Zusammenfassung des Urteils SU160023: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte A. wurde wegen Übertretung von Verkehrsvorschriften schuldig gesprochen, da er mit seinem Lastwagen das zulässige Gewicht überschritten hatte. Er wurde zu einer Geldstrafe von 400 CHF verurteilt, die bei Nichtzahlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen umgewandelt wird. Die Gerichtskosten belaufen sich auf insgesamt 1'029 CHF. Der Beschuldigte hat die Berufung verloren. Der Richter ist männlich.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SU160023 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 30.08.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Übertretung von Verkehrsvorschriften |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Berufung; Lastwagen; Urteil; Vorinstanz; Sicht; Busse; Statthalteramt; Überladung; Recht; Verfahren; Täter; Entscheid; Handlung; Bezirk; Bülach; Verbindung; Sachverhalt; Erfahrung; Beladung |
Rechtsnorm: | Art. 102 SVG ;Art. 106 StGB ;Art. 12 StGB ;Art. 29 SVG ;Art. 30 SVG ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 67 VRV ;Art. 82 StPO ;Art. 96 SVG ; |
Referenz BGE: | 121 IV 10; 122 IV 17; 127 IV 34; 136 I 229; 138 I 305; 138 IV 81; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SU160023-O/U/cwo
Mitwirkend: Der Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, die Oberrichterinnen lic. iur. L. Chitvanni und lic. iur. Ch. von Moos sowie
die Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Maurer
Urteil vom 30. August 2016
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger verteidigt durch Rechtsanwalt X.
gegen
Verwaltungsbehörde und Berufungsbeklagte
betreffend
Strafverfügung:
Der Strafbefehl des Statthalteramtes Bezirk Bülach vom 3. November 2015 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 17).
Urteil der Vorinstanz :
(Urk. 16 S. 10 ff.)
Der Beschuldigte ist schuldig der Übertretung von Art. 96 Abs. 1 lit. c SVG in Verbindung mit Art. 29 SVG, Art. 30 Abs. 2 SVG und mit Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VRV sowie mit Art. 100 Ziffer 1 SVG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Busse von Fr. 400.-.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 900.- ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 1'029.- Gebühr Anklagebehörde
Fr. 32.40 Auslagen Untersuchung Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, die Gebühr der Anklagebehörde und die Auslagen der Untersuchung werden dem Beschuldigten auferlegt.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
(Prot. II S. 5)
Der Verteidigung des Beschuldigten:
(Urk. 18 S. 2 und Urk. 30 S. 1 f. sinngemäss)
Der Beschuldigte A. sei vollumfänglich freizusprechen.
Mangels einer Verurteilung falle die Bemessung einer Busse dahin.
Die Verfahrenskosten seien vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen.
Herr A. sei eine Parteientschädigung zuzusprechen. Diese umfasse:
eine Entschädigung für die angemessene Ausübung der Verfahrensrechte
eine Entschädigung für die wirtschaftlichen Einbussen, welche Herrn A. aus der Beteiligung am Strafverfahren entstanden seien.
Des Statthalteramtes Bezirk Bülach: (Urk. 35 schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
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Erwägungen:
Der Prozessverlauf bis zum erstinstanzlichen Urteil ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid (Urk. 16 S. 2 f.).
Mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach, Einzelgericht, vom 18. Februar 2016 wurde der Beschuldigte der Übertretung von Art. 96 Abs. 1 lit. c SVG in Verbindung mit Art. 29 SVG, Art. 30 Abs. 2 SVG und mit Art. 67 Abs. 1 und 2 VRV sowie mit Art. 100 Ziff. 1 SVG schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 400.-
bestraft; die Kosten mit einer Entscheidgebühr von Fr. 900.wurden dem Beschuldigten auferlegt (Urk. 16 S. 10 f.).
Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 22. Februar 2016 innert der zehntägigen Frist von Art. 399 Abs. 1 StPO Berufung anmelden (Urk. 11). Nachdem dem Beschuldigten bzw. dessen Verteidiger das begründete Urteil am 16. März 2016 zugestellt worden war (Urk. 15), ging die Berufungserklärung vom 5. April 2016 fristgerecht (Art. 399 Abs. 3 StPO) hierorts ein (Urk. 18).
