Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB230237 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 27.10.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Pornografie |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Video; Lichen; Beschuldigten; Verteidigung; Berufung; Vorinstanz; Beweis; Prot; Urteil; Recht; Amtlich; Amtliche; Geldstrafe; NCMEC; Verfahren; Sinne; Pornografisch; Staat; Pornografische; Instagram; Pornografie; Videos; Videodatei; Amtlichen; Anklage; Beweise; Knaben; Punkt |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ; Art. 197 StGB ; Art. 272 StPO ; Art. 279 StPO ; Art. 3 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 40 StGB ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 424 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 45 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 6 EMRK ; |
Referenz BGE: | 121 IV 202; 133 IV 9; 134 IV 1; 135 IV 180; 135 IV 188; 136 IV 55; 141 IV 61; 142 IV 265; 144 II 233; 144 IV 217; 144 IV 313; 146 IV 297; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB230237-O/U/nk
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Ohnjec und Oberrichter lic. iur. Castrovilli sowie Gerichtsschreiberin MLaw Brülisauer
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X.
gegen
betreffend Pornografie
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom
21. September 2022 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 16).
(Urk. 48 S. 28 f.)
Der Beschuldigte A. ist schuldig der harten Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB.
Der Vollzug der Geldstrafe wird bedingt aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Von der Anordnung einer Landesverweisung im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. h StGB wird abgesehen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 1'800.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'100.00 Gebühr Vorverfahren;
Fr. 7'844.75 Entschädigung amtliche Verteidigung, Rechtsanwalt MLaw X. (inkl. Barauslagen und MwSt.).
Die Kosten gemäss Dispositiv-Ziffer 7 werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Eine Nachforderung im Sinne von Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
Der amtlichen Verteidigung: (Urk. 50 S. 3; Urk. 70 S. 2)
Der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe vollumfänglich freizuspre- chen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) gemäss Aus- gang dieses Verfahrens.
Der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland: (Urk. 54 S. 1)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksge- richtes Winterthur, Einzelgericht in Strafsachen, vom 2. Februar 2023, welches dem Beschuldigten und der amtlichen Verteidigung mündlich eröffnet und über- geben (Prot. I S. 18 ff.) sowie der Staatsanwaltschaft schriftlich mitgeteilt wurde (Urk. 40), liess der Beschuldigte rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 42; Art. 399 Abs. 1 StPO). Das begründete Urteil wurde dem Beschuldigten am 17. April 2023 zugestellt (Urk. 45), woraufhin er am 5. Mai 2023 fristgerecht die Berufungserklä- rung inkl. Beilagen im Sinne von Art. 399 Abs. 3 StPO einreichen liess (Urk. 50 und Urk. 51/1-4).
Mit Präsidialverfügung vom 8. Mai 2023 wurde die Berufungserklärung der Staatsanwaltschaft zugestellt und Frist zur Erklärung der Anschlussberufung oder eines Nichteintretensantrags angesetzt. Dieselbe Frist wurde dem Beschuldigten angesetzt, um das Datenerfassungsblatt und Unterlagen zu seinen aktuellen wirt- schaftlichen Verhältnissen einzureichen (Urk. 52). Mit Eingabe vom 10. Mai 2023 erklärte die Staatsanwaltschaft den Verzicht auf Anschlussberufung und bean- tragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 54), was dem Beschul- digten zur Kenntnis gebracht wurde (vgl. Urk. 55).
Nachdem die amtliche Verteidigung nach entsprechender Fristansetzung zur Frage Stellung genommen hatte, ob die Voraussetzungen der amtlichen Ver- teidigung nach wie vor vorliegen (vgl. Urk. 56 und Urk. 58), wurde den Parteien unter dem Datum vom 5. Juni 2023 mitgeteilt, dass die amtliche Verteidigung nicht widerrufen werde (Urk. 61 f.). In der Folge erklärte der Beschuldigte innert mehrfach erstreckter Frist mit Eingabe vom 17. Juli 2023, dass er einstweilen da- rauf verzichte, ein ausgefülltes Datenerfassungsblatt und Unterlagen zu seinen aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen einzureichen (vgl. Urk. 65).
