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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SU130024: Obergericht des Kantons Zürich

Die Berufungsklägerin A. wurde wegen Verletzung der Verkehrsregeln und pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall schuldig gesprochen. Sie wurde mit einer Busse von 250 CHF bestraft, die sie zahlen muss. Bei Nichtzahlung droht ihr eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen. Die Gerichtskosten wurden ihr auferlegt. Die Entscheidung wurde vom Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, getroffen.

Urteilsdetails des Kantongerichts SU130024

Kanton:ZH
Fallnummer:SU130024
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU130024 vom 27.09.2013 (ZH)
Datum:27.09.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verletzung der Verkehrsregeln etc.
Schlagwörter : Beschuldigte; Polizei; Beschuldigten; Fahrzeug; Stadt; Berufung; Sinne; Vorinstanz; Schaden; Stadtrichteramt; Busse; Sachschaden; Sachverhalt; Unfall; Verkehr; Urteil; Meldepflicht; Verbindung; Kollision; Sachverhalts; Stoss; Recht; Geschädigte; Rückwärtsfahren; Feststellung; ügen
Rechtsnorm:Art. 102 SVG ;Art. 106 StGB ;Art. 17 VRV ;Art. 2 StGB ;Art. 36 SVG ;Art. 37 VRV ;Art. 398 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 51 SVG ;Art. 56 SVG ;Art. 56 VRV ;Art. 90 SVG ;Art. 92 SVG ;
Referenz BGE:117 IV 498; 122 IV 356; 125 IV 283; 138 IV 157; 83 IV 43; 85 IV 149; 90 IV 147; 90 IV 148; 91 IV 22;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SU130024

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU130024-O/U/rc

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, lic. iur. Burger und lic. iur.

Stiefel sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Oswald

Urteil vom 27. September 2013

in Sachen

A. ,

Beschuldigte und Berufungsklägerin verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Stadtrichteramt Zürich, Untersuchungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend Verletzung der Verkehrsregeln etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 1. Oktober 2012 (GC120250)

Strafverfügung:

Der Strafbefehl des Stadtrichteramts der Stadt Zürich vom 19. Januar 2011 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 2).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Die Einsprecherin ist schuldig

    • der Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung Art. 36 Abs. 4 SVG (Unvorsichtiges Rückwärtsfahren) sowie

    • des Pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG und Art. 56 Abs. 2 VRV (Nichtanhalten und Nichtgenügen der Meldepflicht).

  2. Die Einsprecherin wird bestraft mit einer Busse von 250.-.

  3. Die Busse ist zu bezahlen.

    Bezahlt die Einsprecherin die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

  4. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf Fr. 500.-. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  5. Die Gerichtskosten werden der Einsprecherin auferlegt. Über diese Kosten stellt die Bezirksgerichtskasse Zürich Rechnung.

Die Kosten des Stadtrichteramtes der Stadt Zürich von Fr. 851.- (Fr. 345.- Kosten gemäss Bussenverfügung vom 19. Januar 2011 sowie Fr. 506.- Untersuchungskosten) werden der Einsprecherin auferlegt. Über diese Kosten sowie die Busse von Fr. 250.stellt die Kasse des Stadtrichteramtes der Stadt Zürich Rechnung.

Berufungsanträge:

  1. des Verteidigers:

    (Urk. 24 S. 2 und Urk. 33 S. 2)

    1. Es sei das angefochtene Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung vom 1. Oktober 2012 (Geschäfts-Nr. GC120250) vollumfänglich aufzuheben;

    2. Die Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen;

    3. Es sei die Einsprecherin für das ganze Verfahren angemessen zu entschä- digen.

  2. des Stadtrichteramts:

    - - -

    -----------------------------------------------------

    Erwägungen:

    1. Prozessgeschichte

      Am 19. Januar 2011 wurde die Berufungsklägerin und Beschuldigte (fortan die Beschuldigte) A. mittels Strafbefehl des Stadtrichteramts der Stadt Zürich wegen unvorsichtigen Rückwärtsfahrens im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 4 SVG und Art. 17 Abs. 1 VRV sowie Nichtanhaltens und Nichtgenügens der Meldepflicht bei Unfall mit Sachschaden im Sinne von Art. 92 Abs. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG mit einer Busse von Fr. 250.bestraft (Urk. 2). Die Beschuldigte liess mit Eingabe vom 24. Januar 2011 fristgerecht Einsprache gegen den Strafbefehl erheben (Urk. 3 und 4) und hielt auch nach Abschluss der Untersuchung durch das Stadtrichteramt daran fest (Urk. 10). Mit Eingabe vom 13. August 2012 überwies das Stadtrichteramt die Akten ans Bezirksgericht Zürich mit dem Antrag, den Strafbefehl zu bestätigen und die Untersuchungskosten der Beschuldigten aufzuerlegen (Urk. 13).

