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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SF160004: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller hat den Gesuchsgegner wegen Befangenheit während einer Berufungsverhandlung am 3. März 2016 abgelehnt. Er behauptete, der Gesuchsgegner habe sich früher beleidigend verhalten und während der Verhandlung unhöflich unterbrochen. Das Gericht entschied jedoch, dass keine Befangenheit vorlag und wies das Ausstandsbegehren ab. Die Gerichtskosten von CHF 800 wurden dem Gesuchsteller auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SF160004

Kanton:ZH
Fallnummer:SF160004
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SF160004 vom 24.06.2016 (ZH)
Datum:24.06.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ausstandsbegehren
Schlagwörter : Gesuchsteller; Gesuchsgegner; Verfahren; Urteil; Ausstand; Recht; Befangenheit; Gericht; Berufungsverhandlung; Richter; Obergericht; Ausstandsgesuch; Person; Anschein; Gesuchstellers; Sinne; Verfahrensleitung; Gesuchsgegners; Plädoyer; Kantons; Kammer; Obergerichts; Behörde; Verhandlung
Rechtsnorm:Art. 113 StPO ;Art. 181 StGB ;Art. 191c BV ;Art. 22 StGB ;Art. 30 BV ;Art. 351 StPO ;Art. 4 StPO ;Art. 56 StPO ;Art. 58 StPO ;Art. 69 StPO ;
Referenz BGE:136 I 207;
Kommentar:
Schmid, Jositsch, Praxis, 3. Auflage , Art. 10 StPO, 2018

Entscheid des Kantongerichts SF160004

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SF160004-O /U/hb

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, lic. iur. Stiefel und Ersatzoberrichter lic. iur. Muheim sowie die Gerichtsschreiberin MLaw Hässig

Beschluss vom 24. Juni 2016

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsteller

    gegen

  2. , lic. iur.,

Gesuchsgegner

betreffend Ausstandsbegehren

Erwägungen:

I.

Am 3. März 2016 wurde der Gesuchsteller von der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich der falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 StGB, der falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 StGB, der gewerbsmässigen Erpressung im Sinne von Art. 156

Ziff. 1 und 2 StGB sowie der mehrfachen teilweise versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen (Urk. 3/3 S. 25). Dem Spruchkörper gehörte auch Oberrichter lic. iur. B. (nachstehend: der Gesuchsgegner) an. Mit Eingabe vom 3. März 2016 wandte sich der Gesuchsteller an den Obergerichtspräsidenten des hiesigen Gerichts und beantragte die Wiederholung der Berufungsverhandlung vom 3. März 2016, da der Gesuchsgegner befangen gewesen sei (Urk. 1). Nachdem der Gesuchsteller von der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich am 15. März 2016 darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Ausstandsgesuche bei der Verfahrensleitung zu stellen sind (Urk. 3/6), richtete er sein Ausstandsgesuch mit Schreiben vom 19. März 2016 an den Gesuchsgegner (Urk. 1A). Am

21. März 2016 gab der Gesuchsgegner die Erklärung im Sinne von Art. 58 Abs. 2 StPO ab, dass er nicht befangen sei (Urk. 2) und überwies diese samt den in der Erklärung erwähnten Beilagen an die erkennende Kammer. Mit Präsidialverfügung der hiesigen Kammer vom 31. März 2016 wurde dem Gesuchsteller Frist angesetzt, um sich zur Stellungnahme des Gesuchsgegners vernehmen zu lassen (Urk. 6). Mit Eingabe vom 11. April 2016 reichte der Gesuchsteller innert Frist seine Stellungnahme ein (Urk. 6). Das Verfahren ist spruchreif.

II.

Wird ein Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. a f StPO geltend gemacht widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Art. 56 lit. b-e StPO abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren und endgültig das Berufungsgericht, sofern einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind (Art. 59 Abs. 1 lit. c StPO). Die Zustän- digkeit der II. Strafkammer zur Behandlung des vorliegenden Ausstandsbegehrens ist deshalb gegeben (§ 49 GOG/ZH).

III.

