Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB230326 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 25.10.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1376/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Versuchte Nötigung |
Zusammenfassung : | Der Beschuldigte wurde wegen versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 10.– bestraft. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden ihm auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, die vorerst von der Gerichtskasse übernommen werden. Das Genugtuungsbegehren des Beschuldigten wurde abgewiesen. Der Beschuldigte zeigte sich geständig, jedoch wird sein Nachtatverhalten als nicht reuig angesehen. Die Strafe ist zu bezahlen, und die amtliche Verteidigung wird mit Fr. 2'603.10 entschädigt. Der Beschluss kann beim Bundesgericht angefochten werden. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Berufung; E-Mail; Geschädigte; Richt; Verteidigung; Vorinstanz; Geschädigten; Urteil; Staat; Drohung; Staatsanwalt; Ausführungen; Staatsanwaltschaft; Beamte; Recht; Berufungsverfahren; Geldstrafe; Tatbestand; Lager; Handlung; Gericht; Nötigung |
Rechtsnorm: | Art. 110 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 181 StGB ; Art. 19 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 285 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 344 StPO ; Art. 350 StPO ; Art. 391 StPO ; Art. 40 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 48a StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 122 IV 322; 125 IV 242; 130 IV 58; 133 IV 1; 134 IV 82; 134 IV 97; 136 I 229; 137 IV 1; 78 IV 119; 94 IV 111; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB230326-O/U/bs
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident, lic. iur. S. Volken und Ersatzoberrichterin lic. iur. S. Nabholz sowie die Gerichtsschreiberin MLaw A. Blaser
Urteil vom 25. Oktober 2023
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X.
gegen
vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber,
Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend versuchte Nötigung
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl vom 3. Juni 2022 (Urk. 20) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 37 S. 19 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 10, wovon bis und mit heute 2 Tagessätze als durch Haft geleistet gelten.
Die Geldstrafe wird vollzogen.
Das Genugtuungsbegehren des Beschuldigten wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 900 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'100 gebühr für das Vorverfahren;
Fr. 6'459.85 amtliche Verteidigung (inkl. Barauslagen und MwSt.).
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Rechtsanwalt MLaw X.
wird für seine Aufwendungen als amtlicher
Verteidiger mit Fr. 6'459.85 (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) entschädigt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
[Mitteilungen]
[Rechtsmittel]
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 48 S. 5; schriftlich)
1. Das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 10. Januar 2023 sei aufzuheben.
Der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe vollumfänglich freizusprechen.
Dem Beschuldigten sei eine Genugtuung in Höhe von Fr. 400.-aus der Staatskasse auszurichten.
Die Kosten der Untersuchung sowie des vorinstanzlichen Gerichtsverfahrens inkl. derjenigen der amtlichen Verteidigung seien vollumfänglich und definitiv auf die Staatskasse zu nehmen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. MwSt.) zulasten der Staatskasse.
Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 42; schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Verfahrensgang
Am 3. Juni 2022 (Datum Eingang: 9. Juni 2022) erhob die Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) bei der Vorinstanz Anklage wegen versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Urk. 20). Die Hauptverhandlung vor Vorinstanz fand am 10. Januar 2023 statt (Prot. I
S. 7 ff.). Gleichentags erfolgte die Urteilsberatung und das Urteil wurde dem Beschuldigten sowie dessen amtlichen Verteidiger Mändlich eröffnet und erläutert sowie das schriftliche Urteilsdispositiv ausgehündigt, wodurch die Frist zur Anmeldung der Berufung für den Beschuldigten zu laufen begann (Prot. I S. 27 ff.).
Gegen das vorstehend wiedergegebene Urteil meldete die amtliche Vertei- digung namens des Beschuldigten am 19. Januar 2023 innert Frist Berufung an (Urk. 32). Nachdem den Parteien am 22. Mai 2023 (amtliche Verteidigung) bzw.
23. Mai 2023 (Staatsanwaltschaft) das begründete Urteil zugestellt worden war (Urk. 36/1-2), ging bei der hiesigen Berufungsinstanz mit Eingabe vom
9. Juni 2023 fristgerecht die BerufungsErklärung der amtlichen Verteidigung ein, wobei keine BeweisAnträge gestellt wurden (Urk. 39). Mit präsidialVerfügung vom
13. Juni 2023 wurde der Staatsanwaltschaft Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erklären begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 40). Die Staatsanwaltschaft beantragte mit Eingabe vom 19. Juni 2023 die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils, verzichtete auf Anschlussberufung und ersuchte um Dispensation ihres Vertreters von der Berufungsverhandlung (Urk. 42).