      Im Rahmen der gerichtlichen Beurteilung wurde die Beschuldigte mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 1. Oktober 2012 der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 4 SVG (Unvorsichtiges Rückwärtsfahren) sowie des Pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG und Art. 56 Abs. 2 VRV (Nichtanhalten und Nichtgenügen der Meldepflicht) schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 250.bestraft (Urk. 23).

      Das Urteil wurde der Beschuldigten und dem Stadtrichteramt der Stadt Zürich am 12. November 2012 schriftlich in vollständiger Ausfertigung eröffnet

      (Urk. 18/1-2). Der Verteidiger reichte mit Eingabe vom 30. November 2012 fristgerecht die Berufungserklärung ein (Urk. 24). Da das vorinstanzliche Urteil weder mündlich noch schriftlich im Dispositiv eröffnet, sondern direkt in begründeter Form den Parteien zugestellt worden war, war eine Berufungsanmeldung nicht nötig (BGE 138 IV 157). Anschlussberufung wurde nicht erhoben (vgl. Urk. 25, Urk. 26/1).

      Mit Beschluss vom 14. Mai 2013 wurde das schriftliche Verfahren angeordnet und der Beschuldigten Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung angesetzt (Urk. 29). Die Berufungsbegründung der Beschuldigten erfolgte innert erstreckter Frist mit Eingabe vom 22. Juli 2013, mit dem Antrag, das vorinstanzliche Urteil sei vollumfänglich aufzuheben, die Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen und die Beschuldigte sei für das ganze Verfahren angemessen zu entschädigen (Urk. 33). Anschliessend wurde mit Präsidialverfügung vom

      24. Juli 2012 dem Stadtrichteramt Frist zur Einreichung der Berufungsantwort angesetzt und der Vorinstanz Gelegenheit zur freigestellten Vernehmlassung eingeräumt (Urk. 34). Es erfolgte innert Frist weder eine Berufungsantwort des Stadtrichteramts noch eine Vernehmlassung der Vorinstanz (vgl. Urk. 35/1, Urk. 35/3), weshalb androhungsgemäss von einem Verzicht auszugehen ist. Der Prozess erweist sich als spruchreif.

    2. Prozessuales

      Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO). Mit der Berufung bei Übertretungen können Fehler bei der Anwendung des anwendbaren materiellen formellen Rechts geltend gemacht werden, insbesondere des StGB und der StPO. Gerügt werden können sodann Überschreitungen und Missbrauch des Ermessens sowie Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, nicht aber blosse Unangemessenheit (Schmid, Handbuch StPO, N 1538). Soweit die Beweiswürdigung bzw. die Feststellung des (rechtmässig erhobenen) Sachverhalts gerügt wird, beschränkt sich die Überprüfung auf offensichtliche Unrichtigkeit, also auf Willkür (Hug in: Donatsch, Hansjakob, Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 398 N 23). Gerügt werden können damit nur klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, wobei zunächst an Versehen und Irrtümer, ferner an Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Beweislage und den Feststellungen im Urteil zu denken ist. In Betracht fallen sodann Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, vorab der StPO selbst beruht. Zu denken ist weiter an Fälle, in denen die an sich zur Verfügung stehenden Beweismittel offensichtlich ungenügend ausgeschöpft wurden, also der Sachverhalt unvollständig festgestellt und damit der Grundsatz der Wahrheitsforschung vom Amtes wegen missachtet wurde (Schmid, a.a.O., N 1538).

    3. Sachverhalt und rechtliche Würdigung
  1. Im Strafbefehl des Stadtrichteramts der Stadt Zürich vom 19. Januar 2011 wird der Beschuldigten vorgeworfen, sie sei am 14. Juli 2010 um 13.30 Uhr als Lenkerin des Personenwagens VW D Golf, ZH , am [Adresse] in Zürich

    unvorsichtig rückwärts gefahren, wobei es zur Kollision mit dem hinter ihr angehaltenen Personenwagen gekommen sei. Ferner sei sie nach dem Unfall weitergefahren, ohne dem Geschädigten Namen und Adresse bekanntzugeben unverzüglich die Polizei zu verständigen (Urk. 2).