Ein Ausstandsgesuch ist ohne Verzug zu stellen, sobald der Gesuchsteller vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat (Art. 58 Abs. 1 StPO). Das Ausstandsgesuch vom 3. März 2016 ging am 7. März 2016 beim Obergerichtspräsidenten des hiesigen Gerichts ein (Urk. 1) und auf entsprechenden Hinweis der Verwaltungskommission am 19. März 2016 beim Gesuchsgegner (Urk. 1A und Urk. 3/6). Indem der Gesuchsteller das Ausstandsgesuch am 7. März 2016 bzw. erneut am

19. März 2016 stellte, mithin vier bzw. 16 Tage nach der Berufungsverhandlung

vom 3. März 2016, erfolgte das Ausstandsgesuch rechtzeitig (Urk. 1 S. 2).

IV.
  1. Gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter. Es soll garantiert werden, dass keine sachfremden Umstände, welche ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger Weise zugunsten zulasten einer Partei auf das gerichtliche Urteil einwirken. Art. 4 StPO übernimmt diese Grundsätze, indem er bestimmt, dass die Strafbehörden in der Rechtsanwendung unabhängig und nur dem Recht verpflichtet sind. Die Ausstandsvorschriften der Strafprozessordnung stehen in engem Zusammenhang mit dem Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf Beurteilung durch einen unabhängigen und unparteiischen Richter, da innere äussere Bindungen der in einer Strafbehörde tätigen Person zu Verfahrensbeteiligten deren Standpunkten die Unabhängigkeit gefährden aufheben (S CHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, N 117 und 507). In Art. 56 StPO wird daher die Pflicht jeder in einer Strafbehörde tätigen Person festgehalten, in einer Sache in den Ausstand zu treten, sollten Gründe vorliegen, aufgrund derer sie befangen sein könnte.

  2. Gemäss Art. 56 lit. f StPO tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person in den Ausstand, wenn sie aus anderen (als den in lit. a-e genannten) Gründen, insbesondere wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte. Die Befangenheit ist als innere Einstellung einem Beweis kaum zugänglich. Die Ablehnung einer Person erfordert denn auch nicht den strikten Nachweis, dass diese tatsächlich befangen ist. Es genügt schon die abstrakte Gefahr der Voreingenommenheit, wobei blosse Vermutungen dazu nicht ausreichen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Befangenheit einer Gerichtsperson vor, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in ihre Unparteilichkeit zu erwecken. Solche Umstände können entweder in einer bestimmten persönlichen Einstellung zum Verfahrensgegenstand, einem persönlichen Verhalten der betreffenden Person in gewissen äusseren Gegebenheiten, wozu auch funktionelle verfahrensorganisatorische Aspekte gehören, liegen. Namentlich hat sich der Richter grob unsachlicher Bemerkungen Demonstrationen von Bestrafungswillen, sachfremden Machtbewusstsein Humor auf Kosten von Verfahrensbeteiligten zu enthalten. Verpönt sind despektierliche, kränkende beleidigende Werturteile, die Persönlichkeitsmerkmale der Parteien, wie Aussehen, Geschlecht, Herkunft, Rasse, religiöse Zugehörigkeit sexuelle Orientierung betreffen und eine persönliche Abneigung Geringschätzung zum Ausdruck bringen. Dies hindert den Richter indes nicht daran, die Verfahrensführung der Beteiligten kritisch zu würdigen. Auch bloss ungeschickte Äusserungen, verbale Entgleisungen, Unhöflichkeiten und eine gewissen Ungehaltenheit genügen in der Regel noch nicht, um den Anschein der Befangenheit zu begründen. Die Übergänge sind allerdings teilweise fliessend. Wesentlich ist, ob das Verfahren in Bezug auf den konkreten Sachverhalt und die konkret zu entscheidenden Rechtsfragen als offen und nicht vorbestimmt erscheint. Ob der Anschein der Befangenheit vorliegt, beurteilt sich ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden der Verfahrenspartei (BSK StPO-BOOG , vor Art. 56-60 N 6 ff.; BGE 6B_732/2012 vom 30. Mai 2013 E.1.3.2; BGE 136 I 207 E. 3.1 mit Hinwei-

    sen; BGer 1P.687/2005 vom 9. Januar 2006, E. 7.2; BGer 1P.514/2002 vom 13.

    Februar 2003, E. 2.7; BGer 6P.147/2006 vom 6. November 2006, E. 3.2, in ZBJV

    143/2007, 667; BGer 6B_1161/2012 vom 16. August 2012).

