Zusammenfassung des Urteils SB230227: Obergericht des Kantons Zürich
In dem Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 13. Dezember 2023 ging es um mehrfache Freiheitsberaubung, Nötigung, Drohung und Beschimpfung. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu 14 Monaten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt. Zudem wurde er für 7 Jahre des Landes verwiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden festgesetzt, wobei ein Teil dem Beschuldigten und ein Teil der Staatskasse auferlegt wurde. Die Schadenersatzbegehren des Privatklägers wurden abgewiesen, aber der Beschuldigte wurde zur Zahlung einer Genugtuung verpflichtet. Der Richter war Oberrichter lic. iur. Stiefel. Die Gerichtskosten betrugen insgesamt 63'896.15 CHF.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB230227 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 13.12.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrfache Freiheitsberaubung etc. (Rückweisung des Schweizerischen Bundesgerichtes) |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Berufung; Urteil; Landes; Landesverweisung; Verfahren; Beschuldigten; Bundesgericht; Sachverhalt; Berufungsverfahren; Sachverhaltsabschnitt; Anklage; Privatkläger; Anklageschrift; Sinne; Entschädigung; Verteidigung; Staatsanwaltschaft; Urteils; Verfahren; Interesse; Sachverhaltsabschnitte; Rückweisung; Schweiz; Gerichtskasse; Bundesgerichts; Privatklägers; Entscheid; Beschimpfung; änkt |
Rechtsnorm: | Art. 126 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 177 StGB ;Art. 180 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 25 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 66a StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 117 IV 97; 141 IV 262; 143 IV 214; 146 IV 172; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB230227-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Bertschi und Ersatzoberrichter lic. iur. Weder sowie Gerichtsschreiber MLaw Andres
Urteil vom 13. Dezember 2023
in Sachen
vertreten durch Stv. Leitende Staatsanwältin lic. iur. Steinhauser,
Anklägerin und Erstberufungsklägerin
sowie
1. A. ,
Privatkläger und Drittberufungskläger 2. ...
Privatkläger
1, 2 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
Beschuldigter und Zweitberufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend mehrfache Freiheitsberaubung etc. (Rückweisung des Schweizerischen Bundesgerichtes)
Anklage
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland vom 29. Januar 2018 (Urk. 114 mit handschriftlicher Nummerierung) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil und Beschluss der Vorinstanz
(Urk. 173)
Es wird beschlossen:
Das Verfahren wird in Bezug auf den Vorwurf der Beschimpfung (eventualiter tätlichkeiten) gemäss Sachverhaltsabschnitt 10 der Anklageschrift eingestellt.
Das Verfahren wird in Bezug auf den Vorwurf der mehrfachen Sachentziehung gemäss den Sachverhaltsabschnitten 11 und 18 der Anklageschrift eingestellt.
[Mitteilungssatz und Rechtsmittel]
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B. ist schuldig
der mehrfachen Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 12 und 19 inkl. 13 der Anklageschrift),
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Sachverhaltsabschnitte 3, 14 und 15 der Anklageschrift),
der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 4 und 5 der Anklageschrift) und
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 8 und 9 der Anklageschrift).
Der Beschuldigte B. ist nicht schuldig und wird freigesprochen von den Vorwürfen
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Sachverhaltsabschnitte 1, 2 und 6 sowie 20 und 21 der Anklageschrift),
der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitt 16 der Anklageschrift),
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 17 der Anklageschrift) und
der mehrfachen tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitt 7 der Anklageschrift).
Der Beschuldigte wird bestraft mit 14 Monaten Freiheitsstrafe, wovon
183 Tage (vom 21. Februar 2017 bis 22. August 2017) durch Haft erstanden sind, sowie mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 50.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. g StGB für 7 Jahre des Landes verwiesen.
Von der Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird abgesehen.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 6. Juni 2017 beschlagnahmten und bei der Kantonspolizei Zürich (TEU- Ass-Tri) gelagerten Gegenstände werden dem Beschuldigten auf erstes Verlangen nach Rechtskraft herausgegeben:
USB Memory Stick Marke klubschule MIGROS (Asservat Nr.: A010'137'492),
Mobiltelefon Wiko, ohne Code (Asservat Nr.: A010'137'538),
Mobiltelefon Huawai, Sperrcode M (Asservat Nr.: A010'137'549),
Mobiltelefon Wiko, ohne Code (Asservat Nr.: A010'137'550),
PC HP, ohne Passwort (Asservat Nr.: A010'137'561),
USB Memory Stick Marke FRITZ! (Asservat Nr.: A010'271'291).
Verlangt der Beschuldigte die betreffenden Gegenstände innert drei Monaten nach Rechtskraft nicht heraus, werden sie vernichtet.
Die Schadenersatzbegehren des Privatklägers 1 (A. ) werden abgewiesen.
