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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB230196
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB230196 vom 28.11.2023 (ZH)
Datum:28.11.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Exhibitionismus
Zusammenfassung : Der Fall betrifft eine Auseinandersetzung zwischen der Firma A_______ SARL und Herrn B_______. Es geht um einen Vertrag, der von A_______ SARL im Jahr 2010 gekündigt wurde, woraufhin Herr B_______ eine Klage auf Zahlung von 64169 Euro einreichte. A_______ SARL reichte eine Gegenklage auf Zahlung von 154660 Euro ein. Das Gericht ordnete eine schriftliche Stellungnahme an, lehnte jedoch weitere Beweisanträge von A_______ SARL ab. Es wurde eine mündliche Verhandlung angesetzt, bei der A_______ SARL aufgefordert wurde, sich zu den Vorwürfen zu äussern. Es kam zu Unstimmigkeiten bezüglich der Zeugen und der Durchführung eines Gutachtens. Letztendlich wurde das Urteil aufgehoben und der Fall zur erneuten Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen.
Schlagwörter : Beschuldigte; Privatklägerin; Vorinstanz; Beschuldigten; Zeugin; Aussagen; Berufung; Richt; Beweis; Einvernahme; Verteidigung; Urteil; Staatsanwaltschaft; Mutter; Recht; Sachverhalt; Gericht; Vorfall; Geldstrafe; Sinne; Dispositiv; Anklage; Exhibitionismus; Entscheid; Verfahren; Gericht
Rechtsnorm:Art. 10 StPO ; Art. 194 StGB ; Art. 29 BV ; Art. 34 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 400 StPO ; Art. 401 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 42 StGB ; Art. 428 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:127 I 38; 129 IV 179; 136 IV 1; 138 IV 81; 139 IV 179; 141 IV 249;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB230196-O/U/ad

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, und lic. iur. Castrovilli, Ersatzoberrichterin Dr. Borla sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. Schwarzenbach-Oswald

Urteil vom 28. November 2023

in Sachen

  1. ,

    Beschuldigter und Berufungskläger

    verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

    gegen

    Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich,

    Anklägerin und Berufungsbeklagte

    sowie

  2. ,

Privatklägerin

betreffend Exhibitionismus

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Horgen, Einzelgericht, vom 23. November 2022 (GG220025)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 18. August 2022 (Urk. 11) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig des Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.00.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Von der Anordnung eines tätigkeitsverbots wird im Sinne von Art. 67 Abs. 4 bis StGB abgesehen.

  5. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1'800.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'100.00 Kosten für das Vorverfahren

    Verlangt keine der Parteien eine Begründung, ermässigt sich die Entscheidgebühr um einen Drittel. Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

  6. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

BerufungsAnträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 46 S. 2 f.)

    1. Es sei der Entscheid des Bezirksgerichts Horgen vom 23. November 2022 wie folgt abzuändern:

      Ziffer 1: Der Beschuldigte sei vom Vorwurf des Exhibitionismus im Sin- ne von Art. 194 Abs. 1 StGB freizusprechen.

      Ausgangsgemäss seien Ziffer 2 und 3 aufzuheben.

    2. Eventualiter sei das Verfahren an die Vorinstanz bzw. an die Staatsanwaltschaft zur weiteren Sachverhaltsabklärung zurückzuweisen.

    3. Es seien die Untersuchungs- und Gerichtskosten, inkl. der Kosten der erbetenen Verteidigung, gemäss Ziffer 5 und 6 aufzuheben und es sei dem Beschuldigten eine angemessene Prozessentschädigung zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zuzusprechen.

    4. Es seien die Untersuchungs- und Gerichtskosten für das vorliegende Verfahren vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen und es sei dem Beschuldigten eine angemessene Prozessentschädigung auszurichten.

  2. Der Vertreterin der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich: (Urk. 41, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

Erwägungen:

  1. Einleitung und Verfahrensgang

    1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine Berufung gegen das eingangs im Dispositiv zitierte Urteil des Bezirksgerichts Horgen, Einzelgericht, vom

    23. November 2022, mit welchem der Beschuldigte des Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB verurteilt wurde.

    1. Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermei- dung von unnötigen Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 36 S. 3 f.).

    2. Am 3. Dezember 2022 meldete der Beschuldigte zunächst Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil an (Urk. 32). Das begründete Urteil der Vorinstanz wur- de dem Beschuldigten am 20. März 2023 (Urk. 35/2), der Staatsanwaltschaft am

    14. März 2023 (Urk. 35/1) und der Privatklägerin am 22. März 2023 (Urk. 35/3) zugestellt. Der Beschuldigte reichte sodann am 11. April 2023 die Berufungserklärung ein (Urk. 38).

    1. Mit präsidialVerfügung vom 14. April 2023 wurde die BerufungsErklärung unter Hinweis auf Art. 400 Abs. 2 und 3 StPO und Art. 401 StPO der Privatklägerin und der Staatsanwaltschaft zugestellt, um zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben werde um begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 39). Zudem wurde der Privatklägerin in der gleichen Verfügung Frist angesetzt, um zu erklären, ob sie den Antrag stelle, dass dem urteilenden Gericht eine Person gleichen Geschlechts anGehöre und ob sie für den Fall einer Befragung verlange, von einer Person gleichen Geschlechts einvernommen zu werden. Mit Eingabe vom 20. April 2023 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf Erhebung einer Anschlussberufung (Urk. 41). Die Privatklägerin liess sich innert Frist nicht vernehmen.

