Zusammenfassung des Urteils SB220380: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall hat das Gericht am 8. März 2019 über die Beziehung zwischen Herrn A und Frau B entschieden. Das Gericht hat festgestellt, dass die Eltern gemeinsam für das Kind C sorgen sollen und dass die Besuchsrechte angemessen geregelt werden müssen. Herr A hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und fordert eine Änderung der Besuchsregelung sowie die Aufhebung der Unterhaltsbeiträge für das Kind. Das Gericht entscheidet, dass die Besuche von Herrn A auf einen Tag pro Woche beschränkt werden sollen, um das Wohl des Kindes zu gewährleisten. Es wird festgestellt, dass Herr A trotz seines Arbeitslosengeldes verpflichtet ist, einen hypothetischen Verdienst zu erzielen, um die Unterhaltsbeiträge leisten zu können. Das Gericht berücksichtigt dabei die finanzielle Situation und die Möglichkeiten von Herrn A. Das Urteil wird in diesem Punkt bestätigt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220380 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 21.09.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_98/2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Versuchte vorsätzliche Tötung etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Privatkläger; Beschuldigten; Privatklägers; Anklage; Berufung; Urteil; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Sinne; Vorinstanz; Verteidigung; Verletzung; Gericht; Tötung; Messer; Kantons; Anklagesachverhalt; Stich; Urteils; Genugtuung; Landes; Asservate-Nr; Freiheitsstrafe; Landesverweis; Landesverweisung |
Rechtsnorm: | Art. 106 StGB ;Art. 111 StGB ;Art. 115 AIG ;Art. 122 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 22 StGB ;Art. 399 StPO ;Art. 40 StGB ;Art. 404 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 48a StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 66a StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 124 IV 186; 138 IV 81; 139 IV 179; 141 IV 249; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220380-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz, Präsident, lic. iur. B. Amacker und Ersatzoberrichter lic. iur. R. Amsler sowie der Gerichtsschreiber MLaw S. Zuber
Urteil vom 21. September 2023
in Sachen
Anklägerin und I. Berufungsklägerin
sowie
,
Privatkläger 1 und II. Berufungskläger (Nichteintreten) sowie Anschlussberufungskläger
unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X. ,
gegen
,
Beschuldigter und Berufungsbeklagter
amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin MLaw Y1. _, betreffend versuchte vorsätzliche Tütung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom
23. Dezember 2021 (Urk. 26) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 100 S. 62 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B. ist schuldig
der versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Anklageziffer A);
des rechtswidrigen Aufenthalts im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG (Anklageziffer B);
der mehrfachen übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne Art. 19a Ziff. 2 BetmG (Anklageziffer E).
Vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB gemäss Anklageziffer D wird der Beschuldigte freigesprochen.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 2 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 282 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 30.
Von einer Bestrafung des Beschuldigten bezüglich Anklageziffer E wird abgesehen.
Die Freiheitsstrafe sowie die Geldstrafe sind zu vollziehen.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 8 Jahre des Landes verwiesen.
Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird angeordnet.
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 3. August 2021 beschlagnahmte und bei der Kantonspolizei Zürich, Asservaten-Triage, unter der Geschöfts-Nr. 80789920 lagernde Schlüsselbund (Asservate-Nr. A015'274'085) wird dem Be- schuldigten innert einer Frist von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen hin herausgegeben, ansonsten wird er der LagerBehörde zur gutschei- nenden Verwendung überlassen.
Folgende mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 16. Dezember 2021 beschlagnahmten und beim Forensischen Institut Zürich unter der Geschäfts-Nr. 80789920 lagernde Kleider werden dem Beschuldigten innert einer Frist von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen hin herausgegeben, ansonsten werden sie der LagerBehörde zur gutscheinenden Verwendung überlassen:
Hose Asservate-Nr. A015'262'983
Gurt Asservate-Nr. A015'262'994
T-Shirt Asservate-Nr. A015'263'000
Schuhe Asservate-Nr. A015'262'698
Folgende mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 16. Dezember 2021 beschlagnahmten und beim Forensischen Institut Zürich unter der Geschäfts-Nr.
80789920 lagernde Kleider werden dem Privatkläger A.
innert einer Frist von drei
Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen hin herausgegeben, ansonsten werden sie der LagerBehörde zur gutscheinenden Verwendung überlassen:
Hose Asservate-Nr. A015'263'033
T-Shirt Asservate-Nr. A015'262'712
Schuhe Asservate-Nr. A015'263'022
Die beim Forensischen Institut Zürich unter der Referenznummer K210801-010 lagernden Spurenasservate werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils vernichtet.
Der Privatkläger A. wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger A.
eine Genugtuung von
Fr. 1'000 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Privatkläger C. wird mit seiner Zivilforderung auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 4'500.00; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 1'100.00 gebühr AnklageBehörde
Fr. 4'995.10 Auslagen (Gutachten)
Fr. 10'590.80 amtliche Verteidigung durch RA Y2.
Fr. 12'291.40 amtliche Verteidigung durch RAin Y1.
Fr. 10'774.00 unentgeltlicher Rechtsbeistand von A.
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung, des gerichtlichen Verfahrens ausgenommen die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers A. und diejenigen der amtlichen Vertei- digung werden zu drei Vierteln dem Beschuldigten auferlegt und im übrigen auf die Staatskasse genommen.
Der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. Y2. , wurde mittels Beschluss vom
9. März 2022 mit Fr. 10'590.80 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschädigt. Vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von drei Vierteln.
Die amtliche Verteidigerin, Rechtsanwältin MLaw Y1. , wird mit Fr. 12'291.40 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschädigt, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von drei Vierteln.
Der unentgeltliche Rechtsbeistand des Privatklägers A. , Rechtsanwalt MLaw X. , wird mit Fr. 10'774 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschädigt, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von einem Zweitel.
[Mitteilungen]
[Rechtsmittel]
[Rechtsmittel]
[Rechtsmittel]
BerufungsAnträge:
(Prot. II S. 6 f.)
Der Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 174):
1. Es seien die Berufung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich sowie die Anschlussberufung des Privatklägers A. vollumfänglich abzuweisen und es sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom
9. Mai 2022 zu bestätigen, soweit dieses angefochten ist.
Es sei der Beschuldigte aus dem vorzeitigen Strafvollzug bzw. der Sicherheitshaft zu entlassen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. ges. MwSt.) zu Lasten der Staatskasse.
Der Staatsanwaltschaft (Urk. 171; Urk. 114):
1. Bestätigung des Schuldspruchs wegen rechtswidrigem Aufenthalt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG (Anklageziffer B).
Schuldigsprechung von B. der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB im Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Anklageziffern A und D) sowie der mehrfachen übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (Anklageziffer E).
Bestrafung mit einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren sowie mit einer Geldstrafe von 90 Tagessützten zu CHF 60.00 (entsprechend CHF 5'400.00) sowie mit einer Busse von CHF 300.00.
Vollzug der Geldstrafe.
Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse.
Anordnung einer Landesverweisung von 12 Jahren.
Auferlegung der Kosten des Vorverfahrens sowie des erstinstanzlichen und des Berufungsverfahrens auf den Beschuldigten.
Des Privatklägers 1 A.
(Urk. 172):
1. Es sei der Beschuldigte in Abänderung von Dispo.- Ziff. 1 erster Spiegelstrich des vorsätzlichen Urteils wegen versuchter vorsätzlicher Tütung im Sinne von Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB zu ver- urteilen.