Mit Beschluss vom 21. Juni 2023 wurde die schriftliche Durchführung des Berufungsverfahrens angeordnet (Urk. 43). Gleichzeitig wurde dem Beschuldigten Frist angesetzt, um die BerufungsAnträge zu stellen und zu begründen sowie letztmals BeweisAnträge zu stellen (ebd.). Innert zweifach erstreckter Frist reichte die amtliche Verteidigung mit Eingabe vom 22. August 2023 ihre Berufungs- Begründung mit den bereits bekannten Anträgen sowie eine Honorarnote ins Recht (Urk. 46-47 i.V.m. Urk. 48-49). Zwischenzeitlich sendete der Beschuldigte eine
E-Mail datierend vom 12. Juli 2023 unter anderem an das hiesige Berufungsgericht, welches zusätzlich mittels Einschreiben durch diesen zu den Akten gereicht wurde (Urk. 45). Schliesslich wurde die BerufungsBegründung des Beschuldigten mitsamt Honorarnote sowie vorgenannte E-Mail mit präsidialVerfügung vom 29. August 2023 der Staatsanwaltschaft sowie der Vorinstanz zugestellt und der Staatsanwaltschaft Frist angesetzt, um die Berufungsantwort einzureichen sowie letztmals eigene BeweisAnträge zu stellen. Gleichzeitig wurde der Vorinstanz innert derselben Frist Gelegenheit zur freigestellten Vernehmlassung gegeben. Der amtlichen Verteidigung wurde sodann die ebengenannte E-Mail des Beschuldigten zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 50). Mit Eingabe vom 31. August 2023 (Datum Eingang:
4. September 2023) erklärte zunächst die Staatsanwaltschaft und mit Eingabe vom 4. September 2023 sodann die Vorinstanz, Verzicht auf Vernehmlassung (Urk. 52-53). Das vorliegende Verfahren erweist sich heute als spruchreif.
Umfang der Berufung
In der BerufungsErklärung ist anzugeben, ob das Urteil vollumfänglich angefochten wird (Art. 399 Abs. 3 lit. a StPO) oder, falls das Urteil nur in Teilen angefochten wird, welche Abänderungen des erstinstanzlichen Urteils verlangt werden (Art. 399 Abs. 3 lit. b StPO). Der Beschuldigte verlangt einen vollumfänglichen Freispruch, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Staates (Urk. 39 und Urk. 48). Damit ist das vorinstanzliche Urteil in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen.
Formelles
Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausDrücklich widerlegen muss (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2; Urteil 6B_1130/2014 vom 8. Juni 2015 E. 4). Die Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.
Soweit nachfolgend auf Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO (vgl. dazu etwa BGer. 6B_570/2019 vom 23. September 2019 E. 4.2, m.w.H., sowie N YDEGGER, Der Verweis auf die EntscheidBegründung der Vorinstanz gemäss Art. 82 Abs. 4 StPO, recht 2021, S. 15 ff.), auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.
Nachdem einzig der Beschuldigte Berufung führt, steht die überPrüfung des vorinstanzlichen Urteils sodann unter dem Vorbehalt des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO).
Sachverhalt
Grundsätze der BeweisWürdigung / Beweismittel
Bezüglich der Grundsätze der BeweisWürdigung sowie der Beweismittel und deren Verwertbarkeit kann grundsätzlich auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 5-7 E. II. 2.1.-2.2.). Ergänzend gilt es zur Verwertbarkeit der Beweismittel festzuhalten, dass B. (nachfolgend: Geschädigter) am
27. September 2021 polizeilich als Auskunftsperson befragt wurde (Urk. 4/1), je- doch nie eine Konfrontation stattgefunden hat. Auf das Konfrontationsrecht kann jedoch verzichtet werden. Eine fehlende Konfrontation ist nur dann vorwerfbar, wenn rechtzeitig (d.h. spätestens im Berufungsverfahren) und formgerecht entsprechende Anträge gestellt werden (Urteil des Bundesgerichts vom
29. Dezember 2022, 6B_1265/2021 E. 2.2.2. mit Verweisen). Vorliegend stellte der Beschuldigte bzw. die amtliche Verteidigung bis und im Berufungsverfahren keinen entsprechenden Antrag. Entsprechend können die Aussagen des Geschädigten vollumfänglich verwertet werden.
äusserer Sachverhalt
Hinsichtlich des dem Beschuldigten vorgeworfenen Verhaltens sowie die Erstellung des äusseren Sachverhalts kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 4 f. E. II. 1.), zumal die amtliche Verteidigung auch in der BerufungsBegründung ausführte, der Beschuldigte habe nie bestritten, die E- Mail mit dem fraglichen Inhalt an den Geschädigten versandt zu haben (Urk. 48
S. 2). Dies stimmt sodann mit dem Beweisergebnis überein (Urk. 2/2 S. 1 f. i.V.m. Urk. 2/3 S. 1 f., Urk. 3/1 F/A 4, Urk. 3/2 F/A 5 f., Urk. 3/4 F/A 3 und Prot. I S. 17). Aus den Akten geht ebenfalls hervor, dass es dem Beschuldigten mit der E-Mail nicht gelungen ist, den Geschädigten dazu zu bewegen, dafür zu sorgen, dass seine Habe und diejenige seiner Kinder nicht vernichtet werden (Urk. 2/2 S. 1; Urk. 4/1 F/A 2; Urk. 3/4 F/A 9; Prot. I S. 20). Der äussere Sachverhalt ist erstellt.
Innerer Sachverhalt
Die amtliche Verteidigung brachte im Berufungsverfahren wie schon vor Vorinstanz bezüglich des inneren Sachverhalts zusammengefasst vor, der Beschuldigte habe nie die Absicht gehabt, dem Geschädigten ernsthafte Nachteile anzudrohen. Es habe sich offensichtlich um eine rein ironisch sarkastische Nachricht, einen Scherz, gehandelt. Der E-Mail könne sodann nicht entnommen wer- den, dass der Beschuldigte diese versandt habe, um zu bewirken, dass sein Hausrat nicht vernichtet werde bzw. ihm die zwischenzeitlich aufgelaufenen Lagerkosten erlassen werden (Urk. 48 S. 2 f.).
