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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB220652
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB220652 vom 13.12.2023 (ZH)
Datum:13.12.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Hehlerei
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Aussage; Gerin; Staatsanwalt; Vorinstanz; Staatsanwaltschaft; Berufung; Urteil; Privatklägerin; Covid-; Verfahren; -Kredit; Aussagen; Gesprochen; Gericht; Hehlerei; Verteidigung; Verfahrens; Habe; Gewusst; Gerichtskasse; Entschädigung; Prot; Würdigung; Hinweis; Limmattal; Albis; Prozessentschädigung
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 307 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 32 StReG ; Art. 408 StPO ; Art. 423 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 82 StPO ; Art. 84 StPO ;
Referenz BGE:100 IV 31; 124 IV 86; 133 I 33; 138 V 74; 141 IV 244; 144 IV 345; 144 IV 348; 145 IV 154; 146 IV 88; 147 IV 409; 81 IV 158;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB220652-O/U/nk

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, die Ersatzoberrichter lic. iur.

Kessler und Dr. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Ghafier

Urteil vom 13. Dezember 2023

in Sachen

Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis,

vertreten durch Staatsanwälte MLaw Fantoni und lic. iur. Keller,

Anklägerin und Berufungsklägerin

gegen

A. ,

Beschuldigter und Berufungsbeklagter

verteidigt durch Rechtsanwalt M.A.HSG in Law et lic. phil. X.

betreffend Hehlerei

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon, Einzelgericht in Strafsachen, vom 15. Juni 2022 (GG220006)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 10. Februar 2022 (Urk. 11) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 40 S. 11)

  1. Der Beschuldigte ist einer strafbaren Handlung nicht schuldig und wird freigesprochen.

  2. Die Zivilforderungen der Privatklägerin werden auf den Zivilweg verwiesen.

  3. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz; die übrigen Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Der Privatklägerin wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  5. Dem Beschuldigten wird eine Prozessentschädigung von Fr. 5'650.00 (inkl.

Barauslagen und 7.7 % MwSt.) für die anwaltliche Verteidigung durch Rechtsanwalt M.A. HSG in Law X. aus der Gerichtskasse zugespro- chen.

Berufungsanträge:

  1. Des Vertreters der Anklagebehörde: (Urk. 51 S. 2)

    1. Der Beschuldigte A. sei im Sinne der Anklageschrift vom

      10. Februar 2022 wegen Hehlerei im Sinne von Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

    2. Der Beschuldigte A. sei mit einer Geldstrafe von 100 Tagessät- zen zu CHF 50.00 (entsprechend CHF 5'000.00) zu bestrafen.

    3. Die Geldstrafe sei zu vollziehen.

    4. Es sei ein Entscheid über die Zivilansprüche der Privatklägerschaft zu fällen.

    5. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten A. aufzuer- legen.

  2. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 52 S. 2)

    1. Es sei der Beschuldigte A. freizusprechen, unter Abweisung der Anträge der Staatsanwaltschaft und unter Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

    2. Es sei die Zivilklage der Privatklägerin auf den Zivilweg zu weisen.

    3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. Auslagen und MWST) zu Lasten des Staates, wobei dem Beschuldigten für die anwaltliche Verteidigung durch Rechtsanwalt X. im erstinstanzlichen Verfah- ren eine Prozessentschädigung von Fr. 5'650.00 (inkl. Barauslagen und 7,7% MWST) sowie im Berufungsverfahren eine angemessene Entschädigung gestützt auf die eingereichte Kostennote zuzusprechen seien.

      Erwägungen:

      1. Verfahrensgang

        Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom 15. Juni 2022 vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen (Urk. 40). Die innert Frist eingereichte Berufung bzw. Berufungserklärung der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis (nach- folgend Staatsanwaltschaft) richtet sich gegen den Freispruch (Urk. 35, 39/1 und 41). Der Beschuldigte hat stillschweigend auf Anschlussberufung verzichtet (Urk. 43 und 44/2). Die Privatklägerin hat ausdrücklich auf Anschlussberufung ver- zichtet (Urk. 45). Zur Berufungsverhandlung vom 13. Dezember 2023 erschien Staatsanwalt MLaw Dominik Fantoni sowie der Beschuldigte in Begleitung seines Verteidigers (Prot. II S. 3).