Der Beschuldigte B. wird unter solidarischer Haftung mit den Mitbeschuldigten C. , D. , E. , F. , G. , H. sowie dem Jugendlichen I. verpflichtet, dem Privatkläger 1 (A. )
Fr. 2'000 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtu- ungsbegehren abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 4'000.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 10'000.00 gebühr für das Vorverfahren
Fr. 522.05 Auslagen (Gutachten Hafterstehungsfühigkeit)
Fr. 36.60 Entschädigung Zeuge
Fr. 75.00 Entschädigung Dolmetscher Fr. 46'321.20 Kosten amtliche Verteidigung
(inkl. Barauslagen und MWSt.)
Fr. 2'941.30 1/10 Kosten unentgeltl. Verbeiständung Privatkläger (inkl. Barauslagen und MWSt.)
Fr. 63'896.15 Total
Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.
Wird auf die Begründung dieses Entscheids verzichtet, so ermässigt sich die Entscheidgebühr auf zwei Drittel.
Die Kosten mit Ausnahme derjenigen für die unentgeltliche Verbeistn- dung der Privatklägerschaft werden dem Beschuldigten zu drei Vierteln auferlegt und im übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die dem Beschuldigten auferlegten Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
Die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung der Privatklägerschaft wer- den auf die Gerichtskasse genommen.
[Mitteilungssatz und Rechtsmittel]
BerufungsAnträge
(Urk. 181, S. 8 f.; 194 S. 6)
1. Es seien die Schuldspräche gemäss Urteil des Bezirksgericht Winterthur vom 22. Oktober 2018 zu bestätigen.
Es sei der Beschuldigte zusätzlich schuldig zu sprechen:
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Sachverhaltsabschnitte 2 und 6 sowie 20 und 21)
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitt 17 der Anklageschrift)
der tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitt 7 der Anklageschrift)
Der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten sowie mit ei- ner Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu CHF 80.00 (entsprechend CHF 3'600.00) sowie einer Busse von CHF 500.00 zu bestrafen.
Die Strafe sei im Rahmen von 12 Monaten zu vollziehen und im Rahmen von 20 Monaten bedingt unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren aufzuschieben.
Gewährung des bedingten Vollzuges der Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu CHF 80.00, Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.
Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse.
Es seien dem Beschuldigten die gesamten Kosten des Vorverfahrens sowie der erstinstanzlichen Verhandlung aufzuerlegen.
Es sei das Honorar des amtlichen Verteidigers für das Vorverfahren und die erstinstanzliche Hauptverhandlung auf CHF 45'000.00 anzusetzen.
Anträge nach Rückweisung des Bundesgerichts (zweites Berufungsverfahren): (Urk. 225, sinngemäss)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Landesverweisung 7 Jahre)
(Urk. 178 S. 2; 197 S. 2)
1. In Aufhebung und Abänderung von Ziff. 1, 3 und 4 des Urteils sei der Beschuldigte von allen Vorwürfen freizusprechen und es sei der Beschuldigte
für seine Haft zu entschädigen. Dabei sei von einem Tagesansatz in Höhe von CHF 250.00 auszugehen, zuzüglich Zins von 5% seit Inhaftierung.
In Aufhebung und Abänderung von Ziff. 5 des Urteils sei von einer Landesverweisung abzusehen.
In Aufhebung und Abänderung von Ziff. 9 des Urteils seien die Genugtu- ungsbegehren der Geschädigten abzuweisen.
In Aufhebung und Abänderung von Ziff. 11 des Urteils seien sämtliche Kosten auf die Staatskasse zu nehmen.
Die Berufung der Anklägerin vom 15. April 2019 sei vollumfänglich abzuweisen.
Die Kosten für das Berufungsverfahren seien auf die Staatskasse zu nehmen.
Anträge nach Rückweisung des Bundesgerichts (zweites Berufungsverfahren): (Urk. 227)
Die Dauer der Landesverweisung sei auf das Minimum, d.h. auf maximal fänf Jahre festzusetzen.
Von einer Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) sei abzusehen.
Von einer Abänderung der Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss Urteil und Beschluss des Obergerichts vom 15. September 2021 (zweitinstanzliches Urteil) sei abzusehen.
Alles Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. MwSt.) zu Lasten des Staates.
(Urk. 182; 195/1 und 195/2)
Der Privatkläger ficht das Urteil in Teilen an. Die Berufung beschränkt sich auf den Zivilanspruch (Disp. Ziff. 9) und die Genugtuung (Disp. Ziff. 10).
Der Privatkläger verlangt
in Aufhebung von Dispositiv Ziff. 9 des Urteils die Zusprechung eines Schadenersatzes in der Höhe von CHF 79'090, unter solidarischer Haftung mit den Mitbeschuldigten, evtl. Verweis des Schadenersatzbegehrens auf den Zivilweg,
in Aufhebung von Ziff. 10 des Urteils die Zusprechung einer Genugtu- ung von CHF 20'000, unter solidarischer Haftung mit den Mitbeschul- digten.
Es werden folgende BeweisAnträge gestellt:
Einvernahme von Frau med. pract. J. , Trauma- Psychotherapeutin als SachVerständige evtl. Zeugin zu ihren Ausführungen im Zeugnis vom 10. September 2018 (bei den Akten).