  3. Der Gesuchsteller macht geltend, der Gesuchsgegner sei mit ihm im Jahre 2005 anlässlich des damaligen Berufungsverfahrens in Streit geraten und will daraus die Befangenheit des Gesuchsgegners für die Berufungsverhandlung vom

  1. März 2016 ableiten. Der Gesuchsteller führt dazu aus, der Gesuchsgegner ha-

    be sich anlässlich der Verhandlung vom 20. Juli 2005 distanzlos geäussert (Urk. 1

    S. 2 f.). Auch ausserhalb des Gerichtssaals habe dieser unüberhörbare Beleidigungen vor sich hingesprochen bzw. gegen ihn ausgestossen wie Dräcksack, Gauner Klauner und kurz zu ihm geschaut (Urk. 6 S. 1 f.).

    Der Gesuchsgegner führte diesbezüglich aus, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er bereits früher in einem Berufungsverfahren mitgewirkt habe, in welches der Gesuchsteller involviert gewesen sei, bis dieser im Rahmen der obergerichtlichen Befragung es erwähnt habe (Urk. 2 S. 2 f.).

    Die vom Gesuchsteller unterstellten Beleidigungen sind in keiner Weise belegt. Der Gesuchsteller führte hierzu selbst aus, dass es dafür keine Zeugen gebe (Urk. 6 S. 1 f.). Die vom Gesuchsteller vorgebrachten blossen Behauptungen bzw. Vermutungen vermögen keine Befangenheit des Gesuchsgegners anlässlich der Berufungsverhandlung vom 3. März 2016 zu belegen.

      1. Der Gesuchsteller bringt sodann vor, der Gesuchsgegner habe gegen Ende der Berufungsverhandlung vom 3. März 2016 so richtig aufgedreht, obwohl er die Akten und das Plädoyer während des dreistündigen Verhandlungsunterbruchs nicht ausführlich genug habe lesen wollen bzw. dies zeittechnisch unmöglich habe können. Der Gesuchsgegner habe ihn unterbrochen und gesagt, er würde zu viel reden. Auch während des Verlesens des kurzgefassten dreiseitigen Schlusswortes, was knappe vier Minuten in Anspruch genommen habe, habe ihn der Gesuchsgegner noch einmal sehr unhöflich unterbrochen und gesagt, es sei bereits plädiert worden. Er habe dann aber ohne einen weiteren Unterbruch zu Ende lesen können (Urk. 1 S. 1 f.).

        Der Gesuchsgegner bestätigte, dass er den Gesuchsteller beim Schlusswort unterbrochen habe. Der Gesuchsteller habe eine vorbereitete Erklärung verlesen, wobei er teils Argumente seines Verteidigers aufgenommen bzw. wiederholt habe. Wie der Gesuchsteller aber selbst ausgeführt habe, habe dieser das Schlusswort dennoch ohne weiteren Unterbruch zu Ende bringen können (Urk. 2 S. 2). Soweit der Gesuchsteller bemängle, die Gerichtsbesetzung habe das 101-seitige Plädoyer mit den 272 Fussnoten in der Beratungspause zeittechnisch unmöglich ausführlich genug lesen können und wollen, so verkenne der Gesuchsteller, dass die Verteidigung das ganze Plädoyer in der Berufungsverhandlung vorgetragen habe und dieses in der Beratung nicht nochmals in allen Details habe gelesen werden müssen (Urk. 2 S. 2 f.)

        Im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 3. März 2016 wurde der Gesuchsteller von 8.10 Uhr bis 10.10 Uhr, mithin während zwei Stunden, durch den Gesuchsgegner befragt (vgl. Urk. 3/4 S. 1-48). Weder dem Befragungsprotokoll noch dem Verhandlungsprotokoll (Urk. 3/3) sind ungebührliche Äusserungen des Gesuchsgegners zu entnehmen, die den Anschein der Voreingenommenheit erwecken könnten. Aus dem Befragungsprotokoll geht sodann hervor, dass der Gesuchsgegner Fragen wiederholte, die vom Gesuchsteller nicht bzw. abschweifend beantwortet wurden (vgl. Urk. 3/4 S. 13, 17 f., 23). Auch wurde der Gesuchsteller direkt aufgefordert, eine zuvor gestellte Frage zu beantworten (Urk. 3/4 S. 21). Dass der Gesuchsteller dies als Unterbrechung seiner Ausführungen empfunden haben könnte, ist zwar nachvollziehbar. Dennoch war es Aufgabe der Verfahrensleitung, mithin des Gesuchsgegners, das Verfahren geordnet durchzuführen (vgl. Art. 62 f. StPO). Der Gesuchsgegner war als Verfahrensleitung unter Beachtung des rechtlichen Gehörs des Gesuchstellers berechtigt, diesen darauf hinzuweisen, lediglich auf die gestellten Fragen zu antworten. Eine Befangenheit kann daraus nicht abgeleitet werden. Ebenso wenig vermag die Rüge des Gesuchstellers, er sei während seines dreiseitigen Schlusswortes vom Gesuchsgegner mit dem Hinweis unterbrochen worden, dass bereits plädiert worden sei (Urk. 1 S. 2), den Anschein der Befangenheit zu begründen. Das letzte Wort steht zwar dem Beschuldigten bzw. vorliegend dem Gesuchsteller zu. Da es sich dabei aber um kein zusätzliches Plädoyer handelt, ist die Verfahrensleitung berechtigt, bei nicht relevanten weitschweifigen Ausführungen des Beschuldigten diesem das Wort zu entziehen (Pr 91 [2002] Nr. 141). Vorliegend konnte der Gesuchsteller wie er selbst ausführte (Urk. 1 S. 2) sein Schlusswort nach dem Hinweis ohne weiteren

