Zusammenfassung des Urteils SR230011: Obergericht des Kantons Zürich
Der Fall handelt von einem Rechtsstreit zwischen Herrn A und der Firma B SA vor dem Gericht in Genf. Herr A war Administrator der Firma, wurde jedoch von einem anderen Aktionär, C, abgesetzt. A forderte die Annullierung dieser Entscheidung und beantragte die Ernennung eines Sonderprüfers, um die Finanzen der Firma zu überprüfen. Das Gericht lehnte den Antrag von A ab, da er nicht glaubhaft machen konnte, dass die Handlungen der Firma rechtswidrig waren. Die Gerichtskosten von 1200 CHF wurden A auferlegt, und er musste der Firma 1500 CHF für Auslagen und Mehrwertsteuer zahlen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SR230011 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 25.07.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Fahrlässige Körperverletzung etc. |
Schlagwörter : | Gesuchsteller; Revision; Urteil; Staatsanwaltschaft; Unfall; Verhalten; Tagessätze; Schuldfähigkeit; Recht; Befehl; Verfahren; Fahrerflucht; Sachen; Revisionsgesuch; Vereitelung; Massnahmen; Feststellung; Fahrunfähigkeit; Geldstrafe; Tagessätzen; Rechtsmittel; Urteils; Tatsachen; Bestrafung; Person; Gericht; Kantons |
Rechtsnorm: | Art. 19 StGB ;Art. 38 StReG ;Art. 410 StPO ;Art. 428 StPO ; |
Referenz BGE: | 120 IV 246; 130 IV 72; 137 IV 59; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SR230011-O/U/cwo
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz, Präsident, die Oberrichterinnen
lic. iur. M. Kn?sel und lic. iur. S. Fuchs sowie der Gerichtsschreiber MLaw L. Zanetti
Beschluss vom 25. Juli 2023
in Sachen
,
Gesuchsteller
verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X.
gegen
Gesuchsgegnerin
betreffend Fahrlässige Körperverletzung etc.
Erwägungen:
Der Gesuchsteller wurde aufgrund eines sich am 31. Oktober 2021 in der Stadt Zürich zugetragenen Auffahrunfalles mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 28. Juni 2022 wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, fahrlüssiger Körperverletzung, Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit und pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall [mit Personenschaden] schuldig gesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100 sowie einer Busse in Höhe von Fr. 1'300 bestraft (Urk. 2/2). Dieser Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom 12. Juni 2023 stellte der Gesuchsteller hierorts ein Revisionsgesuch und beantragte, der Strafbefehl vom 28. Juni 2022 sei aufzuheben und er sei mit maximal 60 Tagessätzen Geldstrafe zu bestrafen (Urk. 1). Die Staatsanwaltschaft nahm innert der ihr angesetzten Frist zum Revisionsgesuch Stellung und beantragt dessen Abweisung (Urk. 5). Der Gesuchsteller liess sich in der Folge erneut vernehmen und reichte mit Eingabe vom 14. Juli 2023 eine weitere Stellungnahme ein (Urk. 8). Diese Eingabe wurde der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis zugestellt (Urk. 9).
Theoretische Grundlagen
Die Revision Wiederaufnahme ist ein ausserordentliches Rechtsmittel, welches es erlaubt, rechtsKräftig erledigte Strafverfahren wieder aufzunehmen und den Fall so wieder neu zu beurteilen. Sie ist deshalb nur in engem Rahmen zulässig. Entsprechend streng sind die Voraussetzungen einer Revision, die nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn die Beweisunterlagen das Vertrauen in die Richtigkeit eines Urteils nachträglich durch schwerwiegende Tatsachen erschättert werden (BSK - HEER, N 4 und 9 zu Art. 410 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar, N 1 zu Art. 410 StPO). Die RevisionsGründe sind in Art. 410 Abs. 1 und 2 StPO abschliessend genannt.
Wer durch ein rechtsKräftiges Urteil beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen.
Revisionsrechtlich neu sind Tatsachen, wenn sie zur Zeit des Früheren Urteils zwar bereits bestanden haben, das Gericht zum Zeitpunkt der Urteilsfällung aber keine Kenntnis von ihnen hatte, sie ihm mithin nicht in irgendeiner Form zur Beurteilung vorlagen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2; 130 IV 72 E. 1; Urteile 6B_1353/2020
vom 22. Dezember 2020 E. 2.3.1; 6B_562/2020 vom 23. Juni 2020 E. 2.4; 6B_836/2016 vom 7. März 2017 E. 1.3.2). Die neuen Tatsachen müssen zudem erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils so zu erschättern, dass aufgrund des vern- derten Sachverhalts ein wesentlich milderes Urteil möglich ist (BGE 137 IV 59 E. 5.1.4; BGE 130 IV 72 E. 1; Urteile 6B_1353/2020 vom 22. Dezember 2020 E.