Was der täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen und ist damit Tatfrage und Gegenstand der Sachverhaltsabklärung (BGE 137 IV 1
E. 4.2.3). Auf den subjektiven Tatbestand lässt sich häufig nur anhand einer eingehenden Würdigung des äusseren Verhaltens und allenfalls weiterer Umstände schliessen (BGE 133 IV 1 E. 4.1; BGE 130 IV 58 E. 8.5). Tat- und Rechtsfragen überschneiden sich insoweit teilweise. Es ist daher sinnvoll, den inneren Sachverhalt nachfolgend im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu beurteilen (vgl. BGE 133 IV 1 E. 4.1; BGE 130 IV 58 E. 8.5; BGE 125 IV 242 E. 3c, je m.H.).
Rechtliche Würdigung
Vorbemerkung
Die Vorinstanz würdigte das Verhalten des Beschuldigten entgegen der Staatsanwaltschaft, welche eine Verurteilung wegen versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte beantragte in rechtlicher Sicht als Nötigung. Das ist grundsätzlich zulässig (Art. 350 Abs. 1 StPO). Sie gab dem Beschuldigten bzw. der amtlichen Verteidigung sodann anlässlich der Hauptverhandlung Gelegenheit, zur in Betracht gezogenen, abweichenden rechtlichen Würdigung im Sinne von Art. 344 StPO Stellung zu nehmen (Prot. I S. 25).
Vorbringen der amtlichen Verteidigung
Die amtliche Verteidigung brachte im Berufungsverfahren zusammengefasst vor, der Beschuldigte habe nie die Absicht gehabt, dem Geschädigten ernsthafte Nachteile anzudrohen. Die vom Beschuldigten am 27. September 2021 versandte E-Mail sei in keiner Art und Weise geeignet gewesen, deren Empfänger einzuschöchtern, was sich auch aus dessen Reaktion darauf gezeigt habe. Es sei offensichtlich, dass es sich um eine rein ironisch sarkastische Nachricht gehandelt habe, indem der Beschuldigte nach letzter ?-lung etwa den Zusatz Kerzen?l, Kürbis?l, K?mmel?l: was Sie wollen! angebracht habe, was jedem durchschnittlichen Leser klar mache, dass es sich um einen Scherz handle. Das habe auch der Geschädigte so verstanden. Damit fehle es am objektiven Tatbestandsmerkmal der Androhung ernstlicher Nachteile. Der E-Mail könne sodann nicht entnommen werden, dass er diese versandt habe, um zu bewirken, dass sein Hausrat nicht vernichtet werde bzw. ihm die zwischenzeitlich aufgelaufenen Lagerkosten erlassen würden. Es werde lediglich eine Handlung in Aussicht gestellt für den Fall, dass ein bestimmter Umstand eintrete. Es sei nicht ersichtlich, dass der Empfänger der E-Mail zu einem Tun hätte veranlasst werden sollen. Der Geschädigte habe sich sodann dahingehend geäussert, dass er keine Ahnung gehabt habe, worum es gehe. Es habe nicht in der Kompetenz des Geschädigten gelegen, das Eintreten des Umstandes die Vernichtung der dem Beschuldigten verbliebenen, bescheidenen Habe und diejenige seiner Kinder zu verhindern. Es fehle daher am objektiven Tatbestandsmerkmal des Bewirkens eines bestimmten Verhaltens. Der Beschuldigte habe zudem nicht mit Vorsatz gehandelt, da er nie die Absicht gehabt habe, dem Geschädigten etwas anzutun und auch nicht beabsichtigt habe, dem Geschädigten zu drohen bzw. diesen in Angst und Schrecken zu versetzen. Es habe sich lediglich um eine ironisch sarkastische Bemerkung gehandelt, was auch aus dem Wortlaut der E-Mail hervorgehe (Urk. 48 S. 2-4).
Objektiver Tatbestand
Hinsichtlich der theoretischen Ausführungen zum objektiven Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte kann zunächst auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 8 f. E. III. 2.1.).
Ergänzend gilt es festzuhalten, dass der täter die Amtsperson bei der sog. BeamtenNötigung durch Gewalt Drohung zur Vornahme einer Amtshandlung zwingt, bewirkt diese also durch den AmtstRüger gegen dessen Willen (BSK StGB-HEIMGARTNER, Art. 285 N. 12). Die Drohung muss dabei geeignet sein, einen besonnenen Beamten in der Lage des Betroffenen gefügig zu machen. Das Tatbestandsmerkmal der Drohung ist wie dasjenige der Androhung eines ernstlichen Nachteils bei der Nötigung auszulegen (BSK StGB-HEIMGARTNER, Art. 285 N. 10 f.). Entsprechend ist auch hier die Drohung der Verübung eines Vergehens Verbrechens gegen Leib und Leben regelmässig geeignet, einem Opfer seinen Willen aufzuzwingen. Die Androhung eines solchen Nachteils ist geeignet, dem Betroffenen eine Handlungsweise, ein Dulden Unterlassen aufzuzwingen, auf welche der Drohende keinen Anspruch hat (BSK StGB- DELNON/R?DY, Art. 181 N. 40). Die Erzeugung eines psychischen Ausnahmezustandes beim Opfer wie etwa Panik AngstLöhmung ist hingegen nicht vorausgesetzt (BSK StGB-DELNON/R?DY, Art. 181 N. 26). Keine rechtswidrige Nötigung ist zudem die Drohung, von rechtlich vorgesehenen Druckmitteln, wie z.B. einer Beschwerde, Gebrauch machen zu wollen (BSK StGB-HEIMGARTNER, Art. 285 N. 10 f.; BGE 94 IV 111 E. 3). Als Amtshandlung hat sodann grundsätzlich jede Betätigung in der öffentlich-rechtlichen Funktion eines Beamten zu gelten. Dazu gehören nicht nur Rechtshandlungen und weitere Handlungen in Ausübung staatlicher Macht, sondern auch Handlungen zur Erfüllung staatlicher Aufgaben und Teilakte derselben sowie Vorbereitungs- und Begleithandlungen (OFK StGB-ISENRING, Art. 285 N. 7a). Innerhalb seiner Amtsbefugnisse liegt die Handlung, wenn der Beamte dafür zuständig ist (BGE 78 IV 119).
