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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SF180003
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SF180003 vom 04.10.2018 (ZH)
Datum:04.10.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache Veruntreuung etc.
Zusammenfassung : Der Text beschreibt ein Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich, bei dem es um die Bildung einer Gesamtstrafe für einen Gesuchsteller geht, der wegen mehrfacher Veruntreuung verurteilt wurde. Es werden verschiedene Urteile und Verfahrensabläufe detailliert beschrieben, sowie die Argumente der Verteidigung und der Staatsanwaltschaften dargelegt. Letztendlich wird diskutiert, ob und wie eine Gesamtstrafe gemäss Art. 34 Abs. 3 StPO gebildet werden soll. Der Gesuchsteller hat beantragt, dass die Gesamtstrafe nachträglich festgelegt wird, um eine einheitliche Strafzumessung für alle begangenen Straftaten zu gewährleisten. Es wird erläutert, dass die Bildung einer Gesamtstrafe aufgrund rechtskräftiger Urteile erfolgen sollte und dass das Asperationsprinzip auch bei retrospektiver Konkurrenz angewendet werden muss. Es wird festgestellt, dass das Gericht die Grundstrafe nicht aufheben kann, um eine Gesamtstrafe zu bilden, sondern eine unabhängige Zusatzstrafe für die noch nicht abgeurteilten Delikte auszufüllen hat.
Schlagwörter : Gesuch; Urteil; Verfahren; Gesuchs; Gesuchsteller; Gesamtstrafe; Obergericht; Obergerichts; Kammer; Staatsanwalt; Bezirksgericht; Gericht; Staatsanwaltschaft; Kantons; Freiheitsstrafe; Recht; Bezirksgerichts; Urteile; Delikt; Vollzug; Delikte; Gesuchstellers; Asperation; Berufung; Einsatzstrafe; Veruntreuung; Zumessung; Asperationsprinzip
Rechtsnorm:Art. 1 EMRK ; Art. 166 StGB ; Art. 27 SVG ; Art. 29 BV ; Art. 29 StPO ; Art. 3 StPO ; Art. 30 BV ; Art. 34 StPO ; Art. 344 StGB ; Art. 350 StGB ; Art. 46 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 4a VRV ; Art. 50 StGB ; Art. 68 StGB ; Art. 89 StGB ;
Referenz BGE:108 IV 170; 123 IV 23; 127 IV 101; 129 IV 113; 132 IV 102; 132 IV 201; 135 IV 146; 137 IV 57; 138 IV 113; 138 IV 120; 141 IV 269; 141 IV 61; 142 IV 265;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SF180003-O/U/cwo

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. M. Langmeier, Präsident, Ersatzoberrichterinnen lic. iur. R. Bantli Keller und lic. iur. N. Kaiser Job sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. R. Bretscher

Urteil vom 4. Oktober 2018

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

  1. Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,

    vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber,

  2. Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis,

    vertreten durch Leitende Staatsanwältin lic. iur. C. Wiederkehr,

  3. Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich,

Abt. Gewaltdelikte, vertreten durch Leitenden Staatsanwalt Dr. M. Oertle,

Gesuchsgegnerinnen

alle drei vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber betreffend mehrfache Veruntreuung etc.

Gesuch um nachträgliche Gesamtstrafenbildung (Art. 34 Abs. 3 StPO) betreffend Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 23. Januar 2017 (SB160202), Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 7. Juli 2017 (SB170014), sowie Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 2. Abteilung, vom 29. Mai 2013 (DG120267)

Anträge:

(Prot. II S. 5 f.)

  1. Der Verteidigung des Gesuchstellers: (Urk. 37 S. 2)

    1. Das Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom

    23. Januar 2017 (SB160202) sei in Dispositiv Ziffer 1 und 2 neu wie folgt zu fassen:

    1. A. sei als Zusatz zum Urteil der 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 bzw. 19. Juni 2013 (DG120267; 41 Monate Freiheitsstrafe und Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.-) sowie zum Urteil der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2017 (SB170014; 10 Monate Freiheitsstrafe) mit einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten zu bestrafen, dies unter Anrechnung der bis heute von A. erstandenen Haft von 1147 Tagen auf die gesamte Strafe.

    2. Auf die Festsetzung einer Gerichtsgebühr sei zu verzichten.

    2. Die Kosten des vorliegenden Verfahrens, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.

  2. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 39 S. 1 f.)

  1. Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 sei bei einer allfälligen Bildung einer Gesamtstrafe unberücksichtigt zu lassen.

  2. Auf das Begehren des Gesuchstellers betreffend Festsetzung einer Gesamtstrafe betreffend die Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich vom

    23. Juli 2017 und 7. Juli 2017 sei nicht einzutreten.

  3. Eventualiter: Das Begehren sei abzuweisen.

  4. Subeventualiter 1: Es sei bezüglich der Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2017 und 7. Juli 2017 eine Freiheitsstrafe von 51 Monaten als Gesamtstrafe auszufällen.

  5. Subeventualiter 2: Es sei bezüglich der Urteile des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 und des Obergerichts Zürich vom 23. Januar 2017 und

    7. Juli 2017 eine Freiheitsstrafe von 90 Monaten und einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen auszufällen.

  6. Unter entsprechender Kostenauflage zulasten des Beschuldigten.

    Erwägungen:

    I.

    (Prozessgeschichte)

    1. Mit Eingabe vom 18. April 2018 liess A. (nachfolgend Gesuchsteller) beim Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, folgende Rechtsbegehren stellen:

  1. Aus den mit den Urteilen der I. und II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar und 7. Juli 2017 verhängten Freiheitsstrafen von 3 Jahren und 6 Monaten sowie 10 Monaten sei eine Gesamtstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten festzusetzen.

  2. Die Kosten des vorliegenden Verfahrens seien auf die Gerichts-

kasse zu nehmen, und A.

sei für seine Aufwendungen im

vorliegenden Verfahren eine angemessene Entschädigung zuzusprechen.

Gleichzeitig ersuchte er vorsorglich um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug für den Fall, dass eine Gesamtstrafe im beantragten Umfang ausgesprochen werde (Urk. 1 und 4).

2. Mit Präsidialverfügung vom 26. April 2018 wurde den Staatsanwaltschaften Zürich-Sihl und Limmattal/Albis Frist zur Stellungnahme zum Gesuch

angesetzt und den Parteien Frist angesetzt, um zu erklären, ob sie mit der schriftlichen Fortsetzung des Verfahrens einverstanden seien (Urk. 5). Nachdem die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis mitgeteilt hatte, dass der Leitende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl in Vertretung beider Untersuchungsbehörden eine Stellungnahme verfassen werde (Urk. 7 und 8), reichte dieser am

  1. ai 2018 die Vernehmlassung ein und stellte folgende Anträge (Urk. 10):

    1. Auf das Gesuch des Gesuchstellers betreffend Festsetzung einer Gesamtstrafe sei nicht einzutreten.

    2. Eventualiter sei aus den mit Urteilen der I. und II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2017 und 7. Juli 2017 verhängten Freiheitsstrafen von 3 Jahren und 6 Monaten sowie 10 Monaten eine Gesamtstrafe von 4 Jahren und 4 Monaten festzusetzen.

    3. Unter Kostenauflage zulasten des Gesuchstellers.

      Überdies liessen die Staatsanwaltschaften in prozessualer Hinsicht beantragen, das Gesuch um Entlassung des Gesuchstellers aus dem vorzeitigen Strafvollzug sei abzuweisen, und erklärten sich mit der schriftlichen Fortsetzung des Verfahrens ausdrücklich nicht einverstanden (Urk. 10). Die Verteidigung willigte demgegenüber in die schriftliche Fortsetzung des Verfahrens ein (Urk. 12). Im Weitern ersuchte die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis am 4. Juli 2018 darum, sie vom weiteren Verfahren zu dispensieren und inskünftig sämtliche Korrespondenz direkt an die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl bzw. an deren leitenden Staatsanwalt zu richten (Urk. 16). Bereits vorgängig hatte sich die Verteidigung damit einverstanden erklärt, dass das Gesuch um Entlassung des Gesuchstellers aus dem Strafvollzug einstweilen nicht zu behandeln sei (Urk. 4). Das Gesuch wurde schliesslich formlos erledigt (Prot. II S. 11).

      1. Am 6. Juli 2018 wurden die Parteien zur Verhandlung auf den 4. Oktober 2018 vorgeladen (Urk. 21).

      2. Mit Schreiben der I. Strafkammer vom 23. August 2018 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass auch bezüglich des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 eine Gesamtstrafensituation bestehe, was es an der

        Verhandlung zu bedenken gebe (Urk. 26). Am 11. September 2018 wurde die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich über den Verhandlungstermin in Kenntnis gesetzt und zur Verhandlung eingeladen (Urk. 27). Der Leitende Staatsanwalt der angeschriebenen Staatsanwaltschaft teilte daraufhin mit, dass im vorliegenden Verfahren auch ihre Interessen durch den Leitenden Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl wahrgenommen würden (Urk. 29). Schliesslich ersuchte der Gesuchsteller am 13. September 2018 um Bewilligung der amtlichen Verteidigung (Urk. 28), welchem Begehren am 24. September 2018 entsprochen wurde (Urk. 30).