Es sei der Beschuldigte in Abänderung von Dispo.- Ziff. 3 des vorsätzlichen Urteils im Zuge der Abänderung von Dispo.-Ziff. 1 mit einer schuldangemessenen Strafe zu bestrafen.
Es sei in Abänderung von Dispo.-Ziff. 6 des vorinstanzlichen Urteils im Zuge der Abänderung von Dispo.-Ziff. 1 im Rahmen einer Neubewertung der gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Interessen ein länger andauernder Landesverweis anzuordnen.
Es sei in Abänderung von Dispo.-Ziff. 13 des vorinstanzlichen Urteils der Beschuldigte zu verpflichten, dem Privatkläger eine Genugtuung in Höhe von CHF 2'000.00 auszurichten.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschuldigten.
Erwägungen:
Mit vorstehend im Dispositiv wiedergegebenem Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 3. Abteilung, vom 9. Mai 2022 wurde der Beschuldigte wegen versuchter schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB (Anklagesachverhalt A), rechtswidrigen Aufenthalts im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG (Anklagesachverhalt B) und mehrfacher übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne Art. 19a Ziff. 2 BetmG (Anklagesachverhalt E) verurteilt. Vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB zum Nachteil des Privatklägers 2 (Anklagesachverhalt D) wurde er freigesprochen (Urk. 106 S. 62 ff.). Gegen dieses Urteil meldeten die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger 1 Berufung an (Urk. 86; Urk. 89). Die BerufungsErklärung der Staatsanwaltschaft datiert vom 25. Juli 2022 (Urk. 114). Mit Eingabe vom 19. August 2021 liess der Privatkläger 1 die Berufung zurückziehen und meldete stattdessen Anschlussberufung an (Urk. 125).
Mit präsidialVerfügung vom 5. August 2022 wurde die Sicherheitshaft des Beschuldigten verlängert (Urk. 123) und mit Beschluss der III. Strafkammer vom
19. September 2022 wurde dem Beschuldigten der vorzeitige Strafantritt bewilligt (Urk. 141).
Mit präsidialVerfügung vom 23. September 2022 wurde dem Privatkläger 2 und dem Beschuldigten Frist für die Anschlussberufung einen Nichteintretensantrag angesetzt (Urk. 146). Mit Eingabe vom 7. Oktober 2022 erklärte die Staatsanwaltschaft (Urk. 154) und mit Eingabe vom 18. Oktober 2022 der Beschuldigte Verzicht auf Anschlussberufung (Urk. 156). Der Privatkläger 2 liess sich nicht vernehmen.
Am 5. Mai 2023 wurde zur Berufungsverhandlung auf den 21. September 2023 vorgeladen (Urk. 164). An der Berufungsverhandlung nahmen die Staatsanwaltschaft sowie der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers
sowie der Vertreter des Privatklägers 1 teil (Prot. II S. 6). Das Urteil erging im Anschluss an die Berufungsverhandlung (Prot. II S. 15 ff.).
Die BerufungsErklärung der Staatsanwaltschaft richtete sich primür gegen den Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung (Anklagesachverhalt D) und die abweichende rechtliche Würdigung des Anklagesachverhalts A, die Strafzumessung sowie die Dauer der Landesverweisung (Urk. 114; Urk. 171).
Auf die Berufung des Privatklägers 1 (Urk. 89) kann mangels einer rechtzeitig erfolgten BerufungsErklärung nicht eingetreten werden (Art. 399 Abs. 3 StPO). Hingegen ist seine am 19. August 2021 eingereichte Anschlussberufung (Urk. 125) gültig.
Die Anschlussberufung des Privatklägers 1 richtete sich ebenfalls gegen die rechtliche Würdigung des Anklagesachverhalts A als versuchte schwere Körperverletzung statt einer versuchten vorsätzlichen Tütung, die Dauer der Freiheitstrafe und der Landesverweisung, die Höhe der Genugtuungsforderung sowie Teile der Kosten- und Entschädigungsfolgen (Urk. 125; Urk. 172). Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte Rechtsanwalt X. sein Einverständnis mit der vorinstanzlichen Kostenverlegung für die unentgeltliche Rechtsverbeiständung des Privatklägers 1 (Dispositiv Ziffer 19; Prot. II. S. 8).
Somit sind die folgenden Punkte in Rechtskraft erwachsen: Die Verurteilung wegen rechtswidrigen Aufenthalts (Dispositiv Ziffer 1), die Verfügungen hinsichtlich beschlagnahmter und gelagerter Gegenstände (Dispositiv Ziffern 8 bis 11), die Verweisung der Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg (Dispositiv Ziffern 12 und 14), die Kostenfestsetzung (Dispositiv Ziffer 15), sowie die Entschädigung der amtlichen Verteidigung und des unentgeltlichen Vertreters des Privatklägers 1 (Urk. 17 bis 19). Vom Eintritt der Rechtskraft dieser Anordnungen ist vorab Vormerk zu nehmen (Art. 404 StPO). Im übrigen steht das Urteil zur Disposition.
Soweit für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des eingeklagten Sachverhalts auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, so erfolgt dies
in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO, auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.
Im übrigen ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausDrücklich widerlegen muss (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; BGE 139 IV 179 E. 2.2; BGE 138 IV 81 E. 2.2, je mit Hinweisen). Die Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.
Die Vorinstanz hat die Grundlagen der BeweisWürdigung ebenso ausführlich wieder gegeben wie die Aussagen der Parteien und Zeugen (Urk. 106 S. 8 ff.). Es kann darauf verwiesen werden.
Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung zum Nachteil des Privatklägers 1 (Anklagesachverhalt A)
Fest steht, dass der Privatkläger 1 sich am 1. August 2021 beim Hintereingang des Clubs D. an der E. -strasse die in der Anklage aufgefährten Verletzungen an Bauch, Hals, Schulter und Hand zuzog. Dies ergibt sich aus den unmittelbar nach der Tat angefertigten Fotos des Privatklägers 1 (Urk. D1/2
S. 3 ff.), dem Bericht der Klinik für Traumatologie, welche die medizinische Erstversorgung vornahm (Urk. D1/4/4) sowie dem Gutachten zur körperlichen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin (Urk. D1/4/5).
während die Anklage dem Beschuldigten vorwirft, diese Verletzungen mittels eines spitzen Gegenstandes, mutmasslich einer Messerklinge, verursacht zu haben (Urk. 26 S. 3), machte der Beschuldigte geltend, die Verletzung am Bauch womöglich mit dem in der Faust gehaltenen Schlüsselbund verursacht zu haben (Urk. D1/9/04 S. 5 f.; Prot. I S. 28). Weiter gab er an, dass die Verletzung am Hals durch die Fingernägel einer Frau entstanden sein könnten (Urk. D1/9/1 S. 8). Demgegenüber schilderte der Privatkläger 1 den Sachverhalt anklagegemäss. Der Beschuldigte habe nach dem Zusammentreffen ein Messer gezückt und ver-
sucht, ihn am Hals zu stechen. Trotz seiner Gegenwehr habe ihn der Beschuldigte mit dem Messer am Hals und an den Fingern geschnitten sowie auf den Bauch eingestochen (Urk. D1/10/2 S. 5 f.).