[zurückgezogen]
Einvernahme von Herrn K. als Zeuge (zur Frage des Honorars).
[zurückgezogen]
Einvernahme von Herrn Dr. L. , Studienleiter M. , ... [Adresse] als Zeuge zur Behauptung, dass der Privatkläger nach Abschluss des Studiums problemlos eine Stelle im Bereich Stadtverkehr und Raumplanung finden wird und dabei ein Bruttosalür von CHF 100'000 erzielen kann.
Ferner: Urkundenbeweise, eingereicht an der Berufungsverhandlung, Urk. 196/1-5.
Anträge nach Rückweisung des Bundesgerichts (zweites Berufungsverfahren):
Keine
Erwägungen:
Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil vom 22. Oktober 2018 des Bezirksgerichts Winterthur erhoben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Privatkläger und der Beschuldigte Berufung. Anschlussberufungen wur- den keine erhoben. Zu den Einzelheiten des Verfahrensgangs bis zur Urteilsfällung im ersten (Mändlichen) Berufungsverfahren sei auf die entsprechenden Erwägungen im schriftlich begründeten Urteil und Beschluss der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 15. September 2021 verwiesen (SB190211, Urk. 205 S. 11 f.). Die hiesige Kammer sprach den Beschuldigten mit diesem Urteil der mehrfachen Freiheitsberaubung, der mehrfachen Nötigung (teilweise als Gehilfe), der Drohung und der Beschimpfung schuldig. Von weiteren Nötigungs- und BeschimpfungsVorwürfen wurde der Beschuldigte dagegen freigesprochen, genauso vom Vorwurf der mehrfachen tätlichkeiten. Für seine Taten wurde er mit 18 Monaten Freiheitsstrafe sowie mit einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 80, beide bedingt vollziehbar, bestraft. Von der Anord- nung einer Landesverweisung wurde abgesehen (Urk. 205 S. 153 ff.).
Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom
Februar 2022 Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht (Urk. 213/2). Sie beantragte, die Ziffer 5 des Urteils (Absehen von einer Lan- desverweisung) sei aufzuheben und zur erneuten Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Eventualiter sei der Beschuldigte für 7 Jahre des Landes zu verweisen (Urk. 213/2 S. 1 f.). Die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hiess mit Urteil 6B_207/2022 vom 27. März 2023 die Beschwerde gut, hob das Urteil der hiesigen Kammer vom 15. September 2021 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurück (Urk. 218).
3. Mit dem Einverständnis der Parteien wurde das aktuelle Berufungsverfahren schriftlich durchgefährt (Urk. 221 - 223). Mit Eingabe vom 25. Mai 2023 beantragte die Staatsanwaltschaft fristgerecht die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Landesverweisung (Urk. 225). Innert erstreckter Frist
(Urk. 226) ging mit Blick auf die im Rückweisungsverfahren noch offenen Punkte (Landesverweisung, Nebenfolgen, Kosten- und Entschädigungsfolgen) auch die BerufungsBegründung des Beschuldigten vom 3. Juli 2023 mit den eingangs erwähnten Anträgen ein (Urk. 227). Die Staatsanwaltschaft verzichtete in der Folge auf eine Berufungsantwort und verwies auf ihre bereits aktenkundigen Ausführungen (Urk. 231). Innert erstreckter Frist (Urk. 232) erstattete die Verteidigung ihre Berufungsantwort samt Beilagen vom 7. August 2023 (Urk. 233 und Urk. 234/1-4). Zu Letzterer liess sich die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer freigestellten Stellungnahme mit Eingabe vom 9. August 2023 vernehmen (Urk. 237). Die Verteidigung verzichtete in der Folge auf weitere Stellungnahmen (Urk. 238). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Bindungswirkung des Rückweisungsentscheids
Heisst das Bundesgericht eine Beschwerde gut und weist es die Angelegenheit zur neuen Beurteilung an das Berufungsgericht zurück, darf sich dieses von Bundesrechts wegen nur noch mit jenen Punkten befassen, die das Bundesgericht kassierte. Die anderen Teile des Urteils haben Bestand und sind in das neue Urteil zu übernehmen. Irrelevant ist, dass das Bundesgericht mit seinem Rückweisungsentscheid formell in der Regel das ganze angefochtene Urteil aufhebt. Entscheidend ist nicht das Dispositiv, sondern die materielle Tragweite des bun- desgerichtlichen Entscheids (BGE 143 IV 214 E. 5.2.1 und Urteil des Bundesgerichts 6B_765/2015 vom 3. Februar 2016 E. 4; je mit Hinweisen). Die neue Entscheidung der kantonalen Instanz ist somit auf diejenige Thematik beschränkt, die sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen als Gegenstand der neuen Beurteilung ergibt. Das Verfahren wird nur insoweit neu in Gang gesetzt, als dies notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (BGE 143 IV 214 E. 5.2.1 mit Hinweisen und Urteil des Bundesgerichts 6B_1366/2016 vom 6. Juni 2017 E. 3.2.1). Aufgrund der Bindungswirkung bun- desgerichtlicher Rückweisungsentscheide ist es dem Berufungsgericht abgesehen von allenfalls zulässigen Noven verwehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits
einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid aus- Drücklich abgelehnt überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind (BGE 143 IV 214 E. 5.3.3 mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Gedanken, dass das Strafverfahren prinzipiell mit dem Urteil der (oberen) kanto- nalen Instanz abgeschlossen ist (BGE 117 IV 97 mit Hinweisen; Urteil des Bun- desgerichts 6B_1431/2017 vom 31. Juli 2018 E. 1.3). Muss sich jedoch die Vorinstanz aufgrund des Rückweisungsentscheids nochmals mit der Beweislage befassen, ist eine neue, abweichende BeweisWürdigung durch die Berufungsinstanz ebenso zulässig, wie die Abnahme neuer Beweise, selbst wenn solche bereits in einem Früheren Verfahrensstadium hätten erhoben werden können, soweit der entsprechende Sachverhalt mit einer WillkürRüge vor Bundesgericht noch angefochten werden kann und demnach noch nicht verbindlich feststeht (BGE 143 IV 214 E. 5.3.2 und E. 5.4 a.E.).
