Zusammenfassung des Urteils SB220524: Obergericht des Kantons Zürich
Der Text handelt von einem Gerichtsurteil in der Strafsache gegen A., der des Fahrens unter Drogeneinfluss schuldig gesprochen wurde. Es wird betont, dass bei der Kontrolle der Fahrfähigkeit das `3-Säulen-Prinzip` zu beachten ist, welches die polizeilichen Feststellungen, ärztliche Befunde und die Beurteilung des Sachverständigen berücksichtigt. Der Richter muss bei Abweichungen von den Gutachten diese begründen und darf nicht ohne triftige Gründe seine eigene Meinung über die des Experten stellen. A. wurde zu 256 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, davon 16 Stunden anstelle einer Geldstrafe von CHF 400.00. Das Gericht stellte fest, dass A. zum Zeitpunkt der polizeilichen Anhaltung in seiner Fahrfähigkeit beeinträchtigt war.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220524 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 14.02.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Versuchter Diebstahl etc. |
Schlagwörter : | Berufung; Berufungskläger; Dossier; Massnahme; Urteil; Staat; Schuld; Sinne; Verteidigung; Staatsanwaltschaft; Berufungsklägers; Gutachterin; Therapie; Gutachten; Beschuldigte; Behandlung; Verfügung; Störung; Recht; Taten; Schuldfähigkeit; Antrag; Antragsgegner; Gewalt; Hausfriedensbruch; Vorinstanz; Gericht |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 144 StGB ;Art. 184 StPO ;Art. 186 StGB ;Art. 19 StGB ;Art. 194 StGB ;Art. 20 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 292 StGB ;Art. 36 BV ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 419 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 56 StGB ;Art. 59 StGB ;Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 127 IV 154; 139 I 180; 140 IV 1; 141 IV 305; 141 IV 369; 142 IV 105; 142 IV 49; 144 IV 176; 146 IV 114; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220524-O/U/cs-as
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Bertschi und Ersatzoberrichterin Dr. iur. Schoder sowie Gerichtsschreiber MLaw Pandya
Urteil vom 14. Februar 2023
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
vertreten durch Beistand B. ,
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. ,
gegen
betreffend versuchter Diebstahl etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 17. Februar 2022 (Urk. 1/D1/17/9) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 68 S. 42-46)
Es wird festgestellt, dass der Antragsgegner A.
die Tatbestände
der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB (Dossier 6),
des versuchten Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB in Verbin- dung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 7)
des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB (Dossier 3 und 10),
des Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB (Dossier 2),
der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB (Dossier 11),
des Falschen Alarms im Sinne von Art. 128 bis StGB (Dossier 4),
des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB (Dossier 4) sowie
des Bettelns im Sinne von § 9 StJVG (Dossier 4)
im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB erfüllt hat.
Vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs (Dossier 9) wird der Antragsgegner freigesprochen.
Es wird eine stationäre Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB (Behandlung einer psychischen Störung: paranoide Schizophrenie, Verdacht auf Abhängigkeit von multiplen Substanzen) angeordnet.
Es wird Vormerk genommen, dass sich der Antragsgegner seit
23. September 2021 (272 Tage) in Haft befindet.
Von der Anordnung einer fakultativen Landesverweisung im Sinne von Art. 66a bis StGB wird abgesehen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. Februar 2022 beschlagnahmte Barschaft in der Höhe von Fr. 32.95 wird definitiv eingezogen und verfällt dem Staat.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 8. Juli 2020 beschlagnahmte und sich in den Akten befindliche CD mit Videoaufzeich- nungen der SBB (D1 act. 7/2) wird als Beweismittel bei den Akten belassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 18. November 2021 beschlagnahmte Glasflasche Passoa (Asservat-Nr. A015'216'929) wird eingezogen und der Lagerbehörde nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zur Vernichtung überlassen.
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 18. November 2021 beschlagnahmte rote Pullover (Asservat-Nr. A015'217'251) sowie die schwarzen Handschuhe (Asservat-Nr. A015'217'262) werden dem Antragsgegner nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben und andernfalls nach Ablauf einer Frist von 30 Tagen der Lagerbehörde zur gutscheinenden Verwendung überlassen.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Privatkläger 2 (C. ) Fr. 300.00 als Genugtuung zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 4'200.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 4'000.00 Gebühr für das Vorverfahren Fr. 15'226.40 Kosten Gutachten
Fr. 598.05 amtliche Verteidigung (RAin MLaw X2. , inkl. Barauslagen und Mwst; bereits entschädigt)
Fr. 21'700.00 Akonto amtliche Verteidigung (RA lic. iur. X1. , inkl.
Barauslagen und Mwst; bereits entschädigt)
Fr. 17'226.25 Restzahlung amtliche Verteidigung (RA lic. iur.
X1. , inkl. Barauslagen und Mwst) Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden auf die Gerichtskasse genommen.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 71 S. 2 und Urk. 82 S. 2)
Es sei der Beschuldigte und Berufungskläger A. wegen versuchten Diebstahls, Exhibitionismus, Sachbeschädigung, Bettelns und falschem Alarm schuldig zu sprechen und mit Geldstrafe zu bestrafen.
Die Geldstrafe sei mit 60 Tagessätzen zu bemessen. Aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten sei der Tagessatz bei max. Fr. 15.– festzulegen.
Es sei der Berufungskläger von den Vorwürfen betreffend Hausfrie- densbruch am 25.1. und 6.8.2021, Ungehorsam gegen amtliche Verfü-
gungen am 3.3.2021 und Gewalt & Drohung gegen Behörden & Beamte am 14.4.2021 von Schuld und Strafe freizusprechen.
Die Anordnung der stationären Massnahme gemäss Ziffer 3 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 22. Juni 2022 sei aufzuheben.
Es sei dem Berufungskläger eine angemessene Genugtuung für die erlittene Unbill zuzusprechen.
b) Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat: (Urk. 74)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Erwägungen:
( Verfahrensgang)
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führte gegen A.
eine Strafuntersuchung. Am 17. Februar 2022 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Hausfriedensbruch (Dossier 1, 5, und 8) ein und nahm die Untersuchung wegen Tätlichkeiten (Dossier 7 und 8) und wegen versuchten Diebstahls (Dossier 11) nicht an Hand (vgl. Urk. 1/D1/17/1, 3, 4, und 6).