Der Beschuldigte schrieb dem Geschädigten in einer E-Mail unter anderem, dass er (der Beschuldigte) diesen kaltmachen müsse inklusive letzter ?-lung, wenn seine bescheidene Habe und diejenige seiner Kinder im Lager der Stadt, wie von dieser angedroht, aufgrund der ausstehenden Lagerkosten versteigert und allenfalls vernichtet werden. Damit hat der Beschuldigte dem Geschädigten gedroht, diesen kaltzumachen, d.h. ihn umzubringen. Es handelt sich mithin um eine Todesdrohung, welche ohne Frage einen ernstlichen Nachteil darstellt. Diese
ist ohne Weiteres geeignet, auch einen besonnenen Beamten in der Situation des Geschädigten gefügig zu machen. Daran vermag auch der Zusatz bezüglich der verschiedenen ?-le Kerzen?l, Kürbis?l, K?mmel?l: was Sie wollen! nichts zu ändern. Dieser macht die Drohung noch lange nicht zu einem Scherz ein- deutigen Bluff und wurde vom Geschädigten auch nicht so aufgefasst. So führte dieser aus, er fühle sich minim bedroht (Urk. 4/1 F/A 4). Dieser reagierte denn auch umgehend, indem er gerade einmal zehn Minuten nach dem Versand der E- Mail durch den Beschuldigten beim Bedrohungsmanagement anfragte, wie dieses das Schreiben beurteile und ob von einer Bedrohung auszugehen sei (Urk. 2/2
S. 1). Er führte zwar aus, er habe zunächst nicht gewusst, ob er etwas unternehmen solle, habe es dann aber gemeldet, auch als Exempel, um zu zeigen, dass man Leute nicht einfach bedrohen könne (Urk. 4/1 F/A 5). Dies zeigt, dass der Geschädigte der E-Mail mit Ernsthaftigkeit begegnet ist und diese keinesfalls als Scherz aufgefasst hat, sondern vielmehr leicht beunruhigt war, diese als Drohung verstand und sich dadurch tatsächlich zumindest minim bedroht gefühlt hat. Er äusserte sich eher zurückhaltend und belastete den Beschuldigten nicht mehr als notwendig. Seine Aussagen sind daher glaubhaft.
Der Beschuldigte äusserte sich dahingehend, dass er den Geschädigten kaltmachen müsse, wenn seine Habe und diejenige seiner Kinder vernichtet werden. Damit ist klar, dass er vom Geschädigten erwartete, dass dieser dafür sorge, dass seine Habe und diejenige seiner Kinder nicht vernichtet werde. Eine konkrete Handlungsanweisung ist nicht nötig. Es ist zwar richtig, dass der Geschädigte ausführte, er habe nicht genau gewusst, um was es in der E-Mail ging (Urk. 4/1 F/A 2). Die Androhung ernstlicher Nachteile und das vom Geschädigten erwartete Tun gehen aus der E-Mail jedoch eindeutig hervor. Dass sich der Geschädigte mit dem Inhalt der E-Mail wohl nicht weitergehend auseinandergesetzt hat, sondern direkt das Bedrohungsmanagement informierte, vermag daran nichts zu ändern. Um was es genau ging, hätte er ohne Weiteres in Erfahrung bringen können.
Der Geschädigte war zum Tatzeitpunkt C. . Somit handelte es sich bei ihm um einen Beamten im Sinne des Gesetzes (Art. 110 Abs. 3 StGB). Entgegen
den Ausführungen der Vorinstanz ist es sodann durchaus so, dass dieser ohne Weiteres politischen Einfluss in der Sache hätte nehmen können und dies zu sei-
nen Amtsbefugnissen Gehörte. Der C.
ist eine KollegialBehörde und insofern für alle Belange zuständig. In den C. ssitzungen wird denn auch über Geschäfte in allen Departementen beraten und abgestimmt. Den Stadtratn steht bei allen Geschäften, d.h. auch departementsübergreifend, ein uneingeschränktes Antrags- und äusserungsrecht zu (Art. 31 Abs. 1 RGE [Reglement über die Geschöftserledigung des C. s]). Damit hätte der Geschädigte als C. auch departementsübergreifend im Rahmen seiner Amtsbefugnisse beispielsweise ei- nen Antrag stellen können, die Angelegenheit anders zu handhaben und die Habe des Beschuldigten nicht zu versteigern bzw. zu vernichten diesem gar die Ausstände der Lagerkosten zu erlassen.