      2. Umfang Berufung

        Auch wenn das Berufungsgericht nur die angefochtenen Punkte neu beurteilt, fällt es am Ende ein insgesamt neues Urteil (Art. 408 StPO), worin es jedoch anzugeben hat, welche Punkte bereits früher in Rechtskraft erwachsen sind (BGE 141 IV 244

        E. 1.3.3). Die Staatsanwaltschaft beantragt einen Schuldspruch mit entsprechen- der Bestrafung und Kostenfolge (Urk. 41, Urk. 51 S. 2). Das vorinstanzliche Urteil ist demnach in keiner Dispositivziffer in Rechtskraft erwachsen.

      3. Schuldpunkt

        1. Ausgangslage

          1. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, dass er am 13. Juli 2020 durch

        2. offene Betreibungen der ihm (dem Beschuldigten) gehörenden Firma

        3. GmbH in der Höhe von Fr. 17'620.60 habe begleichen lassen. B. habe zuvor an einem Postomat Fr. 20'000.– von seinem Konto lautend auf die Ein- zelfirma B1. bezogen. Das Geld stamme aus einem der B1. am 1. Juli 2020 bewilligten Covid-19-Kredit, was der Beschuldigte gewusst bzw. zumindest in Kauf genommen habe. Der Beschuldigte habe somit gewusst bzw. zumindest in Kauf genommen, dass das ihm gewährte kurzfristige Darlehen zur Überbrückung

        der finanziellen Schieflage bei der C. GmbH nicht den gesetzlichen Bestim- mungen entsprechend eingesetzt worden sei. Dadurch habe sich der Beschuldigte der Hehlerei schuldig gemacht (Urk. 11).

        1. Die Vorinstanz hat den Beschuldigten vom Vorwurf der Hehlerei freigespro- chen. Der Einzelrichter erwog, es sei mangels Beweisen nicht erstellt, dass der Beschuldigte wusste, dass das Geld aus einem Covid-19-Kredit stammt (Urk. 40 S. 9).

        2. Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf die belastenden Aussagen von B. und erachtet die Würdigung der Vorinstanz unter zu extensiver und damit unrichti- ger Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo als falsch (Urk. 41). Die Darstel- lungen des Beschuldigten würden sich in keinster Weise als konsistent und wi- derspruchsfrei erweisen. Während der Beschuldigte anlässlich der delegierten Ein- vernahme vom 25. Februar 2021 noch behauptet hätte, er sei davon ausgegangen, das Geld stamme von D. selbst, habe er anlässlich der staatsanwaltschaftli- chen Konfrontations- und Schlusseinvernahme vom 25. Januar 2022 zu Protokoll gegeben, das Geld von B. bzw. schliesslich von der E. GmbH erhalten zu haben, wobei der Beschuldigte an dieser Darstellung auch im Rahmen der erst- instanzlichen Hauptverhandlung vom 15. Juni 2022 festgehalten habe (Urk. 51

          S. 3). Der Beschuldigte habe sich an der Konfrontations- und Schlusseinvernahme vom 25. Januar 2022 zunächst darauf versteift, unter dem – völlig aktenwidrigen – Hinweis, von der Polizei ohne Anwesenheit eines Dolmetschers einvernommen worden zu sein, erstmals den Namen B1. zu hören, um dann darauf ange- sprochen zu behaupten, dies allenfalls falsch verstanden zu haben. Würden bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschuldigten auch noch dessen im Urteil der Vorinstanz korrekt angeführten widersprüchlichen Aussagen in Bezug auf dessen Wissen betreffend zulässigem Verwendungszweck von Covid-19-Kredit- geldern miteinbezogen, dann würden sich die Bestreitungen des Beschuldigten be- züglich seines Wissens um die Herkunft der zur Begleichung von offenen Betrei- bungen der C. GmbH verwendeten Gelder als reine Schutzbehauptungen erweisen und seien damit nicht zu hören. Vielmehr sei, da für B. keinerlei Nutzen einer falschen Belastung ersichtlich sei, auf dessen Aussagen abzustellen,

          zumal dieser einfach hätte zu Protokoll geben können, er habe dem Beschuldigten ohne weitere Angaben bezüglich der Herkunft der Gelder ein Darlehen gewährt.