Gleichentags erhob die Staatsanwaltschaft gegen A. beim Bezirksgericht Zürich Anklage wegen Exhibitionismus (Dossier 2), Hausfriedensbruch (Dossier 3, 9 und 10), Betteln (Dossier 4), Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Dossier 4), falschem Alarm (Dossier 4), Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Dossier 6), versuchtem Diebstahl (Dossier 7) und Sachbeschädigung (Dossier 11). Die Staatsanwaltschaft beantragte ei- nen Schuldspruch und eine Bestrafung mit einer zu vollziehenden Freiheitsstrafe von 180 Tagen unter Anrechnung der erstandenen Haft betreffend Dossier 3, 7 und 9 sowie die Feststellung, dass der Beschuldigte die Straftaten gemäss den weiteren Dossiers in nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit erfüllt habe. Des Weiteren beantragte die Staatsanwaltschaft eine Landesverweisung von 5 Jahren und die Anordnung einer stationären Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB unter Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe zugunsten der Massnahme (Urk. 1/D1/17/9 S. 11).
Mit Urteil vom 22. Juni 2022 sprach das Bezirksgericht Zürich A. vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs (Dossier 9) frei und stellte fest, dass der Beschuldigte die weiteren, ihm zur Last gelegten Straftaten im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt habe. Sodann sah das Gericht von der Anordnung einer fakultativen Landesverweisung ab und ordnete eine stationäre Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB zur Behandlung einer psychischen Störung (paranoide Schizophrenie, Verdacht auf Abhängigkeit von multiplen Substanzen) an (Urk. 68 S. 42-43).
Gegen das mündlich eröffnete Urteil liess A. (fortan Berufungskläger) rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 54) und nach Eingang des begründeten Urteils rechtzeitig Berufung mit den eingangs aufgeführten Anträgen erklären (Urk. 71).
Die Staatsanwaltschaft beantragte die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils (Urk. 74).
Die Privatkläger liessen sich nicht vernehmen.
Der Berufungskläger befindet sich seit dem 25. Juli 2022 in der Psychiatrischen Universitätsklinik Rheinau im vorzeitigen Massnahmenvollzug (vgl. Urk. 61 S. 2).
Die Berufungsverhandlung fand in Anwesenheit des Berufungsklägers und seines amtlichen Verteidigers statt (Prot. II S. 3 ff.). Die Staatsanwaltschaft war von der Teilnahme an der Berufungsverhandlung auf ihr Gesuch hin dispensiert worden (vgl. Urk. 74).
( Berufungsumfang und Kognition)
1. Der Berufungskläger liess folgende Dispositiv-Ziffern anfechten:
Dispositiv-Ziffer 1 (Feststellung der Tatbegehung in nicht selbstverschuldeter Schuldungfähigkeit); Dispositiv-Ziffer 3 (Anordnung einer stationären Mass- nahme); Dispositiv-Ziffer 9 (Verpflichtung zur Leistung einer Genugtuung an den Privatkläger 2). Demnach ist das angefochtene Urteil betreffend folgen- de Dispositiv-Ziffern in Rechtskraft erwachsen: 2 (Teilfreispruch), 4 (Verzicht auf Landesverweisung), 5-8 (Einziehungen und Herausgaben), 10 und 11 (Kostendispositiv).
Es ist vorab mit Beschluss festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist (Art. 399 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 437 StPO).
Die Berufungsinstanz überprüft das erstinstanzliche Urteil in den angefochtenen Punkten umfassend (Art. 404 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO). Da weder die Staatsanwaltschaft noch die Privatkläger Berufung Anschlussberufung erhoben, darf das angefochtene Urteil nicht zu Ungunsten des Berufungsklägers abgeändert werden (Art. 391 Abs. 2 StPO).
(Sachverhaltserstellung / Tatbestandsmässigkeit)
Der Berufungskläger anerkannte, die Straftatbestände des Exhibitionismus (Dossier 2), des falschen Alarms (Dossier 4), des Bettelns (Dossier 4), des versuchten Diebstahls (Dossier 7) und der Sachbeschädigung (Dossier 11) erfüllt zu haben, und beantragte eine angemessene Bestrafung. Weiterungen zur Sachverhaltserstellung und zur Tatbestandsmässigkeit erübrigen sich.
Dagegen erachtete der Berufungskläger die Tatbestände des Hausfriedensbruchs (Dossier 3 und 10), des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Dossier 4) und der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Dossier 6) als nicht erfüllt. Darauf ist nachfolgend einzugehen.
2.
Hausfriedensbruch, Art. 186 StGB (Dossier 3 und Dossier 10)
Dossier 3: Der Berufungskläger soll am 25. Januar 2021 um circa 15:10 Uhr das Areal der D. an der E. -strasse … in F. betreten haben, obschon ihm durch die D. am 20. Januar 2021 ein Hausverbot für die Dauer von 7 Tagen auferlegt und ausgehändigt worden sei. Der Berufungskläger habe vom Hausverbot gewusst.
Dossier 10: Am 6. August 2021, circa 10:50 Uhr, soll der Berufungskläger das Areal der D. betreten haben, obschon ihm durch die D. am
26. Juli 2021 ein Hausverbot bis zum 24. August 2021 auferlegt und direkt
ausgehändigt worden sei. Der Berufungskläger habe vom Hausverbot gewusst und dessen Verletzung zumindest in Kauf genommen.
Die Vorinstanz erachtete den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs als erfüllt. Die Wegweisung sei rechtens gewesen, da der Berufungskläger nicht
zum Personenkreis gehöre, für den die D.
gedacht sei. Bereits vor
dem Vorfall vom 25. Januar 2021 sei er diverse Male weggeschickt worden. Ausserdem habe er sich nicht bestimmungsgemäss auf dem Areal aufgehalten, sondern er habe dort uriniert. Anlässlich der Hauptverhandlung habe er eingeräumt, sich an die Vorfälle zu erinnern und um die mündlich erklärten und schriftlich ausgehändigten bzw. postalisch zugestellten Hausverbote gekannt. Er habe somit von den Haus- und Arealverboten gewusst (Urk. 68 S. 17-20).
Die Verteidigung machte im Wesentlichen geltend, bei der D. handle es sich um eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch. Wie jede andere Person mit sozialer Beeinträchtigung, psychischen Suchtproblemen sei der Berufungskläger berechtigt gewesen, das Areal zu betreten und sich dort aufzuhalten. Zudem treffe nicht zu, dass der Berufungskläger vom Haus- und Arealverbot Kenntnis gehabt habe (Urk. 47 S. 4-8).
Gemäss Homepage der Stadt F.
bietet die D.
Menschen mit
Wohnsitz in Stadt und Bezirk F.
einen niederschwelligen Zugang zu
Beratung, Verpflegungs- und Beschäftigungsangeboten. Die D. dient nicht der Allgemeinheit, sondern richtet sich an einen beschränkten Benutzerkreis. Entgegen dem Vorbringen der Verteidigung handelt es sich dem- nach nicht um eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch, sondern um Verwaltungsvermögen, welches nur einem beschränkten Kreis von privaten Benutzern offensteht (vgl. zur Unterscheidung ULRICH HÄFELIN/ GEORG MÜL- LER/FELIX UHLMANN, 8. Aufl. 2020, N. 2199 ff., mit Hinweisen).