Subjektiver Tatbestand
Die Handlung muss mit Vorsatz erfolgen, wobei Eventualvorsatz genügt. Der Vorsatz muss sich auch auf die möglicherweise nötigende Wirkung und den drohenden Charakter der Handlungsweise beziehen (BSK StGB-H EIMGARTNER, Art. 285 N. 23). Dem Beschuldigten muss bewusst sein, dass es sich beim Gegenüber um einen AmtstRüger handelt. Der Vorsatz muss sich sodann auf die Amtshandlung beziehen (BSK StGB-HEIMGARTNER, Art. 286 N. 15).
Dem Beschuldigten wurde mit Schreiben des D.
vom
21. September 2021 sein Einlagerungsvertrag per 31. Oktober 2021 gekündigt, wobei er aufgefordert wurde, die offenen Lagergebühren bis dahin zu bezahlen, ansonsten sein Lager aufgeläst und sein Hausrat im E. -lokal verkauft wür- de. persönliche Dokumente, Briefe und Fotos könnten sodann innerhalb von zwölf Monaten abgeholt werden würden danach entsorgt (Urk. 2/7). Hierauf schrieb der Beschuldigte die besagte E-Mail (Urk. 2/3 S. 1 f.). Der Beschuldigte führte selbst aus, er habe gewollt, dass man seine Habe nicht wie angedroht versteigert und vernichtet. Er habe nicht gewusst, wie er das weiter bezwecken sollte und eine AbzahlungsMöglichkeit gewollt (Urk. 3/2 F/A 6). Mit diesen Aussagen konfrontiert äusserte sich der Beschuldigte anlässlich der Hauptverhandlung so- dann dahingehend, dass er das nicht vollumfänglich bestätigen könne. Er wisse
nicht mehr, in welchem Zusammenhang der Begriff AbzahlungsMöglichkeit gefallen sei und stellte die Frage in den Raum, wie er das denn hätte bezahlen sollen, bestätigte die Aussagen aber grundsätzlich mit: Aber prinzipiell im Groben naTürlich ja. (Prot. I S. 22). Seine Handlung zielte damit eindeutig darauf, den Geschädigten als Amtsperson dazu zu bewegen, die Vernichtung seiner Habe zu verhindern, was entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht zwingend durch Erlass der Lagerkostenausstände hätte erfolgen müssen. So hätte etwa eine AbzahlungsMöglichkeit nicht einem Erlass entsprochen. Dieses Ansinnen ist der E- Mail sodann würtlich und damit auch der Anklage zu entnehmen, welche die E- Mail in diesem Punkt zitiert (vgl. Urk. 20 S. 2). Dies wird von der amtlichen Vertei- digung nicht in Zweifel gezogen. Diese ging gar explizit darauf ein und führte aus: Dass er die E-Mail versandt haben soll, um zu bewirken, dass sein Hausrat nicht vernichtet wird, [...] kann der E-Mail ebenfalls nicht entnommen werden. (Urk. 48
S. 2). Um sein Ziel zu erreichen bediente der Beschuldigte sich ganz bewusst ei- ner Todesdrohung. Er war schlicht der Meinung, man wolle ihm nicht zuhören und wusste sich behaupteterweise nicht anders zu helfen (vgl. Urk. 3/2 F/A 6). So führte er auch aus, er habe die E-Mail aus Verzweiflung geschrieben (Urk. 3/2 F/A 7). Er wusste um den Droh-Charakter der E-Mail. Es ist irrelevant, dass er allenfalls nie die Absicht gehabt haben mag, dem Geschädigten tatsächlich etwas anzutun, sofern die Drohung als ernst gemeint erscheinen sollte (vgl. BGE 122 IV 322 E. 1a mit Verweis), was vorliegend eindeutig der Fall ist. Der Inhalt der E- Mail war weder als ironisch und/oder sarkastisch aufzufassen noch so gemeint. Daran vermag auch die aufgelistete Auswahl an ?-len nichts zu ändern. Der Beschuldigte richtete sich sodann ganz bewusst an den Geschädigten als Amtsperson und erkannte diesen auch als solchen, sendete er doch seine E-Mail auch an dessen Geschäftliche E-Mail-Adresse und nicht etwa an diesen privat. Sodann sprach er diesen bereits im Betreff und anschliessend erneut in der E-Mail ab- Schätzend als Stadtentwicklungs-Berater an (vgl. Urk. 2/3 S. 1). Er wusste damit, dass es sich beim Geschädigten um eine Amtsperson handelte und er versuchte mit Wissen und Willen von diesem eine Amtshandlung zu seinen Gunsten zu bewirken. Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich. Der subjektive Tatbestand ist somit erfüllt.
Versuch
Bezüglich der theoretischen Ausführungen zum Versuch nach Art. 22 StGB kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 11 E. III. 3.3.1.).
Der Beschuldigte hat vorliegend alles in seiner Macht stehende getan, damit der Erfolg eintritt. Er hat sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert, indem er die E-Mail an den Gesch?- digten versandte, jedoch liess sich dieser dadurch nicht genügend beeindrucken, so dass der Erfolg nicht eingetreten ist und damit nicht alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht wurden. Damit liegt ein Versuch vor.