          Hinzu komme, dass der Beschuldigte selbst ausgeführt habe, mit D.

          und

          B. zusammen gearbeitet zu haben. Damit seien ihm die tatsächlichen Um- stände und Abläufe in Bezug auf die Geschäftstätigkeiten der E. GmbH und der B1. hinlänglich bekannt gewesen, sodass er im Zeitpunkt der Darlehens- aufnahme im Juli 2020 bei B. auch Kenntnis von der bereits seit Ende 2019 über einem halben Jahr bestehenden Inaktivität der B1. und damit einherge- hend über die bestimmungswidrige Verwendung von Geldern aus einem zuvor im März 2020 zu Unrecht erwirkten Covid-19-Kredit gehabt habe. Gerade das Wissen des Beschuldigten, dass die entsprechenden Kreditgelder ausschliesslich zur Si- cherung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Kreditnehmers hätten eingesetzt werden dürfen, sei als weiteres Indiz für dessen Kenntnis um deren unrechtmässige Erwirkung zu werten, denn wenn die B1. aufgrund der Covid-Pandemie ef- fektiv Gelder gebraucht hätte, wären diese für die Geschäftstätigkeiten eingesetzt worden und für eine Darlehensgewährung an den Beschuldigten bzw. dessen Firma gar nicht zur Verfügung gestanden. Daher, so die Staatsanwaltschaft, sei der angeklagte Sachverhalt rechtsgenügend erstellt (Urk. 51 S. 3 ff.).

        3. Die Verteidigung macht unter Hinweis auf die im vorinstanzlichen Urteil ent- haltenen Feststellungen geltend, die einzigen den Beschuldigten belastenden Aus- sagen seien diejenigen von B. _, welche jedoch die durch den Beschuldigten gemachten Aussagen nicht zu widerlegen vermöchten. Auf dieser Beweisgrund- lage sei eine Verurteilung nicht möglich und der Beschuldigte folglich freizuspre- chen (vgl. Urk. 52 S. 2).

        B. Sachverhalt

          1. Der Sachverhalt ist demnach in zweiter Instanz einer erneuten Würdigung zu unterziehen. Zu den allgemeinen Beweiswürdigungsregeln (insb. der freien Würdi- gung der Beweismittel, der Unschuldsvermutung, der Aussage gegen Aussage-Konstellation) ist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesge- richts (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; BGE 145 IV 154 E. 1.1; BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.2;

            BGE 138 V 74 E. 3; BGE 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen) zu verweisen. Im angefochtenen Urteil sind die wesentlichen Aussagen des Beschuldigten und diejeni-

            gen des im separaten Verfahren Beschuldigten B.

            sowie des Zeugen

            D. wiedergegeben worden (Urk. 40 S. 6-9). Darauf wie auch auf die Erwä- gungen zur Glaubwürdigkeit der Befragten kann in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO verwiesen werden. Relativierend ist festzuhalten, dass der allgemeinen Glaubwürdigkeit einer einvernommenen Person im Sinne einer dauerhaften perso- nalen Eigenschaft gegenüber der Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage für die Wahrheitsfindung nur untergeordnete Bedeutung zukommt (BGE 147 IV 534 E. 2.3.3; BGE 147 IV 409 E. 5.4.3; BGE 133 I 33 E. 4.3 mit Hinweisen).

