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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB220649
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB220649 vom 13.12.2023 (ZH)
Datum:13.12.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Betrug etc.
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Kredit; Covid; Covid-; Beschuldigten; -Kredit; Kreditantrag; Urkunde; Antrag; Umsatz; Urteil; Täter; Freiheit; Freiheitsstrafe; Urkunden; Formular; Umsatzerlös; Vorinstanz; -Kreditantrag; Tatsache; Landes; Betrug; Berufung; Landesverweisung; Sozialhilfe; Sachen; Geschätzte; Falsch
Rechtsnorm: Art. 105 StGB ; Art. 106 StGB ; Art. 110 StGB ; Art. 146 StGB ; Art. 148a StGB ; Art. 251 StGB ; Art. 402 StPO ; Art. 408 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 424 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 84 StPO ;
Referenz BGE:113 IV 77; 122 IV 281; 125 IV 242; 129 IV 130; 129 IV 238; 130 IV 58; 133 IV 1; 134 IV 140; 134 IV 53; 134 IV 60; 134 IV 97; 135 IV 188; 136 IV 55; 137 IV 1; 137 IV 57; 138 IV 120; 138 IV 130; 139 II 404; 141 III 28; 141 IV 244; 141 IV 249; 141 IV 369; 142 IV 153; 142 IV 265; 142 IV 346; 143 IV 302; 144 IV 13; 144 IV 217; 144 IV 313; 145 IV 137; 146 IV 145; 146 IV 261; 147 IV 439; 147 IV 73; 148 IV 288;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB220649-O/U/ad

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, die Ersatzoberrichter lic. iur.

Kessler und Dr. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Ghafier

Urteil vom 13. Dezember 2023

in Sachen

Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis,

vertreten durch Staatsanwälte MLaw Fantoni und lic. iur. Keller Anklägerin und Berufungsklägerin

gegen

A. ,

Beschuldigter und Berufungsbeklagter

verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

betreffend Betrug etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon, Einzelgericht in Strafsachen, vom 15. Juni 2022 (GG220007)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 10. Februar 2022 (Urk. D1/45) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz: (Urk. 64 S. 14 f.)

  1. Der Beschuldigte ist einer strafbaren Handlung nicht schuldig und wird freigespro- chen.

  2. Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatklägerin Bürgschaftsgenossenschaft B. Schadenersatz von Fr. 47'866.24 zuzüglich Zins zu 5% seit dem 4. Februar 2021 zu bezahlen.

3. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

Fr. 1'200.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'100.00 Gebühr für das Vorverfahren

  1. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  2. Dem Beschuldigten wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  3. Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatkläger- schaft für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 955.30 (zuzüglich MWST) zu bezahlen.

Berufungsanträge:

  1. Des Vertreters der Anklagebehörde: (Urk. 72 S. 2)

    1. Der Beschuldigte A. sei im Sinne der Anklageschrift vom

      10. Februar 2022 wegen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB sowie Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen.

    2. Der Beschuldigte A. sei mit einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten zu bestrafen.

    3. Die Freiheitsstrafe sei im Umfang von 6 Monaten zu vollziehen. Im restlichen Umfang von 6 Monaten sei der bedingte Vollzug zu gewähren, unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

    4. Es sei eine Landesverweisung von 7 Jahren anzuordnen, unter Aus- schreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem.

    5. Es sei ein Entscheid über die Zivilansprüche der Privatklägerschaft zu fällen.

    6. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten A. aufzuer- legen.

  2. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 73 S. 1 f.)

    1. Es sei die Berufung abzuweisen und der Freispruch gemäss Dispositiv- ziffer 1 des Urteils des Bezirksgerichtes Dietikon vom 15. Juni 2022 (GG220007-M/U) zu bestätigen.

    2. Es sei festzustellen, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom

      15. Juni 2022 (GG220007-M/U) betreffend die Dispositivziffern 2 bis 6 in Rechtskraft erwachsen ist.

    3. Unter ausgangsgemässer Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl.

MwSt.) zu Lasten der Staatskasse. Eventualanträge:

  1. Es sei der Beschuldigte mit einer Geldstrafe von maximal 120 Tages- sätzen zu bestrafen.

  2. Es sei der bedingte Vollzug der Geld- oder Freiheitsstrafe zu gewähren unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.

  3. Es sei eine Verbindungsbusse im Betrag von einem Fünftel der Gelds- trafe auszufällen.

  4. Es sei von der Anordnung einer Landesverweisung abzusehen.

  5. Es seien die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beschuldigten zur Hälfte aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen.

    Erwägungen:

    1. Verfahrensgang

      Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom 15. Juni 2022 von den Vorwürfen des Betrugs (Covid-19) und der Urkundenfälschung unter Auf- erlegung der Kosten freigesprochen. Er wurde gemäss seiner Anerkennung ver-

      pflichtet, der Privatklägerin Bürgschaftsgenossenschaft B.

      Schadenersatz

      sowie eine Prozessentschädigung zu bezahlen (Urk. 64 S. 14). Die innert Frist ein- gereichte Berufung bzw. Berufungserklärung der Staatsanwaltschaft Limmattal / Al- bis (nachfolgend Staatsanwaltschaft) richtet sich gegen den Freispruch (Urk. 60, 63/1 und 65). Der Beschuldigte hat stillschweigend auf Anschlussberufung verzich- tet (Urk. 67 und 68/2). Auch die Privatklägerin hat keine Anträge gestellt (Urk. 67 und 68/3). Zur Berufungsverhandlung vom 13. Dezember 2023 erschienen Staats- anwalt MLaw Dominik Fantoni sowie der Beschuldigte in Begleitung seines Vertei- digers (Prot. II S. 3).

    2. Umfang Berufung

      Auch wenn das Berufungsgericht nur die angefochtenen Punkte neu beurteilt, fällt es am Ende ein insgesamt neues Urteil (Art. 408 StPO), worin es jedoch anzugeben hat, welche Punkte bereits früher in Rechtskraft erwachsen sind (BGE 141 IV 244

      E. 1.3.3). Die Staatsanwaltschaft verlangt mit der Berufungserklärung einen voll- umfänglichen Schuldspruch (Urk. 65, Urk. 72 S. 2). Nicht angefochten sind die Verpflichtung zur Bezahlung der Zivilforderung sowie der Prozessentschädigung (Dis- positivziffern 2 und 6) und die Kosten- und Entschädigungsregelung (Dispositivzif- fern 3-5). Insoweit ist das vorinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen (Art. 402 StPO), was vorab mit Beschluss festzustellen ist.

    3. Sachverhalt und rechtliche Würdigung

  1. Ausgangslage

    1. Anklagevorwurf

      1. Der Beschuldigte hat am 26. März 2020 einen Covid-19-Kredit für sein Ein- zelunternehmen A.' BAU in der Höhe von Fr. 34'686.– beantragt. Dies unter Angabe eines Umsatzerlöses von Fr. 346'863.– im entsprechenden Formular in der Rubrik Block 1 (= Definitiver Umsatzerlös 2019; wenn nicht vorhanden provisori- scher Umsatzerlös 2019; wenn auch nicht vorhanden Umsatzerlös 2018) und ei- nem geschätzten Umsatzerlös in der Rubrik Block 2 (welcher eigentlich nur anzu- geben gewesen wäre, falls im Block 1 keine Angaben gemacht wurden) von Fr. 0.– (Urk. D1/8/6/1, Urk. D1/16/6/1). Am 29. März 2020 wurde dem Beschuldigten per Mail mitgeteilt, dass sein Antrag abgelehnt worden ist (Urk. D1/16/6/2). Gemäss

        dem zu den Akten genommenen Quickcheck Covid-19-Kredit der C. AG

        [Bank] wurde der Kredit aus Bonitätsgründen abgelehnt (Urk. D1/16/6/3). Am

        29. Juni 2020 unterzeichnete der Beschuldigte erneut ein Covid-19-Kreditformular (=Kreditvereinbarung) für einen Kredit für die A.' BAU und liess diesen der Kreditgeberin C. AG zukommen (Urk. D1/2/3, Urk. D1/8/6/2, Urk D1/16/3/1). Diese Kreditvereinbarung ist Gegenstand der Anklage. Unter Block 2 wurde eine Nettolohnsumme von Fr. 500'000.– und ein geschätzter Umsatzerlös von Fr. 500'000.– angegeben. Der verlangte Kreditbetrag betrug entsprechend (10%) Fr. 50'000.–. Mit Mail vom 1. Juli 2020 wurde der Beschuldigte von der C. AG informiert, dass ihm ein Covid-19-Kredit in der Höhe von Fr. 50'000.– als Kon- tokorrentkredit (Überzugslimite) auf dem Geschäftskonto bewilligt worden sei (Urk. D1/16/3/2).

      2. Dem Beschuldigten wird in der Anklage vorgeworfen, in der Kreditvereinba- rung eine zu hohe geschätzte Nettolohnsumme und einen zu hoch geschätzten Umsatzerlös für das Geschäftsjahr 2020 angegeben zu haben. Diese gemachten Angaben seien falsch gewesen und korrekterweise hätte ein geschätzter Umsat- zerlös von Fr. 0.– angegeben werden müssen. 2019 habe die A.' BAU einen Umsatz von lediglich Fr. 169'000.– erzielt und sodann habe der Beschuldigte be- reits per Ende 2019 beabsichtigt, die bisherige Geschäftstätigkeit mit der A.' BAU in der Baubranche einzustellen (bzw. seine Tätigkeit in der Baubranche über die D. GmbH weiterzuführen) und sei mithin von einer grundsätzlichen Inak- tivität der A.' BAU ab 14. Januar 2020 ausgegangen. Entsprechend habe es selbstredend an einer wirtschaftlichen Betroffenheit der A.' BAU durch die Covid-19-Pandemie gemangelt. Die Kreditvereinbarung enthalte weiter die Zusi- cherung, den Kreditvertrag ausschliesslich zur Sicherung der laufenden Liquiditäts- bedürfnisse der A.' BAU zu verwenden. Auch die Behauptung dieser inneren Tatsachen sei falsch gewesen. Der Beschuldigte habe in Wirklichkeit die Absicht gehabt, mit dem Geld aus dem Kredit private offene Betreibungen sowie diverse Wareneinkäufe privater Natur zu bezahlen und E. ein kurzfristiges Darlehen (zur Begleichung von Betreibungen gegen dessen F. GmbH) zu gewähren, wie er dies in der Folge auch getan habe (Urk. D1/45 S. 5-7).

        Der Beschuldigte habe – so weiter die Anklage – gewusst, dass er mit den wahren Angaben den Kredit nicht erhalten würde. Er habe die falschen Angaben gemacht, um gegenüber der Bank und dem Bund vorzuspiegeln, die A.' BAU erfülle die Bedingungen für die Gewährung eines Covid-19-Kredits. Der Beschul- digte habe dabei vorausgesehen, dass das Personal der Bank bzw. Bürgschafts- organisation die Überprüfung der falschen Angaben und der vertragskonformen Verwendung unterlassen würde. Entsprechend dem Konzept der Covid-19-Verord- nung habe sich die Bank bzw. Bürgschaftsorganisation auf die Angaben in der Kre- ditvereinbarung verlassen und sei in den vom Beschuldigten willentlich herbeige- führten Irrtum verfallen. Die A.' BAU bzw. der Beschuldigte habe sich durch den Kredit unrechtmässig bereichert. Der Bund sei nur bereit gewesen seine De- ckungsgarantie zu leisten – und der Gefährdung seines Vermögens durch Rück- stellungen Rechnung zu tragen –, um die durch die Covid-19-Pandemie verursachte wirtschaftliche Not zu lindern, welche Voraussetzung vorliegend nicht erfüllt gewesen sei. Die Gewährung dieser Deckungsgarantie habe dem Bund daher zum Schaden gereicht. Der Beschuldigte habe sich damit des Betruges sowie der Ur- kundenfälschung (Kreditantrag als Urkunde) schuldig gemacht (Urk. D1/45 S. 7 f.).

