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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB220300: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 17. August 2023 über einen Fall von Menschenhandel und Förderung der Prostitution entschieden. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu einer stationären therapeutischen Massnahme verurteilt. Die Gerichtskosten wurden auf die Gerichtskasse genommen. Die Staatsanwaltschaft und die Privatklägerinnen haben Anschlussberufung eingelegt. Die unverwertbaren Einvernahmen wurden aus den Akten entfernt, während die verwertbaren Einvernahmen für die Verhandlung berücksichtigt wurden.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB220300

Kanton:ZH
Fallnummer:SB220300
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB220300 vom 17.08.2023 (ZH)
Datum:17.08.2023
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1197/2023
Leitsatz/Stichwort:Menschenhandel etc.
Schlagwörter : äger; Privatkläger; Privatklägerin; Beschuldigte; Beschuldigten; Anklage; Aussage; Anklageziffer; Sinne; Verteidigung; Vorinstanz; Staatsanwalt; Einvernahme; Staatsanwaltschaft; Aussagen; Recht; Handlung; Urteil; Prostitution; Handlungen; Berufung; Polizei; ürfe
Rechtsnorm:Art. 1 StGB ;Art. 10 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 138 StPO ;Art. 141 StPO ;Art. 142 StPO ;Art. 179 StPO ;Art. 182 StGB ;Art. 187 StGB ;Art. 189 StGB ;Art. 19 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 191 StGB ;Art. 195 StGB ;Art. 2 StGB ;Art. 241 StPO ;Art. 267 StPO ;Art. 28b ZGB ;Art. 299 StPO ;Art. 307 StPO ;Art. 308 StPO ;Art. 309 StPO ;Art. 312 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 53 OR ;Art. 54 OR ;Art. 59 StGB ;Art. 7 EMRK ;
Referenz BGE:102 IV 196; 114 UV 1; 134 IV 82; 140 IV 196;
Kommentar:
Schweizer, Praxis, Aufl., Zürich, Art. 309 StPO, 2023

Entscheid des Kantongerichts SB220300

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB220300-O/U/ad

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Bertschi und Ersatzoberrichter lic. iur. Weder sowie Gerichtsschreiberin MLaw Meier

Urteil vom 17. August 2023

in Sachen

A. ,

Beschuldigter, Erstberufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,

gegen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, vertreten durch Staatsanwalt MLaw Rikenmann,

Anklägerin, Zweitberufungsklägerin und Anschlussberufungsklägerin

sowie

1. B. ,

Privatklägerin und Anschlussberufungsklägerin 2. C. ,

Privatklägerin 3. D. ,

Privatklägerin 4. E. ,

Privatkläger und Anschlussberufungskläger

1 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y1. , 2 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y2. , 3 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y3. , 4 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y4. ,

betreffend Menschenhandel etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 8. Abteilung, vom
18. Juni 2021 und vom 4. Februar 2022 (DG190214)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 30. Juli 2019 (Urk. 24) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

Es wird erkannt am 18. Juni 2021:

  1. Hinsichtlich Anklageziffer 1.1 (Menschenhandel zum Nachteil der Privatklägerin B. ) ist nicht erstellt,

    dass sich die Privatklägerin aufgrund von besonders schwierigen wirtschaftlichen sozialen Umständen, in einem Zustand der Hilfs- und Perspektivenlosigkeit eines persönlichen abhängigkeitsverhältnisses zum Beschuldigten gezwungen sah, sich in der Schweiz zu prostituieren,

    dass sie in Bezug auf ihre tätigkeit bzw. die Art und Weise, wie diese in der Schweiz ausgeübt werden sollte, getäuscht wurde.

  2. Hinsichtlich Anklageziffer 1.2 (Förderung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin B. ) ist erstellt,

    dass die Privatklägerin in den Zeiträumen vom 20. September 2009 bis

    26. Dezember 2009, 5. Januar 2010 bis 29. September 2010, 14. August

    2012 bis 18. November 2012, 23. November 2012 bis 26. August 2013 der Strassenprostitution am F. nachging,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin mit seinem Auto zum Strassenstrich fuhr und von dort auch wieder zurück an den gemeinsamen Logisort brachte,

    dass der Beschuldigte bestimmte, ab wann am Abend und für wie lange die Privatklägerin anschaffen musste,

    dass der Beschuldigte bestimmte, wo genau auf dem Strassenstrich die Privatklägerin sich den Freiern anbieten musste,

    dass der Beschuldigte bestimmte, wann die Privatklägerin Pausen einlegen durfte und ihr SMS schrieb, wenn sie sich seiner Meinung nach zu lange im AE. -Bus aufhielt und sie aufforderte, wieder zur Arbeit zurückzukehren,