        Unterbruch verlesen. Indem der Gesuchsgegner den Gesuchsteller darauf aufmerksam machte, dass bereits plädiert worden sei, erweckte er nicht den Anschein der Befangenheit.

        Der Gesuchsteller ist sodann darauf hinzuweisen, dass die Gerichtsbesetzung die Akten vor der Verhandlung studiert und daher anlässlich des Berufungsverfahrens umfangreiche Aktenkenntnisse hat.

        Gemäss dem Verhandlungsprotokoll vom 3. März 2016 verlas die Verteidigung ihre Plädoyernotizen und ergänzte diese (vgl. Urk. 3/3 S. 13 ff.). Ein erneutes detailliertes Lesen der Plädoyernotizen war daher anlässlich der Urteilsberatung nicht mehr nötig.

      2. Der Gesuchsteller führt sodann aus, der Gesuchsgegner habe anlässlich der Urteilseröffnung vom 3. März 2016 erklärt: Ich halte nichts von Hellseherei o.ä. und weiter drauflos geschimpft. So habe der Gesuchsgegner beispielsweise gesagt :Sie sind ein Lügner (Urk. 1 S. 1 f.).

        Der Gesuchsgegner gab diesbezüglich an, er habe bei der Urteilserläuterung, mithin nach der Urteilsberatung und Urteilseröffnung, das Aussageverhalten des Gesuchstellers sowie dessen kriminellen Machenschaften mit deutlichen Worten gerügt. Dass es der Gesuchsteller, wie auch andere Parteien, nicht schätzen würden, wenn ihnen im Rahmen der Urteilserörterung mit klaren Worten der Spiegel vorgehalten werde, könne er nachvollziehen. Es sei aber Aufgabe der Verfahrensleitung, im Rahmen der Urteilserläuterung die Sache verkürzt auf den Punkt zu bringen und zu übermitteln, was anlässlich der Urteilsberatung diskutiert und entschieden worden sei. Dies habe er gemacht, nichts anderes (Urk. 2 S. 2 f.).

        Das Rügen des Aussageverhaltens des Gesuchstellers sowie dessen kriminelle Machenschaften, auch mit deutlichen Worten, ist im Rahmen der Urteilserläuterung zu einem Zeitpunkt also, indem das Gericht das Urteil bereits mit einfacher Mehrheit gefällt hat (Art. 351 Abs. 2 StPO) - nicht zu beanstanden. Das Gericht qualifizierte offensichtlich die Aussagen des Gesuchsgegners als nicht