2.3.1; 6B_833/2020 vom 27. Juli 2020 E. 1.1). möglich ist eine änderung des Früheren Urteils aber nur dann, wenn sie sicher, höchstwahrscheinlich wahrscheinlich ist (BGE 120 IV 246 E. 2b; 116 IV 353 E. 5a; Urteile 6B_1353/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 2.3.1; 6B_14/2020 vom 20. April 2020 E. 3.3.1). Das Rechtsmittel der Revision steht nicht zur Verfügung, um rechtsKräftige Entscheide jederzeit infrage zu stellen Frühere prozessuale Versäumnisse zu beheben (BGE 130 IV 72 E. 2.2)
Der Gesuchsteller bringt in seinem Revisionsgesuch zusammengefasst vor, er sei zum Tatzeitpunkt im Oktober 2021 psychisch stark belastet gewesen, wobei ihm dies damals und auch bei Erlass des Strafbefehls noch nicht bewusst gewesen sei. Er leide seit seinem 8. Lebensjahr an einem Tinnitus, habe bis anhin aber nicht realisiert, welche psychologische Tragweite dieser Tinnitus für ihn habe. Erst im Winter 2022 habe er sich medizinische Hilfe geholt. Im Rahmen der medizinischen Abklärung habe sich ergeben, dass der Tinnitus bei ihm Depressionen ver- ursache und ihn in seiner Denk- und Leistungsfühigkeit beeinträchtige. Diesen Umstand habe er im Vorverfahren nicht geltend machen können, da er sich diesem selbst nicht in diesem Umfang bewusst gewesen sei. Gleichzeitig habe der Umstand aber Einfluss auf sein Verhalten am 31. Oktober 2021 gehabt. Konkret sei sein Verhalten vom 31. Oktober 2021 unter den genannten Umständen weniger schlimm zu beurteilen, da dieser im Lichte seines psychischen Leidens zu sehen sei. Ohne psychische Belastung hätte der Gesuchsteller nicht panisch bzw. ängstlich reagiert und den Tatort nicht verlassen und wäre beim Autofahren aufmerksamer gewesen. Dass Depressionen die Wahrnehmung der Betroffenen einschränke, ergebe sich auch aus dem eingereichten (Privat-)Gutachten von Prof. Dr. med. B. . Im ausgestellten Strafbefehl habe nicht beRücksichtigt werden könne, dass er zur Tatzeit nur teilweise fühig gewesen sei, das Unrecht seiner Tat einzusehen und gemäss dieser Einsicht zu handeln. Unter BeRücksichtigung von Art. 19 Abs. 2 StGB müsse eine Strafmilderung erfolgen. Eine Halbierung der Strafe sei angemessen und stelle eine wesentlich mildere Bestrafung dar.
Der Gesuchsteller weist abschliessend darauf hin, dass er sich einbürgern lassen wolle, wobei Bewerber nicht als erfolgreich integriert gelten würden, wenn im Strafregister (Behördenauszug gemäss Art. 38 StReG) eine Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen eingetragen sei. Jede Reduktion der Strafe um 30 mehr Tagessätze sei im vorliegenden Fall daher eine wesentlich mildere Bestrafung (Urk. 1).
Die Staatsanwaltschaft hält diesen Ausführungen im Wesentlichen entgegen, für die Gutheissung eines Revisionsbegehrens Müssten die neu vorgebrachte Tatsachen Beweismittel eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten Person herbeiführen können. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da dem Gesuchsteller gemäss eingereichtem Gutachten bloss hinsichtlich der Fahrerflucht eine leichtgradige Minderung der Schuldfühigkeit attestiert werde. Das Fahren in fahrunfähigem Zustand und die Auffahrkollision, aus welcher die Fahrlässige Körperverletzung resultiert sei, könne nicht mit dem diagnostizierten sTürungsbe- dingten Hemmungsverlust in Zusammenhang gebracht werden. Die hinsichtlich des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall und der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit infolge der leichtgradigen Verminderung der
Schuldfühigkeit vorzunehmende Strafminderung könne sich auch in Anbetracht der Strafmassempfehlungen der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich maximal im Bereich von 5 bis 10 Tagessätzen bewegen (Urk. 5).
Im vom Gesuchsteller eingereichten psychiatrischen Privatgutachten vom
12. April 2023 von Prof. Dr. med. B. wird festgehalten, die am 30. Oktober [2021] bestehende Alkoholisierung habe keine Auswirkungen auf die Schuldfühigkeit gehabt. Allerdings habe die depressive Symptomatik und insbesondere die damit in Verbindung stehende Neigung zu hypochondrischer Selbstbeobachtung und Panikattacken die Fahrerflucht begünstigt. Aus psychiatrischer Sicht sei bezüglich der Fahrerflucht von einem sTürungsbedingten Hemmungsverlust auszugehen, der eine leichtgradige Minderung der Schuldfühigkeit zur Folge gehabt habe (Urk. 3/2).
Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ausführt, wurde gutachterlich nur hinsichtlich der Fahrerflucht eine leichtgradige Verminderung der Schuldfühigkeit festgestellt. Entsprechend könnte das neu eingereichte Gutachten nur hinsichtlich der Strafzumessung in Bezug auf das pflichtwidrige Verhalten bei Unfall und die Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit Auswirkungen haben. Wenn der Gesuchsteller in seiner Gesuchsreplik vorbringen lässt, das strafbare Verhalten im vorliegenden Fall sei als Ganzes zu sehen und könne nicht in zwei Teilbereiche vor und nach dem Unfall aufgeteilt werden (Urk. 8), so widerspricht dies eindeutig den gutachterlichen Einschätzungen, gemäss welchen nur hinsichtlich des (Flucht-)Verhaltens nach dem Unfall eine verminderte Schuldfähigkeit erkannt werden könne. Würtlich führte der Gutachter aus: Aus psychiatrischer Sicht ist bezüglich der Fahrerflucht von einem sTürungsbedingten Hemmungsverlust auszugehen, der eine leichtgradige Minderung der Schuldfühigkeit zur Folge hatte (vgl. Urk. 3/2 S. 22; Hervorhebung hinzugefügt). Der Gutachter führte zur Begründung dieser Schlussfolgerung insbesondere aus, dass die Situation nach dem Unfall auch unter normalpsychologischen Gesichtspunkten belastend sei, der Gesuchsteller unter Einfluss seiner bereits vorbestehenden ängste und Befürchtungen nochmals unruhiger bis panischer reagiert habe. Der Gesuchsteller habe plausibel eine überforderung in dieser Situation und den daraus folgenden Fluchtimpuls beschrieben. Die zum Unfallzeitpunkt noch unerkannte und daher auch unbehandelte depressiv-?ngstliche Symptomatik stelle einen über die Verdeckungstendenzen hinausreichenden Verstehenshintergrund für die Fahrer- flucht dar (Urk. 3/2 S. 20 f.; Hervorhebung hinzugefügt). Dass darüber hinaus auch hinsichtlich des Auffahrunfalles an sich und des vorangehenden Fahrens unter Alkoholeinfluss eine verminderte Schuldfühigkeit vorgelegen habe, ergibt sich aus den gutachterlichen Ausführungen indessen nicht.
Nachdem aber auch hinsichtlich der Fahrerflucht (pflichtwidriges Verhalten bei Unfall [mit Personenschaden] und Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit) bloss eine leichtgradige Verminderung der Schuldfühigkeit festgestellt wurde, könnte diese auf die für alle vier Delikte auszusprechende Gesamtstrafe nur marginale Auswirkungen haben. Bereits das Fahren in fahrunfähigem Zustand mit einem Mindestatemalkoholgehalt von 0.8 mg/l wird regelmässig mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen mehr bestraft (vgl. die Strafmassempfehlungen der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 27. Mai 2022). Gründe, die in Bezug auf dieses Delikt eine besonders tiefe Sanktion rechtfertigen könnten, sind entgegen der Argumentation der Verteidigung (Urk. 8) vorliegend nicht ersichtlich. Diese Strafe ist zudem aufgrund der einfachen Körperverletzung, des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall und der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit zu Erhöhen. Die von der Verteidigung beantragte Reduktion der Gesamtstrafe auf 60 Tagessätze Geldstrafe erscheint ebenso wie eine Reduktion auf 90 Tagessätze, was immerhin eine Reduktion um einen Viertel bedeuten würde, ausserhalb des Vertretbaren. Das neu eingereichte Gutachten stellt somit zwar ein neues Beweismittel dar, ist aber nicht geeignet, eine wesentlich mildere Bestrafung des Gesuchstellers herbeizuführen. Es liegt demnach kein Revisionsgrund gemäss Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO vor.
4. Das Revisionsbegehren des Gesuchstellers ist daher abzuweisen.
Gemäss Art. 428 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind entsprechend ausgangsgemäss dem Gesuchsteller aufzuerlegen. Die Gerichtsgebühr ist praxisgemäss auf Fr. 1'000.öfestzusetzen.
Anspruch auf Entschädigung seines erbetenen Verteidigers hat der Gesuchsteller bei diesem Verfahrensausgang nicht.
Es wird beschlossen:
Das Revisionsgesuch des Gesuchstellers vom 12. Juni 2023 wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Revisionsverfahren wird festgesetzt auf Fr. 1'000.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden dem Gesuchsteller auferlegt.
Schriftliche Mitteilung an
die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Gesuchstellers
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl
sowie nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist resp. Erledigung Allfälliger Rechtsmittel an
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (unter Rücksendung der Akten).
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebe- nen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 25. Juli 2023
Der Präsident:
lic. iur. Ch. Prinz
Der Gerichtsschreiber:
MLaw L. Zanetti
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