Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SF220007 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 30.08.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ausstandsbegehren |
Zusammenfassung : | In dem Fall BEK 2019 32 - Pfändung (Wohnsitz) ging es um A.________, der Beschwerdeführer, gegen den Betreibungskreis Altendorf Lachen, den Beschwerdegegner. Der Beschwerdeführer versuchte nachzuweisen, dass sein Wohnsitz neu in Wien war, um eine Pfändung zu verhindern. Das Gericht entschied jedoch, dass er nicht ausreichend Beweise für seinen Wohnsitzwechsel vorgelegt hatte und wies die Beschwerde ab. Der Betrag der Gerichtskosten betrug CHF 0, und die Person, die verloren hat, war männlich. Der Richter, der den Fall entschied, war Dr. Urs Tschümperlin. |
Schlagwörter : | Gesuchsteller; Gesuchstellers; Staatsanwaltschaft; Spruchkörper; Daten; Geschäft; Geschäfts; Akten; Kammer; Ausstand; Anwalts; Verfahren; Anwaltskorrespondenz; Geschäfts-Nr; Oberrichter; Verfahren; Bundesgericht; Ausstandsbegehren; Privatkläger; Eingabe; Akteneinsicht; Beschwerdeverfahren; Beschlagnahme; Beschluss; Verfügung; Kantons; Unterlagen; Urteil; Beschwerden |
Rechtsnorm: | Art. 264 StPO ; Art. 56 StPO ; Art. 58 StPO ; Art. 81 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SF220007-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz, Präsident, lic. iur. S. Volken und lic. iur. R. Faga sowie die Gerichtsschreiberin MLaw T. Künzle
Beschluss vom 30. August 2022
in Sachen
Gesuchsteller
verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
Gesuchsgegner
betreffend Ausstandsbegehren
Erwägungen
Ausgangslage
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich (nachfolgend Staatsanwaltschaft) führt gegen den Gesuchsteller eine Strafuntersuchung wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Am 9. November 2018 fand deswegen in der Liegenschaft an der B. -strasse ... in … Zürich eine Hausdurchsuchung statt, wobei die Kantonspolizei u.a. ein Notebook Toshiba des Gesuchstellers sicherstellte sowie eine Datensicherung ab dem Gmail-Konto des Gesuchstellers vornahm. Gemäss Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 25. Juni 2019 wurden Daten, die ursprünglich auf dem Notebook Toshiba und auf dem Gmail-Konto des Gesuchstellers gespeichert gewesen seien, beschlagnahmt, wobei Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen gemäss Stichwortliste der Verteidigung des Gesuchstellers vom 20. Mai 2019 aussortiert worden seien. Nebst den elektronischen Daten stellte die Kantonspolizei auch diverse Schriftstücke mit Bezug zur Vermögensverwaltungstätigkeit des Gesuchstellers sicher (vgl. zum Ganzen Urk. 10/56/3/2). Gegen die Beschlagnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft vom 25. Juni 2019 erhob der Gesuchsteller Beschwerde bei der III. Strafkammer des Obergerichtes (nachfolgend III. Strafkammer). Mit Beschluss der III. Strafkammer vom 11. November 2019 wurde diese Beschwerde des Gesuchstellers (Geschäfts-Nr.: UH190196) abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde (Urk. 10/56/23). Mit Urteil des Bundesgerichtes vom 22. Juli 2020 wurde auf eine vom Gesuchsteller dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen nicht eingetreten und namentlich festgehalten, dass die Staatsanwaltschaft Anwalts- und persönliche Korrespon- denz ausgesondert habe. Sie habe Geschäftsunterlagen beschlagnahmt. Der Umstand, dass diese Geschäftsunterlagen Eingang in die Akten finden, verursache dem Beschwerdeführer (= Gesuchsteller im vorliegenden Verfahren) keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur (Urk. 10/56/46).
