Zusammenfassung des Urteils SB220350: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 14. November 2023 über einen Fall von qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz entschieden. Der Beschuldigte A. wurde schuldig gesprochen und mit 15 Monaten Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100 CHF bestraft. Es wurde auch die Abnahme einer DNA-Probe angeordnet. Die Gerichtskosten wurden auf insgesamt 15'314.05 CHF festgesetzt. Der Beschuldigte hat die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich eingelegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220350 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 14.11.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. und Widerruf |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Freiheit; Betäubungsmittel; Freiheitsstrafe; BetmG; Vorinstanz; Berufung; Kokain; Geldstrafe; Urteil; Verteidigung; Sinne; Vollzug; Gericht; Staatsanwalt; Widerruf; Tagessätzen; Dispositiv; Menge; Staatsanwaltschaft; DNA-Profil; Gramm; Vorstrafe; Betäubungsmittelgesetz; Verfahren; Täter; Dispositiv-Ziff; Kanton; Probezeit |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ;Art. 138 StPO ;Art. 257 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 34 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 40 StGB ;Art. 404 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 44 StGB ;Art. 45 StGB ;Art. 46 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 103 IV 280; 104 IV 148; 109 IV 143; 109 IV 145; 118 IV 200; 120 IV 334; 134 IV 140; 138 IV 120; 141 IV 249; 143 III 65; 144 IV 217; 144 IV 313; 145 IV 137; 145 IV 263; 145 IV 312; 146 IV 297; 147 IV 241; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220350-O/U/bs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.
K. Vogel und Ersatzoberrichterin lic. iur. C. Jost sowie der Gerichtsschreiber MLaw L. Zanetti
Urteil vom 14. November 2023
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X1.
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte sowie Anschlussberufungsklägerin
betreffend qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. und Widerruf
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 13. Januar 2022 (Urk. 16) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 32 S. 21 ff.)
?Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Abs. 2 lit. a BetmG,
des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit.d BetmG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 15 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 50 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 100.
Die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe werden vollzogen.
Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs bezüglich des mit Urteil des Regionalgerichts prättigau/Davos vom 15. Februar 2018 ausgefällten Strafteils von 15 Monaten Freiheitsstrafe wird verzichtet und der Beschuldigte wird verwarnt.
Es wird die Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes angeordnet. Das Forensische Institut Zürich (FOR) wird mit dem Vollzug beauftragt und der Beschuldigte wird verpflichtet, innert 30 Tagen ab Eintritt der Rechtskraft des Urteils beim Forensischen Institut Zürich, Eingang ?Kantonspolizei, Kasernenstrasse 29 8004 Zürich zwecks DNA-Probenahme für die DNA-Profilerstellung zu erscheinen.
Kommt er dieser Verpflichtung unentschuldigt nicht nach, wird die Kantonspolizei hiermit verpflichtet, ihn auf entsprechende Mitteilung des Forensischen Instituts Zürich hin zwangsweise vorzuführen. Der Beschuldigte wird auf Art. 205, 207 und 417 StPO aufmerksam gemacht.
Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom
13. Januar 2022 beschlagnahmten bzw. bei der Kantonspolizei Zürich sichergestellten Gegenstände werden dem Beschuldigten innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids auf erstes Verlangen hin herausgegeben, beziehungsweise nach Ablauf dieser Frist der zuständigen LagerBehörde zur Vernichtung bzw. gutscheinenden Verwendung überlassen:
Mobiltelefon Apple iPhone, Asservat-Nr. A015'080'576;
SIM-Karte, Asservat-Nr. A015'117'530;
SIM-Karten-Halterung, Asservat-Nr. A015'117'541.
Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom
13. Januar 2022 beschlagnahmten bzw. beim Forensischen Institut Zürich (FOR)/Kantonspolizei Zürich sichergestellten Betäubungsmittel, Spuren sowie Datensicherungen werden eingezogen und der zuständigen LagerBehörde zur Ver- nichtung überlassen:
Kokain, circa 50 Gramm, Asservat-Nr. A015'080'587, BM-Lagernummer B01405-2021;
Betäubungsmittel - Fingernagelr?nder, Asservat-Nr. A015'081'977;
Datensicherung Mobiltelefon, Asservat-Nr. A015'122'299.
Rechtsanwalt lic. iur. X2. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 8'589.05 (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 3'600 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'800 gebühr Strafuntersuchung
Fr. 475 Kosten Kantonspolizei Zürich
Fr. 330 Gutachten/Expertisen etc.
Fr. 8'589.05 amtliche Verteidigung Rechtsanwalt lic. iur. X2.
Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
[Mitteilungen]
[Rechtsmittel]?
BerufungsAnträge:
(Prot. II S. 4 f.)
Der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 50 S. 2):
? 1. Der Schuldspruch wegen des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d i.V.m. Abs. 2 lit. a BetmG sei aufzuheben. A. sei lediglich wegen mehrfacher Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG schuldig zu sprechen;
A. sei mit einer Geldstrafe von maximal 180 Tagessätzen (wovon bereits 50 Tage durch Haft erstanden sind) zu maximal CHF 70.00 zu bestrafen;
Die Geldstrafe sei bedingt zu vollziehen;
Von der Abnahme einer DNA-Probe und der Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 257 lit. a StPO sei zu abzusehen;
Unter ausgangsgemüssen Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) für das erstinstanzliche Verfahren sowie die Berufungsverfahren
Der Staatsanwaltschaft (Urk. 49 S. 1):
? 1. Es sei der mit Urteil des Regionalgerichts prättigau / Davos vom 15. Februar 2018 bedingt ausgefällte Vollzug des Strafteils von 15 Monaten Freiheitsstrafe zu widerrufen.
Der Beschuldigte sei unter Einbezug des widerrufenen Strafteils mit einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten als Gesamtstrafe zu bestrafen.
Der Beschuldigte sei ferner mit einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 130 zu bestrafen.
Im übrigen sei das Urteil der Vorinstanz vom 3. März 2022 im Verfahren DG220011 soweit es nicht bereits in Rechtskraft erwachsen ist unter Kostenauflage an den Beschuldigten zu bestätigen
Erwägungen:
Verfahrensgang
Nach durchgefährter Strafuntersuchung erhob die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat am 13. Januar 2022 Anklage beim Bezirksgericht Zürich (Urk. 16).
Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten, A. , am 3. März 2022, unmittelbar anschliessend an die Hauptverhandlung (Prot. I S. 6 ff.), verschiedener, teils qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig. Im Rahmen der Sanktionierung fällte die Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten sowie eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 100 aus, beides unbedingt. Vom Widerruf des bedingten Vollzugs einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten sah die Vorinstanz ab. Sodann wurde die Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils angeordnet. Bezüglich der beschlagnahmten Gegenstände fällte die Vorinstanz einen differenzierten Entscheid teils auf Herausgabe, teils auf Einziehung und/oder Vernichtung. Im Detail lassen sich diese und die übrigen Entscheidungen der Vorinstanz dem eingangs wiedergegebenen Urteilsdispositiv entnehmen (Urk. 32 S. 21 ff.).