          2. Der Würdigung des Einzelrichters kann insgesamt gefolgt werden. Es kann mit der Vorinstanz festgehalten werden, dass grundsätzlich sowohl die Aussagen des Beschuldigten wie auch von B. insgesamt konsistent und in sich wider- spruchsfrei sind. Der Beschuldigte hat konstant ausgesagt, nicht gewusst zu ha- ben, dass das fragliche Geld aus einem Covid-19-Kredit für die B1. stammt. B. seinerseits hat jeweils ausgesagt, dies dem Beschuldigten erzählt zu ha- ben. In der zweiten polizeilichen Befragung vom 13. April 2021 von B. war dies nur insoweit ein Thema, als er jeweils auf konkrete Fragen hin einfach bejahte, dass der Beschuldigte dies gewusst habe, er es ihm erzählt habe (Urk. 5 F/A 39- 41). In der Konfrontationseinvernahme wiederholte er nach Vorhalt genau dieser Fragen diese Aussage, wobei er im Wesentlichen einzig ergänzte, dass dies auch

        D.

        gewusst habe (Urk. 8 F/A 26). Gerade diesen Umstand hat dieser als

        Zeuge allerdings nicht bestätigt (Urk. 32/A S. 5). Die Vorinstanz stellt zwar in den Raum, dass zwischen dem Zeugen D. und dem Beschuldigten eine gewisse berufliche Abhängigkeit bestehen könnte und der Zeuge kein Interesse habe, sich selber zu belasten. Dies erscheint denkbar, ändert aber nichts daran, dass die An- gabe zum Wissen von D. von diesem nicht bestätigt wurde. Sodann ist fest- zuhalten, dass die Schilderungen von B. bis zu diesem Zeitpunkt doch eher einsilbig und wenig lebendig waren und er einfach die Vorhalte bestätigte. Erst an- lässlich der Hauptverhandlung vom 15. Juni 2022 hat B. auf hartnäckiges Nachfragen dies etwas näher ausgeführt (Prot. I S. 17-23). Im Rahmen der Beru- fungsverhandlung gab er sodann erneut zu Protokoll, der Beschuldigte habe – wie auch D. – gewusst, dass das Geld aus einem Covid-19-Kredit stamme (Prot.

        II S. 32 f.). Letztlich verknüpft er seine Aussage, er habe den beiden gesagt, das Geld stamme aus dem Covid-19-Kredit mit dem Hinweis, dass diese gesagt haben, dass der Beschuldigte dringend Geld brauche, wobei er bei seinen Antworten auch teilweise ausweichende Angaben macht. Der Umstand, dass der Beschuldigte drin- gendst Geld brauchte, um den Konkurs seiner C. GmbH abzuwenden, führt sodann nicht zwingend dazu, dass B. ihm eröffnet, woher er das Geld hatte, auch wenn dies durchaus zum Thema passt. Es ist auch nicht offensichtlich, dass B. dem Beschuldigten mitteilen muss, ob das Geld nun von der B1. oder der E. GmbH war, spielte dies doch aus Sicht des Beschuldigten keine Rolle. B. wusste sodann nicht mehr, ob er dies persönlich an diesem Tag vor dem Betreibungsamt gesagt habe oder am Telefon. Dies ist zwar gut nachvollzieh- bar, da diese Gespräche im Zeitpunkt seiner Befragung schon rund zwei Jahre zu- rücklagen. Er räumte denn auch ein, dass er sich nicht an jedes Detail erinnere. Insgesamt blieb B. aber trotz mehrfachen Nachfragen dabei, den beiden er- zählt zu haben, dass das Geld aus dem Covid-19-Kredit stammt. Es ist denn auch nicht ersichtlich, welchen Vorteil B. aus dieser Belastung haben könnte, was doch gewichtig für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht. Dennoch ist noch- mals festzuhalten, dass B. diesen Umstand wenig anschaulich schildert und während des gesamten Verfahrens beispielsweise nichts darüber erzählt, was seine Information denn bei den beiden ausgelöst habe, was eigentlich doch zu er- warten gewesen wäre.

        Auf der anderen Seite hat auch der Beschuldigte jeweils konstant bestritten, dass ihm B. erzählt habe, woher das fragliche Geld stammte. Er machte geltend, es sei nie über die Herkunft des Geldes gesprochen worden und er habe auch nicht gefragt, woher B. das Geld habe (Urk. 4 F/A 23-36, Prot. I S. 30-32, Prot. II