    dass der Beschuldigte sich, währenddem die Privatklägerin ihrer tätigkeit als Prostituierte nachging, stets in seinem Auto in ihrer Nähe aufhielt und sie, wenn immer möglich, beobachtete,

    dass der Beschuldigte, wenn die Privatklägerin zu einem Freier ins Auto stieg, diesem nachfuhr und die Privatklägerin nach Abschluss des Geschöftes selbst mit seinem Auto wieder zurück an den Strassenstrich brachte,

    dass der Beschuldigte der Privatklägerin Vorgaben machte, wieviel Umsatz sie pro Tag zu generieren hatte,

    dass der Beschuldigte jeweils mindestens 50% des Geldes, welches die Privatklägerin mit ihrer tätigkeit erwirtschaftete, erhalten hat und dieses zumindest teilweise für eigene bedürfnisse verwendet hat,

    dass der Beschuldigte der Privatklägerin verbot, am Strassenstrich Ungarisch zu sprechen,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin vorerst mit einem Walkie-Talkie und später auch mit Bluetooth-Kopfhürern mit Mikrofon ausstattete und über diese Kanäle Anweisungen gab und die Privatklägerin bei der Aufgleisung der Geschäfte belauschte,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin mit einem GPS-Sender ausrStete, damit er sehen konnte, wo sie sich aufhielt, während sie ihrer tätigkeit als Prostituierte auf dem Strassenstrich nachging,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin mit einer Babykamera ausrStete und die Privatklägerin aufforderte, diese mit ins Auto der Freier zu nehmen in ihrer Tasche zu verstecken, um so die Geschäfte aufnehmen zu können,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin aufforderte, auch als Prostituierte auf dem Strassenstrich zu arbeiten, währenddem sie ihre Menstruation hatte,

    dass die Privatklägerin in angemieteten Apartmentwohnungen Hotels gemäss Tabelle auf Seite 9 der Anklageschrift der Prostitution nachgegangen ist,

    dass die Privatklägerin zwischen dem 7. September 2013 und dem 12. Februar 2015 je nach Nachfrage als Escort an verschiedenen Logisorten der Tätigkeit als Prostituierte nachgegangen ist,

    dass der Beschuldigte auf dem Internetportal G. .ch Sexinserate für die Privatklägerin schaltete, in welchen er festlegte, welche Sexualpraktiken sie anbieten würde,

    dass der Beschuldigte bestimmte, zu welchen Tageszeiten und für wie lange die Privatklägerin anschaffen musste,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin teilweise mit seinem Auto zu den Freiern fuhr, welche sie als Escort buchten und von dort auch wieder abholte,

    dass sich der Beschuldigte, während die Privatklägerin ihrer tätigkeit als Prostituierte nachging, jeweils in der gleichen Wohnung in Nebenzimmern aufhielt,

    dass der Beschuldigte der Privatklägerin Vorgaben machte, wieviel Umsatz sie pro Tag zu generieren hatte,

    dass der Beschuldigte jeweils mindestens 50% des Geldes, welches die Privatklägerin mit ihrer tätigkeit erwirtschaftete, erhalten hat und dieses teilweise auch für seine eigenen bedürfnisse verwendet hat,

    dass der Beschuldigte in den Zimmern, in welchen die Privatklägerin Freier bediente, Kameras installierte und die Geschäfte teilweise im Nebenzimmer auf seinem Laptop live mitverfolgte,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin regelmässig, aber nicht mindestens 1 Mal pro Woche, mit seinen Händen schlug und sie mindestens einmal an den Haaren riss,

    dass der Beschuldigte einmal an einem nicht näher bekannten Tag, als die Privatklägerin ihm den Lohn nicht ausgehündigt hatte, sie ins Gesicht schlug,

    dass der Beschuldigte der Privatklägerin einmal drohte, dass er ihre Mutter täten würde,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 28. März 2014 und dem 3. April 2014 in einer Woh- nung in L. packte und mit Wucht in einen Sessel warf,

    dass der Beschuldigte mindestens einmal, als er mit der Privatklägerin stritt, ein Messer in der Hand hatte.

    Die übrigen in Anklageziffer 1.2 umschriebenen Sachverhaltselemente sind

    nicht erstellt.
  3. Hinsichtlich Anklageziffer 1.3 (sexuelle Handlungen zum Nachteil der Privatklägerin B. ) ist erstellt,

    dass der Beschuldigte teilweise gegen den Willen der Privatklägerin vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr vollzogen hat;

    nicht erstellt ist dabei, dass der Beschuldigte den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Privatklägerin vollzogen hat, indem er Gewalt anwendete.