Der Privatkläger 1 zeichnete mit seinen Aussagen ein klares und einheitliches Bild der Geschehnisse, welches aufgrund des Detaillierungsgrades und der Differenziertheit glaubhaft ist. Er schilderte unmittelbar nach der Tat gegenüber der Polizei, wie der aufgebrachte Beschuldigte mit dem Türsteher des Clubs D. einen heftigen Disput führte, weil ihm der Zutritt verwehrt wurde. Um ihn zu beruhigen, sei der Türsteher auf den Beschuldigten zugegangen. Der Beschuldigte habe jedoch den Türsteher an die Wand gedRückt und dann mit dem Messer mehrmals auf ihn eingestochen. Das Messer habe er nicht genau gesehen, denn es sei dunkel gewesen. Er habe aber Gehört, wie der Beschuldigte unmittelbar vorher etwas aus der Tasche gezogen und geöffnet habe. Anfänglich habe er nichts gespürt, sondern erst Sekunden später, wo er auch ein wenig Blut auf seinem T-Shirt gesehen habe (Urk. D1/10/1 S. 2 ff.).
In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 3. September 2021 schilderte der Privatkläger 1 die Ereignisse gleichlautend, insbesondere die Geschehnisse vor und nach dem eigentlichen Kerngeschehen: Nach der Verweigerung des Zutritts zum Club sei der Beschuldigte aggressiv geworden, worauf er (der Privatkläger 1) versucht habe, diesen zu beruhigen. Dann habe der Beschul- digte das Messer gezückt und auf ihn in Richtung Hals und danach ihm in den Bauch gestochen. Bei der Stichbewegung in Richtung Hals habe er sich mit der Hand zu Schätzen versucht (Urk. D1/10/2 S. 5 f.). Sein T-Shirt beschrieb der Privatkläger 1 als im Bauchbereich voll Blut und im Kragenbereich als ein wenig blutbefleckt, wobei er selber nur wenig Blut verloren habe. Es habe mittelgradig Blut auf dem T-Shirt gehabt (Urk. D1/10/2 S. 18).
Auch der Beschuldigte schilderte die Vorgeschichte und die Geschehnisse danach jeweils übereinstimmend (Urk. D1/9/1 S. 3; Urk. D1/9/4 S. 6 f.). Die anwaltliche Kritik an den Aussagen des Privatklägers 1 verfängt nicht. Insbesondere sind die geltend gemachten übertreibungen und Ungereimtheiten nicht zu erken- nen (Urk. 81 S. 3; Urk. 174 S. 1 ff.). Wenn die Verteidigung dem Privatkläger 1
vorwirft, dass er von Messerstichen berichtete, aber die Waffe nicht beschreiben könne und sie noch nicht einmal gesehen habe, so trifft dies einerseits in dieser Absolutheit nicht zu und ist andererseits auch nicht unglaubhaft. So beschrieb der Privatkläger 1 stets gleichlautend, Gehört zu haben, wie der Beschuldigte vor dem Stich etwas geöffnet und in der Hand gehalten habe (Urk. D1/10/1 S. 2 f.). Lediglich diesbezüglich, Nämlich hinsichtlich des geöffneten Gegenstandes, gab er an, diesen nicht genau gesehen zu haben (Urk. D1/10/1 S. 2 F9). Hingegen berichtete er, entgegen der anwaltlichen Behauptung, stets übereinstimmend von einer Klingenspitze, welche aus der Hand des Beschuldigten hinausschaute. Dass er unter diesen Umständen keine genauen Angaben zur Beschaffenheit des Messers machen konnte, spricht nicht gegen seine Schilderungen. Ganz im Gegenteil ist gerade das besonders glaubhaft, denn das wesentliche Unterscheidungsmerkmal bei Messern ist deren Beschaffenheit von Schaft und Klingenansatz. Beides Schaft und Klingenansatz hatte jedoch der Beschuldigte mit seiner Faust verdeckt. Dass der Privatkläger 1 aber vom Anblick einer Messerspitze auf ein Messer schloss, welches sich in der Faust verborgen hielt, ist naheliegend und tut der Glaubhaftigkeit seiner Schilderungen keinen Abbruch.
Sodann hat der Privatkläger 1, entgegen den Ausführungen der Vertei- digung, nie von sehr viel Blut, welches auf dem T-Shirt sichtbar gewesen sei, berichtet (Urk. 81 S. 4; Urk. 174 S. 3). Wie oben bereits ausgefährt, sprach er von wenig bis mittelgradig viel Blut, welches auch auf den nach der Tat angefertigten Fotos erkennbar ist (Urk. D1/2 S. 2, S. 6). Zudem ist auch im Bericht des Forensischen Instituts Zürich von blutverdächtigen Anhaftungen am T-Shirt die Rede (Urk. D1/8/2 S. 4).
Auch die beschriebene STürke der durch die Messerstiche verursachten Schmerzen wirkt entgegen der Verteidigung nicht übertrieben (Urk. 81 S. 4). Wohl sind die zugefügten Verletzungen in objektiver Hinsicht nicht besonders gravierend. Allgemein bekannt ist jedoch, dass selbst kleinste Stiche, wie sie etwa beim versehentlichen Schneiden bei Küchenarbeiten entstehen können, zu erheblichen Schmerzen führen, welche in der Regel subjektiv als sehr schmerzhaft empfunden werden.
Der Beschuldigte bestritt von Anfang an vehement, mit einem Messer zugestochen zu haben. Nachdem er des Lokals verwiesen worden sei, habe ihn der Privatkläger 1 draussen am Kopf gehalten, worauf er diesen mit einem Schlüsselbund in der Hand weggestossen habe. Dabei könne es schon passiert sein, dass er diesen verletzt habe. Die weiteren Verletzungen seien ihm unerklürlich. Danach sei alles wieder in Ordnung gewesen und er habe den Heimweg angetreten. Plötzlich sei er von einem Kollegen des Privatklägers 1 angegangen und mit Pfefferspray traktiert worden (Urk. D1/9/1 S. 3).
In der späteren Einvernahme vom 9. Dezember 2021 schilderte der Beschuldigte vieles in wesentlichen Punkten anders. So führte er bei der detaillierten Befragung zuerst aus, dass die Verletzung am Hals nicht vom Schlüsselbund stamme, sondern von einem Fingernagel. Kurz darauf gab er an, dass die Verletzung am Hals von einem Schlüssel verursacht worden sein könne (Urk. D1/9/4 S. 4 ff.).
Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung gab der Beschuldigte an, den Club freiwillig verlassen zu haben, um wenig später zu behaupten, den Club unfreiwillig verlassen zu haben. Bezüglich der Art der Auseinandersetzung mit dem Privatkläger 1 gab er an, dass er mit dem Schlüsselbund in der Hand mit dem Privatkläger 1 diskutiert habe und ihn dieser dann gepackt, zu Boden geworfen und bedroht habe, wobei sich letzterer verletzt habe. Nur wenig später gab er an, dass sie gestritten hätten und aufeinander losgegangen seien. Dabei habe er versucht, sich mit einem Box zu retten, wobei er wohl den Privatkläger 1 mit dem Schlüsselbund verletzt habe. Als er am Boden gelegen sei, habe sich der Privatkläger 1 mit dessen Knie auf seine Brust gelegt. Weil er Angst gehabt habe, sei er weggegangen (Prot. I S. 27).