      3. Zur Verhandlung, welche ordnungsgemäss durchgeführt werden konnte, erschienen der Gesuchsteller persönlich in Begleitung seines amtlichen Verteidigers sowie der Leitende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl als Vertreter aller involvierten Staatsanwaltschaften (Prot. II S. 5). Anlässlich der Verhandlung stellten die Parteien die eingangs erwähnten abgeänderten Anträge.

      4. Der Prozess ist spruchreif.

      II.

      (Zuständigkeit)

      1. Mit E-Mail vom 1. Oktober 2018 warf der Verteidiger des Gesuchstellers die Frage der Zuständigkeit der I. Strafkammer auf. Die schwerste Strafe im Sinne von Art. 34 Abs. 3 StPO sei von der 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich ausgesprochen worden und nicht vom Obergericht.

      2. Mit E-Mail vom 2. Oktober 2018 wurde dem Verteidiger seitens des Vorsitzenden mitgeteilt, dass sich die I. Strafkammer auch bei Miteinbezug des Urteils des Bezirksgerichts Zürich, 2. Abteilung, vom 29. Mai 2013 für das Gesuch um Festsetzung einer Gesamtstrafe als zuständig erachte, weil in diesem Zusammenhang gemäss Art. 34 Abs. 3 StPO nur die gleichartigen Strafen von Bedeutung seien. Nachdem die I. Strafkammer am 23. Januar 2017 eine Freiheitsstrafe von 42 Monaten ausgefällt habe, das Bezirksgericht Zürich, 2. Abteilung, am 29. Mai 2013 eine solche von 41 Monaten und die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich am 7. Juli 2017 schliesslich eine solche von 10 Monaten, sehe man die I. Strafkammer als das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat an. Die zusammen mit der Freiheitsstrafe vom Bezirksgericht Zürich seinerzeit ausgesprochene Geldstrafe von 120 Tagessätzen bilde nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens betreffend Gesamtstrafenbildung (Urk. 34).

      3. Anlässlich der heutigen Verhandlung wiederholte der Verteidiger seine Ansicht, es sei für die Frage der Zuständigkeit (und nicht für die Frage der Bildung einer Gesamtstrafe) von der effektiv ausgesprochenen Strafe auszugehen. Nachdem die 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich mit Urteil vom 29. Mai 2013 bzw.

  2. uni 2013 41 Monate Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.verhängt habe, wäre dieses Gericht zur Beurteilung des vorliegenden Gesuchs zuständig (Urk. 37 S. 3 f.).

4. Die Ansicht, welche das hiesige Gericht bereits vorgängig informell in der E-Mail vom 2. Oktober 2018 vertreten hat, erweist sich auch im Urteilszeitpunkt noch als zutreffend, weshalb die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich, und nicht das Bezirksgericht Zürich, zuständig ist für die Gesamtstrafenbildung. Die schwerste Strafe im Sinne von Art. 34 Abs. 3 StPO ist alleine unter den (gleichartigen) Strafen zu ermitteln, die für die konkrete Gesamtstrafenbildung in Frage kommen. Allfällige weitere, ungleichartige Strafen sind vom Gesuch um Gesamtstrafenbildung nicht berührt und entsprechend auch für die Zuständigkeitsfrage nicht von Bedeutung. Zwar ist es mit der Verteidigung richtig, dass dem Gesuchsteller so eine Instanz verloren geht (Urk. 37 S. 4). Allerdings nahm der Gesetzgeber dieses Resultat durch die konkrete Ausgestaltung der Regelung offensichtlich in Kauf.

III.

(Darstellung der drei involvierten Verfahren)

1. Zur Veranschaulichung der verschiedenen massgeblichen Verfahren und zum besseren Verständnis der Problematik seien nachfolgend die drei ineinandergreifenden Strafverfahren kurz dargestellt:

    1. Verfahren 1: Am 29. Mai 2013 sprach das Bezirksgericht Zürich den Gesuchsteller der qualifizierten Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 lit. c StGB, des mehrfachen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 4 und 7 in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a aBetmG und der Unterlassung der Buchführung im Sinne von Art. 166 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 41 Monaten, woran 82 Tage als durch Haft erstanden angerechnet wurden, sowie zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.- (Prozess-Nr. DG120267). Die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Delikte beging der Gesuchsteller gemäss Anklageschrift der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 9. August 2012 in der Zeit vom 19. Januar 2007 bis 27. Januar 2011.

    2. Gegen das Urteil erhoben der Gesuchsteller und die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich Berufung. Die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich schrieb das Berufungsverfahren mit Beschluss vom 28. Mai 2014 ab, nachdem der Gesuchsteller und die Staatsanwaltschaft ihre Berufungen am Vortag zurückgezogen hatten (Verfahren SB130423, Urk. 114).

    3. Auf die gegen diesen Abschreibungsentscheid vom Gesuchsteller erhobene Beschwerde in Strafsachen trat das Bundesgericht mit Urteil vom 30. Juli 2015 nicht ein, wies die Sache aber zur Klärung der Wirksamkeit des Berufungsrückzugs des Gesuchstellers bzw. der Gültigkeit des Widerrufs wegen Willensmängeln der Rückzugserklärung an die Vorinstanz zurück (SB130423, Urk. 121; BGE 141 IV 269).

    4. In der Folge eröffnete die II. Strafkammer des Obergerichts ein Geschäft betreffend Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens. Am 8. Februar 2017

wies sie das Gesuch um Wiederaufnahme ab (Urk. 18; SF150011). Die dagegen vom Gesuchsteller geführte Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht am 23. Mai 2018 ab, soweit es darauf eintrat (Urk. 19). Damit erwuchs das Urteil des Bezirksgerichts Zürich am 29. Mai 2013 nachträglich in Rechtskraft.

    1. Verfahren 2: Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 11. Februar 2016 wurde der Gesuchsteller wegen mehrfacher Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, grober Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 5 VRV und Art. 22 Abs. 1 SSV und Missbrauchs von Ausweisen und Schildern im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten, woran 99 Tage durch Haft erstanden angerechnet wurden, sowie zu einer unbedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 30.verurteilt. Von den Vorwürfen des Betrugs, dreier Veruntreuungen und des Vergehens gegen das Waffengesetz sprach das Bezirksgericht Zürich den Gesuchsteller frei. Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs einer früheren Freiheitsstrafe von zwei Monaten wurde verzichtet (SB160202, Urk. 104 S. 51 f.). Dieser Verurteilung lagen gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 24. Februar 2015 und Nachtragsanklage der gleichen Untersuchungsbehörde vom 4. Dezember 2015 Delikte zu Grunde, die der Gesuchsteller zwischen dem 4. Oktober 2011 und dem 20. April 2015 und damit teilweise vor der Verurteilung durch das Bezirksgericht Zürich vom 29. Mai 2013 (Verfahren 1) verübt hatte.

    2. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich erhob der Gesuchsteller am 3. März 2016 unter anderem in den Punkten der Strafzumessung und des unbedingten Strafvollzugs Berufung (SB160202, Urk. 105 und 115). Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl erhob ihrerseits Anschlussberufung und beantragte eine Erhöhung der Freiheitsstrafe auf 3 Jahre und 9 Monate (SB160202, Urk. 120).

    3. Mit Eingabe vom 15. Dezember 2016 ersuchte der Gesuchsteller um Abnahme der Vorladung zur Berufungsverhandlung vom 23. Januar 2017. Er wies darauf hin, er sei zwischenzeitlich, nämlich am 13. Dezember 2016, vom Bezirksgericht Zürich wegen Delikten, die vor dem Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom

      11. Februar 2016 begangen worden seien, verurteilt worden (Verfahren 3, nachfolgend). Das Berufungsverfahren in jenem Prozess sei ebenfalls hängig, und es seien die Taten der beiden Verfahren vor Obergericht gemeinsam zu behandeln. Zudem wies die Verteidigung auf das vor Obergericht pendente Verfahren betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (SF150011, Verfahren 1) hin (SB160202, Urk. 132). Mit Präsidialverfügung vom 3. Januar 2017 wurde sein Gesuch, die Vorladung abzunehmen und die Ausgänge der beiden anderen Verfahren abzuwarten, abgewiesen (SB160202, Urk. 139). Das Wiedererwägungsgesuch der Verteidigung vom 16. Januar 2017, worin diese geltend machte, die diversen gerichtlichen Verhandlungen vor Obergericht stellten eine unzumutbare Belastung für den Gesuchsteller dar, wurde ebenso abgewiesen (SB160202, Urk. 141 und 144).