Mit Präsidialverfügung vom 14. April 2016 wurde dem Statthalteramt Bezirk Bülach (im Folgenden: Statthalteramt) eine Kopie der Berufungserklärung zugestellt und eine Frist von zwanzig Tagen angesetzt, um schriftlich im Doppel zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben wird, um begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 20). Nachdem das Statthalteramt mit Eingabe vom 25. April 2016 mitgeteilt hatte, auf eine Anschlussberufung und die Stellung eines Antrages zu verzichten sowie sich am weiteren Verfahren nicht aktiv zu beteiligen (Urk. 22), ordnete die zuständige I. Strafkammer des Berufungsgerichts mit Beschluss vom 2. Mai 2016 die schriftliche Durchführung des vorliegenden Verfahrens an und setzte dem Beschuldigten gleichzeitig Frist, die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen mitzuteilen, ob die Eingabe vom 5. April 2016 als vollständige Berufungsbegründung anzusehen sei (Urk. 24). Innert Frist liess der Beschuldigte am 27. Mai 2016 die Berufungsbegründung einreichen (Urk. 30), welche Eingabe mit Verfügung vom 2. Juni 2016 dem Statthalteramt sowie der Vorinstanz zugestellt wurde; zudem wurde Frist zur Einreichung der Berufungsantwort bzw. zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 31). Die Vorinstanz verzichtete auf Vernehmlassung (Urk. 33). Das Statthalteramt erklärte mit Eingabe vom 10. Juni 2016, die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils zu beantragen (Urk. 35). Diese Eingabe wurde dem Beschuldigten am 27. Juni 2016 zugestellt (Urk. 37). Das vorliegende Verfahren erweist sich daher heute als spruchreif.
Gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist die Berufung zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen worden ist. Die Berufungsinstanz überprüft den vorinstanzlichen Entscheid bezüglich sämtlicher Tat-, Rechtsund Ermessensfragen üblicherweise frei (Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO). Bildeten jedoch ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so schränkt Art. 398 Abs. 4 StPO die Kognition der Berufungsinstanz ein. In diesen Fällen wird das angefochtene Urteil lediglich dahingehend überprüft, ob es rechtsfehlerhaft ist ob eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gegeben ist. Relevant sind dabei klare Versehen bei der Sachverhaltsermittlung wie namentlich Irrtümer offensichtliche Diskrepanzen zur Aktenund Beweislage. Weiter in Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen die Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Gesamthaft gesehen dürften regelmässig Konstellationen relevant sein, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizieren sind (vgl. S CHMID, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Art. 398 N 12 f.; BSK StPOEUGSTER, 2. Aufl. 2014, Art. 398 N 3a). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung Würdigung ebenfalls vertretbar gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hinweisen). Eine vertretbare Beweiswürdigung ist daher auch dann noch nicht willkürlich, wenn die Berufungsinstanz anstelle des Vorderrichters allenfalls anders entschieden hätte. Es ist somit zu überprüfen, ob das vorinstanzliche Urteil im Bereich der zulässigen Kognition Fehler aufweist.
Die urteilende Instanz muss sich nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Vielmehr kann sich das Gericht auf die seiner Auffassung nach wesentlichen und massgeblichen Vorbringen der Parteien beschränken (BGE 138 IV 81 E. 2.2; BGE 136 I 229 E. 5.2).
Der Beschuldigte beschränkt seine Berufung nicht und beantragt einen Freispruch (Urk. 18 Rz 3; Urk. 30 Rz 3). Damit bildet das ganze vorinstanzliche Urteil Berufungsgegenstand und ist mithin in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen.
1. Dem Beschuldigten wird im Strafbefehl des Statthalteramtes vom
3. November 2015 zusammengefasst vorgeworfen, am Freitag, 12. Juni 2015,
13.57 Uhr, auf der Autobahn A51 in [Ortschaft] den Lastwagen Mercedes Actros ZH gefahren zu haben, wobei das Betriebsgewicht des Lastwagens von 32'000 kg um netto 1'745 kg (5.5%) und die Achslast der zweiten Doppelachse von 19'000 kg um netto 1'321 kg (7%) überschritten gewesen sei, was der Beschuldigte mit seiner Erfahrung und der erforderlichen Aufmerksamkeit hätte erkennen können, da er bei der Beladung anwesend gewesen sei (Urk. 17 S. 2 f.).