Bei der Würdigung der Aussagen des Beschuldigten fällt auf, dass er im Rahmen derselben Befragung einzelne zentrale Sachverhaltselemente diametral entgegengesetzt schilderte. So beispielsweise beantwortete er die Frage, ob er den Club freiwillig habe verlassen können nicht, widersprächlich. Diese Differenz ist nicht nachvollziehbar und sie spricht dafür, dass es sich dabei nicht um selbst Erlebtes handelt. Dies gilt auch für die Abweichungen unter den einzelnen
Aussagen. Insbesondere die Schilderungen der Art der Auseinandersetzung mit dem Privatkläger 1 weichen erheblich voneinander ab, so dass diese nicht mit ei- ner Verwechslung der verblassenden Erinnerung zu erklären sind. Auch die Ausführungen zur Art der Auseinandersetzung mit dem Privatkläger 1 wirken beliebig: So schilderte der Beschuldigte zu Verfahrensbeginn, dass er mit dem Privatkläger 1 diskutiert und diesen lediglich weggeschubst habe. später soll es dann zu einer handfesten Schlägerei gekommen sein, bei welcher sich der Privatkläger 1 auf dessen Brust gesetzt habe.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Aussagen des Beschuldigten derart widersprächlich und lebensfremd sind, dass daraus nicht hervorgeht, was sich in dieser Nacht zugetragen hat.
Schliesslich sind die Angaben des Beschuldigten auch nicht mit den medizinischen Berichten in Einklang zu bringen. Diese bestätigen, dass die festgestellten Verletzungen Schnittverletzungen sind, welche von scharfkantigen Gegenständen stammen, zum Beispiel der Klinge eines Messers eines messerähnlichen Gegenstandes (Urk. D1/4/2; Urk. D1/4/4; Urk. D1/4/5 S. 7). Schlüssel, insbesondere die vom Beschuldigten getragenen gängigen Kaba und Bartschlüssel (Urk. 76 a und b) sind weder scharfkantig noch klingenähnlich. Eine ZuFügung der hier fraglichen Verletzungen durch die Schlüssel und/oder durch Fingernägel kann somit zweifelsfrei ausgeschlossen werden, zumal auf den Schlüsseln auch keine Blutspuren festgestellt werden konnten, wie dies der Bericht des Forensischen Instituts Zürich festhält (Urk. D1/8/3).
Die Anklage spricht generell von einem Messer einem messerähnlichen Gegenstand und auch der Privatkläger 1 konnte den Gegenstand, mit welchem er verletzt wurde, nicht genau umschreiben. Hingegen konnte er genau beschreiben, dass der Beschuldigte einen Gegenstand in der Faust hielt, aus welcher eine Klinge herausschaute (Urk. D1/10/2). Die genaue länge der freien Klinge lässt sich den Akten nicht entnehmen. Ebenso wenig steht fest, wie tief der Beschuldigte mit der Klinge in den Unterbauch eingedrungen ist. Wohl hält das Gutachten fest, dass die Wunde tiefer als lang (= 1 cm) gewesen sei und auf dem Wundgrund das Unterhautfettgewebe sichtbar gewesen sei. Daraus lassen sich
jedoch keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Tiefe der Verletzung ziehen. Bei der Verletzung am Hals konnte das Gutachten im Gegensatz zur länge der Wun- de (0,5 cm) gar keine Angaben zur Tiefe machen und deshalb auch nicht feststellen, ob es sich dabei um eine Schnittoder Stichverletzung handelte (Urk. D1/4/5
S. 7). Zugunsten des Beschuldigten muss deshalb von einer weniger als 0,5 cm tiefen Schnittverletzung ausgegangen werden. Bei den beiden Verletzungen an der Hand handelte es sich klarerweise um oberflächliche Schnittverletzungen.
Fraglich bleibt, ob der Beschuldigte dem Privatkläger 1 die beiden Verletzungen im Hals- und Bauchbereich wissen- und willentlich mit einem messer- ähnlichen Gegenstand beibrachte. Vorab fällt auf, dass der Beschuldigte die Tatwaffe bereits bei sich gehabt hat. Dies ist ein gewichtiger Hinweis darauf, dass die grundsätzliche Bereitschaft bestand, diese auch einzusetzen. Der Beschuldigte forderte den Privatkläger 1 nach der Ausweisung aus dem Lokal auf, sich nach draussen zu begeben und ihn dort zu treffen. Als der Privatkläger 1 der Aufforderung des Beschuldigten nachkam, zückte letzterer die Tatwaffe und stach zu. Zuerst in Richtung Hals mit einer ausholenden Bewegung und danach in den Unterbauch. Auch dieser Umstand weist nicht auf eine unbedachte Spontanreaktion hin, sondern ihm haftet planmässiges Vorgehen an. Wesentlich ist auch der gezielte Einsatz gegen den Hals. Dem Verletzungsort haftet ebenfalls nichts Zufälliges an, wie dies etwa im Rahmen eines Handgemenges der Falls sein kann. Der Privatkläger 1 und der Beschuldigte standen sich gegenüber und bewegten sich nicht wesentlich, so dass der Stich in den Hals nicht anders als ein gewollter sein konnte. Schliesslich stach der Beschuldigte unmittelbar nach dem ersten Stich erneut zu und zwar in die untere Bauchgegend des Privatklägers 1. Dabei fällt auf, dass die beiden Stiche in so kurzem Abstand erfolgten, dass sie wie in einem Zug erfolgten und damit als eine einzelne Tat erscheinen. Gleich wie beim ersten Stich gegen den Hals, ist auch beim Sticht gegen den Unterbauch davon auszugehen, dass der Ort und die Art des Einstichs bewusst gewöhlt wurden.
Wenngleich es sich nicht mehr erstellen lässt, ob und gegebenenfalls was für ein Messer im Spiel war, steht nach diesen Ausführungen fest, dass der Beschuldigte gegen den Privatkläger 1 zumindest einen scharfkantigen, messer-
ähnlichen Gegenstand zum Einsatz brachte und diesem damit die bekannten Verletzungen zufügte.
Damit ist erstellt, dass der Beschuldigte dem Privatkläger 1 in kurzer Abfolge zwei Stich/Schnittverletzungen, zunächst am Hals, dann am Unterbauch beibrachte, wobei er mit dem Messer resp. dem messerähnlichen Gegenstand ausholte und dieses/diesen schwungvoll gegen den Privatkläger 1 zum Einsatz brachte.
Mit der Vorinstanz ist der Anklagesachverhalt damit erstellt und gestützt darauf ist die rechtliche Würdigung vorzunehmen.
Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung zum Nachteil des Privatklägers 2 (Anklagesachverhalt D)
Die Vorinstanz hat die Aussagen des Privatklägers 2, der Zeugen F. und G. sowie des Beschuldigten zusammengefasst. Darauf kann verwiesen werden. Zusammen mit der Vorinstanz kann festgehalten werden, dass die Umstände der Auseinandersetzung zwar unbestritten sind, hingegen lässt sich aufgrund der abweichenden Zeugenaussagen der anklagegemüsse Einsatz des Messers nicht beweisen. diesbezüglich kann vollumfänglich auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 106 S. 33).
Entsprechend hat betreffend den Anklagesachverhalt D ein Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB zu ergehen.
Mehrfache übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Anklagesachverhalt E)
Angesichts der auf die rechtliche Würdigung (leichter Fall) beschränkten Berufung der Staatsanwaltschaft ist die vorinstanzliche Sachverhaltserstellung zu über- nehmen (Urk. 114 S. 6; Urk. 171 S. 6). Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass der Beschuldigte im angeklagten Zeitraum an der H. -strasse in Zürich jeweils am Wochenende und im Ausgang 1 bis 2 züge des Marihuana-Joints eines Freundes (mit-)konsumiert habe. Auf diesbezügliche Erwägungen kann verwiesen
werden (Urk. 106 S. 39). Dieser Sachverhalt ist somit der nachfolgenden rechtlichen Würdigung zugrunde zu legen.