Am 6. September 2023 wurden die Parteien schliesslich zur Berufungsver- handlung auf den 27. Oktober 2023 vorgeladen (Urk. 66). Anlässlich der Beru-
fungsverhandlung reichte die amtliche Verteidigung das Datenerfassungsblatt inkl. Beilagen und ihre Honorarnote zu den Akten und stellte die eingangs aufge- führten Anträge (Prot. II S. 4; Urk. 68 f.; Urk. 70 S. 2).
Umfang der Berufung und formeller Hinweis
Abs. 2 StPO zur Disposition.
Februar 2023 folglich hinsichtlich der Dispositivziffern 4 (Absehen von einem Tätigkeitsverbot), 5 (Absehen von einer Landesverweisung), 6 (Einziehung) und 7 (Kostenfestsetzung), was vorab mittels Beschluss festzustellen ist.
einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss. Vielmehr kann sich das Beru- fungsgericht auf die für seinen Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschrän- ken (BGE 146 IV 297 E. 2.2.7; 143 III 65 E. 5.2; 141 IV 249 E. 1.3.1; Urteil des
Bundesgerichts 6B_1403/2019 vom 10. Juni 2020 E. 2.5 m.w.H.).
Verwertbarkeit von Beweismittel
Hintergrund der zur Beurteilung stehenden Anklage bildet das einmalige Weiterleiten einer Videodatei mit kinder- und tierpornografischem Inhalt mittels der Applikation Instagram Direct. Dieser Vorgang wurde in den USA von Insta- gram Inc. (nachfolgend: Instagram) dem National Center for Missing and Exploi- ted Children (nachfolgend: NCMEC) gemeldet, welche diesen mittels sog. Cyber- Tipline Report … über eine gesicherte VPN-Linie direkt an die Bundeskriminalpo- lizei in Bern weiterleitete. Diese Hinweismeldung betraf das Instagram- Benutzerprofil A'. und beinhaltete u.a. auch die dem Profil zugehörige Te- lefonnummer und E-Mailadresse (vgl. Urk. 4-6). Ermittlungen zu diesem Benut- zerprofil führten zum Beschuldigten (Urk. 9; Urk. 1; vgl. auch nachstehend
Erw. III.1.).
um eine verdachtsunabhängige, flächendeckende und systematische Überwa- chung des Fernmeldeverkehrs. Da überdies der Beschuldigte in der Schweiz sein Mobiltelefon benutzt habe (Zugriffsprinzip), sei er auch hierzulande überwacht worden, weshalb bei ihm die Bestimmungen der schweizerischen Strafprozess- ordnung zu gelten hätten. Gemäss hiesigem Recht stelle eine solche Datenerhe- bung eine Zwangsmassnahme dar, die ohne Vorliegen eines dringenden Tatver- dachts gemäss Art. 269 Abs. 1 lit. a StPO – ein solcher habe zum Zeitpunkt der Überwachung gerade noch nicht vorgelegen – und infolge Fehlens der notwendi- gen Genehmigung der Überwachung durch das Zwangsmassnahmengericht ge- mäss Art. 272 Abs. 1 StPO sowie einer anfechtbaren Mitteilung nach Art. 279 StPO verboten sei. Im Übrigen fehle es auch an der nach Art. 197 Abs. 1 lit. a StPO erforderlichen gesetzlichen Grundlage für eine derartige systematische Massenüberwachung (vgl. Urk. 35 S. 1; Urk. 38 S. 3; Urk. 70 S. 7-11).
ren Worten gegen den ordre public und das Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK. Ferner sei – nicht zuletzt auch für das Gericht – nicht nachvollzieh- bar, wie dieses Beweismaterial zustandegekommen sei, weshalb die Verteidi- gungsrechte nicht wirksam und sachbezogen hätten wahrgenommen werden können (vgl. Urk. 35 S. 1; Urk. 38 S. 3; Urk. 70 S. 16-19).
Wurden diese rechtmässig erhoben, sind diese mithin ohne Einschränkungen verwertbar (Urteil des Bundesgerichts 6B_741/2019 vom 21. August 2019 E. 5.2). Des Weiteren sind selbst rechtswidrig durch Private erlangte Beweismittel ver- wertbar, sofern sie auch von den Strafverfolgungsbehörden hätten erlangt werden können und überdies eine Interessenabwägung für ihre Verwertung spricht (Urteil des Bundesgerichts 6B_911/2017 vom 27. April 2018 E. 1.1 m.w.H.).
tems will geographically resolve the IP adress via a publicly-available online- query.).