  2. Die Vorinstanz hielt fest, es sei unbestritten, dass die Beschuldigte beim Rückwärtsfahren mit ihrem Fahrzeug dasjenige von B. touchiert habe. Zugunsten der Beschuldigten ging sie weiter davon aus, dass die Beschuldigte und B. aus ihren Fahrzeugen ausgestiegen seien und zusammen die Fahrzeuge begutachtet hätten. Sodann kam sie zum Schluss, dass sich die beiden über die Frage, ob das Fahrzeug von B. tatsächlich beschädigt worden sei, uneinig gewesen seien, ansonsten B. nachher nicht an das Fahrzeugfenster der Beschuldigten geklopft und ihr gesagt hätte, dass er die Polizei holen möchte. Die Beschuldigte sei aber gleichwohl davongefahren, habe 20-30 Meter weiter vorne parkiert und sei schliesslich zu Fuss an eine Sitzung des C. gegangen. Schliesslich hielt die Vorinstanz fest, dass die Frage, ob das Fahrzeug von B. durch dieses Ereignis tatsächlich beschädigt worden sei, offen bleiben könne (vgl. Urk. 23 S. 5 f.).

  3. Die Verteidigung macht eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts betreffend Sachschaden geltend. Sie führte in ihrer Berufungsbegründung diesbezüglich aus, aus dem Polizeirapport und den Protokollen der Beschuldigten und von B. ergebe sich, dass ein Touchieren der beiden Fahrzeuge stattgefunden habe. Es sei nichts Aussergewöhnliches, dass sich zwei Fahrzeuge touchieren, insbesondere beim Parkieren in engen Parklücken. Alle Autos seien mit Stossfängern ausgestattet, welche zum Auffangen von Stössen konstruiert seien. Erst wenn ein Stoss eine gewisse Intensität übersteige, für welche die Konstruktion nicht ausgelegt sei und dadurch eine Überbeanspruchung des Stossfängers mit bleibender Deformation erfolge, entstehe ein Sachschaden im Sinne des Gesetzes. Nachdem die Beschuldigte und B. das Fahrzeug angeschaut hätten und ersichtlich geworden sei, dass kein Sachschaden entstanden sei, habe sich die Beschuldigte wieder ins Auto gesetzt und dieses ca. 20 Meter weiter parkiert, um sich nachher zu Fuss an eine Sitzung zu begeben. Dies habe auch ermöglicht, dass die von B. herbeigerufene Polizei sowohl das Auto von B.

mit den angeblichen Schäden (Stossstange vorne rechts verschoben, Kratzer an Stossfänger vorne rechts ca. 18-50 cm ab Boden) als auch das Auto der Beschuldigten habe fotografieren können. Im Polizeirapport werde festgehalten, dass der an deren Fahrzeug hinten vorhandene Kratzer nichts mit dem von

B. geltend gemachten Schaden zu tun haben könne. Aus der Fotodokumentation sei sodann klar ersichtlich, dass die beiden Schäden am Auto von B. nicht von einer Kollision mit dem Heck des Autos der Beschuldigten stammen könnten. In der Einvernahme vom 21. Juni 2012 habe B. ausge-

sagt, es sei unter dem linken Scheinwerfer ein Kunststoffteilchen heruntergefallen und in der Stossstange hängen geblieben. Die Stossstange sei in der Halterung verschoben gewesen, was nicht als Schaden zu betrachten sei. Ob diese von

B. festgestellten Gegebenheiten überhaupt mit dem leichten Touchieren der Fahrzeuge der Beteiligten im Zusammenhang stehe, sei nicht geklärt worden. Mögliche Zeugen seien auch nicht erfasst worden. Aufgrund der feststehenden Sachlage und in Würdigung aller Umstände könne vorliegend nicht von einem Unfall im Sinne von Art. 51 Abs. 1 SVG ausgegangen werden, weil weder ein Personennoch ein Sachschaden vorgelegen sei (Urk. 33 S. 3 ff.). Denn ein Verkehrsunfall sei ein unvorhergesehenes plötzliches Ereignis, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem Strassenverkehr und seinen typischen Gefahren stehe und einen Sachschaden Personenschaden zur Folge habe, der nicht völlig belanglos sei (Urk. 33 S. 3).