    2. Am 23. Juni 2023 wurde zur Berufungsverhandlung auf den 28. November 2023 vorgeladen (Urk. 43). Zur heutigen Berufungsverhandlung erschien der Beschuldigte in Begleitung seiner erbetenen Verteidigerin, Rechtsanwältin lic. iur. X. . Anlässlich derselben stellte der Beschuldigte die eingangs aufgefährten Anträge (Prot. II S. 5 f.).

  2. Prozessuales
  1. Umfang der Berufung

    1. Gemäss Art. 402 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung. Die Rechtskraft des angefochtenen Urteils wird somit im Umfang der BerufungsAnträge gehemmt, während die von der Berufung nicht erfassten Punkte in Rechtskraft erwachsen (vgl. BSK StPO-EUGSTER, 3. Aufl., Basel 2023, Art. 402 StPO N 1 f.).

    2. Der Beschuldigte ficht mit seiner Berufung den Schuldspruch betreffend Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB (Dispositivziffer 1), die Strafzumessung (Dispositivziffern 2 und 3) sowie die Kostenfestsetzung (Dispositivziffer

      5) und die Kostenauflage (Dispositivziffer 6) an (Urk. 38). Die Staatsanwaltschaft erhob keine Anschlussberufung (Urk. 41).

    3. Die Vorinstanz sah von der Anordnung eines tätigkeitsverbots im Sinne von Art. 67 Abs. 4 bis StGB ab (Dispositivziffer 4), weshalb diese Dispositivziffer in Rechtskraft erwachsen ist, was vorab mit Beschluss festzustellen ist.

  2. Prozessuale Vorbemerkungen

    1. Soweit für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des eingeklagten Sachverhaltes auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, so erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO, auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.

    2. Auf die Argumente des Beschuldigten bzw. der Verteidigung, der Staatsanwaltschaft und sowie der Privatklägerin ist im Rahmen der nachstehenden Erwägungen einzugehen. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der von einem Entscheid in ihrer Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hürt, pröft und in ihrer Entscheidfindung beRücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich ausei- nandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausDrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen

      wenigstens kurz die überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stätzt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; BGE 139 IV 179 E. 2.2; BGE 138 IV 81 E 2.2, je mit Hinweisen).

  3. Zu den BeweisAnträgen

    1. Der Beschuldigte verzichtete mit der BerufungsErklärung vorläufig auf BeweisAnträge (Urk. 38 S. 3). Wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren stellte der Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhandlung erneut folgende Beweisanträge: Es seien folgende Zeuginnen zur Sache einzuvernehmen: C. , D. , E. , F. und G. (Urk. 22 S. 2; Prot. I S. 49; Urk. 45). Weiter beantragte er, ein Gutachten über die Glaubwürdigkeit der Geschädigten B. erstellen zu lassen (Urk. 45) und dass E. zu befragen sei, ob sie das Schreiben gefunden habe und dieses noch habe, in welchem B. als Vorbereitung für die Strafanzeige den Vorfall detailliert aufgeschrieben habe (Prot. II S. 25 f.).

    2. Zur Begründung liess er ausführen, dass B. ihrer ehemaligen Chefin, F. , gegenüber erfunden habe, sie würde zu Hause nichts zu Essen erhalten und sei sexuell missbraucht worden. F. könne sachdienliche Hinweise zum Aussageverhalten von B. geben. Dies gelte auch für die Patentante

      G. , welche ebenfalls von B. über den fraglichen Vorfall unterrichtet worden sei. Sie könne bestätigen, wie B. ihre Geschichte im Verlauf der Untersuchung abgeändert habe. Sodann könne sie berichten, dass es B. mit der Wahrheit nicht so genau nehme, wenn es um ihre persönlichen Ziele und Belange gehe. Die Schwester D. werde bestätigen können, dass B. anlässlich eines Gesprächs am 11. Augst 2022 erklärt habe, sie habe der Zeugin H. am Anfang nicht alles erzählt, womit diese nicht mehr eine Zeugin der ersten Stunde sei. Weiter könne sie bestätigen, dass B. anlässlich dieses Gesprächs ihre Version erneut abgeändert habe, um ihre Mutter zu überzeugen. C. sei an dem fraglichen Gespräch vom 11. August 2022 nicht dabei gewesen. Aber sie sei diejenige Person gewesen, der B. unmittelbar nach dem Vorfall eine Nachricht habe zukommen lassen und ihr geschildert habe, was vorgefallen sein soll und könne aufzeigen, dass B. ihre Version im Laufe der Zeit fortlaufend Ergänzt und dramatischer dargestellt habe, um sich Aufmerksamkeit zu erhaschen und von ihrer Krankheit abzulenken. Die Zeugin E. sei bereits staatsanwaltschaftlich einvernommen worden. Sie sei ebenfalls am Gespräch vom 11. August 2022 dabei gewesen, als B. ihre Version erneut abgeändert und nun behauptet habe, der Beschuldigte habe einen Orgasmus gehabt. Gesamthaft könnten die Zeugen sachdienliche Hinweise geben, die für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit der Aussagen von

      B. die notwendigen Grundlagen geben würden. Sodann sei ein Gutachten über die Glaubwürdigkeit von B. zu erstellen. Dies vor dem Hintergrund, dass es B. aufgrund ihrer Krankheit immer wieder gelungen sei, ihr Umfeld zu manipulieren und zu belägen, wie dies auch durch die Zeugen bestätigt wer- den könne (Urk. 45).