Rechtswidrigkeit
Wie bei der Nötigung nach Art. 181 StGB muss die Rechtswidrigkeit auch bei der sog. BeamtenNötigung nach Art. 285 StGB positiv begründet werden, wobei dieselben Regeln Anwendung finden. Die Rechtswidrigkeit ist gegeben, wenn der Zweck das Mittel unerlaubt sind. Dasselbe gilt, wenn Zweck und Mittel erlaubt sind, aber die Benutzung dieses Mittels zum angestrebten Zweck unverhältnismässig, rechtsmissbräuchlich sittenwidrig ist (BSK StGB- H EIMGARTNER, Art. 285 N. 13). Vorliegend ist die Todesdrohung kaltmachen, d.h. das verwendete Mittel, rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit ist damit positiv begründet.
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein vollendeter Nötigungsversuch vorliegt, da der Beschuldigte alles in seiner Macht Stehende getan hat, damit der von ihm gewünschte Erfolg eintritt. Somit hat sich der Beschuldigte der versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Der Tatbestand der Nötigung wird hierdurch konsumiert (BSK StGB-H EIMGARTNER, Art. 285 N. 29 mit Verweis).
Schuldfühigkeit
über den Beschuldigten wurden bisher zwei Gutachten erstellt. Beide attestierten diesem eine eingeschränkte Steuerungsfühigkeit für die jeweils zu beurteilenden Tatzeitpunkte (vgl. Urk. 17/13 und Urk. 17/19). Dr. med. S. Lau diagnostizierte im neusten psychiatrischen Gutachten vom 30. April 2019 beim Beschuldigten eine narzisstische persönlichkeitssTürung, die durch und mit einem chronischen Konflikt eine paranoid-querulatorische Ausprägung zeigt. Es liegt jedoch keine psychische STürung vor, die die Einsichtsfühigkeit tangiert, so dass diese weder fehlt noch forensisch relevant beeinträchtigt ist (Urk. 17/19 S. 50). Der Beschuldigte hat gemäss Gutachten Interaktionsschwierigkeiten und nur eingeschränkte Fähigkeiten zur Kontrolle aggressiver Impulse bzw. adäquater Lösung von Konflikten, woraus sich eine forensisch relevante Beeinträchtigung der Steuerungsfühigkeit ergibt, welche im Bereich der mittelgradig eingeschränkten Schuldfühigkeit zu verorten ist (Urk. 17/19 S. 51).
Der Beschuldigte erklärte, dass sein Handeln nicht ideal gewesen sei, was ihm klar sei und nannte es eine Verfehlung (Prot. I S. 26). Es ist daher davon auszugehen, dass die Einsichtsfühigkeit seitens des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt vorhanden war.
Der Konflikt des Beschuldigten mit Behörden und deren Mitgliedern wurde bereits im obgenannte Gutachten beurteilt. Gemäss diesem hat dieser Konflikt für den Beschuldigten eine Bedeutung gewonnen, die hinsichtlich ihrer Intensität ab- norm ist, letztlich aber normalpsychologisch verstehbar bleibt. Es geht diesbezüglich um die übernachhaltig-querulatorische Ausgestaltung eines aus der Lebenssituation des Beschuldigten heraus entstandenen Konflikts, in dessen Verlauf der Beschuldigte sich im Sinne einer Selbstwertstabilisierung als Opfer willkürlich agierender Institutionen erlebt (Urk. 17/19 S. 49). Nichts anderes kann für die vorliegende Situation gelten. Es ist daher dem Gutachten vom 30. April 2019 folgend davon auszugehen, dass aufgrund der Interaktionsschwierigkeiten und eingeschränkten Fähigkeit zur Kontrolle aggressiver Impulse bzw. adäquater Lösung von Konflikten, auch zum vorliegenden Tatzeitpunkt eine mittelgradig eingeschränkte Schuldfühigkeit beim Beschuldigten bestanden hat. Anhaltspunkte
für eine vollständige Schuldunfähigkeit seitens des Beschuldigten bestehen nicht. Das eigenstündige Einholen eines Gutachtens erübrigt sich daher und wäre vorliegend auch nicht verhältnismässig. Damit ist die dem Beschuldigten attestierte mittelgradig eingeschränkte Schuldfühigkeit im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Strafzumessungsregeln und Strafrahmen
Hinsichtlich der theoretischen Ausführungen zu den Strafzumessungsregeln und dem Strafrahmen kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 13 f. E. IV. 1. und E. IV. 2.). Ergänzend gilt es zum Strafrahmen zu erwähnen, dass die Strafmilderung nach Art. 19 Abs. 2 StGB (vgl. nachfolgend
E. III. 2.2.) grundsätzlich dazu führt, dass das Gericht nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden und auf eine andere als die angedrohte Strafart erkennen kann (Art. 48a StGB). Besondere, aussergewöhnliche Umstände, die ein Verlassen des Strafrahmens rechtfertigen würden, liegen indessen nicht vor. Daher ist auch dieser Strafmilderungsgrund, wie der Versuch, innerhalb des ordentlichen Strafrahmens zu berücksichtigen.