Gegen das noch am selben Tag zunächst Mändlich und schriftlich im Dispositiv eröffnete Urteil (Prot. I S. 21, Urk. 26) liess der Beschuldigte am 12. März 2022 und damit fristgerecht Berufung anmelden (Urk. 27). Am 4. Juli 2022 wurde das schriftlich begründete Urteil (Urk. 29 = Urk. 32) an die Parteien versandt, welche es am Folgetag zugestellt bekamen (Urk. 31/12).
Die BerufungsErklärung namens des Beschuldigten ging am 15. Juli 2022 und damit innert der Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO hier ein (Urk. 37). Verfasst wurde sie von Rechtsanwalt lic. iur. X1. , der mit Eingabe ebenfalls vom
15. Juli 2022 namens des Beschuldigten und unter Beilage einer Vollmacht den Wechsel der amtlichen Verteidigung auf seine Person beantragte (Urk. 34). Der vormals mit dieser Funktion betraute Rechtsanwalt lic. iur. X2. hatte dazu sein Einverständnis gegeben (Urk. 38), sodass dem Wechsel der amtlichen Verteidigung mit präsidialVerfügung vom 22. Juli 2022 stattgegeben wurde. Gleichzeitig wurde eine Kopie der BerufungsErklärung der Staatsanwalt zugestellt und Frist angesetzt, um gegebenenfalls Anschlussberufung zu erheben ein Nichteintreten zu beantragen (Urk. 39).
Mit Eingabe vom 27. Juli 2022 erklärte die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung, und zwar beschränkt auf die Bemessung der Strafe und den Verzicht auf den Widerruf des bedingten Vollzugs der Vorstrafe (Urk. 41).
Am 18. Juli 2023 wurde zur Berufungsverhandlung vorgeladen, wobei angekündigt wurde, dass an der Sitzung auch gerade in der Strafsache betreffend B. (Verfahren Nr. SB230096-O) verhandelt werde (Urk. 46).
Zur Berufungsverhandlung erschienen gestern, am 13. November 2023, der Beschuldigte und sein amtlicher Verteidiger, sodann der im Rubrum genannte Vertreter der Anklägerin und schliesslich auch der im Verfahren Nr. SB230096-O
Beschuldigte B.
samt dessen Verteidiger (Rechtsanwalt lic. iur. Y1.
und Rechtsanwältin Dr. Y2. ; Prot. II S. 4). Vorfragen und BeweisAnträge waren keine zu behandeln und abgesehen von den Einvernahmen der jeweiligen Beschuldigten auch keine Beweise abzunehmen (Prot. II S. 7). Das Verfahren ist spruchreif.
Umfang der Berufung
Gemäss der BerufungsErklärung des Beschuldigten (Urk. 37 S. 2, vgl. auch Prot. II S. 4 f.) richtet sich seine Berufung
gegen den vorinstanzlich ergangenen Schuldspruch wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d i.V.m. Abs. 2 lit. a BetmG (1. Lemma von Dispositiv-Ziffer 1),
gegen die Strafe (Dispositiv-Ziffer 2) und deren Vollzug (Dispositiv-Ziffer 3),
gegen die Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils (Dispositiv-Ziffer 5) sowie
gegen den Vorbehalt der vollständigen Nachforderung der Kosten der amtlichen Verteidigung (zweiter Teilsatz von Dispositiv-Ziffer 11).
Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft (Urk. 41 S. 1) beschränkt sich wie schon erwähnt auf die Bemessung der Strafe (Dispositiv-Ziffer 2) und den Verzicht auf den Widerruf des bedingten Vollzugs der Vorstrafe (Dispositiv-Ziffer 4; Urk. 41, vgl. auch Prot. II S. 5).
In Rechtskraft erwachsen ist damit der Schuldspruch wegen mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG (Erwerb von Marihuana; 2. Lemma von Dispositiv-Ziffer 1), die Entscheide über die Herausgabe des beschlagnahmten Mobiltelefons und zweier SIM-Karten (Dispositiv-Ziffer 6), die Einziehung und Vernichtung der beschlagnahmten Betäubungsmittel, SpurentRüger und Datensicherungen (Dispositiv-Ziffer 7), die Festsetzung des Honorars des vormaligen amtlichen Verteidigers für das erstinstanzliche Verfahren (Dispositiv-Ziffer 8) und die Kostenfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren (Dispositiv-Ziffer 9).
Der Eintritt der in Rechtskraft erwachsenen Anordnungen ist vorab mittels Beschluss festzustellen (Art. 399 Abs. 3 StPO in Verbindung mit Art. 402 und 437 StPO sowie Art. 404 StPO).
In den übrigen Punkten steht der angefochtene Entscheid unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbotes (Art. 391 Abs. 2 StPO) grundsätzlich zur Disposition. In den angefochtenen Punkten überpröft das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil umfassend (Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO).
Formelles
Soweit für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des eingeklagten Sachverhaltes auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts [BGer] 6B_570/2019 vom 23. September 2019 E. 4.2 m.w.H.), auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO) folgt die Pflicht des Gerichts, seinen Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die wesentlichen überlegungen nennen, von denen sich das
Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stätzt. Es darf sich aber auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken und muss sich nicht ausdRücklich mit jeder tatsächlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinan- dersetzen und diese widerlegen. Es kann sich mithin auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Ebenso wenig lässt sich Art. 6 Ziff. 1 EMRK in der Weise auslegen, dass eine detaillierte Antwort auf jedes Argument gefordert würde (BGE 146 IV 297 E. 2.2.7, BGE 143 III 65 E. 5.2, BGE 141 IV 249 E. 1.3.1,
BGer 6B_689/2019 vom 25. Oktober 2019 E. 1.5.2, je mit Hinweisen).
Ausgangslage, Standpunkte
Soweit noch verfahrensgegenständlich wirft die Anklage (Urk. 16) dem Beschuldigten vor (hier zusammengefasst), er habe am frühen Nachmittag des
3. Juni 2021 von B. 49.8 Gramm Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt von 93% (entsprechend 46.2 g reines Kokain) zum Preis von Fr. 3'000 übernommen, welches er zuvor ausDrücklich bestellt habe. Dieses Kokain habe der Beschuldigte wissentlich und willentlich erworben, um es einer unbekannten Vielzahl von Personen, insbesondere an einer bevorstehenden Geburtstagsfeier, zugänglich zu machen.