Mit Verfügung vom 2. Dezember 2021 lehnte die Staatsanwaltschaft die Anträge des Gesuchstellers betreffend Einschränkung der Akteneinsicht der Privatkläger mit der Begründung ab, dass die Verfügungen der Staatsanwaltschaft vom 5. Juli 2019 und 21. August 2019, worin die Geschädigten C. , D.
und E. Company als Privatkläger zugelassen worden seien und ihnen vollständige und uneingeschränkte Akteneinsicht gewährt worden sei, rechtskräftig geworden seien. Das Bundesgericht habe mit Urteil vom 25. August 2021 die Beschwerde des Gesuchstellers gegen die Obergerichtsbeschlüsse (betr. Geschäfts-Nr.: UH190217 und UH190262) in diesem Zusammenhang abgewiesen (Urk. 10/9/4).
Mit Eingabe vom 16. Dezember 2021 liess der Gesuchsteller sodann eine Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 2. Dezember 2021 betreffend Modalitäten der Akteneinsicht der Privatkläger erheben (Geschäfts-Nr. UH210442) und rügte u.a., dass bereits im Verfahren betreffend Aktenentfernung (Geschäfts-Nr.: UH210208) aufgezeigt worden sei, dass die Grobtriage der beschlagnahmten elektronischen Daten ungenügend gewesen sei, sodass nicht garantiert werden könne, dass Anwaltskorrespondenz vollständig ausgesondert worden sei, und dass aktenkundig keine Aussonderung der rein privaten Korrespondenz, ohne jeglichen Verfahrensbezug, vom Gmail-Konto des Gesuchstellers erfolgt sei (vgl. Urk. 10/8).
Die III. Strafkammer trat derweil mit Beschluss vom 24. Dezember 2021 auf die Beschwerde des Gesuchstellers gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 7. Juni 2021 betreffend Aktenentfernung (Geschäfts-Nr. UH210208) mit der Begründung nicht ein, dass sämtliche seiner Rügen bereits im Beschwerdeverfahren gegen die Beschlagnahmeverfügung vom 25. Juni 2019 hätten geltend gemacht werden können (vgl. Urk. 3/15).
Am 23. Februar 2022 erfolgte eine weitere Eingabe des Gesuchstellers bei der III. Strafkammer, wonach der Gesuchsteller nach Einsicht in die der Privatklägerschaft ausgehändigte Festplatte festgestellt habe, dass der elektronische Datenbestand seine gesamte Anwaltskorrespondenz sowie auch private Korrespondenz umfasse, wobei er auf das von ihm eingereichte IT-Forensische Gutachten von F. vom 21. Februar 2022 Bezug nahm (Urk. 10/38+39). Mit Verfügung vom 25. Februar 2022 hielt die III. Strafkammer dazu fest, dass sie einzig für die (prozessualen) Anträge im Zusammenhang mit der angefochtenen Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 2. Dezember 2021 betreffend Modalitäten der Akteneinsicht (Geschäfts-Nr.: UH210442) zuständig sei. Die neue Behauptung des Gesuchstellers, dass scheinbar der Privatklägerschaft auch Daten ausgehändigt worden sein sollten, von welchen selbst die Staatsanwaltschaft ausgegangen sei, dass diese ausgesondert worden seien, und dementsprechend gar nicht beschlagnahmt worden seien, gehe über das Beschwerdethema hinaus. Es handle sich um den Vollzug der bereits gewährten Akteneinsicht, wobei im Raum stehe, dass versehentlich ein vollständiger Datensatz samt ausgesonderter bzw. nicht beschlagnahmter Daten den Privatklägern (und dem Gesuchsteller) ausgehändigt worden sei. Die Beschwerdeinstanz sei nicht Aufsichtsbehörde der Staatsanwaltschaft und im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht für die Beurteilung resp. Aufklärung dieser Fragestellung zuständig. Auf den prozessualen Antrag des Gesuchstellers betreffend die Anweisung zur Vernichtung von Kopien durch die Privatklägerschaft sei folglich nicht einzutreten. Die Eingabe des Gesuchstellers vom 23. Februar 2022 samt Beilage (Gutachten von F. ; Urk. 10/38+39) wurde der Staatsanwaltschaft zugestellt (zum Ganzen Urk. 10/46).