    3. Wie aus den folgenden Erwägungen hervorgeht, erübrigen sich diese Zeugeneinvernahmen. Aufgrund der bereits im Recht liegenden Beweismittel ist der Anklagesachverhalt erstellt, vgl. dazu gleich nachstehend in E. III. Die von der Verteidigung genannten Personen waren alle beim eingeklagten Vorfall nicht dabei. F. hatte gar keine Kenntnis von der Tat und die anderen sind Zeugin- nen vom hörensagen. Sie können nur wiedergeben, was sie von der PrivatKlägerin vernommen haben. Ihre Befragung würde nichts am klaren Beweisergebnis ändern und ist daher obsolet. Ausserdem wurde E. bereits als Zeugin einvernommen. Es gibt auch keinen Anlass, sie dazu zu befragen, ob sie ein Schreiben gefunden habe, in welchem B. als Vorbereitung für die Strafanzeige den Vorfall detailliert aufgeschrieben habe. Es wurde nicht substantiiert dargelegt, was dieses Schreiben beinhalten sollte und wann und zu welchem Zweck es verfasst wurde. Selbst wenn ein solches Schreiben existieren sollte, so hat die Privatklägerin gleich nach dem Vorfall gegenüber Dritten geschildert, was passiert war und sich nicht erstmals anlässlich der polizeilichen Einvernahme dazu geäussert. Ob B. ihrer Familie gegenüber erwähnt hatte, dass der Beschuldigte einen Orgasmus gehabt habe, ist sodann irrelevant, denn in den Einvernahmen erwähnte sie dies nie und vor Vorinstanz räumte sie selber ein, das aus Emotio- nen heraus ihrer Mutter gegenüber einmal gesagt zu haben, dass dies aber nicht stimme (Prot. I S. 42). Was die beantragte Glaubwürdigkeitsbegutachtung betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass eine solche vor allem dann notwendig ist, wenn

es um bruchstückhafte schwierig zu interpretierende Aussagen eines kleinen Kindes geht, ernsthafte Hinweise auf eine geistige STürung vorliegen konkrete Anzeichen dafür vorhanden sind, dass die einvernommene Person unter dem Einfluss eines Dritten steht (BGE 129 IV 179 E. 2.4 = Pra 92 (2003) Nr. 217 m.w.H.). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte, welche eine Glaubwürdigkeitsbegutachtung der Privatklägerin für notwendig erscheinen lassen. Bulimie beeinträchtigt die Wahrnehmungs- und Wiedergabefühigkeit einer Person nicht per se. Entsprechend sind die BeweisAnträge abzuweisen.

III. Sachverhalt
  1. Zusammengefasster Anklagevorwurf

    Gemäss Anklageschrift vom 18. August 2022 (Urk. 11) habe sich die PrivatKlägerin, am Samstag, 5. Juni 2022, ca. 08:30 / 09:00 Uhr, in der Wohnung an der

    I. -Strasse ..., J. , in das Schlafzimmer von E. , ihrer Mutter, begeben. Sie habe sich neben die Mutter ins Bett gelegt, welche dort neben dem Beschuldigten gelegen habe. Als die Mutter aufgestanden sei, sei auch der Beschuldigte aufgestanden und habe das Schlafzimmer verlassen, wohin er nach kurzer Zeit wieder zurückgekehrt sei. Die Geschädigte, welche kurz aufgestanden sei und nur noch mit einem Slip bekleidet gewesen sei, habe dies bemerkt und habe sich sofort ins Bett zurück unter die Decke begeben. Der Beschuldigte (mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet) habe sich in der Folge ebenfalls wieder ins Bett gelegt und sei näher an die Privatklägerin herangeRückt, welche ihn dann aufgefordert habe, etwas auf Abstand zu gehen, was dieser auch getan habe. Daraufhin, nach der Aufforderung B. lueg mal, habe der Beschuldigte der Privatklägerin seinen nackten Genitalbereich (mit heruntergezogener Boxershorts) bzw. seinen entblässten erigierten Penis gezeigt, welchen er in der Hand gehalten und vor der Privatklägerin onaniert habe. Die Privatklägerin habe als Reaktion auf diesen Anblick empürt reagiert, woraufhin der Beschuldigte aufgehürt habe (Urk. 11 S. 2). Es kann im übrigen auf die Anklageschrift vom 18. August 2022 verwiesen werden (Urk. 11).

  2. Anerkannter und bestrittener Sachverhalt

    Der Beschuldigte anerkennt den Sachverhalt insofern, als er, seine Partnerin bzw. die Mutter der Privatklägerin (E. ) und die Privatklägerin am besagten Tag und Zeit zu dritt im Bett gewesen seien. Weiter räumt er ein, dass er und E. sodann zunächst das Schlafzimmer verlassen haben, er aber wieder zurück ins Schlafzimmer gegangen ist und sich im Bett auf seine Seite gelegt hat. Er bestreitet aber, dass es ihm bewusst gewesen sei, dass die Privatklägerin auch im Bett gewesen sei, dass er eine sexuelle Handlung vorgenommen und dass er eine Erektion gehabt habe. Auch bestreitet er, dass er sich an die Privatklägerin gewandt sie angesprochen habe (Urk. 2/2 S. 4 f.; Urk. 2/3 S. 4 f.).

  3. Vorinstanz

    Die Vorinstanz kam in tatsächlicher Hinsicht zusammengefasst zum Schluss, dass sich der Sachverhalt erstellen lässt, wie er von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift umschrieben wurde (Urk. 36 S. 29 f.).