    2. Urteil Vorinstanz

      Die Vorinstanz hielt zunächst fest, dass der Beschuldigte den ihm vorgeworfenen äusseren Sachverhalt in der Untersuchung und auch vor Gericht eingestanden habe. Sein Geständnis decke sich mit dem übrigen Untersuchungsergebnis, wes- halb der äussere Sachverhalt erstellt sei (Urk. 64 S. 4 unter Hinweis auf Urk. D1/9 F/A 54 ff, D1/18 F/A 16 ff, Prot. I S. 7 ff.). Zum inneren Sachverhalt erwog die Vor- instanz, der Beschuldigte bestreite, gewusst zu haben, dass der von G. er- stellte (und dann vom Beschuldigten unterzeichnete) zweite Covid-19-Kreditantrag über Fr. 50'000.– falsche Angaben, insbesondere betreffend den geschätzten Um- satzerlös sowie der geschätzten Nettolohnsumme seines damaligen Einzelunter- nehmens A.' BAU, enthalte. Weiter habe der Beschuldigte bestritten, voraus- gesehen zu haben, dass das Personal der Bank und der Bürgschaftsorganisation die Überprüfung der falschen Angaben unterlassen würde (Urk. 64 S. 4 unter Hin- weis auf Urk. D1/9 F/A 58 f., 63, 69 und 78 sowie Urk. D1/18 F/A 24; Prot. I S. 10). In der Folge kommt die Vorinstanz zum Schluss, dass der innere Sachverhalt nicht rechtsgenügend erstellt werden könne. Sie erwog zwar zunächst, dass der Beschuldigte wusste, dass mit dem zweiten Covid-19-Kreditantrag ein Kredit von Fr. 50'000.– beantragt worden sei. Damit sei ihm auch klar gewesen, dass für einen Kredit in dieser Höhe ein erheblich höherer Umsatz als Fr. 300'000.– und damit ein erheblich höherer Jahresumsatz als seine damalige Einzelfirma in den Jahren 2018 und 2019 tatsächlich erzielt habe, notwendig ist. Die Vorinstanz folgert daraus, dass dem Beschuldigten mithin auch klar war, dass G. – der den Kreditantrag aus- gefüllt habe – falsche Umsatzzahlen angeben musste, um einen Covid-19-Kredit in der Höhe von Fr. 50'000.– erhältlich zu machen. Sie wertete daher die Aussage des Beschuldigten, wonach er sich nicht darauf geachtet habe, dass auf dem zwei- ten Covid-19-Kreditantrag ein Umsatz von Fr. 500'000.– angegeben wurde, als reine Schutzbehauptung. Mangels anderer Beweismittel stellte die Vorinstanz so- dann auf die Angabe des Beschuldigten ab, wonach er (tatsächlich) nicht gewusst

      habe, dass die Covid-19-Kredite eine wirtschaftliche Betroffenheit und einen be- stimmten Verwendungszweck verlangen bzw. voraussetzen (Urk. 64 S. 6). Schliesslich stellte die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht auf die ihrer Ansicht nach glaubhaften Aussagen des Beschuldigten ab, wonach er sich – aufgrund seiner Erfahrungen mit seinem ersten Covid-19-Kreditantrag – vollkommen sicher gewe- sen sei, dass der zweite (von G. ausgefüllte) Covid-19-Kreditantrag gleich wie der erste Covid-19-Kreditantrag über Fr. 30'000.– abgelehnt werden würde. Der Beschuldigte sei in seiner Gedankenwelt davon überzeugt gewesen, dass je- der Covid-19-Kreditantrag geprüft würde. Es sei davon auszugehen – so die Vorin- stanz – dass der Beschuldigte nicht nur nicht voraussehen konnte, dass keine Überprüfung der im zweiten Covid-19-Kreditantrag vom 29. Juni 2020 enthaltenen Angaben erfolgen würde. Es muss aufgrund der besonderen und teils unbestritte- nermassen gegebenen Situation (es wurde bereits ein Covid-19-Kreditantrag für einen tieferen Betrag überprüft und abgelehnt) davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte sogar positiv überzeugt war, sein Antrag werde eingehend ge- prüft (Urk. 64 S. 7 f. unter Hinweis auf Urk. D1/9 F/A 59; Prot. I S. 10). In rechtli- cher Hinsicht erwägt die Vorinstanz, dass zwar grundsätzlich allen klar war bzw. klar sein musste, dass die Angaben auf den Antragsformularen so gut wie nicht überprüft würden, was in den Medien eingehend thematisiert wurde und somit eine notorische Tatsache darstelle. Vorliegend sei dem Beschuldigten aber aufgrund der erlebten Überprüfung und Abweisung seines ersten Antrages vom 26. März 2020 klar gewesen, dass der zweite Covid-19-Kreditantrag keine Chancen haben würde. In seiner Gedankenwelt habe sich die Vorstellung gebildet, jeder Covid-19-Kre- ditantrag werde überprüft und er habe nicht damit gerechnet, dass das Personal der Bank und der Bürgschaftsorganisation den Kreditantrag keiner näheren Prü- fung unterziehen würde, weshalb vorliegend eine Arglist zu verneinen sei und der Beschuldigte vom Vorwurf des Betrugs freizusprechen sei. Weiter habe es dem Beschuldigten am Wissen gefehlt, dass es sich beim Covid-19-Kreditantrag um eine Urkunde handelte, welcher erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme, weshalb es auch an der Erfüllung des subjektiven Tatbestandes der Urkundenfälschung mangle (Urk. 64 S. 8-12).

    3. Standpunkte Parteien

      1. Anlässlich der Berufungsverhandlung machte die Staatsanwaltschaft vor al- lem geltend, es könne den vorinstanzlichen Ausführungen nicht gefolgt werden, wonach der Beschuldigte (nicht auch) Kenntnis von der im Kreditantrag vom

        29. Juni 2020 zu hoch angegeben geschätzten Nettolohnsumme von Fr. 500'000.– für das Geschäftsjahr 2020 gehabt habe. Vielmehr würden sich auch die diesbe- züglichen Ausführungen des Beschuldigten als reine Schutzbehauptungen erwei- sen, sei doch völlig realitätsfremd, wenn er Glauben machen wolle, er habe das von G. ausgefüllte Formular vor dessen Unterzeichnung nicht durchgelesen. Es sei vorliegend darum gegangen, dass der erste Antrag unter Aufführung der korrekten Angaben sowohl in Bezug auf den erzielten Jahresumsatz 2019 und eben auch – in Anbetracht der vorgesehenen Inaktivität des Einzelunternehmens A.' BAU – des korrekt mit 0 geschätzten Jahresumsatzes für das Jahr 2020 nicht gewährt worden war und G. behauptet habe, er sei in der Lage, doch noch einen Kredit erhältlich zu machen. Dass dann der Beschuldigte die von die- sem im neu ausgefüllten Standardformular ergänzten Angaben bzw. Zahlen nicht angeschaut haben wolle, mache überhaupt keinen Sinn bzw. sei völlig unglaubhaft, sei es doch gerade eben auch darum gegangen, zu schauen, gestützt auf welche eingesetzten Angaben bzw. Zahlen durch G. es nun mit der Kreditgewährung doch noch klappen sollte. Nur schon, um sicher zu sein, dass G. nicht noch- mals die gleichen Daten bzw. Zahlen eingesetzt habe, denen beim ersten Kreditan- trag kein Erfolg beschieden war, habe sich ein entsprechender Kontrollblick des Beschuldigten auf das ihm vorgelegte ausgefüllte Formular aufgedrängt. Der Beschuldigte habe zudem ausgeführt, dass das Formular ausgefüllt gewesen sei, als er dieses unterzeichnet habe und zudem bestätigt, dass er vom ersten Antrag her gewusst habe, welche Zahlen anzugeben seien. Angesichts dieses Beweisergeb- nisses sei der angeklagte Sachverhalt in subjektiver Hinsicht erstellt (Urk. 72 S. 3 f; Prot. II S. 38). Bei der rechtlichen Würdigung habe die Vor-instanz verkannt, dass das Kriterium der Arglist ohne Zweifel erfüllt sei. So sei wesentlich, dass die Kredit- vergabe auf einer Selbstdeklaration des Kreditnehmenden beruhte und sofort so- wie ohne weitere Prüfung der Angaben des Kreditnehmenden erfolgen sollte. Die von den Banken gewährten Kredite seien durch bestehende Bürgschaftsorganisa- tionen verbürgt gewesen und letztere hätten die Gesuche lediglich auf Vollständigkeit und formelle Korrektheit überprüft. Auch die Prüfpflicht der Bank habe sich auf die Vollständigkeit der im standardisierten Formular vorgegebenen Angaben und die Zeichnungsberechtigung des Antragstellers beschränkt (Urk. 72 S. 4 f.). Art. 3 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung habe die klare Regelung enthalten, dass die Bürgschaftsorganisationen auf blosse Tatsachenerklärungen der Kredit- nehmer formlos eine einmalige Solidarbürgschaft Bankkredite in der Höhe bis zu Fr. 500'000.– gewährten. Eine Prüfung der Wahrheit dieser Erklärung sei nicht vor- genommen worden, was Art. 11 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung ver- deutlicht habe (Urk. 72 S. 5 ). Weil eine branchenübliche Kreditprüfung ausdrück- lich nur in Art. 4 Abs. 1 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung verlangt wor- den sei, wo es um Kredite von über Fr. 500'000.– bis 20 Millionen Franken gegan- gen sei, hätten Kreditnehmer wie der Beschuldigte aufgrund einer klaren Regelung vorausgesehen, dass eine Überprüfung von falschen Angaben zur Erlangung eines Kredites gemäss Art. 3 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung unterbleiben würde (Urk. 72 S. 6).

      2. Die Verteidigung stellt sich hingegen auf den Standpunkt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt in ihrem Urteil korrekt erstellt. Weiter bestätige der Umstand, wo- nach der Beschuldigte eine Wette darüber, ob er mit seinem zweiten Antrag den Kredit doch noch erhalten würde, abgeschlossen habe, dessen Überzeugung, dass ein zweiter Kreditantrag null Chancen haben würde und liefere andererseits einen plausiblen Grund, weshalb der Beschuldigte den zweiten Antrag trotz dessen an- genommenen Sinnlosigkeit unterzeichnet habe. Immerhin seien dem Beschuldig- ten quasi geschenkte Fr. 2'000.– angeboten worden. Weiter habe auch der beim Gespräch anwesende H. in dessen Einvernahme bestätigt, der Beschuldigte habe ausdrücklich gesagt, dass er nicht daran glaube, dass G. einen Covid 19-Kredit erhältlich machen könne (Urk. 73 S. 2 f.).

  1. Betrug

    1. Sachverhalt

      1. Der Sachverhalt ist demnach – soweit in subjektiver Hinsicht umstritten – in zweiter Instanz einer erneuten Würdigung zu unterziehen. Im angefochtenen Urteil sind die diesbezüglich geltenden Beweisregeln umfassend und zutreffend dargestellt worden (vgl. Urk. 64 S. 5), so dass in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO darauf verwiesen werden kann.

      2. Es ist anerkannt und erstellt, dass in dem von G. ausgefüllten Formular für den Covid-19-Kredit vom 29. Juni 2020 falsche Angaben über den (zukünftigen) geschätzten Umsatzerlös gemacht wurden. Dieser wurde mit Fr. 500'000.– ange- geben. Weiter ist darin eine geschätzte Nettolohnsumme von Fr. 500'000.– einge- fügt worden (Urk. 16/3/1). Bei beiden Beträgen handelt es sich um Phantasiezah- len. Der Beschuldigte hat freimütig eingeräumt, dass er schon vor dem Kreditantrag beabsichtigt hatte, seine bisherige Geschäftstätigkeit in der Baubranche über die A.' BAU einzustellen (Urk. D1/9 F/A 53, 54 und 101 f.), weshalb richtiger- weise wie angeklagt von einem geschätzten Umsatzerlös von gegen null Franken auszugehen gewesen wäre. Er sagte dazu aus, im Jahre 2020 gar nicht für die A.' BAU gearbeitet zu haben, ausser, dass er den Kredit genommen habe. Die A.' BAU sei sozusagen still gelegt gewesen für ihn (Urk. D1/9 F/A 53 f.). Dies ist auch durch den Kaufvertrag vom 13. Januar 2020 belegt, mit welchem der Beschuldigte die gesamte Maschinenausstattung, Geschäftseinrichtung sowie den gesamten Material- und Warenbestand (sowie das Fahrzeug I. _) der Firma A.' BAU für Fr. 20'000.– an die D. GmbH verkaufte (Urk. D1/2/10). Dies zeigt deutlich auf, dass der Beschuldigte mit der A.' BAU spätestens seit Ja- nuar 2020 (!) keine Geschäftstätigkeit mehr plante. Weiter ist aufgrund der Angaben des Beschuldigten davon auszugehen, dass der Antrag bzw. das Formular von G. ausgefüllt worden war und der Beschuldigte den Antrag unterzeichnete (Urk. D1/9 F/A 65-82; Urk. 14 F/A 20-36, 43-44). Anerkannt ist sodann (Urk. D1/9 F/A 109-115 und Urk. D1/14 F/A 37-42), dass der Beschuldigte den Kredit weitge- hend für die Bezahlung privater Schulden sowie für ein kurzfristiges Darlehen an E. (welcher, dieses Darlehen für die Begleichung von offenen Betreibungen der F. GmbH brauchte) verwendete.