Trägerin der D. ist die Stadt F. . Sie verfügt über das Hausrecht, das sie durch das öffentliche Personal ausübt. Das Hausrecht steht unter
dem Schutz von Art. 186 StGB (ANDREAS DONATSCH, Strafrecht III - Delikte gegen den Einzelnen, 11. Aufl. 2018, S. 501 f., mit Hinweisen).
Wie die Vorinstanz festhielt, wurde der Berufungskläger weggewiesen, weil er weder in der Stadt noch im Bezirk F. wohnhaft ist und somit nicht
zum Benutzerkreis der D.
gehört (vgl. insb. STA-EV des Zeugen
G. vom 6.1.22, Frage/Antwort 19). Darin liegt keine Willkür. Gemäss dem Polizeirapport vom 28. Januar 2021 nutzte der Berufungskläger das Areal nicht bestimmungsgemäss (vgl. Urk. 1/D3/1 S. 2), was den Erlass des Hausverbots ebenfalls rechtfertigte. Entgegen den Vorbringen der Verteidigung wusste der Berufungskläger von den Haus- und Arealverboten, was sich aus der Befragung in der Hauptverhandlung ergibt. Indem der Berufungskläger gegen die Hausverbote verstiess, erfüllte er den Tatbestand des Hausfriedensbruchs. Das angefochtene Urteil ist in diesem Punkt zu bestätigen.
3.
Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, Art. 292 StGB (Dossier 4)
Dem Berufungskläger wurde vorgeworfen, sich am 3. März 2021 zwischen circa 13.15 Uhr bis 14.15 Uhr auf dem Areal des Bahnhofs F. aufgehalten zu haben, obschon ihm mit Wegweisungs- und Fernhalteverfügung vom 17. Februar 2021 untersagt worden sei, die Stadt F. im Bereich der Altstadt und des Bahnhofs zwischen dem 17. Februar 2021, 13.40 Uhr, und dem 3. März 2021, 14.00 Uhr, zu betreten. Der Berufungskläger habe von diesem Verbot Kenntnis gehabt, da ihm die Verfügung persönlich ausgehändigt worden sei.
Die Vorinstanz erachtete den Tatbestand des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen als erfüllt. Das Argument des Verteidigers, der Berufungskläger habe sich höchstens eine Viertelstunde vor Ablauf des zeitlich befriste-
ten Aufenthaltsverbots wieder am Bahnhof F.
aufgehalten (Urk. 47
S. 13-14), ändert nichts an der Tatsache, dass der Berufungskläger gegen
die Fernhalteverfügung verstiess. Auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz ist zu verweisen und das Urteil auch in diesem Punkt zu bestätigen.
4.
Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Art. 285 Ziff. 1 StGB (Dossier 6)
Der Berufungskläger soll am 14. April 2021 bei der Überführung von der Polizeiwache am Bahnhofquai Zürich in die Klinik Schlössli in Oetwil am See in einem Sanitätsfahrzeug den Polizeibeamten C. , als dieser ihn am Kopf fixierte, direkt ins Gesicht gespuckt und am Auge getroffen haben.
Die Vorinstanz erachtete den Sachverhalt als erstellt. Sie stützte sich in erster Linie auf die Aussagen des Polizeibeamten, welche sie zu Recht als glaubhaft einstufte (Urk. 68 S. 12). Der Berufungskläger spuckte bereits auf der Wache, weshalb ihm eine Spuckhaube aufgesetzt wurde. Laut Aussagen des geschädigten Polizisten bot die Schutzhaube aber keinen absoluten Schutz, andernfalls er nicht getroffen worden wäre (vgl. Urk. 1/D6/4, PO-EV vom 14.4.21 Frage/Antwort 11; Urk. 1/D6/5, STA-EV vom 30.9.21 Frage/Antwort 7-9). Der Einwand des Verteidigers, dass das Spucknetz keinen Speichel durchlasse, weshalb die körperliche Empfindung des Polizisten an seinem Auge eine andere Ursache gehabt habe (Urk. 47 S. 16), ist nicht plausibel.
Der Berufungskläger stellte den Vorfall nicht in Abrede, sondern konnte wollte sich nicht daran erinnern. Er räumte aber ein, dass er sich der Unrechtmässigkeit des Anspuckens bewusst sei. Das Anspucken des Polizisten und das Unrechtsbewusstsein des Berufungsklägers sind somit erstellt.
Tätlichkeiten gegen Polizeibeamte, namentlich das Anspucken eines Polizisten bei der Ausführung einer Amtshandlung, fallen unter den Tatbestand von Art. 285 Ziff. 1 StGB (Urteil des Bundesgerichts 6B_52/2020 vom 20.5.20
E. 1.3.3). Indem der Berufungskläger den Polizeibeamten C. während der Überfahrt in die Klinik anspuckte, erfüllte er diesen Tatbestand.
Entgegen den Ausführungen der Verteidigung (Urk. 47 S. 16-17) war das Vorgehen des Polizisten angemessen. Er fixierte den Berufungskläger am Kopf, weil sich dieser auf der Fahrt im Sanitätsfahrzeug renitent verhielt und sich zu befreien suchte. Entgegen den Ausführungen des Verteidigers hätte der Berufungskläger dem Sanitäter dem Polizisten ohne weiteres mitteilen können, wenn er durch die Fixation Schmerzen Atemnot erlitten hätte. Das Anspucken des Polizisten lässt sich jedenfalls nicht rechtfertigen. Das angefochtene Urteil ist in diesem Punkt ebenfalls zu bestätigen.
( Schuldfähigkeit) 1.
Die Vorinstanz erachtete den Berufungskläger als schuldunfähig (Urk. 68
S. 22-25). Sie stützte sich dabei im Wesentlichen auf ein vom 2. Dezember 2021 datierendes Gutachten von Dr. med. H. , Zürich. Die Psychiaterin kam zum Befund, dass der Berufungskläger an einer chronisch-paranoiden Schizophrenie (ICD-10: F20.0) mit Residualsymptomatik und Verdacht auf Abhängigkeit von multiplen Substanzen (ICD-10: F19.2) leidet (Urk. 1/D1/6/34 S. 49).
Die amtliche Verteidigung vertrat dagegen im Hinblick auf die Anfechtung der angeordneten stationären Massnahme - den Standpunkt, der Berufungskläger sei schuldfähig und folglich für einen Teil der ihm vorgeworfenen Straftaten zu bestrafen (Urk. 71 S. 3).
2.