E. 3.2., in ZR 122/2023 S. 167). Fehlt es bereits am Vorliegen einer staatlichen Zwangsmassnahme, sind im Übrigen die einschlägigen Bestimmungen der Straf- prozessordnung nicht einschlägig, und es bestand entgegen der Auffassung der Verteidigung keine Notwendigkeit eines Rechtshilfeverfahrens. Die Strafuntersu- chung lief vor diesem Hintergrund vielmehr korrekt und nachvollziehbar ab.
der Tat und am Schutz von Minderjährigen auch in diesem Fall den Interessen des Beschuldigten an einer allfälligen Unverwertbarkeit klar überwiegen.
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland wirft dem Beschuldigten in der Anklageschrift vom 21. September 2022 zusammengefasst vor, am 27. Dezember 2021 eine Videodatei mit pornografischem Inhalt über die Applikation Instagram Direct an einen Kollegen versendet zu haben. Konkret seien auf dieser Video- datei zwei minderjährige Knaben zu sehen, die einen Esel penetrierten. Der Beschuldigte sei sich dabei des beschriebenen sexuellen Inhalts des herunter- geladenen und abgespeicherten Videos bewusst gewesen und habe durch das Versenden einem weiteren Nutzer ermöglicht, die Datei herunterzuladen, wodurch
er verbotenes pornografisches Materieal verbreitet habe, was er gewusst und gewollt resp. zumindest billigend in Kauf genommen habe (Urk. 16 S. 2).
Gemäss CyberTipline Report … wurde das inkriminierte Video, welches zwei minderjährige Knaben beim Verkehr mit einem Esel zeigt, am 27. Dezember 2021 um 21.10 Uhr vom Instagram-Nutzer A'. mit hinterlegter Telefon- nummer … an den Instagram-Nutzer B. versandt (Urk. 5 S. 3 [beachte betr. Zeitangabe UTC + 1 Stunde]; Urk. 6). Das Video liegt samt Fotoübersicht bei den Akten (Urk. 7 f.; vgl. auch Urk. 24). Die IRC-Anfrage betreffend die im Insta- gram-Benutzerprofil des Versenders hinterlegte Telefonnummer ergab, dass die- se dem Beschuldigten gehört (Urk. 9).
S. 9). Er erklärte u.a., dass es sich bei A'. um sein Instagram- Benutzerprofil handle, auf welches nur er Zugriff habe (Urk. 3/1 F/A 9 f., 15; Urk. 3/2 F/A 29; Prot. I S. 10). Auf Vorhalt anerkannte er auch explizit, das rubri-
zierte Video, einem Freund geschickt zu haben (Urk. 3/1 F/A 32; Urk. 3/2 F/A 27; 41 f.; Prot. I S. 9 f.). Einschränkungen machte er vor allem dahingehend, dass er sich nichts dabei gedacht bzw. nicht überlegt habe, dass das Video derart prob- lematisch sei (Urk. 3/1 F/A 23, 33; Urk. 3/2 F/A 22; Prot. I S. 9 f.). Er habe das Video aus Spass weitergeleitet (Urk. 3/1 F/A 30, 38). Bei diesen Depositionen blieb der Beschuldigte auch anlässlich der Berufungsverhandlung (Prot. II S. 10 f.). Seine Zugeständnisse decken sich mit dem dargelegten objektiven Beweisergeb- nis. Demzufolge ist der äussere Anklagesachverhalt rechtsgenügend erstellt.
handle, womit es ihm am Vorsatz fehle. Im Ergebnis habe der Beschuldigte damit weder objektiv noch subjektiv tatbestandsmässig gehandelt, weshalb er freizu- sprechen sei (Urk. 38 S. 5 ff.; Urk. 70 S. 23 f.).