Der vorliegende bundesgerichtliche Aufhebungsentscheid bezieht sich auf die Landesverweisung. Das Bundesgericht verneinte beim Beschuldigten das Vorliegen eines schweren persönlichen Hürtefalls (Urk. 218 S. 7 ff.). überdies erachtete es die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung gegenüber den beschränkten privaten Interessen des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz als überwiegend. Entsprechend erachtete das Bundesgericht den Verzicht der hiesigen Kammer auf eine Landesverweisung als bundesrechtswidrig, hob das Urteil vom 15. September 2021 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück, mit der Anweisung, die Landesverweisung anzuordnen und deren Dauer festzulegen und überdies die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie der weiteren Nebenfolgen des kantonalen Verfahrens neu vorzunehmen (Urk. 218 S. 13 f.).
Aufgrund der Bindungswirkung des bundesgerichtlichen Urteils ist die Lan- desverweisung gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. g StGB anzuordnen. Der Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens beschränkt sich mithin auf die Festlegung der angemessenen Dauer der Landesverweisung sowie auf die Kosten- und Entschädigungsfolgen des Berufungsverfahrens.
Teilrechtskraft
Um eine extensive Wiederholung des aufgehobenen Entscheids zu vermeiden, kann bezüglich der faktisch in Rechtskraft erwachsenen Teile des aufgehobenen Berufungsurteils (Umfang der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils, Sachverhaltserstellung, rechtliche Würdigung, Strafzumessung und Vollzug, Zivilforderungen sowie Kosten- und Entschädigungsregelung hinsichtlich erstinstanzlichem Verfahren) in sinngemüsser Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO auf die Erwägungen im aufgehobenen Entscheid verwiesen werden, mithin auf das Urteil der hiesigen Kammer des Obergerichts vom 15. September 2021 (SB190211, Urk. 205 S. 11 - 128 und S. 135 ff.). Die nicht kassierten Teile des aufgehobenen Urteils sind jedoch ins neue Urteilsdispositiv zu übernehmen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1366/2016 vom 6. Juni 2017 E. 3.2.1).
Wie dargelegt, ist die Landesverweisung des Beschuldigten gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. g StGB anzuordnen.
Nachfolgend ist die Dauer der Landesverweisung festzulegen.
Art. 66a StGB sieht als Dauer der obligatorischen Landesverweisung einen Rahmen von 5 - 15 Jahren vor. Die Bemessung der Dauer im Einzelfall liegt im Ermessen des Gerichts, welches sich dabei insbesondere am Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu orientieren hat (Botschaft vom 26. Juni 2013 zur änderung des Strafgesetzbuches und des MiliTürstrafgesetzes, BBl 2013 5975 ff., S. 6021). Das Gesetz nennt keine Kriterien, die bei der Ausübung des richterlichen Ermessens zu berücksichtigen sind. Gemäss der Lehre sollen das Verschulden, die persönlichen Interessen des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz und das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung einander gegenübergestellt werden, wobei je nach Art und Schwere der begangenen Rechtsgutverletzung auf ein mehr weniger hohes Entfernungs- und Fernhalteinteresse zu schliessen ist (vgl. ZURBrägG/HRUSCHKA, Basler Kommentar StGB, 4. Aufl. 2019, N 27 ff. zu Art. 66a StGB).
Die Vorinstanz hat die Dauer der Landesverweisung auf 7 Jahre festgesetzt. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Bestätigung der vorinstanzlichen Anord- nung. Demgegenüber beantragt die Verteidigung im Rückweisungsverfahren, die Dauer der Landesverweisung auf das gesetzliche Minimum von 5 Jahren festzusetzen.