        S. 34-36), was nach dem oben Gesagten durchaus plausibel und insoweit glaub- haft erscheint. Er gab dazu auch konstant und nachvollziehbar an, dass B. nicht sein Ansprechpartner gewesen sei, sondern D. und er gedacht habe, dass dieser das Geld für ihn organisiert habe (Urk. 4 F/A 25, 42, Urk. 8 F/A 27-28, Prot. II S. 34 f.). Dies lässt sich in Einklang bringen mit der Zeugenaussage von D. _, der wie bereits erwähnt auch die Darstellung von B. , wonach dieser auch ihn über die Herkunft des Geldes orientiert habe, nicht bestätigte. Im Übrigen

        nannte der Beschuldigte die gleichen Details wie B. , wonach dieser das Geld bei einer Postfiliale abholte und sie zusammen zum Betreibungsamt gegangen seien, wo die offenen Betreibungen bezahlt worden seien. Auch nannte er Details, wie dass er einen Zettel unterschrieben habe (Urk. 4 F/A 35-36). Der Staatsanwalt- schaft ist allerdings zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass sich der Beschuldigte in dem Punkt widersprach, ob er gewusst habe, für welchen Zweck man Gelder aus einem Covid-19-Kredit verwenden dürfe und er unglaubhaft versucht, sich aus die- sem Widerspruch zu lösen (Urk. 51 S. 3 f., Urk. 4 F/A 44, Urk. 8 F/A 28-29). Zum Kerngeschehen hat der Beschuldigte sich allerdings konstant und widerspruchsfrei und durchaus plausibel geäussert, so dass seine Aussagen – wie auch diejenigen von B. – nicht unglaubhaft erscheinen. Es bestehen daher nicht unerhebliche Zweifel an der Aussage von B. , wobei es durchaus auch denkbar ist, dass sich dieser falsch erinnert. Der Vollständigkeit halber ist mit der Vorinstanz hervor- zuheben, dass B. die den Beschuldigten belastenden Aussagen jeweils als beschuldigte Person und somit nicht unter strafbewehrter Wahrheitspflicht (Art. 307 StGB) machte, womit zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass er mit der Belastung des Beschuldigten das Ziel verfolgen könnte, allfällige strafrechtliche Konsequenzen für sein Verhalten nicht alleine tragen zu müssen oder die Gescheh- nisse in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Die Darstellung des Beschul- digten kann jedenfalls vernünftigerweise nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.

        1. Nach Art. 10 Abs. 3 StPO geht das Gericht von der für die beschuldigte Per- son günstigeren Sachlage aus, wenn unüberwindliche Zweifel daran bestehen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat erfüllt sind. Diese Bestimmung operationalisiert den verfassungsmässigen Grundsatz der Unschulds- vermutung (in dubio pro reo; Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK). Sie verbie- tet es, bei der rechtlichen Würdigung eines Straftatbestands von einem belasten- den Sachverhalt auszugehen, wenn nach objektiver Würdigung der gesamten Be- weise ernsthafte Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so verwirk- licht hat, oder wenn eine für die beschuldigte Person günstigere Tatversion ver- nünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann. Eine einfache Wahrscheinlich- keit genügt somit nicht (BGE 144 IV 348 E. 2.2.1). Es ist daher von der für den Beschuldigten günstigeren Version auszugehen, wonach ihm nicht bekannt war,

          dass das ihm kurzfristig als Darlehen zur Verfügung gestellte Geld aus einem Co- vid-19-Kredit (für die B1. ) stammt. Der Freispruch der Vorinstanz ist dem- nach bereits aus diesem Grund zu bestätigen.

        2. Ergänzende rechtliche Erwägungen

        Gegenstand der Hehlerei können nur körperliche Sachen sein (BGE 81 IV 158; BGE 100 IV 31 BGE; 101 IV 405; OFK/StGB-ANDREAS DONATSCH, StGB Art. 160