Versuchte vorsätzliche Tütung (Anklagesachverhalt A)
Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten unter anderem versuchte vorsätzliche Tütung im Sinne von Art. 111 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB vor. Der Beschuldigte bestritt, einen entsprechenden Vorsatz gehabt zu haben (Urk. 81 S. 8; Urk. 174 S. 3). Die Vorinstanz hat den Beschuldigten wegen versuchter schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbin- dung mit Art. 22 Abs. 1 schuldig gesprochen.
Die Vorinstanz hat die Grundlagen zur vorsätzlichen Tütung, zur schweren Körperverletzung sowie dem Versuch dazu zutreffend wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 106 S. 40 ff.).
Die Verteidigung des Beschuldigten führte zusammengefasst aus, dass aufgrund des Umstands, dass die Stiche beim Privatkläger 1 lediglich zu leichten Verletzungen gefährt hätten, der objektive Tatbestand der versuchten vorsätzlichen Tütung nicht erfüllt sei. Zudem habe der Beschuldigte gemäss seinen glaubhaften Ausführungen nicht die Absicht gehabt, den Tod des Privatklägers 1 herbeizuführen und diesen auch nicht für möglich gehalten. Schliesslich sei er deutlich betrunken gewesen, weshalb er unabsichtlich und überbordend reagiert habe (Urk. 81 S. 8 f.; Urk. 174 S. 3 f.).
Erstellt ist, dass der Beschuldigte den vollkommen unvorbereiteten Privatkläger 1 mit einem Messer bzw. mit einem messerähnlichen Gegenstand attackierte. Dabei führte er zunächst eine Stichbewegung gegen die linke Halsseite des Privatklägers 1 aus. Durch die Reaktion des Privatklägers 1 konnte die Stichbewegung teilweise abgefangen werden, so dass die Verletzung auf der linken Halsseite und der rechten Hand entstand. Unmittelbar darauf setzte der Beschuldigte im weiterhin dynamischen Geschehensablauf zu einer zweiten kröf-
tigen Stichbewegung an, dieses Mal gegen die linke untere Bauchseite des Privatklägers 1.
Mit Blick auf das vorliegend zu beurteilende Delikt ist vorab auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts bei Messerstichen in sensible Bereiche des Kürpers zu verwiesen. Mehrfach hat das Bundesgericht bereits festgehalten, dass bei Messerstichen in den Hals und Schnittverletzungen am Hals das Risiko der Tatbestandsverwirklichung, Nämlich des Todeseintrittes, als hoch einzustufen sei. Bei derartigen Stichverletzungen dürfe auch ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass der täter den Tod in Kauf genommen habe (vgl. u.a. BGer 6B_927/2019 vom 20. November 2019 E. 3.2; BGer 6B_724/2017 vom 21. Juli
2017 E. 1.3. m.w.H.).
Vorliegend konnte der Beschuldigte das betreffende Risiko nicht kontrollieren, da er überraschend auf den Privatkläger 1 einstach und er angesichts der Dynamik der Privatkläger 1 versuchte sich zu wehren letztlich das Verletzungsrisiko nicht mehr kalkulieren konnte. Der Beschuldigte setzte somit den Privatkläger 1 mit seinem Handeln namentlich mit dem Stich in den Hals fraglos einem Todesrisiko aus. Im Einklang mit dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin (Urk. D1/4/5), kann gesagt werden, dass es lediglich dem Zufall zu verdanken war, dass keine lebenswichtigen Strukturen getroffen wurden.
gestützt auf die zuvor zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung kann schliesslich geschlussfolgert werden, dass sich dem Beschuldigten beim inkrimi- nierten Stich gegen Hals und Unterbauch des Privatklägers 1 die Möglichkeit ei- ner tödlichen Verletzung als so wahrscheinlich Aufdrängen musste, so dass sein Handeln nur als Inkaufnahme des möglichen Todeseintritts ausgelegt werden kann.
Es sind weder RechtfertigungsGründe ersichtlich, noch wurden solche von der Verteidigung geltend gemacht. Ebenfalls liegen keine Schuldausschlussgrün- de vor. Auf eine Allfällige verminderte Schuldfühigkeit zufolge Alkoholkonsums ist bei der Strafzumessung näher einzugehen.
Damit ist in übereinstimmung mit der überzeugenden Begründung der Staatsanwaltschaft (Urk. 171) und entgegen der Auffassung der Vorinstanz (Urk. 106 S. 43) und der Verteidigung (Urk. 174) der objektive und subjektive Tatbestand der versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB erfüllt. Es hat ein entsprechender Schuldspruch zu ergehen.
Mehrfache übertretung des Betäubungsmittelgesetztes (Anklagesachverhalt E)
Die Vorinstanz beurteilte den wöchentlichen Marihuanakonsum des Beschuldigten als einen leichten Fall. Der Beschuldigte habe jeweils Marihuana in Form eines Joints konsumiert. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dargestellt und sei nicht einschlägig vorbestraft (Urk. 106 S. 46 f.).
Die Staatsanwaltschaft hielt in ihrer Berufung dagegen, dass der Beschul- digte seit einiger Zeit regelmässig Marihuana konsumiere, darüber hinaus in den Jahren 2014/2015 Kokain konsumiert habe und es lediglich eine Frage der Zeit sei, bis der Beschuldigte wieder Marihuana konsumiere (Urk. 114 S. 6). Wenn man vorliegend von einem leichten Fall ausgehe, könne Art. 19a Ziff. 1 BetmG auch aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden (Urk. 171 S. 6), so die Staatsanwaltschaft weiter.
Im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verfügt das Gericht bei der Annahme eines leichten Falles über einen weiten Ermessensspielraum (BGE 124 IV 186 m.w.H.). Das Gericht hat die gesamten objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls zu beachten und kann nicht nur auf ein einziges Element, z.B. auf die Art der Droge, auf die Vorstrafen des täters, auf die Umstände, unter denen er gehandelt hat, auf die geringere Grössere Drogenabhängigkeit, abstellen. Ebenfalls stellt der Konsum von Cannabis nicht automatisch einen leichten Fall dar (F INGERHUTH/SCHLEGEL/JUCKER, OFK-BetmG Art. 19a N 20 ff.).
Unter BeRücksichtigung von Lehre und Praxis ist vorliegend nicht von ei- nem leichten Fall auszugehen. Der Beschuldigte konsumierte regelmässig während eines halben Jahres. Zwar konsumierte er nur sehr kleine Mengen, jedoch sind auch keine Anzeichen erkennbar, wonach der Beschuldigte von sich aus daran gedacht hat, mit dem Konsum aufzuhören. Ebenfalls soll der Beschuldigte gegenüber allen anderen Konsumenten nicht bessergestellt werden.
Der Beschuldigte ist damit der mehrfachen übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG schuldig zu sprechen.
Grundlagen
Die Vorinstanz hat die Grundlagen zur Strafzumessung zutreffen wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 106 S. 48).
