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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB230105
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB230105 vom 21.11.2023 (ZH)
Datum:21.11.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Sexuelle Handlungen mit Kindern
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Gerin; Privatklägerin; Beschuldigten; Aussage; Aussagen; Vorinstanz; Tochter; Einvernahme; Habe; Prot; Handlung; Handlungen; Verteidigung; Berufung; Urteil; Habe; Mutter; Polizei; Verfahren; Journal; Sexuellen; Pyjamahose; Recht; Kindern; Exfrau; Amtlich; Sinne
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 101 StGB ; Art. 123c BV ; Art. 135 StPO ; Art. 187 StGB ; Art. 257 StPO ; Art. 391 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 417 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 67 StGB ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:143 IV 9; 144 IV 313; 145 IV 263; 146 IV 153;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB230105-O/U/nk

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.

Gmünder und Ersatzoberrichterin Dr. Schoder sowie die Gerichts- schreiberin MLaw Boese

Urteil vom 21. November 2023

in Sachen

  1. ,

    Beschuldigter und Berufungskläger

    amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

    Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich,

    Anklägerin und Berufungsbeklagte

    sowie

  2. ,

Privatklägerin

vertreten durch lic. iur. Y. ,

betreffend sexuelle Handlungen mit Kindern

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Bülach, Einzelgericht, vom

14. September 2022 (GG220025)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft l des Kantons Zürich vom 5. April 2022 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 9).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig der sexuellen Handlungen mit Kindern im Sin- ne von Art. 187 Ziff. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 8 Monaten Freiheitsstrafe.

  3. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Dem Beschuldigten wird ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. b StGB erteilt, das jede berufliche und organisierte ausser- berufliche Tätigkeit umfasst, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjäh- rigen mit sich bringt.

  5. Es werden die Abnahme einer DNA-Probe und die Erstellung eines DNA- Profils des Beschuldigten im Sinne von Art. 5 DNA-Profil-Gesetz angeord- net.

    Die Kantonspolizei Zürich wird mit dem Vollzug beauftragt und der Beschul- digte wird verpflichtet, sich innert 30 Tagen ab Eintritt der Vollstreckbarkeit des Urteils bei der Kantonspolizei Zürich, Erkennungsdienst,

    Güterstrasse 33, 8004 Zürich, zur erkennungsdienstlichen Behandlung mit Wangenschleimhautabnahme zu melden.

    Meldet sich der Beschuldigte innert angesetzter Frist nicht, ist die Kantons- polizei berechtigt und verpflichtet, den Beschuldigten zwecks Abnahme der DNA-Probe zwangsweise vorzuführen und die DNA-Probe zwangsweise ab- zunehmen. Diese Anordnung gilt als Vorführbefehl.

  6. Die Zivilansprüche der Privatklägerschaft werden auf den Zivilweg verwiesen.

  7. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1'200.–; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 1'500.– Gebühr für die Strafuntersuchung Fr. 825.– Auslagen Vorverfahren

    Fr. 7'737.30 amtl. Verteidigungskosten (inkl. MwSt.) Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

    Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert

    sich die Entscheidgebühr um einen Drittel.

  8. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt; davon ausgenommen sind die Kosten der amtlichen Verteidigung, welche einstweilen und unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO von der Gerichtskasse übernommen werden.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 42 S. 16; vgl. auch Urk. 33 S. 2)

    1. Die Dispositivziffern 1 bis 5 des erstinstanzlichen Urteils seien aufzu- heben und der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

    2. Die Kosten der Untersuchung sowie des erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen.

    3. Dem Beschuldigten sei eine Genugtuung von Fr. 5'000.– auszurichten.

    4. Die amtliche Verteidigung sei nach Massgabe der eingereichten Hono- rarnote (inkl. MwSt.) aus der Staatskasse zu entschädigen.

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft l des Kantons Zürich: (Urk. 37, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

–––––––––––––––––––––––––––––––––

Erwägungen:

  1. Verfahrensgang und Umfang der Berufung

    1. Verfahrensgang

    Mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach, Einzelgericht, vom 14. September 2022 wurde der Beschuldigte im Sinne des eingangs wiedergegebenen Urteilsdisposi- tivs schuldig gesprochen und bestraft (Urk. 30 S. 24). Gegen das ihm gleichen- tags mündlich eröffnete Urteil liess der Beschuldigte noch vor Schranken Beru- fung anmelden (Prot. I S. 28 f.). Das begründete Urteil wurde der Verteidigung am

    8. Februar 2023 zugestellt (Urk. 29). Mit Eingabe vom 27. Februar 2023 reichte diese innert der zwanzigtägigen Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO die Berufungser- klärung ein (Urk. 33). Mit Eingabe vom 10. März 2023 verzichtete die Staatsan- waltschaft auf Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanz- lichen Urteils (Urk. 37). Die Privatklägerin verzichtete ebenfalls auf Anschlussbe- rufung (Urk. 39). Am 25. April 2023 wurde zur Berufungsverhandlung auf den

    21. November 2023 vorgeladen (Urk. 41). An dieser liess der Beschuldigte die eingangs aufgeführten Anträge stellen (Prot. II S. 4 und 28; Urk. 42 S. 16).

    2. Umfang der Berufung

    Der Beschuldigte ficht das vorinstanzliche Urteil vollumfänglich an (Urk. 33 S. 2), womit dieses in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen ist. Nachdem die Staats- anwaltschaft kein Rechtsmittel ergriffen hat, steht das ganze vorinstanzliche Urteil

    unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) zur Disposi- tion.

  2. Sachverhalt und rechtliche Würdigung

  1. Ausgangslage

    1. Dem Beschuldigten wird in der Anklageschrift vom 5. April 2022 zusam- mengefasst vorgeworfen, seiner damals achtjährigen Tochter B. (Privatklä- gerin) die Pyjamahose und Unterhose ausgezogen und sie zweimal mit einem Finger an der Vagina ausgegriffen zu haben. Er habe dabei in sexueller Absicht und in Kenntnis des Kindesalters seiner Tochter gehandelt. Die Tathandlung habe sich am Morgen des Sonntags, 7. November 2021, ereignet. Die Privatklägerin habe damals das Wochenende beim Beschuldigten verbracht, wobei sie mit ihm in seinem Doppelbett übernachtet habe (Urk. 9 S. 2).

    2. Der Beschuldigte bestätigte zwar, dass seine Tochter an jenem Wochen- ende bei ihm übernachtet habe, wobei sie in seinem Bett geschlafen habe. In der Nacht auf Sonntag habe er ihr die Pyjamahose ausgezogen, als er bemerkt habe, dass sie verschwitzt gewesen sei. Allenfalls sei dabei auch die Unterhose mitge- kommen. Im Übrigen bestreitet der Beschuldigte den Anklagevorwurf. Konkret stellt er in Abrede, die Privatklägerin jemals unsittlich berührt bzw. sie an jenem Wochenende zweimal an der Vagina ausgegriffen zu haben (Urk. 2/2 S. 2 ff.; Urk. 2/3 S. 1 ff.; Prot. I S. 10 ff.; Prot. II S. 11 ff.). Was die einzelnen Aussagen des Beschuldigten betrifft, kann auf die zutreffende Zusammenfassung im vorin- stanzlichen Urteil verwiesen werden (Urk. 30 S. 9 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    3. Die Anforderungen an einen rechtsgenügenden Schuldbeweis und die all- gemeinen Grundsätze der Beweiswürdigung wurden von der Vorinstanz ebenfalls zutreffend dargelegt (Urk. 30 S. 4 ff.). Darauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Als Beweismittel zur Erstellung des Sachverhalts liegen die Aussa- gen des Beschuldigten (Urk. 2/2; Urk. 2/3; Prot. I S. 10 ff.; Prot. II S. 11 ff.) und diejenigen der Privatklägerin (Urk. 3/4; Urk. 3/8) vor. Im Vorverfahren wurde zu- dem die Mutter der Privatklägerin, C. , einvernommen (Urk. 4). Deren Aussagen können indes nicht zu Lasten des Beschuldigten verwendet werden, nach- dem keine Konfrontation stattfand und somit keine Gelegenheit für Ergänzungs- fragen bestand.

  2. Aussagen der Privatklägerin

    1. Das Strafverfahren gegen den Beschuldigten wurde infolge der von der Mutter der Privatklägerin eingereichten Anzeige eingeleitet. C. meldete sich am Montag, 8. November 2021, nachmittags bei der Polizeistation in D. und gab an, dass ihre Tochter vom Beschuldigten im Intimbereich berührt worden sei. Sie habe sich bereits am Abend zuvor mit ihrer Tochter ins Kinderspital Zürich begeben (Urk. 1/1 S. 2). Nachdem die KESB für die Privatklägerin eine Verfah- rensbeistandschaft errichtet hatte (Urk. 5/2), wurde diese am 16. November 2021 ein erstes Mal zum Vorfall befragt. Die zweite Einvernahme erfolgte rund zwei Monate später am 10. Januar 2022. Beide Einvernahmen wurden auf Video auf- gezeichnet (Urk. 3/2; Urk. 3/6), und es wurden davon schriftliche Protokolle er- stellt (Urk. 3/4; Urk. 3/8). Die Rechtsprechung bejaht die Aussagetüchtigkeit von Kindern ab etwa vier Jahren. Es wird davon ausgegangen, dass sie ab diesem Al- ter in der Lage sind, ein Erlebnis, das sie beeindruckt und womöglich körperlich betroffen hat, im Wesentlichen verständlich zu schildern (Urteil des Bundesge- richts 6B_301/2022 vom 26. August 2022 E. 3.4.3; LUDEWIG/BAUMER/TAVOR