  4. Hinsichtlich Anklageziffer 1.4 (sexuelle Nötigung zum Nachteil der Privatklägerin B. ) ist nicht erstellt,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin aufs Bett geworfen hat und sich mit seinem ganzen Körpergewicht auf die Privatklägerin legte.

  5. Hinsichtlich Anklageziffer 1.5 (Menschenhandel zum Nachteil der Privatklägerin C. ) ist nicht erstellt,

    dass in einem Inserat, auf welches sich die Privatklägerin gemeldet hat, eine Hilfe für Haushalt und Kind gesucht wurde,

    dass die Privatklägerin davon ausging, dass sie während des Aufenthaltes in der Schweiz nur auf das Kind schauen und kochen würde,

    dass das im Internetportal G. aufgeschaltete Inserat bzw. die darin angebotenen sexuellen Dienstleistungen ohne grundsätzliches EinVerständ- nis der Privatklägerin erfolgte,

    dass der Beschuldigte das für die Dienstleistung erhaltene Geld vollumfänglich für sich behalten und zu seinen eigenen Gunsten verwendet hat,

    dass die Privatklägerin die beschriebenen sexuellen Dienstleistungen erbrachte, weil der Beschuldigte sie bedrohte, was bei ihr Angst auslöste.

  6. Hinsichtlich Anklageziffer 1.6 (Förderung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin C. ) ist erstellt,

    dass der Beschuldigte Treffen mit den Freiern vereinbarte und (im Rahmen des von der Privatklägerin nicht Abgelehnten) die entsprechende Dienstleistung vereinbarte;

    nicht erstellt ist, dass der Beschuldigte seine Vorgaben auch gegen den Willen der Privatklägerin durchsetzte und ihr gegenüber in der gemäss Anklageschrift beschriebenen Weise Druck ausübte.
  7. Hinsichtlich Anklageziffer 1.7 (Förderung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin D. ) ist erstellt,

    dass der Beschuldigte die Privatklägerin mit einem Walkie-Talkie ausstattete,

    dass der Beschuldigte von der Privatklägerin 50 % des Geldes, welches sie mit ihrer tätigkeit verdiente, erhalten hat.

    Die übrigen in Anklageziffer 1.7 umschriebenen Sachverhaltselemente sind

    nicht erstellt.
  8. Hinsichtlich Anklageziffer 1.8 (sexuelle Handlungen zum Nachteil des Privatklägers E. ) ist der ganze Sachverhalt erstellt mit Ausnahme, dass der Beschuldigte dem Privatkläger Zungenk?sse gab.

  9. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsschein.

und es wird erkannt am 4. Februar 2022:

  1. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte folgende Tatbestände im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB erfüllt hat:

    • Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB zum Nachteil der Privatklägerin B. ;

    • mehrfache Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB zum Nachteil der Privatklägerin B. ;

    • mehrfache sexuelle Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB zum Nachteil der Privatklägerin B. ;

    • mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB zum Nachteil des Privatklägers E. sowie

    • mehrfache Schändung im Sinne von Art. 191 StGB zum Nachteil des Privatklägers E. .

  2. Von den Vorwürfen des Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 2 StGB zum Nachteil der Privatklägerinnen B. und C. sowie der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB zum Nachteil der Privatklägerinnen C. und D. wird der Beschuldigte freigesprochen.

  3. Es wird eine stationüre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB (Behandlung von psychischen STürungen in einer geschlosse- nen Einrichtung) angeordnet.

  4. sämtliche Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren werden abgewiesen.

  5. Der Antrag auf Anordnung eines Kontakt- und Rayonverbots gestützt auf Art. 28b ZGB wird auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  6. Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom

    9. April 2019 beschlagnahmten Gegenstände werden als Beweismittel bei den Akten belassen:

    • 1 Laptop Asus (Seriennummer ...)

    • 1 SIM-Karte Swisscom

    • 1 Natel ZTE dunkelblau (A010'188'257)

  7. Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom

    9. April 2019 beschlagnahmten Gegenstände werden dem Berechtigten in- nert drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen hin zu- Rückgegeben und hernach der LagerBehörde zur Vernichtung überlassen:

    • 1 schwarze Laptop-Tasche

    • 1 Dokument H. vom 20. März 2015

    • 1 Dokument I. vom 15. März 2015

    • 1 Rechnung J. AG vom 1. November 2014, lautend auf B.

    • 1 Mobilanmeldung Mobile Prepaid-Dienste Swisscom 07..., lautend auf A. , K. -strasse ..., L.

  8. Der Antrag auf Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes wird abgewiesen.

  9. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

  10. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, inklusive diejenigen der amtlichen Verteidigung sowie die Kosten der unentgeltlichen Privatklägerschaft werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen. über die Höhe der Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Privatklägerschaft wird mit separatem Beschluss entschieden.

BerufungsAnträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 528 S. 1-2)

    1. Dispositiv Ziff. 1 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 4. Februar 2022 sei aufzuheben und der Beschuldigte sei vollumfänglich von Schuld und Strafe freizusprechen.

    2. Dispositiv Ziff. 3 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 4. Februar 2022 sei aufzuheben und es sei keine Massnahme anzuordnen.

    3. Dispositiv Ziff. 6 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 4. Februar 2022 sei aufzuheben und die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 9. April 2019 beschlagnahmten Gegenstände

      • 1 Laptop Asus (Seriennummer ...)

      • 1 SIM-Karte Swisscom

      • 1 Natel ZTE dunkelblau (A010'188'257) seien dem Beschuldigten zurückzugeben.

    4. Dispositiv Ziff. 2, Dispositiv Ziff. 4, Dispositiv Ziff. 5, Dispositiv Ziff. 7 und Dispositiv Ziff. 8 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 4. Februar 2022 seien zu bestätigen.

    5. Dispositiv Ziff. 2, Dispositiv Ziff. 3, Dispositiv Ziff. 6, Dispositiv Ziff. 7 und Dispositiv Ziff. 8 des Urteils vom 18. Juni 2021 seien in Bezug auf die erstellten Sachverhalte aufzuheben und es sei festzustellen, dass diese Sachverhalte der Anklageschrift nicht erstellt sind.

    6. Dem Beschuldigten sei eine angemessene Entschädigung sowie Ge- nugtuung unter BeRücksichtigung der langen Haftdauer zuzusprechen.

    7. Die Verfahrenskosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Berufungsverfahrens inkl. der Kosten der amtlichen Verteidigung für beide Verfahren seien auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich: (Urk. 477 S. 2)

    1. Schuldigsprechung des Beschuldigten A. im Sinne der Anklageschrift vom 30. Juli 2019

    2. Bestrafung mit einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren

    3. Vollzug der Freiheitsstrafe

    4. Anrechnung der erstandenen Haft an die Freiheitsstrafe

    5. Bestrafung mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen je CHF 30 (entsprechend CHF 1'800), als Zusatzstrafe zur bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen im Strafbefehl des Untersuchungsamtes St. Gallen vom 1. Juni 2015

    6. Vollzug der Geldstrafe

    7. Anordnung einer stationüren Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs.1 StGB (Behandlung von psychischen STürungen)

    8. Aufschub des Vollzuges der Freiheitsstrafe während des Vollzuges der stationüren Massnahme

    9. Anordnung eines tätigkeitsverbotes im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. b aStGB

    10. Probennahme und Erstellen eines DNA-Profils

    11. Es seien dem Beschuldigten die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen

    12. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und gegebenenfalls der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft der Privatklägerin im Berufungsverfahren seien unter Rückforderungsvorbehalt einstweilen auf die Staatskasse zu nehmen

  3. Der Vertreterin der Privatklägerin 1: (Urk. 479 S. 2 f.)

    1. Urteilsdispositiv vom 18. Juni 2021:

        1. Ziff. 1 des Urteilsdispositivs vom 18. Juni 2021 sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.1. erstellt ist.

        2. Ziff. 2, letzter Absatz des Urteilsdispositivs sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.2. erstellt ist.

        3. Ziff. 3, letzter Absatz des Urteilsdispositivs sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.3. erstellt ist.

        4. Ziff. 4 des Urteilsdispositivs sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.4. erstellt ist.

    2. Urteilsdispositiv vom 4. Februar 2022:

        1. Ziff. 1, al. 1-3 des Urteilsdispositivs vom 4. Februar 2022 sei aufzuheben und wie folgt zu ersetzen:

          Es sei festzustellen, dass der Beschuldigte bezüglich der Privatklägerin B. folgende Tatbestände erfüllt hat, und er sei diesbezüglich schuldig zu sprechen:

          • Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB zum Nachteil der Privatklägerin B.

          • mehrfache Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB zum Nachteil der Privatklägerin B.

          • mehrfache sexuelle Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB zum Nachteil der Privatklägerin B.

        2. Ziff. 2 des Urteilsdispositivs vom 4. Februar 2022 sei aufzuheben und wie folgt zu ersetzen:

      Es sei festzustellen, dass der Beschuldigte den Tatbestand des Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 2 StGB zum Nachteil der Privatklägerin B. erfüllt hat, und er sei diesbezüglich schuldig zu sprechen.