  4. Beweismittel

    Als Beweismittel liegen die Einvernahmen des Beschuldigten (Urk. 2/1, 2/2, 2/3,

    Prot. I S. 23 ff., 47 ff.; Prot. II S. 7 ff.), die Einvernahmen der Privatklägerin (Urk. 3/1 und 3/6; Prot. I S. 6 ff., 40 ff.), die Einvernahmen der Zeugin E. (Urk. 3/2 resp. 4/1 und 4/3) und der Zeugin H. (Urk. 4/2) im Recht.

    Auf die genannten Beweismittel wird im Folgenden einzugehen sein, soweit sie für die Urteilsfindung relevant sind. Hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit stellen sich keine Probleme. Der Beschuldigte konnte insbesondere der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme der Privatklägerin und der Zeuginnen E. und H. beiwohnen und hatte die Möglichkeit, ihnen Ergänzungsfragen zu stellen

    (Urk. 3/6, 3/2 resp. 4/1 und 4/3 sowie 4/2). Auch zu den übrigen Beweismitteln konnte er sich rechtsgenügend äussern. Was die Befragung des Zeugen K. anlässlich der Verhandlung vor Vorinstanz (Prot. I S. 43 ff.) betrifft, so machte die Verteidigung geltend, K. sei im vorinstanzlichen Verfahren bis ins kleinste

    Detail über die Aussagen der Parteien informiert gewesen, da er von Anfang an die Hauptverhandlung mitverfolgt habe. Auf diese Weise habe er seine Aussagen entsprechend anpassen können, um Aussagen zu Ungunsten der Privatklägerin, für welche er an der Hauptverhandlung auch noch als ihr gesetzlicher Vertreter plädierte, zu vermeiden. Mit dieser Vorgehensweise sei gegen eine Reihe von Prozessmaximen zu Ungunsten des Beschuldigten verstossen worden (Urk. 46

    S. 3 f.). Da vorliegend ohnehin nicht auf die Aussagen des Zeugen K. abgestellt wird, kann deren Verwertbarkeit offen bleiben.

  5. Standpunkt der Verteidigung

    Die Verteidigung bringt im Wesentlichen vor, dass der Beschuldigte für die Privatklägerin der STürenfried gewesen sei und diese mit ihrer Anzeige die Liebe zwischen ihrer Mutter und dem Beschuldigten zu torpedieren erhofft habe. Die Aussagen der Privatklägerin seien daher mit äusserster Vorsicht zu beurteilen (Urk. 28 S. 5 f.; Urk. 46 S. 10 f.). Deren Aussagen seien schlichtweg nicht glaubhaft und widersprächlich (Urk. 28 S. 19, 21), realitätsfremd und lebensfremd

    (Urk. 46 S. 23). Der Beschuldigte sei in dubio pro reo freizusprechen (Urk. 28 S. 21; Urk. 46 S. 24).

  6. Grundsätze der BeweisWürdigung

    Die Vorinstanz hat die theoretischen Grundsätze der richterlichen Beweis- und AussageWürdigung zutreffend dargelegt, insbesondere auch zur Frage der Glaubwürdigkeit einer im Strafverfahren involvierten Person. Darauf kann an dieser Stelle vollumfänglich verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 36

    S. 6-10). Zur Verdeutlichung ist sodann erneut hervorzuheben, dass gemäss dem Grundsatz in dubio pro reo jede Person bis zu ihrer rechtsKräftigen Verurteilung als unschuldig gilt (Art. 10 Abs. 1 StPO). Als Beweislastregel bedeutet dieser Grundsatz, dass es Sache der StrafBehörden ist, die Schuld des Beschuldigten zu beweisen (SCHMID/JOSITSCH, Handbuch StPO, 3. Aufl. 2017, N 216 f.). Dabei darf sich das Strafgericht nicht von der Existenz eines für die beschuldigte Person ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären, wenn bei objektiver Betrachtung

    erhebliche und nicht zu unterdRückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (BGE 127 I 38 E. 2a m.H.). Dies gilt es nachfolgend zu prüfen.

  7. Zur BeweisWürdigung im Konkreten

    1. Die Aussagen des Beschuldigten und der Privatklägerin in der Untersuchung und im erstinstanzlichen Verfahren wurden von der Vorinstanz in E. II.6.2, 6.3 und

      6.4 ihres Urteils zutreffend wiedergegeben, worauf verwiesen werden kann (Urk. 36 S. 16 ff.). Die Vorinstanz erachtete den zur Anklage gebrachten Sach-

      verhalt gestützt auf die massgeblichen Beweismittel als erstellt (Urk. 36 S. 29 ff.). Es kann vorweggenommen werden, dass den von der Vorinstanz aus dem Beweismaterial gezogenen Schlüssen in Bezug auf den massgeblichen Sachverhalt vollumfänglich zu folgen ist. Ausführend und zutreffend hat die Vorinstanz insbesondere die Aussagen des Beschuldigten und der Privatklägern gewürdigt. Die nachstehenden Erwägungen sollen dies nur noch verdeutlichen und teilweise ergänzen. Insbesondere sind die Aussagen der Zeuginnen und des Zeugen noch zu ergänzen, da diese von der Vorinstanz lediglich sehr spezifisch wiedergegeben und gewürdigt wurden, weshalb dies nachzuholen ist.

    2. Die Zeuginnen E. und H. konnten keine konkreten eigenen Wahrnehmungen betreffend das Kerngeschehen beitragen, da sie anlässlich des angeklagten Vorfalls nicht bzw. nur teilweise zugegen waren. Ihre Aussagen erscheinen daher für die Sachverhaltserstellung der vorgeworfenen Straftat nicht als ausschlaggebend, stätzen indes die Aussagen der Privatklägerin insbesondere bezüglich Ablauf der Tat, der Selbstbefriedigung des Beschuldigten und auch des Nackt-Sein zu Hause.