      [HRSG.], Aussagepsychologie für die Rechtspraxis, «Zwischen Wahrheit und Lü- ge», Zürich/St. Gallen 2017, S. 55). Die Privatklägerin war im Zeitpunkt des Vor- falls und ihrer Befragungen acht Jahre alt, weshalb grundsätzlich von ihrer Aus- sagetüchtigkeit auszugehen ist. Aus den Akten und den Videoaufzeichnungen ih- rer Einvernahmen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, sich an den in Frage stehenden Sachverhalt zu erinnern und verständlich darüber Auskunft zu geben. Sie kann den ihr gestellten Fragen ohne Weiteres folgen und darauf adäquat Antwort geben. Dieser Eindruck deckt sich mit den über die Befragungen erstellten Berichten der beigezogenen Psycholo- ginnen (Urk. 3/3; Urk. 3/7). Die Vorinstanz hat sodann zutreffend erwogen, dass die Einvernahmen der Privatklägerin sachgerecht und altersadäquat durchgeführt

      worden seien. Es kann diesbezüglich auf ihre zutreffenden Erwägungen verwie- sen werden (Urk. 30 S. 8; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    2. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, fielen die Angaben der Privatklägerin und des Beschuldigten in Bezug auf den Ablauf des fraglichen Besuchswochen- endes – mit Ausnahme des angeklagten Kerngeschehens – weitestgehend über- einstimmend aus (Urk. 30 S. 9). Es stellt sich daher die Frage, weshalb die Pri- vatklägerin den Beschuldigten falsch belasten sollte, sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen zu haben. Mit der Vorinstanz (Urk. 30 S. 15) ist kein Motiv für eine solche Falschbelastung ersichtlich, zumal die Privatklägerin und der Beschuldigte ein gutes Verhältnis zueinander haben. In der Einvernahme vom 10. Januar 2022 gab sie an, dass sie es sonst gut mit ihrem Vater habe und diesen wiedersehe wolle. Sie wäre froh, wenn ihre Mutter und ihr Vater wieder zusammen wären (Urk. 3/8 S. 9; vgl. auch S. 4). Aus den Aussagen der Privatklägerin ergeben sich sodann keine Anhaltspunkte dafür, dass es an dem Wochenende vom

      6./7. November 2021 zu einer Auseinandersetzung oder einem Konflikt gekom- men wäre, was Rückschlüsse auf ein mögliches Motiv für eine Falschbelastung zulassen würde. Ebenfalls ergeben sich aus den Einvernahmen der Privatklägerin und des Beschuldigten keine Hinweise darauf, dass es im Verlauf des Wochen- endes zu einer Situation kam, welche die Privatklägerin hätte missverstehen oder der sie im Nachhinein – eventuell auch unter Einflussnahme ihrer Mutter – eine falsche Bedeutung hätte zumessen können. Dass die von ihr beschriebenen Be- rührungen unabsichtlich und rein zufällig erfolgten, ist nicht anzunehmen (vgl. da- zu auch Ziff. II.2.5).

      Aus den Akten ergibt sich, dass die Eltern der Privatklägerin geschieden sind. Ein familienrechtliches Verfahren war im Zeitpunkt des zur Anklage gebrachten Vor- falls nicht hängig. Seit der Trennung waren rund drei und seit der Scheidung über zwei Jahre vergangen. Sorgerecht, Obhut und Besuchsrecht waren geregelt. Den Angaben des Beschuldigten zufolge stand das Sorgerecht beiden Elternteilen gemeinsam zu, wobei die Privatklägerin unter der Obhut der Mutter stand

      (Urk. 2/2 S. 8; Prot. I S. 18). Vor Vorinstanz führte er ergänzend aus, das Besuchsrecht sei zugunsten seiner Exfrau geregelt worden (Prot. I S. 17). Aus den

      Aussagen des Beschuldigten ergibt sich, dass die Ausübung des Besuchsrechts nicht ohne Schwierigkeiten verlief. So erwähnte er, dass seine Exfrau zum dama- ligen Zeitpunkt geplant habe, mit der Tochter in einen anderen Kanton zu ziehen, was die Tochter nicht gewollt habe. Er könne sich vorstellen, dass die Vorwürfe gegen ihn etwas mit diesem Umzug zu tun haben könnten (Urk. 2/2 S. 7 f., 10 und 19; Prot. I S. 15 und 18 f.; Prot. II S. 25 f.). Weiter gab er an, damals sei die künf- tige Handhabung des Besuchsrechts zur Diskussion gestanden, da er nicht mehr bereit bzw. nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich diesbezüglich den Wün- schen seiner Exfrau anzupassen (Urk. 2/2 S. 19; Prot. I S. 17 f.). Vor Vorinstanz und anlässlich der Berufungsverhandlung brachte die Verteidigung vor, die Pri- vatklägerin sei infolge der zwischen den Eltern bestehenden Spannungen und der Umzugspläne der Mutter in einen belastenden Loyalitätskonflikt gebracht worden. Sie habe gemerkt, dass ihre Mutter mit der gegen ihren Vater eingeleiteten An- zeige eine gewisse Erwartungshaltung verbunden habe, der sie habe entspre- chen wollen (Urk. 19 S. 11 ff.; Urk. 42 S. 9 f.). Gemäss den Angaben der Privat- klägerin war es jedoch nicht so, dass erst ihre Mutter bei ihr den Eindruck erweck- te, der Beschuldigte könnte sich an diesem Besuchswochenende fehlverhalten haben. Vielmehr machte ihr das Vorgefallene bereits vor dem Gespräch mit ihrer Mutter zu schaffen. In der Einvernahme vom 16. November 2021 gab sie an, es sei ihr nicht so gut gegangen, als sie nach dem Besuchswochenende nach Hause gekommen sei. Sie sei dann von ihrer Mutter gefragt worden, was los sei. Ihre Mutter sehe immer an ihrem Gesicht, was los sei (Urk. 3/4 S. 12). Sie habe zuerst ihrer Mutter von dem Vorfall erzählt, dann auch ihren Freundinnen, die ihr ange- sehen hätten, dass etwas mit ihr los gewesen sei (Urk. 3/4 S. 16). Es ist nahelie- gend und ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich die Privatklägerin zunächst ihrer Mutter, d.h. ihrer engsten Bezugsperson anvertraute. Daraus ergibt sich ent- gegen der Verteidigung noch kein Verdacht auf eine suggestive Beeinflussung (Urk. 42 S. 9 f.). Vielmehr lassen die Aussagen der Privatklägerin darauf schlies- sen, dass sie zur Tatzeit bereits selbst erkennen bzw. einordnen konnte, dass es eine sexuelle Handlung darstellt und sich nicht gehört, wenn eine andere Person sie ohne konkreten Grund in ihrem Intimbereich berührt. Weiter wird deutlich, dass sie die von ihr beschriebenen Berührungen des Beschuldigten als unangenehm und störend empfand. So sagte sie wiederholt aus, dass sie sich abgedreht bzw. auf die Seite geschoben habe, woraufhin der Beschuldigte aufgehört habe (Urk. 3/4 S. 6, 9 und 11; Urk. 3/8 S. 4). Zu verweisen ist auch auf die Aussage der Privatklägerin, wonach sie es ihrem Vater damals nicht erzählt habe, da er immer sage, es sei nicht so gewesen. Er tue so wie lügen (Urk. 3/4 S. 9). Als es pas- siert sei, habe sie sich gedacht, dass sie es wahrscheinlich ihrem Vater gegen- über nicht erwähnen sollte. Deshalb sei sie nach Hause gegangen (Urk. 3/4

      S. 12). Diese Aussagen sprechen gegen die von der Verteidigung vorgebrachte These, dass die Mutter der Privatklägerin dem Vorgefallenen im Nachhinein eine falsche Bedeutung zumass und ihre Tochter darin beeinflusste. Vielmehr war es die Privatklägerin selbst, die das Erlebte hinterfragte und als sexuelle Handlung einordnete, die ihr unangenehm war und widerwillige Gefühle in ihr auslöste. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass sexuelle Handlungen das Kind in seiner körperlichen und intimen Sphäre berühren, in welcher es eher als in anderen Ge- bieten zum Bewusstsein und zu einer (Abwehr-) Reaktion fähig ist (BGE 146 IV 153 E. 3.5.3; 120 IV 194 E. 2c mit Hinweisen).

      Die Einvernahmen der Privatklägerin vermitteln zudem den Eindruck eines offe- nen und ehrlichen Kindes. In der Einvernahme vom 16. November 2021 bejahte sie die Frage, ob ihr Vater ihr einmal gesagt habe, dass sie ihrer Mutter etwas nicht erzählen dürfe. Dabei gehe es aber nicht um diesen Vorfall (Urk. 3/4 S. 22). Diese Aussagen wurden vom Beschuldigten bestätigt, wobei er zur Begründung vorbrachte, er habe die Tochter schützen wollen, da er nicht gewollt habe, dass sie zu Hause wie ein Wasserfall von positiven Erlebnissen berichte. Dies hätte ihre Mutter sonst alles gegen sie verwendet (Urk. 2/2 S. 17 f.). Die Privatklägerin führte anlässlich der Einvernahme vom 16. November 2021 ergänzend aus, es fühle sich komisch an, wenn sie ihrer Mutter etwas nicht erzähle. Sie habe es nicht gerne, wenn sie ihrem Mami etwas nicht sage (Urk. 3/4 S. 22). In der fol- genden Einvernahme vom 10. Januar 2022 führte sie auf die Frage, ob sie sich aufgrund der letzten Befragung noch an die Gesprächsregeln erinnere, aus, sie wisse noch, dass man nicht lügen dürfe (Urk. 3/8 S. 2). Unter den dargelegten Umständen darf das familiäre Umfeld der Privatklägerin bei der Würdigung ihrer

      Aussagen nicht ausser Acht gelassen werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine allfällige Beeinflussung der Privatklägerin durch ihre Mutter bestehen indes keine.