    4. Mit Urteil vom 23. Januar 2017 erhöhte die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich das Strafmass auf 3 Jahre und 6 Monate, woran 446 Tage als durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden angerechnet wurden (SB160202, Urk. 157).

    5. Dieses Urteil focht der Gesuchsteller mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht unter Berufung auf die Problematik der retrospektiven Konkurrenz bezüglich der Straftaten in den verschiedenen hängigen Verfahren an (SB160202, Urk. 164/2). Mit Verfügung vom 29. März 2018 schrieb das Bundesgericht das Verfahren als gegenstandslos ab, hielt im Rahmen der summarischen Begründung der Prozesskosten aber fest, dass die Beschwerde voraussichtlich gutgeheissen worden wäre, weil die Begründung der Vorinstanz, der Gesuchsteller habe keinen Anspruch darauf, dass das Gericht den Zeitpunkt abwarte, bis alle Verfahren zusammen beurteilt werden könnten, um ein möglichst günstiges Strafmass zu erreichen, Art. 29 StPO widerspreche (SB160202, Urk. 190). Damit wurde das Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts vom 23. Januar 2017 rechtskräftig.

    1. Verfahren 3: Am 13. Dezember 2016 verurteilte das Bezirksgericht Zürich den Gesuchsteller gestützt auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom 30. September 2016 wegen mehrfacher Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziffer 1 Abs. 2 StGB und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe

      von 10 Monaten unbedingt (SB170014, Urk. 44). Die Straftaten beging der Gesuchsteller gemäss Anklage vom 30. September 2016 in der Zeit vom

      11. November 2014 bis 8. September 2015.

    2. Gegen dieses Urteil erhob der Gesuchsteller rechtzeitig Berufung bezüglich des Strafmasses und verlangte eine angemessene tiefere Freiheitsstrafe (SB170014, Urk. 46). Am 4. Juli 2017 stellte er Gesuche um Verschiebung der auf den 7. Juli 2017 anberaumten Berufungsverhandlung und Sistierung des Berufungsverfahrens, wobei er erneut auf die Problematik der retrospektiven Konkurrenz aufmerksam machte, und verlangte, es sei bezüglich aller Straftaten das Asperationsprinzip anzuwenden bzw. es seien die Straftaten gemeinsam zu beurteilen (SB170014, Urk. 58). Nachdem dem Verschiebungsgesuch nicht stattgegeben worden war, bestätigte die II. Strafkammer des Obergerichts mit Urteil vom 7. Juli 2017 das erstinstanzlich ausgesprochene Strafmass von 10 Monaten Freiheitsstrafe (SB170014, Urk. 66). Die Strafkammer erwog, das Sistierungsgesuch des Gesuchstellers sei aus prozessökonomischen Gründen abzuweisen, weil je nach Ausgang der pendenten bundesgerichtlichen Beschwerden in den beiden andern Verfahren eine unübersichtliche Situation entstehen könnte, was zu einer erheblichen Verzögerung führen würde. Erst nach rechtskräftiger Erledigung der hängigen gerichtlichen Verfahren bestehe Klarheit über die ausgefällten Strafen und den Gerichtsstand für ein allfälliges Nachverfahren gemäss Art. 34 Abs. 3 StPO, in welchem der Anspruch des Gesuchstellers auf Asperation durchgesetzt werden könne. Mangels rechtskräftiger Urteile könne derzeit keine Zusatzstrafe ausgefällt werden (SB170014, Urk. 66 S. 5 f. und 8). Das Urteil der II. Strafkammer des Obergerichts vom 7. Juli 2017 wurde mangels Ergreifung eines Rechtsmittels rechtskräftig.

5. Die vorstehende Darstellung zeigt, dass die Straftaten aller drei Verfahren ineinandergreifen und sich die Verfahren zeitlich überschneiden. So datieren die Straftaten des Verfahrens 2 in den Anklagepunkten ND 1, ND 3, ND 7, ND 15 teilweise ND 17 und ND 18 der Anklage vom 24. Februar 2015 sowie im HD der Nachtragsanklage vom 4. Dezember 2015 von vor dem Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 im Verfahren 1. Die Straftaten des Verfahrens 3 wiede-

rum wurden alle vor dem massgeblichen Urteil des Bezirksgerichts vom

  1. Februar 2016 im Verfahren 2 begangen.

    III.

    (Parteivorbringen)

    1. Der Gesuchsteller brachte in seinem schriftlichen Gesuch vom 18. April 2018 vor, er sei mit Urteilen der I. und II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar und 7. Juli 2017 mit Freiheitsstrafen von 3 ½ Jahren und 10 Monaten bestraft worden. Sei eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setze das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen habe, auf Gesuch der verurteilten Person gemäss Art. 34 Abs. 3 StPO eine Gesamtstrafe fest. Er habe wiederholt in der Untersuchung um Vereinigung der beiden Verfahren ersucht, was jedoch abgelehnt worden sei. Die dagegen erhobene Beschwerde sei vom Bundesgericht am

      29. März 2018 zwar als gegenstandslos abgeschrieben worden, weil das Urteil der II. Strafkammer zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen sei. Das Bundesgericht habe im Entscheid aber signalisiert, dass die Beschwerde hätte gutgeheissen werden müssen, weil die Vorinstanz mit ihrer Begründung gegen Art. 29 StPO verstossen habe. In prozessualer Hinsicht sei die I. Strafkammer zuständig, weil sie die schwerere Strafe ausgesprochen habe. Der Umstand, dass sich der Gesuchsteller bereits im vorzeitigen Strafvollzug befinde, stehe der nachträglichen Ausfällung einer Gesamtstrafe nicht entgegen. Das Gesetz sehe keine Frist zur Einreichung des Gesuchs vor. Überdies wäre eine Frist, wonach vor dem vorzeitigen Strafantritt um eine Gesamtstrafe ersucht werden müsse, unfair, weil sie denjenigen benachteiligen würde, der sich zum vorzeitigen Strafantritt entschieden habe. Inhaltlich gehe die Freiheitsstrafe von 10 Monaten vollständig in der Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten auf (Urk. 1).

    2. An der Berufungsverhandlung vom 23. Januar 2017 vor der I. Strafkammer des Obergerichts gab der Verteidiger im Verfahren 2 zu bedenken, es könne nicht angehen, dass das Gericht im letzten hängigen Verfahren noch schaue, was man bezüglich der Strafhöhe korrigieren könne. Es sei dann nicht

      möglich, das Ganze nochmals aufzureissen und eine Gesamtstrafe über alles zu bilden (SB160202, Urk. 156 S. 10).

    3. In seiner Beschwerde ans Bundesgericht gegen das Urteil des Obergerichts vom 23. Januar 2017 wies der Gesuchsteller ebenfalls auf die retrospektive Konkurrenz der im Urteil abgehandelten Straftaten mit denjenigen hin, welche Gegenstand des Berufungsverfahrens SB170014 und des Wiederaufnahmeverfahrens SF150011 waren. Er monierte, dass die drei Verfahren nicht aufeinander abgestimmt und die Straftaten gemeinsam beurteilt worden seien. Eine Beurteilung aller Delikte in einem einheitlichen Verfahren sei mit dem getrennten Vorgehen der Untersuchungsbehörde und der Gerichte verhindert und das Asperationsprinzip verletzt worden. Mit den gerichtlichen Vorgehensweisen seien Art. 49 StGB (Asperationsprinzip), Art. 29 Abs. 1 BV (Verbot der Rechtsverzögerung und Rechtsverweigerung), Art. 29 Abs. 2 BV (Rechtliches Gehör) sowie Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Art. 1 EMRK (faires Verfahren) missachtet worden (SB160202, Urk. 164/2).

    4. Überdies stellte der Gesuchsteller an der Berufungsverhandlung vom

      7. Juli 2017 im Verfahren 3 einen Sistierungsantrag und wies auf die drei verschiedenen rechtshängigen Verfahren hin (SB170014, Urk. 62). Es liege ein klarer Fall retrospektiver Konkurrenz im Sinne von Art. 49 Abs. 2 StGB vor, weshalb bezüglich aller Straften in den hängigen Verfahren das Asperationsprinzip anzuwenden sei. Der Gesuchsteller verlangte, dass alle gleichartigen Strafen in einem einheitlichen Prinzip der Strafschärfung beurteilt würden, unabhängig davon, ob die Verfahren getrennt geführt würden. Im Rahmen der Strafzumessung sei deutlich strafmindernd zu berücksichtigen, dass der Gesuchsteller durch die drei verschiedenen Strafverfahren unnötig belastet werde (SB170014, Urk. 62 S. 16 f.).