Die Staatsanwaltschaft hielt in der Folge nach Erhalt der Eingabe des Gesuchstellers vom 23. Februar 2022 (Urk. 10/38+39) am 1. März 2022 fest, dass
aus dem Gutachten von F.
klar hervorgehe, dass sich Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen auf den am 7. Dezember 2021 ausgehändigten Daten befänden. Insgesamt bestehe der konkrete Verdacht, das am 7. Dezember 2021 nicht beschlagnahmte Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen, bei- des Daten, die die Staatsanwaltschaft gelöscht haben wollte, an die Geschä- digtenvertreter ausgehändigt worden seien. Entsprechend seien die ausgehändigten Daten umgehend zu vernichten (Urk. 10/50).
Mit Eingabe vom 23. Februar 2022 stellte der Gesuchsteller sodann im Beschwerdeverfahren betreffend die Modalitäten der Akteneinsicht (Geschäfts-Nr. UH210442) ein Ausstandsbegehren gestützt auf Art. 57 lit. f. StPO gegen Oberrichter lic. iur. H. , Oberrichterin lic. iur. I. , Oberrichter lic. iur. J. sowie die Gerichtsschreiberin Dr. iur. K. bzw. gegen den Spruchkörper im genannten Beschwerdeverfahren (Urk. 2 und Urk. 3/1-17).
Gemäss Art. 59 Abs. 1 lit. c. StPO entscheidet das Berufungsgericht ohne weiteres Beweisverfahren und endgültig über ein Ausstandsbegehren, wenn die Beschwerdeinstanz einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind. Die I. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich ist folglich für die Beurteilung des vorliegenden Ausstandsbegehrens sachlich zuständig (§ 49 GOG/ZH).
Begründung des Ausstandsbegehrens
Ein Ausstandsbegehren ist zu begründen bzw. die den Ausstand begrün- denden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (Art. 58 Abs. 1 StPO).
Der Gesuchsteller beruft sich vorliegend auf den Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. f. StPO. Anlass für das Ausstandsbegehren sei einerseits die fehlende Rechtskontrolle durch den Spruchkörper, welcher zur Beschlagnahme und Herausgabe der Anwaltskorrespondenz und rein privater Daten des Gesuchstellers geführt habe, sowie andererseits die unsachlichen und den Gesuchsteller unnötig herabsetzenden Äusserungen des Spruchkörpers in zwei vom Gesuchsteller eingeleiteten Beschwerdeverfahren (Urk. 2 N 17).
Der Gesuchsteller lässt ausführen, er habe bereits im Beschwerdeverfahren betreffend die Beschlagnahmeverfügung (Geschäfts-Nr. UH190196) darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft vor der Beschlagnahme die bundesrechtlich vorgeschriebene Durchsuchung der sichergestellten Daten unterlassen habe und sich in den Akten sogar Anwaltskorrespondenz befinde. Der Spruchkörper sei im Beschluss vom 11. November 2019, mit welchem er die Beschwerde des Gesuchstellers abgewiesen habe, davon ausgegangen, es sei […] unbestritten, dass sie [die Staatsanwaltschaft] die Anwaltskorrespondenz und die persönliche Korrespondenz vorher aussortiert habe. Diese Feststellung sei aktenwidrig, was nun sogar gutachterlich belegt sei. Die Aussonderung der Anwaltskorrespondenz sei bereits damals nicht unbestritten gewesen. Der Spruchkörper habe sich schon damals nicht mit den Eingaben des Gesuchstellers auseinandergesetzt (Urk. 2 N 42 ff.). Der Gesuchsteller habe auch mit seinen weiteren Eingaben (vgl. Beschwerde vom 18. Juni 2021 betreffend Aktenentfernung, Wiedererwä-
gungsgesuch vom 1. Juli 2021 und Replik des Gesuchstellers vom 19. Juli 2021 im Geschäft UH210208) (Urk. 3/9-11) beim Spruchkörper keinerlei Gehör gefun- den. Obschon der Gesuchsteller den Spruchkörper mehrmals auf die fehlende Durchsuchung und fehlende Aussortierung hingewiesen habe, habe der Spruchkörper die wiederholten, wohlbegründeten Vorbringen des Gesuchstellers nie ernst genommen und stattdessen ohne eigene Prüfung immer einseitig auf die Behauptungen der Staatsanwaltschaft abgestellt. Dadurch habe sich der Spruchkörper seiner Aufgabe als Verfahrensgericht im vorliegenden Fall konsequent verweigert. Auch im Beschwerdeverfahren betreffend eine Sistierungsverfügung der Staatsanwaltschaft (Geschäfts-Nr. UH210360) habe sich der Spruchkörper in keiner Weise mit den Eingaben des Gesuchstellers auseinandergesetzt.