Dem Beschuldigten wird dabei in subjektiver Hinsicht weiter vorgeworfen, dass er beim Kauf um die Art, Qualität und Menge gewusst habe bzw. dass er diese Parameter zumindest in Kauf genommen habe. darüber hinaus habe der Beschuldigte auch um die Gefahren des von ihm geplanten In-Umlauf-Setzens des Kokaingemischs in dieser Menge gewusst. Er habe über die weitere Verwendung keine konkreten Kenntnisse gehabt. Er habe indes gewusst und auch gewollt aber in Kauf genommen, dass eine Vielzahl von Menschen dabei gefährdet würde (Gefahr einer abhängigkeit, Gefahr einer gesundheitlichen Schädigung).
Nach Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG macht sich strafbar, wer Betäubungsmittel (u.a.) unbefugt erwirbt. Eine qualifizierte Wiederhandlung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG liegt vor, wenn der täter weiss annehmen muss, dass die
Widerhandlung mittelbar unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Die Widerhandlung gegen Art. 19 Abs. 1 BetmG ist als abstraktes gefährdungsdelikt ausgestaltet (BGE 118 IV 200 E. 3f).
In objektiver Hinsicht ist vom Beschuldigten eingeräumt worden (vgl. Urk. 2/5 F/A 23 ff., 42 ff.; Urk. 3/2 F/A 7 ff.; nach anfänglichem Bestreiten: Urk. 2/1 F/A 3 ff.; Urk. 3/1 F/A 4 ff.) und auch vom Untersuchungsergebnis gedeckt (Urk. 1/15; Urk. 1/6/2 und Urk. 1/6/4), dass er wie eingeklagt das Kokaingemisch bei B. erwarb (so bereits die Vorinstanz in Urk. 32 E. II/2.1 S. 4; Urk. 50 Rz 5
S. 5). Dass ein Erwerb im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG vorliegt, steht damit fest.
Bestritten vom Beschuldigten ist auch im Berufungsverfahren, dass er wusste auch nur hätte annehmen müssen, dass er mit seinem Kauf mittelbar unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr hätte bringen können (vgl. etwa Urk. 50 Rz 1 S. 4). Seine Berufung zielt also vor allem darauf, dass der Qualifikationstatbestand gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG nicht erfüllt sei.
Der Beschuldigte macht in diesem Zusammenhang geltend, er habe eigentlich eine viel kleinere Menge Kokain kaufen wollen, deutlich unter 18 Gramm. B. _, der einzige ihm bekannte Lieferant, habe ihm aber gesagt, dass die Mindestmenge 50 Gramm betrage, dass weniger zu kaufen nicht ginge (Urk. 50 Rz 6 und 8 S. 5 f.). Da habe er, der eigentlich kein Drogenkonsument sei, im Hinblick auf sein Fest zum
30. Geburtstag einmalig, ausnahmsweise, Kokain gekauft (Urk. 50 Rz 9 f. S. 7). Nach seinem Plan beim Kauf wäre das Kokain primür für ihn selbst gewesen und hätte er dem einen anderen seiner Gäste (ein paar wenige) wohl auch noch etwas abgegeben (Urk. 50 Rz 12 ff. S. 8 ff.). Womöglich hätte er aber so die Verteidigung weiter sich vor dem Fest noch anders entschieden, etwa weil ihn der Mut verlassen hätte (Urk. 50 Rz 11 S. 7 f.). Es könne unter diesen Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass er das Kokain einer Vielzahl von Personen zugänglich gemacht habe (Urk. 50 Rz 18 S. 11).
Die Staatsanwaltschaft erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Betäubungsmitteldelikte abstrakte gefährdungsdelikte sind. Ob eine tatsächliche Gefahr geschaffen wurde, sei mithin nicht massgebend (Prot. II S. 8).
Zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands Gefährdung vieler Menschen?
Selbstredend nicht zu entlasten vermag sich der Beschuldigte damit, dass er eigentlich lieber eine kleinere Menge Kokaingemisch gekauft hätte, ihm halt aber von seinem Lieferanten eine Mindestmenge 50 Gramm angegeben worden sei. Bei einem solchen Widerwillen wäre dem Beschuldigten freigestanden, auf den Kaufabschluss schlicht zu verzichten. Zum Kauf gezwungen wurde er offensichtlich nicht. Letztlich kaufte er diese Menge wissentlich und willentlich, worauf er sich auch behaften lassen muss.
Ein qualifiziertes Betäubungsmitteldelikt im Sinne von Art 19 Abs. 2 lit. a BetmG liegt in objektiver Hinsicht vor, wenn die Widerhandlung geeignet ist, die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen (OFK/BetmG-SCHLEGEL/JUCKER, BetmG 19 N 176; BGE 120 IV 334 E. 2a).
während der Frühere Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG ausDrücklich auf den Begriff
?Menge der Betäubungsmittel? Bezug nahm, ist dies in der aktuellen, seit 1. Juli 2011 geltenden Fassung dieser Bestimmung nicht mehr der Fall. Somit können bei der Beurteilung der gefährdung vieler Menschen weitere Elemente, wie etwa die besonderen Risiken, die mit besonders reinen Drogen (Risiko einer überdosis) mit gefährlichen Mischungen verbunden sind, beRücksichtigt werden. Die Betäubungsmittelmenge stellt somit nicht das einzige, jedoch nach wie vor das zentrale Kriterium dar (BGE 145 IV 312 E. 2.1.2 mit Hinweisen; BGer 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 1.3.4).
Das Bundesgericht setzte in BGE 109 IV 143 die Werte zur Berechnung der das Risiko einer psychischen abhängigkeit erzeugenden Betäubungsmittelmenge für einzelne Betäubungsmittel fest und ging dabei von folgenden Kriterien aus: Die Gesundheit vieler Menschen kann mit einer Menge von Betäubungsmitteln in Gefahr gebracht werden, die bei drogenunerfahrenen Konsumenten und der gefährlichsten gebräuchlichen Applikationsart ausreicht, um bei mindestens 20 Menschen mindestens psychopathologische Folgeerscheinungen zeitigen zu können. Bei der Bestimmung des qualifizierten Delikts wird von medizinischen Beurteilungen ausgegangen, wie viele Konsumationen welcher üblichen jeweiligen Menge von Betäubungsmittelwirkstoff bei einem Menschen zum Risiko mindestens
psychischer physischer abhängigkeit führen. Diese Menge wird mit der entsprechenden Zahl der Konsumationen und mit 20 Menschen multipliziert. Das Resultat ergibt diejenige Menge des entsprechenden Betäubungsmittels, welche im Sinne von Art 19 Abs. 2 lit. a BetmG die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann (OFK/BetmG-SCHLEGEL/JUCKER, BetmG 19 N 178; HUG-BEELI, BetmG, Art. 19 N 852, 854). Gemäss BGE 109 IV 145, welcher nach wie vor Gültigkeit hat, ist ab einer Menge von 18 Gramm reinen Kokains von einem schweren Fall im Sinne von Art 19 Abs. 2 lit. a BetmG auszugehen.