        glaubhaft (vgl. Urk. 2 S. 2). Es ist Aufgabe des Gerichts, die Aussagen der Beteiligten zu würdigen. Soweit das Gericht anlässlich der Urteilsberatung zum Schluss gelangt, der Gesuchsteller habe gelogen und dies dem Gesuchsteller mit klaren Worten eröffnet, stellt dies keinen persönlichen Angriff auf den Gesuchsteller dar, sondern lediglich eine auf einer umfassenden Beweiswürdigung beruhende Feststellung. Das allfällige subjektive Empfinden einer Verfahrenspartei ist für die Beurteilung, ob der Anschein der Befangenheit vorliegt, irrelevant. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine beschuldigte Person nicht zu wahrheitsgemässer Aussage verpflichtet ist, soweit dadurch keine anderen Straftaten begangen werden, wie beispielsweise falsche Anschuldigung Irreführung der Rechtspflege (vgl. Art. 113 Abs. 1 StPO; Art. 158 Abs. 1 lit. b StPO). Soweit der Gesuchsgegner im Rahmen der Urteilsbegründung ausgesagt haben soll: Ich halte nichts von Hellseherei, ist anzufügen, dass die persönliche Meinung eines Mitglieds der Gerichtsbesetzung zwar für die Urteilsbegründung nicht von Bedeutung ist. Dennoch begründet eine solche allfällig gemachte Äusserung noch keine Befangenheit, da sie weder ein despektierliches, kränkendes beleidigendes Werturteil beinhaltet noch die Persönlichkeitsmerkmale des Gesuchstellers wie Aussehen, Geschlecht, Herkunft, Rasse, religiöse Zugehörigkeit sexuelle Orientierung betrifft eine persönliche Abneigung Geringschätzung zum Ausdruck bringt (BSK StPO-BOGG, Art. 56 N 54).

      3. Insoweit der Gesuchsteller die richterliche Beurteilung der Legalprognose, die Verweigerung des rechtlichen Gehörs sowie das Willkürverbot rügt (Urk. 1

        S. 2; Urk. 6 S. 3), ist er daran zu erinnern, dass allfällige Rechtsfehler eines Entscheides im Rechtsmittelverfahren zu rügen sind und sich nicht als Begründung einer Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters heranziehen lassen (BSK StPO-BOOG, Art. 56 N 59).

      4. Der Gesuchsteller macht schliesslich geltend, die beiden Co-Richter hätten keine eigene Meinung haben dürfen und keine Chance gehabt, etwas an der Grundkonstellation zu bewirken, da der Gesuchsgegner durch seine imaginäre und bestimmende Art auf die Co-Richter eingewirkt habe (Urk. 1 S. 3; vgl. Urk. 6 S. 2 f.).

    Der Gesuchsgegner weist darauf hin, dass der Begriff Verfahrensleitung zeige, dass es Aufgabe des Vorsitzenden sei, das Verfahren zu leiten. Die Mitrichter hätten ihre eigene Meinung gehabt und diese auch eingebracht. Der Vorwurf des Gesuchstellers gegenüber den Mitrichtern sei grenzwertig, da er ihnen die richterliche Unabhängigkeit abspreche (Urk. 2 S. 3).

    Die vom Gesuchsteller diesbezüglich gemachten Ausführungen sind als unbelegte Mutmassungen zu qualifizieren. Der Beschuldigte war weder an der Urteilsberatung anwesend (vgl. Art. 69 Abs. 1 StPO), noch finden diese Behauptungen eine Stütze in den Akten. Dem Befragungsprotokoll vom 3. März 2016 ist sodann zu entnehmen, dass sowohl der Referent als auch der Ko-Referent von ihrem Recht, Ergänzungsfragen zu stellen, Gebrauch gemacht haben (vgl. Urk. 3/4

    S. 9 f. bzw. 10 f. und 45 ff.). Insbesondere befragte der Referent den Gesuchsteller nochmals einlässlich zur Sache (Urk. 3/4 S. 45 ff.). Hinweise, dass der Gesuchsgegner auf die Mitrichter eingewirkt hat und damit die richterliche Unabhängigkeit im Sinne von Art. 191c BV tangiert gewesen wäre, sind nicht auszumachen. Die Ergänzungsfragen weisen mit darauf hin, dass sich die Mitrichter mit dem Gesuchsteller und dessen Fall selbständig auseinandergesetzt haben und dadurch in der Lage waren, sich ein eigenes Bild in Bezug auf den zu beurteilenden Sachverhalt zu machen. Umstände, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richter zu erwecken, sind nicht ersichtlich.

  2. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Gesuchsteller nicht glaubhaft dargetan hat, dass der Gesuchsgegner anlässlich der Berufungsverhandlung vom 3. März 2016 den Anschein von Befangenheit erweckt hat. Das Ablehnungsbegehren des Gesuchstellers erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.

IV.

Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen.

Es wird beschlossen:

  1. Das Ausstandsbegehren wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 800.festgesetzt.

  3. Die Kosten werden dem Gesuchsteller auferlegt.

  4. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • den Gesuchsteller

    • den Gesuchsgegner

      sowie nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist resp. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich.

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 24. Juni 2016

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Hässig

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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