Gemäss Art. 19 Abs. 1 StGB ist der Täter nicht strafbar, wenn er zur Zeit der Tat nicht fähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen gemäss dieser Einsicht zu handeln. Schuldfähigkeit setzt mithin Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Täters voraus. Einsichtsfähigkeit ist die Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen. Unter Steuerungsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, gemäss der Einsicht in das Unrecht zu handeln. Die im Gesetz aus-
drücklich erwähnte Steuerungsfähigkeit ermöglicht es, Fällen gerecht zu werden, in denen der Täter seine Handlungsimpulse nicht hemmen kann (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl. 2011, § 11 N. 8 und 23). Bei teilweise vorhandener Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Täters zur Zeit der Straftat mildert das Gericht die Strafe (Art. 19 Abs. 2 StGB).
Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit eines Beschuldigten zu zweifeln, so hat die Untersuchungsbehörde das Gericht eine sachverständige Begutachtung anzuordnen (Art. 20 StGB).
Das Gericht würdigt ein psychiatrisches Gutachten grundsätzlich frei (Art. 10 Abs. 2 StPO). In Fachfragen darf es davon aber nicht ohne triftige Gründe abweichen. Abweichungen müssen begründet werden. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf gebotene zusätzliche Beweiserhebungen (vgl. Art. 189 lit. a StPO) gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung verstossen (BGE 146 IV 114 E. 2.1; BGE 142 IV 49 E. 2.1.3; BGE 141 IV 369 E. 6.1).
Ein Privatgutachten hat nicht den gleichen Stellenwert wie ein Gutachten, das von der Untersuchungsbehörde vom Gericht eingeholt wurde. Es bildet bloss Bestandteil der Parteivorbringen. Die Qualität eines Beweismittels kommt ihm nicht zu. Ein Parteigutachten kann jedoch geeignet sein, die Erstellung eines (zusätzlichen) Gutachtens zu rechtfertigen (vgl. Art. 189 lit. b StPO) darzulegen, dass das gerichtliche amtliche Gutachten mangelhaft nicht schlüssig ist (BGE 141 IV 305 E. 6.6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_1363/2019 vom 19.11.20 E. 1.2.5).
3.
Dr. med. H. stellte im Gutachten zunächst ausführlich dar, welche Akten (Berichte der Polizei, ärztliche Berichte und frühere Gutachten, Berichte zum Massnahmenverlauf) ihr zur Erstellung der Expertise zur Verfügung standen (vgl. Art. 184 Abs. 4 StPO) und auf welchen Tatsachen (Lebenslauf des Berufungsklägers, familiäres und soziales Umfeld etc.) das Gutachten
aufbaute (S. 3-41). Weiter führte die Gutachterin aus, welche Methoden bei der Begutachtung zur Anwendung gelangten (S. 42-49). Sodann wies sie darauf hin, dass es sich um ein aktenbasiertes Gutachten handle, weil der Berufungskläger die Mitwirkung an der Begutachtung verweigert habe. Die Staatsanwaltschaft sei darüber orientiert und mit der Erstellung eines Aktengutachtens einverstanden gewesen (S. 58).
Sodann äusserte sich die Gutachterin in nachvollziehbarer Art sowohl zur Schuldfähigkeit als auch zur Legalprognose, den Erfolgsaussichten einer Behandlung und zum weiteren Vorgehen aus psychiatrisch-therapeutischer Sicht (S. 58-69). Sämtliche von der Staatsanwaltschaft gestellten Fragen sind beantwortet (S. 70-74). Aus formaler Sicht (Vollständigkeit, Verständlichkeit; vgl. Art. 56 Abs. 3 StGB) gibt es keinen Grund zur Beanstandung.
Bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit kam die Gutachterin zum Schluss, dass der Berufungskläger an einer sehr schweren Ausprägung einer chro- nisch verlaufenden paranoiden Schizophrenie leide und zudem der Verdacht einer Abhängigkeit von multiplen Substanzen bestehe. Die Diagnose der Schizophrenie sei ungewöhnlich früh gestellt worden, als der Berufungskläger 12-jährig gewesen sei. Die Diagnose der Schizophrenie sei im weiteren Verlauf von mehreren Gutachtern bestätigt worden (S. 58).
Der Berufungskläger habe zu den Deliktszeitpunkten und seit vielen Jahren unter einer für Schizophrenie typischen Residualsymptomatik gelitten, die massive Auswirkungen auf sein Leben mitsichgebracht habe (mangelnde Selbstfürsorge, keine Arbeit und keine Tagesstruktur, gestörte zwischenmenschliche Beziehungen bzw. soziale Isolation, reduzierte soziale Kompetenzen, verminderte Anpassungsfähigkeit, Obdachlosigkeit). Die Negativsymptome hätten zu einer Verminderung der kognitiven, affektiven und voluntativen Fähigkeiten des Berufungsklägers geführt. Es sei zu einer Störung der Impulskontrolle, zu einer Störung der Selbstregulation, zu einer mangelnden Orientierung an geltenden Normen und Gesetzen und zu einem fehlenden Unrechtsbewusstsein (Kritik- und Urteilsschwäche) gekommen.
Bereits diese Symptomatik führe zu einer forensisch relevanten Einschränkung der Schuldfähigkeit (S. 59).
Im Weiteren äusserte sich die Gutachterin zur Schuldfähigkeit im Zeitpunkt der einzelnen Straftaten. Bei der Begehung der Delikte gemäss Dossier 2 (Exhibitionismus), Dossier 4 (Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, falscher Alarm und Betteln) sowie Dossier 6 (Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte) erachtete die Gutachterin den Berufungskläger als gänzlich schuldunfähig. Die Vorwürfe gemäss Dossier 10 (Hausfriedensbruch) und Dossier 11 (Sachbeschädigung) lagen im Zeitpunkt der Begutachtung noch nicht vor. Aus diesem Grund nahm die Gutachterin dazu nicht Stellung. Betreffend Dossier 3 und 9 (mehrfacher Hausfriedensbruch) und Dossier 7 (versuchter Diebstahl) erachtete die Gutachterin die Einsichtsfähigkeit des Berufungskläger als gegeben, die Steuerungsfähigkeit jedoch mittelgradig vermindert (S. 60 ff.).
Dr. med. I. , der das sehr kurz abgefasste Privatgutachten verfasste, bestätigte die Diagnose einer Störung aus dem schizophrenen Formenkreis, wobei er eher von einer hebephrenen als einer paranoiden Schizophrenie ausging. Gemäss seinen Erläuterungen handle es sich aber jedenfalls um eine schwere, den Geisteskrankheiten zuzurechnende psychische Störung (Urk. 42 S. 2). Im Zusammenhang mit der Frage der Schuldfähigkeit nahm der Privatgutachter nur betreffend falschen Alarm (Dossier 4) und Anspucken eines Polizisten (Dossier 6) Stellung. Bei diesen beiden Taten erachtete er die Einsichtsfähigkeit des Berufungsklägers als gegeben und dessen Steuerungsfähigkeit als leicht vermindert. Zur Schuldfähigkeit des Berufungsklägers bei der Begehung der weiteren Straftaten schwieg sich der Privatgutachter aus (Urk. 42 S. 2).