B. hatte um ca. 13.40 Uhr die Polizei angerufen und noch während des Telefongesprächs einen Streifenwagen sowie einen Polizeibeamten, der zu Fuss unterwegs war, herbeigewinkt (Urk. 1/1 S. 5). Aus dem Polizeirapport vom

  1. uli 2010 ergibt sich, dass am Fahrzeug von B. ein Sachschaden festgestellt wurde. Es wurde festgehalten, dass die Stossstange vorne rechts verschoben war und sich Kratzer am Stossfänger vorne rechts, ca. 18-50 cm ab dem Boden, befanden; und der Schaden wurde auf ca. Fr. 250.geschätzt (Urk. 1/1 S. 3, vgl. auch Fotos in Urk. 1/3). Fast zwei Jahre nach dem Vorfall wurde B. vom Stadtrichteramt befragt. Er führte aus, es sei nur ein marginaler Schaden entstanden. Unter dem linken Scheinwerfer sei ein Kunststoffteilchen / eine schwarze Abdeckleiste heruntergefallen. Sodann sei die Stossstange in der Halterung verschoben worden, man habe sie nach dem Wegnehmen aber wieder richtig in der Halterung befestigen können. Insofern sei für ihn kein Schaden entstanden, d.h. nicht in Geldform. Dies habe er aber erst nachträglich feststellen können (Urk. 8 S. 1 ff.). Er habe den Beizug der Polizei gewollt (Urk. 8 S. 1 f. und S. 4).

    Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, gilt als Strassenverkehrsunfall jedes Ereignis, das geeignet ist, einen Personenoder Sachschaden hervorzurufen (vgl. Urk. 23 S. 8; BGE 122 IV 356 E. 3a). Selbst wenn der von der Polizei festgestellte Schaden am Fahrzeug von B. nicht durch die Kollision entstanden wäre und auch wenn B. im Nachhinein keinen Schaden geltend machte, so war ein Schaden zum Zeitpunkt der Kollision nicht auszuschliessen. Durch die - nicht bestrittene - Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen war ein Sachschaden durchaus naheliegend. Auch wenn die Beschuldigte angab, keinen Schaden festgestellt zu haben, trifft dies nicht auf B. zu. Dieser sah sich vielmehr veranlasst, die Polizei beizuziehen. Von der Polizei wurde am Fahrzeug von B. schliesslich auch ein Sachschaden festgestellt. Im Übrigen meldete sich auch die Beschuldigte um 13.55 Uhr bei der Einsatzzentrale (vgl. Urk. 1/1 S. 5), was die Vermutung nahelegt, dass auch sie die Verursachung eines Sachschadens nicht ganz ausschloss. Die Kollision war geeignet, einen Sachschaden hervorzurufen und es konnte nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass ein Sachschaden eingetreten ist, weshalb die Meldebzw. Benachrichtigungspflicht im Sinne von Art. 51 Abs. 3 SVG nicht entfiel (vgl. BGer 6P.56/2005 E. 5.1). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Feststellung der Vorinstanz, wonach offen bleiben könne, ob das Fahrzeug von B. durch das Ereignis tatsächlich beschädigt wurde, und unter diesen Umständen davon auszugehen sei, dass ein Unfall im Sinne von Art. 51 Abs. 1 SVG vorliege (vgl. Urk. 23 S. 5 f. und S. 8), offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich sein sollte.

    1. Weiter macht die Verteidigung eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und eine unrichtige rechtliche Würdigung betreffend unvorsichtiges Rückwärtsfah- ren geltend. Sie führte dazu aus, die Vorinstanz habe angenommen, die Beschuldigte habe mit ihrem Rückwärtsfahren B. den Vortritt genommen und sein Fahrzeug berührt und damit behindert. Es stehe jedoch fest, dass B. sein

      Fahrzeug hinter demjenigen der Beschuldigten angehalten habe und still gestanden sei. Das stillstehende Fahrzeug von B. habe in dieser Situation (Einbahnverkehr) weder Vortritt gehabt noch habe es durch das rückwärtsfahrende Fahrzeug der Beschuldigten behindert werden können, weil es sich gar nicht bewegt habe. Art. 36 Abs. 4 SVG beziehe sich auf rollenden Verkehr, welcher gegenüber demjenigen, der sich in den Verkehr einfügen, wenden rückwärts fahren wolle, vortrittsberechtigt sei. Der vorliegende Sachverhalt lasse eine solche Subsumierung nicht zu, weshalb der entsprechende Schuldspruch zu Unrecht erfolgt sei (Urk. 33 S. 5).