Tatkomponente
Bezüglich der objektiven Tatkomponente gilt es festzuhalten, dass die Drohung jemanden kaltzumachen, eine Todesdrohung darstellt und daher im Rahmen dessen, was unter den Begriff des Androhens ernstlicher Nachteile subsumiert werden kann, durchaus sehr schwer wiegt. Anlass für die versuchte Nötigung waren aufgelaufene Lagerkosten bzw. der drohende Verkauf und die drohende Vernichtung seiner Habe. Damit besteht eine grosse Diskrepanz bzw. ein starkes Missverhältnis zwischen Mittel und Zweck. Der Erfolg, namentlich das Verhindern der Vernichtung seiner Habe durch den Geschädigten, trat nicht ein, wozu der Beschuldigte jedoch selbst nichts beitrug. Der Geschädigte fühlte sich gemäss eigenen Aussagen sodann nur minim bedroht (vgl. Urk. 4/1 S. 1). hätte
sich der C.
durch die E-Mail des Beschuldigten tatsächlich zu einer
Amtshandlung nötigen lassen, wäre von einem nicht mehr leichten Verschulden auszugehen. Es gilt weiter zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte lediglich eine E-Mail, welche nur eine Androhung ernstlicher Nachteile gegenüber dem Geschädigten und nicht beispielsweise zusätzlich gegenüber anderen Personen
enthielt, verschickte. Die objektive Tatschwere ist daher insgesamt als noch knapp leicht zu bezeichnen.
Hinsichtlich der subjektiven Tatkomponente gilt es zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte direktvorsätzlich, in der Absicht zu verhindern, dass seine Habe und diejenige seiner Kinder vernichtet wird, handelte. Die E-Mail war eine Reaktion auf das nur einige Tage zuvor erhaltene Kündigungsschreiben des D. . Darin wurde ihm angedroht, dass sein Lager geräumt und sein Hausrat verkauft werde, wenn die ausstehenden Lagerkosten nicht beglichen würden. persönliche Dokumente, Briefe und Fotos könnten sodann innerhalb von zwölf Monaten abgeholt werden würden danach entsorgt. Der Beschuldigte befand sich mithin unter psychischem Druck und war verzweifelt, hatte sicherlich Angst um seine Habe und diejenige seiner Kinder. Er hielt die E-Mail für seine einzige Möglichkeit die Vernichtung zu verhindern. Dies ist zu seinen Gunsten zu beRücksichtigen. Stark zugunsten des Beschuldigten wirkt sich sodann dessen mittelgra- dig eingeschränkte Steuerungsfühigkeit aus. Das subjektive Verschulden ist damit als leicht einzuordnen.
Das Tatverschulden wiegt angesichts vorgenannter Umstände insgesamt leicht. Es rechtfertigt sich daher die Festsetzung einer Einzelstrafe von 25 Tagessätzen Geldstrafe bzw. 25 Tagen Freiheitsstrafe.
täterkomponente
Vorleben und persönliche Verhältnisse
Hinsichtlich des Vorlebens und der persönlichen Verhältnisse kann vollumfänglich auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 15 E. IV. 4.1.). Diese wirken sich strafzumessungsneutral aus.
Vorstrafen
Auch bezüglich der Vorstrafen kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 15 f. E. IV. 4.2.). Ergänzend gilt es zu erwähnen, dass der Beschuldigte die ihm vorliegend zur Last gelegte Tat noch während eines hängigen Obergerichtlichen Verfahrens beging (vgl. Urk. 17/12). Zu beRücksichtigen ist auch hier, die eingeschränkte Steuerungsfühigkeit, die bereits bei Verübung der Taten, die zu seinen Vorstrafen führten, bestand. Die Vorstrafen wirken sich daher nur leicht strafErhöhend aus.
Nachtatverhalten
Der Beschuldigte zeigte sich von Beginn an gestündig, die E-Mail mit dem in der Anklage wiedergegebenen Inhalt an den Geschädigten versandt zu haben. Hierzu gilt es zu beachten, dass die Beweislage ohnehin erdRückend gewesen ist, nachdem die E-Mail durch den Beschuldigten auch an diverse weitere Personen im cc verschickt wurde. Er bestritt jedoch, die E-Mail verschickt zu haben, um den Empfänger zu einer Handlung zu nötigen und führte an, es habe sich lediglich um eine ironisch und/oder sarkastische Nachricht gehandelt. Das Geständnis des Beschuldigten vermag sich daher nur leicht strafmindernd auszuwirken.
Der Beschuldigte erklärte anlässlich der Hauptverhandlung im Rahmen seines Schlusswortes, zwar sei sein Verhalten nicht ideal gewesen und bezeichnete dieses als Verfehlung (Prot. I S. 26). Der vom Beschuldigten zuhanden des Obergerichts verfassten und zusätzlich per Post eingereichten E-Mail vom
12. Juli 2023 ist jedoch wiederum zu entnehmen, dass er [der Beschuldigte], wennnicht anders möglich, schliesslich zum äussersten gehen muss, bzw. Müsste (Urk. 45 S. 4 zweitletzter Absatz). Dies zeugt nicht von Einsicht und Reue
im Gegenteil. Der Beschuldigte erschien sodann am 6. Oktober 2021 im Verwaltungsgebäude F. , wobei er Glace und Olivenöl bei sich trug (vgl. Urk. 3/4 F/A 7). Er gab zwar einerseits zu Protokoll, dies getan zu haben, um zu verdeutlichen, dass es ironisch gemeint gewesen sei (Urk. 3/4 F/A 7), führte jedoch andererseits auch aus, Anlass dafür sei für ihn wiederum die Androhung gewesen, dass sein Hausrat vernichtet werde (Urk. 3/4 F/A 8). Damit entsteht
vielmehr der Eindruck, der Beschuldigte habe seiner Drohung (kaltmachen inkl. letzter ?-lung) allenfalls Nachdruck verleihen wollen. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier, die seitens des Beschuldigten bestehende mittelgradig eingeschränkte Steuerungsfühigkeit, sodass sich das Nachtatverhalten insgesamt strafzumessungsneutral auswirkt.