    3. Die Vorinstanz hat die von der Privatklägerin im Rahmen ihrer beiden Ein- vernahmen getätigten Aussagen korrekt wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 30 S. 10 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Die Aussagen der Privatklägerin wurden im vorinstanzlichen Urteil sodann eingehend und sorgfältig gewürdigt. Daher kann vorab auch auf die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz ver- wiesen werden (Urk. 30 S. 13 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    4. Die Privatklägerin schilderte den zur Anklage gebrachten Vorfall in beiden Einvernahmen zunächst in freier Rede, ohne dass die befragende Polizeibeamtin nachfragen musste (Urk. 3/4 S. 5 f.; Urk. 3/8 S. 3 f.). Auf die in der Folge gestell- ten Fragen gab sie konkrete und klare Antworten. Dabei stimmen ihre Angaben mit der jeweils zu Beginn der Befragung erfolgten freien Schilderung der Ge- schehnisse überein. Die Privatklägerin gab konstant an, dass der Beschuldigte ihr zweimal mit der Hand an ihr Geschlechtsteil (von der Privatklägerin Schneggli genannt) gefasst und hernach seine Finger abgeschleckt habe (Urk. 3/4 S. 5 f., 8, 10 f. und 18 f.; Urk. 3/8 S. 3 ff.). Wesentliche Widersprüche sind in ihren Aussa- gen keine erkennbar. Entgegen der Verteidigung (Urk. 19 S. 7; Urk. 42 S. 6) wur- de von ihr in keiner Einvernahme ausgesagt, dass der Beschuldigte sie nur ein- mal ausgegriffen habe. Bei den von der Verteidigung zitierten Stellen der Einver- nahmen vom 16. November 2021 und 10. Januar 2022 war nicht Thema, ob der Beschuldigte sie damals ein- oder zweimal berührt habe, sondern, ob es zum ers- ten Mal passiert sei, dass er sie auf diese Weise berührt habe, was sie bejahte (Urk. 3/4 S. 6; Urk. 3/8 S. 4; vgl. auch S. 8). Zutreffend ist, dass die Privatklägerin in der zeitlich späteren Einvernahme vom 10. Januar 2022 nicht mehr sicher war, ob der Beschuldigte sie am fraglichen Besuchswochenende ein- oder zweimal im Intimbereich berührt habe. Sie bestätigte aber, dass ihre früheren Aussagen zu- treffend seien (Urk. 3/8 S. 6). Mit der Vorinstanz ist angesichts des Zeitablaufs nachvollziehbar, dass sich die Privatklägerin in der späteren Einvernahme nicht mehr an alles erinnern konnte (Urk. 30 S. 13 f.). Für die Glaubhaftigkeit ihrer Aus- sagen spricht, dass sie allfällige Erinnerungslücken und Unsicherheiten klar de-

      klarierte (u.a. Urk. 3/4 S. 11 f.; Urk. 3/8 S. 6 f.). Dies könnte darauf hinweisen, dass sie ihre eigenen Erinnerungen an den Übergriff schilderte und nicht von ei- ner Drittperson instruiert und in ihren Aussagen beeinflusst wurde. Hinzu kommt, dass sich ihren Aussagen keine Hinweise auf eine übermässige Belastung des Beschuldigten entnehmen lassen. Das Kerngeschehen schilderte die Privatkläge- rin zurückhaltend und sachlich, was ihre Aussagen als glaubhaft erscheinen lässt. Dass sie in der Lage war, Vorhalten zu widersprechen oder diese zu korrigieren (Urk. 3/4 S. 14 f.; vgl. dazu auch Urk. 3/8 S. 8), ist ebenfalls in diesem Sinne zu werten. Die Ausführungen der Privatklägerin erscheinen lebendig und authen- tisch. Zu verweisen ist etwa auf ihre Erklärung, weshalb sie bemerkt habe, dass der Beschuldigte sie berührt habe, als sie geschlafen habe (Urk. 3/4 S. 14 und 17). Die Vorinstanz hat sodann zutreffend erwogen, dass sie die Vorgänge nicht nur abstrakt wiedergegeben, sondern darüber hinaus auch die damit einherge- henden Begleitumstände geschilderte habe (Urk. 30 S. 13). Die damaligen Ge- schehnisse wurden von ihr nicht nur verbal beschrieben, sondern mehrfach vor- gezeigt (u.a. Urk. 3/4 S. 11 [Urk. 3/2 00:20:00 ff.], 18 [Urk. 3/2 00:45:43] und 19 [Urk. 3/2 00:46:17 ff.]; vgl. dazu auch die Vorinstanz, Urk. 30 S. 11 und 15). Es wirkt so, als würde die Privatklägerin auf einen realen Vorfall Bezug nehmen und nicht einfach etwas erzählen, was ihr vorgegeben wurde oder sie sich selbst aus- gedacht hatte. Auch dies spricht für die Glaubhaftigkeit ihrer Darstellung. Entge- gen der Verteidigung (Urk. 19 S. 7; Urk. 42 S. 5 f.) sind ihre Angaben zur Art der Berührung durch den Beschuldigten weder widersprüchlich noch unklar. Dieser Eindruck könnte allenfalls entstehen, wenn allein auf das Einvernahmeprotokoll abgestellt würde. Aus der Videoaufzeichnung der Einvernahme vom

      16. November 2021 ist indes ersichtlich, was für eine Berührung die Privatklägerin meinte. Sie zeigte mehrfach eine Reibebewegung, wobei sie ergänzte, dass diese mit Druck ausgeführt worden sei (Urk. 3/4 S. 11 [Urk. 3/2 00:20:00 ff.] und 19 [Urk. 3/2 00:46:17 ff.]). Aus dem Umstand, dass teilweise auch das Wort reinge- gangen fiel (Urk. 3/4 S. 10; vgl. auch S. 19), kann mit der Vorinstanz (Urk. 30

      S. 14) nicht auf einen Widerspruch zu ihren übrigen Aussagen geschlossen wer- den. Damit wollte die Privatklägerin wohl ausdrücken, dass der Beschuldigte ihr zwischen die Beine gegangen sei. Dass eine Penetration im eigentlichen Sinne

      stattfand, wurde von ihr weder so ausgesagt noch lässt sich dies aus ihren Ges- ten zur Art der Berührung ableiten (vgl. auch Urk. 3/4 S. 10 [Urk. 3/2 00:19:11] und 19 [Urk. 3/2 00:46:18 ff.]). Die Umschreibung in der Anklage, der Beschuldig- te habe die Privatklägerin im Intimbereich ausgegriffen (Urk. 9 S. 2), erfasst die von ihr geschilderten Handlungen daher korrekt. Dem Beschuldigten wird in der Anklage zu Recht nicht vorgeworfen, vaginal in die Privatklägerin eingedrungen zu sein.

    5. Die Privatklägerin gab in beiden Einvernahmen an, dass ihr Vater am Schlafen gewesen sei, als er sie im Intimbereich berührt habe (Urk. 3/4 S. 5, 12 und 14; Urk. 3/8 S. 4 f. und 7). Daran hielt sie auch auf ausdrückliche Nachfrage hin fest (Urk. 3/4 S. 17). Vor Vorinstanz leitete die Verteidigung daraus ab, dass der Beschuldigte die Privatklägerin unmöglich gezielt ausgegriffen haben könne. Ein bewusstes Handeln scheide schon rein tatsächlich aus (Urk. 19 S. 6, 10 und 15 f.). An diesem Standpunkt hielt sie auch anlässlich der Berufungsverhandlung fest (Urk. 42 S. 7 f.). Entgegen der Verteidigung ist indes nicht ersichtlich, wie der Beschuldigte die von der Privatklägerin beschriebenen Handlungen im Schlaf hät- te vornehmen können. Das zweimalige Ausgreifen im Intimbereich kann insbe- sondere unter Berücksichtigung des zwischendurch erfolgten Abschleckens der Finger vernünftigerweise nur bewusst und gezielt erfolgt sein. Dies bedeutet nicht, dass die Darstellung der Privatklägerin nicht zutreffen kann. Die Vorinstanz ver- wies in diesem Zusammenhang zu Recht auf den zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten bestehenden Beziehungskontext. Sie erwog zutreffend, dass sie eigenen Angaben zufolge eine gute Beziehung zu ihrem Vater gepflegt habe, habe sie doch angegeben, gerne zu ihm gegangen zu sein und ihn gerne wieder- sehen zu wollen. Gleichzeitig werfe sie ihm die genannten Berührungen vor. Die Privatklägerin habe sich augenscheinlich in einem Loyalitätskonflikt zu ihrem Va- ter befunden, den sie offenbar (verständlicherweise) nicht übermässig belasten wolle. Weiter wies die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass die Privatklägerin in beiden Einvernahmen jeweils gleich zu Beginn ihrer Aussagen zur Sache auffällig betonte, dass der Beschuldigte nicht bemerkt habe, was er getan habe, da er noch am Schlafen gewesen sei (Urk. 3/4 S. 5; Urk. 3/8 S. 4). Der Vorinstanz ist daher darin zu folgen, dass die diesbezüglichen Angaben der Privatklägerin als

      Versuch zu werten sind, ihren Vater in Schutz zu nehmen, weshalb sie ihre übri- gen, detailreichen sowie mit Realitätskriterien versehenen Aussagen zu den ei- gentlichen Berührungen nicht zu entkräften vermögen (Urk. 30 S. 15). Nicht aus- zuschliessen ist sodann, dass sich der Beschuldigte schlafend stellte, als er merk- te, dass die Privatklägerin seine Berührungen in ihrem Intimbereich gespürt hatte und deshalb aufgewacht war. Es ist nicht davon auszugehen, dass die achtjährige Privatklägerin gestellte Schlafgeräusche von echten hätte unterscheiden können. Folglich könnten entsprechende Wahrnehmungen ihr eine Erklärung dafür gege- ben haben, dass ihr Vater die sexuellen Handlungen nicht bewusst vorgenommen habe, woran sie auch anlässlich ihrer Einvernahmen festhielt.

      Die Verteidigung brachte in Bezug auf die Darstellung der Privatklägerin weiter vor, es sei lebensfremd, dass der Beschuldigte mit der Vornahme der sexuellen Handlungen abrupt aufgehört und weitergeschlafen habe, nachdem sich die Pri- vatklägerin abgedreht und auf die Seite gelegt habe. Sexuell motivierte Handlun- gen seien naturgemäss auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet, weshalb es unnatür- lich und realitätsfern sei, dass ein Täter mit diesen Handlungen einfach aufhöre (Urk. 19 S. 8; Urk. 42 S. 8). Dem kann nicht gefolgt werden. Gemäss den Schilde- rungen der Privatklägerin wachte sie auf, als der Beschuldigte sie im Intimbereich berührte, worauf sie sich umdrehte. Ihren Aussagen zufolge wurde er somit bei seinen Handlungen ertappt, weshalb ohne Weiteres plausibel ist, dass er sogleich damit aufhörte. Aus dem Umstand, dass der Beschuldigte nicht versuchte, auf die Privatklägerin einzuwirken, um sie davon abzuhalten, jemandem vom Vorgefalle- nen zu erzählen, kann angesichts der damaligen Umstände entgegen der Vertei- digung (Urk. 19 S. 9; Urk. 42 S. 12) ebenfalls nichts abgeleitet werden. Hätte er dies getan, hätte bei der Privatklägerin allenfalls erst recht der Eindruck entstehen können, dass es zu verbotenen Handlungen gekommen ist. Insofern könnte die Strategie auch darin bestanden haben, das Vorgefallene im Nachhinein in Frage zu stellen oder einfach herunterzuspielen. Zu verweisen ist diesbezüglich auf die Aussage des Beschuldigten, wonach er die Privatklägerin am Morgen nach dem Aufstehen gefragt habe, ob das Ganze nicht ein komischer Traum von ihr gewe- sen sei (Urk. 2/2 S. 11). In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage der Pri- vatklägerin nochmals hervorzuheben, wonach sie nach dem Vorfall nicht mit ih-

      rem Vater darüber gesprochen habe, da er immer sage, es sei nicht so gewesen. Er tue so wie lügen (Urk. 3/4 S. 9; vgl. auch S. 12).