      Gemäss Art. 36 Abs. 4 SVG darf der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden rückwärts fahren will, andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.

      Entgegen der Auffassung der Verteidigung war B. durchaus vortrittsberechtigt, denn derjenige Lenker, der rückwärts fährt, ist immer vortrittsbelastet (BGE 117 IV 498 E. 6). Es ist nicht ersichtlich, wieso dies nur im rollenden Verkehr gelten sollte. Kommt hinzu, dass auf einer Einbahnstrasse ohnehin grundsätzlich nicht rückwärts gefahren werden darf (vgl. Art. 37 Abs. 3 VRV). B. stand mit seinem Fahrzeug still, weil er gesehen hatte, dass der Car am Rangieren war (Urk. 8 S. 3). Er beabsichtigte, weiterzufahren, sobald der Weg frei war. Selbst wenn er sich im Moment der Kollision nicht bewegt hatte, wurde er durch das Rückwärtsfahren der Beschuldigten bzw. die darauf folgende Kollision behindert, führte dies doch dazu, dass er aus dem Wagen aussteigen und sogar die Polizei rufen musste und nicht etwa einfach weiterfahren konnte. Die Vorinstanz würdigte das Verhalten der Beschuldigten damit zu Recht als unvorsichtiges Rückwärtsfahren im Sinne von Art. 36 Abs. 4 SVG und damit als eine Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Ziff. 1 aSVG.

    2. Schliesslich macht die Verteidigung eine unrichtige Sachverhaltsfest- stellung und eine unrichtige rechtliche Würdigung betreffend Nichtgenügen der Meldepflicht geltend. Diesbezüglich führte sie aus, auch wenn erstellt sei, dass die Beschuldigte ihre Personalien B. an Ort nicht explizit angegeben habe, so habe dieser auch nie geltend gemacht, sie danach gefragt sie erfolglos

      zur Bekanntgabe aufgefordert zu haben. Die Beschuldigte habe ihr Auto in unmittelbarer Nähe parkiert und alleine dadurch die Feststellung der Personalien ermöglicht. Es komme dazu, dass sie unmittelbar nach dem Vorfall, nämlich um

      13.55 Uhr selbst die Polizei angerufen, den Sachverhalt geschildert und ihre Personalien angegeben habe. Die Polizei sei um 13.40 Uhr vor Ort gewesen und nur 15 Minuten später habe die Beschuldigte aus eigener Initiative die Polizei über den Vorfall verständigt. Dieses Vorgehen entspreche der Vorschrift von Art. 51 Abs. 3 SVG, weshalb sich die Beschuldigte nicht der Verletzung der Meldepflicht schuldig gemacht habe. Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz in Ziff. 2.4 und

      2.5. des angefochtenen Entscheids sei nicht zutreffend. Anzumerken sei, dass die Polizei bei Bagatellsachschäden gar nicht ausrücke. Dass die Polizei an den Ort des Geschehens gekommen sei, sei bei dieser Ausgangslage aussergewöhnlich. Ein Mitwirken der Beteiligten sei unter diesen Umständen weder zwingend noch zu erwarten gewesen. Die Beschuldigte erfülle die Tatbestände von Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG und Art. 56 Abs. 2 VRV nicht (Urk. 33 S. 6).

      Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug ein Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen (Art. 51 Abs. 1 SVG). Ist nur Sachschaden entstanden, so hat der Schädiger sofort den Geschädigten zu benachrichtigen und Namen und Adressen anzugeben. Wenn dies nicht möglich ist, hat er unverzüglich die Polizei zu verständigen (Art. 51 Abs. 3 SVG). Will ein Geschädigter die Polizei beiziehen, obwohl keine Meldepflicht besteht, so haben die übrigen Beteiligten bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, bis sie von der Polizei entlassen werden (Art. 56 Abs. 2 SVG).