Der Spruchkörper habe ferner im Beschluss vom 25. Januar 2022 E. II. 2.4 (Geschäfts-Nr. UH210360) (Urk. 3/16) klar signalisiert, dass die Beschwerden des Gesuchstellers vom Spruchkörper als aussichtslos erachtet würden. Zudem wer- de ihm in der erwähnten Erwägung ein rechtsmissbräuchliches Verhalten unterstellt, indem behauptet werde, er versuche durch die Strafanzeige gegen G. wegen falschen Zeugnisses bzw. seiner Beschwerde gegen die Sistierungsverfügung betreffend das Strafverfahren gegen Herrn G. das Strafverfahren gegen ihn selbst zu erschweren. Der Spruchkörper habe dem Gesuchsteller bereits im Verfahren betreffend Aktenentfernung in unbegründeter sowie ungerechtfertigter Weise ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen unterstellt. Mit der neuen Unterstellung von unlauterem Verhalten bringe der Spruchkörper klar zum Ausdruck, dass er die Beschwerden des anwaltlich vertretenen Gesuchstellers nicht nur als aussichtlos, sondern auch als rechtmissbräuchlich taxiere und damit nicht unvoreingenommen sei (Urk. 2 S. 18 ff. N 63 ff.).
Stellungnahmen der betroffenen Mitglieder der III. Strafkammer
Die betroffenen Mitglieder der III. Strafkammer, Oberrichter lic. iur. H. , Oberrichterin lic. iur. I. , Oberrichter lic. iur. J. und die Ge-
richtsschreiberin Dr. K. men (Urk. 4-7).
haben zum Ausstandsbegehren Stellung genom-
Aus den Stellungnahmen lässt sich entnehmen, dass sich die genannten Mitglieder der III. Strafkammer im Verfahren betreffend Modalitäten Akteneinsicht UH210442 nicht befangen fühlten und weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen mitwirken könnten. Die Staatsanwaltschaft habe im Verfahren UH190196 betreffend Beschlagnahme vorgebracht, dass die Anwaltskorrespondenz und die privaten Unterlagen gemäss dem Ersuchen der Verteidigung des Gesuchtellers aussortiert worden seien. Auch das Bundesgericht habe im Urteil 1B_599/2018 vom 22. Juli 2020 festgehalten, dass laut Staatsanwaltschaft die Anwaltskorrespondenz und die persönlichen Daten ausgesondert worden seien. Selbst der Gesuchsteller habe im Verfahren UH210208 betreffend Aktenentfernung festgehalten, die Anwaltskorrespondenz sei ausgesondert worden. Nachdem die Staatsanwaltschaft den Privatklägern und hernach dem Gesuchsteller Einsicht in die beschlagnahmten Daten gegeben habe, habe sich herausgestellt, dass es bei der Datenaufbereitung der beschlagnahmten Daten zu einem Fehler gekommen sein könnte und ursprünglich ausgesonderte Daten vermutlich herausgegeben worden seien. Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin die Privatklägerschaft verpflichtet, bestimmte Daten zu vernichten. In diesem Zusammenhang sei nun das Beschwerdeverfahren UH220072 betreffend Vernichtung von Datenbeständen pendent. Die Staatsanwaltschaft habe im Rahmen der früheren Verfahren glaubhaft versichert, die Anwaltskorrespondenz sei ausgesondert worden. Der Spruchkörper, wie später auch das Bundesgericht, hätten sich auf die Zusicherung der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Datentriage verlassen dürfen.