    5. An der heutigen Verhandlung liess der Gesuchsteller zunächst auch das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 (Verfahren 1) in seine Anträge mit einbeziehen. Ergänzend brachte die Verteidigung vor, es stelle sich die Frage, was mit einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 34 Abs. 3 StPO gemeint sei. Technisch weise dies auf Art. 49 Abs. 2 StGB hin, womit allerdings nur eine Zusatzstrafe gemeint wäre, was das Bundesstrafgericht im Entscheid SK.2014.30, Urteil

vom 9. Dezember 2014, auch ausspreche. Dies sei nach Ansicht der Verteidigung aber falsch, zumal ja eine Zusatzstrafe nur zu etwas ausgesprochen werden kön- ne, was bereits entschieden worden sei, und im vorliegenden Fall habe man gerade nichts, zu was etwas entschieden werden könnte. Richtig sei wohl allerdings, dass in die formelle Rechtskraft der Urteile anderer Gerichte auch durch das mit der Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB befasste Gericht - nicht eingegriffen werden könne. Mit einem Gesuch nach Art. 34 Abs. 3 StPO werde eigentlich das schwerste Urteil, hier also das Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2018, mit Bezug auf den Strafpunkt quasi in Revision gezogen. Letztlich müsse am Schluss eine Gesamtstrafe herausschauen, die den Gesuchsteller so stelle, wie wenn er von einem Gericht für alle Delikte bestraft worden wäre. Es sei dabei vorerst in Berücksichtigung aller drei Urteile für die dort festgestellten Schuldsprüche eine hypothetische Gesamtstrafe zu bestimmen. Sodann sei die von der 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich mit Urteil vom 29. Mai 2013 bzw. 19. Juni 2013 (DG120267) ausgesprochene Freiheitsstrafe von 41 Monaten (und die damit ebenfalls ausgesprochene Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.-) und die von der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2017 (SB170014) ausgesprochene Strafe von 10 Monaten Freiheitsstrafe in Abzug zu bringen. Das Ergebnis dieser arithmetischen Übung sollte dann der (Zusatz-)Strafe entsprechen, welche die mit Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2018 ausgesprochene Strafe ersetze (Urk. 37 S. 5 f.).

    1. Im Verfahren 2 lehnte der Leitende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl in seiner Vernehmlassung vom 29. Dezember 2016 zuhanden der

      1. Strafkammer des Obergerichts die prozessualen Anträge des Gesuchstellers auf Verschiebung der Berufungsverhandlung und Sistierung des Berufungsverfahrens aus prozessökonomischen Gründen ab, bemerkte aber, dass die zwischenzeitlich gegen den Gesuchsteller ergangenen Urteile in die strafrechtliche Beurteilung einzubeziehen seien und dieser nicht schlechter fahren dürfe, als wenn alles auf einmal beurteilt würde (SB160202, Urk. 138 und 138/A).

    2. An der Berufungsverhandlung vom 23. Januar 2017 vor der I. Strafkammer des Obergerichts führte der Leitende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl aus, für die Straftaten, die Gegenstand der drei laufenden Verfahren seien, sei ohne Weiteres eine Strafe von acht bis zehn Jahren angemessen. Die hiesigen Gerichte seien fähig, bezüglich des Strafrahmens ein faires Urteil zu fällen und zu berücksichtigen, dass der Gesuchsteller nicht härter bestraft werde, als wenn alles auf einmal zur Beurteilung stünde. Zudem habe es der Gesuchsteller selber zu verantworten, dass so viele Verfahren gegen ihn geführt würden. Die Gerichte in den andern Verfahren müssten später dem Asperationsprinzip Rechnung tragen (SB160202, Urk. 152 und 156 S. 10).

    3. In der Vernehmlassung vom 18. Mai 2018 im vorliegenden Verfahren stellen sich die Staatsanwaltschaften unter Berufung auf einen Teil der Lehre auf den Standpunkt, das Gesuch sei verspätet eingereicht worden, weil es vor Antritt des vorzeitigen Strafantritts hätte gestellt werden müssen. In materieller Hinsicht bringen sie vor, selbst wenn rückwirkend eine Gesamtstrafe zu bilden wäre, sei eine Strafreduktion um einen Viertel unbillig. Beide Instanzen hätten bei der Ausfällung der Strafen jeweils das andere Verfahren berücksichtigt und die Strafe entsprechend reduziert. Die Bildung einer Gesamtstrafe dürfe nicht zu einer doppelten Reduktion führen. Zudem würde bei der Bildung einer Gesamtstrafe unberücksichtigt bleiben, dass der Gesuchsteller während laufendem Verfahren erneut straffällig geworden sei. Für eine erhebliche Reduktion der Strafe bleibe folglich kein Raum (Urk. 10).

    4. An der heutigen Verhandlung machte der Leitende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl zudem zusammengefasst geltend, Art. 34 Abs. 3 StPO sei mit äusserster Zurückhaltung anzuwenden. Die Rechtssicherheit müsse immer auch berücksichtigt werden. Der Grundsatz laute, dass ein rechtkräftiges Urteil vollzogen werde, ausser es träten ganz eng umschriebene Revisionsgründe auf. Es stehe unserem Rechtsstaat nicht an, nach Belieben Urteile aufzuheben und Sachverhalte neu zu beurteilen die Folgen von Verurteilungen neu zu regeln. Von diesem Grundsatz sei ohne Not nicht abzuweichen. Vorliegend habe der Gesuchsteller zu verschiedenen Zeitpunkten delinquiert; die Bildung einer

Gesamtstrafe könne nicht ernsthaft zur Diskussion stehen. Weiter sei der Gesuchsteller mit seinem Gesuch zu spät gekommen. In der Lehre werde die richtige Auffassung vertreten, dass ein solches Gesuch höchstens bis zum Strafantritt des Vollzugs der Freiheitsstrafe gestellt werden könne. Das Begehren des Gesuchstellers werde mit Art. 34 Abs. 3 StPO begründet. Die Lehre äussere sich nur sehr spärlich zu dieser exotischen Bestimmung; auch eine klare Rechtsprechung zu diesem Thema existiere nicht. Der Entscheid des Bundesstrafgerichts könne nicht eins zu eins auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Dieser habe keine präjudizielle Wirkung und könne nicht zur Urteilsfindung herangezogen werden (Urk. 39 S. 2 ff.).

IV.

(Zum Gesuch um nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe im Einzelnen)

  1. Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat (Einsatzstrafe) und erhöht sie angemessen (Asperationsprinzip). Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Ausserdem ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (vgl. Art. 49 Abs. 1 StGB; u.a. BGE 132 IV 201, BGE 127 IV 101 E. 2b). Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (Art. 49 Abs. 2 StGB). Die Bestimmung will im Wesentlichen das in Art. 49 Abs. 1 StGB verankerte Asperationsprinzip auch bei retrospektiver Konkurrenz gewährleisten. Der Täter, der mehrere gleichartige Strafen verwirkt hat, soll nach einem einheitlichen Prinzip der Strafschärfung beurteilt werden, unabhängig davon, ob die Verfahren getrennt durchgeführt werden nicht (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2 S. 67; BGE 138 IV 113

    E. 3.4.1). Er soll trotz Aufteilung der Strafverfolgung in mehrere Verfahren gegen- über jenem Täter, dessen Taten gleichzeitig beurteilt wurden und der von dem für ihn relativ günstigen Prinzip der Strafschärfung profitierte, nicht benachteiligt und soweit als möglich auch nicht besser gestellt werden (BGE 132 IV 102, BGE 129

    IV 113 E. 1.1). Massgeblich für die Frage, ob retrospektive Konkurrenz vorliegt, ist das Datum des Ersturteils, auch wenn dieses später im Rechtsmittelverfahren reformiert worden ist (BGE 138 IV 113). Die Ausfällung einer Zusatzstrafe setzt voraus, dass das Urteil, mit welchem die Grundstrafe ausgefällt wurde, rechtskräftig ist (BGE 129 IV 113).

  2. Um dem Asperationsprinzip in den drei Verfahren Rechnung zu tragen, hätte mit Urteil des Obergerichts vom 23. Januar 2017 eine teilweise Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts vom 29. Mai 2013 und mit Urteil des Obergerichts vom 7. Juli 2017 eine Zusatzstrafe zum Urteil des Obergerichts vom 23. Januar 2017 ausgefällt werden müssen. Dies war indessen nicht zulässig, weil Rechtsmittelverfahren pendent waren und die beiden Grundstrafen im Zeitpunkt der neuen Verurteilungen noch nicht rechtskräftig feststanden. Folglich konnte dem in Art. 49 Abs. 2 StGB festgelegten Strafzumessungsgrundsatz der Asperation bei retrospektiver Konkurrenz in den bisherigen Urteilen nicht Rechnung getragen werden.