      Soweit eine Meldepflicht besteht, muss dieser sofort Folge geleistet werden,

      d.h. so rasch, als es die Umstände erlauben (BGE 83 IV 43), und ausserdem zuverlässig und vollständig (Name, Adresse des Schädigers, Art und Umfang des Schadens; BGE 91 IV 22). Insbesondere darf der Schädiger bei Abwesenheit des Geschädigten mit der Unfallmeldung nicht zuwarten, bis er diesen erreichen kann, sondern hat sich in einem solchen Fall sogleich an die nächste Polizeistelle zu wenden. In Fällen, in denen sich Erhebungen über den Unfallhergang, die Unfallopfer und die beteiligten Personen aufdrängen vom Geschädigten verlangt werden, ist es nötig, der Polizei ein rasches Eingreifen zu ermöglichen; erste Voraussetzung dazu ist aber eine unverzügliche Anzeige des Schadens. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann der Meldepflichtige nicht von sich aus entscheiden, weswegen es auch nicht ihm überlassen bleiben kann, den Zeitpunkt der Schadensmeldung zu bestimmen (BGE 85 IV 149). Der Schädiger hat Name und Adresse auch anzugeben, wenn der Geschädigte anwesend ist und den Schaden selbst feststellen kann (BGE 90 IV 147; vgl. auch BGE 125 IV 283; Giger, Komm. SVG, 7. Auflage 2008, Art. 51 N 11).

      Die Beschuldigte hat zwar nach der Kollision angehalten und ist kurz ausgestiegen, dann aber gleich weiter gefahren, um weiter vorne zu parkieren und dann zu Fuss an eine Sitzung zu gehen. Entgegen der Auffassung der Verteidigung reicht es nicht, dass die Beschuldigte ihr Auto in unmittelbarer Nähe parkiert und dadurch anhand ihrer Autonummer die Feststellung der Personalien ermöglicht hat. Vielmehr wäre sie verpflichtet gewesen, dem Geschädigten ihren Namen und ihre Adresse anzugeben. Denn auch wer Zeit und Gelegenheit hat, die Autonummer des am Zusammenstoss beteiligten Fahrzeugs abzuschreiben, muss sich nicht damit zufrieden geben, sondern hat Anspruch darauf, die Personalien des Schädigers zu erfahren. Es ist nicht Sache des Geschädigten, nach dem Namen und dem Wohnsitz des Beteiligten zu forschen (BGE 90 IV 148). Ausserdem hätte die Beschuldigte B. den Namen und die Adresse unaufgefordert mitteilen müssen (BGE 91 IV 22 E. 1), weshalb es entgegen der Auffassung der Verteidigung - unbedeutend ist, dass B. nie geltend gemacht hat, sie danach gefragt sie erfolglos zur Bekanntgabe aufgefordert zu haben. Die Beschuldigte ist ihrer Anhaltepflicht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 SVG nicht genügend und ihrer Meldepflicht im Sinne von Art. 51 Abs. 3 SVG nicht nachgekommen. Daran ändert auch nichts, dass sie 25 Minuten nach der Kollision, welche um 13.30 Uhr stattfand, die Polizei benachrichtigte. Denn es ist nicht in das Belieben des Schädigers gestellt, wann er dem Geschädigten die Personalien bekanntgeben will. Nach dem Gesetz hat er dieser Pflicht sogleich nachzukommen, mag der Schaden auch leichter Art sein (BGE 90 IV 148). Der Beschuldigten war es durchaus zumutbar, ihre Personalien dem Geschädigten sofort anzugeben.

      Entgegen der Auffassung der Verteidigung durfte ein Mitwirken der Beschuldigten durchaus erwartet werden. Dies nicht nur gestützt auf Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG, sondern darüber hinaus aufgrund von Art. 56 Abs. 2 VRV. B. hatte gemäss seinen glaubhaften Aussagen gegenüber der Beschuldigten gesagt, er möchte die Polizei beiziehen (vgl. Urk. 8), was auch von der Beschuldigten bestätigt wurde (vgl. Urk. 7 S. 2) und er dann auch getan hatte. Deshalb wäre die Beschuldigte verpflichtet gewesen, vor Ort zu bleiben und bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, bis sie von der Polizei entlassen worden wäre. Dabei konnte auch nicht etwa davon ausgegangen werden, dass die Polizei nicht an den Ort des Geschehens kommen würde. Denn wenn es ein Beteiligter verlangt, so hat die Polizei bei einem Verkehrsunfall den Tatbestand aufzunehmen (vgl. Art. 56 Abs. 1bis VRV).