      Die Zeugin E.

      , die Mutter der Privatklägerin und Lebenspartnerin des Be-

      schuldigten, führte aus, dass die Privatklägerin ihr an besagtem Morgen in der Küche vom Vorfall erzählt habe und sie, die Zeugin, den Beschuldigten mit dem Vorwurf konfrontiert habe. Die Privatklägerin habe ihr erzählt, dass der Beschul- digte ihr, der Privatklägerin, den Penis gezeigt und dass er unter der Decke daran rumgemacht habe. Der Beschuldigte habe es nicht abgestritten; er habe sich zur Privatklägerin ins Bett gelegt und sein Glied entblässt. Er habe aber keine Erektion gehabt und sofort aufGehört, als die Privatklägerin iiih gesagt habe (Urk. 4/1

      S. 2). Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme sagte die Zeugin aus, dass der Beschuldigte ihr gesagt habe, dass es nicht so passiert sei, wie B. es erzählt habe. Sie wisse nicht, was er ihr damals gesagt habe. Sodann führte sie aus, dass er ihr gesagt habe, er sei ins Bett gelegen und habe die Bettdecke angehoben. Er habe ihr gesagt, dass er der Privatklägerin nicht nahegekommen und er nicht sexuell erregt gewesen sei. Eine Berührung habe keine stattgefunden (Urk. 4/3 S. 7 f.). Die Zeugin führte weiter aus, dass die Privatklägerin immer etwas anders behauptet habe als der Beschuldigte; sie habe behauptet, dass sich dieser einen runtergeholt habe (Urk. 4/1 S. 2). Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme führte die Zeugin aus, dass sie nicht mehr würtlich aussagen könne, was ihr die Privatklägerin damals in der Küche erzählt habe; sie habe nur noch Bruchstücke im Kopf (Urk. 4/3 S. 6). Sie könne sich noch daran erinnern, dass die Privatklägerin gesagt habe, sie sei im Bett gelegen, aber ob sie der Beschuldigte zuerst im Bett gelegen habe, wisse sie nicht mehr. Sie wisse aber noch, dass die Privatklägerin verneint habe, dass der Beschuldigte sie berührt habe. Er habe die Bettdecke angehoben und sei nackt gewesen. Die PrivatKlägerin habe damals nicht behauptet, dass der Beschuldigte onaniert habe (Urk. 4/3

      S. 6). Die Zeugin sagte aus, dass sie sicher sei, dass die Privatklägerin ihr das erst später, als sie dann nachgefragt habe, erzählt habe. Sie habe ihr diesbezüglich nicht geglaubt, weil die Privatklägerin so sei, sie übertreibe viel, habe viel ver- drängt und gelogen und müsse sich immer in den Vordergrund stellen und Aufmerksamkeit kriegen (Urk. 4/3 S. 7). Auf die Frage, wie sie die Nacktheit zu Hause vor anderen Familienmitglieder handhaben würden, sagte die Zeugin E. aus, dass die Frauen untereinander einen relativ offenen Umfang hätten (Urk. 4/1

      S. 2). Es sei schon mal vorgekommen, dass jemand in den Unterhosen rumgelaufen sei (Urk. 4/3 S. 4). Der Beschuldigte habe immer etwas an; er laufe nicht nackt rum. Sie könne nicht behaupten, dass die Privatklägerin den Beschuldigten schon nackt gesehen habe (Urk. 4/1 S. 2 f.). Die Zeugin sagte weiter aus, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass sich der Beschuldigte selbst befriedigt habe. Die Privatklägerin habe ihr immer wieder die Schuld gegeben, dass sie den Vater verlassen habe. Für die Privatklägerin sei der Beschuldigte der Schuldige, dass

      die Familienkonstruktion auseinander gegangen sei (Urk. 4/3 S. 3). Die Zeugin sagte weiter aus, dass sie sich 100% sicher sei, dass der Vorfall nicht so vorgefallen sei (Urk. 4/3 S. 9).

      H. , eine enge Freundin der Privatklägerin, sagte als Zeugin aus, dass ihr

      die Privatklägerin den Vorfall per Snapchat-Video (ca. 9.00/10.00 Uhr am 5. Juni 2021) bzw. im Mändlichen Gespräch am gleichen Abend erzählt habe. Die Privatklägerin habe ihr gesagt, dass sie im Zimmer ihrer Mutter gewesen sei, Nike Pros (Sporthosen) angehabt habe und der Beschuldigte ins Zimmer gekommen sei. Sie habe sich unwohl gefühlt und sich ins Bett gelegen. Dann sei der Beschuldigte ebenfalls ins Bett gelegen und sei näher gekommen. Die Privatklägerin habe ihm gesagt, dass sie Platz brauchen würde. Dann sei das Ganze passiert, dass er es sich selber gemacht und gesagt habe B. , lueg und die Decke weggezogen habe. Auf entsprechende Frage hin sagte die Zeugin H. aus, dass sich der Beschuldigte vor der Privatklägerin befriedigt und sie aufgefordert habe, hinzuschauen (Urk. 4/2 S. 4). Weiter sagte die Zeugin aus, dass sie und die Privatklägerin beste Freundinnen seien, sich alles erZählen würden und sie so ziemlich alles wisse. Die Privatklägerin habe eine EsssTürung; Bulimie sei nicht der richtige Begriff. Das mache die Privatklägerin nicht (Urk. 4/2 S. 5 f.).