Zu beachten bleibt der Eigenkonsum: Erwirbt resp. besitzt der täter Betäubungsmittel sowohl zum Zweck des Verkaufs als auch zum Eigenkonsum, darf die für den persönlichen Konsum bestimmte Menge für die Annahme eines schweren Falls im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG nicht beRücksichtigt werden (BGE 145 IV 312 E. 2.1.1; BGer 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 1.3.2).
Das Gericht hat damit zwar im Einzelfall zu prüfen, ob die in Verkehr gebrachte Betäubungsmittelmenge geeignet ist, die menschliche Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zu gefährden. Für die Annahme eines qualifizierten Falls ist aber nicht der Nachweis erforderlich, dass die Drogen konkret an mindestens 20 verschiedene Personen abgegeben wurden abgegeben worden wären (BGer 6B_1441/2019 vom 30. März 2020 E. 2.5). Vielmehr lässt die bundesgerichtliche Rechtsprechung den Besitz zwecks Weitergabe an einen unbestimmten Abnehmerkreis? genügen (BGer 6B_134/ 2021 vom 20. Juni 2022 E. 1.5; 6B_1440/2019
vom 25. Februar 2020 E. 2.3.2; BGE 103 IV 280 E. 1).
Wohl gibt es diesbezüglich Konstellationen, in welchen in Bezug auf den Abnehmerkreis Ausnahmen angebracht sind. Eine solche erkannte das Bundesgericht etwa im Entscheid BGE 120 IV 334, wo der täter Drogen (dort mehr als 12 Gramm Heroin) an eine einzige süchtige Bezugsperson zum eigenen gemeinsamen Konsum weitergab und dabei die Gewissheit hatte, dass die Drogen nicht weitergegeben würden (a.a.O. E. 2b/aa). Da sah das Bundesgericht hinreichende Gründe, nicht von einem schweren Fall auszugehen. Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.
Vorliegend ist unbestritten, dass das Kokain auch zur Abgabe an Dritte bestimmt war (vgl. BGer 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 4.3.2). Es ist nun nicht anzunehmen, dass es sich bei den Gästen am fraglichen Geburtstagsfest, die mit konsumiert hätten, um bereits süchtige nahe Bezugspersonen handelte (vgl. Prot. I S. 10 f.). Unwahrscheinlich ist auch, dass das gesamte Kokaingemisch
(46.2 Gramm reines Kokain) am selben Anlass konsumiert worden wäre (vgl. auch der Beschuldigte in Prot. I S. 11 bzw. 13: Ich hätte den Rest beiseitegelegt?;
allenfalls für einen andern Geburtstag verwendet). Der Beschuldigte konnte also keine Gewissheit haben, dass er und einige wenige (unter 20) Partyteilnehmer diese Menge unter seiner Aufsicht konsumieren würden (vgl. Urk. 3/2 F/A 37 f.). Angesichts dessen, dass der Beschuldigte nach seinen Angaben selber kein regelmässiger Drogenkonsument ist, kann auch ausgeschlossen werden, dass er vom gekauften Kokain mehr als 28.2 Gramm (46.2g - 18 g = 28.2 g) persönlich konsumiert hätte und nur einen unter dem Schwellenwert von 18 Gramm liegenden Rest an Dritte weitergegeben hätte.
Es ist noch mit weiteren potentiellen Abnehmern auch nach dem damals bevorstehenden Geburtstagsfest zu rechnen. Die Menge an gekauftem Kokaingemisch war somit geeignet, eine Vielzahl von Menschen zu gefährden, und das drohte konkret. Eine solche gefährdung hat der Beschuldigte mindestens in Kauf genommen.
Fazit
Aufgrund des Ausgefährten und mangels Rechtfertigungs- und/oder SchuldausschlussGründen liegt ein qualifiziertes Betäubungsmitteldelikt im Sinne von Art 19 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Abs. 2 lit. a BetmG vor, wofür der Beschuldigte zu bestrafen ist.
Ausgangslage, Grundsätze
Die AnklageBehörde fordert wie bereits im erstinstanzlichen Hauptverfahren den Widerruf des bedingten Teils von 15 Monaten Freiheitsstrafe einer Vorstrafe und unter dessen Einbezug die Bestrafung des Beschuldigten mit einer GesamtFreiheitsstrafe von 27 Monaten sowie mit einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen (Urk. 16 S. 4 [Tagessatz Fr. 100]; Urk. 49 S. 1 [Tagessatz aktualisiert Fr. 130]). Die Verteidigung beantragt im Berufungsverfahren eine Bestrafung mit einer be- dingten Geldstrafe von maximal 180 Tagessätzen (Urk. 50 S. 2 und 24 [Verzicht auf den Widerruf]; vgl. auch Urk. 23 S. 1). Die Vorinstanz bestrafte den Beschuldigten mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten und einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 100, beides unbedingt. Hinsichtlich eines Widerrufs liess es die Vorinstanz bei einer Verwarnung bewenden (Urk. 32 S. 21, Dispositiv-Ziff. 24). Die Sanktion steht im Berufungsverfahren zur Disposition.
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB, namentlich der Gesamtstrafenbildung nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwen- dung des Asperationsprinzips, sowie die Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (siehe z.B. BGE 144 IV 313 E. 1, 144 IV 217 E. 2 f., 136 IV 55 E. 5.4;
136 IV 55 E. 5.4 ff.; BGer 7B_181/2022 vom 27. September 2023 E. 2.2; je mit Hinweisen). Darauf sowie auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen (namentlich zu Fällen im Betäubungsmittelbereich; vgl. Urk. 32 E. IV/1.1 und IV/2.12.3 S. 7 ff.) kann verwiesen werden.
Die Bildung einer Gesamtstrafe ist nur bei gleichartigen Strafen möglich. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen, da das Asperationsprinzip nur greift, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden. Mehrere gleichartige Strafen liegen vor, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausFällen würde (BGE 144 IV 313
E. 1.1.3; 138 IV 120 E. 5.2; je mit Hinweisen).
Strafrahmen, Wahl Sanktionsart
Für qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BetmG sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens einem (1) Jahr vor, womit eine Geldstrafe verbunden werden kann. Das Höchstmass der Freiheitsstrafe beträgt 20 Jahre (Art. 40 Abs. 2 Satz 1 StGB).
Der Grundtatbestand von Art. 19 Abs. 1 BetmG enthält eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe vor (zutreffend zum Strafrahmen bereits die Vorinstanz in Urk. 32 E. IV/1.2 f. S. 8).