Die Verteidigung führt in ihrem Parteivortrag im zweiten (schriftlichen) Berufungsverfahren aus, dass sich der Beschuldigte seit dem Vorfall vom tt. November 2016 und damit seit mittlerweile bald sieben Jahren strafrechtlich nichts mehr habe zu Schulden kommenlassen, was zeige, dass er aus dem Vorfall seine Lehren gezogen habe und keine Gefahr für die ?-ffentlichkeit darstelle. Zudem sei die hohe Belastung des mittlerweile ebenso lange andauernden Strafverfahrens und die damit verbundene Unsicherheit bei der Festsetzung der Dauer der Landesverweisung zu Gunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen. Von Belang seien gemäss Verteidigung auch die jüngsten gesundheitlichen Entwicklungen beim Beschuldigten. So habe eine neuropsychologische Untersuchung im Dezember 2021 ergeben, dass er an einer multimodalen kognitiven Beeinträchtigung mittelschweren bis schweren Ausmasses leide, wie der neu eingereichte ürztliche Bericht zur Untersuchung vom 1. Dezember 2021 zeige (Urk. 234/1). Sodann sei dem Beschuldigten gemäss Bericht der Integrierten Psychiatrie Winterthur IPW im Februar 2022 (im zweiten Berufungsverfahren eingereicht und als Urk. 234/2 zu den Akten genommen) eine mittelgradig depressive Episode diagnostiziert wor- den, gestützt auf welche eine erneute Anmeldung bei der IV erfolgt sei (Urk. 234/3). Der Beschuldigte sei mithin eine psychisch angeschlagene Person und entsprechend hilfsbedürftig. Es sei voraussehbar, dass er aufgrund seines beschränkten Leistungsvermögens und der Perspektiven, die ihm sein Heimatland N. biete, absehbar, dass er dort keine tragfühige Zukunft würde aufbauen können (Urk. 227 S. 4 f.; Urk. 233 S. 2 f.).
Das Bundesgericht hat sich mit Urteil vom 27. März 2023 im Rahmen der HürtefallPrüfung und der anschliessenden Interessenabwägung zu den privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz als auch zu den öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung, welche wie dargelegt auch für die Festlegung ihrer Dauer relevant sind, wie folgt geäussert:
Hinsichtlich seiner privaten Interessen zog es in Erwägung, dass die Aufenthaltsdauer des Beschuldigten angesichts seiner Einreise in die Schweiz im Alter von 12 Jahren bzw. ab der 5. Klasse zwar durchaus als pRügende Zeit einzustufen sei, gleiches jedoch auch hinsichtlich seiner bis zur Einreise in N. verbrachten (Schul-)Zeit gelte (Urk. 218 S. 7). Bei der familiüren Situation sei zu beachten, dass der Beschuldigte weder eine Freundin noch eigene Kinder habe und die regelmässigen Kontakte zu seinem Bruder und seiner Mutter, die in der Schweiz leben, kein besonderes abhängigkeitsverhältnis zu begründen vermöchten. Der Kontakt zu seinen in der Schweiz lebenden nahen FamilienanGehörigen könne im Rahmen von Kurzaufenthalten, Ferienbesuchen über die moder- nen Kommunikationsmittel vom Ausland her wahrgenommen werden (Urk. 218
S. 8). Was die soziale Komponente seines privaten Interesses am Verbleib in der Schweiz angehe, sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte in den Jahren, in welchen er bereits in der Schweiz lebt, keine nennenswerten Kontakte zu Perso- nen ausserhalb seiner Familie habe schaffen aufrechterhalten können. Es sei zwar von einer gewissen sozialen Einbindung in der Schweiz auszugehen, nicht jedoch von einer gelungenen sozialen Integration (Urk. 218 S. 8 f.). Auch was die berufliche Integration angehe, sei beim Beschuldigten von einer gewissen Integration auszugehen, wobei dem jedoch kein übermässiges Gewicht zukomme (Urk. 218 S. 9). Sein persönliches Interesse an einem Verbleib in der Schweiz würde sich anhand dieser Umstände als beschränkt erweisen (Urk. 218 S. 11).
Zum öffentlichen Interesse an einer Landesverweisung des Beschuldigten führte das Bundesgericht aus, dass es sich bei den Taten, zu welchen er zu ver- urteilen ist, nicht um Körperliche Gewalttaten handelt, diese jedoch die Rechte anderer massiv tangieren würden. Immerhin seien unter der Mithilfe des Beschul- digten zwei Personen gegen deren Willen über mehrere Stunden festgehalten worden, wobei sich die täter in zahlenmässiger übermacht befunden hätten und sie die Geschädigten durch Drohungen und tätliche Übergriffe daran gehindert hätten, die Moschee zu verlassen. Jedenfalls verhalte es sich auch nicht so, als
hätte der Beschuldigte sich lediglich passiv verhalten. Vielmehr sei er bei diesen Taten an vorderster Front präsent gewesen, habe eine tragende Rolle einge- nommen und durch sein Tun an diesem Abend massgeblich zur Gesamtsituation beigetragen. Hinzu komme, dass eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten und damit nicht mehr eine geringe Strafe auszusprechen sei. Das öffentliche Interesse an einer Landesverweisung erweise sich angesichts dieser Umstände als durchaus erheblich und überwiege die doch beschränkten privaten Interessen des Beschuldigten jedenfalls (Urk. 218 S. 12 f.).