      3. Der Beschuldigte bestreitet die subjektiven Sachverhaltselemente, welche sein Wissen und Wollen im Zusammenhang mit der Tatbegehung betreffen. Was ein Täter wusste, wollte oder in Kauf nahm, betrifft sog. innere Tatsachen und ist damit zwar eine Tatfrage. Da sich diese inneren Tatsachen bei ungeständigen

        Tätern regelmässig nur gestützt auf äusserlich feststellbare Indizien und Erfah- rungsregeln ermitteln lassen, die Rückschlüsse von den äusseren Umständen auf die innere Einstellung des Täters erlauben (Urteil des Bundesgerichtes 6S.133/2007 vom 11. August 2008 E. 2.4), und die Beurteilung, ob im Lichte dieser äusseren Umstände der Schluss auf Vorsatz begründet ist, eine Rechtsfrage darstellt, ist das Bestehen eines Vorsatzes nachfolgend im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu beurteilen (vgl. BGE 133 IV 1 E. 4.1; BGE 130 IV 58 E. 8.5; BGE 125 IV 242 E. 3c, je mit Hinweisen).

    2. Rechtliche Grundlagen

      1. Zu den rechtlichen Grundlagen des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB kann vorab auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 64

        S. 8-10). In objektiver Hinsicht setzt der Tatbestand des Betruges also eine Täu- schungshandlung durch das Vorspiegeln oder Unterdrücken von objektiv festste- henden, vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnissen oder Zuständen, mithin Tatsachen, voraus. Strafbar ist nur eine arglistige Täuschungshandlung, was be- deutet, dass der Täter eine gewisse Raffinesse oder Durchtriebenheit an den Tag legen muss. Arglist liegt nach der Rechtsprechung unter anderem dann vor, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaf- ten bedient, wobei das Vorliegen solcher Machenschaften etwa dann zu bejahen ist, wenn der Täter seine Behauptungen durch Handlungen oder Belege, die sie als glaubwürdig erscheinen lassen, stützt (BGE 143 IV 302 E. 1.2 und E. 1.3.1; DO- NATSCH, OFK StGB, 21. Aufl., Art. 42 N 6). Grundsätzlich als arglistig zu qualifizie- ren ist eine mit Hilfe einer gefälschten oder verfälschten Urkunde verübte Täu- schung, da im geschäftlichen Verkehr in aller Regel auf die Echtheit von Urkunden vertraut werden darf; man muss sich mithin im Rechtsverkehr auf Urkunden verlas- sen können (vgl. Urteil des Bundesgerichtes 6B_1306/2020 vom 2. März 2021

        E. 1.2 mit Hinweisen). Die Abfassung einer falschen Schadenanzeige ist grund- sätzlich immer arglistig, da eine allzu weitgehende Überprüfung nicht zumutbar ist, wenn es um einen eher geringfügigen Schadensbetrag geht, wobei die Geringfü- gigkeit nicht absolut bestimmt werden kann, sondern vielmehr mit Blick auf die je spezifischen Eigenschaften der infrage stehenden wirtschaftlichen Vorgänge und

        auf das geschäftliche Umfeld zu beurteilen ist (vgl. BGE 143 IV 302 E. 1.3.4 mit Hinweisen). Grundsätzlich arglistig handelt weiter, wer seinen Leistungswillen vor- spiegelt, da eine solche Vorspiegelung eine innere Tatsache betrifft, welche vom Vertragspartner ihrem Wesen nach nicht direkt überprüft werden kann (vgl. BGE 147 IV 73 E. 3.3; BGE 142 IV 153 E. 2.2.2). Hervorzuheben ist, dass auch eine einfache Lüge arglistig sein kann, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit be- sonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist oder wenn die konkreten Verhält- nisse im Einzelfall keine besonderen Vorkehrungen nahelegen oder gar aufdrän- gen (BGE 147 IV 73 E. 3.2; BGE 143 IV 302 E. 1.3.1; BGE 142 IV 153 E. 2.2.2 mit

        Hinweisen, Urteil des Bundesgerichtes 6B_1306/2020 vom 2. März 2021 E 1.2; Ur- teil des Bundesgerichtes 6B_25/2017 mit Hinweisen). Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm betrifft innere Tatsachen und ist damit Tatfrage. Rechtsfrage ist hingegen, ob gestützt auf die festgestellten Tatsachen direkter Vorsatz, Eventual- vorsatz oder Fahrlässigkeit gegeben ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 m.w.H.). Direkt vor- sätzlich begeht die Tat, wer sie mit Wissen und Willen ausführt (Art. 12 Abs. 2 Satz 1 StGB). Mit Eventualvorsatz nach Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB agiert gemäss ständiger Rechtsprechung jener Täter, der mit der Verwirklichung des Tatbestands rechnet, aber dennoch handelt, da er den Erfolgseintritt in Kauf nimmt und sich mit diesem abfindet, obschon er ihm unerwünscht sein mag (statt vieler: BGE 147 IV 439 E. 7.3.1 m.w.H.). Der eventualvorsätzlich handelnde Täter nimmt den Eintritt des als möglich erkannten Erfolgs ernst, rechnet mit ihm und findet sich mit ihm ab. Wer den Erfolg dergestalt in Kauf nimmt, will ihn. Eine Billigung des Erfolgs ist nicht erforderlich. Ist der Täter nicht geständig, obliegt dem Gericht der Entscheid, ob er die Tatbestandsverwirklichung in diesem Sinne in Kauf genommen hat oder nicht. Zu den entscheidrelevanten Umständen gehören die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der Sorgfalts- pflichtverletzung, seine Beweggründe und die Art der Tathandlung. Die Schlussfol- gerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen, liegt da- bei näher, je grösser die Wahrscheinlichkeit der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt. Vom Wissen des Täters darf auf dessen Willen geschlossen werden, wenn sich ihm der Eintritt des Erfolgs als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, diesen als Folge hinzunehmen,

        vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichtes 6B_899/2021 vom 26. Januar 2023 E. 3.5. m.w.H.).

      2. In einem ähnlich gelagerten Fall wie dem vorliegenden erwog das Obergericht des Kantons Zürich zur Opfermitverantwortung, dass eine Überprüfung der Anga- ben in den zahlreich eingegangen Covid-19-Kreditanträgen gewisse Nachforschun- gen notwendig gemacht hätte und nicht ohne wesentlichen Aufwand möglich ge- wesen wäre, was einen langwierigen Prozess nach sich gezogen hätte. Damit wäre das Ziel einer schnellen und unbürokratischen Soforthilfe in dieser Ausnahmesitua- tion nicht erreichbar gewesen. Dementsprechend wurde den Bürgern bzw. Unter- nehmen in dieser ausserordentlichen gesellschaftlichen und damit auch wirtschaft- lichen Lage ein besonderes Vertrauen entgegengebracht, weshalb von einer feh- lenden Wahrnehmung der Opfermitverantwortung der Bank keine Rede sein könne (Urteil des Obergerichtes SB210497 vom 10. Februar 2022 E. III./1.3.2).

      3. Zusammenfassend ist eine arglistige Täuschung im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB anzunehmen, wenn der Täter seine Behauptungen durch Handlungen oder Belege stützt, welche die Behauptungen als glaubwürdig erscheinen lassen. Weiter handelt arglistig, wer seinen Leistungswillen vorspiegelt, da dieser als innere Tat- sache nicht direkt überprüft werden kann. Eine die Arglist ausschliessende Opfer- mitverantwortung liegt beim unwahren Ausfüllen eines Covid-Kreditantrags nicht vor, weil die kurzfristige und standardisierte Vergabe der Kredite in einer Notsitua- tion ermöglicht werden sollte.

    3. Würdigung

      1. Täuschungshandlungen

        1. Mit der Vorinstanz ist die Aussage des Beschuldigten, wonach er sich nicht darauf geachtet habe, dass auf dem zweiten Covid-19-Kreditantrag ein unrichtiger Umsatz von Fr. 500'000.– angegeben wurde, als reine Schutzbehauptung zu wer- ten. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Beschuldigte bereits zuvor am

          26. März 2020 (zusammen mit seinem Buchhalter J. ) ebenfalls für sein Einzelunternehmen A.'

          BAU einen Covid-19-Kreditantrag für Fr. 30'000.– gestellt hatte. Gemäss eigenen Angaben wusste der Beschuldigte dabei, dass der angegebene Umsatz mindestens Fr. 300'000.– betragen muss, um einen Covid- 19-Kredit von Fr. 30'000.– zu erhalten bzw. dass man 10% der angegebenen Summe des Umsatzerlöses als Kredit erhalte (Urk. D1/9 F/A 54 und 82; Prot. I

          S. 9). Nachdem der Beschuldigte im Weiteren einräumt, gewusst zu haben, dass mit dem zweiten Covid-19-Kreditantrag ein Kredit von Fr. 50'000.– beantragt wurde (vgl. Urk. D1/9 F/A 91; Prot. I S. 9), musste er demgemäss auch gewusst haben, dass für einen Covid-19-Kredit in der Höhe von Fr. 50'000.– ein tatsächlicher frü- herer Umsatzerlös (im Jahre 2018 oder 2019 [definitiv oder provisorisch]) oder ein geschätzter zukünftiger Umsatzerlös oder eine Nettolohnsumme jeweils im Bereich von Fr. 500'000.– angegeben worden sein muss. Ansonsten hätte mit seinem Kre- ditantrag kein Kredit von Fr. 50'000.– (10%) resultieren können. Anzufügen ist, dass der Beschuldigte von sich aus ausführte, zu wissen, dass man auf dem Antrag angeben müsse, wieviel man 2018 und 2019 verdient habe (Urk. D1/9 F/A 82). Es ist denn auch hervorzuheben, dass die Frage der Höhe des beantragten Kredits durchaus ein Thema zwischen dem Beschuldigten und G. war, will doch der Beschuldigte diesem mitgeteilt haben, dass schon Fr. 30'000.– nicht funktioniert hätten und er sicher nicht im Ernst glaube, dass es nun mit Fr. 50'000.– funktionie- ren könne. Er habe aber das Geld gebraucht (Urk. D1/9 F/A 91). Entgegen den pauschalen, unglaubhaften Abstreitungen des Beschuldigten (Prot. II S. 22 f.) ist im Weiteren aber auch mit Fug davon auszugehen, dass der Beschuldigte die von G. eingefügten Zahlen beim Unterzeichnen des Vertrages gesehen hat. Der Vertrag enthält maximal vier angegebene Beträge bzw. bei richtigem Ausfüllen des Formulars eigentlich nur zwei oder drei (vgl. Urk. 16/3/1). Vorliegend wurden drei Beträge eingefügt. Bei der Nettolohnsumme und dem geschätzten Umsatzerlös je- weils Fr. 500'000.– und ein dritter Betrag von Fr. 50'000.– als Kreditbetrag (Urk. 16/3/1). Selbst wenn der Beschuldigte den Vertrag mit viel Kleingedrucktem nicht im Einzelnen durchgelesen hat, mussten ihm diese drei einzigen Beträge aufgefal- len sein, zumal er das gleiche Formular schon einmal ausgefüllt hat. Etwas anderes anzunehmen wäre lebensfremd. Es ist aufgrund dieser Umstände weiter davon auszugehen, dass dem Beschuldigten nicht entgangen sein kann, dass auch bei