    3. Betreffend die Glaubwürdigkeit des Beschuldigten, der Privatklägerin und der Zeuginnen kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz vollumfänglich verwiesen werden (Urk. 36 S. 10 ff.). Dass sich die Privatklägerin 2 Monate Zeit liess seit dem Vorfall bis zur Strafanzeige, spricht entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 46 S. 9) nicht gegen deren Glaubwürdigkeit. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Opfer die täter erst später anzeigen, insbesondere wenn sich die Tat im Familienumfeld ereignete und das Opfer Konflikte zwischen den Familienmitgliedern vermeiden Möchte.

    4. In Bezug auf die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschuldigten ist ebenfalls auf die schlüssige Beurteilung der Vorinstanz zu verweisen, welche den Sachverhalt in zwei Hauptphasen und die Nachtatphase unterteilte (Urk. 36 S. 14 ff.). Zutreffend wurde festgehalten, dass der Beschuldigte sowohl in Bezug auf die erste Phase (Verlassen des Zimmers durch den Beschuldigten und die Zeugin

      E. bis zum vorgeworfenen Delikt) als auch auf die zweite Phase (vom vorgeworfenen Delikt bis zum (erneuten) Verlassen des Zimmers durch den Beschuldigen) widersprächliche Aussagen gemacht hat (Urk. 36 S. 19, 23 ff.). Insbesondere variierten die Angaben des Beschuldigten im Laufe der Untersuchung. So gab er anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 17. August 2021 noch an, dass es ihm bewusst gewesen sei, dass die Privatklägerin neben ihm im Bett gelegen habe (Urk. 2/1 S. 3). Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme führte er dann einerseits aus, dass er im Bett liegend die Privatklägerin im Augenwinkel auf dem Boden kniend gesehen habe und dass diese daraufhin ins Bett gekommen sei. Andererseits führte er gleichzeitig aus, dass es ihm nicht bewusst gewesen sei, dass noch jemand da gewesen sei, als er die Bettdecke runtergestreift habe (Urk. 2/2 S. 4; Urk. 2/3 S. 4). Letzteres wiederholte er anlässlich der Hauptverhandlung vor Vorinstanz (Prot. I S. 32) und an der Berufungsverhandlung (Prot. II S. 16 f. und S. 21). Wiederum anlässlich der polizeilichen Einvernahme sagte der Beschuldigte aus, dass er sich vor der Privatklägerin entblässt habe, ohne Erregung; er habe das spielerisch gemeint und er habe sich zuvor noch nie so bewusst nackt vor ihr gezeigt (Urk. 2/1 S. 3). Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme und vor Vorinstanz gab er dann aber an, dass er nicht gewollt habe, dass die Privatklägerin ihn nackt sehe (Urk. 2/1 S. 6; Prot. I S. 32). An der Berufungsverhandlung führte er sodann aus, er habe sich entblässt, aber nicht willentlich (Prot. II S. 21). Diese Aussagen sind in sich nicht konsistent und zudem wiederholt widersprächlich. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, sind die Aussagen des Beschuldigten nicht glaubhaft (Urk. 36 S. 20, 23). Daran ändern auch seine Ausführungen vor Vorinstanz in Bezug auf die Protokollierung der polizeilichen Einvernahme nicht. Hierzu führte er aus, dass das Protokoll abgehackt geschrieben worden sei und er darin ein paar Fehler entdeckt habe und er diese hätte ändern wollen (Prot. I S. 34). Doch es sei ihm gesagt worden, dass man das eigentlich nicht ändern könne. Der Beschuldigte führte so- dann aus, dass die polizeiliche Vernehmung nicht optimal gewesen sei (Prot. I

      S. 34). Auch anlässlich der Berufungsverhandlung führte er aus, die Polizistin sei voreingenommen gewesen und habe zudem gesagt, man könne das Einvernahmeprotokoll nicht mehr korrigieren (Prot. II S. 19). Auch diese Aussagen des Beschuldigten sind nicht glaubhaft und vor allem auch nicht nachvollziehbar. Die von der Polizistin protokollierten Aussagen sind seine Aussagen und nicht solche, die von der Polizistin erfunden wurden. Mit seiner Unterschrift bzw. der Paraphierung jeder Seite bestätigte er sodann die Richtigkeit seiner Aussagen anlässlich dieser Einvernahme (Urk. 2/1). Es kann diesbezüglich im übrigen auf die treffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 36 S. 24 f.). Zu ergänzen ist, dass das Aussageverhalten des Beschuldigten auch anlässlich der Berufungsverhandlung sehr ausweichend und widersprächlich war und er Fragen kaum konkret beantwortete (vgl. Prot. II S. 14 ff.). Dies ist nicht darauf zurückzuführen, dass der Beschuldigte nicht richtig zuhürt, wie die Verteidigung geltend machte (Prot. II