    3. Ziff. 4 des Urteilsdispositivs vom 4. Februar 2022 sei bezüglich der Privatklägerin B. wie folgt abzuändern:

      Der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Geschädigten B. eine Genugtuung von mindestens Fr. 50'000 nebst Zins zu 5 % seit dem tt. Juli 2009 zu bezahlen.

      Es sei ausserdem festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber der Geschädigten B. für den erlittenen Schaden grundsätzlich haftbar ist.

    4. Die Berufung des Beschuldigten sei abzuweisen.

    5. Der Privatklägerin sei für das Obergerichtliche Verfahren weiterhin die unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung zu gewähren.

    6. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich 7.7 % Mehrwertsteuer zulasten des Beschuldigten, eventualiter der Staatskasse.

  4. Der Vertreterin des Privatklägers 4: (Urk. 533 S. 1)

    1. Es sei die Berufung des Beschuldigten abzuweisen und das Urteil des Bezirksgerichts Zürich in den betreffenden Dispositivziffern vollumfänglich zu bestätigen.

    2. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschliesslich derjenigen der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers E. seien dem

      Beschuldigten aufzuerlegen definitiv auf die Staatskasse zu nehmen.

    3. Dispositivziffer 4 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 4. Februar 2022 (Geschäfts-Nr. DG190214-L) sei aufzuheben. Der Beschuldigte sei dem Grundsatz nach zu verpflichten dem Privatkläger E. den deliktisch verursachten Schaden zu ersetzen und er sei zu verpflichten dem Privatkläger E. eine Genugtuung von CHF 50'000.zuzüglich Zins von 5 % seit 1. April 2014 zu bezahlen.

    4. Dem Privatkläger 4 sei weiterhin die unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung zu Gewähren.

Erwägungen:

I. Prozessgeschichte/Prozessuales

  1. Verfahrensgang

    1. Gegen das vorstehend wiedergegebene zunächst schriftlich im Dispositiv mitgeteilte Urteil vom 18. Juni 2021 und vom 4. Februar 2022 (Urk. 325 und 420) meldeten die amtliche Verteidigung und die Staatsanwaltschaft innert Frist Berufung an (Urk. 422 und 423). Das begründete Urteil (Urk. 456 = 460) wurde den Parteien am 19. bzw. 20. Mai 2022 zugestellt (Urk. 459/1-7). Die Staatsanwaltschaft erklärte mit Eingabe vom 7. Juni 2022 den Rückzug der Berufung (Urk. 463), wovon Vormerk zu nehmen ist. Mit Schreiben gleichen Datums ging die BerufungsErklärung der amtlichen Verteidigung fristgerecht ein, wobei ein Beweisantrag gestellt wurde (Urk. 466). Mit präsidialVerfügung vom 16. Juni 2022 wurde der Privatklägerschaft und der Staatsanwaltschaft Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erklären begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 468). Die Staatsanwaltschaft erklärte hierauf mit Eingabe vom 8. Juli 2022 Anschlussberufung (Urk. 477). Ebenfalls liessen die Privatklägerin 1, B. , und der Privatkläger 4, E. , mit Eingaben vom 10. bzw. 11. Juli 2022 Anschlussberufung erklären (Urk. 479 und 480). Die Privatklägerin 3, D. , liess mit Eingabe vom

      11. Juli 2022 mitteilen, dass sie keine Anschlussberufung erhebe (Urk. 481). Die Privatklägerin 2, C. , liess sich nicht vernehmen. Mit Eingabe vom 29. Juli 2022 zog die Verteidigung den mit BerufungsErklärung vom 7. Juni 2022 gestellten Beweisantrag zurück (Urk. 489). Durch Verfügung vom 22. November 2022 trat die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat zufolge Amtsstellenwechsels des fallführenden Staatsanwaltes das Verfahren an die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich ab (Urk. 501).

    2. Am 12. Oktober 2022 wurde auf den 27. und 28. Juni 2023 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 492). Anlässlich derselben stellten die Parteien die eingangs aufgefährten Anträge (Prot. II S. 11 ff.). Im Anschluss an die Berufungsverhandlung verzichteten die Parteien auf eine Mändliche Eröffnung und Begrün- dung des Urteils (Prot. II S. 83). Die Urteilsberatung erfolgte am 17. August 2023 (Prot. II S. 86 ff.).

  2. Umfang der Berufung

    1. In der Berufungsschrift ist anzugeben, ob das Urteil vollumfänglich angefochten wird (Art. 399 Abs. 3 lit. a StPO) oder, falls dieses nur in Teilen angefochten wird, welche Abänderungen des erstinstanzlichen Urteils verlangt werden (Art.