  3. Art. 34 Abs. 3 StPO bestimmt, dass das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe festsetzt, wenn eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden ist. Auch das Strafgesetzbuch hatte früher im 4. Titel Die kantonalen Behörden. Ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit. Rechtshilfe in Art. 350 Abs. 1-3 aStGB bzw. Art. 344 aStGB vorgesehen, dass, wenn jemand wegen mehrerer, an verschiedenen Orten verübter strafbarer Handlungen verfolgt wird, die Behörden des Ortes, wo die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat ver- übt worden ist, auch für die Verfolgung und die Beurteilung der andern Taten zuständig ist. Wenn die strafbaren Handlungen mit der gleichen Strafe bedroht seien, so seien die Behörden des Ortes zuständig, wo die Untersuchung zuerst angehoben worden sei (vgl. Art. 350 Abs. 2 aStGB resp. Art. 344 Abs. 1 aStGB). Schliesslich regelte Art. 350 Abs. 3 aStGB bzw. Art. 344 Abs. 2 aStGB, dass wenn jemand entgegen der Vorschrift über das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen (Art. 68 aStGB) von mehreren Gerichten zu mehreren Freiheitsstrafen verurteilt worden ist, das Gericht, das die schwerste Strafe ausge-

    sprochen hat, auf Gesuch des Verurteilten eine Gesamtstrafe festsetzt. Der neue Art. 34 StPO befindet sich nunmehr im 2. Abschnitt Besondere Gerichtsstände des 3. Kapitels Gerichtsstand der Strafprozessordnung und regelt damit wohl nach wie vor in erster Linie die örtliche Zuständigkeit zur Verfolgung und Beurteilung von Straftaten, die an verschiedenen Orten verübt wurden (vgl. u.a. BGE 108 IV 170 und BGE 123 IV 23 zu Art. 350 aStGB, BSK StPO II-GIUSEP NAY, 2003,

    Art. 350 N 1 ff.). Sinn und Zweck von Art. 34 Abs. 3 StPO dürfte mit Blick auf die ursprünglichen Regelungen im aStGB deshalb sein sicherzustellen, dass ein Beschuldigter, der von örtlich verschiedenen Gerichten verurteilt wurde, in den Genuss der Gesamtstrafenbildung gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB (bzw. Art. 68 aStGB) gelangt und nicht deshalb schlechter gestellt wird, weil (örtlich) verschiedene Gerichte seine Straftaten beurteilen (BSK StPO I-SAMUEL MOSER/ANNIA SCHLAPBACH, Art. 34 N 15).

  4. Der Gesuchsteller wurde vom Bezirksgericht Zürich und jeweils von jeder der beiden Berufungskammern des Obergerichts des Kantons Zürich als Rechtsmittelinstanzen verurteilt. Damit liegt zwar kein direkter Anwendungsfall von Art. 34 Abs. 3 StPO vor, weil nicht Urteile örtlich verschiedener Gerichte zu behandeln sind. Die Bestimmung ist indessen bei Urteilen verschiedener Instanzen analog anzuwenden, um dem aus Art. 49 Abs. 1 und 2 StGB fliessenden Anspruch des Gesuchstellers auf gemeinsame Beurteilung aller Delikte im Rahmen des Asperationsprinzips Rechnung zu tragen (vgl. ZHK StPO-F INGERHUTH/LIEBER, Art. 34 N 14). Anstelle einer Festsetzung von Zusatzstrafen zu früheren Urteilen ist folglich aus allen Freiheitsstrafen der drei Verfahren nachträglich gestützt auf Art. 34 Abs. 3 StPO eine Gesamtstrafe zu bilden.

  5. Art. 34 Abs. 3 StPO wie auch Art. 350 aStGB respektive Art. 344 aStGB

sieht keine Frist vor, innert welcher das Gesuch um Gesamtstrafe gestellt werden muss. Der teilweise in der Lehre vertretenen Auffassung, das Gesuch sei jedenfalls vor Beginn des Strafvollzugs zu stellen (SCHMID/JOSITSCH, StPO Praxiskommentar, 3. Auflage Art. 34 N 6; BSK StPO I-SAMUEL MOSER/ANNIA SCHLAPBACH, Art. 34 N 16), kann jedenfalls in der vorliegenden Konstellation - nicht zugestimmt werden. Art. 49 Abs. 1 StGB hält als wesentlichen Grundsatz

der Strafzumessung die Asperation fest. Dieses Strafzumessungsprinzip wird bei retrospektiver Konkurrenz durch Art. 49 Abs. 2 StGB sichergestellt. Keinem anderen Zweck dient Art. 34 Abs. 3 StPO bei Urteilen verschiedener Gerichte. Das Asperationsprinzip soll deshalb stets bei sich überschneidenden Strafverfahren angewendet werden. Der Gesuchsteller hat somit einen gesetzlichen Anspruch darauf, bei Urteilen verschiedener Gerichte nachträglich in den Genuss der asperierten Strafzumessung zu gelangen, und darf nicht härter bestraft werden als bei gemeinsamer Beurteilung aller Delikte. Eine Ausnahme von diesem Anspruch bzw. vom Grundsatz der Asperation für den Fall, dass die verurteilte Person den vorzeitigen ordentlichen Strafvollzug bereits angetreten hat, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut entnehmen, noch ergibt sich eine solche Ausnahme aus systematischen teleologischen Überlegungen. Es erschiene nicht zuletzt im Sinne von Art. 3 StPO unbillig und rechtsungleich, denjenigen, der seine Strafen eingesteht, zum vorzeitigen Strafantritt zugelassen wird und mit rechtskräftiger Verurteilung umgehend in den ordentlichen Strafvollzug übertreten kann, in der Strafzumessung schlechter zu behandeln als denjenigen, der den Beginn des Strafvollzugs bei rechtskräftigen Verurteilungen bis zum Entscheid über sein Gesuch um nachträgliche Gesamtstrafenbildung hinauszögert. Inwieweit allenfalls der Umstand, dass im Zeitpunkt des Gesuchs bereits alle Strafen verbüsst sind, dem Anspruch auf Gesamtstrafenbildung entgegenstehen könnte, muss vorliegend nicht geprüft werden. Weder hätte der Gesuchsteller heute die bislang ausgesprochenen Strafen bereits abgesessen, noch drohte wie nachstehend zu zeigen sein wird ein Übervollzug.

Dem Gesuchsteller wurde per 19. Februar 2016 der vorzeitige Strafantritt bewilligt (SB160202, Urk. 151 S. 2). Der Beginn des ordentlichen Vollzugs der Strafe gemäss Verfahren 2 erfolgte am 23. Januar 2017 (Urteilsdatum im Verfahren 2; SB160202, Urk. 168A; § 19 Abs. 2 Justizvollzugsverordnung, JVV). Gemäss aktuellem Vollzugsauftrag des Amts für Justizvollzug vom 26. September 2018 fällt das effektive Strafende aller in Vollzug gesetzten Strafen auf den

25. Juli 2023; zwei Drittel davon wird der Gesuchsteller am 1. Dezember 2020 abgesessen haben (Urk. 33). Der Gesuchsteller hatte sowohl vor als auch nach Antritt des ordentlichen Strafvollzugs wiederholt beantragt, es seien die Verfahren

aufeinander abzustimmen bzw. teilweise zu sistieren, um eine gemeinsame Beurteilung aller den drei Verfahren zugrunde liegenden Delikte zu erwirken. Auch wies er darauf hin, bei unterlassener Koordination der Verfahren später ein Verfahren gemäss Art. 34 Abs. 3 StPO anstrengen zu müssen. Diesen Hinweis hat schliesslich auch die II. Strafkammer des Obergerichts in ihr Urteil vom 7. Juli 2017 aufgenommen (SB170014, Urk. 66 S. 6). Auf das gleichsam schon lange angekündigte Gesuch des Gesuchstellers ist damit einzutreten.

    1. In Verfahren gemäss Art. 34 Abs. 3 StPO stellt sich die Frage des Umfangs der Kognition des die Gesamtstrafe bildenden Gerichts, weil die Gesamtstrafe ausschliesslich aufgrund rechtskräftig beurteilter Straftaten zu bemessen ist und die Kriterien der Strafzumessung damit bereits einmal gerichtlich gewertet und verbindlich beurteilt worden sind. Über welche Kognition das Gericht verfügt und wie eine solche Gesamtstrafe im Nachhinein zu bilden ist, kann weder dem Gesetzestext von Art. 34 Abs. 3 StPO den Materialien (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2206 S. 1142) noch der früheren Rechtsprechung Lehre zu Art. 350 aStGB (BSK StGB II-G IUSEP NAY, a.a.O., Art. 350 N 1 ff.) schlüssig entnommen werden. Es soll deshalb zur Lösungsfindung die neuere Rechtsprechung zur Kognitionsbefugnis bei Bildung der Zusatzstrafe und der in weiteren vom Gesetz vorgesehenen Gesamtstrafen kurz betrachtet und verglichen werden.