Wie bereits die Vorinstanz festgestellt hat (Urk. 16 S. 3), bestreitet der Beschuldigte die Überladung nicht und lässt ausführen, in objektiver Hinsicht sei ein Verstoss gegen das Strassenverkehrsgesetz aufgrund Überladung gegeben gewesen. Er macht indes geltend, dieser Verstoss sei ihm subjektiv nicht zurechenbar, da er sich nach gewissenhafter Prüfung auf seine Einschätzung habe verlassen müssen und ihm kein Mittel zur exakten Feststellung gegeben gewesen sei. Er sei sicher gewesen, dass der von ihm geführte Lastwagen nicht überladen gewesen sei (Urk. 18 Rz 6; Urk. 30 Rz 6).
Zur Begründung seiner Berufung führt der Beschuldigte an, die - unbestrittene - Überlast des von ihm geführten Kippladers sei nicht erkennbar gewesen und habe es auch nicht sein können, weswegen eine fahrlässige Verantwortlichkeit mangels individueller Voraussehbarkeit nicht gegeben sei. Aus seiner Sicht habe es keinerlei Anzeichen für eine Überladung gegeben, weshalb er sicher gewesen sei, keine Überlastfahrt zu begehen. Er, der den von ihm geführten Lastwagen kenne und diesen seit mehr als einem Jahr fahre sowie noch nie wegen Überlastfahrten auffällig gewesen sei, habe der Beladung beigewohnt und diese geprüft. Die Kipperbrücke habe rundherum noch Freiräume aufgewiesen, so dass
er nach seiner Erfahrung davon ausgegangen sei, dass keine Überladung vorgelegen habe. Dies umso mehr, als das eingeladene Material aufgrund des trockenen Wetters keine besondere Schwere aufgewiesen habe. Zudem seien die Lenkung Wendigkeit des Lastwagens in keiner Weise erschwert gewesen. Federn Achsen seien nicht einmal ansatzweise durchgebogen gewesen, was auch daraus resultiere, dass das Garantiegewicht unterschritten gewesen sei (Urk. 18 Rz 3 und Rz 4; Urk. 30 Rz 3 und Rz 4).
Ferner macht der Beschuldigte zusammengefasst geltend, ihm sei auch keine anderweitige Möglichkeit zur Verfügung gestanden, eine Überlast festzustellen. Der jeweilige Fahrer sei auf seine Einschätzung angewiesen, Hilfsmittel würden wie regelmässig in der Beladungssituation auf einer Baustelle - nicht zur Verfügung stehen. Insbesondere habe es vor Ort in [Ortschaft] keine Waage gegeben (Urk. 18 Rz 5; Urk. 30 Rz 5). Die Vorinstanz anerkenne zwar diese fehlende Überprüfbarkeit, stelle aber rechtsfehlerhaft und unter willkürlicher Würdigung des Sachverhalts hinsichtlich deren individuellen Vermeidbarkeit schlicht auf die Person des Polizisten ab, was aus zweierlei Gründen falsch sei (Urk. 18 Rz 7 f.; Urk. 30 Rz 7 f.). Zum einen könne hinsichtlich der individuellen Vermeidbarkeit nicht auf einen Dritten abgestellt werden, welcher eine Überladung erkannt haben wolle. Es komme auf eine individuelle Fehlleistung des Täters an, welche nicht an einem objektiven, sondern vielmehr an einem individuell-subjektiven Massstab zu messen sei. Er habe den von ihm geführten Lastwagen während der Beladung geprüft. Es hätten ihm keine weiteren Prüfmethoden zur Verfügung gestanden, weshalb er sich auf seine Einschätzung und Kenntnisse habe verlassen müssen und können. Darüber hinaus habe er auch auf die Einschätzung des die Beladung durchführenden Baggerführers abstellen können - dieser habe eine weitere Schaufel aufladen wollen, sei also offensichtlich davon ausgegangen, dass der Lastwagen mit dem bereits aufgeladenen Material sicher noch nicht überladen gewesen sei. Es sei falsch, dass er sich nicht auf den beladenden Baggerfahrer habe verlassen können. Es greife insofern sinngemäss der von der Rechtsprechung entwickelte Vertrauensgrundsatz (Urk. 18 Rz 9 ff.; Urk. 30 Rz 9 ff.). Zum anderen handle es sich um eine blosse Stichprobe des Polizisten. Es sei ausgeschlossen, dass Herr B. eine Überladung von nicht einmal acht Zentimetern qua objektive Merkmale bemerkt haben solle (Urk. 18 Rz 12 ff.; Urk. 30 Rz 12 ff.).
