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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SU170031: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte wurde wegen Verletzung der Verkehrsregeln angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Er legte Berufung ein, da er argumentierte, dass sein Handeln als Güterumschlag zu qualifizieren sei. Nach eingehender Prüfung wurde der Beschuldigte freigesprochen, da sein Handeln tatsächlich als Güterumschlag anzusehen war. Die Kosten des Verfahrens wurden auf die Gerichtskasse genommen, und der Beschuldigte erhielt keine Entschädigung.

Urteilsdetails des Kantongerichts SU170031

Kanton:ZH
Fallnummer:SU170031
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU170031 vom 07.12.2017 (ZH)
Datum:07.12.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verletzung der Verkehrsregeln
Schlagwörter : Beschuldigte; Güter; Güterumschlag; Dosen; Beschuldigten; Berufung; Urteil; Toilette; Fahrzeug; Verletzung; Sinne; Sachverhalt; Stadtrichteramt; Gericht; Ausladen; Recht; Vorinstanz; Toiletten; Güterumschlags; Entschädigung; Über; Verfahren; Verfahren; Verkehrsregeln; Einsprecher; Busse; Menge
Rechtsnorm:Art. 19 VRV ;Art. 21 VRV ;Art. 27 SVG ;Art. 28 ZGB ;Art. 398 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 49 OR ;Art. 6 OBG ;Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:122 IV 136; 136 IV 133; 82 II 445; 89 IV 213;
Kommentar:
-, Basler Kommentar StPO, Art. 429 StPO, 2014
Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 429 StPO, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SU170031

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU170031-O/U/ad

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, lic. iur. Stiefel, die Oberrichterin lic. iur. Wasser-Keller sowie der Gerichtsschreiber

lic. iur. Samokec

Urteil vom 7. Dezember 2017

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

gegen

Stadtrichteramt Zürich, Untersuchungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend Verletzung der Verkehrsregeln

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 12. Mai 2017 (GC170065)

Strafbefehl:

Der Strafbefehl des Stadtrichteramtes Zürich vom 4. Februar 2016 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 2).

Urteil der Vorinstanz :

  1. Der Einsprecher ist schuldig der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 79 Abs. 4 SSV und Art. 6 Abs. 5 OBG.

  2. Der Einsprecher wird bestraft mit einer Busse von Fr. 40.-.

  3. Bezahlt der Einsprecher die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag.

  4. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 600.-. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  5. Die Gerichtskosten werden dem Einsprecher auferlegt. Über diese Kosten stellt die Gerichtskasse Rechnung.

Die Kosten des Stadtrichteramtes Zürich im Betrag von Fr. 590.- (Fr. 90.- Kosten gemäss Strafbefehl Nr. 2016-008-988 vom 4. Februar 2016 sowie Fr. 500.- Untersuchungskosten inkl. Weisungsgebühr) werden dem Einsprecher auferlegt. Diese Kosten sowie die Busse von Fr. 40.werden durch das Stadtrichteramt Zürich eingefordert.

Berufungsanträge:

  1. Des Beschuldigten: (Urk. 29; sinngemäss)

    Das vorinstanzliche Urteil sei vollumfänglich aufzuheben, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Gunsten des Berufungsklägers.

  2. Des Stadtrichteramtes Zürich: (Urk. 33; sinngemäss)

    Die Berufung sei abzuweisen.

    Erwägungen:

    1. Prozessgeschichte
      1. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung, vom 12. Mai 2017 wurde der Berufungskläger und Beschuldigte (fortan: Beschuldigter) wegen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 79 Abs. 4 SSV und Art. 6 Abs. 5 OBG zu einer Busse von Fr. 40.verurteilt, wobei

        im Falle des Nichtbezahlens dieser Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag an deren Stelle trete. Weiter befand die Vorinstanz über die Kostenfestsetzung und Kostenauflage (Urk. 28 S. 8 f.). Das Urteil wurde mündlich eröffnet und dem Beschuldigten im Dispositiv übergeben (Prot. I. S. 13).

      2. Am 22. Mai 2017 meldete der Beschuldigte fristgerecht die Berufung an (Prot. I. S 15). Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 reichte er fristgerecht die Berufungserklärung ein, mit welcher er die vollständige Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils verlangte, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu seinen Gunsten (Urk. 29). Das Stadtrichteramt Zürich verzichtete nach Erhalt der Berufungserklärung auf die Erhebung einer Anschlussberufung (Urk. 33).