  3. Aussagen des Beschuldigten

    1. Die Vorinstanz erwog in Bezug auf die Aussagen des Beschuldigten, die- ser schildere das Besuchswochenende vom 6. auf den 7. November 2021 grund- sätzlich konsistent und widerspruchsfrei. Bei der Würdigung seiner Aussagen sei aber zu berücksichtigen, dass er gemäss eigenen Angaben am Montag,

      8. November 2021, bei der Arbeit – damals sei er als I. bei der H. an- gestellt gewesen – den Namen E. im Journal eingegeben und hierdurch von der gegen ihn eingereichten Strafanzeige Kenntnis erhalten habe. Dies deute klar darauf hin, dass er von seinem Fehlverhalten gewusst habe und habe nach- prüfen wollen, ob ein Verfahren gegen ihn eröffnet worden sei. Dieser Schluss werde insbesondere durch seine anlässlich der Hauptverhandlung nachgescho- bene, im Widerspruch zu seinen vorherigen Aussagen stehende Begründung für die Konsultation des Journals bestärkt. Insgesamt sei der Vorgang als Indiz ge- gen die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschuldigten zu werten (Urk. 30

      S. 16). Darüber hinaus nahm die Vorinstanz keine Würdigung der Aussagen des Beschuldigten vor, was nachfolgend nachzuholen ist.

    2. Der Beschuldigte wurde erstmals am 9. Dezember 2021 zum Vorfall, der Gegenstand der Anklage bildet, befragt (Urk. 2/2). Er zeigte sich damals sehr emotional und betroffen von den Anschuldigungen, die gegen ihn erhoben worden waren (Urk. 2/2 S. 3, 6, 16 und 21; vgl. dazu auch Urk. 2/3 S. 2). In der ersten Einvernahme nahm er nicht nur zum Anklagevorwurf Stellung, sondern schilderte auch die Beziehung zu seiner Exfrau und seiner Tochter, wobei seine Aussagen teilweise sehr ausführlich waren. Die zweite Einvernahme des Beschuldigten er- folgte am 15. März 2022 und fiel wesentlich kürzer aus. Er bestätigte darin seine bisher getätigten Aussagen (Urk. 2/3 S. 1 f.). Vor Vorinstanz und anlässlich der Berufungsverhandlung wurde der Beschuldigte nochmals ausführlich zur Sache und seiner familiären Situation befragt (Prot. I S. 10 ff.; Prot. II S. 11 ff.). Der Vor- instanz ist darin zu folgen, dass die Aussagen des Beschuldigten in Bezug auf den Anklagesachverhalt grundsätzlich konsistent und widerspruchsfrei ausgefal-

      len sind. Er gab sowohl im Vorverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren an, dass seine Tochter in der Nacht vom 6. auf den 7. November 2021 – wie immer – bei ihm im (Doppel-) Bett geschlafen habe, wobei er sie um ca. 21.00 Uhr ins Bett gebracht habe. Als er selbst um 00.00 bzw. 00.30 Uhr ins Bett gegangen sei, ha- be sie bereits geschlafen. Da sie auf seiner Seite gelegen sei, habe er sie auf ihre Seite geschoben, wobei er gemerkt habe, dass ihre Hose feucht gewesen sei. Er habe ihr dann die Pyjamahose ausgezogen und diese neben das Bett geworfen. Ob die Unterhose mitgekommen sei, wisse er nicht. Dies sei für ihn nicht relevant gewesen. Er habe einfach an ihrer Hose gezogen, sich hingelegt und geschlafen. Er habe die Privatklägerin weder in diesem Zusammenhang noch zu einem ande- ren Zeitpunkt an der Vagina ausgegriffen. Irgendwann später habe ihn seine Tochter geweckt und gefragt, wo ihre Hose sei, worauf er ihr diese zugeworfen habe. Sie habe ihn weiter gefragt, wo ihre Unterhose sei, worauf er gemeint habe, allenfalls würde diese auch dort liegen. Sie habe dann ihre Unterhose gefunden und sei wieder ins Bett gekrochen (Urk. 2/2 S. 11 ff.; Prot. I S. 11 ff.; Prot. II S. 12 ff.). Mit der Verteidigung (Urk. 42 S. 4 und 11) ist festzuhalten, dass der Beschul- digte von sich aus auch belastende Aspekte zu Protokoll gab. Angesichts des Tatvorwurfs, der ihm bereits vor seiner ersten Einvernahme bekannt war, hätte er beispielsweise bestreiten können, mit der Privatklägerin im gleichen Bett geschla- fen oder ihr die Pyjamahose ausgezogen zu haben. Hätte er etwas zu verbergen gehabt, wären solche Aussagen naheliegend gewesen. Ebenso hätte er nicht von sich aus offenlegen müssen, dass er am Montag nach dem fraglichen Besuchs- wochenende das Polizei-Journal konsultiert und deshalb von der Anzeige gegen ihn wegen sexueller Handlungen zum Nachteil der Privatklägerin erfahren habe (vgl. dazu Ziff. II.3.5). Da zur Erstellung des Sachverhalts ausschliesslich die Aus- sagen der Privatklägerin und des Beschuldigten zur Verfügung stehen, kommt diesem Aussageverhalten besonderes Gewicht zu und ist als Indiz für die Glaub- haftigkeit der Aussagen des Beschuldigten zu werten.

    3. Vor Vorinstanz machte die Verteidigung geltend, die Privatklägerin könnte den Vorgang, als der Beschuldigte ihr die Pyjamahose ausgezogen habe, im Schlaf unbewusst als Berührung wahrgenommen haben (Urk. 19 S. 10; Urk. 42

      S. 8). Soweit damit geltend gemacht wird, dass sich die anklagegegenständlichen

      Berührungen im Intimbereich beim Ausziehen der Pyjamahose ereignet haben könnten, kann dem nicht gefolgt werden. Die Privatklägerin gab stets an, dass der Vorfall, als sie vom Beschuldigten im Intimbereich berührt worden sei, am Sonn- tagmorgen passiert sei (Urk. 3/4 S. 7; Urk. 3/8 S. 4). Es ist daher nicht plausibel, dass sie sich auf den vom Beschuldigten geschilderten Vorgang bezog, der sich wie erwähnt ereignete, als er zu Bett ging. Auf die Frage, ob er die Privatklägerin allenfalls versehentlich im Schambereich berührt habe, gab der Beschuldigte in der Einvernahme vom 9. Dezember 2021 zudem an, beim Hosenausziehen im Bett habe er sie dort sicher nicht berührt. Er habe die Pyjamahose einfach links und rechts gehalten (Urk. 2/2 S. 18). Gemäss den Angaben der Privatklägerin merkte sie nicht, dass der Beschuldigte ihr die Pyjamahose auszog (Urk. 3/4 S. 9; Urk. 3/8 S. 5). Nach ihrer Darstellung wäre daher möglich, dass der Beschuldigte ihr in der Nacht auf Sonntag die Pyjamahose und Unterhose auszog, sie aber erst am nächsten Morgen im Intimbereich ausgriff. Auch aus diesem Grund kann aus dem Umstand, dass der Beschuldigte seine Version der damaligen Ereignisse konstant schilderte, mit Bezug auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen nicht allzu viel abgeleitet werden.

      Inhaltlich vermögen seine Aussagen zudem nicht vollumfänglich zu überzeugen. In der polizeilichen Einvernahme gab der Beschuldigte zunächst an, die Pyjama- hose der Privatklägerin sei feucht gewesen (Urk. 2/2 S. 11). Kurz darauf meinte er, die Hose sei nicht im eigentlichen Sinn feucht gewesen, es habe mehr nach der Feuchtigkeit des Schweisses gewirkt (Urk. 2/2 S. 12). Dies erweckt den Ein- druck, als erachte er seine erste Angabe nicht als überzeugend und wolle diese abschwächen, wobei unklar bleibt, was der Unterschied zwischen feucht und Feuchtigkeit des Schweisses ist. Dass die Privatklägerin im Schlaf schwitzte, ist ohne Weiteres denkbar, wobei aber eher zu erwarten gewesen wäre, dass sie am Kopf, Nacken oder Oberkörper feucht ist. Dass sie (nur) an den Beinen so stark schwitzte, so dass (nur) ihre Pyjamahose feucht wurde, erscheint jedenfalls un- gewöhnlich. Zudem wäre es naheliegender gewesen, das Schlafzimmerfenster eine Zeit lang zu öffnen oder die Bettdecke zurückzuschlagen, um der schwitzen- den Privatklägerin Abkühlung zu verschaffen, ohne sie dabei aufzuwecken. Es stellt sich auch die Frage, weshalb der Beschuldigte zunächst nicht näher abklär-

      te, ob es der Privatklägerin gut geht oder sie allenfalls Fieber hat, anstatt sich damit zu begnügen, ihr die Pyjamahose auszuziehen und diese neben das Bett zu werfen. Eher speziell erscheint auch, dass der Beschuldigte, als er die Pyja- mahose herunterzog, nicht bemerkte, dass er seiner Tochter die Unterhose mit auszog, zumal Pyjamahosen – im Gegensatz zu Unterhosen – üblicherweise weit geschnitten und aus weichem Stoff sind. Gemäss den Angaben der Privatklägerin hatte die Pyjamahose einen Gummizug und das Oberteil war nicht besonders lang (Urk. 3/4 S. 8), weshalb eigentlich hätte auffallen müssen, dass sie unten nichts mehr anhatte. Besonders befremdlich wirkt vor diesem Hintergrund die Aussage des Beschuldigten anlässlich der Berufungsverhandlung, wonach er die Füsse seiner Tochter wieder mit der Bettdecke bedeckt habe, nachdem er sie von seiner Hälfte des Bettes weggeschoben habe (Prot. II S. 24). Die Privatklägerin lag somit hernach mit einem Pyjamaoberteil bekleidet und mit zugedeckten Füs- sen im Bett, während ihr Unterleib nackt war und ohne Bettdecke entblösst blieb. Das Vorgehen des Beschuldigten im Zusammenhang mit dem zugestandenen Ausziehen der Pyjamahose wirft diverse Fragen auf, welche durch seine wenig überzeugenden Erklärungen nicht ausgeräumt werden. Dies lässt Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Darstellung aufkommen. Teilweise zeigte der Beschuldigte auch ein ausweichendes Aussageverhalten. Die Frage, ob er die Privatklägerin an jenem Besuchswochenende auch im Schambereich eingecremt habe, beantwor- tete er nicht, sondern führte aus: Ob ich rankomme? Wahrscheinlich. Ob ich reingehe? Nein. Das wäre zu aggressiv und würde ihr weh machen (Urk. 2/2

      S. 18). Als er gefragt wurde, ob er der Meinung sei, dass DNA-Spuren von ihm im Intimbereich der Privatklägerin sichergestellt werden könnten, antwortete er mit: Unmöglich, um daraufhin zu ergänzen, sicher nicht, weil er sie befummelt habe. Er wisse aber nicht, ob seine DNA habe dorthin kommen können, weil er sie ein- gecremt habe (Urk. 2/2 S. 20).