      S. 26), sondern es wirkt so, als wolle er nichts sagen, das gegen ihn ausgelegt werden könnte.

    5. In Bezug auf die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin kann so- dann auch vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 36 S. 16 ff.). Insbesondere sind ihre Aussagen über alle Einvernahmen hinweg konstant, widerspruchsfrei, in sich stimmig und beinhalten die gleichen Details. Es mag sein, dass sie den Vorfall innerhalb der Familie zum Teil aufbauschte, gegenüber den StrafBehörden tat sie dies aber nicht. Sie stimmen auch überein mit den Aussagen der Zeugin H. , die von der Privatklägerin kurz nach der Tat ein Snapchat-Video erhalten hat, auf welchem letztere ihr den Tathergang geschildert hatte. Die Zeugin H. sagte aus, dass ihr die Privatklägerin unter anderem erzählt habe, dass ihr der Beschuldigte im Bett näher gekommen sei, dass es sich dieser selber gemacht habe, dass er B. , lueg gesagt und die Decke weggezogen habe (Urk. 4/2 S. 4). Diese Aussagen stimmen mit den Aussagen der Privatklägerin überein. Daran ändert nichts wie die Verteidigung geltend macht , dass die Zeugin H. verneinte, dass die Privatklägerin nicht an Bulimie leidet, sondern einfach eine EsssTürung habe

      (Urk. 4/2 S. 6). Dass die Zeugin H. nicht wusste, dass die Privatklägerin an Bulimie leidet, ändert nichts an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der PrivatKlägerin. Weiter hat die Privatklägerin nicht nur der Zeugin H. , sondern auch ihrer Mutter, der Zeugin E. , unmittelbar nach dem Tathergang erzählt, dass ihr der Beschuldigte den Penis gezeigt und unter der Decke dran rumgemacht habe

      (Urk. 4/1 S. 2; Urk. 4/2 S. 4). Weiter führte die Zeugin H. aus, dass der Beschuldigte der Privatklägerin B. lueg gesagt habe (Urk. 4/2 S. 4), was mit den Aussagen betreffend die Aufforderung seitens des Beschuldigten an die Privatklägerin übereinstimmt (B. lueg mal, Urk. 4/1 S. 2; B. bzw. lueg mal bzw. B. lueg mal, Prot. I S. 17 f.). Zusammengefasst ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass auch die Aussagen der Zeugen die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin beKräftigen.

    6. Die Vorbringen der Verteidigung vermögen an diesem Beweisergebnis nichts zu ändern. Vor Vorinstanz und auch heute brachte die Verteidigung insbesondere vor, dass die Privatklägerin das Ganze erfunden habe, um die Beziehung zwischen dem Beschuldigten und der Mutter der Privatklägerin zu torpedieren

      (Urk. 28 S. 6; Urk. 46 S. 10 f.). Die Privatklägerin führte bereits zu Beginn der Untersuchung aus, dass sie den Beschuldigten nie richtig habe akzeptieren können (Urk. 3/1 S. 3). Sie war somit diesbezüglich immer offen und transparent und verheimlichte den UntersuchungsBehörden nichts. Dass die Privatklägerin mit der Beziehung zwischen dem Beschuldigten und ihrer Mutter nicht glücklich war, ?n- dert jedoch nichts an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen.

      Wie bereits erwähnt, erneuerte die Verteidigung ihre bereits vor Vorinstanz gestellten BeweisAnträge auf Einvernahme von diversen Zeuginnen und Zeugen (Urk. 22 S. 2; Prot. I S. 49; Urk. 45). Aufgrund der obigen Ausführungen sind diese Zeuginnen aber nicht einzuvernehmen. Der Sachverhalt kann hinreichend erstellt werden.

  8. Fazit

Im Ergebnis ist erstellt, dass sich der Sachverhalt so zugetragen hat, wie er dem Beschuldigten in der Anklageschrift vorgeworfen wird.

  1. Rechtliche Würdigung
    1. Die Staatsanwaltschaft würdigt das Verhalten des Beschuldigten als Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB.

    2. Die rechtliche Würdigung durch die Vorinstanz ist zutreffend (Urk. 36 S. 30 ff.). Es kann darauf verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Lediglich als Ergänzung beziehungsweise Verdeutlichung ist hervorzuheben, dass der Beschuldigte die Privatklägerin mit den Worten B. lueg mal zum Hinschauen auf seinen nackten, erigierten Penis aufforderte. Dadurch erfällte er die objektive Voraussetzung des zur Schau stellen eines Geschlechtsteils vor einer Zielperson i.S.v.

      Art. 194 Abs. 1 StGB.

      Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich. Er wollte von der Privatklägerin gesehen werden.

    3. Mit der Vorinstanz ist der Beschuldigte daher des Exhibitionismus i.S.v. Art. 194 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen (vgl. Urk 36 S. 31 f.).

    4. Rechtfertigungs- und/oder SchuldausschlussGründe liegen keine vor.

  2. Strafzumessung
  1. Vorbemerkung

    Die Vorinstanz bestrafte den Beschuldigten mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30, unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren (Urk. 36).

    Der Beschuldigte beantragt einen Freispruch (Urk. 28 S. 2; Urk. 46 S. 2). Die Staatsanwaltschaft beantragte gemäss Anklageschrift die Bestrafung mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30 (Urk. 11 S. 3), verzichtete jedoch auf eine Anschlussberufung (Urk. 41), weshalb der Beschuldigte aufgrund des Verschlechterungsverbots nicht hürter als vor Vorinstanz bestraft werden darf

    (Art. 391 Abs. 2 StPO).

  2. Strafrahmen

    Der Tatbestand des Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB sieht ei- nen gesetzlichen Strafrahmen von einer Geldstrafe vor, und damit einen Strafrahmen von drei bis höchstens 180 Tagessätzen (Art. 34 Abs. 1 StGB).

    Mit der Vorinstanz (Urk. 36 S. 32 f.) sind keine ausserordentlichen Umstände gegeben, die ein Verlassen des ordentlichen Strafrahmens als angezeigt erscheinen liessen.