      3. Mit Beschluss vom 4. August 2017 wurde das schriftliche Verfahren angeordnet und dem Beschuldigten Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung angesetzt (Urk. 35). Da innert Frist keine Berufungsbegründung am hiesigen Gericht einging, gilt androhungsgemäss die Berufungserklärung des Beschuldigten als solche. Die Berufungserklärung wurde mit Präsidialverfügung vom 7. September 2017 dem Stadtrichteramt Zürich mit Frist zur Einreichung der Berufungsantwort zugestellt. Der Vorinstanz wurde gleichzeitig die Gelegenheit zur freigestellten Vernehmlassung eingeräumt (Urk. 37). Das Stadtrichteramt Zürich liess sich mit Eingabe vom 18. September 2017 dahingehend vernehmen, als dass es unter Hinweis auf die bestehenden Akten die Abweisung der Berufung beantrage und auf weitere Beweisanträge verzichte (Urk. 39). Die Vorinstanz liess sich innert Frist nicht vernehmen.

      4. Am 7. Dezember 2017 erfolgte die Urteilsberatung. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

    2. Prozessuales

      Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO). Mit der Berufung bei Übertretungen können Fehler bei der Anwendung des anwendbaren materiellen formellen Rechts geltend gemacht werden, insbesondere des StGB und der StPO. Gerügt werden können sodann Überschreitungen und Missbrauch des Ermessens sowie Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, nicht aber blosse Unangemessenheit (Schmid/Jositsch, Handbuch StPO, 3. Aufl., N 1538). Soweit die Beweiswürdigung bzw. die Feststellung des (rechtmässig erhobenen) Sachverhalts gerügt wird, beschränkt sich die Überprüfung auf offensichtliche Unrichtigkeit, also auf Willkür (HUG/SCHEIDEGGER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, StPO Komm., 2. Aufl., Art. 398 N 23). Gerügt werden können damit nur klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, wobei zunächst an Versehen und Irrtümer, ferner an

      Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Beweislage und den Feststellungen im Urteil zu denken ist. In Betracht fallen sodann Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, vorab der StPO selbst beruht. Zu denken ist weiter an Fälle, in denen die an sich zur Verfügung stehenden Beweismittel offensichtlich ungenügend ausgeschöpft wurden, also der Sachverhalt unvollständig festgestellt und damit der Grundsatz der Wahrheitserforschung von Amtes wegen missachtet wurde (Schmid/Jositsch, a.a.O., N 1538).

    3. Sachverhalt
      1. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, am 3. Juli 2015, um 10:46/11:07 Uhr, den Personenwagen mit dem Kennzeichen ZH , als dessen Halter auf einem Parkverbotsfeld an der [Adresse] parkiert zu haben (Urk. 2 und Urk. 28 S. 3 f.).

      2. Der Beschuldigte wurde im Rahmen des Übertretungsstrafverfahrens sowie des Verfahrens vor Bezirksgericht, jeweils unter Hinweis auf seine Rechte und Pflichten (Urk. 8 S. 1; Prot. I. S. 5), zum Sachverhalt befragt. Er führte diesbezüglich aus, dass er am 3. Juli 2015 einen Güterumschlag habe tätigen müssen, weshalb das Abstellen seines Fahrzeugs auf besagtem Parkplatz erlaubt gewesen sei. Namentlich habe er 34 bis 39 Dosen Lufterfrischer an das in unmittelbarer Nähe gelegene Restaurant B. liefern müssen. Da dieses über keine

        eigenen Parkplätze verfüge, habe er sein Auto auf dem Parkverbotsfeld abgestellt. Danach sei er ins B. gegangen und habe dort in jeder Toilette vom Keller bis in die 5. Etage - die alten Dosen aus den Lufterfrischern entfernt und eingesammelt sowie die neu gelieferten Dosen eingesetzt. Da er nicht alle Dosen auf einmal in seinem Koffer, der 5-15 kg schwer sei, habe transportieren können, habe er zwei bis drei Mal zu seinem Wagen zurückkehren und Nachschub holen müssen. Der gesamte Vorgang habe etwa 30 bis 40 Minuten gedauert (Urk. 8