Das Gutachten von Dr. med. H. ist inhaltlich schlüssig. Es stimmt auch im Wesentlichen mit den zahlreichen ärztlichen Berichten über den Gesundheitszustand des Berufungsklägers überein. Die Verteidigung brachte keine relevanten Einwände gegen die Diagnose und die Einschätzungen zur Schuldfähigkeit des Berufungsklägers vor. Auch das kurze Privatgutachten
liefert keine relevanten Anhaltspunkte, wonach die Einschätzung der Gutachterin unzutreffend sein könnte.
Es besteht grundsätzlich kein Anlass, an der fachlichen Richtigkeit des Gutachtens von Dr. H. zu zweifeln. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog (Urk. 68 S. 24), leuchtet allerdings nicht ein, weshalb der Berufungskläger bei den Straftaten gemäss Dossier 3, 7 und 9 über eine zwar verminderte, aber noch vorhandene Schuldfähigkeit verfügt haben soll, während die Schuldfähigkeit bei den in demselben Zeitraum begangenen Straftaten gemäss Dossier 2, 4 und 6 vollends aufgehoben gewesen sei. Die Vorinstanz hob zu Recht hervor, dass der Berufungskläger seit seinem 12. Lebensjahr schwer krank ist und der Konsum von Drogen die Auswirkungen der Krankheit noch verschlimmert. Die Diagnose der chronisch-paranoiden Schizophrenie mit Verdacht auf Abhängigkeit von multiplen Substanzen ist zweifelsfrei bestätigt. Laut Gutachten ist der Krankheitsverlauf äusserst schwer. Die Gutachterin sprach gar von einer der schwerstmöglichen Formen einer Geisteskrankheit (S. 64).
Hinzukommt, dass die Gutachterin ausführte, der Berufungskläger habe die persönliche Teilnahme an der Begutachtung sowohl Ende 2020 als auch im Oktober 2021 abgelehnt, weshalb in Absprache mit der Staatsanwaltschaft ein aktenbasiertes Gutachten zu erstellen gewesen sei. Da der genaue psychopathologische Befund des Berufungsklägers zu den jeweiligen vorgeworfenen Tatzeitpunkten durch seine Nichtteilnahme nicht zu erfragen gewesen sei, keine neueren Austrittsberichte von psychiatrischen Kliniken vorgelegen hätten, die über die tatzeitnahe Verfassung des Berufungsklägers hätten Auskunft geben können, und letztlich weder der Beistand noch die Bezugspersonen des J. von der Schweigepflicht entbunden worden seien, sei ihre Einschätzung der Schuldfähigkeit mit Unsicherheiten behaftet (zum Ganzen Urk. 1/6/34 S. 58 f.). Der Gutachterin fehlten mithin Angaben über die jeweilige Intoxikation des Berufungsklägers, dies insbesondere auch bei jenen Delikten, bei denen sie auf keine gänzliche Schuldunfähigkeit schloss. Zu Gunsten des Berufungsklägers (Art. 10 Abs. 3 StPO) ist daher davon
auszugehen, dass er auch bei jenen Taten stark intoxikiert und daher schuldunfähig war. Im Übrigen ging auch die Verteidigung davon aus, dass der Zustand des Berufungsklägers über sämtliche Delikte hinweg gleich war (Urk.82 Rz. 13). Dass sie dennoch für die einzelnen Delikte von einer unterschiedlichen Einschätzung der Schuldfähigkeit ausging, ist dementsprechend widersprüchlich (siehe Urk. 82 Rz. 44 ff.). Der Vorinstanz ist deshalb im Ergebnis zuzustimmen, dass nicht nur bezüglich der Delikte gemäss Dossier 3, 7 und 9, sondern bezüglich sämtlicher Vorwürfe zu Gunsten des Beschuldigten von nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit auszugehen ist.
(Anordnung einer Massnahme)
1.
Die Vorinstanz ordnete auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB an. Sie erachtete die Durchführung einer solchen Massnahme aufgrund der schweren psychischen Störung im Hinblick auf eine Verbesserung der Legalprognose als geeignet, erforderlich und zumutbar. Der Berufungskläger sei massnahmefähig. Dies habe sich in einer im Jahr 2016 angeordneten stationären Massnahme, die bis 2020 angedauert habe, gezeigt. Zwar sei der Berufungskläger zu einer weiteren Behandlung seiner Krankheit nicht bereit. Er sei aber krankheitsbedingt nicht urteilsfähig und könne deshalb gar keinen Entscheid über die Mitwirkung bei der Therapie treffen. Die Bereitschaft zur Durchführung einer Massnahme müsse zwar grundsätzlich vorliegen. Wie hier gebe es jedoch Fälle, in denen zunächst ein Zustand erreicht werden müsse, welcher der betroffenen Person einen verantwortlichen Entscheid über die Mitwirkung bei der Therapie erlaube (Urk. 68 S. 31).
Die amtliche Verteidigung stellte sich dagegen auf den Standpunkt, der Berufungskläger sei therapieresistent. Die im Jahr 2016 angeordnete Mass- nahme sei im Jahr 2020 wegen Aussichtslosigkeit der Behandlung abgebro-
chen worden. Gemäss Einschätzung der behandelnden Ärzte des Psychiatriezentrums Rheinau seien die therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Auch die Gutachterin, Dr. med. H. , gehe im Grunde von der Therapieresistenz des Berufungsklägers aus. Laut Dr. med. I. sei klar, dass nur eine zivilrechtliche Massnahme in Betracht komme. Eine neue stationäre Massnahme sei demnach sinnlos. Zudem sei zukünftig nicht mit schweren Delikten zu rechnen. Dies ergebe sich aus dem Strafregisterauszug über den Berufungskläger, bei dem es sich um ein sehr gutes Prognoseinstrument handle. Dort seien jedenfalls keine schweren Delikte verzeichnet. Die Anordnung einer stationären Massnahme sei auch aus diesem Grund unverhältnismässig. Anstelle einer strafrechtlichen Massnahme sei vielmehr an eine zivilrechtliche Unterbringung zu denken. Es bestehe beispielsweise die Möglichkeit, den Berufungskläger im Psychiatriezentrum Bauma unterzubringen (Urk. 71 S. 3 und Prot. S. 9-15). Anlässlich der Berufungsverhandlung bekräftigte die Verteidigung ihren Standpunkt und zitierte aus dem Privatgutachten von Dr. I. , der von der Aussichtslosigkeit einer strafrechtlichen Massnahme spreche, was an der Therapieresistenz des Antragsgeg- ners liege. Der Antragsgegner sei psychotherapeutisch nicht angehbar, da er weder introspektions- noch konfrontationsfähig sei. Dasselbe gelte auch für die medikamentöse Behandlung (Prot. II S. 29). Zudem zitierte die Verteidigung diverse Passagen aus medizinischen Verlaufsberichten und Verfügungen der Justizdirektion (Prot. II S. 26 ff.). So habe insbesondere die Leitung der Klinik Rheinau festgehalten (siehe Urk. 84/3) dass eine Behandlung des Antragsgegners als aussichtslos angesehen werde. Es sei einzig eine Stabilisierung, wie aktuell durchgeführt, möglich.