Schliesslich seien so das Bundesgericht weiter die Widereingliede-
rungschancen des Beschuldigten in seinem Heimatland N.
in Anbetracht
dessen, dass der während 12 Jahren dort gelebt und während 5 Jahren die Schule besucht habe, die ... Sprache [des Staates N. _] sowohl Mändlich als auch schriftlich beherrsche und mit der Kultur seines Heimatlandes vertraut sei, durchaus intakt (Urk. 218 S. 10).
gestützt auf die dargelegten bundesgerichtlichen Erwägungen zum öffentlichen Interesse sowie angesichts des zwar nicht übermässig hohen, aber insgesamt doch erheblichen Verschuldens liegt mit Blick auf den Beschuldigten ein nicht unerhebliches Fernhalteinteresse vor. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Beschuldigte mit seinen Taten den als Anlasstat für eine Landesverweisung geltenden Tatbestand der Freiheitsberaubung gleich zweifach erfüllt hat. Dies wirkt sich bei der Festsetzung der Dauer der Landesverweisung erschwerend aus, nachdem bereits bei einer einfachen Begehung einer Freiheitsberaubung gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. g StGB selbst bei sehr leichtem Verschulden eine Landesverweisung von mindestens 5 Jahren auszusprechen wäre. Wie von der Verteidigung vorgebracht und vom Bundesgericht angesichts der strickten Novenschranke im höchstrichterlichen Beschwerdeverfahren nicht beRücksichtigt, sind zwar gestützt auf die von der Verteidigung beigebrachten Arztberichte (Urk. 234/1-3) durchaus Anzeichen vorhanden, dass der Beschuldigte psychisch angeschlagen ist. Wie die Staatsanwaltschaft allerdings nicht zu Unrecht einwendet (Urk. 237
S. 2), kommt diesen Krankheitsbildern beim Beschuldigten kein dauerhafter Charakter (depressive Episode) zu bzw. könnten diese im Fall der multimodalen
kognitiven Beeinträchtigung gemäss ürztlicher Feststellung gar vorwiegend auf den möden Allgemeinzustand zum Zeitpunkt der Testung zurückzuführen sein (Urk. 234/1). Zudem sind sollte der Beschuldigte könftig darauf angewiesen sein
? auch in N.
entsprechende Behandlungsangebote vorhanden. Seine angeschlagene psychische Verfassung wirkt sich mit Blick auf die Festsetzung der Dauer mithin nicht in relevantem Ausmass zu seinen Gunsten aus. Die Verteidigung weist darauf hin, dass sich die Anlasstaten im November 2016, mithin vor fast 7 Jahren ereigneten und der Beschuldigte seither strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist (vgl. Urk. 219), was gemäss Verteidigung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sei und sich entsprechend in einer minimalen Dauer der Landesverweisung niederschlagen müsse (Urk. 227 S. 4). Mit diesem Einwand hat sich das Bundesgericht jedoch ebenfalls bereits auseinandergesetzt und in seinem Entscheid vom 27. März 2023 festgehalten, dass dieser Umstand das öffentliche Interesse an eine Landesverweisung des Beschuldigten zwar nicht erhöhe, aber auch nicht abschwäche (Urk. 218 S. 13).
Unter gegenseitiger Abwägung der dargelegten privaten und öffentlichen Interesse erweist sich mit der Vorinstanz eine Dauer der Landesverweisung von 7 Jahren als angemessen.
Schliesslich ist auf die Frage einzugehen, ob die Landesverweisung im
Die Staatsanwaltschaft beantragte in der Anklage zunächst noch die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem. Die Vorinstanz hat auf eine Ausschreibung verzichtet (vorinstanzliches Urteil Urk. 181
E. IIV.4.2.). Der Verzicht blieb bereits vor Berufungsgericht unangefochten (vgl. eingangs aufgefährte Anträge im ersten Berufungsverfahren) und wurde von der Staatsanwaltschaft auch in ihren Anträgen im zweiten (schriftlichen) Berufungsverfahren nicht beantragt (Urk. 225 S. 1). Das Bundesgericht hat sich jüngst mit der Frage, ob das Verschlechterungsverbot gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO auch auf die Frage der SIS-Ausschreibung anwendbar ist, auseinandergesetzt und festgehalten, dass dieses zumindest dann nicht zur Anwendung gelange, wenn sich die
Vorinstanz mit der Ausschreibung überhaupt nicht auseinandergesetzt hat (BGE 146 IV 172 E. 3.3), was vorliegend jedoch gerade nicht der Fall ist. Entsprechend stände einer Anordnung der SIS-Ausschreibung im vorliegenden Rückweisungsverfahren das Verschlechterungsverbot entgegen, weshalb weitere Erwägungen zu dieser Thematik unterbleiben können.