    4. Der Beschuldigte bezeichnete seine Beziehung zur Privatklägerin als sehr offen. Sie sei ihm gegenüber sehr anhänglich. Sie würden immer zusammen im gleichen Bett schlafen. Sie laufe auch nackt durch die Wohnung. Er selbst schlafe vielfach bzw. üblicherweise nackt. So sei er aufgewachsen. Die Privatklägerin wolle, dass er ihr Helferlein sei und sie anziehe, ausziehe und eincreme etc.

      Dies alles ohne sexuelle Hintergedanken (Urk. 2/2 S. 3 und 9; vgl. auch S. 12 und 18; Prot. I S. 12 und 14; Prot. II S. 12 und 28). Weiter betonte er mehrfach, auf äl- tere Frauen zu stehen (Urk. 2/2 S. 5; Prot. I S. 19; Prot. II S. 17). Auf die Frage, welche Art Pornografie er konsumiere, erwähnte er Begriffe (big tits, MILFS), die sich stark von kinderpornografischen Inhalten unterscheiden (Urk. 2/2 S. 5). Angesichts des Anklagevorwurfs ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass es dem Beschuldigten ein Anliegen war, pädophile Neigungen in Abrede zu stellen und die Vater-Tochter-Beziehung als normal darzustellen. Seine diesbezüglichen Aussagen wirken teilweise aber etwas übertrieben. So gab er in der Einvernahme vom 9. Dezember 2021 an, er verabscheue Pädophile. Jeder, der ihn kenne, wis- se, was für eine Abneigung er gegen solche habe (Urk. 2/2 S. 2). Auf die Frage, wie er sich selbst charakterlich beschreiben würde, kam er auf seine Tochter zu sprechen, wobei er betonte, was für Opfer er für sie gebracht habe und dass er nie, noch nie, pädophile, sexuelle Kindesgedanken gehabt habe. Das gehe gar nicht bei ihm, das sei ein absolutes No go bei ihm (Urk. 2/2 S. 3), womit er letzt- lich eine Selbstverständlichkeit wiedergab. In Bezug auf seine Tochter gab er an, sie seien ein Herz und eine Seele. Schöner könne man sich die Beziehung nicht vorstellen. Sie suche seine Nähe und wolle immer wissen, wo er sei. Sie rufe nach ihm und sei einfach ein Goldschatz (Prot. I S. 17). Gleichzeitig ist beim Beschuldigten ein Bestreben erkennbar, die Vertrauenswürdigkeit nicht nur seiner Exfrau, sondern auch der Privatklägerin in Zweifel zu ziehen, wobei er zugleich darum bemüht war, nicht den Eindruck zu erwecken, er wolle sie schlecht ma- chen. Dies führt im Ergebnis teilweise zu widersprüchlichen und inkonsistenten Angaben. In der Einvernahme vom 9. Dezember 2019 bezeichnete der Beschul- digte seine Exfrau als psychotischer Narzisst. Sie habe Spiele mit ihm und der Tochter gespielt und zu Erpressung gegriffen (Urk. 2/2 S. 6 f.). Der Beschuldigte erwähnte in dieser Einvernahme auch psychische und körperliche Gewalt seitens seiner Exfrau, von der er die Privatklägerin habe schützen müssen, oder deutete Vorfälle an, aus denen geschlossen werden muss, dass sie wenig Rücksicht auf die gemeinsame Tochter nimmt (Urk. 2/2 S. 3 und S. 9). Gleichzeitig relativierte er die psychische und körperliche Gewalt wieder, indem er angab, dies sei lange her. Er habe es nicht gemeldet, sondern selbst regeln wollen (Urk. 2/2 S. 4). Gegen Ende der Einvernahme beantwortete er die Frage, ob es je dazu gekommen sei, dass er seine Tochter körperlich gezüchtigt habe, mit einmal. Sie habe ihn einmal geschlagen und er habe ihr einen kleinen Chlapf retour gegeben. Er ha- be sich auch gefragt, ob die Tochter von ihrer Mutter geschlagen werde, wenn sie ihn die ganze Zeit schlage (Urk. 2/2 S. 18). Daraus könnte abgeleitet werden, dass es sich in Bezug auf die seiner Exfrau angelastete körperliche Gewalt ledig- lich um Mutmassungen von ihm handelt. Aus weiteren Aussagen des Beschuldig- ten geht zudem hervor, dass es mehr als einmal zu Schlägen von ihm kam. So führte er in der Einvernahme vom 9. Dezember 2021 aus, als seine Tochter noch ein Baby gewesen sei, habe er ihr jeweils drei Fuditätsch gegeben, wenn sie etwas falsch gemacht habe. Dann sei er mit ihr hingesessen und habe mit ihr darüber gesprochen, weshalb es so weit gekommen sei (Urk. 2/2 S. 18). Vom Beschuldigten wurde mehrfach ausgeführt, dass seine Exfrau die gemeinsame Tochter manipuliere (Urk. 2/2 S. 7 und 9; Prot. II S. 19 f. und 26). Vor Vorinstanz führte er zudem aus, er sei sich sicher, dass seine Tochter das Ganze nicht so geschildert habe. Sie habe allenfalls erwähnt, dass er ihr die Pyjamahose ausge- zogen habe. Der Rest könnte von seiner Exfrau hineininterpretiert worden sein. Dies schwächte er sogleich wieder ab, indem er angab, er sage nicht, dass die Kindsmutter ihn fälschlicherweise habe anzeigen wollen (Prot. I S. 15). Zu verwei- sen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass er in der ersten Einvernahme eine Liste mit Vorwürfen an seine Exfrau zu den Akten reichte, gleichzeitig aber angab, er müsse sie nicht schlecht machen (Urk. 2/2 S. 7), was er damit aber ge- rade tat. Es ist zwar nachvollziehbar, dass sich der Beschuldigte auch kritisch über seine Exfrau äusserte, nachdem ihr Verhältnis aufgrund von Differenzen be- züglich der Ausübung des Besuchsrechts belastet war und diese bei der Polizei Anzeige gegen ihn erstattet hatte wegen sexueller Handlungen mit der gemein- samen Tochter. Dennoch irritieren seine wiederholten Kommentare und Einschät- zungen zu seiner Exfrau, mit denen er versuchte, deren Vertrauenswürdigkeit in Zweifel zu ziehen, ohne sich jedoch selbst in einem negativen Licht zu exponie- ren. Seine Angaben über seine Tochter weisen dieselben Auffälligkeiten auf. Als er in der ersten Einvernahme gefragt wurde, wie er seine Tochter charakterlich beschreiben würde, erwähnte er keine eigentlichen Eigenschaften, sondern gab

      unter anderem an, dass sie leider gerne die Wahrheit verdrehe. Er verstehe nicht warum (Urk. 2/2 S. 9). Weiter führte er aus, sie wisse nicht, was richtig und falsch sei. Sie sage teilweise Sachen, um den einen oder anderen glücklich oder wütend zu machen. Er habe das Gefühl, dass sie ihn und seine Exfrau gegenei- nander aufbringe. Warum wisse er nicht (Urk. 2/2 S. 10). Vor dem Hintergrund dieser Aussagen ist unklar, wer nach Ansicht des Beschuldigten nun von wem manipuliert wird. Vor Vorinstanz gab der Beschuldigte auf die Frage, wie er die Privatklägerin beschreiben würde, an, sie sei ein ganz tolles Kind, liebevoll und sehr sozial denkend. Auch hier fügte er an, sie habe einfach nicht immer ihre ei- gene Meinung. Sie sei leider ein wenig beeinflussbar (Prot. I S. 17). Anlässlich der Berufungsverhandlung verdeutlichte der Beschuldigte, dass seine Tochter es leider nicht ganz so einfach habe aufgrund der Umstände seit der Scheidung. Sie stehe in einem brutalen Loyalitätskonflikt. Sie wisse zwar, was richtig und falsch sei. Sie wisse aber auch, dass sie gewisse Sachen machen oder aussagen müs- se, was sie eigentlich nicht tun sollte, die Mutter aber von ihr verlange. Vor einem Monat habe die Privatklägerin ihm gegenüber zugegeben, dass sie fürs Mami lü- ge. Weiter habe sie ihm gesagt, dass sie lügen würde, um dem Mami zu gefallen (Prot. II S. 19 f.). Dies wirkt wie ein Versuch, die Privatklägerin in ihrer Glaubwür- digkeit herabzusetzen und als unzuverlässige Auskunftsperson darzustellen. Ähn- lich zu werten sind auch seine Aussagen, wonach die Privatklägerin teilweise vie- le Albträume habe. Die Albträume seien teilweise so realistisch, dass er ihr sagen müsse, dass es nicht sein könne (Urk. 2/2 S. 9).