Das Statthalteramt verzichtete auf die Erstattung einer Berufungsantwort und beantragte (lediglich) die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 35).
Gemäss Art. 96 Abs. 1 lit. c SVG wird bestraft, wer die mit dem Fahrzeugausweis der Bewilligung von Gesetzes wegen im Einzelfall verbundenen Beschränkungen Auflagen, namentlich über das zulässige Gesamtgewicht, missachtet. Auch Art. 30 Abs. 2 SVG hält fest, dass Fahrzeuge nicht überladen werden dürfen.
Dass der Lastwagen des Beschuldigten objektiv überladen war, steht fest (Urk. 2/2) und wird auch nicht bestritten (vgl. Urk. 18; Urk. 30).
In subjektiver Hinsicht wird dem Beschuldigten im Strafbefehl vom
3. November 2015 vorgeworfen, dass er die Überladung aufgrund seiner Erfahrung und der erforderlichen Aufmerksamkeit hätte erkennen können, da er bei der Beladung anwesend gewesen sei, was er gewollt und gewusst respektive zumindest billigend in Kauf genommen habe (Urk. 2/17 S. 1 f.).
Die Vorinstanz hat dazu korrekt erwogen, dass aufgrund dieser Formulierung dem Beschuldigten zumindest auch eine vorbzw. eventualvorsätzliche Tatbegehung vorgeworfen wird (Urk. 16 S. 5). Ein vorsätzliches Handeln des Beschuldigten betreffend die Überlast kann jedoch aufgrund der Akten ausgeschlossen werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob diesbezüglich eine fahrlässige Tatbegehung vorliegt.
Nach Art. 100 Ziff. 1 Satz 1 SVG ist auch die fahrlässige Handlung strafbar. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt darauf nicht Rücksicht nimmt (Art. 12 Abs. 3 StGB). Diese Definition ist indessen auf das fahrlässige Erfolgsdelikt zugeschnitten (Urteil des Bundesgerichtes 6B_26/2016 vom 6. Juni 2016 E. 3.2). Bei fahrlässigen Tätigkeitsdelikten bezieht sich der Fahrlässigkeitsvorwurf regelmässig auf das Verkennen nicht ernstlich In-Rechnung-Stellen des Vorliegens Eintretens von Tatumständen, nicht auf die Vornahme der Handlung als solcher (BSK StGB I-NIGGLI/MAEDER, 3. Aufl. 2013, N 82 zu Art. 12). Die Definition der Fahrlässigkeit muss somit gegenüber Art. 12 Abs. 3 StGB in der Weise abgewandelt werden, dass sich hier die Unvorsichtigkeit auf das tatsächliche Merkmal bezieht, welches das Unrecht der Handlung begründet. Die betreffenden Tatbestände basieren auf einer Grundhandlung, die der Täter mit Wissen und Willen ausübt und die als solche objektiv mindestens in der Vorstellung des Täters zulässig ist (Inverkehrbringen von Futter, Führen eines Fahrzeuges, sexuelle Handlungen mit einem dem Schutzalter entwachsenen Partner). Die Fahrlässigkeit wird erst durch ein zusätzliches Merkmal begründet. Diesen Umstand, der eine normalerweise erlaubte mangels Vorsatz nicht strafbare Tätigkeit zu verbotenem Verhalten macht, verwirklicht der Täter ungewollt, aber aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit. Das verkannte Tatbestandsmerkmal kann in einer bestimmten Eigenschaft des Handlungsobjektes liegen (bei den vorstehenden Beispielen im Alter des Kindes, der Gesundheitsschädlichkeit des Futters), aber auch in einer verpönten Qualität des Handlungsmittels (fehlende Betriebssicherheit des gelenkten Fahrzeuges) im fehlerhaften Vollzug der Tätigkeit (Überfahren einer Sicherheitslinie eines Stoppsignals beim Fahrzeugführen). Die betreffenden Tatbestände zumeist abstrakte Gefährdungsdelikte, die auch bei vorsätzlicher Begehung strafbar sind werden mit der Vornahme der Grundhandlung vollendet. Sie lassen sich als besonders geregelte Fälle von Sachverhaltsirrtümern charakterisieren. Damit der Täter mit seiner Handlung den entscheidenden Umstand verwirklicht, muss dieser (wie bei den Erfolgsdelikten die Rechtsgutbeeinträchtigung) auf die Verletzung einer Sorgfaltspflicht zurückzuführen sein. Die Sorgfaltspflicht ihrerseits besteht meist wie in den betreffenden Bestimmungen
z.T. ausdrücklich gesagt wird in einer nicht näher spezifizierten Pflicht zur
«Aufmerksamkeit», seltener in der Einhaltung bestimmter Kontrollvorschriften, und ist wiederum nach den konkreten Umständen und den persönlichen Verhältnissen zu beurteilen (DONATSCH/TAG, Strafrecht I - Verbrechenslehre, 9. Aufl. 2013, S. 373 f.).