          der Nettolohnsumme ein Betrag von Fr. 500'000.– eingetragen worden war. Dafür spricht nach der Lebenserfahrung, dass der Beschuldigte den Vertrag, der lediglich drei eingesetzten Beträge an prominenter Stelle enthielt (Urk. 16/3/1), bei der Un- terzeichnung zumindest rudimentär angeschaut hat. Ein Blick genügt, um diese Zahlen zu sehen. Des Weiteren hat er ja ein solches Formular bereits drei Monate zuvor zusammen mit seinem Buchhalter und seiner Freundin ausgefüllt. Es muss auch von daher angenommen werden, dass ihm diese wenigen anzugebenden Po- sitionen (Umsatzerlös und Nettolohnsumme) bekannt waren – er hat denn auch ausgeführt zu wissen, dass man die Umsätze 2019 oder 2018 habe einsetzen müs- sen – und er diese Zahl bei der Unterzeichnung des zweiten Kreditantrags be- merkte. Schliesslich musste ihn auch beschäftigen, wieso es denn bei diesem zwei- ten Antrag besser klappen sollte als beim ersten. Im Weiteren ist grundsätzlich zu sehen, dass jeder zukünftige geschätzte Betrag eines Umsatzerlöses für die A.' BAU eine falsche Angabe war, da diese Einzelunternehmung gemäss den eigenen Worten des Beschuldigten stillgelegt war und er nicht vorhatte, im Jahre 2020 die bisherige Tätigkeit in der Baubranche über diese Firma weiterzuführen. All diese äusseren Umstände liegen nahe, dass der Beschuldigte beim Unterzeich- nen des Formulars zumindest diese drei Zahlen gesehen hat. Es kann dem Beschuldigten zwar geglaubt werden, dass er den Antrag nicht in allen Details durch- gelesen hat. Auch kann zu Gunsten des Beschuldigten mit ihm davon ausgegangen werden, dass er zwar nicht gut lesen und schreiben, immerhin aber Zahlen lesen, schreiben und/oder verstehen kann und dass seine Partnerin den Ort K. auf den von ihm unterzeichneten Antrag geschrieben hatte (vgl. Prot. II S. 31 f.,

          S. 37; Urk. 71/A). Nicht geglaubt werden kann dem Beschuldigten aufgrund des oben Ausgeführten jedoch, dass er die eingesetzten Beträge nicht angeschaut hat.

        2. Der Beschuldigte hat weiter jeweils ausgesagt, von den Vorgaben des Ver- wendungszwecks der Covid-19-Kredite nichts gewusst zu haben. Er habe das For- mular überhaupt nicht angeschaut, nicht durchgelesen (Urk. D1/9 F/A 68; Urk. 14 F/A 10 ff.; Prot. II S. 23). Es kann dem Beschuldigten durchaus geglaubt werden, dass er allenfalls im Detail keine Kenntnis hatte, was beispielsweise Ersatzinves- titionen ins Anlagevermögen sind oder dergleichen. Es ist aber doch zu bedenken, dass er den ersten Kreditantrag zusammen mit seinem Buchhalter und seiner

Freundin ausfüllte, was dafür spricht, dass das Formular im März 2020 doch näher angeschaut wurde. Es erscheint nicht glaubhaft, dass er auch diesen gemeinsam mit dem Buchhalter und der Freundin ausgefüllten Kreditantrag überhaupt nicht an- geschaut haben will. Der Beschuldigte hat den Antrag vom 26. März 2020 sodann unterschrieben und eingereicht, was schon für sich dafür spricht, dass er ihn auch angeschaut hat. In diesem Antrag wird der Verwendungszweck mehrfach, u.a. in Ziffer 5. Verwendungszweck umschrieben (Urk. D1/16/3/1: Der Kredit darf aus- schliesslich zur Sicherung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Kreditnehmers verwendet werden ...). Weiter ist zu bedenken, dass der Beschuldigte nur wenige Tage, nachdem überhaupt die entsprechende Möglichkeit geschaffen wurde, einen Covid-19-Kredit beantragte, was zeigt, dass er sich in diesem Bereich informierte. Es ist denn auch verständlich und deutlich kommuniziert worden, dass die Covid- 19-Kredite dazu dienen, den wegen der zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie erlassenen Massnahmen (Lock-Down) verursachten wirtschaftlichen Notsituatio- nen Abhilfe zu schaffen. Es ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass bereits aus dem Sinn und Zweck der Covid-19-Kredite hervorgeht, dass diese für Unternehmen gedacht waren, welche durch die Covid-Massnahmen wirtschaftlich betroffen wa- ren und die Gelder zur Deckung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse der Kredit- nehmer gedacht waren. Zur Verdeutlichung ist denn auch hervorzuheben, dass an- dere Personen der Bevölkerung wie etwa Angestellte, Rentner oder Nichterwerbs- tätige selbstverständlich keinen Anspruch auf einen Covid-19-Kredit hatten. Dieser war für Unternehmen gedacht, die wegen der Pandemie in wirtschaftliche Schwie- rigkeiten kamen bzw. um ihre Liquiditätsengpässe zu entschärfen. Dies war – da- von ist auszugehen – dem Beschuldigten zumindest in einer laienhaften Sphäre im Grundsatz bewusst, gab er doch selbst zu Protokoll, Zweck der Covid-19-Kredite sei gewesen, dass man geschäftlich überlebe (Prot. II S. 20). Dass er diese Aus- sage später relativierte, indem er sich auf den Standpunkt stellte, dies zwar heute zu wissen, damals jedoch nicht um den Verwendungszweck der Covid-Kredite ge- wusst zu haben (Prot. II S. 31), erscheint aufgrund des oben Ausgeführten un- glaubhaft und ist folglich als reine Schutzbehauptung zu werten. Es musste auch ihm daher klar sein, dass er für eine Firma, die stillgelegt war und mit welcher er 2020 keine (bzw. allenfalls eine nicht nennenswerte) Geschäftstätigkeit auszuüben

plante, keinen Covid-19-Kredit beanspruchen konnte. Die stillgelegte A.' BAU konnte wegen der einschränkenden Covid-Massnahmen gar nicht in wirt- schaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsprobleme geraten, da keine Geschäfts- tätigkeit mehr geplant war. Wie erwähnt hat der Beschuldige denn auch bereits im Januar 2020 deren sämtliche Vermögenswerte an die D. GmbH verkauft und setzte der Beschuldigte seine Tätigkeit in der Baubranche über die D. GmbH fort (für welche ebenfalls ein Covid-19-Kredit beantragt war). All dies war dem Beschuldigten bekannt. Ebenso war ihm klar, dass er einen Kredit nur für die Zwecke des Unternehmens brauchen darf und nicht für private Zwecke und Darlehen an Dritte. Abgesehen davon, dass dies im Antragsformular umschrieben ist und in den Medien kommuniziert wurde, ist dies eine Selbstverständlichkeit. Ansonsten hätte schlicht jedermann einen solchen Kredit beanspruchen dürfen, was eben nicht der Fall war. Der Beschuldigte wusste somit, dass G. für den Erhalt eines Covid- 19-Kredites in der Höhe von Fr. 50'000.– für die A.' BAU falsche Angaben machen musste, um einen solchen erhältlich zu machen. Im Antrag musste vorge- täuscht werden, dass die A.' BAU 2020 eine Geschäftstätigkeit ausübt und einen Umsatzerlös von Fr. 500'000.– oder eine solche Nettolohnsumme aufweist, um konkret einen Kredit von Fr. 50'000.– (10%) bewilligt zu erhalten. Mit der Ein- reichung des Formulars mit diesen falschen Angaben bei der C. AG hat er demnach mit Wissen und Willen falsche Tatsachen vorgespiegelt und die Mitarbei- ter entsprechend getäuscht. Diese wurden insoweit in einen Irrtum versetzt und gewährten das Darlehen, was die C. AG bzw. deren Mitarbeiter bei Kenntnis der wahren Tatsachen nicht gemacht hätten.

3.2. Arglist

Der Beschuldigte hat sich vorliegend zwar keiner gefälschten oder verfälschten Ur- kunde bedient, liess der C. AG zum Zwecke der Täuschung aber immerhin eine unwahre Urkunde – sprich eine solche, bei welcher der wirkliche nicht mit dem darin enthaltenen Sachverhalt übereinstimmt (BGE 146 IV 261 =Pra 110 [2021] Nr. 30) – zukommen. Er hat seine Behauptungen somit durch Handlungen bzw. einen Beleg (dem ausgefüllten und unterzeichneten Kreditantrag) gestützt, wobei in der damaligen Notsituation, in welcher eine kurzfristige und standardisierte Kreditvergabe zu erfolgen hatte, ebendieser Beleg bereits geeignet war, die gemach- ten falschen Behauptungen glaubwürdig erscheinen zu lassen, waren doch schweizweit zahlreiche in der Baubranche angesiedelte Unternehmen wie dasje- nige des Beschuldigten auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Hinzu kommt, dass die im Tatzeitpunkt herrschenden Verhältnisse nicht bloss keine besonderen Vorkehrungen nahelegten, sondern solche aufgrund der pandemiebedingten Aus- nahmesituation schlicht nicht möglich – und sogar gesetzlich ausdrücklich nicht vor- gesehen (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung e contra- rio) – waren. Im oben zitierten Leitentscheid in Zusammenhang mit einer falschen Schadenanzeige bejahte das Bundesgericht das Tatbestandsmerkmal der Arglist, nachdem der Beschwerdeführer seiner Versicherungsgesellschaft telefonisch ei- nen Hagelschaden gemeldet und dabei hinsichtlich dem Entstehungszeitpunkt des Schadens gelogen hatte (BGE 143 IV 302). Der vorliegend zu beurteilende Sach- verhalt ist insofern mit dem vom Bundesgericht beurteilten vergleichbar, als in bei- den Fällen das im Rahmen eines Massengeschäfts (Versicherungsgesellschaft / Bank) operierende Opfer über Informationen getäuscht wurde, deren Richtigkeit es aufgrund der Vielzahl an zu erledigenden Geschäften kaum überprüfen kann. Ins- gesamt ist das Verhalten des Beschuldigten somit als arglistig im Sinne der Recht- sprechung zu qualifizieren. Schliesslich ist festzuhalten, dass der Beschuldigte in- soweit einen (falschen) Leistungswillen vorspiegelte, als er im Kreditantrag vom

29. Juni 2020 zusicherte, er werde den ihm gewährten Kreditbetrag ausschliesslich zur Sicherung seiner laufenden Liquiditätsbedürfnisse verwenden (Urk. D1/19/3/2), obschon er in Tat und Wahrheit seit spätestens Januar 2020 keine Geschäftstätig- keit mit der A.' BAU mehr geplant hatte. Dieser mangelnde Wille des Beschuldigten war für die Mitarbeiter der C. AG nicht erkennbar bzw. nicht ohne Weiteres überprüfbar, weshalb das Verhalten des Beschuldigten auch unter die- sem Gesichtspunkt arglistig war.

  1. Irrtum und Vermögensschaden

    Die C. AG bzw. deren Mitarbeiter wurden aufgrund der falschen Angaben des Beschuldigten, wonach er weiterhin mit der A.' BAU in der Baubranche tätig sein werde und er von einem Umsatzerlös von Fr. 500'000.– ausgehe sowie hinsichtlich des vom Beschuldigten beabsichtigten Verwendungszwecks des Kre- dits, in einen Irrtum versetzt und gewährten am 1. Juli 2020 das zinslose Darlehen bzw. die Überzugslimite, was sie bei Kenntnis der wahren Tatsachen nicht gemacht hätten. Damit war im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts auch das Tatbestands- merkmal des Schadens erfüllt, zumal in casu angesichts der konkreten Umstände ein Gefährdungsschaden im Sinne der Rechtsprechung vorlag, wonach das Ver- mögen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vermindert ist, wenn der Gefährdung im Rahmen einer sorgfältigen Bilanzierung durch Wertberichtigung oder Rückstellung Rechnung getragen werden muss (BGE 122 IV 281 E. 2.a; BGE 142 IV 346 E. 3.2.), was vorliegend der Fall war. Dem Beschuldigten musste be- wusst sein, dass er bei seiner finanziellen Situation den Kredit nicht ohne weiteres würde zurückbezahlen können und hat somit auch den eingetretenen Schaden zu- mindest in Kauf genommen.