    5. Zusammenfassend erweist sich die Darstellung des Beschuldigten nicht als grundsätzlich unglaubhaft. Seine Version der Ereignisse vom Besuchswochenen- de des 6./7. November 2021 erscheint möglich, auch wenn seine Aussagen in ei- nigen Punkten nicht gänzlich zu überzeugen vermögen oder Zweifel erwecken. Gegen seine Darstellung, wonach am fraglichen Wochenende nichts Spezielles vorgefallen sei, spricht mit der Vorinstanz aber der Umstand, dass er am nächs- ten Tag, d.h. am Montag, 8. November 2021, im Polizei-Journal nach dem Namen E. suchte (Urk. 30 S. 16). In der polizeilichen Einvernahme gab der Beschuldigte an, er habe aufgrund eines Bauchgefühls von der Anzeige gegen ihn erfahren. Wenn es um seine Tochter gehe, bekomme er ein ganz komisches

      Bauchgefühl. Er habe dies im Sommer 2019 schon einmal gehabt. Am Montag nach dem besagten Wochenende habe er gearbeitet. Er habe einen super Tag gehabt. Dann habe er ein Bauchgefühl bekommen. Am Abend, kurz bevor er ins Bett gegangen sei, habe sich dieses Gefühl zu Bauchkrämpfen verstärkt. Darauf- hin habe er gewusst, dass etwas mit B. sein müsse und habe im Journal den Namen E. eingegeben. Er habe alles erwartet, aber nicht so etwas (Urk. 2/2 S. 19). Diese kurz nach dem Besuchswochenende erfolgte Abfrage ist ein starkes Indiz dafür, dass es an jenem Wochenende zu einem Vorfall kam, der nach Auffassung des Beschuldigten zu einer Anzeige bei der Polizei hätte führen können. Die amtliche Verteidigung wendete hiergegen ein, dass die Suche nach dem Namen E. im Polizei-Journal alles andere als verdächtig sei. Das schlechte Bauchgefühl, von dem der Beschuldigte berichtet habe, habe sich ein- zig darauf bezogen, dass B. etwas zugestossen sei, und nicht auf eigenes Fehlverhalten. Eine andere Interpretation der Abfrage des Beschuldigten würde nur dann Sinn ergeben, wenn der Beschuldigte im Polizei-Journal auch eigenes Fehlverhalten hätte erkennen können. Dies sei unter normalen Umständen nicht möglich, da Anzeigen gegen Mitarbeiter der Polizei intern anonymisiert bzw. nicht angezeigt würden. Eine Suche nach E. hätte die Anzeige gegen den Beschuldigten wegen sexueller Handlungen mit seiner Tochter eigentlich nicht an- zeigen dürfen (Urk. 42 S. 11). Diese Argumentation der Verteidigung ist grund- sätzlich zutreffend, vermag jedoch nicht zu entkräften, dass das Verhalten des Beschuldigten darauf hindeutet, dass er überprüfen wollte, ob es nach dem Besuchswochenende zu einer Anzeige (allenfalls gegen Unbekannt) wegen strafba- ren Verhaltens zum Nachteil der Privatklägerin gekommen war.

      Hinzu kommt, dass die weiteren Aussagen des Beschuldigten zu seiner zuge- standenen Abfrage im Polizei-Journal widersprüchlich ausfielen. Vor Vorinstanz gab er an, es sei üblich gewesen, dass er ins Journal geschaut habe, als er bei der H. gearbeitet habe. Er habe das Journal regelmässig angeschaut, teils einmal die Woche, teils täglich und teils ein paar Mal täglich. An jenem Abend ha- be er einfach das Allgemein-Journal angeschaut. Dort stehe alles, was bei der Polizei reinkomme. Eigentlich seien die Einträge gesperrt, wenn diese einen Mit- arbeiter betreffen. Dummerweise sei dies damals nicht so gewesen (Prot. I S. 20).

      Diesen Aussagen zufolge war es eher Zufall, dass der Beschuldigte von der Strafanzeige gegen ihn erfuhr, was in Widerspruch zu seinen früheren Angaben gegenüber der Polizei steht. Auf den Hinweis, dass er die Konsultation im Vorver- fahren mit seinem Bauchgefühl erklärt habe, führte er ergänzend aus, er habe ein Bauchgefühl gehabt, dass mit seiner Tochter etwas nicht gut sei. Er habe aber nie mit so etwas gerechnet (Prot. I S. 20). Anlässlich der Berufungsverhandlung schilderte der Beschuldigte erneut, dass er am Montag nach dem Besuchswo- chenende einfach so, ohne spezifischen Grund, in das Polizei-Journal geschaut habe. Dann habe er ein schlechtes Gewissen bekommen und befürchtet, dass

      B. etwas passiert sei. Auf den Hinweis, dass man in der Regel dann ein schlechtes Gewissen habe, wenn man etwas Falsches gemacht habe, korrigierte sich der Beschuldigte und erklärte, er habe nicht ein schlechtes Gewissen ge- meint, sondern eher ein schlechtes Gefühl. Er wiederholte, dass er ein solches Gefühl schon einmal gehabt habe. Damals sei im Polizei-Journal ein Eintrag er- fasst gewesen, wonach B. vermisst werde (Prot. II S. 14 ff.). Damit konfron- tiert, dass er gegenüber der Polizei ausgesagt hatte, er habe im Polizei-Journal spezifisch nach E. gesucht, erklärte der Beschuldigte, dass er keinen Namen in das Journal eingegeben habe, sondern einfach die Eingänge der letz- ten 24 Stunden angeschaut habe. B. sei im Titel eines Eintrags erschienen, nur deshalb habe er diesen gesehen und von der Anzeige gegen ihn erfahren (Prot. II S. 16, 21 f. und 27). Aus den vorstehenden Aussagen wird deutlich, dass der Beschuldigte vor Vorinstanz und anlässlich der Berufungsverhandlung darum bemüht war, sein belastendes Zugeständnis betreffend die Eingabe des Nachna- mens E. zu relativieren bzw. zu widerrufen. Neu stellte er die Abfrage des Polizei-Journals als regelmässigen Vorgang dar, in dessen Rahmen er eher zufäl- lig auf den Eintrag stiess, aus welchem hervorging, dass ihm gegenüber eine Strafanzeige erhoben worden war wegen sexueller Handlungen zum Nachteil sei- ner Tochter. Auffallend ist auch seine zweimalige Ausdrucksweise anlässlich der Berufungsverhandlung, wonach er ein schlechtes Gewissen bekommen habe, als er das Polizei-Journal konsultiert habe. Dieses widersprüchliche und inkonsistente Aussageverhalten lässt Zweifel an der Darstellung des Beschuldigten aufkom- men.

      Seine Aussagen vermögen auch inhaltlich nicht zu überzeugen. So ist nicht nach- vollziehbar, weshalb der Beschuldigte plötzlich Bauchkrämpfe aus Sorge um die Privatklägerin hätte bekommen sollen, nachdem er zuvor einen super Tag ge- habt hatte und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Privatklägerin ausgerechnet an jenem Montag etwas hätte zustossen können. Seinen Angaben zufolge war es auch am Besuchswochenende zu keinerlei Vorkommnissen ge- kommen, die das von ihm geschilderte Bauchgefühl hätten erklären können. So hatte die Privatklägerin ihm gegenüber keinerlei Äusserungen gemacht, aus de- nen er hätte ableiten können, dass ihr etwas passiert war. Dabei wäre zu erwar- ten gewesen, dass sie ihm hätte anvertrauen können, wenn sie etwas beschäftig- te, zumal sie ein enges und vertrauensvolles Verhältnis zueinander hatten. Auch aus dem Verhalten der Privatklägerin ergaben sich keine Hinweise, die Grund zur Besorgnis geboten hätten. Der Beschuldigte gab vielmehr an, die Privatklägerin sei an jenem Wochenende nicht distanziert gewesen ihm gegenüber und ihm auch nicht ausgewichen. Er habe sie normal verabschiedet, mit Kuss und Umar- mung (Urk. 2/2 S. 12). Es sei an jenem Wochenende weder zu einem Streit noch zu einem Zwischenfall gekommen, der eine negative Wirkung auf die Privatkläge- rin hätte haben können. Das Wochenende sei schön gewesen. Er sei völlig unter Schock gestanden, als er von der Anzeige erfahren habe (Urk. 2/2 S. 14; Prot. II

      S. 14). Im Übrigen ist auch unter Berücksichtigung des angespannten Verhältnis- ses zu seiner Exfrau nicht einsichtig, weshalb sich der Beschuldigte nicht zu- nächst bei ihr erkundigte, ob mit der Privatklägerin alles in Ordnung ist, als er ein schlechtes Bauchgefühl bekam und sich um seine Tochter sorgte, zumal er aus einem fehlenden Eintrag im Journal der H. keinesfalls hätte schliessen kön- nen, dass nichts passiert war.

  4. Fazit

    Im Ergebnis ist mit der Vorinstanz (Urk. 30 S. 17) auf die überzeugenden Aussa- gen der Privatklägerin abzustellen. Ihrer glaubhaften Schilderung der damaligen Vorkommnisse vermögen auch die Vorbringen des Beschuldigten keine erhebli- chen Zweifel entgegenzusetzen, zumal seine Aussagen nicht vollumfänglich zu überzeugen vermögen. Gestützt auf die Aussagen der Privatklägerin ist damit erstellt, dass der Beschuldigte sie am Morgen des Sonntags, 7. November 2021, zweimal mit einem Finger im Genitalbereich ausgegriffen hat. Diese Tathandlun- gen kann der Beschuldigte nur bewusst und gezielt vorgenommen haben. Dass er die Privatklägerin unbewusst im Schlaf und rein zufällig zweimal ausgegriffen und hernach seinen Finger abgeschleckt hat, wie die Verteidigung eventualiter geltend macht (Urk. 19 S. 15 f.; Urk. 42 S. 14), kann ausgeschlossen werden.

  5. Rechtliche Würdigung

Die von der Vorinstanz vorgenommene rechtliche Würdigung ist zutreffend, wes- halb darauf verwiesen werden kann (Urk. 30 S. 17; Art. 82 Abs. 4 StPO). Wie be- reits im Rahmen der Sachverhaltserstellung dargelegt, ist von vorsätzlichem Han- deln auszugehen. Der Beschuldigte ist daher der sexuellen Handlungen mit Kin- dern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

III. Sanktion

  1. Ausgangslage

    Die Vorinstanz bestrafte den Beschuldigten mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten (Urk. 30 S. 24). Nachdem einzig der Beschuldigte Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil erhoben hat, fällt aufgrund des Verschlechterungsverbo- tes eine strengere Bestrafung ausser Betracht (Art. 391 Abs. 2 StPO).