Zürich/St. Gallen 2021, N 10b zu Art. 197 StGB, BSK StGB-ISENRING/KESSLER,
4. Aufl., Basel 2019, N 22d zu Art. 197 StGB).
Der Beschuldigte hat mit dem aktiven Weiterleiten des Videos verbotene pornografische Aufnahmen in Verkehr gebracht, was Drittpersonen ermöglichte, fortan frei über die Datei zu verfügen (vgl. hierzu BSK StGB-ISENRING/KESSLER, a.a.O., N 52 c zu Art. 197 StGB), und hat damit den objektiven Tatbestand von Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB (tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjähri- gen) erfüllt.
handlung an, dass ihm das Video bekannt sei (Urk. 3/1 F/A 32; Prot. I S. 10). Vor diesem Hintergrund erscheinen seine späteren Vorbringen vor Vorinstanz und an- lässlich der Berufungsverhandlung, wonach er das Video nicht aufmerksam ge- schaut habe, ansonsten er es sofort gelöscht hätte (Prot. I S. 11), bzw. dass ihm beim Abschicken des Videos nicht bewusst gewesen sei, was es genau beinhalte (Prot. II S. 12), als nachgeschoben und insgesamt wenig überzeugend. Der Beschuldigte hat bei der Polizei denn auch keine vagen Angaben gemacht, sondern vielmehr ausdrücklich gesagt, das Video gesehen zu haben und dessen Inhalt zu kennen (Urk. 3/1 F/A 32), worauf er zu behaften ist. Insgesamt ist mit der Vorin- stanz deshalb ohne erhebliche Zweifel erstellt, dass der Beschuldigte das Video im Wissen um dessen Inhalt weitergeleitet hat. Zudem ist der Umstand, dass es sich beim Video um verbotenes pornografisches Material handelt, ohne weiteres zu erkennen. Den gegenteiligen Ausführungen der Verteidigung, dass es dem Beschuldigten am für den Vorsatz notwendigen Wissen fehle bzw. er fahrlässig gehandelt habe, kann nicht gefolgt werden (vgl. Urk. 38 S. 7 f.; Urk. 70 S. 21-26). Es ist als allgemein bekannt vorauszusetzen, dass man eine Videodatei, welche die Penetration eines Esels durch zwei deutlich unter 18-jährige Knaben zeigt, nicht versenden darf. Nach Abspielen des fraglichen Videos bei der Polizei erklär- te der Beschuldigte in diesem Sinne auch: Das ist nicht normal. Ich hätte dies nicht weiterleiten sollen. Ich dachte nicht, dass es Probleme geben könnte wegen eines solchen Videos (Urk. 3/1 F/A 35). Bei der Staatsanwaltschaft hielt er eben- falls fest, dass er wisse, dass solche Videos sehr schlecht seien (Urk. 3/2
F/A 43 f.). Zudem anerkannte er bereits zu Beginn der Untersuchung, dass er schon gewusst habe, dass diese Videos verboten seien. Konkret in Bezug auf das Video habe er aber nichts gedacht. Er habe es gesehen und sogleich weitergelei- tet (Urk. 3/1 F/A 39 f.). Die vom Beschuldigten in diesem Zusammenhang immer wieder in den Vordergrund gerückte Motivlage, wonach er sich beim Versenden der Dateien nichts weiter gedacht habe und die Weiterleitung aus seiner Sicht le- diglich zum Spass geschehen sei, kann ihm dabei durchaus geglaubt werden, doch bleibt dieser Umstand im Rahmen der rechtlichen Würdigung des Sachver- halts unbeachtlich und ist höchstens im Rahmen der Strafzumessung zu berück- sichtigen. Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass wenn der Beschuldigte das Video
in Kenntnis dessen Inhalts weiterleitete, er nach dem Erwogenen zumindest im Sinne eines Eventualvorsatzes in Kauf genommen hat, dass es sich bei der Vi- deodatei um verbotene harte Pornografie handelt. Das eigentliche Weiterleiten dieses Videos geschah in der Folge mit direktem Vorsatz. Mit der Vorinstanz ist entsprechend festzuhalten, dass der Beschuldigte den Tatbestand von Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB auch in subjektiver Hinsicht erfüllt hat.