      399 Abs. 3 lit. b StPO). Die Verteidigung ficht das vorinstanzliche Urteil vom

      4. Februar 2022 mit ihrer Berufung bezüglich der Dispositivziffern 1, 3 und 6 sowie das Teilurteil vom 18. Juni 2021 bezüglich der Dispositivziffern 2, 3, 6, 7 und 8 an (Urk. 466 S. 2). Die Staatsanwaltschaft ficht das vorinstanzliche Urteil vom 4. Februar 2022 mit ihrem erneuten Antrag auf Schuldigsprechung im Sinne ihrer Anklage vom 30. Juli 2019 sinngemäss betreffend Dispositivziffern 1 und 2 an (Urk. 477 S. 2). Die Privatklägerin 1 ficht das Urteil der Vorinstanz vom 4. Februar 2022 bezüglich der Dispositivziffern 1 al. 1-3, 2 und 4 an (Urk. 479 S. 2 f.). Der Privatkläger 4 ficht das vorinstanzliche Urteil vom 4. Februar 2022 bezüglich der Dispositivziffer 4 an (Urk. 480).

    2. Nicht angefochten sind somit die Dispositivziffern 5 (Kontakt- und Rayonverbot), 7 (Herausgabe) und 9 (Kostenfestsetzung). Zudem sind die vorinstanzlichen Beschlüsse vom 3. März 2022 bzw. vom 7. April 2022 (Urk. 427-430 und 450), mit denen die Entschädigungen der amtlichen Verteidigung und die Entschädigungen der unentgeltlichen Rechtsvertreterinnen der Privatklägerschaft festgesetzt wur- den, nicht von der Berufung umfasst. Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 8. Abteilung, vom 4. Februar 2022 ist mithin bezüglich jenen Dispositivziffern in Rechtskraft erwachsen, was vorab mittels Beschluss festzustellen ist. Ebenso ist die Rechtskraft der Beschlüsse vom 3. März 2022 und vom 7. April 2022 festzustellen. Bezüglich des Teilurteils vom 18. Juni 2021 ist anzumerken, dass die darin von der Vorinstanz vorgenommenen Tatsachenfeststellungen als insoweit mitangefochten zu gelten haben, als dass die daraus resultierenden Erkenntnisse im Schuldpunkt des Urteils vom 4. Februar 2022 Dispositivziffern 1 und 2 angefochten werden, was, wie gezeigt, vollständig der Fall ist. Aufgrund des Entschei- des durch die Vor-instanz mittels eines einzigen Satzes von Dispositivziffer 4 ist die Feststellung einer Teilrechtskraft bezüglich der ZivilAnsprüche der PrivatKlägerinnen 2 und 3 nicht möglich.

  3. Verwertbarkeit von Aussagen

    1. Ausgangslage

      1. Vor Vorinstanz beantragte die damalige Verteidigung anlässlich der Hauptverhandlung vom 28. Februar 2020, es sei festzustellen, dass folgende Einvernahmen absolut unverwertbar seien:

        • Einvernahmen der Privatklägerin 1 (Urk. D1/3/1-28 und D4/2/1-3);

        • Einvernahmen der Privatklägerin 2 (Urk. D1/4/5/1-7 und D2/2/1-6);

        • Einvernahmen der Privatklägerin 3 (Urk. D1/4/3/1-2 und D3/3/1-2);

        • Einvernahmen von M. (Urk. D1/4/1/1-3);

        • Einvernahme von N. (Urk. D1/4/2);

        • Einvernahmen der Mutter der Privatklägerin 1 (Urk. D1/4/4/1-4);

        • Einvernahmen von O. (Urk. D1/4/6/1-2);

        • Einvernahmen von P. (Urk. D1/4/7/1-2);

        • Einvernahmen von Q. (Urk. D1/4/8/1-2);

        • Einvernahme von R. (Urk. D1/4/9).

          Dementsprechend seien die Protokolle der genannten Einvernahmen samt den dazuGehörigen Beilagen allesamt aus den Akten zu entfernen, wobei das Verfahren ohne Weiterungen einzustellen, eventualiter die Anklage zur Ergänzung der Untersuchung an die AnklageBehörde zurückzuweisen sei (Urk. 107 S. 32; Prot. I S. 16; vgl. Urk. 109 S. 3 ff.).

          Im Rahmen der Berufungsverhandlung brachte die Verteidigung die Nämliche prozessuale Einwendung erneut vor und machte geltend, die betreffenden Einvernahmen seien zu Lasten des Beschuldigten unverwertbar (Urk. 528 S. 4 ff.).

      2. Die Staatsanwaltschaft hielt vor Vorinstanz (Prot. I S. 17 ff.; vgl. Urk. 109 S. 7 ff.) wie auch im Rahmen des Berufungsverfahrens (Prot. II S. 47 ff.) dafür, dass sämtliche Einvernahmen vollumfänglich verwertbar seien.