        N 2). Das schliesst auch Wertpapiere und Geld mit ein. Blosse Forderungen und andere Rechte scheiden hingegen aus. Buchgeld ist keine Sache. Deshalb begeht keine Hehlerei, wer etwa die von einem anderen betrügerisch erschlichene Gut- schrift von einem Bankkonto abhebt, um das Geld zu verheimlichen (BSK StGB- PHILIPPE WEISSENBERGER, Art. 160 N 13 und 15). Vorliegend wurde dem Kreditneh- mer B. von der PostFinance AG ein Covid-19-Kredit bewilligt, indem ihm auf seinem Konto eine Überzugslimite (Kontokorrentkredit) gewährt wurde, was einer Gutschrift gleichkommt. Hehlerei durch Verwendung des von diesem Konto abge- hobenen Geldes scheidet daher vorliegend aus. Auch dies würde zu einem Frei- spruch des Beschuldigten führen. In Betracht käme allenfalls der Tatbestand der Geldwäscherei, welcher allerdings in der Anklageschrift nicht genügend umschrie- ben wird (vgl. Urk. 11).

      4. Zivilansprüche

        Die Vorinstanz hat die Zivilforderungen der Privatklägerin infolge des Freispruchs in Anwendung von Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 40

        S. 9 f.). Die Staatsanwaltschaft ficht die Regelung der Zivilansprüche nicht ausdrü- cklich an (Urk. 41), die Privatklägerin hat auf Anschlussberufung verzichtet (Urk. 45). Die Privatklägerin ist demnach mit ihren Zivilansprüchen infolge des Frei- spruchs unter Hinweis auf die Erwägungen der Vorinstanz auf den Zivilweg zu ver- weisen.

      5. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Vorinstanzliches Verfahren

    Der Beschuldigte ist wie bereits vor Vorinstanz vollumfänglich freizusprechen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Untersuchung sowie des erst- instanzlichen Verfahrens grundsätzlich auf die Gerichtskasse zu nehmen (vgl. Art. 423 Abs. 1 StPO). Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass der Beschuldigte die Einleitung des Verfahrens rechtswidrig und schuldhaft bewirkt oder dessen Durch- führung erschwert hätte (Art. 426 Abs. 2 StPO). Die vorinstanzliche Regelung, dass die Entscheidgebühr ausser Ansatz zu fallen hat und die übrigen Kosten auf die Gerichtskasse zu nehmen sind, ist demnach zu bestätigen. Ebenso, dass der Pri- vatklägerin ausgangsgemäss keine Prozessentschädigung zugesprochen wurde (Art. 433 Abs. 1 lit. a-b StPO e contrario). Weiter erweist sich die von der Vorinstanz festgesetzte Entschädigung für die Aufwendungen des Beschuldigten für die ange- messene Ausübung seiner Verfahrensrechte von Fr. 5'650.– die von keiner Seite angefochten wurde – als angemessen und ist somit ebenfalls zu bestätigen.

  2. Zweitinstanzliche Kosten- und Entschädigungsfolgen

    Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens haben die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Staatsan- waltschaft unterliegt im Berufungsverfahren mit ihren Anträgen. Die Kosten sind daher auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Sodann ist dem Beschuldigten ausgehend von der eingereichten Honorarnote des erbetenen Verteidigers eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500.– für anwaltliche Verteidigung zuzusprechen (Urk. 50).

    Es wird erkannt:

    1. Der Beschuldigte A.

      wird vom Vorwurf der Hehlerei im Sinne von

      Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB freigesprochen.

    2. Die Zivilforderungen der Privatklägerin werden auf den Weg des Zivilprozes- ses verwiesen.

    3. Die erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung (Ziff. 3 - 5) wird bestätigt.

    4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz.

    5. Dem Beschuldigten wird für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädi- gung von Fr. 3'500.- für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zu- gesprochen.

    6. Schriftliche Eröffnung und Mitteilung im Dispositiv an

      • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (vorab per Inca-Mail)

      • die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis (vorab per Inca-Mail)

      • die Vertretung der Privatklägerin für sich und zuhanden der Privatklä- gerin

        (Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)

        sowie in vollständiger Ausfertigung an

      • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

      • die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis

      • die Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin (sofern verlangt)

        und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälli- ger Rechtsmittel an

      • die Vorinstanz

      • das Migrationsamt des Kantons Zürich

      • die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)

      • an die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 32 Abs. 1 StReG mittels Kopie von Urk. 48.

    7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsa- chen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesge- richtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsge- setzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 13. Dezember 2023

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Wenker

Der Gerichtsschreiber:

MLaw Ghafier

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