Würdigung
Der Ausstandsgrund der Befangenheit aus anderen Gründen im Sinne von Art. 56 lit. f. StPO ist eine Auffangsklausel, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob bei problematischen Konstellationen der Ausgang des Verfahrens bei objektiver Betrachtung noch als offen erscheint nicht (BSK StPO-BOOG,
2. Aufl. 2014, Art. 56 N 38). Dies ist namentlich der Fall, wenn die betroffene Gerichtsperson wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei deren Rechtsbeistand befangen sein könnte. Darunter können zudem auch Äusserungen gegenüber den Parteien fallen. In einer Strafbehörde tätige Personen sind
grundsätzlich an das Gebot der Sachlichkeit gebunden und müssen die Parteien als Subjekt des Verfahrens behandeln. In diesen Zusammenhang gehören auch Äusserungen, mit welchen Parteien wichtige Zeugen ohne konkrete und einleuchtende Hinweise als unzuverlässig und unglaubwürdig bezeichnet der Falschaussage bezichtigt werden (BSK StPO-BOOG, a.a.O., Art. 56 N 54 ff.). Materielle prozessuale Rechtsfehler sind dagegen in erster Linie mit Rechtsmittelverfahren zu rügen und lassen sich grundsätzlich nicht als Begründung für eine Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters heranziehen. Solange sie nicht besonders krass sind und wiederholt auftreten, sodass sie einer schweren Amtspflichtverletzung gleichkommen, sich einseitig zu Lasten der Prozessparteien auswirken und eine auf fehlende Distanz und Neutralität beruhende Haltung offenbaren, begründen sie keinen hinreichenden Anschein der Befangenheit (BSK StPO-BOOG, a.a.O., Art. 56 N 59). Das Bundesgericht hielt zudem fest, dass ungeschickte Äusserungen als Ausstandsgrund nur in Frage kommen, wenn es sich dabei um eine schwere Verfehlung gegenüber der betroffenen Person handelt (Urteil des Bundesgerichts 1B_496/2019 vom 28. Februar 2020 E. 3.3). Nach der Praxis des Bundesgerichts sind Ausstandsgründe in der Regel in- nert etwa einer Woche geltend zu machen; ein Zuwarten während mehrerer Wochen ist hingegen nicht zulässig (Urteil des Bundesgerichts 1B_496/2019 vom 28. Februar 2020 E. 3.3 m.w.H.).
Vorweg ist festzuhalten, dass der Gesuchsteller u.a. vorbringt, der Spruchkörper habe sich im Beschluss vom 24. Dezember 2021 (Geschäfts-Nr. UH210208) (Eingang beim Gesuchsteller gemäss Stempel am 5. Januar 2022) unredlich geäussert und ihm ein rechtsmissbräuchliches Verhalten unterstellt. Ebenso sei ihm vom Spruchkörper im Beschluss vom 25. Januar 2022 (Geschäfts-Nr. UH210360) ein unlauteres Verhalten vorgeworfen worden. Erst rund einen Monat später wurde mit Eingabe vom 23. Februar 2022 (u.a.) deswegen ein Ausstandsbegehren gegen den Spruchkörper gestellt. Dieses zeitliche Zuwarten des Gesuchstellers ist nicht nachvollziehbar und lässt Fragen an der Zulässigkeit offen. Wie noch zu zeigen sein wird, ist das Ausstandsbegehren aber auch in der Sache selbst unbegründet, weshalb diese Frage vorliegend offen bleiben kann.