3. Fazit
Grundsätze der Strafzumessung und Strafrahmen
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung wiederholt dargelegt (BGE 144 IV 313 E. 1.1; BGE 144 IV 217 E. 2.3 ff.; BGE 142 IV 265 E. 2.3 ff.;
BGE 141 IV 61 E. 6.1; BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff.; je m.w.H.). Darauf sowie auf die zutreffenden theoretischen Ausführungen der Vorinstanz kann vorab verwiesen werden (Urk. 48 S. 16 f.). Der Beschuldigte ist folglich wegen Pornografie im Sin- ne von Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB mit einer innerhalb des ordentlichen Straf- rahmens (Geldstrafe bis 180 Tagesätze oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren) zu
bemessenden Strafe zu sanktionieren (Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB i.V.m. Art. 34 Abs. 1 StGB und Art. 40 Abs. 1 StGB).
Jedoch kann der Umstand, dass die Weiterverbreitung aus Gedankenlosigkeit bzw. aus Spass erfolgte, nur beschränkt strafmindernd ins Gewicht fallen, da sich der Spassfaktor dem durchschnittlichen Betrachter solcher Videos nicht zu erschliessen vermag. Ferner ist dem Beschuldigten gestützt auf seine glaubhaften Aussagen zugute zu halten, dass er keine pädophilen Beweggründe hatte (vgl. Urk. 3/1 F/A 44 f.; Prot. I S. 11), dieses Bild weiterzuleiten. Die subjektive Tat- schwere erweist sich somit auch noch als leicht, was jedoch das ohnehin schon leichte Tatverschulden im Ergebnis nicht noch weiter zu relativieren vermag.
Der Beschuldigte ist bulgarischer und moldauischer Staatsbürger und in Moldawien geboren sowie aufgewachsen. Er besuchte für insgesamt 12 Jahre die russische Schule (sog. mittlere Schulbildung) und absolvierte das Liceum, schloss indes keine Berufsausbildung ab. Da er in seinem Heimatstaat keine Möglichkeit hatte, sich weiterzubilden, zog er nach Deutschland, um Geld zu verdienen. Dort arbeitete er in C. für 4 Jahre auf einer Baustelle, bevor er im Dezember 2019 in die Schweiz kam. Hierzulande lebte er zuerst in D. . Derzeit wohnt er in E. und verfügt über eine Aufenthaltsbewilligung B (Urk. 3/2 F/A 7 ff.; Prot. I S. 14 f.; vgl. Urk. 13/2 S. 9; Prot. II S. 7 ff.). Seine Familie lebt nach wie vor in Moldawien. Er selbst war im August 2023 das letzte Mal dort in den Ferien (Urk. 3/2 F/A 58 f.; Prot. II S. 8 f.). In der Schweiz arbeitet er in der Hauswartung und ist bei der Firma F. in E. im Vollzeitpensum angestellt, wo er gemäss aktuellen Lohnabrechnungen nach Abzug der Quellensteuer ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 3'685.– erzielt (vgl. Urk. 69). Er hat kei- ne Kinder, lebt allein und bezahlt für seine 1-Zimmer-Wohnung monatlich ungefähr Fr. 800.– zuzüglich Strom. Für die Krankenkasse fallen monatliche Kosten von ca. Fr. 280.– an und sporadisch unterstützt er seine Eltern, wobei anzumer- ken ist, dass keine eigentliche Unterstützungspflicht vorliegt. Er ist quellensteuer- pflichtig und verfügt weder über Vermögen noch Schulden (Urk. 3/1 F/A 60 f.;
Urk. 3/2 F/A 15 ff.; Prot. I S. 13 f.; Prot. II S. 8 ff.; vgl. auch Urk. 69). Anlässlich der Berufungsverhandlung ergänzte er, dass er in der Schweiz Freunde habe und seine Freizeit damit verbringe, zu entspannen, Fussball zu spielen sowie Filme zu schauen. Mitglied in einem Verein sei er nicht (vgl. Prot. II S. 9). Aus den darge- legten persönlichen Verhältnissen lassen sich keine strafzumessungsrelevanten Faktoren ableiten.
Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft (Urk. 67), was strafzumessungsneut- ral zu werten ist.