  3. Strafzumessung

    1. Die Vorinstanz hat die allgemeinen Regeln der Strafzumessung unter Hinweis auf Art. 47 StGB zutreffend dargelegt und es kann, um Wiederholungen zu vermeiden, darauf verwiesen werden (Urk. 36 S. 33).

    2. Bezüglich der objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass die Tathandlung als solche lediglich zwei Sekunden dauerte (Prot. I S. 18) und der Beschuldigte sofort stoppte, als die Privatklägerin A. geht's noch sagte (Prot. I S. 12, 20). Allerdings ereignete sich die Tat in unmittelbarer Nähe zur Privatklägerin, das heisst im Bett liegend direkt neben der Privatklägerin. Die objektive Tatschwere ist daher insgesamt als noch leicht zu qualifizieren.

      Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich, da er die Privatklägerin auffor- derte, zu ihm zu schauen. Wie die Vorinstanz bereits erwog, handelte es sich aber insgesamt wohl eher um eine Kurzschlussreaktion. Die subjektive Tatschwe- re ist dementsprechend ebenfalls als noch leicht zu qualifizieren und vermag die objektive Tatschwere nicht zu relativieren.

    3. Bezüglich der täterkomponente ist Folgendes festzuhalten: Der Beschuldigte ist gemäss eigenen Angaben in Deutschland geboren und aufgewachsen. Vor über 26 Jahren zog er nach L. am Bodensee. Er war langjährig verheiratet und StiefVater von zwei Kindern. Als er seine neue Partnerin die Mutter der Privatklägerin kennenlernte, zog er in die Schweiz. Der Beschuldigte ist selbst?n- dig Erwerbender. Gelernt hat er Maschinenschlosser und ein Studium des Maschinenbaus absolviert sowie einen Executive MBA. Er erwirtschaftete im Zeitpunkt der vorinstanzlichen Hauptverhandlung einen Umsatz in Höhe von ca.

      Fr. 15'000 bis Fr. 20'000 pro Jahr (Prot. I. S. 24 ff.), aktuell bezieht er kein regelmässiges Gehalt (Prot. II S. 11; Urk. 48/1). Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten sind bei der Strafzumessung somit neutral weder erschwerend

      noch erleichternd zu berücksichtigen. Aus der Vorstrafenlosigkeit (Urk. 37) und dem Nachtatverhalten lassen sich ebenso keine strafzumessungsrelevanten Faktoren ableiten (BGE 136 IV 1 E. 2.6.4.; BGer 6B_320/2015 vom 28. Oktober 2015

      E. 5.3.).

    4. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen erscheint es angemessen, den Beschuldigten wie bereits die Vorinstanz mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu bestrafen.

  4. Höhe des Tagessatzes

    Es kann auf die zutreffenden allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz zur Bemessung der Höhe des Tagessatzes verwiesen werden (Urk. 36 S. 35). Die Tagessatzhöhe von Fr. 30 entspricht den von der Vorinstanz zutreffend wiedergegebenen und gewerteten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten, welche von diesem anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigt bzw. dahingehend korrigiert wurden, dass sich die finanziellen Verhältnisse verschlechtert haben (Urk. 36 S. 35; Prot. I. S. 25 ff.; Prot. II S. 10 ff.; vgl. dazu auch vorne in E. V.3.3.).

  5. Fazit

Zusammengefasst ist der Beschuldigte mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30 zu bestrafen.

VI. Vollzug
  1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe (oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren) in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. Materiell ist demnach das Fehlen einer ungünstigen Prognose vorausgesetzt. Das heisst in Anlehnung an die herrschende Praxis, dass auf das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Wie- derholungsgefahr abgestellt wird. Die günstige Prognose wird also vermutet. Bei der Beurteilung der Frage, ob die für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges

    erforderliche Voraussetzung des Fehlens einer ungünstigen Prognose vorliegt, ist eine GesamtWürdigung aller Umstände vorzunehmen, wobei insbesondere Vorleben, Leumund, Charaktermerkmale und Tatumstände einzubeziehen sind.

  2. Mit der Vorinstanz ist von einer günstigen Prognose beim Beschuldigten auszugehen. Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft (Urk. 37). Es sind keine Umstände ersichtlich, die gegen das Vorliegen einer günstigen Prognose im Sinne von Art. 42 StGB sprechen würden. Es ist daher eine bedingte Geldstrafe auszusprechen.

  3. Gemäss Art. 44 Abs. 1 StGB bestimmt das Gericht dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fänf Jahren, wenn es den Vollzug einer Strafe ganz teilweise aufschiebt. Vorliegend ist mit der Vorinstanz (vgl. Urk. 36 S. 36) die Probezeit auf zwei Jahre festzulegen.

VIII. Kosten- und Entschädigungsfolgen
  1. Ausgangsgemäss ist die vorinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffern 5 und 6) zu bestätigen.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr ist auf Fr. 3'000 festzusetzen.

  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seinen Anträgen vollumfänglich. Dementsprechend sind ihm die Kosten des Berufungsverfahrens vollumfänglich aufzuerlegen. Die Privatklägerin stellte keinen Antrag auf Prozess-, bzw. Umtriebsentschädigung, weshalb ihr eine solche auch nicht zuzusprechen ist.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Horgen, Einzelgericht, vom 23. November 2022 bezüglich der Dispositivziffer 4 (Absehen von tätigkeitsverbot) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mändliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig des Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 5 und 6) wird bestätigt.

  5. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.

  6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  7. Mändliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

    • die Privatklägerin

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

    • die Privatklägerin

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.

  8. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 28. November 2023

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Schwarzenbach-Oswald

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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