Bei der Wahl der Sanktionsart ist als wichtiges Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf die täterschaft und auf ihr soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 147 IV 241 E. 3.2; BGer 6B_355/2021 vom 22. März 2023 E. 3.3; je mit Hinweisen). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit soll nach konstanter Rechtsprechung bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift. Die Geldstrafe ist gegenüber der Freiheitsstrafe weniger eingriffsintensiv und daher als mildere Strafe anzusehen (BGE 138 IV 120 E. 5.2).
während für die qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Erwerb von >18 Gramm Kokain; Art. 19 Abs. 1 lit. d i.V.m. Abs. 2 lit. a BetmG) wie gesehen, von Gesetzes wegen, stets eine Freiheitsstrafe auszuFällen ist, kommt für den minderschweren Verstoss (mehrfacher Marihuana-Erwerb; Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG) von der abstrakten Strafandrohung her auch eine Geldstrafe in Frage (vgl. zum Ganzen BGE 144 IV 217 E. 3). Wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, bewegt sich die konkret auszuFällende Strafe für dieses Nebendelikt im Bereich von bis zu sechs Monaten bzw. 180 Tagessätzen, womit die Ausfüllung sowohl einer Freiheitsals auch einer Geldstrafe möglich ist (Art. 34 Abs. 1 StGB; Art. 40 Abs. 1 StGB).
Mit der Vorinstanz (Urk. 32 E. IV/1.3 S. 8) sowie der Staatsanwaltschaft sind keine Gründe ersichtlich, die es als notwendig erscheinen lassen würden, betreffend das Nebendelikt von der Geldstrafe als Regelsanktion abzusehen und eine Freiheitsstrafe zu verhängen. Folglich ist der Beschuldigte diesbezüglich mit einer Geldstrafe zu sanktionieren.
Hauptdelikt: Erwerb von Kokain, teils zur Weitergabe
Tatverschulden
Die objektive Tatschwere ist in Relation zu setzen zum breiten Spektrum von denkbaren qualifizierten Drogendelikten.
Der Beschuldigte erwarb von B.___, den er aus einem Früheren Strafvollzug in Halbgefangenschaft gekannt hatte, 49.8 Gramm Kokaingemisch bzw. 46.2 Gramm reines Kokain zu einem Preis von Fr. 3'000. Es ist allgemein bekannt, dass es sich bei Kokain um eine sogenannte ?harte? Droge handelt, die ein grosses gesundheitsgefährdendes Potenzial hat und schnell und stark abhängig machen kann. Der Beschuldigte erwarb davon eine nicht unerhebliche Menge, welche den bundesgerichtlichen Schwelllenwert zum schweren Fall deutlich überschreitet, selbst wenn ein Teil davon zum Eigenkonsum bestimmt war. Der Reinheitsgehalts des Kokaingemischs und damit die potentielle gefährdung von Konsumenten war sehr hoch. Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass der Beschuldigte nur einmalig Kokain kaufte, dass der gekauften Menge etwas Zufälliges anhaftet (Mindestmenge? beim Lieferanten) und dass er vor allem nicht als eigentlicher Drogenhändler angesehen werden kann (ähnlich und zutreffend bereits die Vorinstanz in Urk. 32 E. IV/3.1.1 S. 9 f.).
Die objektive Tatschwere ist insgesamt, angesichts der ganzen Bandbreite an Verbrechen dieser Art, als sehr leicht einzustufen.
In subjektiver Hinsicht ist von direktem Vorsatz auszugehen, was den geplanten Erwerb des Kokains angeht. Der Beschuldigte wusste um die Betäubungsmittel und deren gefährdungspotential. Er war selber nicht süchtig. Es scheint ihm darum gegangen zu sein, sich und seinen Bekannten einen kurzfristigen, euphorisierenden Kick zu verschaffen und so besonders ausgelassene Partys zu feiern in Völliger Verkennung der Gefahren. Von finanziellen Motiven ist nicht auszugehen. Die subjektive Tatschwere vermag die objektive nur unwesentlich zu relativeren.
Angesichts des weiten Strafrahmens bei qualifizierten Drogendelikten wiegt das Tatverschulden sehr leicht. Für die Tatkomponente wäre eine Einsatzstrafe von 14 Monaten angemessen.
täterkomponenten
Was die Biografie und die persönlichen Verhältnisse anbelangt, kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz (Urk. 32 E. IV/3.2.1
S. 10 f.) verwiesen werden. Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aktualisierend aus, dass er nun, seit September 2022, wieder als Baupolier, in einem Bauunternehmen im Kanton Thurgau angestellt ist, wo er monatlich netto Fr. 6'500 (x 13) verdient. Inzwischen ist er wieder im Besitz des führerausweises. Nach wie vor lebt er mit seiner Freundin zusammen. Sie halten einen Hund. grundsätzlich läuft sein Leben in geordneten Bahnen (Urk. 48 S. 2). Diese persönlichen Verhältnisse zeitigen keine Auswirkungen auf die Strafzumessung.
Den Vorstrafen kommt bei der Strafzumessung allgemein eine wichtige Rolle zu (BSK StGB-WIpräCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 130). Wer ungeachtet Früherer Ver- urteilungen wiederum straffällig wird, erscheint als unbelehrbar und als uneinsichtig. Die Gültigkeit der Rechtsnormen ist dem Beschuldigten bereits persönlich verdeutlicht worden. Als Wiederholungstäter kennt er die Schädlichkeit seines Tuns wie auch die entsprechende soziale Missbilligung. Dies gilt nicht nur, aber umso mehr für einschlägige Vorstrafen (MATHYS, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl., Basel 2019, N 320 und 322).
Der Beschuldigte weist drei Vorstrafen auf (Urk. 33; vor Vorinstanz waren es noch deren vier [Urk. 12/1]):
Am 3. Juni 2014 wurde er mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (1.07 Gewichtspromille Alkohol) und mehrfacher übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Marihuana-Konsum) zu einer unbedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 80 und einer Busse von Fr. 100 verurteilt (Aktenzeichen A-7/2014/1129).
Dieselbe StrafBehörde verurteilte ihn am 31. Oktober 2016 wiederum wegen SVG- Widerhandlungen (Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit; grobe Verkehrsregelverletzung; Verstoss gegen das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren) zu einer unbedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 80 und einer Busse von Fr. 300 (Aktenzeichen B-4/2016/33057).
Und schliesslich wurde der Beschuldigte vom Regionalgericht prättigau/Davos am
15. Februar 2018 wegen neuerlicher Strassenverkehrsdelikte etc. (Missachtung einer polizeilichen Aufforderung anzuhalten zur Kontrolle; Fluchtfahrt mit Unfall; Gewalt und Drohung gegen Polizeifunktionüre; Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon 15 Monate bei einer Probezeit von 5 Jahren aufgeschoben wurden, sowie zu einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 160 und einer Busse von Fr. 300 verurteilt (Aktenzeichen 515-2017-15).
Diese Vorstrafen sind zwar nur am Rande einschlägig (was Betäubungsmittel- delikte angeht). Ins Gewicht fällt aber vor allem, dass der Beschuldigte trotz laufender Probezeit erneut delinquierte, was auf eine besondere Unbelehrbarkeit schliessen lässt.