        S. 2 f.; Prot. I. S. 7 ff.).

      3. Aus den Aussagen des Beschuldigten geht hervor, dass er die Korrektheit der vorinstanzlichen rechtlichen Würdigung, nicht aber den ihm konkret vorgeworfenen Sachverhalt bestreitet. Was die Zeitdauer des Abstellens des Fahrzeugs betrifft, konnte der Beschuldigte lediglich eine ungefähre Schätzung abgeben (Prot. I S. 7). Eine Abstelldauer, welche über den polizeilich festgestellten Zeitraum von 21 Minuten (vgl. Urk. 1) hinausgeht, kann damit nicht erstellt werden. Im Übrigen ist der dem Strafbefehl zugrunde liegende Sachverhalt rechtsgenügend erstellt.

    4. Rechtliche Würdigung
  1. Die Vorinstanz würdigte das Verhalten des Beschuldigten als Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 79 Abs. 4 SSV und Art. 6 Abs. 5 OBG. Das Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Parkverbotsfeld sei nur dann erlaubt, wenn es dem Einoder Aussteigenlassen von Personen dem Güterumschlag diene (Art. 19 Abs. 1 VRV). Das vom Beschuldigten vorgenommene Liefern sowie Austauschen von Dosen in den Lufterfrischern sämtlicher Toiletten im Restaurant B. sei nicht als Güterumschlag zu qualifizieren. Letzterer bestehe im Verladen Ausladen von Sachen, wobei aufgrund der Grösse, dem Gewicht der Menge der Güter die Beförderung durch ein Fahrzeug nötig sei (mit Verweis auf BGE 136 IV 133, E.2.3.1. und BGE 89 IV 213, E.7.). Die Feinverteilung der Dosen auf die verschiedenen Toiletten, spätestens aber deren Montage mithilfe von Werkzeug, sprenge den Begriff des Ausladens und könne deshalb nicht mehr als eine vom Begriff des Güterumschlags umfasste Tätigkeit betrachtet werden (vgl. zum Ganzen Urk. 28 S. 5 ff.).

  2. Der Beschuldigte machte dagegen geltend, dass das Liefern und Auswechseln der Dosen der Lufterfrischer in den einzelnen Toiletten noch vom Begriff des Güterumschlags erfasst werde. Es handle sich um denselben Vorgang, wie wenn ein Getränkelieferant Harasse liefere und diese an deren Bestimmungsort, bspw. in den Keller, stelle und die leeren Harasse wieder mitnehme. Er habe nichts Anderes gemacht, sondern einfach die Dosen dorthin gestellt, wo sie hingehörten (Prot. I. S. 8). Beim Austauschvorgang handle es sich auch nicht um ein

Montieren mit Hilfe von Werkzeugen, wie dies die Vorinstanz ausgeführt habe. Er montiere die Dosen nicht, sondern stelle diese an deren Bestimmungsort. Das Öffnen der Aluminiumdose dauere etwa zwei Sekunden. Man könne dies mit den eigenen Fingern einem kleinen Cutter tun. Dass das Benutzen eines Cutters den Begriff des Ausladens sprenge, sei absurd. Das Ausliefern von Harassen könne ja auch von Hand mit Hilfe von Werkzeugen erfolgen. Zudem verweise er auf das von ihm eingereichte Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom

  1. November 1991, worin anerkannt worden sei, dass er ein Recht auf Güterumschlag beim Ausliefern seiner Produkte habe (Urk. 29).

    1. Unter Güterumschlag im Sinne des Strassenverkehrsrechts ist das Verladen Ausladen von Sachen zu verstehen, die nach Grösse, Gewicht Menge die Beförderung durch ein Fahrzeug nötig machen (BGE 122 IV 136 E.3b, mit Hinweis auf BGE 89 IV 213, E.7.), wobei auch die Vorund Nachstadien des Einund Ausladens unter den Begriff des Güterumschlags fallen (BGE 136 IV 133, E.2.3.2., mit Hinweis auf BGE 82 II 445, E.3.). Der Sinn und Zweck der Privilegierung des Güterumschlags besteht darin, das Verladen Ausladen von Sachen zu erleichtern, die aufgrund ihrer Grösse, ihres Gewichts der Menge nur erschwert umgeschlagen werden können. Entsprechend darf der Güterumschlag möglichst nahe am Umschlagpunkt durchgeführt werden, selbst wenn keine reguläre Parkmöglichkeit besteht (BGE 136 IV 133, E.2.4.1.).