      3. Ebenso vertrat die Vertreterin der Privatklägerin 1 den Standpunkt, dass sämtliche Einvernahmen verwertbar seien (Prot. I S. 20 ff., 26; vgl. Urk. 109 S. 8).

      4. Die Vorinstanz gelangte zur Erkenntnis, dass von einer Eröffnung der Strafuntersuchung im September 2015 auszugehen sei, wobei die Polizei auch danach Einvernahmen durchgefährt habe, ohne dass ein entsprechender Auftrag der Staatsanwaltschaft im Sinne von Art. 312 Abs. 1 StPO vorgelegen habe. Betroffen hiervon sind folgende Einvernahmen:

        • Polizeiliche Einvernahme der Privatklägerin 3 vom 12. Oktober 2016 (Urk. D1/4/3/1 = D3/3/1);

        • Polizeiliche Einvernahmen von S. vom 25. und 26. Oktober 2016 (Urk.

          D1/4/4/1+3);

        • Polizeiliche Einvernahme der Privatklägerin 2 vom 9. November 2016 (Urk. D1/4/5/1 = D2/2/1);

        • Polizeiliche Einvernahme von O. (Urk. D1/4/6/1).

          vom 22. November 2016

          Diese Einvernahmen erachtete die Vorinstanz daher als nicht zu Lasten des Beschuldigten verwertbar. Da sie indessen ohne Weiteres zu seinen Gunsten verwertbar seien, seien die Einvernahmen bei den Akten zu belassen. spätere staatsanwaltschaftliche Einvernahmen der betreffenden Personen seien uneingeschränkt verwertbar, soweit die darin gemachten Aussagen offen erfolgt seien und sich nicht lediglich auf ein Bestätigen der Früheren Aussagen beschränkten (Urk. 109 S. 8 ff., 12 ff.; Urk. 460 S. 19-23).

            1. Grundlagen

              1. Gemäss Art. 299 Abs. 1 StPO wird das strafrechtliche Vorverfahren ei- nerseits in ein (Selbständiges polizeiliches) Ermittlungsverfahren und andererseits in die Untersuchung der Staatsanwaltschaft gegliedert. Im Ermittlungsverfahren stellt die Polizei dabei auf der Grundlage von Anzeigen, Anweisungen der Staatsanwaltschaft eigenen Feststellungen den für die Straftat relevanten Sachverhalt fest, indem sie namentlich Spuren und Beweise sicherstellt sowie gesch?- digte und tatverdächtige Personen befragt (Art. 306 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a und b StPO). Die Staatsanwaltschaft klürt sodann in der Untersuchung den Sachverhalt tatsächlich und rechtlich so weit ab, dass sie das Vorverfahren abschliessen kann (Art. 308 Abs. 1 StPO). Ist Gefahr im Verzug, so kann die Polizei u.A. ohne Befehl Durchsuchungen vornehmen; sie informiert darüber unverzüglich die zuständige StrafBehörde (Art. 241 Abs. 3 StPO).

              2. Die StPO geht von einem materiellen Begriff der Untersuchungseröff- nung aus. Eine Strafuntersuchung im Sinne von Art. 308 ff. StPO gilt demnach als eingeleitet, sobald sich die Staatsanwaltschaft mit der Sache zu befassen beginnt (SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung. Praxiskommentar,

  4. Aufl., Zürich/St. Gallen 2023, N 2 zu Art. 309 StPO; RIKLIN, StPO-Kommentar,

2. Aufl., Zürich 2014, N 5 zu Art. 309 StPO). Sie ist gemäss Art. 309 Abs. 1 StPO zwingend zu eröffnen, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus den eigenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft ein hinreichender Tatverdacht ergibt (lit. a), wenn die Staatsanwaltschaft Zwangsmassnahmen anordnet (lit. b) wenn sie im Sinne von Art. 307 Abs. 1 StPO über schwere Straftaten andere schwerwiegende Ereignisse informiert