Da beim Tütungsversuch ein vollendeter Versuch, das heisst vorliegend das Ausbleiben der Todesfolge, als ein vom Verschulden unabhängiger Strafzumessungsfaktor besteht, ist im Rahmen des Tatverschuldens zunächst vom vollendeten Delikt auszugehen. Es ist daher zunächst eine Strafe für die vollendete einfache Tatbegehung festzulegen und diese dann infolge der bloss versuchten Tatbegehung angemessen zu mildern.
Strafrahmen
Wer vorsätzlich einen Menschen tätet und die Tat nicht unter die qualifizierten privilegierten Tatbestände von Art. 112 ff. StGB (Mord, Totschlag etc.) fällt, wird mit Freiheitsstrafe zwischen 5 und 20 Jahren bestraft (Art. 111 in Verbindung mit Art. 40 Abs. 2 StGB). Der Strafmilderungsgrund des Versuchs gemäss Art. 22 in Verbindung mit Art. 48a StGB führt jedoch dazu, dass das Gericht nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden ist. Beim Beschuldigten liegen keine Umstände vor, aufgrund derer der ordentliche Strafrahmen zu verlassen wäre.
Art. 115 Abs. 1 AIG sieht als Sanktion Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr Geldstrafe vor. Auch hier liegen keine Gründe vor, wonach der ordentliche Strafrahmen zu verlassen wäre.
Wer unbefugt Betäubungsmittel vorsätzlich konsumiert, wird mit Busse bestraft (Art. 19a Ziff. 1 BetmG). Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt der Höchstbetrag der Busse Fr. 10'000 (Art. 106 StGB).
Strafzumessung: versuchte vorsätzliche Tütung (Anklagesachverhalt A)
Bei der objektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte vor dem Lokal Todesdrohungen ausgestossen hat und überraschend d.h. ohne VorAnkündigung zur Tat schritt. Er führte dabei zwei Stiche in sehr sensibel Körperregionen aus, wobei der Stich in den Hals klar im Vordergrund steht. Die Tathandlung geschah nicht im Rahmen eines eskalierenden Streits. Es gab keine wechselseitigen Provokationen. Der Beschuldigte stach hinterhältig auf ei- nen Freund ein, der nur schlichten wollte. Damit hat die Tat den Charakter einer eigentlichen Rachehandlung und Abrechnung für eine Banalität, an welcher der Privatkläger 1 notabene gar nicht beteiligt war. Das Verschulden ist somit als kei- nesfalls mehr leicht einzustufen und es erscheint (für das vollendete Delikt) eine hypothetische Freiheitsstrafe von 11 Jahren als angemessen.
Beim subjektiven Tatverschulden ist zu berücksichtigen, dass der Beschul- digte eventualvorsätzlich handelte, was sich leicht strafmindernd auswirkt. Zwar konnte die genaue Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt nicht berechnet werden. Der Umstand, dass die rund 4 Stunden nach der Tat vorgenommene Blutentnahme immer noch eine Blutalkoholkonzentration von 1,45 bis 1,61 Gewichtspromille ergab (Urk. D1/6/7), spricht aber für eine nicht mehr unerhebliche Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt. Diese leicht verminderte Steuerungsfühigkeit durch die Alkoholisierung wirkt sich ebenfalls strafmindernd aus. Das planmässige Herauslocken des Privatklägers 1 aus dem Club und das plötzliche Zücken des messerartigen Gegenstandes wirkt sich hingegen strafErhöhend aus. Der Beschuldigte hatte ein hohes Mass an Entscheidungsfreiheit und hätte nachdem er den Club verlassen musste einfach gehen können. Er hat sich je-
doch bewusst für eine schwerwiegende Delinquenz gegen Leib und Leben entschieden, aus einem nichtigen Grund heraus. Das zeugt von einer Geringschätzung gegenüber dem menschlichen Leben, was sich ebenfalls strafErhöhend auswirken muss. Insgesamt gleichen sich die strafmindernden und die straferhöhenden Faktoren aus, womit das subjektive Tatverschulden die objektive Tatschwere weder zu verringern, noch zu Erhöhen vermag. Insgesamt ist von einem keinesfalls mehr leichten Tatverschulden auszugehen und eine hypothetische Freiheitsstrafe von 11 Jahren für das vollendete Delikt festzusetzen.
Wesentlich ist nun der Umstand, dass der Taterfolg nicht eingetreten ist, obwohl der Beschuldigte alles dafür unternommen hat. Der Tatversuch ist als verschuldensunabhängiges Element im Rahmen der Strafzumessung zu beRücksichtigen und das Gericht kann die Strafe mildern (Art. 22 StGB). Festzuhalten ist, dass es weitgehend der Reaktion des Privatklägers 1 zu verdanken ist, dass dieser nicht schlimmer getroffen wurde. Ebenso zu berücksichtigen ist, dass der Privatkläger 1 keine erheblichen Verletzungen davontrug und die Tat weitgehend folgenlos blieb, womit ein Todeseintritt relativ fern lag. Insgesamt rechtfertigt sich für den Versuch eine Reduktion der hypothetischen Einsatzstrafe um 4 Jahre auf 7 Jahre Freiheitsstrafe.
Zu den täterkomponenten lässt sich folgendes festhalten: Der Beschuldigte wurde gemäss eigenen Angaben im Irak geboren und ist dort aufgewachsen, hat die Schule besucht und hernach als Coiffeur gearbeitet. 2009 ersuchte er in der Schweiz um Asyl, welches Gesuch aber wegen unglaubhafter Angaben abgewiesen wurde (Urk. 39 S. 4). In der Folge arbeitete der Beschuldigte in der Schweiz an diversen Stellen, zeitweilig bis ins Jahr 2018 im Gastgewerbe und als Coiffeur. Wegen seiner wiederholten StrafFälligkeit und der Absenz jeglicher Form von Integration hätte er per 25. Juli 2019 die Schweiz definitiv verlassen müssen (Urk. 39 S. 579 ff.). Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen. Er hat sich auch nicht um die Beschaffung der nötigen Reisepapiere bemüht. Seine FamilienanGehörigen leben angeblich in den Vereinigten Staaten. Er hat weder eine Partnerin noch Kinder. Das alles ist neutral zu bewerten.
Der Beschuldigte weist heute noch 8 Vorstrafen auf (Urk. 107; Urk. 166), teils auch geringfügig und nicht einschlägig. Augenfällig ist die kurze Abfolge der Delinquenz. Die Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit hat sich leicht strafErhöhend auszuwirken.
Aus dem Verhalten unmittelbar nach der Tat lässt sich nichts zugunsten des Beschuldigten ableiten. Der Beschuldigte ist nach der Tat geflachtet. Die Verteidigerin will einen Entschuldigungsbrief des Beschuldigten an den Privatkläger 1 strafmindernd beRücksichtigt wissen (Urk. 81 S. 18). Dabei handelt es sich jedoch um ein blosses Lippenbekenntnis, in welchem der Beschuldigte seinen Tatbeitrag relativierte und dem Privatkläger 1 gar eine Mitschuld vorwarf. So schreibt er, dass sie damals beide nicht klar im Kopf gewesen seien. Auch im Appell an die Br?- derlichkeit und dass er ihm verzeihen möge, weil er draussen eine Familie und vor allem eine Mutter habe, welche ihn sehr vermisse, ist keine Entschuldigung zu sehen. Sodann ist der Beschuldigte mit Bezug auf das Kerngeschehen nicht gestündig. All das hat sich jedoch strafzumessungsneutral auszuwirken.