Nach dem Erwogenen bleibt es beim bereits von der Vorinstanz angeordneten Verzicht auf eine Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem.
Erstinstanzliches Verfahren
Nachdem vor Bundesgericht einzig Beschwerde gegen den Verzicht auf Landesverweisung erhoben wurde, wirkt sich die Rückweisung nicht auf die im ersten Berufungsurteil vorgenommene Regelung der erstinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen aus (SB190211, Urk. 205 S. 148 - 150; vgl. Art. 426 Abs. 1 StPO). Die Bestätigung des erstinstanzlichen Kostendispositivs (Ziffern 10 und 11) bleibt entsprechend unverändert.
Berufungsverfahren
Zunächst sind die Kosten- und Entschädigungsfolgen für das erste (Mändli- che) Berufungsverfahren festzulegen.
Die Festsetzung der Kosten für das erste Berufungsverfahren gemäss Dispositivziffer 6 des Urteils vom 15. September 2021 blieb vor Bundesgericht unangefochten und hat mithin Bestand.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte hat einen vollständigen Freispruch und den Verzicht auf die Landesverweisung beantragt. Die Staatsanwaltschaft beantragte mit ihrer Berufung, den Beschuldigten zusätzlich zu den bereits rechtsKräftigen vorinstanzlichen Schuldsprächen we-
gen mehrfacher Nötigung (Sachverhaltsabschnitte 2, 6, 20 und 21), mehrfacher Beschimpfung (Bespucken zum Nachteil O. , Sachverhaltsabschnitt 17) sowie tätlichkeiten (Sachverhaltsabschnitt 7) schuldig zu sprechen. Ferner beantragte sie eine Höhere Strafe unter teilweisem Vollzug derselben sowie die bestätigung der Landesverweisung.
Entgegen den Anträgen des Beschuldigten werden sämtliche vorinstanzlichen Schuldspräche bestätigt. Neu unterliegt er überdies auch mit seinem Antrag auf Verzicht auf Landesverweisung. Damit unterliegt der Beschuldigte weitestgehend. Er obsiegt einzig noch teilweise mit Blick auf die Zivilforderung, wobei Letzterer gegenüber dem Strafpunkt und der Frage nach der Landesverweisung weit weniger Gewicht zukommt. Nachdem die von der Staatsanwaltschaft angefochte- nen vorinstanzlichen Freispräche allesamt bestätigt werden, obsiegt auch die Staatsanwaltschaft einzig geringfügig hinsichtlich des gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil etwas Höheren Strafmasses und unterliegt im übrigen mit ihrer Berufung ebenfalls weitestgehend.
Der Privatkläger unterliegt mit seiner auf den Zivilpunkt beschränkten Berufung seinerseits weitestgehend. Die in Art. 30 Abs. 1 OHG statuierte Kostenfreiheit gilt im Berufungsverfahren nicht (Urteil des Bundesgerichts 6B_370/2016 vom
16. März 2017 E. 1.2. mit Hinweis auf BGE 141 IV 262 E. 2.2), weshalb der Privatkläger entsprechend dem Ausgang des Verfahrens grundsätzlich ebenfalls kostenbzw. angesichts der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege Rückerstattungspflichtig würde.
Unter Gewichtung der Anträge der Parteien erscheint es angemessen, die Kosten für das erste Berufungsverfahren ? mit Ausnahme der Kosten für die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Vertretung des Privatklägers A. (vgl. dazu nachfolgend) ausgangsgemäss zu zwei Dritteln dem Beschuldigten aufzuerlegen und im übrigen (1/3) auf die Staatskasse zu nehmen. In Anbetracht des insgesamt geringen Gewichts und des sehr beschränkten Aufwandes hinsichtlich der Zivilklage (Verweis auf den Zivilweg) erscheint es angemessen, auf eine Kostenauflage zulasten des Privatklägers zu verzichten.
Im ersten Berufungsurteil vom 15. September 2021 wurde die Entschädigung der amtlichen Verteidigung (inkl. MwSt. und Auslagen) für das erste Beru- fungsverfahren aus der Gerichtskasse auf pauschal Fr. 16'000 festgelegt, was vor Bundesgericht unbeanstandet geblieben ist. Daran ist unter Verweis auf die dortigen Erwägungen (SB190211, Urk. 205 S. 152) festzuhalten. Die Entschädigung wurde bereits ausbezahlt (Urk. 202). Die Rückzahlungspflicht des Beschul- digten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang der Kostenauflage (2/3) vorbehalten.
Gleiches gilt mit Blick auf die Entschädigung des unentgeltlichen Rechts-
vertreters bzw. die Rechtsanwalt X.
im ersten Berufungsurteil zugesprochene anteilsmässige Entschädigung von Fr. 2'071.45 (entsprechend 1/7 des Gesamtbetrages) für das erste Berufungsverfahren aus der Gerichtskasse (SB190211, Urk. 205 S. 152 f.). Daran ist genauso wie an der definitiven Kostenübernahme durch die Gerichtskasse festzuhalten. Die Entschädigung wurde ebenfalls bereits ausbezahlt (Urk. 203).