      In zeitlicher Hinsicht hat sich der Güterumschlag betreibende Fahrzeugführer grundsätzlich an die Bestimmungen zu halten, welche für das entsprechende Parkfeld gelten, auf welchem er sein Fahrzeug abstellt. Dauert ein Güterumschlag länger als die gestattete Parkzeit, darf der Fahrzeugführer den Güterumschlag so lange fortführen, als dieser unbedingt notwendig ist (Art. 21 Abs. 2 VRV). Die vorgängige Einholung einer polizeilichen Spezialbewilligung erweist sich lediglich als notwendig, wenn die Dauer des Güterumschlags die ordentliche Parkzeit deutlich übersteigen sollte (BGE 136 IV 133, E.2.4.5.).

      1. Das Kriterium der Menge der zu liefernden Ware, welche die Beförderung durch ein Fahrzeug nötig macht, ist mit den 34 bis 39 Dosen, welche nicht

        gleichzeitig mitgetragen, d.h. nur erschwert umgeschlagen, werden können (Urk. 8 S. 2 f.; Prot. I S. 7), ohne Weiteres erfüllt.

      2. Weiter ist zu prüfen, ob die Tätigkeit des Beschuldigten noch als Leistung qualifiziert werden kann, welche unter den Tatbestand des Güterumschlags fällt.

        Der Beschuldigte gab anlässlich seiner Einvernahmen an, dass er dem Restaurant B. am 3. Juli 2015 zwischen 34 und 39 Dosen Raumlufterfrischer geliefert (Urk. 8 S. 3; Prot. I S. 6), diese in die Raumluftspender in allen Etagen eingesetzt und die alten Dosen herausgenommen habe (Prot. I S. 6 und 8). Die Dosen müsse er vor dem Einsetzen öffnen, was etwa zwei Sekunden dauere und von Hand aber auch mit einem Cutter erfolgen könne. Aufgrund der Menge an Dosen und da diese ein unhandliches Format aufweisen würden, habe er nicht alle gleichzeitig in seinem Koffer mittragen können, weshalb er noch zwei bis drei Mal zu seinem Fahrzeug habe zurückkehren müssen, um Nachschub zu holen (Urk. 8 S. 2 f.; Prot. I S. 7).

      3. Vorab ist festzuhalten, dass der zu beurteilende Sachverhalt sich als Grenzfall erweist. Einerseits geht die vom Beschuldigten ausgeübte Tätigkeit nur in minimalster Weise über eine klassische Warenlieferung hinaus, indem zusätz-

lich noch die Feinverteilung der gelieferten Dosen auf die verschiedenen Toiletten vorgenommen wird. Andererseits stellt das Austauschen der Dosen aber auch noch keine so wesentliche Handwerksoder Montageleistung dar, dass diese klarerweise nicht mehr unter das Nachstadium des Ausladens subsumiert und damit nicht mehr von einem Güterumschlag gesprochen werden könnte.

      1. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Belieferung eines Kunden mit nur einer Toilette wie bei einer klassischen Lieferleistung verhält, bei welcher die gelieferte Ware noch in einen Lagerraum o.ä. verbracht werden muss. Dass der Beschuldigte die Dosen nicht einfach nur in den Toilettenraum stellt, sondern noch in die in der Toilette befindlichen Raumlufterfrischer einsetzt, fällt dabei in zeitlicher Hinsicht nicht wesentlich ins Gewicht, da für den Austauschvorgang gemäss den glaubhaften Ausführungen des Beschuldigten nur ein kurzer

        Moment benötigt wird (Urk. 29). Eine solche Lieferung wäre trotz der noch zusätzlich ausgeführten Austauschhandlung, welche noch als vom Nachstadium des Ausladens umfasst zu gelten hat, als Güterumschlag zu qualifizieren.

        Entsprechend wäre es unbillig, wenn dieselbe Tätigkeit des Beschuldigten bei der Lieferung von 34 bis 39 Dosen plötzlich nicht mehr als Güterumschlag qualifiziert würde. Einerseits wäre in diesem Fall konsequenterweise eine Grenze dafür festzulegen, ab welcher Anzahl Dosen kein Güterumschlag mehr vorliegt. Andererseits würde dies dazu führen, dass der Beschuldigte bei gleichbleibender Tätigkeit, je nach Liefermenge vom Parkprivileg des Güterumschlags Gebrauch machen könnte nicht, was sich weder als sinnvoll, noch als praktikabel erweist.