  2. Bereicherungsabsicht

    Ausser Frage steht, dass der Beschuldigte in Bereicherungsabsicht handelte, hat er doch selber mehrfach eingeräumt, dass er halt das Geld gebraucht habe.

  3. Fazit

Der Beschuldigte hat somit mit Wissen und Willen falsche Angaben zum erzielten Umsatz gemacht, um bei der C. AG einen Irrtum auszulösen und den Kredit in gewünschter Höhe zu erhalten, wobei ihm – zumindest laienhaft – bewusst war, dass er sich einer unwahren Urkunde bediente und dass er dadurch die von ihm behaupteten Angaben glaubwürdig erscheinen liess. Ihm musste bewusst sein, dass er den Covid-19-Kredit bei korrekten Angaben über die A.' BAU nicht erhalten hätte und somit hat er auch den eingetretenen Schaden zumindest in Kauf genommen. Der Beschuldigte nahm weiter zumindest in Kauf, den Kredit missbräuchlich zu verwenden und hatte diese missbräuchliche Verwendung von Anfang an, d.h. bereits beim Ausfüllen des Kreditantrages, vor. Der Beschuldigte ist somit des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

  1. Urkundenfälschung

    1. Standpunkte Parteien

      1. Die Verteidigung des Beschuldigten wendet wie bereits vor Vorinstanz ein, dass es bei der Kreditvereinbarung an der Urkundenqualität fehle, da die darin ge- machten Angaben zum Umsatzerlös und zur beantragten Kredithöhe für sich allein betrachtet weder zum Beweis bestimmt noch geeignet seien. Weiter komme dem Covid-19-Kreditantragsformular keine erhöhte Glaubwürdigkeit zu. So sei das Prü- fungsformular der C. AG vom 1. Juli 2020 nicht mehr dasselbe wie dasjenige vom 28. März 2020 gewesen, sondern habe weitergehende Prüfungspunkte ent- halten; so etwa der Punkt Kunde hat noch keinen abgelehnten Antrag Covid-19- Kredit (gemäss Notiz in PEDA-S; wenn ein abgelehnter Antrag vorhanden ist, ist der Antrag erneut abzulehnen und gemäss Punkt 6. Entscheid weiterzuleiten). Ent- sprechend sei im Prüfungsformular die Anweisung gestanden, wonach ein einmal abgelehnter Antrag zwingend die sofortige Abweisung ohne erneute Prüfung be- deute (Urk. 57 S. 8 ff.; Urk. 73 S. 4; Prot. II S. 40). Damit sei belegt, dass ein Erst- und ein Zweit-Antrag anders behandelt worden seien. Einem Zweit-Antrag sei also nachweislich keine erhöhte Glaubwürdigkeit zugekommen und gerade diese er- höhte Glaubwürdigkeit und das Vertrauen, welches das Schriftstück im Verkehr ge- niesse, begründe bei einem Erst-Antrag dessen Urkundenqualität. Bei einem Zweit- Antrag könne man sodann noch nicht einmal von einem blossen Fehlen der erhöh- ten Glaubwürdigkeit sprechen, denn gemäss Prüfungsformular sei nach einer frü- her erfolgten Ablehnung jeder weitere Antrag ungeprüft ebenfalls abzulehnen, der Zweit-Antrag sei schlicht unbeachtlich und einem von vornherein als zwingend un- beachtlich zu qualifizierendem Dokument könne keine Urkundenqualität zukom- men. Die Verteidigung erachtet sodann auch den subjektiven Tatbestand als nicht erfüllt, indem sie wie die Vorinstanz geltend macht, der Beschuldigte habe nicht im Wissen um das dem Covid-19-Kreditantrag im Rechtsverkehr entgegengebrachte spezielle Vertrauen gehandelt und folglich nicht gewusst, dass es sich beim Covid19-Kreditantrag um eine Urkunde, welcher erhöhter Glaubwürdigkeit zukomme, handelte (vgl. Urk. 73 S. 4, Urk. 64 S. 8-12).

      2. Die Staatsanwaltschaft machte demgegenüber geltend, durch das Ausfüllen und Unterschreiben des in der Covid-19-Solidarbürgschafts-Verordnung integrier- ten Formulars erkläre der Gesuchsteller die für die Kreditgewährung wesentlichen Tatsachen. Die Bedeutung der schriftlichen Erklärung und ihre Behandlung im Ver- ordnungstext würden den Schluss zulassen, dass die objektiven Wahrheitsgaran- tien gegeben seien und es sich damit um eine qualifizierte Urkunde im Sinne der Rechtsprechung handle (Urk. 72 S. 7 f.).

    2. Sachverhalt

      Der äussere Sachverhalt ist erstellt (Urk. D1/16/3/1) und wird durch den Beschul- digten auch nicht bestritten (Prot. II S. 22). Entgegen seinem Kreditantrag beab- sichtigte der Beschuldigte mit der A.'_ BAU im damaligen Zeitpunkt keine wei- tere Geschäftstätigkeit und handelte es sich beim angegebenen geschätzten Um- satzerlös von Fr. 500'000.– um eine Phantasiezahl. Weiter beabsichtigte er entge- gen dem Kreditantrag nicht, den Kredit zur Sicherung der laufenden Liquiditätsbe- dürfnisse der A.' BAU zu verwenden. Auch in diesem Punkt erscheint es sinn- voll, den subjektiven Sachverhalt bzw. den inneren Willen des Beschuldigten – was er wusste, wollte oder in Kauf nahm etc. – im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu prüfen.

    3. Rechtliche Grundlagen

      1. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen ist hierzu vorab auf die zutreffen- den und umfassenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 64 S. 10- 12). Falschbeurkundung setzt das Herstellen einer inhaltlich unrichtigen, d.h. un- wahren Urkunde durch unrichtiges Beurkunden oder Beurkundenlassen einer rechtlich erheblichen Tatsache voraus, wobei eine Tatsache rechtserheblich ist, wenn sie allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen die Entstehung, Verän- derung, Aufhebung oder Feststellung eines Rechts bewirkt. Mit der Vorinstanz ist hervorzuheben, dass der Urkunde Beweiseignung und Beweisbestimmung zukommen muss, was sich unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Verkehrsübung bzw. dem Sinn oder der Art des Schriftstücks ergeben kann. Entscheidend für den Be- weiswert einer Urkunde ist nicht, ob ein Schriftstück im Prozess Beweiswert hat, sondern das Vertrauen, welches das Schriftstück im Verkehr geniesst, mithin also ob ihm im Rechtsverkehr Beweiswert zukommt. Unerheblich ist, ob dem Aussteller normalerweise Vertrauen entgegengebracht wird. Ohne Bedeutung sind auch der Wille des Ausstellers oder Benutzers der Schrift oder die Erwartungen des konkre- ten Adressaten (BGE 129 IV 130 E. 2.2; BGE 113 IV 77 E. 3a; BSK StGB-BOOG,

        Art. 110 Abs. 4 N 30ff. mit Verweisen). Zur Annahme einer Falschbeurkundung be- darf es einer sog. qualifizierten schriftliche Lüge. Eine solche liegt vor, wenn der Schrift eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat sich vernünftiger- weise auf den beurkundeten Inhalt verlassen darf, was dann der Fall ist, wenn ge- wisse objektive Zusicherungen die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten ge- währleisten (vgl. BGE 148 IV 288 E. 4.1.2; BGE 144 IV 13 E. 2.2.2; BGE 138 IV

        209 E. 5.3 Urteil des Bundesgerichtes 6B_1128 206 vom 15. Februar 2017 E. 2.2). Solche Zusicherungen können sich namentlich durch gesetzliche Vorschriften, wel- che den Inhalt eines bestimmten Schriftstücks definieren, ergeben (INDERBITZIN, in: Annotierter Kommentar StGB, Bern 2020, Art. 251 N 17 m.N.). In subjektiver Hinsicht erfordert Art. 251 Ziff. 1 StGB Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbe- standsmerkmale, wobei Eventualvorsatz genügt. Das für den Vorsatz notwendige Wissen verlangt, soweit es sich auf Tatbestandsmerkmale bezieht, deren Verständ- nis eine rechtliche Wertung voraussetzt, nicht die juristisch exakte Erfassung des gesetzlichen Begriffs. Vielmehr genügt es, wenn der Täter den Tatbestand so ver- standen hat, wie es der landläufigen Anschauung eines Laien entspricht (sog. Par- allelwertung in der Laiensphäre). Versteht der Täter in laienhafter Anschauung die soziale Bedeutung des von ihm verwirklichten Sachverhalts, so handelt er mit Vor- satz, auch wenn er über die genaue rechtliche Qualifikation irrt (BGE 129 IV 238 E. 3.2.2; BGE 138 IV 130 E. 3.2.1; BGE 141 IV 369 E. 7.4).

      2. Im oben zum Tatbestand des Betrugs zitierten Entscheid des Obergerichtes vom 10. Februar 2022 wurde erwogen, es sei davon auszugehen, dass der Antrag auf Gewährung eines Covid-Kredits ein taugliches Tatobjekt für eine Falschbeur- kundung i.S. von Art. 251 StGB darstellt. Dem Antrag auf Erteilung eines Covid-19Solidarbürgschaftskredits komme erhöhte Glaubwürdigkeit zu. Dass eine nähere Überprüfung der Angaben gemäss Gesetz in aller Regel unterbleiben muss, ziehe zwangsläufig eine erhöhte Glaubwürdigkeit der Angaben nach sich. Die Bank bzw. deren Mitarbeitende hätten sich auf den beurkundeten Inhalt der Urkunde verlas- sen dürfen (Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich SB210497 vom 10. Fe- bruar 2022 E. 2.3.2).

    4. Würdigung

      1. Objektiver Tatbestand

        Der durch G. erstellte Kreditantrag vom 29. Juni 2020 enthielt unrichtige An- gaben über rechtlich erhebliche Tatsachen (Geschäftstätigkeit und Umsatzerlös so- wie Nettolohnsumme A.' BAU, wirtschaftliche Betroffenheit, Verwendungs- zweck). Der Beschuldigte hat somit eine unwahre Urkunde erstellen lassen, diese unterzeichnet und bei der C. AG eingereicht. Mit der Vorinstanz ist zu erwä- gen, dass die vom Kreditnehmer/Unternehmen im Covid-19-Kreditantrag gemach- ten Angaben im Rechtsverkehr aufgrund der besonderen Pandemielage spezielles Vertrauen und somit erhöhte Glaubwürdigkeit genossen haben, diese mithin für diese Tatsachen beweisgeeignet waren. Im Kreditantrag für einen Covid-19-Kredit gibt das gesuchstellende Unternehmen im Sinne der Selbstdeklaration rechtlich verbindliche Erklärungen ab. Wird der Kredit gewährt, wird der Antrag automatisch zum Kreditvertrag. Einem Covid-19-Kreditantrag kommt somit sowohl Urkunden- qualität als auch erhöhte Glaubwürdigkeit zu (vgl. Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich SB210497 vom 10. Februar 2022 E. III./2.2.2, sowie auch die Ent- scheide des Obergerichtes des Kantons Aargau SST.2022.90, des Kriminalgerich- tes Luzern 206 20 203 sowie des Kantonsgerichtes Freiburg 501 2022 21 sowie Art. 3 Abs. 1 lit. a-d Covid-19-SbüV; INDERBITZIN, in: Annotierter Kommentar StGB, Bern 2020, Art. 251 N. 23). Die Sach- und Rechtslage ist vergleichbar mit derjenigen beim sog. Formular A, welches die Finanzintermediäre zur Feststel- lung der wirtschaftlich berechtigten Person von ihren Kunden verlangen. Das Bun- desgericht hat wiederholt festgehalten, dass dem Formular A demnach eine er- höhte Glaubwürdigkeit und folglich Urkundencharakter zukomme (BGE 139 II 404 E. 9.9.2; BGer-Urteile 68_37/2013 vom 15.04.2013 E. 1.2.2, 66_574/2011 vom

