolle, ob Art. 11 Abs. 3 VStrR auch darauf anwendbar sei. Aus Art. 70 Abs. 3 StGB ergebe sich ausdrücklich, dass die Verjährungsfrist für die Einziehung derjenigen für die Verfolgung der zu beurteilenden Straftat folge und somit in casu ebenfalls 8 Jahre und 6 Monate betrage. Dies ergebe sich schon nur aus der Tatsache, dass über die Einziehung von Vermögenswerten und Ersatzforderungen erst entschieden werden könne, sobald über die Strafbarkeit der vom Beschuldigten vorgenommenen Handlung befunden worden sei. Es wäre deshalb sinnwidrig, der Strafverfolgungsbehörde für die Beurteilung dieser Frage mehr Zeit als für den Entscheid über die Einziehung bzw. Ersatzforderung zu gewähren, zumal die Frage der Strafbarkeit als Grundlage für die Beurteilung einer Einziehung Ersatzforderung diene. Das Recht auf Einziehung und das Stellen einer Ersatzforderung sei demnach nicht verjährt und dem Beschuldigten sei der Kasseninhalt des Gerätes in der Höhe von Fr. 342.85 nicht herauszugeben. Er sei zu einer Bezahlung einer Ersatzforderung in der Höhe von Fr. 38.15 zu verpflichten (Urk. 39 S. 2 f.).
Aus Art. 70 Abs. 3 StGB ergibt sich, dass die Einziehung grundsätzlich einer Verjährungsfrist von sieben Jahren unterliegt, sofern für die Verfolgung der zu beurteilenden Straftat keine längere Verjährungsfrist gilt. Mit der Norm wird zumindest ein Gleichlauf der Verjährungsfrist für die Verfolgung der zu beurteilenden Straftat und derjenigen für die Einziehung erreicht. Insbesondere im Falle einer
Übertretung verjährt das Recht auf Einziehung gar erst nachdem die Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Wenn die Verteidigung argumentiert, in der Botschaft zur Revision des Einziehungsrechts sei festgehalten, dass sich die Fragen von Beginn, Ruhen und Unterbrechung der Verjährungsfrist der Einziehung nach den allgemeinen Regeln der Verjährung beurteilen würden, und in diesen allgemeinen Regeln sei das Institut der Unterbrechung der Verjährung nicht vorgesehen, so ist dies nicht statthaft. Im Zeitpunkt der Revision des Einziehungsrechts enthielt das StGB in dessen Art. 75 StGB sehr wohl noch eine Regelung für die Unterbrechung. Erst später wurde die betreffende Regelung aus dem Gesetz gestrichen. Daraus kann die Verteidigung nichts ableiten. Aus dem Verweis auf die allgemeinen Regeln ergibt sich vielmehr eben gerade, dass der Gesetzgeber für die Einziehung und die Verfolgungsverjährung dieselben Fristenläufe erreichen wollte. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass der Gesetzgeber der Ansicht war, dass es an sich gar keiner eigenständigen Verjährungsregelung bedürfe, soweit die Einziehung Ersatzforderung als akzessorische Massnahme im Rahmen eines Strafverfahrens ausgesprochen werden könne (vgl. Botschaft über die Än- derung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom
30. Juni 1993 [Revision des Einziehungsrechts etc.], BBl 1993 III 277 S. 315 f.). Im Übrigen erscheint es mit der ESBK auch widersinnig, wenn die Verjährung für die Einziehung vor der strafrechtlichen Verjährungsfrist eintreten würde. Zwar ist eine selbständige Einziehung ohne Weiteres möglich und gesetzlich auch explizit vorgesehen (Art. 376 ff. StPO), doch bildet auch im selbständigen Einziehungsverfahren immer eine zumindest tatbestandsmässige und rechtswidrige Tat Basis für die Beurteilung einer Einziehung Ersatzforderung. Würde man der Verteidigung folgen und annehmen, dass die Verjährung für die Einziehung vor der Verfolgungsverjährung eintreten könnte, würde dies in der Konsequenz bedeuten, dass man den Entscheid in einem Nebenpunkt vor der Hauptsache zu fällen hätte. Aufgrund des Gesagten ist das Recht auf Einziehung und Stellen einer Ersatzforderung nicht verjährt. Der Antrag des Beschuldigten, der Betrag von Fr. 342.85 sei aus dem Beschlag zu entlassen und an ihn herauszugeben, ist deshalb abzuweisen. Unter Hinweis auf die diesbezüglichen vorinstanzlichen Erwägungen
(Urk. 13 S. 14 ff.) ist der Beschuldigte zu verpflichten, dem Bund eine Ersatzforderung in der Höhe von Fr. 38.15 zu bezahlen.
Die Kosten des Verfahrens der Verwaltung bestimmen sich nach der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren (vgl. Art. 94 VStrR). Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens und deren Auferlegung bestimmen sich sodann gemäss Art. 97 Abs. 1 VStrR nach den Regeln der StPO, wobei gemäss Art. 97 Abs. 2 VStrR im Urteil des Gerichts die Verfahrenskosten der Verwaltung gleich wie die gerichtlichen Kosten auferlegt werden können.
Im Falle einer Verurteilung sind die Verfahrenskosten der beschuldigten Person aufzuerlegen (Art. 426 Abs. 1 StPO). Somit sind einerseits die erstinstanzlich festgestellten Verfahrenskosten der ESBK in Höhe von Fr. 5'012.65 (bestehend aus Spruchgebühr Fr. 4'096.-, der Schreibgebühr Fr. 540.sowie der Barauslagen Fr. 376.65) zu bestätigen und andererseits Gerichtsgebühren für beide gerichtlichen Verfahren festzusetzen. Es erscheint angemessen die erstinstanzlichen Gerichtsgebühren auf Fr. 1'000.- und die zweitinstanzlichen Gerichtsgebühren auf Fr. 1'500.festzusetzen. Sämtliche Kosten der Untersuchung und beider Gerichtsinstanzen sind sodann ausgangsgemäss dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung, vom 11. April 2017, bezüglich Dispositivziffer 2 (Einziehung und Vernichtung des beschlagnahmten Glücksspielautomaten Super Competition) in Rechtskraft erwachsen ist.
Schriftliche Mitteilung mit dem nachfolgenden Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B. ist schuldig der Übertretung des Spielbankengesetzes im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG.
Der Beschuldigte wird mit Fr. 5'000.- Busse bestraft.
Die Busse ist zu bezahlen.
Der Antrag des Beschuldigten, es sei der Betrag von Fr. 342.85 aus dem Beschlag zu entlassen und an den Beschuldigten herauszugeben, wird abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Bund eine Ersatzforderung in Höhe von Fr. 38.15 zu bezahlen.
Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'000.angesetzt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'500.-.
Die Kosten beider Gerichtsinstanzen und die erstinstanzlich festgestellten Untersuchungskosten der ESBK in der Höhe von Fr. 5'012.65 (Dispositivziffer 5) werden dem Beschuldigten auferlegt.
Dem Beschuldigten wird keine Prozessentschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und den Beschuldigten
die Eidgenössische Spielbankenkommission
die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Eidgenössische Spielbankenkommission mit Rechtskraftstempel.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 26. März 2018
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. R. Bretscher
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