    2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erlaubt Art. 49 Abs. 2 StGB bei der Zusatzstrafe keine erneute Überprüfung der in Rechtskraft erwachsenen Grundstrafe. Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung unter Aufhebung des rechtskräftigen Ersturteils ist nicht zulässig, sondern es ist eine unabhängige Zusatzstrafe für die noch nicht abgeurteilten Delikte auszufällen (BGE 142 IV 265

      S. 268). Es ist deshalb nicht erlaubt, im Rahmen retrospektiver Konkurrenz die Grundstrafe aufzuheben und eine (nachträgliche) Gesamtstrafe für alle Taten auszusprechen (vgl. BSK StGB I-JÜRG-BEAT ACKERMANN, Art. 49 N 129 f.). Anders als bei Art. 46 Abs. 1 Satz 2 und Art. 89 Abs. 6 StGB hat der Gesetzgeber damit bei der retrospektiven Konkurrenz keine gesetzliche Grundlage geschaffen, um auf das rechtskräftige Urteil nachträglich zurückzukommen (BGE 142 IV 265

      S. 269, BGE 137 IV 57 E. 4.2.1, BGE 129 IV 113 E. 1.1). Das Gericht kann deshalb auch eine seines Erachtens falsche Grundstrafe eines früheren Gerichts nicht über die Zusatzstrafe korrigieren, auch wenn die Zusatzstrafe nach den zu Art. 49 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätzen zu bilden ist, ansonsten es in die Rechtskraft des Ersturteils eingreifen und statt einer Zusatzstrafe eine nachträgliche Gesamtstrafe ausfällen würde (BGE 142 IV 265 S. 270). Dagegen sehen Art. 46 Abs. 1 StGB (Widerruf des bedingten Strafvollzugs) und Art. 89 Abs. 6 StGB (Nichtbewährung bei bedingter Entlassung aus dem Strafvollzug) neben Art. 34 Abs. 3 StPO die teilweise nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe vor. In beiden Fällen hat das urteilende Gericht nicht allein frühere rechtskräftige Verurteilungen zu berücksichtigen, sondern es hat gleichzeitig neue Straftaten zu beurteilen und deren Strafen in die Gesamtstrafe einzubeziehen. Es kann aber im Rahmen von Art. 89 Abs. 6 StGB in Verbindung mit Art. 49 StGB nur darum gehen, dem Täter bei der Festlegung der Sanktion in sinngemässer Anwendung des Asperationsprinzips im Vergleich zum Kumulationsprinzip eine gewisse Privilegierung zu gewähren, wenn sowohl die Freiheitsstrafe für das neue Delikt als auch die konkrete Reststrafe zum Vollzug anstehen. Das Gericht hat dabei methodisch stets von derjenigen Strafe als Einsatzstrafe auszugehen, die es für die während der Probezeit neu verübte Straftat nach den Strafzumessungsgrundsätzen von Art. 47 ff. StGB ausgefällt hätte. Es kann nicht der Sinn der revidierten Bestimmung sein, eine neue Strafzumessung für die rechtskräftig beurteilten Delikte vorzunehmen (BGE 135 IV 146 E. 2.4.1 zu Art. 89 Abs. 6 StGB; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich SB170510 vom 13. März 2018 E. II.2.2).

    3. Aus diesen Überlegungen sowie den Eigenheiten der nachträglichen Gesamtstrafenbildung im Sinne von Art. 34 Abs. 3 StPO kann geschlossen werden, dass diese Bestimmung anders als Art. 49 Abs. 2 StGB Rechtsgrundlage dafür bildet, insofern auf die rechtskräftigen Urteile zurückzukommen, als die von der anstehenden Gesamtstrafenbildung betroffenen Strafen formell aufzuheben sind. Der Rechtskraft früherer Urteile ist aber insoweit Rechnung zu tragen, als eine Korrektur in der Strafzumessung nur in dem Masse vorzunehmen ist, als dies für die Umsetzung des Asperationsprinzips zur Bildung einer Gesamtstrafe notwendig erscheint und neue Umstände vorab im persönlichen Bereich des Verur-

      teilten zu berücksichtigen sind. Im Übrigen dürfte es dem Gericht aufgrund einer nachträglichen Beurteilung anhand der Akten häufig auch kaum möglich sein, hinsichtlich der abgeurteilten Delikte eine den gesetzlichen Anforderungen von Art. 47, Art. 49 und Art. 50 StGB genügende Strafzumessung vorzunehmen (BGE 142 IV 265 E. 2.4.2, vgl. zur Begründungspflicht: Urteile 6B_45/2014 vom

      24. April 2015 E. 1.4.1; BGE 135 IV 146 E. 2.4.1 zu Art. 89 Abs. 6 StGB). Es gilt

      daher einzig die Schlechterstellung des Gesuchstellers, welche durch die Beurteilung der Delikte durch verschiedene Gerichte entstanden ist, aufzuheben, ohne aber eine neue vollständige Strafzumessung vorzunehmen auch den Gesuchsteller ungerechtfertigt zu bevorteilen.

    4. In den zu berücksichtigenden rechtkräftigen Urteilen wurden die Taten im Einzelnen genannt, die massgebenden Strafzumessungsgründe zu jeder Straftat aufgeführt, diese verschuldensmässig gewichtet, und es wurden die Strafen unter Einbezug aller straferhöhenden und strafmindernden Täterumstände festgelegt. Auf diese Strafzumessungsgründe ist deshalb solange abzustellen, als die heutige Bildung der Gesamtstrafe methodisch keine Korrektur erfordert.

    5. Aus der Rechtskraft der Urteile folgt unter anderem in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Art. 49 Abs. 2 StGB bei retrospektiver Konkurrenz demnach auch, dass eine frühere zu milde Strafe im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nicht korrigiert werden darf. Die II. Strafkammer des Obergerichts erwog im Urteil vom 7. Juli 2017, die erstinstanzlich ausgesprochene Freiheitsstrafe von 10 Monaten sei zu milde und erachtete eine höhere Strafe von mindestens 14 Monaten als angemessen. Aufgrund des geltenden Verschlechterungsverbots konnte sie auf eine zehn Monate übersteigende Strafe aber nicht erkennen (SB170014, Urk. 66 S. 10 ff.). Dieser Grundsatz ist auch im vorliegenden Verfahren zu beachten, und die Gesamtstrafenbildung darf nicht zu einer nachträglichen Erhöhung der rechtskräftigen Strafe führen.

    6. Der Gesuchsteller wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom

      29. Mai 2013 zusätzlich mit einer Verbindungs-Geldstrafe im Sinne von Art. 305bis Ziff. 2 StGB von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.bestraft. Da es sich dabei um eine zur Freiheitsstrafe ungleichartige Strafe handelt, kann diese in die Gesamtstrafe

      nicht einbezogen werden, sondern tritt kumulativ zu dieser hinzu (BGE 142 IV S. 271; BGE 138 IV 120 E. 5.2). Entsprechend ist diese Geldstrafe im vorliegenden Verfahren nicht aufzuheben und bleibt bestehen. Der Klarheit halber ist dies im Dispositiv so festzuhalten.

    7. Sowohl die Strafe gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 als auch diejenige des Obergerichts vom 23. Januar 2017 sind jeweils ihrerseits Gesamtstrafen, welchen je eine Einsatzstrafe zu Grunde liegt. Es wird nachfolgend aus allen Delikten für die schwerste Straftat eine Einsatzstrafe zu bestimmen sein, weshalb eine der beiden Gesamtstrafen sowie die mit Urteil des Obergerichts vom 7. Juli 2017 ausgesprochene Strafe in Anwendung des Asperationsprinzips lediglich noch straferhöhend zu berücksichtigen sein werden.

    1. Methodisch ist bei der Bildung der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB vorab der Strafrahmen für die schwerste Tat zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Die Einsatzstrafe ist unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Das Gericht hat mithin in einem ersten Schritt gedanklich die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festzulegen, indem es alle diesbezüglichen straferhöhenden und strafmindernden Umstände berücksichtigt. In einem zweiten Schritt hat es die Strafe zu erhöhen, um die weiteren Delikte zu sanktionieren. Auch insoweit muss es den Umständen Rechnung tragen (BGE 127 IV 101 E. 2b; BGE 137 IV 57 E.3.3.4.).

    2. Vorab ist der Argumentation der Verteidigung, es sei seit den Taten eine lange Zeit verstrichen respektive es seien die Tathandlungen teilweise bereits verjährt, und es stelle eine massive Verfahrensverzögerung dar, dass die für die Delikte zu verhängende Strafe erst heute ausgefällt werden könne, was zu einer weiteren Strafreduktion führen müsse (Urk. 37 S. 6 f.), zu entgegnen, dass die einzelnen Verfahren für sich betrachtet allesamt beförderlich behandelt wurden. Eine Verfahrensverzögerung ist nicht auszumachen. Sodann ist Art. 34 Abs. 3 StPO immanent, dass teilweise über weit zurückliegende Taten ein Urteil gefällt werden muss. Eine Strafreduktion ist aus diesem Grund nicht angezeigt.