Den Ausführungen des Gesuchstellers, er habe bereits in seinen Beschwerden/Eingaben vom 8. Juli 2019 bzw. 16. Oktober 2020 (Geschäfts-Nr. UH190196 und UH190217) darauf hingewiesen, dass sich Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen in den Akten befinden, ist entgegenzuhalten, dass der Gesuchsteller selbst in der erwähnten Eingabe vom 8. Juli 2019 u.a. festhielt, dass die Einhaltung der Schranken der Beschlagnahme hinsichtlich der Anwaltskorrespondenz und privater Unterlagen (Art. 264 StPO) die Staatsanwaltschaft nicht davon entbinde, die weiteren Voraussetzungen der Beschlagnahme zu prüfen und einzuhalten (Urk. 3/5 S. 6 f. N 13). Ähnliches findet sich in der Eingabe des Gesuchtellers vom 16. Oktober 2020, wonach die Gewährung der unbeschränkten Akteneinsicht der Privatkläger trotz Aussonderung der Anwaltskorrespondenz und einiger privater Unterlagen in der vorliegenden Konstellation gegen Bundesrecht und das ergangene Bundesgerichtsurteil (Urteil 1B_599/2019 vom 22. Juli 2020) verstosse, da es den Missbrauch der Akteneinsicht nicht verhindere und den berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers (= des Gesuchstellers) in keinster Weise Rechnung trage (Urk. 3/8 S. 20 N 66 und S. 21 N 69). Entsprechend ist die Auffassung des Spruchkörpers in den Stellungnahmen zum Ausstandsbegehren zu teilen, dass die betroffenen Mitglieder der III. Strafkammer zum damaligen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen davon ausgehen durften, dass Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen unbestrittenermassen ausgesondert wurden. So hielt schliesslich auch das Bundesgericht im Urteil vom 22. Juli 2020 betreffend Beschlagnahme fest, dass die Staatsanwaltschaft Anwalts- und persönliche Korrespondenz ausgesondert und Geschäftsunterlagen beschlagnahmt habe (vgl. Urk. 10/56/46 S. 4), was die berechtigte Auffassung der betroffenen Mitglieder der III. Strafkammer stützt.
Die Beschwerde des Gesuchstellers vom 18. Juni 2021 betreffend Aktenentfernung (Geschäfts-Nr. UH210208) wurde in der Hauptsache mit den Rügen der fehlenden Aufklärung über das Aussage- und Mitwirkungsrechtsrecht des Gesuchstellers, der fehlenden notwendigen Verteidigung und des ungenügenden Durchsuchungsbefehls geführt (Urk. 3/9 S. 11 ff.). Die III. Strafkammer hielt wie schon erwähnt im Beschluss vom 24. Dezember 2021 dazu fest, dass der Gesuchsteller sämtliche dieser Rügen bereits im Beschwerdeverfahren gegen die
Beschlagnahmeverfügung vom 25. Juni 2019 hätte vorbringen können und trat deshalb auf die Beschwerde nicht ein (Urk. 3/15). Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Spruchkörper dadurch im vorliegenden Beschwerdeverfahren befangen sein soll.
Die Beschwerde des Gesuchstellers vom 16. Dezember 2021 (Geschäfts- Nr. UH210442) zielte sodann (lediglich) auf den Schutz vor Missbrauch des Akteneinsichtsrechts durch die Privatklägerschaft (Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 2. Dezember 2021), weshalb sich die III. Strafkammer für die Behandlung des prozessualen Antrags betreffend Vernichtung sämtlicher physischer und elektronischer Daten, welche an die Privatklägerschaft herausgegeben worden seien, als nicht zuständig erachtete (vgl. Urk. 10/46). Daraus ist auch keine Befangenheit im dargelegten Sinn abzuleiten. Die III. Strafkammer überwies mit Verfügung vom 25. Februar 2022 die Eingabe samt Beilage (Gutachten von F. ; Urk. 10/38 und Urk. 10/39) zuständigkeitshalber an die Verfahrensleitung bzw. die Staatsanwaltschaft, welche sodann mit Verfügung vom 1. März 2022 umgehend reagierte und die Privatklägerschaft u.a. verpflichtete, jegliche physischen und elektronischen Datenbestände, welche ihr am 7. Dezember 2021 ausgehändigt worden seien, unwiderruflich zu vernichten (vgl. zum Ganzen Urk. 10/50). Die Staatsanwaltschaft räumte dabei (sinngemäss) ein, dass ein Fehler bei der Aussonderung bzw. Triage geschehen sei bzw. der Verdacht dafür naheliege und die Gefahr bestehe, dass Art. 264 Abs. 1 lit. a. und b. StPO verletzt worden seien. Allein der Umstand, dass sich Entscheide Prozesshandlungen später als falsch erwiesen, begründet jedoch keinen Ausstandsgrund (Urteil des Bundesgerichtes 1B_186/2019 vom 24. Juni 2019 E. 5.1).