Sodann sind die Kosten- und Entschädigungsfolgen für das zweite (schriftli- che) Berufungsverfahren zu regeln:
Die Gerichtsgebühr für das vorliegende zweite Berufungsverfahren (SB220227) hat ausser Ansatz zu fallen, nachdem die Aufhebung des Urteils des Obergerichtes vom 15. September 2021 durch das Bundesgericht nicht von den Parteien zu verantworten ist.
Die amtliche Verteidigung ist auch für das zweite Berufungsverfahren aus der Gerichtskasse zu entschädigen (Art. 135 Abs. 1 StPO), wobei für das zweite Berufungsverfahren ein Aufwand von etwas unter 9 Stunden geltend gemacht wird (Urk. 234/4). Dieser Aufwand erscheint angemessen. Rechtsanwalt Dr. iur. Y. ist mithin für das zweite Berufungsverfahren mit aufgerundet Fr. 2'100 (inkl. Auslagen und MwSt.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Eine Rückerstattungspflicht des Beschuldigten besteht diesbezüglich nicht.
Der unentgeltliche Rechtsvertreter der Privatklägerschaft hat sich angesichts des nur noch auf die Dauer der Landesverweisung beschränkten Prozessgegenstandes nicht mehr aktiv am Verfahren beteiligt und auch keine Entschädigung geltend gemacht. Mangels erkennbarer Umtriebe ist ihm für das zweite Berufungsverfahren mithin keine Entschädigung zuzusprechen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom
22. Oktober 2018 bezüglich der
Dispositivziffer 2 teilweise (Freispräche betreffend einfache Körperverletzung gemäss Sachverhaltsabschnitt 16 und betreffend Nötigung gemäss Sachverhaltsabschnitt 1 der Anklageschrift) und
Dispositivziffer 7 (beschlagnahmte Gegenstände)
und der gleichentags ergangene Beschluss hinsichtlich der Dispositivziffern 1 und 2 (Verfahrenseinstellungen betreffen Beschimpfung gemäss Sachverhaltsabschnitt 10 und betreffend mehrfacher Sachentziehung gemäss Sachverhaltsabschnitten 11 und 18 der Anklageschrift)
in Rechtskraft erwachsen sind.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B. ist schuldig
der mehrfachen Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 12 [ohne 2] und 19 [ohne 13] der Anklageschrift),
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Sachverhaltsabschnitt 3 der Anklageschrift), teilweise in Verbindung mit Art. 25 StGB (Sachverhaltsabschnitte 14 und 15 der Anklageschrift),
der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 4 [teilweise] und 5 der Anklageschrift) und
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitt 9 der Anklageschrift).
Der Beschuldigte ist nicht schuldig und wird freigesprochen von den Vorwürfen
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Sachverhaltsabschnitte 6 sowie 20 und 21 der Anklageschrift),
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitte 17 der Anklageschrift) und
der mehrfachen tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB (Sachverhaltsabschnitt 7 der Anklageschrift).
Der Beschuldigte wird bestraft mit 18 Monaten Freiheitsstrafe, wovon
183 Tage durch Haft erstanden sind, sowie mit einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 80.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. g StGB für 7 Jahre des Landes verwiesen.
Von der Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird abgesehen.
Das Schadenersatzbegehren des Privatklägers 1 (A. ) wird auf den Zivilweg verwiesen.
Der Beschuldigte B. wird unter solidarischer Haftung mit den Mitbeschuldigten D. , E. , F. , C. , G. , sowie I. verpflichtet, dem Privatkläger 1 (A. ) Fr. 2'000 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren auf den Zivilweg verwiesen.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziffern 10 und 11) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr für das erste (Mändliche) Berufungsverfahren SB190211 wird festgesetzt auf:
Fr. 4'000 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 16'000 amtliche Verteidigung (bereits ausbezahlt, Verfahren SB190211)
Fr. 2'071.45 Anteil unentgeltliche Verbeiständung (1/7; bereits ausbezahlt, Verfahren SB190211)
Die Kosten des ersten (Mändlichen) Berufungsverfahrens SB190211 werden
mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft dem Beschuldigten zu zwei Dritteln auferlegt. Im übrigen (1/3) werden sie auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung im ersten (Mändlichen) Berufungsverfahren SB190211 werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten für diese Kosten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang der Kostenauflage (2/3) vorbehalten.
Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft im ersten (Mändlichen) Berufungsverfahren SB190211 werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr für das zweite (schriftliche) Berufungsverfahren SB230227 fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen
Fr. 2'100 für die amtliche Verteidigung und werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Schriftliche Mitteilung vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland
den Vertreter der Privatklägerschaft, dreifach für sich und die Privatkläger 1 und 2
das Migrationsamt des Kantons Zürich
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials sowie mit Formular A.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 13. Dezember 2023
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Stiefel
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Andres
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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