Vorliegend ist angezeigt, aufgrund der drei Vorstrafen und Tatausübung während laufender Probezeit die Einsatzstrafe um 3 Monate auf 17 Monate zu Erhöhen (etwas milder als die Vorinstanz angesichts einer weggefallenen Vorstrafe [vgl. Urk. 32 E. IV/3.2.2 S. 11]).
Was das Teilgeständnis des Beschuldigten angeht, kann nur bedingt die Rede sein von echter Einsicht und/oder Reue. Angesichts der Beweislage der Beschuldigte wurde auf frischer Tat ertappt blieb nicht viel anderes übrig, als zuzugeben, was durch den Fahndungserfolg erwiesen war. Immerhin haben die Zugeständnisse das Verfahren aber vereinfacht. Die von der Vorinstanz (vgl. Urk. 32 E. IV/3.2.3 S. 11) dafür Gewährte Strafminderung von 2 Monaten erscheint dem angemessen und ist zu übernehmen.
Zwischenfazit
Was das Gesamtverschulden für das Hauptdelikt betrifft, erscheint dafür (mit Blick auf einen ordentlichen Strafrahmen bis zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe) eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten als angemessen.
Nebendelikt: Mehrfacher Erwerb von Marihuana
Tatverschulden
In objektiver Hinsicht ist mit der Vorinstanz (Urk. 32 E. IV/4.1 S. 12) zu bemerken, dass der Beschuldigte bei vier Gelegenheiten Marihuana erwarb, insgesamt 50 Gramm. Es handelt sich um eine relativ geringfügige Menge einer ?weichen? Droge. Die subjektive Tatschwere vermag die objektive nicht zu relativieren; es ist von direktem Vorsatz auszugehen, wobei die Motive letztlich im Dunkeln blieben.
Die rechtliche Würdigung des Nebendelikts als Vergehen im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG blieb übrigens unangefochten und steht nun nicht mehr zur Diskussion, folglich auch nicht, ob die Beschaffungshandlung bloss zum eigenen Konsum erfolgte (worüber der Beschuldigte keine Aussagen gemacht hatte; vgl. Urk. 3/2 F/A 1 ff. und 57 sowie Prot. I S. 12; vgl. hierzu die Verteidigung in Urk. 50 Rz 40 ff.).
Angesichts des weiten Strafrahmens bei Drogendelikten wiegt das Tatverschulden als sehr leicht. Für die Tatkomponente wäre eine Einsatzstrafe von 90 Tagessätzen angemessen.
täterkomponente
Die persönlichen Verhältnisse zeitigen wiederum keine Auswirkungen auf die Strafzumessung. Den erwähnten, teils einschlägigen Vorstrafen und dem Delinquieren während laufender Probezeit kommt in etwa gleich grosses Gewicht zu wie dem Umstand, dass der Beschuldigte den mehrfachen Marihuana-Erwerb gestanden hat (zutreffend die Vorinstanz in Urk. 32 E. IV/4.2 S. 12 f.).
Zwischenfazit
Die von der Vorinstanz ausgefällte Geldstrafe von 90 Tagessätzen erscheint angemessen und ist zu übernehmen.
Tagessatzhöhe
Die zur Bestimmung der Tagessatzhöhe rechtlich relevanten Grundlagen legte die Vorinstanz zutreffend dar (Urk. 32 E. III/4.3.1 S. 13). Diese brauchen nicht
wiederholt zu werden. Anlässlich der Berufungsverhandlung zeigten sich etwas bessere finanzielle Verhältnisse (vgl. oben E. III/3.2.1), sodass (mit der Staatsanwaltschaft, vgl. Prot. II S. 6) auch ein Höherer Tagessatz denkbar wäre. Es rechtfertigt sich, unter BeRücksichtigung der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten und das Gesamtpaket im Auge (siehe sogleich E. III/5), ermessensweise die Tagessatzhöhe mit der Vorinstanz auf Fr. 100 festzusetzen.
Bewährung Vollzug / Widerruf
Grundlagen
Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. Wurde der täter innerhalb der letzten fänf Jahre vor der Tat zu einer bedingten unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten zu einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 1 und 2 StGB). Besonders günstig sind Umstände, die ausschliessen, dass die Vortat die Prognose verschlechtert. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die neuerlichen Straftaten mit der Früheren Verurteilung in keinerlei Zusammenhang stehen wenn sich die Lebensumstände des täters seit der Tat entscheidend positiv verändert haben (BGE 145 IV 137 E. 2.2; 134 IV 1 E. 4.2.3; BSK StGBSCHNEIDER/ GARR, Art. 42 N 97)
Unter den gleichen Voraussetzungen ist zu beurteilen, ob einem täter im Sinne von Art. 43 Abs. 1 StGB bei einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren ein teilweiser Aufschub der Strafe Gewährt werden kann.
Eine Verurteilung mit bedingtem teilbedingtem Strafvollzug bedeutet, dass es im Prinzip vom Verhalten des Verurteilten abhängt, ob er dem Vollzug der Strafe (bzw. ihrem vollständigen Vollzug) entgeht. Bewährt er sich, wird die Strafe (bzw. der aufgeschobene Teil der Strafe) nicht vollstreckt (Art. 45 StGB). Begeht der Ver- urteilte während der Probezeit hingegen ein Verbrechen ein Vergehen, so
kann der Strafaufschub widerrufen werden (Art. 46 Abs. 1 StGB). Verzichtet das Gericht auf einen Widerruf, kann es den Verurteilten verwarnen die Probezeit um höchstens die Hälfte der im Urteil festgesetzten Dauer verlängern (Art. 46 Abs. 2 StGB).
Die Prüfung der Bewährungsaussichten des täters ist anhand einer Gesamt- Würdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Für die Einschätzung des Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der täterpersönlichkeit unerlässlich. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche Vorbelastung, Sozialisationsbiographie und Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Suchtgefährdungen usw. Dabei sind die persönlichen Verhältnisse bis zum Zeitpunkt des Entscheides zu beachten.
In die Beurteilung der Bewährungsaussichten im Falle des Widerrufs des bedingten Strafvollzugs einer Freiheitsstrafe ist im Rahmen der GesamtWürdigung auch miteinzubeziehen, ob die neue Strafe bedingt unbedingt ausgesprochen wird. Das Gericht kann zum Schluss kommen, dass vom Widerruf des bedingten Vollzugs für die Frühere Strafe abgesehen werden kann, wenn die neue Strafe vollzogen wird. Auch das Umgekehrte ist zulässig: Wenn die Frühere Strafe widerrufen wird, kann unter BeRücksichtigung ihres nachträglichen Vollzugs eine Schlechtprognose für die neue Strafe im Sinne von Art. 42 Abs. 1 StGB verneint und diese folglich bedingt ausgesprochen werden (vgl. BGE 134 IV 140 E. 4.5; BGer 6B_677/ 2019 vom 12. Dezember 2019 E. 1.1; BSK StGB-SCHNEIDER/GARR, Art. 46 N 43).