E. 2d/cc). Die Vorinstanz ist darauf hinzuweisen, dass gemäss bundesgerichtli- cher Praxis nur ein ausgesprochen positives Nachtatverhalten zu einer maxima- len Strafreduktion von einem Drittel führen kann. Zu einem solchen gehört ein um- fassendes Geständnis von allem Anfang an und aus eigenem Antrieb, also nicht erst auf konkrete Vorwürfe hin oder nach Vorlage entsprechender Beweise oder gar erst nach Ergehen eines erstinstanzlichen Schuldspruches. Ferner gehört ko- operatives Verhalten in der Untersuchung und Einsicht ins Unrecht der Tat sowie Reue dazu. Nur wenn all diese Faktoren erfüllt sind, kann eine Strafreduktion von einem Drittel erfolgen. Fehlen einzelne Elemente, ist die Strafe entsprechend we- niger stark zu mindern (BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, a.a.O., N 169 ff. zu
Art. 47 StGB).
zu sein und die Videodatei versendet zu haben, auch wenn relativierend zu be- merken ist, dass die Beweislage erdrückend war. Nichtsdestotrotz hat er mit sei- nem Verhalten die Strafuntersuchung erleichtert. Ferner zeigte er in der Untersu- chung, vor Vorinstanz und auch anlässlich der Berufungsverhandlung Reue und Einsicht in sein Fehlverhalten (vgl. statt vieler Urk. 3/2 F/A 49; Prot. I S. 18; Prot. II
S. 12). Insgesamt wirkt sich dieses Nachtatverhalten im Umfang von einem Viertel strafmindernd aus.
20. April 2020 E. 3.3.3 m.w.H.).
E. 4.5.2). Von der Festsetzung einer Verbindungsbusse ist mit der Vorinstanz deshalb abzusehen. Im Übrigen würde einer solchen in Anbetracht der Höhe der ausgefällten Geldstrafe ohnehin das Verschlechterungsverbot entgegenstehen.
Im Einklang mit der Vorinstanz ist der Vollzug der Geldstrafe unter Verweis auf deren Erwägungen (vgl. Urk. 48 S. 18) mit namentlicher Berücksichtigung der Ersttäterschaft des Beschuldigten bei einer minimalen Probezeit von 2 Jahren aufzuschieben. Da ohnehin das Verschlechterungsverbot zu beachten ist, erübri- gen sich weitere Erörterungen hierzu.
Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten die Kosten bis zum Abschluss des vorinstanzlichen Verfahrens in vollem Umfang auferlegt. Ebenso hat sie hinsicht- lich der Kosten der amtlichen Verteidigung eine uneingeschränkte Rückzahlungs- pflicht des Beschuldigten angeordnet (Urk. 48 S. 29). Nachdem es im Berufungs- verfahren beim Schuldspruch im Sinne der Anklage bleibt, gibt es keinen Anlass, von dieser ausgangsgemässen Kostenregelung abzuweichen (vgl. Art. 426 Abs. 1 StPO). Demzufolge ist die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositivziffer 8) zu bestätigen.
Für das Berufungsverfahren ist die Entscheidgebühr unter Berücksichti- gung des Umstands, dass das vorinstanzliche Urteil nur teilweise angefochten wurde, auf Fr. 2'500.– zu veranschlagen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit
§ 16 Abs. 1 GebV OG und § 14 Abs. 1 lit. a GebV OG).
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unter- liegt mit seiner Appellation. Ausgangsgemäss sind ihm die Kosten des Beru- fungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung, vollum- fänglich aufzuerlegen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf die Ge- richtskasse zu nehmen. Die Rückerstattungspflicht des Beschuldigten ist vorzu- behalten (Art. 135 Abs. 4 StPO).
Der mit Kostennote vom 27. Oktober 2023 (Urk. 68) geltend gemachte Aufwand (inkl. Barauslagen) der amtlichen Verteidigung erscheint angemessen und steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung. Nach Berücksichtigung der effektiven Dauer der Berufungsverhandlung von
2.5 Stunden und 1 Stunde Nachbesprechung ist der amtliche Verteidiger mit einem Honorar von pauschal Fr. 9'000.– (inkl. MwSt. und Barauslagen) aus der Ge- richtskasse zu entschädigen.
Der Beschuldigte A. ist schuldig der Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 65.–.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziff. 8) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'500.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 9'000.– amtliche Verteidigung.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
das Bundesamt für Polizei, Bundeskriminalpolizei
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälli- ger Rechtsmittel an
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei den Strafrechtlichen Abteilun- gen des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 27. Oktober 2023
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Stiefel
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw Brülisauer
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vor- erst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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