Die Staatsanwaltschaft brachte in ihrem Plädoyer im erstinstanzlichen Verfahren dagegen vor, es sei mit weiteren Straftaten zu rechnen, solange sich der Berufungskläger frei bewegen könne. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass keine geeignete zivilrechtliche Unterbringung gefunden werden könne, welche bereit sei, den Berufungskläger bei sich aufzunehmen. Zudem habe sich der Berufungskläger dahingehend geäussert, dass er auch eine fürsorgerische Unterbringung ablehne (Urk. 46 S. 6 und S. 7-8 und Prot. S. 17).
2.
Gemäss Art. 56 Abs. 1 StGB ist eine Massnahme anzuordnen, wenn eine Strafe alleine nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen (lit. a), ein Behandlungsbedürfnis des Täters besteht die öffentliche Sicherheit dies erfordert (lit. b) und die Voraussetzungen der Artikel 59 - 61, 63 64 StGB erfüllt sind (lit. c). Eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB zur Behandlung von psychischen Störungen ist anzuordnen, wenn der Täter psychisch schwer gestört ist, er ein Verbrechen Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht, und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Art. 59 Abs. 1 StGB).
Dies setzt erstens die Behandlungsfähigkeit der psychischen Störung voraus. Es müssen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die es dem Täter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ermöglichen können, die Begehung weiterer Taten trotz fortbestehender Störung zu vermeiden bzw. die Gefahr wenigstens deutlich zu verringern (BGE 140 IV 1 E. 3.2.4; BGE
134 IV 315 E. 3.4.1; BGE 127 IV 154 E. 3d; Urteile des Bundesgerichts
6B_1516/2021 vom 28.2.22 E. 1.3.1; 6B_1232/2021 vom 27.01.2022
E. 2.2).
Zweitens wird ein minimaler Willen des Betroffenen erwartet, sich einer Therapie zu unterziehen. An den Therapiewillen dürfen indessen keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, da es dem Betroffenen gerade aufgrund der psychischen Erkrankung an der Fähigkeit fehlen kann, die Notwendigkeit und das Wesen einer Behandlung abzuschätzen. Mangelnde Einsicht gehört bei schweren, langandauernden Störungen häufig zum typischen Krankheitsbild. Ein erstes Therapieziel besteht daher oft darin, Einsicht und Therapiewilligkeit zu schaffen, was gerade im Rahmen stationärer Behandlungen Aussicht auf Erfolg hat (Urteile des Bundesgerichts 6B_544/2019 vom 24.6.19 E. 2.3; 6B_359/2018 vom 11.05.2018 E. 1.3;
WOLFGANG WOHLERS, in: Handkommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 2020, Art. 59 N. 5).
Die stationäre Massnahme greift in das Grundrecht auf persönliche Freiheit ein. Grundrechtseinschränkungen müssen verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 3 BV). Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt, dass die Massnahme geeignet ist, beim Betroffenen die Legalprognose zu verbessern. Dies ist der Fall, wenn der Täter behandlungsfähig und bereit ist, sich der Therapie zu unterziehen (vgl. hiervor E. V/2.1). Weiter muss die Massnahme notwendig sein. Sie hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ausreichen würde. Schliesslich muss zwischen dem Eingriff und dem angestrebten Zweck eine vernünftige Relation bestehen. Die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit und der Freiheitsanspruch des Betroffenen sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen (BGE 142 IV 105 E. 5.4; BGE 139 I 180 E. 2.6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_835/2017 vom 22.03.2018 E. 5.2.2, nicht publ. in BGE 144 IV 176).
3.
Wie erwogen, leidet der Berufungskläger an einer chronischen paranoiden Schizophrenie mit Residualsymptomatik bei Verdacht auf Abhängigkeit von multiplen Substanzen. Die zur Anklage gebrachten Vergehen stehen klarerweise in Zusammenhang mit seiner Erkrankung, da der Berufungskläger weder einsichts- noch steuerungsfähig ist. Laut Gutachten liegt in der schweren psychischen Erkrankung auch der primäre Risikofaktor für zukünftige Straftaten (S. 47-48).
Auch die Gutachterin erachtet den Berufungskläger als therapieresistent, weil er auf antipsychotische Medikamente nicht wesentlich angesprochen habe. Da zusätzlich eine Therapie mit Clozapin durchgeführt worden und auch mit diesem Medikament keine wesentliche Verbesserung eingetreten sei, müsse gar von einer Ultraresistenz ausgegangen werden (S. 67).
Bei Therapieresistenz gebe es aber die Möglichkeit, eine Elektrokrampftherapie mit antipsychotischen Medikamenten zu kombinieren. In der Langzeitbehandlung habe sich zudem die Anwendung der kognitiv-behavioralen Therapie in Kombination mit Medikamenten bewiesen. Bei einer therapieresistenten Schizophrenie sei immer ein ganzheitliches Therapiekonzept erforderlich, wonach neben Antipsychotika auch psycho- und soziotherapeutische Massnahmen zum Einsatz kämen (S. 68).
In Anbetracht des Massnahmenverlaufs von 2016 bis 2020 müsse beim Berufungskläger ein definitives Therapieversagen festgestellt werden. Dies be- deute, dass eine psychiatrische Therapie in einer Massnahmenklinik nicht ausreiche, um das psychopathologische Zustandsbild und die Legalprognose zu verbessern. Dies könne nur durch eine langfristige geschlossene Unterbringung mit begleitenden psycho- und soziotherapeutischen Massnahmen erreicht werden (S. 68).
Vor diesem Hintergrund erachtet die Gutachterin die erneute Anordnung ei- ner stationären Massnahme als gangbaren Weg zur Verhinderung erneuter Delinquenz. In einer forensischen Fachklinik könne versucht werden, den Berufungskläger medikamentös so einzustellen, dass das psychopathologische Zustandsbild und auch die Kooperationsbereitschaft des Berufungsklägers in der Therapie graduell verbessert zumindest stabilisiert würden. Anschliessend könne eine geschlossene Institution gesucht werden, die bereit sei, den Berufungskläger langfristig zu übernehmen. Ziel der stationären Massnahme wäre nicht in erster Linie die Behandlung der psychischen Krankheit, sondern die Ermöglichung einer geeigneten langfristigen Unterbringung des Berufungsklägers zum Eigen- und zum Fremdschutz. Das grösste Problem liege im Auffinden einer geeigneten Einrichtung zur langfristigen Unterbringung des Berufungsklägers (S. 69).