In zutreffender Weise kam die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zunächst zum Schluss, angesichts dessen, dass dem Beschuldigten lediglich, aber
immerhin, eine Übertretung vorgeworfen werde, sei die Umschreibung des subjektiven Tatbestandes als genügend und mit dem Anklagegrundsatz vereinbar zu betrachten. Dem ist beizupflichten. Eine Verletzung des Anklageprinzips wird denn im Übrigen von der Verteidigung auch nicht (mehr) moniert (vgl. Urk. 18 und Urk. 30). Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich daher.
Die Vorinstanz hat sodann die Aussagen des Beschuldigten in der Untersuchung und anlässlich der Hauptverhandlung sowie diejenigen des Polizisten
B.
anlässlich seiner Zeugeneinvernahme korrekt zusammengefasst
(Urk. 16 S. 6 f.) und erwogen, der Beschuldigte sei sich der Problematik des zulässigen Höchstgewichts bewusst gewesen und habe bereits genügend Erfahrung hinsichtlich dem Beund eben Überladen gemacht. Er sei sich auch darüber im Klaren gewesen, dass er als Fahrer die Verantwortung einer Gewichtsüberschreitung getragen habe. Er gebe an, sich sicher gewesen zu sein, das maximal zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten zu haben. Andererseits habe der Polizist B. das Übergewicht von Auge immerhin in einem solchen Ausmass erkannt, dass es einen Anfangsverdacht begründet habe. Es könne nahezu ausgeschlossen werden, dass es sich um eine Zufallskontrolle gehandelt habe, weil der Aufwand unverhältnismässig gross gewesen wäre. Es sei davon auszugehen, dass der Beschuldigte mit seinem beruflichen Hintergrund und seiner Erfahrung aus den vorhandenen objektiv feststellbaren Hinweisen auf eine mögliche Überladung geschlossen hätte. Es dränge sich mithin der Schluss auf, er habe die Ladung entgegen seinen Beteuerungen nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit beachtet. Dem Beschuldigten sei somit vorzuwerfen, pflichtwidrig unvorsichtig gewesen zu sein, als er beim Beladen seines Lastwagens dessen maximal erlaubtes Betriebsgewicht resp. zulässige Achslast missachtet gehabt habe (Urk. 16 S. 7 f.).
Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass der Beschuldigte aufgrund seiner Ausbildung (Lehre als Lastwagenchauffeur; Prot. I S. 4) und seiner Berufserfahrung (Anstellung seit Juli 2014 bei der C. ; Prot. I S. 7) die nötigen Kenntnisse und Erfahrungen hatte, eine allfällige Überladung zu erkennen. Dies wird notabene von der Verteidigung auch nicht in Abrede gestellt. Vielmehr führt jene aus,
es komme auf eine individuelle Fehlleistung des Täters an, welche an einem individuell-subjektiven Massstab zu messen sei. Dies trifft zu. Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts kann einem Täter als strafrechtliche Fahrlässigkeit nur das angerechnet werden, was unter den Tatumständen von ihm bei Anwendung der gebotenen Vorsicht und bei Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Erfahrungen erwartet werden darf. Sorgfaltswidrig ist eine Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat (BGE 127 IV 34 E. 2a; BGE 121 IV 10
E. 3; BGE 122 IV 17 E. 2b, 133 E. 2a, 145 E. 3b sowie 225 E. 2a, je mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung ändert allerdings nichts daran, dass der Beschuldigte vorliegend fahrlässig gehandelt und damit die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat:
Der Beschuldigte erkannte offensichtlich, dass er bzw. sein Lastwagen an jenem
12. Juni 2015 an der Grenze zum Überladen gewesen war, ansonsten hätte er den Baggerführer nicht gestoppt, als dieser eine weitere Schaufel habe beladen wollen (Prot. I S. 6). Es war ihm somit bewusst, dass eine Überladung und damit eine Überschreitung des höchstzulässigen Betriebsgewichts bzw. der höchstzulässigen Achslasten drohte er sich mithin diesbezüglich im Grenzbereich bewegte. Ebenso wusste er, dass es auf der Baustelle in keine Möglichkeit gab, eine Überlast festzustellen (Prot. I S. 9 f.). In einer solchen Situation (im Grenzbereich zum Überladen; keine Möglichkeit, den Lastwagen zu wägen) hätte der Beschuldigte besonders vorsichtig sein müssen und keinerlei Risiko eingehen dürfen. Er hätte sicherstellen müssen, gewichtsmässig auf der sicheren Seite zu sein. Dies hat er nicht getan (er hätte beispielsweise den Baggerführer bitten kön- nen [und müssen], eine Schaufel Aushub wegzunehmen), weshalb ihm dieser Umstand als pflichtwidrige Unvorsichtigkeit zur Last zu legen ist.
Wenn die Verteidigung geltend macht, der Beschuldigte habe auf die Einschätzung des Baggerführers abstellen können (Urk. 18 Rz 10 und Rz 15; Urk. 30 Rz 10 und Rz 16), ist dem nicht zu folgen. Der Beschuldigte war der Fahrer des
Lastwagens und damit dafür verantwortlich, dass die höchstzulässigen Lasten nicht überschritten werden (so auch der Beschuldigte selbst in Prot. I S. 13). Auf einen sinngemässen Vertrauensgrundsatz kann sich der Beschuldigte in dieser Situation nicht berufen. Zudem akzeptierte der Baggerführer an jenem Tag offenbar diskussionslos, kein weiteres Material zu laden, als der Beschuldigte ihn darum bat (Prot. I S. 13). Eine irgendwie geartete Drucksituation für den Beschuldigten ist somit nicht zu erkennen. Einzuräumen ist zwar schliesslich (vgl. Urk. 18 Rz 15; Urk. 30 Rz 16), dass die Überladung mit den dem Beschuldigten zum Fahrtbeginn zur Verfügung stehenden Mitteln nicht feststellbar gewesen ist. Gerade deshalb hätte er aber besondere Vorsicht walten lassen müssen, weshalb dieser Umstand keine Möglichkeit den LKW zu wägen für die Beurteilung des Verhaltens des Beschuldigten irrelevant ist. Entscheidend ist, dass er realisierte, dass die Beladung sich im Grenzbereich des Zulässigen befand, weshalb er besonders vorsichtig hätte sein müssen.
Vor diesem Hintergrund kommt auch dem Umstand, ob es sich um eine blosse
Stichprobe bzw. Zufallskontrolle gehandelt hat der Polizist B.
einen
Anfangsverdacht hatte, keine Bedeutung zu (so aber die Verteidigung, Urk. 18 Rz 12 ff.; Urk. 30 Rz 12 ff.). Die Überlast war somit sowohl voraussehbar (der Beschuldigte stoppte den Baggerführer als dieser eine weitere Schaufel beladen wollte) als auch vermeidbar (der Beschuldigte hätte den Baggerführer um Entfernung von Aushub bitten können). Dem Beschuldigten ist daher vorzuwerfen, dass er beim Beladen seines Lastwagens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht die Sorgfalt hat walten lassen, wie es von ihm hätte erwartet werden dürfen. Damit hat sich der Beschuldigte mit der Vorinstanz - der fahrlässigen Missachtung des höchstzulässigen Betriebsgewichts bzw. der maximal erlaubten Achslast seines Fahrzeuges im Sinne von Art. 96 Abs. 1 lit. c SVG in Verbindung mit Art. 100 Ziff.