Strafart
Vorliegend besteht grundsätzlich die Möglichkeit eine Geldoder Freiheitsstrafe zu verhängen (Art. 285 Ziff. 1 aStGB i.V.m. Art. 34 Abs. 1 StGB und Art. 40 Abs. 1 StGB). Bei der Wahl der Sanktionsart ist neben dem Verschulden des Täters die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 82 E. 4.1 m.w.H.).
Nach der Konzeption des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches stellt die Geldstrafe die Hauptsanktion dar. Freiheitsstrafen sollen nur verhängt werden, wenn der Staat keine anderen Mittel hat, die öffentliche Sicherheit zu Gewährleisten. Nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip soll bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewöhlt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft (BGE 134 IV 82
E. 4.1.). Die Geldstrafe ist gegenüber der Freiheitsstrafe die weniger eingriffsintensive Sanktion und gilt somit als mildere Strafe (BGE 134 IV 97 E. 4.2.2). Unter BeRücksichtigung dieser Ausführungen ist vorliegend eine Geldstrafe auszusprechen. Eine Freiheitsstrafe ist nicht notwendig und wäre auch nicht angemessen.
Tagessatzhöhe
Bezüglich der Tagessatzhöhe kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 37 S. 17 E. IV. 5.). Aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten rechtfertigt sich ohne Weiteres die Festsetzung eines Tagessatzes in Höhe von Fr. 10.
Fazit
Der Beschuldigte ist mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 10 zu bestrafen.
Haftanrechnung
Der Beschuldigte befand sich vom 27. September 2021, 13.26 Uhr, bis
28. September 2021, 18.00 Uhr, in Haft (Urk. 15/2 i.V.m. Urk. 15/7). Die erstan- dene Haft von zwei Tagen ist dem Beschuldigten im Sinne von Art. 51 StGB auf die Strafe anzurechnen. Zwei Tagessätze Geldstrafe gelten als durch Haft abgegolten.
8. Vollzug
Vorab kann vollumfänglich auf die Ausführungen der Vorinstanz zum Vollzug verwiesen werden (Urk. 37 S. 18 E. V. 1. und E. V. 2.). Aufgrund der vorliegenden Vorstrafen ist von einer negativen Legalprognose auszugehen. Die gegenüber dem Beschuldigten auszusprechende Geldstrafe ist daher zu vollziehen. An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, dass in der Zwischenzeit zwei neue Verfahren wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte gegen den Beschuldigten hängig sind (Urk. 54). diesbezüglich gilt die Unschuldsvermutung. Anzumerken ist jedoch, dass zumindest nicht von einer zwischenzeitlich sicher bestehenden Bewährung seitens des Beschuldigten gesprochen werden kann.
Die amtliche Verteidigung stellte den Antrag auf Zusprechung einer Genugtuung von Fr. 400 für zu Unrecht erlittene Haft (Urk. 48 S. 4 f.). Wird das Verfahren eingestellt die beschuldigte Person freigesprochen, hat sie gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO Anspruch auf Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
Aufgrund des Ausgangs des Verfahrens besteht vorliegend kein Raum für die vom Beschuldigten gestellte Entschädigungsforderung. Das seitens des Be-
schuldigten geltend gemachte Genugtuungsbegehren ist entsprechend abzuweisen.
Erstinstanzliches Kosten- und Entschädigungsdispositiv
Nachdem der Beschuldigte auch im Berufungsverfahren schuldig gesprochen wird, ist das erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsdispositiv (Dispositiv- Ziffern 5-7) ausgangsgemäss zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO). Die vorinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 900 ist im Rahmen der gebührenverordnung des Obergerichts zulässig und erweist sich in Anbetracht der Bedeutung und Schwierigkeit des Falles sowie Zeitaufwandes des Gerichts als angemessen ( 2 Abs. 1 lit. b-d i.V.m. 14 Abs. 1 lit. a GebV OG). Die gebühr für das Vorverfahren, sowie die Entschädigung der amtlichen Verteidigung ergibt sich ohne Weiteres aus den Akten (Urk. 19; Urk. 29 i.V.m. Urk. 37 S. 19
E. VII. 3.).
Kosten- und Entschädigungsfolgen des Berufungsverfahrens
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist praxisgemäss auf Fr. 3'600 zu veranschlagen. Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen der Parteien auferlegt (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollumfänglich. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind daher, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Vertei- digung, dem Beschuldigten aufzuerlegen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten macht für seine Aufwendungen im Berufungsverfahren Fr. 2'603.10 (inkl. Barauslagen und MwSt.) geltend (Urk. 49). Das geltend gemachte Honorar ist ausgewiesen, steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung und erweist sich als angemessen. Die amtliche Verteidigung ist deshalb mit insgesamt Fr. 2'603.10 (inkl. Barauslagen und MwSt.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig der versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 10, wovon 2 Tagessätze durch Haft abgegolten sind.
Die Geldstrafe ist zu bezahlen.
Das Genugtuungsbegehren des Beschuldigten wird abgewiesen.
Das erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsdispositiv (Ziff. 5-7) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'600 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 2'603.10 amtliche Verteidigung.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl
das Bundesamt für Polizei, Bundeskriminalpolizei, 3003 Bern
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA, mittels Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebe- nen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 25. Oktober 2023
Der Präsident:
lic. iur. B. Gut
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw A. Blaser
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.