Aufgrund der gutachterlichen Erläuterungen ist zu schliessen, dass es für den Berufungskläger trotz bisheriger Therapieresistenz immer noch Möglichkeiten gibt, seinen Zustand zu verbessern zumindest zu stabilisieren und ihn zur Mitwirkung bei der Therapie zu motivieren. Durch eine stationäre Massnahme wird der Weg geebnet, um den Berufungskläger langfristig in einer geeigneten Einrichtung unterzubringen und dadurch die von ihm ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit zu beseitigen.
Die Gutachterin ging von einer schlechten Legalprognose aus, wenn es nicht gelinge, den Berufungskläger einer geeigneten Therapie zuzuführen. In der Gesamtschau sei anhand der angewandten Prognoseinstrumente von einer hohen Rückfallgefahr auszugehen (S. 64). Bei der individuellen Legalprognose sei zu berücksichtigen, dass der Berufungskläger aussergewöhnlich früh in seinem Leben psychisch erkrankt sei und nicht die Möglichkeit gehabt habe, eine normale Persönlichkeitsentwicklung zu durchlaufen, soziale Kompetenzen zu erlernen und gesellschaftlich anerkannte Werte zu internalisieren. Der Berufungskläger leide zweifellos auch im Vergleich mit anderen schizophrenen Straftätern an einer der schwerstmöglichen Formen einer Geisteskrankheit (S. 64).
Weiter hob die Gutachterin hervor, dass der Berufungskläger seit seiner Jugend durch gewalttätige Handlungen aufgefallen sei. 2011 sei er wegen Wi- derhandlung gegen das Waffengesetz verurteilt worden. 2012 habe er sei- nem damaligen Vormund mit der Faust ins Gesicht geschlagen. 2013 habe er eine Körperverletzung begangen. 2016 sei er wegen eines Körperverletzungsdelikts zu einer stationären Massnahme verurteilt worden (S. 65).
Auffällig sei auch die wahnhafte Fixierung des Berufungsklägers auf die Sexualität und seine problematische Haltung gegenüber Frauen. Seit 2014 falle der Berufungskläger durch sexuelle Belästigungen und Exhibitionismus auf. Im Februar 2020 habe er angekündigt, nach der Entlassung aus der Klinik eine Frau anfallen zu wollen. Nur vier Monate später sei es zum Vorfall des Exhibitionismus gekommen. Bereits in der Jugend habe der Berufungskläger geäussert, dass man Frauen schlagen müsse. Gegenüber seiner Mutter habe er sich dominant und aggressiv verhalten. Die ungünstige Einstellung resp. die Feindseligkeit gegenüber Frauen und Autoritäten und seine wahnhafte Fixierung auf das Thema Sexualität könnten in Kombination mit einer
gestörten Impulskontrolle rasch den Boden für Sexual- und Gewaltdelikte bereiten (S. 66).
Die Gefahr erneuter Straftaten werde laut Gutachten durch den regelmässigen Konsum von psychotropen Substanzen noch verstärkt. Der Alkohol- und Drogenkonsum schwäche die ohnehin geschwächte Impulskontrolle und die Kritik- und Urteilsfähigkeit des Berufungsklägers ab hebe sie gänzlich auf (S. 66).
Zusammenfassend hielt die Gutachterin fest, dass beim Berufungskläger von einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit für Delikte der allgemeinen Krimi- nalität (Eigentumsdelikte, Drogendelikte, Sachbeschädigung, Beleidigungen, Tätlichkeiten, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen etc.) und von einer mittleren bis hohen Wahrscheinlichkeit für erhebliche impulsive Gewalthandlungen bzw. sexuell motivierten Straftaten auszugehen sei (S. 66-67).
Die Gewaltbereitschaft des Berufungsklägers wurde auch in früheren psychiatrischen Gutachten bejaht (vgl. das Gutachten von Dr. med. K.
vom 09.07.2015 sowie das Gutachten von Dr. med. I.
vom
19.11.2019). Bei den von der Gutachterin erwähnten Gewalttaten stechen in erster Linie die Vorfälle gegen die Mutter des Berufungsklägers hervor: Im Jahr 2013 schlug er ihr die Faust ins Gesicht, trat sie mit dem Fuss in den Bauch und bog ihr einen Finger zurück, so dass sie ins Spital transportiert werden musste (vgl. Strafbefehl vom 18. Juni 2013). 2014 soll er seiner Mutter mit einer solchen Wucht die Faust ins Gesicht geschlagen haben, dass sie zu Boden gefallen sei und sich den Kopf angeschlagen habe. Im gleichen Jahr habe er ihr eine brennende Zigarette an die Wange gehalten und ihr erklärt, ein religiöser Führer habe ihm gesagt, dass er sie umbringen solle, wenn sie ihm kein Geld gebe. Dieses Verfahren wurde infolge Rückzug des Strafantrags nicht weiter verfolgt (vgl. Einstellungsverfügung vom 20.04.2015). Besonders erwähnenswert ist auch ein Vorfall aus dem Jahr 2015. Der Berufungskläger versetzte einer ihm fremden Frau ohne erkennbaren Grund unvermittelt einen gezielten, kraftvollen Schlag mit der rechten Handkante von hinten gegen ihr Genick, wodurch die Geschädigte sofort
zusammenbrach und mit Atembeschwerden am Boden liegen blieb (vgl. Urteil des Bezirksgerichts Pfäffikon vom 20. Januar 2016).
Angesichts dieser Fakten geht der Einwand des amtlichen Verteidigers, dass der Strafregisterauszug über den Beschuldigten das bessere Prognoseinstrument sei als die wissenschaftlichen Methoden der Gutachterin, offensichtlich daneben.
Gestützt auf die Legalprognose der Gutachterin ist die Notwendigkeit einer stationären Massnahme gegeben. Eine mildere Massnahme kommt derzeit nicht in Betracht. Der Krankheitsverlauf der letzten Jahre hat deutlich gezeigt, dass zivilrechtliche Massnahmen (offenes betreutes Wohnen, Verbeiständung, Aufhebung der Handlungsfähigkeit) nicht ausreichten, um den Berufungskläger über längere Zeit zu stabilisieren und von Straftaten abzuhalten. Zudem lehnten es diverse Einrichtungen von vornherein ab, den Berufungskläger im jetzigen Krankheitszustand aufzunehmen.
Der Berufungskläger muss als gefährlich eingestuft werden. Die Gutachterin warnte vor erheblichen Gewalt- und Sexualdelikten. Bei dieser Sachlage überwiegen die Interessen der Allgemeinheit den Freiheitsanspruch des Berufungsklägers deutlich. Die Anordnung der stationären Massnahme ist dem Berufungskläger unter diesen Umständen zumutbar.