        20.02.12 E. 2.2.1, 66_1048/2016 vom 24.03.2017, 66_988/2015 vom 08.08.2016

        E. 4.2, 1C_370/2012 vom 03.10.2012, E. 2.7). Der Verteidigung kann nicht gefolgt werden, wenn sie geltend macht, weil das Prüfungsformular vom 1. Juli 2020 nicht dasselbe gewesen sei wie jenes vom 28. März 2020, komme dem zweiten Antrag keine erhöhte Glaubwürdigkeit zu, bzw. sei dieser Antrag gar als unbeachtliches Dokument ohne Urkundenqualität zu qualifizieren (Urk. 73 S. 4). Zwar ist die Fest- stellung der Verteidung zutreffend, wonach im Dokument Quickcheck Covid-19- Kredit der C. AG vom 1. Juli 2020 die Hinweise Kunde hat noch keinen abgelehnten Antrag und wenn ein abgelehnter Antrag vorhanden ist, ist der An- trag erneut abzulehnen enthalten waren (vgl. Urk. D1/16/3/3). Warum die Vertei- digung aufgrund dieser Sachlage den Schluss zieht, dem zweiten durch den Beschuldigten ausgefüllten Kreditantrag komme weder Urkundenqualität noch er- höhte Glaubwürdigkeit zu, erhellt jedoch nicht. Die Urkundenqualität des Kreditan- trages – sprich die Eignung, eine rechtserhebliche Tatsache, d.h. eine solche, wel- che alleine oder in Verbindung mit anderen Tatsachen namentlich die Entstehung eines Rechts bewirkt, zu beweisen – ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass dessen Einreichung bei der C. AG effektiv zur Bewilligung des Kontokorrent- kredits und damit zur Entstehung eines Rechts geführt hat (vgl. zum Ganzen: Art. 110 Abs. 4 StGB; BGE 113 IV 77 E. 3a). Rechtlich unerheblich sind ohnehin nur Tatsachen, welche für den Rechtsverkehr völlig bedeutungslos sind, was auf die im Antragsformular enthaltenen Angaben, namentlich die Höhe des Umsatzer- löses sowie der Nettolohnsumme, zweifellos nicht zutrifft (BSK StGB-BOOG, Art. 110 N 25). Für den Erhalt eines Kredites waren die Angaben gemäss Art. 3 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung gegenüber der Bank anzugeben. Die Kre- ditvereinbarung vom 29. Juni 2020 ist nichts anderes als das (ausgefüllte) Formular gemäss Anhang 2 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung (vgl. Urk. D1/2/2). Dementsprechend gaben gesetzliche Vorschriften den Inhalt des vom Beschuldig- ten unterzeichneten Schriftstücks vor, womit dem zweiten Kreditantrag neben Ur- kundenqualität auch erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt. Ohnehin ist nicht ersicht- lich, inwiefern den Prüfungsformularen der C. AG – bei welchen es sich um interne Dokumente, von denen der Beschuldigte keine Kenntnis hatte (vgl. Urk. D1/16) – für die Beurteilung der Urkundenqualität des zweiten Kreditantrags

        Relevanz zukommt. Jedenfalls kommt der Covid-19-Kreditvereinbarung vom

        29. Juni 2020 sowohl Urkundequalität als auch erhöhte Glaubwürdigkeit zu. Der objektive Tatbestand der Urkundenfälschung ist somit erfüllt.

      2. Subjektiver Tatbestand

        Gemäss erstelltem Sachverhalt hat der Beschuldigte den Covid-19-Kreditantrag mit Wissen und Willen um die darin enthaltenen Falschangaben (Geschäftstätigkeit

        A.'

        BAU 2020, geschätzter Umsatzerlös von Fr. 500'000.–) unterzeichnet.

        Entgegen der Vorinstanz sowie der Verteidigung wusste der Beschuldigte auch, dass den Angaben im Antrag eine andere Bedeutung zukommt (Urk. D1/9 F/A 85: Ich musste nur dieses Formular einreichen und fertig), als etwa bei einem ge- wöhnlichen Antrag bei einer Bank für einen Privatkredit, wo noch Bilanzen, Auf- tragsbestände, diverse Auszüge etc. beigelegt werden müssen. Er wusste somit, dass den Angaben in diesem Formular eine wichtige, erhöhte Bedeutung zukommt und war sich zumindest im Sinne einer Laienbewertung bewusst, dass es sich beim Formular um eine Urkunde handelt. Im Formular ist im Übrigen ausdrücklich in Fett- schrift festgehalten, dass dem Kreditnehmer bekannt ist, dass er durch unrichtige Angaben wegen Urkundenfälschung bestraft werden kann (Urk. D1/16/3/1). Wie er- wogen hat der Beschuldigte bereits im März 2020 ein gleiches Formular zusammen mit seinem Buchhalter und seiner Freundin ausgefüllt. Es erscheint nicht überzeu- gend, dass er diesen Hinweis nicht gesehen haben will. Es kann daher entgegen der Ansicht der Vorinstanz bzw. der Verteidigung nicht gesagt werden, dass der Beschuldigte nicht im Wissen um das dem Covid-19-Kreditantrag im Rechtsverkehr entgegengebrachte spezielle Vertrauen handelte. Damit ist der subjektive Tatbe- stand der Urkundenfälschung erfüllt.

    5. Fazit

Der Beschuldigte hat sich demnach der Urkundenfälschung i.S.v. Art. 251 Ziff. 1 StGB schuldig gemacht.

IV. Strafe

A. Theoretische Grundlagen der Strafzumessung, der Strafart sowie der Ge- samtstrafenbildung

Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und die an sie gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. mit Hinweisen; vgl. auch BGE 144 IV 313 E. 1; BGE 144

IV 217 E. 2.3 ff.; BGE 142 IV 265 E. 2.3 ff.). Darauf kann vollumfänglich verwiesen werden. Hervorzuheben bleibt, dass zwischen der Tat- und Täterkomponente so- wie der objektiven und subjektiven Tatschwere zu unterscheiden ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253, BGE 141 III 28 E. 3.2.4. S. 41, je mit Hinweisen). Hat der Täter wie vorliegend die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so ver- urteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie ange- messen (Art. 49 Abs. 1 StGB). Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätz- lich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) Strafbestimmung unter obligatorischer Berücksichtigung der einzelnen Strafzumessungsfaktoren festzusetzen. Durch Strafschärfungs- oder Strafmilderungsgründe wird der ordent- liche Strafrahmen jedoch nicht automatisch erweitert. Dieser ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat an- gedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (BGE 136 IV 55

E. 5.8 mit Hinweisen). Die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur bei gleichartigen Strafen möglich. Ungleichartige Strafen sind kumula- tiv zu verhängen, da das Asperationsprinzip nur greift, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden. Mehrere gleichartige Strafen liegen vor, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (sog. konkrete Methode). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 144 IV 313

E. 1.1.1; BGE 142 IV 265 E. 2.3.2; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122; BGE 137 IV 57

E. 4.3.1 S. 58; Urteil des Bundesgerichtes 6B_1031/2019 vom 1. September 2020

E. 2.4.2).

  1. Strafrahmen

    Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der schwersten anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Dieser Rahmen ist vom Gesetzgeber in aller Regel sehr weit gefasst worden, um sämtlichen konkreten Umständen Rechnung zu tragen. Der ordentliche Rahmen ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die be- treffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint. Der vom Gesetzgeber vorgegebene ordentliche Rahmen ermöglicht in aller Regel, für eine einzelne Tat die angemessene Strafe festzulegen. Er versetzt den Richter namentlich in die Lage, die denkbaren Abstufungen des Verschuldens zu berück- sichtigen (BGE 136 IV 55 E. 5.8.). Vorliegend ist von einem Strafrahmen von Gelds- trafe bis 5 Jahren Freiheitsstrafe (vgl. Art. 146 Abs. 1 StGB, Art. 251 Ziff. 1 StGB) auszugehen. Eine Erweiterung des Strafrahmens fällt vorliegend nicht in Betracht.

  2. Strafart

    Bei der Wahl der Sanktionsart ist als wichtiges Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.3). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit soll bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persön- liche Freiheit der Betroffenen eingreift, bzw. die sie am wenigsten hart trifft (BGE 138 IV 120 E. 5.2; BGE 134 IV 97 E. 4.2.2 und BGE 134 IV82 E. 4.1), wobei eine

    Geldstrafe im Verhältnis zur Freiheitsstrafe milder wirkt. Massgebend ist auch die Zweckmässigkeit der Sanktion bzw. ihre Auswirkung auf den Täter und sein sozia- les Umfeld sowie ihre präventive Effizienz (BGE 134 IV 97 E. 4.2.). Hält das Gericht im Rahmen der Gesamtstrafenbildung für einzelne Delikte im konkret zu beurtei- lenden Fall unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips eine Geldstrafe nicht mehr für schuldadäquat und zweckmässig, hindert Art. 41 Abs. 1 StGB es

    nicht daran, auf Einzelfreiheitsstrafen von weniger als sechs Monaten zu erkennen, wenn die daraus zu bildende Gesamtstrafe sechs Monate übersteigt (BGE 144 IV 217 E. 4.3; vgl. auch Urteile des Bundesgerichtes 6B_436/2018 vom 24. September 2018 E. 1.2; 6B_523/2018 vom 23. August 2018 E. 1.2.3).

  3. Konkrete Strafzumessung

    1. Einsatzstrafe für Betrug

      1. Bei der objektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass es sich beim De- liktsbetrag von Fr. 50'000.– um eine nicht unerhebliche Summe handelt. Im Anwen- dungsbereich der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung ist es allerdings ver- gleichsweise ein eher tiefer Betrag. Es ist auch zu sehen, dass es sich um ein sehr einfaches betrügerisches Vorgehen handelte. Der Beschuldigte musste nur ein For- mular ausfüllen und – wie er selber sagt – fertig. Es war mit anderen Worten nur eine kurze, einfache Tathandlung erforderlich, um dieses zinslose Darlehen von Fr. 50'000.– für die A.'_ BAU zu erlangen. Der Beschuldigte hat sich keiner Lügengebäude bedient, sondern lediglich – aber immerhin – eine unwahre Urkunde erstellt. Sodann wurde er von G. beeinflusst, einen solchen Antrag zu stellen, der meinte, das werde funktionieren, wobei der Beschuldigte selbst zweifelte, ob er damit Erfolg haben wird. Der Beschuldigte hat letztlich das Vertrauen, welches die Behörden in die ersuchenden Kreditnehmer setzten, um so für schnelle und unbü- rokratische finanzielle Hilfe zur Linderung der Corona-Krise zu sorgen, ausgenutzt und enttäuscht. Der Beschuldigte hat die sich ihm eröffnende Gelegenheit scham- los genutzt. Zugunsten des Beschuldigten ist in die Waagschale zu legen, dass er das erhaltene Geld nicht etwa für Luxus brauchen wollte bzw. brauchte, sondern damit Schulden aus offenen Betreibungen tilgte und teilweise einem Kollegen als kurzfristiges Darlehen zur Abwendung des Konkurses von dessen GmbH zur Ver- fügung stellte. Dies ändert zwar nichts daran, dass er die Gelder zweckentfremdete und nicht für sein Einzelunternehmen A.' BAU brauchte, lässt aber das Ver- schulden doch weit geringer erscheinen. Weiter bestehen keine Hinweise, dass der Beschuldigte nicht vorhatte den Kredit bei Fälligkeit (nach fünf Jahren) zurückzu- zahlen. Vielmehr ist ihm im Rahmen der Beurteilung seines Nachtatverhaltens zu Gute zu halten, dass er den Kredit seit November 2022 monatlich im Betrag von

        jeweils Fr. 830.80 zurückbezahlt (Urk. 71/1-8). Insgesamt ist in objektiver Hinsicht von einem leichten Verschulden auszugehen. Bei der subjektiven Tatschwere wirkt sich aus, dass der Beschuldigte aus finanziellen, egoistischen Motiven handelte, wobei auch in dieser Hinsicht nochmals zu betonen ist, dass er sich aufgrund der vielen Betreibungen tatsächlich in einer nicht einfachen finanziellen Situation be- fand und die erhältlich gemachte Kreditsumme weitgehend zur Tilgung seiner pri- vaten Schulden nutzte. Weiter handelte er teilweise – so etwa hinsichtlich eines Schadens – nur mit Eventualvorsatz. Die subjektiven Zumessungsgründe vermö- gen die objektiven Kriterien daher leicht zu relativieren, wobei das Verschulden ins- gesamt nach wie vor als leicht einzustufen ist.