7.3 Als Delikt mit der schwersten Strafandrohung gilt das mit Urteil vom

29. Mai 2013 abgehandelte Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziffer 1 Abs. 4 und 7 aBetmG in Verbindung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a aBetmG. Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe von einem bis zu 20 Jahren, welche mit einer Geldstrafe von maximal 360 Tagessätzen à Fr. 3'000.verbunden werden kann. Gründe für eine ausnahmsweise Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens bestehen vorliegend keine. Eine Erhöhung des Strafrahmens kommt nicht in Frage, weil die Strafandrohung bereits das gesetzliche ordentliche Höchstmass bei Freiheitsstrafe vorsieht (Art. 40 Abs. 2 StGB).

    1. Was die Tatkomponenten des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz betrifft, beurteilte das Bezirksgericht Zürich das objektive Tatverschulden des Gesuchstellers bei der Vermittlung und Finanzierung des Drogenhandels anhand der massgeblichen Tatumstände als noch leicht. Das subjektive Tatverschulden stufte es im Rahmen des schweren Falles gesamthaft ebenfalls als leicht ein und legte eine hypothetische Einsatzstrafe in der Grössenordnung von 18 Monaten fest (SB130423, Urk. 81 S. 105 - 108). Das gilt nach wie vor.

    2. Hinsichtlich der qualifizierten Geldwäscherei stufte das Bezirksgericht Zürich das objektive Tatverschulden unter anderem aufgrund des geplanten Vorgehens und der Höhe des unrechtmässig erwirtschafteten Umsatzes als keinesfalls leicht ein. Das subjektive Tatverschulden wurde gleichermassen als keinesfalls leicht beurteilt (SB130423, Urk. 81 S. 109 ff.).

      Das objektive Tatverschulden bei der Unterlassung der Buchführung erachtete das Bezirksgericht angesichts der über Jahre hinweg weitgehend fehlenden Buchhaltung als mittelschwer. In gleichem Mass qualifizierte es das subjektive Verschulden (SB130423, Urk. 81 S. 111 f.).

      Das Verschulden bezüglich beider Delikte (qualifizierte Geldwäscherei und Unterlassung der Buchführung) führte gemäss Beurteilung des Bezirksgerichts zu einer deutlichen Straferhöhung der hypothetischen Einsatzstrafe um gesamthaft 14 Monate auf 32 Monate (SB130423, Urk. 81 S. 113).

    3. Auch diese Erwägungen des Bezirksgerichts Zürich haben weiterhin Gültigkeit und erfordern im vorliegenden Verfahren keine Korrektur. Für das gesamte Tatverschulden des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, die qualifizierte Geldwäscherei und die Unterlassung der Buchführung ist demnach eine hypothetische Einsatzstrafe von 32 Monate angemessen.

    1. Die I. Strafkammer des Obergerichts legte im Urteil vom 23. Januar 2017 die Einsatzstrafe für die mehrfache Veruntreuung (Verfahren 2) aufgrund des Tatverschuldens auf drei Jahre fest. In Berücksichtigung des Asperationsprinzips erhöhte sie diese aufgrund der beiden SVG-Delikte um einen Monat (SB160202, Urk. 157 S. 10). Da die mehrfache Veruntreuung nunmehr nicht mehr als Einsatzstrafe, sondern im Rahmen des Asperationsprinzips straferhöhend zu berücksichtigen ist, ist die Strafzumessung in diesem Punkt zu korrigieren und die Strafe zu reduzieren. Ebenso ist die Strafe von 10 Monaten wegen mehrfacher Veruntreuung gemäss Urteil der II. Strafkammer vom 7. Juli 2017 nur straferhöhend zu beachten. Im Rahmen des Asperationsprinzips sind deshalb die Schuldsprüche in 14 Dossiers wegen Veruntreuungen gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 24. Februar 2015 (ND 1, ND 4, ND 5, ND 6,

      ND 7, ND 9, ND 10, ND 11, ND 12, ND 14, ND 15, ND 16, ND 17 und ND 18, Verfahren 2), die Schuldsprüche in drei Dossiers wegen Veruntreuungen gemäss Nachtragsanklage der Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl vom 4. Dezember 2015 (HD, ND 2 und ND 4; SB160202 Urk.104 und 157, Verfahren 2) sowie die Schuldsprüche in 12 Dossiers wegen Veruntreuungen gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 30. September 2016 (SB170014, Urk. 44 und 66, Verfahren 3) gemeinsam zu beurteilen und in die Gesamtstrafe einzubeziehen.

    2. Was die konkreten Strafzumessungsgründe beim Tatverschulden bezüglich die mehrfachen Veruntreuungen betrifft, kann zunächst auf die nach wie vor gültigen Ausführungen in den Urteilen des Bezirksgerichts Zürich (SB160202, Urk. 104 S. 32 f.; SB170014, Urk. 44 S. 12) und der beiden Kammern des Obergerichts (SB160202, Urk. 157 S. 9; SB170014, Urk. 66 S. 8 ff.) zum Tatvorgehen verwiesen werden. Ergänzend ist zu beachten, dass der Deliktsbetrag für alle

      Veruntreuungen nunmehr insgesamt knapp Fr. 400'000.- (SB160202 Urk. 157

      S. 9; SB170014, Urk. 66 S. 9) beträgt. Die Delinquenz ereignete sich von Oktober 2011 bis September 2015 und erstreckte sich damit über einen langen Zeitraum von fast vier Jahren. Angesichts der Vielzahl der Einzeltaten ist nach wie vor von einem hohen Mass an krimineller Energie und Skrupellosigkeit auszugehen, weshalb das objektive Tatverschulden wie bisher als mittelschwer einzustufen bleibt.

      Bezüglich der subjektiven Tatschwere der Schuldsprüche in 17 Dossiers wegen Veruntreuungen gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom

      24. Februar 2015 und Nachtragsanklage vom 4. Dezember 2015 ist der von den Gläubigern auf den Gesuchsteller ausgeübte Druck weiterhin leicht verschuldensmindernd zu berücksichtigen (SB160202, Urk. 104 S. 33 f. und Urk. 157

      S. 9). Bei den späteren 12 Schuldsprüchen gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 30. September 2016 rechtfertigt sich eine solche Reduktion nach anschaulichen Überlegungen des Bezirksgerichts Zürich und des Obergerichts nicht mehr (SB170014, Urk. 44 S. 12 f. und Urk. 66 S. 10).

    3. In Anbetracht des Tatverschuldens aller Veruntreuungen rechtfertigt sich eine Erhöhung der Einsatzstrafe um zweieinhalb Jahre .

    4. Was die beiden SVG-Delikte (Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit ausserorts um 40 km/h sowie Nichtabgabe der Kontrollschilder und des Fahrzeugausweises) betrifft, erscheint entsprechend den nach wie vor geltenden Erwägungen im Urteil des Obergerichts vom 23. Januar 2017 in Anwendung des Asperationsprinzips eine Erhöhung der Einsatzstrafe um einen Monat aufgrund der Tatschwere als angemessen (SB160202, Urk. 157 S. 10).

10. Als Fazit ist festzuhalten, dass die Einsatzstrafe von 18 Monaten aufgrund der Tatschwere aller weiteren gleichzeitig zu beurteilenden Straftaten um 45 Monate auf 63 Monate bzw. 5 Jahre und 3 Monate zu erhöhen ist.

    1. Im Rahmen der Täterkomponenten ist bezüglich des Vorlebens des Gesuchstellers auf die ausführlichen Erwägungen im Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 abzustellen (SB130423, Urk. 81 S. 113 - 115), auf wel-

      che jeweils bereits in den beiden rechtskräftigen Urteilen des Obergerichts verwiesen wurde (SB160202, Urk. 157 S. 11 und SB170014, Urk. 66 S. 10). Das Vorleben ist demzufolge bezüglich aller Delikte strafzumessungsneutral zu werten (SB130423, Urk. 81 S. 115 ff.).

    2. Hinsichtlich des mehrfachen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, der mehrfachen Geldwäscherei und der Unterlassung der Buchführung berücksichtigte das Bezirksgericht Zürich im Urteil vom 29. Mai 2013 die zwei Vorstrafen sowie das Delinquieren während laufender Probezeit deutlich straferhöhend. Das teilweise und überdies nicht durchwegs aufrecht erhaltene Geständnis würdigte es leicht strafmindernd. Auch das gilt nach wie vor. Die vom Bezirksgericht Zürich anhand der Täterkomponenten vorgenommene Erhöhung der Einsatzstrafe um 9 Monate (SB130423, Urk. 81 S. 115 ff.) ist deshalb zu übernehmen.