Der Einwand der Verteidigung, eine stationäre Behandlung des Beschuldigten sei aussichtslos, da er therapieresistent sei, greift zu kurz. Zunächst in hervorzuheben, dass eine Massnahme nach Art. 59 Abs. 1 StGB in erster Linie die Allgemeinheit schützt. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen zur Legalprognose und Gewaltbereitschaft bestehen mehrere Anhaltspunkte dafür, dass eine entsprechende Gefahr für die Allgemeinheit vom Beschuldigten ausgeht. Ferner ist zu bedenken, dass bei ihm noch nie ein Zustand über längere Zeit aufrechterhalten werden konnte, während der er mit optimisiert eingestellten Medikamenten behandelt wurde. Das eigentliche Problem zeigt sich darin, dass der Beschuldigten ausserhalb eines eng strukturierten Massnahmesettings die Medikamente absetzt und stattdessen Betäubungsmittel einnimmt. Nur in einem engen Setting kann auch verhindert werden, dass der Beschuldigte weiter delinquiert. Schliesslich bietet auch die Fürsorgerische Unterbringung nach Zivilrecht keine Abhilfe. So beging der Beschuldigten einen Teil der Delikte, welche in diesem Berufungsverfahren zu beurteilen sind, während seines Aufenthalts im J. . Weiter ist zu bedenken, dass selbst für ein Zentrum wie das PZ Bauma, bei welchem der Beschuldigte bereits ein Schnupperbesuch habe absolvieren können, von einer Wartezeit von rund zwölf Monaten auszugehen ist (Urk. 81 S. 6). So- dann wird im Therapiezwischenbericht vom 23. Januar 2023 der psychiatrischen Universitätsklinik von den behandelnden Ärzten festgehalten, dass der Beschuldigten auch in relativ stabilen Phasen ein eng strukturiertes Betreuungssetting benötige. Er sei kaum in der Lage, einfachste Alltagsaufgaben ohne Anleitung und Unterstützung zu bewältigen. Bei einer Versetzung bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es aufgrund einer Reizüberflutung und des niedrigeren Betreuungsschlüssels zu einer raschen Verschlechterung kommen könnte. Es bestehe ebenfalls die Gefahr, dass er entweiche, da er nach wie vor bevorzugt in die Obdachlosigkeit anstatt ins PZ Bauma entlassen werden wolle. Bei einer Entlassung bestehe ein hohes Risiko für eine Redelinquenz, da bei Wegfallen des eng strukturierten Settings von einem sofortigen Absetzen der Antipsychotika ausgegangen wer- den müsse. Es bestehe nach wie vor ein hoher Suchtdruck, was zu erneuter Konsumation jeglicher Drogen führen würde. Dies würde wiederum zu einer Verschlechterung des psychopathologischen Zustands führen, wie auch die Beschaffungskriminalität fördern. Aufgrund seiner Desorganisation sei der Beschuldigten chronisch durch eigene Verwahrlosung gefährdet (Urk. 81 S. 6).
Die Voraussetzungen zur Anordnung einer stationären Massnahme mit der Delinquenz in Zusammenhang stehende schwere psychische Störung, Geeignetheit und Notwendigkeit der Massnahme zur Ermöglichung einer geeigneten Unterbringung im Hinblick auf die Gewährleistung eines dauerhaften Fremdschutzes, Zumutbarkeit des Grundrechtseingriffs aufgrund über-
wiegender Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit sind erfüllt. Das angefochtene Urteil ist zu bestätigen.
(Zivilforderung)
Die Vorinstanz sprach dem Privatkläger 2 (C. ) für die erlittene Unbill (Anspucken) eine Genugtuung von Fr. 300.– zu. Auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil ist zu verweisen und das angefochtene Urteil ist auch in diesem Punkt zu bestätigen.
(Kosten- und Entschädigungsfolgen)
1.
Wird die beschuldigte Person wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, können ihr die Kosten auferlegt werden, wenn dies nach den gesamten Umständen billig erscheint (Art. 419 StPO). Eine Kostenauflage kommt in Betracht, wenn die beschuldigte Person in günstigen wirtschaftlichen Verhält- nissen lebt und die Kostenübernahme durch den Staat als stossend erschiene (Y VONA GRIESSER, in: Zürcher Kommentar zum Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, Art. 419 N. 3).
Der Berufungskläger ist unterstützungsbedürftig (vgl. Urk. 1/27 S. 2). Eine Kostenauflage ist somit unzulässig. Folglich sind die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, auf die Gerichtskasse zu nehmen. Auch die Kosten für das Berufungsverfahren, inklusive der Kosten für die amtliche Verteidigung, sind auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers setzt sich aus der Gebühr und den notwendigen Auslagen zusammen (§ 1 Abs. 2 AnwGebV). Die Gebühr wird nach den besonderen Umständen, namentlich nach Art und Umfang der Bemühungen und Schwierigkeiten des Falls bemessen (§ 2 Anw-
GebV). Der amtliche Verteidiger machte eine Entschädigung von Fr. 13'216.– geltend (Urk. 85). Darin nahm die Verteidigung jedoch für einzelne Aufwendungen Schätzungen vor. Aufgrund der tatsächlichen Verhandlungsdauer erscheint es angemessen, eine pauschale Entschädigung von Fr. 12'500.– festzusetzen. Dem amtlichen Verteidiger ist folglich eine Entschädigung in der Höhe von pauschal Fr. 12'500.– (inkl. MwSt.) zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Es wird festgestellt, dass der Antragsgegner A.
die Tatbestände
der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB (Dossier 6),
des versuchten Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB in Verbin- dung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 7),
des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB (Dossier 3 und 10),
des Exhibitionismus im Sinne von Art. 194 Abs. 1 StGB (Dossier 2),
der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB (Dossier 11),
des Falschen Alarms im Sinne von Art. 128 bis StGB (Dossier 4),
des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB (Dossier 4) sowie
des Bettelns im Sinne von § 9 StJVG (Dossier 4)
im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB erfüllt hat.
Es wird eine stationäre Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB (Behandlung einer psychischen Störung) angeordnet.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Privatkläger 2 (C. ) Fr. 300.– als Genugtuung zu bezahlen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 12'500.– amtliche Verteidigung
Die Kosten des Berufungsverfahrens, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Antragsgegner auferlegt und abgeschrieben.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Antragsgegners (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat (übergeben)
die Psychiatrische Universitätsklinik Rheinau, Alleestr. 61, 8462 Rheinau (durch die zuführenden Polizeibeamten)
die Privatklägerschaft
(Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Antragsgegners
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
das Bundesamt für Polizei fedpol, Bundeskriminalpolizei, Guisanplatz 1A, 3003 Bern;
den Nachrichtendienst des Bundes NDB, Papiermühlestrasse 20, 3003 Bern;
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung
inaudes Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 14. Februar 2023
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Stiefel
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Pandya
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