      2. Gleich würde es sich verhalten, wenn die einzelnen vom Beschuldigten belieferten Toiletten im Gebäude an der C. -strasse nicht ausschliesslich dem B. , sondern jeweils verschiedenen Kunden gehören würden. Da das Liefern und Austauschen von Dosen in einer einzelnen Toilette als Güterumschlag zu gelten hat (vorstehend, Erw. IV.3.4.1.), würden in diesem Fall mehrere einzelne Güterumschläge getätigt werden, weshalb der Beschuldigte vom Parkprivileg Gebrauch machen dürfte. Umgekehrt wäre es unbillig, wenn exakt dieselbe Tätigkeit des Beschuldigten plötzlich nicht mehr als Güterumschlag zu qualifizieren wäre, wenn sie für einen Grosskunden ausgeführt wird, dem sämtliche Toiletten im Gebäude gehören.

3.5. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls ist festzustellen, dass der Beschuldigte am 3. Juli 2015 von 10:46 Uhr bis 11:07 Uhr Güterumschlag betrieben hat und sein Fahrzeug damit nicht im Sinne von Art. 19 Abs. 1 VRV auf dem Parkverbotsfeld parkiert war, weshalb er freizusprechen ist.

V. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Nachdem der Beschuldigte heute vollumfänglich freizusprechen ist, sind die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens vor beiden Instanzen vollumfänglich und definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

  2. Wird eine beschuldigte Person ganz teilweise freigesprochen, so hat sie gemäss Art. 429 Abs. 1 StPO Anspruch auf eine Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (lit. a), eine Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (lit. b) sowie eine Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse (lit. c).

    1. Der Beschuldigte stellte den Antrag, es sei ihm eine Entschädigung zuzusprechen (Urk. 29), wobei er aber nicht konkretisierte, wofür diese zu entrichten sei.

    2. Die gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO zu ersetzenden Aufwendungen stellen primär die Kosten der frei gewählten Verteidigung dar (GRIESSER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, N 4 zu Art. 429 StPO).

      In Anbetracht dessen, dass der Beschuldigte keine Verteidigung bestellte, sind ihm keine Kosten im vorgenannten Sinne entstanden.

    3. Inwiefern dem Beschuldigten durch seine Beteiligung am Strafverfahren wirtschaftliche Einbussen entstanden sind (Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO), wurde von diesem nicht dargelegt. Eine Bezifferung eines solchen Anspruchs erfolgte ebenfalls nicht.

    4. Für die Zusprechung einer Genugtuung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO muss eine besonders schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 28 Abs. 2 ZGB Art. 49 OR vorliegen, mithin muss eine gewisse Intensität der Verletzung vorliegen, damit eine Genugtuung zugesprochen werden kann (WEHRENBERG/FRANK, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar StPO, 2. Aufl., Basel 2014, N 27 zu Art. 429 StPO). Die mit jedem Strafverfahren einhergehenden psychischen Belastungen alleine genügen im

      Regelfall jedoch noch nicht, um einen Genugtuungsanspruch zu begründen (Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2013.12 und BB.2013.68 vom 3. Dezember 2013 E.5.3.4; WEHRENBERG/FRANK, a.a.O., N 27b zu Art. 429 StPO).

      Eine besonders schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten ist weder erkennbar, noch wurde eine solche geltend gemacht.

    5. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist der Antrag des Beschuldigten auf Ausrichtung einer Entschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 StPO abzuweisen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte wird freigesprochen vom Vorwurf der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 79 Abs. 4 SSV.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz.

  3. Das Begehren des Beschuldigten um Ausrichtung einer Prozessentschädigung und einer Genugtuung wird abgewiesen.

  4. Die Kosten des Vorverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens beider Instanzen werden auf die Gerichtskasse genommen.

  5. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausführung an

    • den Beschuldigten (als Gerichtsurkunde);

    • das Stadtrichteramt Zürich (gegen Empfangsschein);

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich im Doppel (gegen Empfangsschein);

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz.

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 7. Dezember 2017

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. Samokec

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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