Zufolge der Vorstrafen ist die Strafe für das versuchte Tütungsdelikt um ein halbes Jahr auf insgesamt 7 Freiheitsstrafe zu Erhöhen.
Strafzumessung: Vergehen gegen das Ausländergesetz (Anklagesachverhalt B)
Die Vorinstanz ist von einem leichten Verschulden ausgegangen und hat die Einzelstrafe bei 30 Tagessätzen festgesetzt, welche sie wegen der Vorstrafen sowie der Tatbegehung unmittelbar nach der Verurteilung um 10 auf 40 Tagess- Sätze Erhöht hat. Unter BeRücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten hat die Vorinstanz die Tagessatzhöhe auf Fr. 30 festgesetzt. Die Ausführungen der Vorinstanz sind zutreffend, weshalb vollumfänglich darauf verwiesen werden kann (Urk. 106 S. 50 f.). Die festgesetzte Strafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 30 für das Vergehen gegen das Ausländergesetz erweist sich als angemessen.
Strafzumessung: mehrfache übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Anklagesachverhalt E)
In objektiver Hinsicht wiegt das Verschulden leicht. Bei der konsumierten Drogenart handelt es sich um eine weiche Droge. Wohl erstreckte sich der Konsum über einen mehrmonatigen Zeitraum, doch war die Kadenz des wöchentlichen Konsums tief und die jeweils konsumierte Menge von Teilen eines Joints sehr klein.
In subjektiver Hinsicht ist von vorsätzlichem Handeln auszugehen, weitere strafzumessungsrelevante Kriterien sind nicht erkennbar, weshalb für die mehrfache übertretung des Betäubungsmittelgesetzes eine Busse von Fr. 300 auszusprechen ist.
Vollzug der Strafe
Für die Freiheitsstrafe von 7 Jahre kommt weder ein vollständig noch teilweise bedingter Vollzug in Frage (Art. 42 und Art. 43 StGB). Die Freiheitsstrafe ist zu vollziehen. Der Beschuldigte befand sich 782 Tage in Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigem Strafvollzug, was ihm an die Strafe anzurech- nen ist (Art. 51 StGB).
Hinsichtlich des Vollzugs der Geldstrafe kann vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 106 S. 52 f.). Beim Beschuldigten kann nicht von einer günstigen Prognose ausgegangen werden, womit die Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 30 zu vollziehen ist.
Die Busse ist zu bezahlen. Für den Fall des schuldhaften Nichtbezahlens der Busse ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen auszusprechen (Art. 106 Abs. 2 StGB).
Die Vorinstanz hat eine Landesverweisung von 8 Jahren ausgesprochen. Mit ihrer Berufung beantragte die Staatsanwaltschaft mit Blick auf das schwere Tatverschulden eine solche von 12 Jahren (Urk. 114 S. 8; Urk. 171 S. 6). Der Be-
schuldigte hat gegen die Landesverweisung weder Berufung noch Anschlussberufung erhoben (Urk. 156; Urk. 174 S. 7). Damit steht im Berufungsverfahren nicht die Anordnung der Landesverweisung zur Diskussion, sondern lediglich deren Dauer.
Gemäss Art. 66a StGB ist die Landesverweisung für 5 bis 15 Jahre auszusprechen, wobei die Dauer verhältnismässig sein muss. Die Vorinstanz hat die weiteren Grundlagen der Landesverweisung zutreffend dargelegt und ist mit ebenso zutreffender Begründung zum Schluss gelangt, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind und kein Hürtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB vorliege (Urk. 106 S. 53 f.). Auf diese Ausführungen kann zunächst verwiesen werden.
Der Beschuldigte hat hinterhältig eine gravierende Tat begangen. Das Tatverschulden des Beschuldigten wurde im mittelschweren Bereich verortet. So- dann ist zu berücksichtigen, dass sich der Beschuldigte zwar seit rund 15 Jahren in der Schweiz befindet, hingegen von ihm weiterhin eine potentielle gefährdung für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Es erscheint deshalb als angemessen, die Dauer der Landesverweisung antragsgemäss auf 12 Jahre festzusetzen.
Der Beschuldigte ist nicht Bürger eines Schengen-Mitgliedstaates und wurde zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weshalb die Landesverweisung im Schengener-Informationssystem auszuschreiben ist.
Die Vorinstanz hat die Grundlagen zur Zivilklage, namentlich zur Schadenersatzforderung sowie zum Genugtuungsbegehren zutreffend wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 106 S. 57 ff.). Nachdem der Entscheid der Vorinstanz, wonach das Schadenersatzbegehren des Privatklägers 1 auf den Weg des Zivilprozesses zu verwiesen sei, nicht mehr Gegenstand der Berufung ist, gilt es nur noch über das Genugtuungsbegehren des Privatklägers 1 zu entscheiden.
Die Vorinstanz hat, ausgehend von einer gegenüber dem Privatkläger 1 begangenen schweren Körperverletzung, eine Genugtuung von Fr. 1'000 aus-
gesprochen. Im Mehrbetrag hat sie das Genugtuungsbegehren abgewiesen (Urk. 106 S. 59). Der Privatkläger 1 verlangte im Berufungsverfahren eine Genugtuung von Fr. 2'000 (Urk. 125 S. 2; Urk. 172). Er begründete seinen Anspruch mit den vergleichsweise leichten Tatfolgen einerseits und dem missbrauchten Vertrauen andererseits. So sei er nach der Tat unter erheblichem Schock gestan- den und leide noch heute unter erheblicher Angst vor dem Beschuldigten (Urk. 78 S. 10; Urk. 172 S. 4).
Der Beschuldigte hielt dem entgegen, der Privatkläger 1 habe sich nie in Lebensgefahr befunden, es sei nur eine äusserst simple medizinische Behandlung erfolgt und die erlittenen Verletzungen würden ohne Narbenbildung abheilen. Die Bemessung der Genugtuungssumme der Vorinstanz mit Fr. 1'000 erweise sich als angemessen (Urk. 81 S. 18; Urk. 174 S. 9).
Für das Gericht ist unbestritten, dass der Privatkläger 1 eine genügend schwere Beeinträchtigung in seinen persönlichen Verhältnissen erlitten hat, um mit Erfolg eine Genugtuung für sein Unbill geltend machen zu können. Der Privatkläger 1 hat seine Genugtuungsforderung substantiiert begründet und dargelegt, in welcher Form die Tat bei ihm zu immaterieller Unbill gefährt hat. Der Beschul- digte hat zu den einzelnen geltend gemachten Gründen keine Stellung genommen, obwohl ihm dies ohne weiteres möglich gewesen wäre. Es wäre ihm möglich gewesen, die vorgebrachten, genugtuungsbegründenden Tatsachen einzeln und substantiiert zu bestreiten. Indem er dies nicht getan hat, bleiben die Ausführungen des Privatklägers 1 unbestritten und dementsprechend ist für die Bemessung der Genugtuungssumme auf sie abzustellen.
Dem Gericht bleibt bei seinem Entscheid über die Höhe der Genugtuungssumme ein weiter Ermessenspielraum. Im Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen und unter BeRücksichtigung der Schwere der Rechtsgutverletzung sowie den Folgen der Tat erweist sich eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 2'000 als angemessen. Mangels entsprechenden Antrags ist die Forderung nicht zu verzinsen.
Ausgangsgemäss ist die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziffer 16) zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO).
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist praxisgemäss auf Fr. 3'600 festzusetzen.
Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft unterliegt hinsichtlich ihre Antrages auf Verurteilung wegen versuchter vorsätzlicher Tütung betreffend den Anklagesachverhalt D vollumfänglich sowie in geringem Umfang hinsichtlich der beantragten Sanktion für den Beschuldigten. In diesem mit einem Drittel zu veranschlagenden Umfang ist sie als unterliegend zu behandeln. Ausgangsgemäss sind somit die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 1, dem Beschuldigten zu zwei Dritteln aufzuerlegen und zu einem Drittel auf die Staatskasse zu nehmen. Auf die Hauptberufung des Privatklägers 1 wurde nicht eingetreten. Dies verursacht jedoch keinen nennenswerten Aufwand, weshalb dieser Umstand vernachlüssigt werden kann.
Die amtliche Verteidigung machte für ihre Aufwendungen im Berufungsverfahren Fr. 9'967.65 (inkl. Aufwand für die Berufungsverhandlung, Barauslagen und MwSt) geltend (Urk. 175). Das geltend gemachte Honorar steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung und erweist sich grundsätzlich als angemessen. Die um 2.5 Stunden kürzere Dauer der Berufungsverhandlung ist mit einem Abzug von Fr. 592.35 (2.5 h x Fr. 220 = Fr. 550 zugöglich
Fr. 42.35 MwSt) zu berücksichtigen, womit Rechtsanwältin Y1.
mit einem
pauschalen Honorar von Fr. 9'400 (inkl. Barauslagen und MwSt) aus der Gerichtskasse zu entschädigen ist. Die unentgeltliche Vertretung des Privatklägers 1 machte für ihre Aufwendungen und Barauslagen im Berufungsverfahren Fr. 2'255.95 (exkl. Aufwand für die Berufungsverhandlung; inkl. MwSt) geltend (Urk. 169; Urk. 173). Auch dieses Honorar steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung und erweist sich grundsätzlich als angemessen. Unter Anrechnung der Berufungsverhandlung (5.5 h x Fr. 220 = Fr. 1'210 zuzüglich Fr. 93.20 MwSt) ist Rechtsanwalt Bänger pauschal mit Fr. 3'600 (inkl. Barauslagen und MwSt) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 1 sind sodann einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten ist im Umfang von zwei Dritteln vorzubehalten (Art. 135 Abs. 4 StPO).
Es wird beschlossen:
Auf die II. Berufung des Privatklägers 1 wird nicht eingetreten.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 3. Abteilung, vom 9. Mai 2022 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B. ist schuldig
- [...];
- des rechtswidrigen Aufenthalts im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG (Anklageziffer B);
- [...].
2.-7. [...]
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 3. August 2021 beschlagnahmte und bei der Kantonspolizei Zürich, Asservaten-Triage, unter der Geschäfts-Nr. 80789920 lagernde Schlüsselbund (Asservate- Nr. A015'274'085) wird dem Beschuldigten innert einer Frist von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen hin herausgegeben, ansonsten wird er der LagerBehörde zur gutscheinenden Verwendung überlassen.
Folgende mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom
16. Dezember 2021 beschlagnahmten und beim Forensischen Institut Zürich unter der Geschäfts-Nr. 80789920 lagernde Kleider werden dem Beschuldigten innert einer Frist von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen hin herausgegeben, ansonsten werden sie der LagerBehörde zur gutscheinenden Verwendung überlassen:
Hose Asservate-Nr. A015'262'983
Gurt Asservate-Nr. A015'262'994
T-Shirt Asservate-Nr. A015'263'000
Schuhe Asservate-Nr. A015'262'698
Folgende mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom
16. Dezember 2021 beschlagnahmten und beim Forensischen Institut Zürich unter der Geschäfts-Nr. 80789920 lagernde Kleider werden dem Privatkläger A.
innert einer Frist von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen hin herausgegeben, ansonsten werden sie der LagerBehörde zur gutscheinenden Verwendung überlassen:
Hose Asservate-Nr. A015'263'033
T-Shirt Asservate-Nr. A015'262'712
Schuhe Asservate-Nr. A015'263'022
Die beim Forensischen Institut Zürich unter der Referenznummer K210801-010 lagernden Spurenasservate werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils vernichtet.
Der Privatkläger A. wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
[...]
Der Privatkläger C. wird mit seiner Zivilforderung auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 4'500.00; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 1'100.00 gebühr AnklageBehörde
Fr. 4'995.10 Auslagen (Gutachten)
Fr. 10'590.80 amtliche Verteidigung durch RA Y2.
Fr. 12'291.40 amtliche Verteidigung durch RAin Y1.
Fr. 10'774.00 unentgeltlicher Rechtsbeistand von A.
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten. 16. [...]
Der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. Y2. , wurde mittels Beschluss vom 9. März 2022 mit Fr. 10'590.80 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschä- digt. Vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von drei Vierteln.
Die amtliche Verteidigerin, Rechtsanwältin MLaw Y1. , wird mit Fr. 12'291.40 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschädigt, vorbehalten bleibt eine Nachfor- derung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von drei Vierteln.
Der unentgeltliche Rechtsbeistand des Privatklägers A. , Rechtsanwalt MLaw X. , wird mit Fr. 10'774 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschädigt, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von einem Zweitel.
[Mitteilungen]
21.-23. [Rechtsmittel]
Mändliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebe- nen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B. ist zudem schuldig
der versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB betreffend den Anklagesachverhalt A sowie
der mehrfachen übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG (Anklagesachverhalt E).
Der Beschuldigte B. wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tütung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB betreffend den Anklagesachverhalt D.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 7 Jahren Freiheitsstrafe (wovon 782 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 30 und einer Busse von Fr. 300.
Die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe sind zu vollziehen.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 12 Jahre des Landes verwiesen.
Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird angeordnet.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 1 A. als Genugtuung zu bezahlen.
Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziffer 16) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'600 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 9'400 amtliche Verteidigung
Fr. 3'600 unentgeltliche Vertretung Privatkläger 1
Fr. 2'000
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 1, werden dem Beschuldigten zu zwei Dritteln auferlegt und zu einem Drittel auf die Staatskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 1 werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten im Umfang von zwei Dritteln bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Mändliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (übergeben)
die zuführenden Polizeibeamten zuhanden der Vollzugseinrichtung (übergeben)
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste (versandt)
die Vertretung des Privatklägers 1 im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers 1 (übergeben)
den Privatkläger 2 (versandt)
(Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird dem Privatkläger 2 nur zugestellt, sofern er dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangt.)
das Migrationsamt des Kantons Zürich (versandt) sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich
die Vertretung des Privatklägers 1 im Doppel für sich und den Privatkläger 1
das Staatssekretariat für Migration SEM
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten
die Kantonspolizei Zürich, KDM-FS-A, betr. Dispositivziffer 8 (Geschöfts-Nr. 80789920) des vorinstanzlichen Urteils
das Forensische Institut Zürich, betr. Dispositivziffern 9-11 (Geschäfts- Nr. 80789920) des vorinstanzlichen Urteils
die amtliche Verteidigung betr. Dispositivziffern 8 und 9 des vorinstanzlichen Urteils bzw. Herausgabefrist
den Vertreter des Privatklägers 1 betr. Dispositivziffer 10 bzw. Herausgabefrist des vorinstanzlichen Urteils.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebe- nen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 21. September 2023
Der Präsident:
lic. iur. Ch. Prinz
Der Gerichtsschreiber:
MLaw S. Zuber
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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