      Die Vorinstanz hat das Verhalten der Beschuldigten zutreffend als pflichtwidriges Verhalten bei Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG und Art. 56 Abs. 2 VRV (Nichtanhalten und Nichtgenügen der Meldepflicht) gewürdigt.

    3. Zusammenfassend hat die Vorinstanz weder eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung noch eine unrichtige rechtliche Würdigung vorgenommen.

Am 1. Januar 2013 ist eine systematisch neue Fassung von Art. 90 Ziff. 1 aSVG und Art. 92 Abs. 1 aSVG in Kraft getreten (neu: Art. 90 Abs. 1 SVG und Art. 92 Abs. 1 SVG). Diese entspricht inhaltlich der alten Fassung, weshalb das alte Recht anzuwenden ist, da das neue Recht im konkreten Fall nicht milder ist (Art. 102 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und 2 StGB). Der Schuldspruch der Vorinstanz ist somit zu bestätigen und die Beschuldigte ist der Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 4 SVG (Unvorsichtiges Rückwärtsfahren) sowie des Pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG und Art. 56 Abs. 2 VRV (Nichtanhalten und Nichtgenügen der Meldepflicht) schuldig zu sprechen.

IV.
  1. Die Vorinstanz hat den Strafrahmen und die Grundsätze der Strafzumessung korrekt dargelegt, worauf verwiesen werden kann (Urk. 23 S. 10).

  2. Das Tatverschulden der Beschuldigten wiegt leicht, ist sie doch nicht auf einer Strasse, sondern auf einem Parkplatz rückwärts gefahren, wobei sie nur langsam fuhr. B. ist sodann was er im Nachhinein feststellte kein nennenswerter Schaden entstanden. Einen erheblichen Schaden nahm die Beschuldigte auch nicht in Kauf. Nach der Kollision ist die Beschuldigte wenigstens kurz ausgestiegen und hat danach nicht allzu weit entfernt geparkt, wodurch wenigstens das Nummernschild ihres Fahrzeug lesbar war. Ihr ist sodann zugute zu halten, dass sie sich später noch bei der Polizei meldete.

    Was die Berechnung der Bussenhöhe anbelangt, kann ebenfalls auf die vorinstanzlichen Erwägungen (Urk. 23 S. 10) sowie auf die eingereichten Unterlagen zu den finanziellen Verhältnissen der Beschuldigten (Urk. 28/1-7) verwiesen werden. Die Beschuldigte erhält eine Rente von monatlich ca. Fr. 2'083.50 sowie Alimente in der Höhe von ca. Fr. 2'227.40 pro Monat (Urk. 28/1-4). Ihr Vermögen betrug im Jahr 2011 ca. Fr. 115'000.- (Urk. 28/7).

  3. Angesichts dieser finanziellen Verhältnisse sowie unter Berücksichtigung des Verschuldens der Beschuldigten erweist sich die von der Vorinstanz ausgesprochene Busse von Fr. 250.als angemessen. Die Beschuldigte ist folglich mit einer Busse von Fr. 250.zu bestrafen.

Gemäss Art. 106 Abs. 2 StGB spricht das Gericht im Urteil für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, eine Ersatzfreiheitstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten aus. In ständiger Praxis erscheint ein Umwandlungssatz von 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe pro Fr. 100.- Busse als angemessen. Im vorliegenden Fall ist deshalb eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen auszufällen.

V.
  1. Ausgangsgemäss ist das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 und

    5) zu bestätigen.

  2. In Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Beschuldigte unterliegt mit ihrer Berufung vollständig. Es sind ihr daher die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschuldigte ist schuldig

    • der Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 4 SVG (Unvorsichtiges Rückwärtsfahren) sowie

    • des Pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 aSVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG und Art. 56 Abs. 2 VRV (Nichtanhalten und Nichtgenügen der Meldepflicht).

  2. Die Beschuldigte wird mit Fr. 250.- Busse bestraft.

    Bezahlt die Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

  3. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 und 5) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'000.-.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beschuldigten auferlegt.

  6. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • den Verteidiger im Doppel für sich und zuhanden der Beschuldigten

    • das Stadtrichteramt der Stadt Zürich

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

  7. Rechtmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 27. September 2013

Der Präsident:

Oberrichter Dr. Bussmann

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Oswald

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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