      2. Die Wahl der Strafart ergibt sich massgeblich aus dem Umstand, dass der Beschuldigte bereits mehrere Vorstrafen aufweist: Mit Urteil des Obergerichtes des Kantons Aargau vom 23. Mai 2013 wurde er wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von vier Jahren – die in der Folge um zwei Jahre verlängert wurde – sowie einer Busse von Fr. 1'000.– verurteilt. Am 15. April 2014 wurde der Beschuldigte mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis wegen einfacher Körperverletzung und mehr- facher Sachbeschädigung zu einer vollziehbaren Freiheitsstrafe von 120 Tagen verurteilt und da er innerhalb der Probezeit des Urteils vom 23. Mai 2014 delinquiert hatte, wurde die angesetzte Probezeit zudem um zwei Jahre verlängert. Diese Frei- heitstrafe hat der Beschuldigte 2015 verbüsst. Er wurde am 26. Juli 2015 bedingt entlassen und für die Reststrafe von 32 Tagen wurde eine Probezeit von einem Jahr angesetzt (Urk. 66, Urk. 70). Diese strafrechtliche Vorgeschichte des Beschul- digten von zwei Urteilen mit bedingten und unbedingten Freiheitsstrafen, teilweise in Verbindung mit Bussen, in Kombination mit der hier zu beurteilenden neuen De- linquenz zeigt, dass er sich kaum durch Geldstrafen beeindrucken lassen wird. An- zufügen ist, dass die verlängerte Probezeit bis Mai 2019 dauerte. Obschon es sich bei sämtlichen bisherigen Verurteilungen – zumindest gemessen an der verhäng- ten Strafhöhe – nicht um schwere Straftaten handelte, offenbarte der Beschuldigte, dass er sich auch durch Freiheitsstrafen nicht nachhaltig beeindrucken liess. Auf- grund dieser Vorzeichen bestehen erhebliche Zweifel an der spezialpräventiven

        Wirkung einer Geldstrafe. Es ist daher davon auszugehen, dass vorliegend nur eine Freiheitsstrafe als angemessene und zweckmässige Sanktion in Frage kommt.

      3. Nach dem Gesagten ist für den Betrug die hypothetische Einsatzstrafe auf fünf Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.

    2. Strafe bzw. Straferhöhung für Urkundenfälschung

      Bei der objektiven Tatschwere fällt ins Gewicht, dass der Beschuldigte mit dem Kreditantragsformular, das nach Akzeptanz durch die Kreditbank zum Vertragsdo- kument wurde, eine Urkunde fälschte, die insbesondere hinsichtlich dem geschätz- ten Umsatz seiner Firma bzw. einer Tätigkeit seiner Firma überhaupt, aber auch bezüglich der geplanten Verwendung der Kreditsumme Falschangaben enthielt. Wie bereits erwähnt handelt es sich eigentlich um eine einfache Lüge, doch war die unwahre Urkunde aufgrund der besonderen Umstände geeignet, die Mitarbeiter der C. und im Weiteren auch der Bürgschaftsgenossenschaft, zu täuschen. Die Urkundenfälschung stand dabei in engstem Zusammenhang mit dem Betrug, wobei sie das Tatmittel dazu darstellte. In objektiver Hinsicht ist somit von einem leichten Verschulden auszugehen. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere wie auch hin- sichtlich der Strafart kann auf die vorstehenden Erwägungen zum Betrug verwiesen werden. Die subjektiven Zumessungsgründe relativieren die objektiven Kriterien nicht. Isoliert betrachtet wäre für die Urkundenfälschung eine Freiheitsstrafe im Be- reich von etwa drei bis vier Monaten festzusetzen. Aufgrund des sehr engen Zu- sammenhangs mit dem Betrug, da die unwahre Urkunde das Tatmittel für den Be- trug darstellte, erscheint es in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen, die Strafe von 4 Monaten Freiheitsstrafe für die Urkundenfälschung nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Die Einsatzstrafe von 5 Monaten Freiheitsstrafe für den Betrug ist daher um 2 Monate zu erhöhen.

    3. Täterkomponente

      1. Der Beschuldigte machte im Rahmen der Untersuchung wie auch vor Vor- instanz Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen (Urk. 21/3, Prot. I S. 23-25, Prot. II S. 8-13; Urk. D1/9 S. 2 ff.; Urk. D1/18 S. 23 f.). Er wurde am tt. Dezember

        1980 in L. in Serbien geboren. Er kam 1995 im Alter von 15 Jahren in die Schweiz. Seine Eltern und seine drei Brüder leben in der Schweiz. Die ersten acht Schuljahre hat der Beschuldigte in Serbien besucht. Hier in der Schweiz ging er ins Deutsch in die Oberstufe und absolvierte das 10. Schuljahr. Danach hat er ange- fangen zu arbeiten. Der Beschuldigte machte eine zweijährige Anlehre in einer Metzgerei in M. und arbeite danach ein weiteres Jahr dort. Später war er einige Jahre als Lagerist tätig. Danach arbeitete er als Angestellter in der Baubran- che, u.a. als Platten- oder Bodenleger. Seit 2015/2016 ist er selbständig erwerbs- tätig. Er zahle sich monatlich zwischen Fr. 6'000.– bis Fr. 7'000.– als Lohn auf sein Privatkonto. Er ist nicht verheiratet, lebt aber seit 13 Jahren mit seiner aus Rumä- nien stammenden Freundin zusammen. Der Mietzins für die 4½-Zimmerwohnung, in welcher er seit 17 Jahren wohne, wird von ihm und seiner Freundin bezahlt. Der Beschuldigte hat kein Vermögen, hingegen Privatschulden, die er in der Untersu- chung und in der Berufungsverhandlung mit ungefähr Fr. 100'000.– bezifferte (vgl. dazu auch den Anhang zu Urk. 9). Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldig- ten wirken sich strafzumessungsneutral aus.

      2. Wie oben ausgeführt weist der Beschuldigte zwei Vorstrafen aus den Jahren 2013 und 2014 auf (Urk. 66). Die Vorstrafen liegen bereits relativ lange zurück und sind zudem nicht einschlägig. Sie sind daher nur leicht straferhöhend zu berück- sichtigen.

      3. Der Beschuldigte gestand die äusseren Umstände seiner Tat seit Beginn der Untersuchung ein. Er hat insbesondere auch von sich aus eingeräumt, dass er nicht beabsichtigte 2020 mit der A.' BAU weiterhin gross geschäftstätig zu sein und die Angaben über den geschätzten Umsatzerlös insoweit nicht zutreffend sind. Sodann sieht der Beschuldigte durchaus ein, dass das Vorgehen letztlich nicht kor- rekt war und das ganze tut ihm auch leid, wie er mehrfach betonte. Auch hat er

        versichert, dass er den Kredit zurückzahlen wolle, was er nachweislich tut . Das Geständnis und sein Nachtatverhalten sind mithin leicht strafmindernd zu werten.

      4. Insgesamt wiegen sich die straferhöhenden und strafmindernden Kriterien bei der Täterkomponente in etwa auf.

    4. Verbindungsbusse

      1. Gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB kann eine bedingte Strafe mit einer Busse nach Art. 106 StGB verbunden werden. Die Verbindungsbusse trägt namentlich dazu bei, das unter spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten eher geringe Droh- potential der bedingten Strafe zu erhöhen. Dem Verurteilten soll ein Denkzettel ver- abreicht werden können, um ihm den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Die bedingte Strafe und die Verbindungsbusse müssen in ihrer Summe schuldange- messen ausgesprochen werden, d.h. die Strafenkombination darf nicht zu einer Straferhöhung führen oder eine zusätzliche Strafe ermöglichen. Mit anderen Wor- ten erlaubt die Verbindungsbusse lediglich innerhalb der schuldangemessenen Strafe eine täter- und tatangemessene Sanktion (vgl. BGE 146 IV 145 E. 2.2 m.w.N.; BGE 135 IV 188 E. 3; BGE 134 IV 60 E. 7.3.2 f.; BGE 134 IV 53 E. 5.2).

      2. Vor dem Hintergrund der doch eher sturen Uneinsichtigkeit des Beschuldig- ten, etwas Falsches getan zu haben, und dem Umstand, dass er sich auch durch (teilweise vollzogene) Freiheitsstrafen nicht nachhaltig beeindrucken lässt, er- scheint es vorliegend angezeigt, eine Verbindungsbusse von Fr. 3'000.– auszu- sprechen und die oben festgelegte Freiheitsstrafe zwecks Vermeidung einer unzu- lässigen Straferhöhung um einen Monat zu reduzieren.

    5. Gesamtwürdigung

In Würdigung aller massgeblichen Strafzumessungsgründe erweist sich eine Bestrafung des Beschuldigten mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten sowie einer Busse von Fr. 3'000.– als den Taten und dem Täter angemessen.

  1. Vollzug

    1. Rechtliche Grundlagen

    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht not- wendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Ver- gehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Die günstige Prognose wird vermutet, doch kann sie widerlegt werden (BGE 134 IV 97 E. 7.3.). Materiell ist das Fehlen einer ungünstigen Prognose – also das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Wie- derholungsgefahr – vorausgesetzt; die günstige Prognose wird damit gewissermas- sen vermutet. Zur Prognose ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzuneh- men, wobei insbesondere das Vorleben des Täters, die Tatumstände, der Leumund sowie weitere relevante Tatsachen, welche Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen, einzubeziehen sind. Die vermutete Wirkung der Strafe kann mitberücksichtigt werden (TRECHSEL/PIETH, in: Trech- sel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl., Zü- rich 2021, Art. 42 N 7 ff.; BGE 134 IV 140 E. 4.4.). Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn be- sonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Es wird bei dieser Sachlage aufgrund des belasteten Vorlebens des Täters von einer schlechten Pro- gnose ausgegangen, welche Vermutung jedoch aufgrund einer besonderen Kon- stellation in den (meist jüngeren) Lebensumständen umgestossen werden kann (HEIMGARTNER, OFK StGB, 21. Aufl., N 6 in fine zu Art. 42 StGB). Besagte Um- stände können gegeben sein, wenn die neue Tat keinen inhaltlichen Zusammen- hang mit der früheren Verurteilung hat bzw. nicht demselben Verhaltensmuster ge- schuldet ist und sich die Lebensverhältnisse des Täters in besonders positiver Art verbessert haben (BGE 145 IV 137, E. 2.2.; vgl. auch TRECHSEL/PIETH, Praxis- kommentar StGB, 4. Aufl. , N 17 zu Art. 42 StGB; SCHNEIDER/GARRÉ, BSK StGB I,

    4. Aufl., N 97 zu Art. 42 StGB). Wird der Vollzug aufgeschoben, so bestimmt das Gericht dem Verurteilten gemäss Art. 44 Abs. 1 StGB eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren.

    2. Beurteilung

    Die objektiven Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges nach Art. 42 Abs. 1 StGB sind vorliegend erfüllt, da der Beschuldigte heute zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt wird. Im Strafregister sind wie erwähnt zwei Vorstrafen aus den Jahren 2013 und 2014 verzeichnet (Urk. 66, Urk. 70). Die vor- liegende Tat wurde am 29. Juni 2020 begangen. Beide Urteile sind demnach nicht innerhalb der letzten fünf Jahre vor der vorliegend zu beurteilenden Tat ergangen, sondern liegen weiter zurück. Es ist mithin vorliegend daher eine günstige Pro- gnose zu vermuten und gewichtig ist zu Gunsten des Beschuldigten zu werten, dass er sich vor der heute zu beurteilenden Tat seit immerhin rund 6 Jahren straf- rechtlich nichts mehr zu Schulden hat kommen lassen. Sodann hat die heute zu beurteilende Tat keinen inhaltlichen Zusammenhang mit den Taten der früheren Verurteilungen und ist nicht demselben Verhaltensmuster geschuldet. Der Beschul- digte ist ansonsten arbeitstätig und lebt in stabilen Verhältnissen. Es kann davon ausgegangen werden, dass das vorliegende Strafverfahren, die Verurteilung zu ei- ner Freiheitsstrafe sowie die Verbindungsbusse doch einen gewissen Eindruck bei ihm hinterlassen werden und er sich auch zukünftig wohl verhalten wird. Dem Beschuldigten ist nach dem Gesagten für die Freiheitsstrafe der bedingte Strafvollzug zu gewähren. Aufgrund der Vorstrafen bestehen indessen gewisse Bedenken und es erscheint angezeigt eine Probezeit von 3 Jahren festzulegen. Die Verbindungs- busse ist zu bezahlen (Art. 105 Abs. 1 StGB). Im Falle des schuldhaften Nichtbe- zahlens der Busse tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe (Art. 106 Abs. 2 f. StGB) von 30 Tagen (BGE 134 IV 60 E. 7.3.3).