Zum Vollzug der heute auszuFällenden Strafen
Der aktuelle Strafregisterauszug über den Beschuldigten weist drei Vorstrafen aus (Urk. 33); sie wurden bereits genannt (vgl. oben E. III/3.3.2). Darunter figuriert die letzte Vorstrafe, welche das Regionalgericht prättigau/Davos im Frühjahr 2018 verhängte. Weil diese weniger als fänf Jahre zurückliegt und unter anderem eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten umfasst, Müssten für einen neuerlichen Aufschub des Vollzugs besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB).
Mehrheitlich betreffen die Vorstrafen Verhaltensweisen im Strassenverkehr. Es fällt aber auf, dass bewusstseinsverändernde Substanzen, Marihuana und Alkohol, bereits ein Thema waren (vgl. Urk. 48 S. 2). Es kann somit nicht gesagt werden, dass die Vorstrafen keinerlei Zusammenhang mit den hier zu beurteilenden Betäubungsmitteldelikten aufweisen würden.
Die Vorinstanz hat Sorgfältig und zutreffend herausgearbeitet, dass es dem Beschuldigten trotz an sich stabilen Lebensverhältnissen bisher nicht gelungen ist, sich längerfristig wohl zu verhalten. Namentlich liess er sich von neun Monaten Halbgefangenschaft nicht ausreichend beeindrucken. Der Beschuldigte erwarb rund zwei Jahre nach seiner Entlassung aus der Halbgefangenschaft von B. _, welchen er im Strafvollzug kennengelernt hatte, im ersten Halbjahr des Jahres 2021 in fänf Vorgängen Marihuana bzw. Kokain (Urk. 32 E. V/3 S. 14 f.).
Inzwischen scheint das Leben des Beschuldigten zwar in geordneten Bahnen zu verlaufen. Er scheint sich gefangen zu haben. Eine markante Veränderung gegen- über der Situation, wie sie schon früher bestand und in welcher es zu neuerlichen Straftaten kam, ist hingegen nicht zu erkennen. Mit anderen Worten: Es besteht durchaus Grund zur Hoffnung auf Bewährung; eine besonders günstige Legalprognose kann indes nicht gestellt werden.
Es führt vor diesem Hintergrund kein Weg daran vorbei, die heute auszuFällenden Strafen unbedingt auszusprechen.
Nichtbewährung in Bezug auf die bedingte Vorstrafe / Widerruf
Wie bereits vorstehend angetönt, ist jüngst aber durchaus auch eine positive Entwicklung des Beschuldigten festzustellen. So ist der Beschuldigte schon länger als ein Jahr wieder fest angestellt als Baupolier. Er lebt mit seiner Freundin zusammen, kümmert sich um einen Wolfshund, Möchte in Zukunft gern eine Familie Gründen und die kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen. Dies gilt es mit Blick auf den in Frage stehenden Widerruf des bedingten Teils der vom Regionalgericht prättigau/ Davos ausgefällten Freiheitsstrafe zu beachten. Hinzu kommt, dass die während der Probezeit begangenen Delikte keinen direkten Zusammenhang haben mit dem im Herbst 2016 bei einer Fluchtfahrt von der Polizei in Davos verursachten Autounfall. Angesichts des Vollzugs der heute unbedingt auszuFällenden
Freiheitsstrafe von 15 Monaten und der Geldstrafe von 90 Tagessätzen kann dem Beschuldigten deshalb trotz seiner Delinquenz in der Probezeit gerade noch eine günstige Prognose gestellt werden. Im Sinne einer allerletzten Chance ist daher auf den Widerruf des bedingten Vollzugs des mit Urteil des Regionalgerichts prättigau/ Davos vom 15. Februar 2018 ausgefällten Teils der Freiheitsstrafe von 15 Monaten zu verzichten. Um den verbleibenden Bedenken Rechnung zu tragen, ist die mit vorerwähntem Urteil festgesetzte Probezeit von 5 Jahren um 2 Jahre zu verlängern. Dem klaren Gesetzeswortlaut folgend kann eine Probezeit von fänf Jahren um höchstens die Hälfte verlängert werden, auch wenn dabei die vom Gesetz vorgesehene Höchstgrenze der Probezeit überstiegen wird (Art. 44 Abs. 1 StGB, Art. 46 Abs. 2 StGB; so auch BGE 104 IV 148, in welchem die von der Vorinstanz angeordnete Verlängerung der Probezeit über die 5-Jahresgrenze hinaus nicht beanstandet wurde).
Anrechnung der Haft
Gemäss Art. 51 StGB rechnet das Gericht die vom täter während diesem einem anderen Verfahren ausgestandene Untersuchungshaft auf die Strafe an. Der Beschuldigte befand sich vom 3. Juni 2021, 13.45 Uhr (Urk. 11/1), bis 22. Juli 2021, 17:15 Uhr (Urk. 11/9), somit 50 Tage in Untersuchungshaft. Diese sind ihm an die Strafe anzurechnen (so bereits die Vorinstanz in Urk. 32 E. IV/5).
Fazit
Zusammenfassend ist deshalb die heute ausgefällte Freiheitsstrafe von 15 Monaten (abzüglich 50 durch Haft erstandene Tage) und die Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 100 zu vollziehen. Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs des mit Urteil des Regionalgerichts prättigau/Davos vom 15. Februar 2018 ausgefällten Teils der Freiheitsstrafe von 15 Monaten ist demgegenüber zu verzichten, die dafür angesetzte Probezeit von 5 Jahren allerdings mit Wirkung ab heute um 2 Jahre zu verlängern.
Allgemeines
Von Personen, die wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, kann unmittelbar nach Rechtskraft des Urteils ein DNA-Profil erstellt werden (Art. 5 lit. a DNA-Profil-Gesetz; und Art. 257 StPO). Bei der Abnahme von DNA-Proben verurteilter Personen geht es einerseits darum, künftige Straftaten des als potentiell gefährlich einGeschützten Verurteilten zu erkennen, andererseits kann die Auswertung des Profils aber auch dazu führen, dass früher begangene Delikte nachträglich noch aufgeklürt werden können. Schliesslich hat die DNA-Abnahme auch eine spezialpräventive Wirkung, weil dem Betroffenen klar sein muss, dass künftige Straftaten auch ohne Tatzeugen leichter aufgeklürt werden können (Zürcher Kommentar StPO-HANSJAKOB/GRAF, Art. 257 N 1, mit Hinweis auf BGer 1B_57/2013 vom 2. Juli 2013 E. 3.4). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung geht bei der Erstellung eines DNA-Profils als erkennungsdienstlicher Massnahme von einem leichten Grundrechtseingriff aus (BGE 145 IV 263 E. 3.4 mit Hinweisen).