  2. Strafrahmen und Strafzumessungsregeln

    1. Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es be- rücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB wiederholt dargelegt (BGE 144 IV 313 E. 1.2; 141 IV 61 E. 6.1.1; 136 IV 55 E. 5.4 ff.; je mit Hinweisen).

      Darauf kann verwiesen werden.

    2. Der Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedroht.

      Ausserordentliche Umstände, die ein Verlassen des ordentlichen Strafrahmens als angezeigt erscheinen liessen, liegen nicht vor.

  3. Tatkomponente

    1. Der Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern will die Gefährdung der sexuellen Entwicklung von Unmündigen verhindern. Es geht darum, die unge- störte Entwicklung des Kindes zu gewährleisten, bis es die notwendige Reife er- langt hat, damit es zur verantwortlichen Einwilligung in sexuellen Handlungen in der Lage ist (MAIER, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Straf-

      recht II, 4. Auflage, Basel 2019, N 1 zu Art. 187 StGB). Bei der objektiven Tat- schwere ist zu berücksichtigen, dass im Vergleich zu möglichen Tatvarianten der sexuellen Handlungen mit Kindern sowohl schwerwiegendere als auch weniger schwerwiegende Verhaltensweisen denkbar sind. Die vom Beschuldigten vorge- nommenen Berührungen im Intimbereich der Privatklägerin erscheinen im Ver- gleich zu Vaginal- oder Oralverkehr klar als weniger gravierend. Sie liegen aber nicht mehr im Bagatellbereich, auch wenn sie für die Privatklägerin nicht mit Schmerzen verbunden waren. Im Tatzeitpunkt war die Privatklägerin erst achtjäh- rig. Es handelte sich bei ihr nicht mehr um ein Kleinkind, die Altersgrenze von

      16 Jahren hatte sie aber noch lange nicht erreicht. Die Altersdifferenz zum Beschuldigten war mit rund 30 Jahren zudem beträchtlich. Die Vorinstanz wies zu- treffend darauf hin, dass in doppelter Hinsicht ein grosses Machtgefälle vorlag, das der Beschuldigte ausnutzte (Urk. 30 S. 19). Dass der Übergriff im familiären und geschützten Umfeld der Privatklägerin erfolgte, wirkt sich verschuldenserhö- hend aus. Immerhin dauerte das Tatgeschehen nur kurz. Durch den Vorfall wurde die Privatklägerin zweifelsohne beeinträchtigt. Die konkreten Auswirkungen des sexuellen Übergriffs auf sie zu bestimmen, ist zum heutigen Zeitpunkt schwierig, wobei zu berücksichtigen ist, dass allfällige langfristige psychische Folgen gerade bei Sexualdelikten stets denkbar sind (MAIER, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Bas- ler Kommentar Strafrecht II, a.a.O., N 2 zu Art. 187 StGB). Immerhin hatte der Vorfall keine körperlichen Schäden bei der Privatklägerin zur Folge. Im breiten Spektrum von allen denkbaren sexuellen Handlungen mit Kindern ist die objektive Tatschwere als eher leicht einzustufen.

    2. Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz. Er wusste, wie alt die Pri- vatklägerin war. Andere als egoistische Beweggründe sind nicht ersichtlich. Ver- schuldensmindernde Faktoren liegen nicht vor. Die Tat wäre für den Beschuldig- ten ohne Weiteres vermeidbar gewesen. Seine Entscheidungsfreiheit war in kei- ner Weise eingeschränkt. Die subjektive Tatschwere führt damit nicht zu einer milderen Beurteilung. Insgesamt bleibt es daher bei einem eher leichten Tatver- schulden.

    3. In Anbetracht des eher leichten Tatverschuldens erscheint die von der Vor- instanz festgesetzte Einsatzstrafe von 240 Strafeinheiten (Urk. 30 S. 19) ange- messen. Eine Geldstrafe fällt bei dieser Strafhöhe ausser Betracht.

  4. Täterkomponente

    1. Der Beschuldigte wurde im Jahr 1984 in F. geboren und ist in Kana- da und der Schweiz aufgewachsen. Im Jahr 1995 zog er mit seiner Familie defini- tiv in die Schweiz. Er besuchte in G. die Oberstufe und absolvierte danach eine Ausbildung zum Automonteur. Von 2011 bis Ende 2021 arbeitete der Beschuldigte bei der H. im Bereich der I. . In der Folge war er in der Fir- ma seines … als Immobilienmakler tätig, wobei er ein monatliches Einkommen von rund Fr. 6'000.– netto erzielte. Gemäss den im Berufungsverfahren einge- reichten Unterlagen wurde diese Anstellung per 31. März 2023 gekündigt. In der Folge machte sich der Beschuldigte selbständig im Bereich Immobilien und arbei- tet auch aktuell als Immobilienmakler. Sein Einkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit konnte er anlässlich der Berufungsverhandlung nicht beziffern, da sich das Geschäft noch in der Anfangsphase befinde und er im Zusammen- hang mit seiner Selbständigkeit auch viele Schulden gemacht habe. Auf Nachfra- ge erklärte der Beschuldigte jedoch, dass er von den Einkünften aus seiner Tätig- keit als selbständiger Immobilienmakler leben könne, seit er sein Vorsorgegutha- ben bei der Pensionskasse für die Selbständigkeit bezogen habe. Der Beschul- digte lebt allein in einer Eigentumswohnung und verfügt über Hypothekarschulden in der Höhe von Fr. 500'000.– und weitere Schulden in der Höhe von ca.

      Fr. 40'000.–. Er ist geschieden und hat neben der Privatklägerin keine weiteren Kinder. Für seine Tochter zahlt er monatliche Alimente in der Höhe von

      Fr. 1'700.– (Urk. 2/1 S. 1 ff.; Urk. 2/2 S. 4 f.; Urk. 2/3 S. 3; Urk. 19 S. 16 f.;

      Urk. 38/1-6; Prot. I S. 7 ff.; Prot. II S. 7 ff.).

      Aus der Biographie und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten lassen sich keine strafzumessungsrelevanten Faktoren ableiten.

    2. Die Vorstrafenlosigkeit des Beschuldigten (Urk. 32) ist strafzumessungs- neutral zu behandeln.

    3. Der Beschuldigte bestreitet den Anklagevorwurf. Folglich kann ihm weder ein Geständnis zugutegehalten werden noch sind Einsicht und Reue ersichtlich. Das Nachtatverhalten ist daher mit der Vorinstanz (Urk. 30 S. 19) neutral zu ge- wichten.

  5. Fazit

    In Würdigung sämtlicher Strafzumessungsgründe erweist sich die von der Vor- instanz ausgesprochene Freiheitsstrafe von 8 Monaten als angemessen. Die zu- sätzliche Ausfällung einer Verbindungsbusse (vgl. Urk. 9 S. 3) fällt vorliegend schon wegen des Verbotes der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO) ausser Betracht, nachdem die Staatsanwaltschaft an ihrem entsprechenden Antrag nicht mehr festhielt, sondern im Berufungsverfahren lediglich die Bestätigung des vo- rinstanzlichen Urteils beantragte (Urk. 37).

  6. Vollzug

Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Voll- zugs der Strafe zutreffend dargelegt (Urk. 30 S. 20). Diese brauchen an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden. Beim Beschuldigten handelt es sich um einen Ersttäter (Urk. 32). Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass er sich durch die bedingte Strafe und die weiteren Konsequenzen dieses Strafverfahrens, na- mentlich auch die Kostenfolgen, genügend beeindrucken lassen wird, um sich künftig wohl zu verhalten. Der Vollzug der Freiheitsstrafe ist daher aufzuschieben und die Probezeit auf 2 Jahre festzusetzen.

  1. Tätigkeitsverbot

    1. Ausgangslage

      Die aktuellen Bestimmungen zum Tätigkeitsverbot wurden in Umsetzung von Art. 123c BV erlassen und per 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt (AS 2018 3803;

      BBl 2016 6115). Die Anordnung eines lebenslänglichen Tätigkeitsverbots setzt gemäss Art. 67 Abs. 3 StGB voraus, dass der Täter wegen einer der in den Buch- staben a - d aufgezählten Straftaten zu einer Strafe verurteilt oder deswegen ge- gen ihn eine Massnahme angeordnet wurde. Bei der Anlasstat ist keine Mindest- strafe vorgeschrieben. Das konkrete Verschulden ist daher grundsätzlich nicht massgebend. Weiter wird keine negative Prognose vorausgesetzt. Nicht relevant ist schliesslich, ob das Delikt in Ausübung der zu verbietenden beruflichen oder organisierten ausserberuflichen Tätigkeit begangen wurde. Vielmehr muss das Verbot zwingend auch dann angeordnet werden, wenn die Tat im privaten Rah- men oder in Ausübung einer anderen als der zu verbietenden Tätigkeiten began- gen wurde. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht das lebenslängliche Tätigkeitsverbot in jedem Fall anordnen (Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes vom 3. Juni 2016, BBl 2016 6115, S. 6158). Davon kann lediglich ausnahmsweise in besonders leichten Fäl- len abgesehen werden. Die Voraussetzungen für das Absehen von einem zwin- gend lebenslänglichen Tätigkeitsverbot sind eng ausgestaltet. Es muss sich ku- mulativ um einen besonders leichten Fall handeln, und das Tätigkeitsverbot darf nicht notwendig erscheinen, um den Täter von der Begehung weiterer Straftaten

      abzuhalten, wie sie Anlass für das Verbot sind (Art. 67 Abs. 4bis StGB). Mit der

      Wendung «ausnahmsweise» soll verdeutlicht werden, dass das zwingend lebens- längliche Tätigkeitsverbot die Regel sein soll. Es können nur Fälle in den Anwen- dungsbereich der Ausnahmebestimmung fallen, die in objektiver und subjektiver Hinsicht eigentlichen Bagatellcharakter aufweisen. Dabei ist ein strenger Mass- stab anzulegen. Erwähnt werden in der Botschaft Fälle, in denen das Verschulden des Täters als besonders gering eingestuft und eine bedingte Strafe von wenigen Tagessätzen ausgesprochen wird (Urteile des Bundesgerichts 7B_143/2022 vom 18. Juli 2023 E. 2.5.1 f.; 6B_1027/2021 vom 5. Juni 2023 E. 2.3.2 f.; 6B_156/2023

      vom 3. April 2023 E. 2.5; je mit Hinweisen; Botschaft zur Änderung des Strafge- setzbuchs und des Militärstrafgesetzes vom 3. Juni 2016, a.a.O., S. 6160 ff.).