  2. Landesverweisung

  1. Obligatorische Landesverweisung

    1. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Anordnung einer obligatorischen Lan- desverweisung von 7 Jahren sowie die Ausschreibung derselben im Schengener Informationssystem (Urk. 72 S. 2). Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der aus dem Kosovo stammende Beschuldigte habe mit der Erfüllung des Betrugs- tatbestands eine in Art. 66a Abs. 1 StGB aufgeführte Straftat begangen. So würden

sowohl Art. 146 StGB als auch Art. 148a StGB (Unrechtmässiger Bezug von Leis- tungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe) das Vermögen schützen und werde durch Art. 148a StGB explizit das staatliche Vermögen geschützt. Der Tat- bestand von Art. 148a StGB gleiche hinsichtlich des Vorgehens der missbräuchli- chen Erlangung eines Corona-Kredites. Der Bund sei ausschliesslich zu den in der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung klar festgelegten sozialen Zwecken zur Gewährung der Kredite bereit gewesen, weshalb die erbrachten Leistungen als ma- terielle Grundsicherung und Förderung der wirtschaftlichen Selbständigkeit auszu- legen und somit mit Leistungen der Sozialhilfe vergleichbar seien. Entsprechend sei bei der missbräuchlichen Erlangung eines Corona-Kredits die Leistung der Ban- ken und schliesslich der Bürgschaftsorganisationen unter den Begriff der Sozial- hilfe zu subsumieren, weswegen die Verurteilung des Beschuldigten wegen Be- trugs unter Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB falle (vgl. Urk. 72 S. 14 ff.).

    1. Das Gericht verweist den Ausländer, der wegen Betrugs (Art. 146 Abs. 1 StGB) im Bereich der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe, unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 1 StGB) verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz (Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB).

    2. Die Sozialhilfegesetzgebung definiert den Begriff der Sozialhilfe nicht, legt aber deren Aufgaben fest (WALDBURGER, Bundesrahmengesetz für die Sozialhilfe, Zürich/Basel/Genf 2017, S. 3). So hat etwa gemäss § 14 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich (SHG/ZH) Anspruch auf Sozialhilfe, wer für seinen Lebensun- terhalt und denjenigen seiner Familienangehörigen nicht hinreichend aus eigenen Mitteln aufkommen kann. Unter dem Begriff der Sozialhilfe ist ein zu den Sozialver- sicherungen subsidiäres Sicherungssystem zu verstehen, welches vorwiegend Lü- cken in der sozialen Sicherung schliessen soll. Sie wird dann gewährt, wenn sich Personen in schwierigen Lebenslagen befinden, welche auf sozialen, materiellen oder psychischen Notsituationen beruhen können. Mit der Sozialhilfe wird eine – gemessen an den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen – würdevolle und menschengerechte Lebensweise ermöglicht (KÄSER, Sozialleistungsbetrug, Sozia- lversicherungsbetrug, Sozialversicherungsmissbrauch, Diss., Zürich/Basel/Genf

2012 S. 13). Anspruch auf Sozialhilfe haben ausschliesslich natürliche, nicht jedoch juristische Personen oder Personengesellschaften (vgl. etwa Art. 111 KV/ZH, wo- nach Kanton und Gemeinden dafür sorgen, dass Menschen in einer Notlage Sozi- alhilfe erhalten).

    1. Gemäss den Erläuterungen des Eidgenössischen Finanzdepartements vom

      14. April 2020 zur Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung bezweckte diese zu ver- hindern, dass an sich gesunde Unternehmen und Selbständigerwerbende infolge Corona-bedingter Liquiditätsengpässe in den Konkurs getrieben werden. Insbeson- dere sollte Selbständigerwerbenden sowie kleineren und mittleren Unternehmen rasch und unbürokratisch Zugang zu Bankkrediten und somit zu Liquidität ermög- licht werden, damit sie trotz Einnahmeausfällen ihre fixen Kosten während den kommenden Monaten tragen konnten (S. 2 der Erläuterungen des Eidgenössi- schen Finanzdepartements).

    2. Entgegen der Vorbringen der Staatsanwaltschaft können die auf Grundlage der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung gewährten Kredite nicht unter den Be- griff der Sozialhilfe subsumiert werden. So kann der Zweck der Sozialhilfe, auch Menschen in einer Notlage eine würdevolle und menschengerechte Lebensweise zu ermöglichen, nicht mit der Verhinderung massenweiser Konkurse zufolge einer volkswirtschaftlichen Ausnahmesituation gleichgesetzt werden. Dass die Covid-19- Solidarbürgschaftsverordnung auf Basis einer anderen gesetzgeberischen Inten- tion erlassen wurde als das Institut der Sozialhilfe, verdeutlicht ausserdem der Um- stand, dass bei ersterer der Kreis der Anspruchsberechtigten aus – jeweils kon- kursgefährdeten – Einzelunternehmen, Personengesellschaften und juristischen Personen bestand (Art. 3 Abs. 1 Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung), wäh- rend von einer sozialen, materiellen oder psychischen Notsituation bedrohte und somit ausschliesslich natürliche Personen Anspruch auf Sozialhilfe haben können. Schliesslich erachtet auch der Verordnungsgeber (bzw. das Eidgenössischen Fi- nanzdepartement) das in Art. 23 der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung nor- mierte Delikt sowohl von der Begehungsart als vom geschützten Rechtsgut her als am besten mit der Steuerhinterziehung und nicht etwa mit den Sozialhilfedelikten vergleichbar (S. 18 der Erläuterungen des Eidgenössische Finanzdepartements).

    3. Die Verurteilung des Beschuldigten wegen Betrugs fällt nach dem Gesagten nicht in den von Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB erfassten Bereich der Sozialhilfedelin- quenz. Es liegt daher keine Katalogtat, welche eine obligatorische Landesverwei- sung nach sich ziehen würde, vor, weshalb von einer solchen abzusehen ist.

  1. Nicht obligatorische Landesverweisung

    1. Die Staatsanwaltschaft macht für den Fall, dass keine zu einer obligatorischen Landesverweisung führende Straftat vorliegt, geltend, dass der Beschuldigte in An- wendung von Art. 66abis StGB des Landes zu verweisen sei, da die diesbezüglichen Voraussetzungen unter Berücksichtigung des als gravierend zu bezeichnenden Fehlverhaltens des Beschuldigten zulasten von Geldern der öffentlichen Hand hin- länglich erfüllt seien (Urk. 72 S. 17).

    2. Das Gericht kann einen Ausländer gemäss Art. 66abis StGB für 3-15 Jahre des Landes verweisen, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das nicht von Art. 66a StGB erfasst wird, zu einer Strafe verurteilt wird. Eine sog. fakul- tative Landesverweisung ist nur anzuordnen, wenn sie verhältnismässig und insbe- sondere notwendig erscheint, was nur dann der Fall ist, wenn das öffentliche Inter- esse an einer Landesverweisung aus Gründen der Sicherstellung der durch die verurteilte Person gefährdeten öffentlichen Ordnung die privaten Interessen des Betroffenen am Verbleib in der Schweiz überwiegen. Dies ist bei in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Personen nur ausnahmsweise anzunehmen, führen doch die Delikte, die üblicherweise mit hohen Freiheitsstrafen bestraft werden und dem- entsprechend ein grosses öffentliches Interesse an der Landesverweisung des die öffentliche Ordnung gefährdenden Täters besteht, praktisch ausnahmslos zu einer obligatorischen Landesverweisung. Ein Anlassdelikt mit leichtem Verschulden ge- nügt aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips nur dann zur Anordnung einer fa- kultativen Landesverweisung, wenn es sich um einen notorischen Wiederholungs- täter ohne Aufenthaltsberechtigung handelt und die Summe der von ihm begange- nen Straftaten von der Schwere her eine Landesverweisung rechtfertigt (vgl. BSK StGB-ZURBRÜGG/HRUSCHKA, Art. 66abis N 6; VETTERLI, in: Graf [Hrsg.], StGB Annotierter Kommentar, Bern 2020, Art. 66abis N 4).

    3. Die Voraussetzungen zur Anordnung einer nicht obligatorischen Landesver- weisung gemäss Art. 66abis StGB sind vorliegend nicht erfüllt. So kann aufgrund der durch den Beschuldigten begangen Straftaten, deren Verschulden jeweils leicht wiegt, weder eine von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung er- kannt werden, noch handelt es sich bei ihm um einen notorischen Wiederholungs- täter ohne Aufenthaltsberechtigung. Eine Landesverweisung erwiese sich somit in hohem Masse unverhältnismässig, weshalb auch von der Anordnung einer nicht obligatorischen Landesverweisung abzusehen ist.

VII. Kosten- und Entschädigungsfolgen

Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 3'600.– zu veranschla- gen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 GebV OG und § 14 Abs. 1 lit. a GebV OG). Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen auferlegt (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt oder unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (Ur- teil Bundesgericht 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015 E. 2.4.1 m.w.H.). Vorlie- gend obsiegt die Staatsanwaltschaft hinsichtlich Schuld- und Strafpunkt weitge- hend, unterliegt jedoch mit ihrem Antrag auf Anordnung einer Landesverweisung. Der Beschuldigte unterliegt mit seinen Berufungsanträgen auf Freispruch, obsiegt indes mit seinem (Eventual-)Antrag, von einer Landesverweisung abzusehen. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich, dem Beschuldigten die Kosten des Beru- fungsverfahrens zu vier Fünfteln aufzuerlegen und zu einem Fünftel auf die Ge- richtskasse zu nehmen. Gemäss Art. 436 Abs. 1 StPO richten sich Ansprüche auf Entschädigung und Genugtuung im Rechtsmittelverfahren nach den Artikeln 429– 434 StPO. Erfolgt weder ein vollständiger Freispruch noch eine Einstellung des Ver- fahrens, obsiegt die beschuldigte Person aber in andern Punkten, so hat sie An- spruch auf eine angemessene Entschädigung für ihre Aufwendungen (Art. 436 Abs. 2 StPO). Hierunter fallen insbesondere die Kosten für die Verteidigung. Entspre- chend ist dem Beschuldigten für das Berufungsverfahren eine reduzierte Prozes- sentschädigung von Fr. 1'000.– für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon, Einzelge- richt in Strafsachen, vom 15. Juni 2022 bezüglich der Dispositivziffern 2-6 (Regelung Zivilanspruch, Kostenregelung und Entschädigungen) in Rechts- kraft erwachsen ist.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB sowie

    • der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten sowie mit einer Busse von Fr. 3'000.–.

  3. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.

    Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen.

  4. Von der Anordnung einer Landesverweisung im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. f StGB bzw. Art. 66abis StGB wird abgesehen.

  5. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'600.–.

  6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu vier Fünfteln dem Beschul- digten auferlegt und zu einem Fünftel auf die Gerichtskasse genommen.

  7. Dem Beschuldigten wird für das Berufungsverfahren eine reduzierte Prozes- sentschädigung von Fr. 1'000.– für anwaltliche Verteidigung aus der Ge- richtskasse zugesprochen.

  8. Schriftliche Eröffnung und Mitteilung im Dispositiv an

    • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (vorab per Inca-Mail)

    • die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis (vorab per Inca-Mail)

    • die Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin

      (Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis

    • die Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin (sofern verlangt)

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälli- ger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich.

  9. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsa- chen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesge- richtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsge- setzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 13. Dezember 2023

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Wenker

Der Gerichtsschreiber:

MLaw Ghafier

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