Würdigung und Fazit
Der Beschuldigte wird vorliegend wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 15 Monaten Freiheitsstrafe ver- urteilt. Er ist vorbestraft (Urk. 33). Damit bestehen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass beim Beschuldigten gegenüber dem Durchschnittsbürger eine Erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, dass er erneut in ein Delikt verwickelt werden könnte.
Bei der Abnahme einer DNA-Probe und der Erstellung eines DNA-Profils handelt es sich nur um einen leichten Eingriff in die Grundrechte des Beschuldigten.
Nicht zuletzt weil Betäubungsmitteldelikte häufig anhand von DNA-Spuren aufgeklürt werden können, erscheint eine entsprechende Anordnung als verhältnismässig und angezeigt.
Demzufolge ist der Vorinstanz beipflichtend (vgl. Urk. 32 E. VII S. 17) die Ab- nahme einer DNA-Probe beim Beschuldigten anzuordnen und ein DNA-Profil zu
erstellen. Das Forensische Institut Zürich ist mit dem Vollzug zu beauftragen, und der Beschuldigte ist zu verpflichten, dort zwecks DNA-Probenahme für die DNA- Profilerstellung zu erscheinen.
Erstinstanzliche Kostenauflage
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenauflage gemäss deren Dispositiv-Ziffer 10 und 11 zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO), inklusive dass die Kosten der amtlichen Verteidigung für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren unter Vorbehalt der Rückforderung auf die Gerichtskasse zu nehmen sind (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).
Kosten des Berufungsverfahrens
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 3'600 festzusetzen (Art. 424 StPO, 199 GOG, 16 Abs. 1 i.V.m. 14 Abs. 1 lit. b und 2 Abs. 1 lit. blöd und Abs. 2 GebV OG). Die Kostenauflage erfolgt im Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen (Art. 428 Abs. 1 StPO), sodass die zweitinstanzlichen Kosten
? mit Ausnahme der Entschädigung der amtlichen Verteidigung dem vollständig unterliegenden Beschuldigten aufzuerlegen sind. Die Kosten der amtlichen Vertei- digung sowie der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin sind angesichts der schlechten finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Sie können beim Beschuldigten in einem späteren Zeitpunkt eingefordert werden, falls sich seine wirtschaftliche Situation entsprechend verbessern sollte, weshalb seine Rückerstattungspflicht vorzubehalten ist (Art. 135 Abs. 4 StPO und Art. 138 Abs. 1 StPO).
Entschädigung der amtlichen Verteidigungen
Der Frühere amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. X2. , stellte für seine Aufwände im Berufungsverfahren Fr. 380.70 in Rechnung (Fr. 349.80 Honorar, Fr. 3.70 Auslagen, Fr. 27.20 Mehrwertsteuer; Urk. 42 und 44). Der von ihm bezifferte Aufwand ist ausgewiesen und wurde von der Verfahrensleitung auch schon
zugesprochen (Urk. 44A). Diese Aufwände stellen ebenfalls Berufungskosten dar (obwohl sie in Urk. 52 S. 4 versehentlich noch nicht explizit ausgewiesen wurden). Dies wird nun im Dispositiv des begründeten Urteils korrigiert.
Der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. X1. _, ist für seine Aufwendungen im Berufungsverfahren unter BeRücksichtigung der geltend gemachten Aufwandspositionen (Urk. 51), der tatsächlichen Dauer der Berufungsverhandlung (inkl. An- und Rückfahrt, UrteilsEröffnung und Nachbesprechung) pauschal mit Fr. 8'600 aus der Gerichtskasse zu entschädigen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 3. März 2022 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
?Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
? [...],
? des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG.
25. [...]
Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom
13. Januar 2022 beschlagnahmten bzw. bei der Kantonspolizei Zürich sichergestellten Gegenstände werden dem Beschuldigten innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids auf erstes Verlangen hin herausgegeben, beziehungsweise nach Ablauf dieser Frist der zuständigen LagerBehörde zur Vernichtung bzw. gutscheinen- den Verwendung überlassen:
Mobiltelefon Apple iPhone, Asservat-Nr. A015'080'576;
SIM-Karte, Asservat-Nr. A015'117'530;
SIM-Karten-Halterung, Asservat-Nr. A015'117'541.
Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom
13. Januar 2022 beschlagnahmten bzw. beim Forensischen Institut Zürich (FOR)/ Kantonspolizei Zürich sichergestellten Betäubungsmittel, Spuren sowie Datensicherungen werden eingezogen und der zuständigen LagerBehörde zur Vernichtung überlassen:
Kokain, circa 50 Gramm, Asservat-Nr. A015'080'587, BM-Lagernummer B01405-2021;
Betäubungsmittel - Fingernagelr?nder, Asservat-Nr. A015'081'977;
Datensicherung Mobiltelefon, Asservat-Nr. A015'122'299.
Rechtsanwalt lic. iur. X2. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 8'589.05 (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten. 10. [...]
[...]
[Mitteilungen]
[Rechtsmittel]?
2. Mändliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist zudem schuldig des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Abs. 2 lit. a BetmG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 15 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 50 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 100.
Die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe werden vollzogen.
Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs bezüglich des mit Urteil des Regio- nalgerichts prättigau/Davos vom 15. Februar 2018 ausgefällten Strafteils von 15 Monaten Freiheitsstrafe wird verzichtet und die auf 5 Jahre angesetzte Probezeit wird mit Wirkung ab heute um 2.5 Jahre verlängert.
Es wird die Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes angeordnet. Das Forensische Institut Zürich (FOR) wird mit dem Vollzug beauftragt und der Beschuldigte wird verpflichtet, innert 30 Tagen ab Eintritt der Rechtskraft des Urteils beim Forensischen Institut Zürich, Eingang ?Kantonspolizei, Kasernenstrasse 29 8004 Zürich zwecks DNA-Probenahme für die DNA-Profilerstellung zu erscheinen.
Kommt er dieser Verpflichtung unentschuldigt nicht nach, wird die Kantonspolizei hiermit verpflichtet, ihn auf entsprechende Mitteilung des Forensischen Instituts Zürich hin zwangsweise vorzuführen. Der Beschuldigte wird auf Art. 205, 207 und 417 StPO aufmerksam gemacht.
Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziff. 10 und 11) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'600 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 8'600 amtliche Verteidigung
Fr. 380.70 vormalige amtliche Verteidigung (RA lic. iur. X2. )
Die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Mändliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
das Bundesamt für Polizei, fedpol
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung Allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A und Formular B
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials
das Regionalgericht prättigau/Davos betr. Proz.Nr. 515-2017-15;
das Forensische Institut Zürich, Erkennungsdienst, Güterstr. 33, 8004 Zürich, gem. Disp.-Ziff. 5.
die amtliche Verteidigung sowie den Beschuldigten persönlich gem. Disp.-Ziff. 5 bzgl. Fristbeginn.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 14. November 2023
Der Präsident:
lic. iur. B. Gut
Der Gerichtsschreiber:
MLaw L. Zanetti
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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