    2. Würdigung

    Der Beschuldigte wird wegen sexueller Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Damit sind die Vorausset- zungen von Art. 67 Abs. 3 lit. b StGB erfüllt. Ein besonders leichter Fall liegt nicht vor. Die abstrakte Strafandrohung bei sexuellen Handlungen mit Kindern liegt bei Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Sie ist somit bereits von einiger Erheblichkeit. Die vom Beschuldigten vorgenommenen Berührungen liegen nicht mehr im untersten Bereich der vom Straftatbestand von Art. 187 StGB erfassten Handlungen. Im Tatzeitpunkt war die Privatklägerin erst achtjährig. Der Altersun- terschied zum Beschuldigten war mit rund 30 Jahren beträchtlich. Das Delikt wur-

    de im familiären Umfeld der Privatklägerin begangen, wo sie von Übergriffen hätte geschützt sein sollen. Bagatellcharakter, wie es zur Annahme eines besonders leichten Falles erforderlich wäre, weist die Tat klar nicht mehr auf. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass dafür eine Einsatzstrafe von 8 Monaten festgesetzt wur- de. Diese Sanktion überschreitet den in der Botschaft zur Umsetzung von

    Art. 123c BV beispielhaft genannten Bereich von wenigen Tagessätzen klar. Es ist daher zwingend ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot anzuordnen.

  2. Abnahme DNA-Probe / Erstellung DNA-Profil

    1. Ausgangslage

      Die Vorinstanz ordnete die Abnahme einer DNA-Probe und die Erstellung eines DNA-Profils des Beschuldigten an (Urk. 30 S. 24). Sie stützte sich dabei (auch) auf Art. 5 DNA-Profil-Gesetz. Dieser Artikel wurde im Rahmen der Revision des DNA-Profil-Gesetzes per 1. August 2023 aufgehoben, da sich in der Strafpro- zessordnung bereits eine entsprechende Bestimmung findet (vgl. dazu Botschaft zur Änderung des DNA-Profil-Gesetzes vom 4. Dezember 2020, BBl 2021 44,

      S. 20 f. und 50). Gemäss Art. 257 StPO kann das Gericht in seinem Urteil anord- nen, dass eine Probe genommen und ein DNA-Profil erstellt wird von Personen,

      die wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden sind (lit. a), die wegen eines vorsätzlich be- gangenen Verbrechens oder Vergehens gegen Leib und Leben oder gegen die sexuelle Integrität verurteilt worden sind (lit. b), oder gegenüber denen eine thera- peutische Massnahme oder die Verwahrung angeordnet worden ist (lit. c). Art. 257 StPO gelangt dann zur Anwendung, wenn im Strafverfahren, welches zur Verurteilung führte, kein DNA-Profil erstellt wurde (Urteil des Bundesgerichts 7B_119/2022 vom 21. August 2023 E. 3 mit Hinweisen). In der Praxis handelt es sich meist um Verfahren, bei denen der Beschuldigte nie festgenommen und da- her auch nie erkennungsdienstlich behandelt wurde. Bei der Abnahme von DNA- Proben verurteilter Personen geht es einerseits darum, künftige Straftaten des als potenziell gefährlich eingeschätzten Verurteilten zu erkennen, andererseits kann die Auswertung des Profils aber auch dazu führen, dass früher begangene Delikte nachträglich noch aufgeklärt werden können. Schliesslich hat die DNA-Abnahme auch eine spezialpräventive Wirkung, weil dem Betroffenen klar sein muss, dass künftige Straftaten auch ohne Tatzeugen leichter aufgeklärt werden können (HANSJAKOB/GRAF, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2020, N 1 zu Art. 257 StPO). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung geht bei der Erstellung eines

      DNA-Profils als erkennungsdienstlicher Massnahme von einem leichten Grund- rechtseingriff aus (BGE 145 IV 263 E. 3.4 mit Hinweisen).

    2. Würdigung

    Der Beschuldigte wird wegen sexueller Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 StGB verurteilt. Die Erstellung eines DNA-Profils setzt daher keine Mindeststrafe voraus (Art. 257 lit. b StPO). Der Tatbestand der sexuellen Hand- lungen mit Kindern ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe be- droht. Es handelt sich um ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB. Das Rechtsgut der Gefährdung der sexuellen Entwicklung Unmündiger wiegt sehr hoch. Sexuelle Verfehlungen gegenüber Kindern gehören prinzipiell zu den gra- vierenden Straftaten (BGE 143 IV 9 E. 3.1; 146 IV 153 E. 3.5.2; Urteil des Bun- desgerichts 6B_746/2016 vom 8. Dezember 2016 E. 1.3.2). Aufgrund der besonders schützenswerten sexuellen Integrität von Minderjährigen findet sich Art. 187 Ziff. 1 StGB im Deliktskatalog vieler Strafbestimmungen wieder. So ist dieser Tat- bestand etwa Anlassdelikt für die Ausfällung einer Landesverweisung oder die Anordnung eines Tätigkeitsverbots (Art. 66a lit. h StGB; Art. 67 Abs. 3 lit. b StGB). Der Verhinderung und Verfolgung von Sexualdelikten zum Nachteil minderjähriger Opfer ist erhebliche Bedeutung zuzumessen. Dies kommt auch darin zum Aus- druck, dass der Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern in den Katalog der unverjährbaren Straftaten im Sinne von Art. 101 Abs. 1 StGB aufgenommen wurde, wenn das Delikt an Kindern unter 12 Jahren begangen wurde (lit. e), und die Schweiz bei Auslandstaten Strafhoheit beansprucht, wenn das Opfer weniger als 14 Jahre alt war (Art. 5 Abs. 1 lit. b StGB). Den Tatbestand von Art. 187 Ziff. 1 StGB erfüllen Handlungen, die nach Art und Intensität sehr unterschiedlich sind. Der vom Beschuldigten verübte Übergriff ist im Vergleich zu anderen von Art. 187 Ziff. 1 StGB erfassten Verhaltensweisen nicht als besonders schwer einzustufen. Bagatellcharakter kann ihm aber klar nicht mehr zugesprochen werden. Dies zeigt sich auch in der dafür ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 8 Monaten. Dass der Beschuldigte nicht vorbestraft ist, schliesst die Erstellung eines DNA-Profils nicht aus (Urteile des Bundesgerichts 1B_13/2019 und 1B_14/2019 vom 12. März 2019 jeweils E. 2.2). Wie erwähnt, besteht ein hohes öffentliches Interesse an der Ver- hinderung und Verfolgung sexueller Übergriffe an Minderjährigen. Die Tatbege- hung im familiären Umfeld zum Nachteil der eigenen Tochter, die der Beschuldig- te vor solchen Übergriffen gerade beschützen müsste, zeugt zudem von Skrupel- losigkeit und einer nicht mehr leichten kriminellen Energie. Nachdem es sich bei der Abnahme einer DNA-Probe und der Erstellung eines DNA-Profils nur um ei- nen leichten Eingriff in die Grundrechte der Beschuldigten handelt, erscheint eine entsprechende Anordnung bei dieser Ausgangslage als verhältnismässig. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Anlassdelikt ein Sexualdelikt ist. Dabei handelt es sich um eine der Straftaten, die häufig anhand von DNA-Spuren auf- geklärt werden können (HANSJAKOB/GRAF, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, a.a.O., N 5 zu

    Art. 257 StPO). Die Abnahme einer DNA-Probe und die Erstellung eines DNA- Profils erweist sich daher auch als zweckmässig.

  3. Zivilansprüche

    Die Vorinstanz hat die Zivilansprüche der Privatklägerin mangels Bezifferung und Substantiierung auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 30 S. 22 und 24). Dieser Ent- scheid blieb seitens der Privatklägerin unangefochten und ist deshalb zu bestäti- gen.

  4. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Kosten des Vorverfahrens und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens

    Ausgangsgemäss ist das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziffern 7 und 8) zu bestätigen (Art. 428 Abs. 3 StPO in Verbindung mit Art. 426 Abs. 1 StPO).

  2. Kosten des Berufungsverfahrens

Im Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Ob- siegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt im Berufungsverfahren vollumfänglich mit seinen Anträgen. Ausgangsgemäss sind ihm deshalb die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung, aufzuerlegen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

Die amtliche Verteidigung macht für ihre Bemühungen und Barauslagen im Beru- fungsverfahren einen Betrag von insgesamt Fr. 4'652.30 (inkl. MwSt.) geltend (Urk. 43). Dieser Aufwand ist ausgewiesen und steht im Einklang mit den Ansät- zen der kantonalen Anwaltsgebührenverordnung. Unter Berücksichtigung von zwei zusätzlichen Stunden für die längere Dauer der Berufungsverhandlung und eine Nachbesprechung des Urteils mit dem Beschuldigten erscheint es angemes- sen, die amtliche Verteidigung mit pauschal Fr. 5'000.– (inkl. MwSt.) aus der Ge- richtskasse zu entschädigen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der sexuellen Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 8 Monaten Freiheitsstrafe.

  3. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Dem Beschuldigten wird im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. b StGB lebensläng- lich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit, die ei- nen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst, verboten.

  5. Es wird die Abnahme einer DNA-Probe und die Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 257 StPO angeordnet. Das Forensische Institut Zürich (FOR) wird mit dem Vollzug beauftragt und der Beschuldigte verpflichtet, in- nert 30 Tagen ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils beim Forensischen Institut Zürich, Polizei- & Justizzentrum PJZ, Erkennungsdienst‚ Güterstras- se 33, 8010 Zürich, zwecks DNA-Probenahme für die DNA-Profilerstellung zu erscheinen. Kommt er dieser Verpflichtung unentschuldigt nicht nach, wird die Kantonspolizei hiermit verpflichtet, ihn – auf entsprechende Mittei- lung des Forensischen Instituts Zürich hin – zwangsweise vorzuführen. Der Beschuldigte wird auf Art. 205, 207 und Art. 417 StPO aufmerksam ge- macht.

  6. Die Zivilansprüche der Privatklägerin B. werden auf den Zivilweg verwiesen.

  7. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziffern 7 und 8) wird bestätigt.

  8. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 3'600.– ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 5'000.– amtliche Verteidigung.

  9. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amt- lichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.

  10. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

  11. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsa- chen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, be- gründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesge- richtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 21. November 2023

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Boese

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