Nach dem Dargelegten sind keine (besonders krassen) prozessualen materiellen Rechtsfehler des Spruchkörpers ersichtlich bzw. substantiiert dargelegt worden. Auch die Ansicht des Gesuchstellers, seine Beschwerden seien nicht ernsthaft überprüft worden, vermag keinen Ausstandsgrund zu begründen. Ist der Gesuchsteller der Ansicht, die III. Strafkammer habe die Begründungspflicht nach Art. 81 Abs. 3 StPO verletzt, hat er dies in einem Rechtsmittelverfahren zu rügen (vgl. BSK StPO-B OGG, a.a.O., Art. 56 StPO N 59).
Zum Einwand des Gesuchstellers, der Spruchkörper habe ihm ein rechtsmissbräuchliches und unlauteres Handeln unterstellt und seine Beschwerden als aussichtslos betitelt, ist festzuhalten, dass sich die III. Strafkammer bzw. der Spruchkörper im Beschluss vom 25. Januar 2022 zur gerügten Verletzung des Beschleunigungsgebotes äusserte. In diesem Zusammenhang wurde festgehalten, dass aussichtlose Beschwerden der zügigen Durchführung des gegen den Gesuchsteller geführten Verfahrens nicht dienlich seien. Namentlich indem der Gesuchstellers einzelne Aussagen des Zeugen herauspicke und als falsche Aussagen zur Anzeige bringen, um auf diese Weise die Beurteilung der Vorwürfe im eigenen Strafverfahren zu erschweren (vgl. dazu Urk. 3/16 S. 8). Diese Ausführungen sind zwar gerade mit dem Hinweis auf den Terminus aussichtlose Beschwerden etwas pointiert, jedoch ausschliesslich auf die Rüge der Verletzung des Beschleunigungsgebots bezogen gewesen. Darin ist keine (besonders) krasse Fehlleistung des Spruchkörpers im Sinne einer besonderen Verfehlung zu erblicken. Der Spruchkörper hatte sich in der Vergangenheit wie gezeigt schon mit einigen Beschwerden des Gesuchstellers zu befassen, was notorisch zu einer gewissen Verzögerung bzw. Verlängerung des Strafverfahrens gegen den Gesuchsteller führt.
Die Ausführungen des Gesuchstellers vermögen nach dem Gesagten keinen Befangenheitsgrund im Sinne von Art. 56 lit. f. StPO zu begründen. Die Offenheit des Ausganges des Beschwerdeverfahrens betreffend die Modalitäten der Akteneinsicht (Geschäfts-Nr. UH210442) ist nach wie vor gegeben. Das Ausstandsbegehren des Gesuchstellers gegen Oberrichter lic. iur. H. , Ober-
richterin lic. iur. I. , Oberrichter lic. iur. J. Dr. K. ist demnach abzuweisen.
Kostenfolgen
und Gerichtsschreiberin
Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 59 Abs. 4 Satz 2 StPO). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 1'000.– festzusetzen. Für eine Prozessentschädigung an den Gesuchsteller besteht kein Raum.
Es wird beschlossen:
Das Ausstandsbegehren des Gesuchstellers gegen Oberrichter lic. iur.
H. , Oberrichterin lic. iur. I. , Oberrichter lic. iur. J. und Gerichtsschreiberin Dr. K. wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'000.–.
Die Kosten werden dem Gesuchsteller auferlegt.
Schriftliche Mitteilung an
die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Gesuchstellers
Oberrichter lic. iur. H.
Oberrichterin lic. iur. I.
Oberrichter lic. iur. J.
Gerichtsschreiberin Dr. K.
die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zur Kenntnisnahme
sowie nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist resp. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an die III. Strafkammer (Geschäfts Nr. UH210442, unter Rücksendung der Akten).
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 30. August 2022
Der Präsident:
lic. iur. Ch. Prinz
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw T. Künzle
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.