1 SVG sowie in Verbindung mit Art. 29 SVG, Art. 30 Abs. 2 SVG und Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VRV schuldig gemacht.
Der gesetzliche Strafrahmen reicht vorliegend von Fr. 1.bis zu Fr. 10'000.- Busse (Art. 96 Abs. 1 SVG sowie Art. 102 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 103 und Art. 106 Abs. 1 StGB). Für den Fall des schuldhaften Nichtbezahlens der Busse ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten auszusprechen. Busse und Ersatzfreiheitsstrafe sind je nach den Verhältnissen des Täters so zu bemessen, dass dieser die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist (Art. 106 Abs. 2-3 StGB).
Die Vorinstanz erwog im angefochtenen Entscheid zu Recht, dass der Beschuldigte das maximal zulässige Betriebsgewicht bzw. die höchstens erlaubte Achslast seines Lastwagens mit 5.5% respektive 7.0% relativ geringfügig überschritten habe. Zwar sei der Beschuldigte, wie er selber ausgeführt habe, nicht unter Druck seitens seines Arbeitgebers, den Lastwagen möglichst voll zu beladen, gestanden. Indessen bestünden keine Hinweise darauf, dass der Beschuldigte aus egoistischen Gründen den Lastwagen überladen habe rücksichtslos gar leichtsinnig gehandelt habe. Vielmehr habe er sich einzig der offenbar üblichen Praxis angepasst, einen Lastwagen maximal zu beladen. Der Beschuldigte sei ein junger, aber gewissenhafter Berufschauffeur. Die Verletzung der Sorgfaltspflicht, seinen Lastwagen nicht zu überladen, müsse daher, ohne zu bagatellisieren, dem Beschuldigten mit Nachsicht vorgeworfen werden. Insgesamt betrachtet würde die objektive und subjektive Tatschwere sehr leicht wiegen (Urk. 16 S. 9).
Die durch die Vorinstanz ausgesprochene Busse von Fr. 400.erscheint angesichts dieser Erwägungen dem Verschulden und den Verhältnissen des Beschuldigten angemessen und ist auch unter Hinweis auf die vorinstanzlichen Ausführungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten (Urk. 16 S. 9 f.) zu bestätigen (Art. 82 Abs. 4 StPO). Anzumerken bleibt, dass der Ausfällung einer höheren Busse gegen den einzig appellierenden Beschuldigten ohnehin das Verbot der reformatio in peius entgegenstünde (Art. 391 Abs. 2 StPO). Zudem wurde
die Strafzumessung durch den Beschuldigten nicht auch nicht eventualiter beanstandet (Urk. 18; Urk. 30).
Ebenfalls zu bestätigen ist die vorinstanzliche Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen im Falle der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse (Urk. 16 S. 18; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffern 4 und 5) zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO).
Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen auferlegt (Art. 428 Abs. 1 StPO). Mit dem heutigen Urteil unterliegt der Beschuldigte mit seiner Berufung vollständig. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.sind daher dem Beschuldigten aufzuerlegen. Von der Zusprechung einer Parteientschädigung ist ausgangsgemäss abzusehen (Art. 429 Abs. 1 StPO e contrario).
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A.
ist schuldig der fahrlässigen Missachtung des
höchstzulässigen Betriebsgewichts bzw. der maximal erlaubten Achslast seines Fahrzeuges im Sinne von Art. 96 Abs. 1 lit. c SVG in Verbindung mit Art. 100 Ziff. 1 SVG sowie in Verbindung mit Art. 29 SVG, Art. 30 Abs. 2 SVG und Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VRV.
Der Beschuldigte wird mit einer Busse von Fr. 400.bestraft.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen.
Das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Dispositiv-Ziff. 4 und 5) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'000.-.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die erbetene Verteidigung (im Doppel für sich und den Beschuldigten)
das Statthalteramt Bezirk Bülach
die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an die Vorinstanz (unter Rücksendung der Akten).
Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtliche n Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Zürich, 30. August 2016
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. S. Maurer
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