    3. Was die Täterkomponenten der mehrfachen Veruntreuung und der beiden SVG-Delikte betrifft, erachteten sowohl das erstinstanzliche Bezirksgericht als auch die beiden Strafkammern des Obergerichts das Delinquieren während laufender Strafuntersuchung bzw. laufendem Rechtsmittelverfahren sowie die zwei Vorstrafen als erheblich straferhöhend. Das deliktische Verhalten des Gesuchstellers manifestiere seine Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung und seine Uneinsichtigkeit. Dagegen werteten die Kammern des Obergerichts das Geständnis sowie die Einsicht in das Unrecht bezüglich aller Veruntreuungen und der SVG-Delikte leicht strafmindernd (SB 160202, Urk. 157 S. 11 und SB170014, Urk. 66 S. 11). Die I. Strafkammer des Obergerichts nahm deshalb eine Erhöhung der laufenden Einsatzstrafe um fünf Monate vor (SB160202, Urk. 157 S. 12). Wie vorstehend erwähnt, hätte die II. Strafkammer des Obergerichts eine weitere Erhöhung der ihrer Meinung nach von der Vorinstanz bereits zu tief angesetzten hypothetischen Einsatzstrafe für die Veruntreuungen gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom 30. September 2016 aufgrund der Täterkomponenten als angezeigt erachtet, was jedoch das Verbot der reformatio in peius nicht zuliess und aufgrund der Wirkung der Rechtskraft des Urteils auch heute nicht korrigiert werden kann (SB170014, Urk. 66 S. 11).

    4. Die genannten Täterkomponenten lassen in Bezug auf alle Veruntreuungen und die SVG-Delikte deshalb mehr als eine moderate Erhöhung der hypothetischen Einsatzstrafe um fünf Monate nicht zu.

  1. Im Rahmen des Nachtatverhaltens fällt überdies in Betracht, dass sich der Gesuchsteller zunächst im Flughafengefängnis (SB160202, Urk. 168A) und seit 4. Januar 2018 im Vollzugszentrum Bachtel im anfänglich vorzeitigen und nunmehr ordentlichen Strafvollzug befindet (Urk. 36 S. 1 ff.). Gemäss Führungsberichten des Amts für Justizvollzug, Flughafengefängnis, vom 13. November 2017 (SB160202, Urk. 182), und des Vollzugszentrums Bachtel vom 12. Januar 2018 (SB160202, Urk. 171) leistet der Gesuchsteller sehr gute Arbeit, sei pünktlich und zuverlässig, im Umgang freundlich und respektvoll. Zudem übernimmt der Gesuchsteller freiwillig zusätzliche Arbeiten und trägt durch sein Verhalten aktiv zu einem besseren Umfeld in der Vollzugsanstalt bei. Es kam, soweit ersichtlich, zu keinen disziplinarischen Vorfällen (SB160202, Urk. 171 S. 2 und 182; Urk. 36 S. 4). Aufgrund des einwandfreien, vorzüglichen Verhaltens empfahl das Vollzugszentrum Bachtel, den Gesuchsteller vorzeitig aus dem Vollzug der Gesamtstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gemäss Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2017 (Verfahren 2) auf den 3. März 2018 zu entlassen. Sein tadelloses und überdurchschnittlich vorbildliches Verhalten im Strafvollzug, gepaart mit dem Umstand, dass der Gesuchsteller auch heute wieder in glaubhafter Weise aufrichtig Reue bezüglich seiner Delinquenz zeigte (Urk. 36 S. 6 f.; Prot. II S. 8), ist leicht strafmindernd zu berücksichtigen. Dem Umstand, dass der Gesuchsteller ein Verfahren nach Art. 34 Abs. 3 StPO einleiten musste, um in den Genuss der Gesamtstrafe zu gelangen, kommt aber entgegen der Auffassung des Gesuchstellers keine massgebliche strafmindernde Bedeutung zu, zumal der damit zusammenhängende Aufwand gering ausgefallen ist und dem Gesuchsteller aus dem Verfahren kein rechtlicher Nachteil erwächst.

    Insgesamt rechtfertigt sich aufgrund des besonders guten Nachtatverhaltens eine Reduktion der Strafe um 2 Monate.

  2. In Anbetracht aller Strafzumessungsgründe erscheint bei einer gemeinsamen Gesamtbetrachtung aller Delikte im Sinne von Art. 34 Abs. 3 StPO in Ver-

bindung mit Art. 49 Abs. 1 StGB eine Gesamtstrafe von 75 Monaten bzw. 6 Jahren und 3 Monate dem Verschulden des Gesuchstellers angemessen. Die mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 ausgesprochene Freiheitsstrafe von 41 Monaten sowie die in den Urteilen der I. und II. Strafkammern des Obergerichts vom 23. Januar 2017 und 7. Juli 2017 ausgesprochenen Freiheitsstrafen von 3 Jahren und 6 Monate sowie 10 Monaten sind somit aufzuheben und an deren Stelle eine Gesamtstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten auszufällen. Daran sind 82 Tage Haft gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Mai 2013 (Verfahren 1) und 446 Tage gemäss Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts vom 23. Januar 2017 (Verfahren 2) als durch Haft bzw. vorzeitigen Strafvollzug erstanden anzurechnen.

V.

(Kosten und Entschädigung)

    1. Der Verteidiger stellte den Antrag, es sei bezüglich der früheren Verfahren auf die Festsetzung einer Gerichtsgebühr bzw. auf Kosten zu verzichten (Urk. 37 S. 2, 8). Er argumentiert, dass bei der gemeinsamen Behandlung aller Verfahren weniger Kosten aufgelaufen wären, als dies bei der effektiv erfolgten getrennten Verfahrensführung der Fall gewesen ist. Allerdings sei nicht klar, wie das im vorliegenden Verfahren geschehen solle, da nicht in das Kostendispositiv der anderen Urteile eingegriffen werden könne. Allenfalls sei mit Bezug der Kosten insoweit eine Feststellung zu treffen, als zum Beispiel nur die Hälfte aller Kosten aller Verfahren dem Gesuchsteller aufzuerlegen seien (Urk. 37 S. 8).

    2. Wie der Verteidiger selber zu Recht erkannt hat, kann nicht in das Kostendispositiv der früheren Urteile eingegriffen werden. Es hat deshalb bei den jeweiligen rechtskräftigen Kostenregelungen in den Urteilen sein Bewenden.

  1. Der Gesuchsteller obsiegt mit seinem Gesuch auf eine Gesamtstrafenbildung. Die Gerichtsgebühr fällt somit ausser Ansatz, und die Kosten des Verfahrens, inkl. derjenigen der amtlichen Verteidigung, sind auf die Gerichtskasse zu nehmen.

  2. Der Verteidiger reichte eine Honorarnote in der Höhe von Fr. 3'551.40 ein (Urk. 38). Unter Berücksichtigung des Aufwandes für die heutige Verhandlung ist der amtliche Verteidiger mit Fr. 4'700.aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

Es wird erkannt:

  1. Es werden die folgenden Freiheitsstrafen aufgehoben:

    1. 41 Monate gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 2. Abteilung, vom

      29. Mai 2013 (DG120267, Dispositivziffer 2);

    2. 3 Jahre und 6 Monate gemäss Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 23. Januar 2017 (SB160202, Dispositivziffer 1);

    3. 10 Monate gemäss Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich,

      1. Strafkammer, vom 7. Juli 2017 (SB170014, Dispositivziffer 1).

  2. Anstelle der aufgehobenen Strafen gemäss Ziffer 1 wird A. in Anwendung von Art. 34 Abs. 3 StPO bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten als Gesamtstrafe, wovon 82 Tage gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 2. Abteilung, vom 29. Mai 2013, sowie 446 Tage gemäss Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom

    23. Januar 2017, durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind.

  3. Die Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 2. Abteilung, vom 29. Mai 2013 (DG120267, Dispositivziffer

    2) bleibt bestehen.

  4. Die Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die Kosten der amtlichen Verteidigung betragen Fr. 4'700.-.

  5. Die Kosten des Verfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden auf die Gerichtskasse genommen.

  6. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Gesuchstellers (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (übergeben, für sich sowie die zwei weiteren involvierten Staatsanwaltschaften)

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Gesuchstellers

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (für sich sowie die zwei weiteren involvierten Staatsanwaltschaften)

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A

    • das Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, betreffend das Verfahren SB160202

    • das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, betreffend das Verfahren SB170014

    • das Bezirksgericht Zürich, 2. Abteilung, betreffend das Verfahren DG120267.

  7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 4. Oktober 2018

Der Präsident:

lic. iur M. Langmeier

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. R. Bretscher

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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