worden ist (lit. c; vgl. BSK StPO-OMLIN, 2. Aufl., Basel 2014, N 21 zu Art. 309 StPO). Der von der Staatsanwaltschaft zu erlassenden fürmlichen Eröffnungsver- Fügung im Sinne von Art. 309 Abs. 3 StPO kommt hingegen rein deklaratorische Bedeutung zu (SCHMID/JOSITSCH, a.a.O., N 2 zu Art. 309 StPO). Hausdurchsuchungen im Sinne von Art. 244 f. StPO sind ausser bei Gefahr im Verzug (Art. 241 Abs. 3 StPO) der Staatsanwaltschaft vorbehalten (Art. 241 Abs. 1 StPO). Im Falle der Vornahme einer solchen Massnahme hat die Polizei die zuständige StrafBehörde zu informieren, worauf die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung im Sinne von Art. 309 Abs. 1 lit. b StPO vorzunehmen hat (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 1.3.2, e contrario). Unterlässt die Polizei die Information der Staatsanwaltschaft, führt dies mangels einer von der Staatsanwaltschaft angeordneten Zwangsmassnahme nicht zur Annahme der Eröffnung der Untersuchung in Anwendung von Art. 309 Abs. 1 lit b StPO. Vielmehr ist diesfalls zwar die rechtswidrige Zwangsmassnahme nicht zu Lasten des Beschuldigten verwertbar, jedoch bleiben im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens und nicht im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchgefährte Einvernahmen als solche verwertbar (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2018 vom 8. Februar 2019 E. 2.2.2).

    1. Würdigung

      1. Die Vorinstanz hielt zusammenfassend fest (Urk. 109 S. 9 ff.), dass aus den Akten nicht eindeutig hervorgeht, in welchem Zeitpunkt die Staatsanwaltschaft sich erstmals mit den in Frage stehenden Vorwürfen zu befassen begann. Mit Blick auf Art. 309 Abs. 1 StPO sah sie einerseits den Anzeigerapport der Stadtpolizei Zürich vom 17. September 2015, der am 24. September 2015 bei der Staatsanwaltschaft einging (Urk. D1/1/1), aber bereits die Kontrolle der Wohnung des Beschuldigten und der Privatklägerin 1 am 13. Februar 2015 als Anknüpfungspunkt für die Eröffnung der Strafuntersuchung (Urk. D1/1/1 S. 2). In übereinstimmung mit der Verteidigung ging die Vorinstanz davon aus, dass die betreffende Kontrolle als Hausdurchsuchung im Sinne von Art. 244 f. StPO zu qualifizieren sei. Da aber keine nachträgliche schriftliche Bestätigung nach entsprechender Orientierung seitens der Polizei durch die Staatsanwaltschaft im

        Sinne von Art. 241 Abs. 3 Satz 2 StPO erfolgt sei, könne es sich dabei nicht um eine staatsanwaltlich angeordnete Zwangsmassnahme im Sinne von Art. 309 Abs. 1 lit. b StPO gehandelt haben. Ein solches, nicht rechtskonformes Vorgehen der Polizei führe auch nicht etwa zur Fiktion einer staatsanwaltlich angeordneten Durchsuchung im Sinne der genannten Bestimmung und damit zur Einleitung ei- ner staatsanwaltlichen Untersuchung (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2018 vom 8. Februar 2019 E. 2.2.2). Vielmehr habe dies einzig die grundsätzliche Unverwertbarkeit der im Rahmen der Hausdurchsuchung gewon- nenen Erkenntnisse zur Folge (Art. 141 Abs. 2 StPO). Die Vorinstanz gelangte in der Folge zur Erkenntnis, dass auch die weiteren Voraussetzungen von Art. 309 Abs. 1 StPO am 13. Februar 2015 nicht erfüllt seien. Ei- nerseits sei nicht davon auszugehen, dass im damaligen Zeitpunkt bereits ein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten bestanden habe, der die Eröff- nung einer staatsanwaltlichen Untersuchung geboten hätte. So sei die Privatklägerin 1 erst am 3. März 2015 erstmals polizeilich zur Sache befragt worden (vgl. Urk. D1/3/1), welche Einvernahme aufgrund der schieren Menge an Informationen mehrfach unterbrochen und an späteren Terminen, letztmals am 24. Juni 2015, habe fortgefährt werden müssen, bis der Sachverhalt umfassend habe geklürt werden können (vgl. Urk. D1/1/1 S. 3; D1/3/1 S. 1 ff., 8; D1/3/2 S. 2 ff., 13; D1/3/3 S. 4 ff., 12; D1/3/5 S. 6 ff., 16; D1/3/7 S. 4 ff., 16; D1/3/8 S. 3 ff., 21; D1/3/10 S. 2

        ff., 21; D1/3/11 S. 2 ff., 22; D1/3/13 S. 2 ff.). Ebenso wenig habe die Hausdurchsuchung vom 13. Februar 2015 zu entsprechenden Anhaltspunkten gefährt. Vielmehr hätten zu jener Zeit abgesehen von den noch unbestimmten Anschuldigungen der Privatklägerin 1 noch keinerlei Indizien für die dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten vorgelegen (vgl. Urk. D1/1/1). Andererseits lasse sich den Akten auch nicht entnehmen, dass die Staatsanwaltschaft zum damaligen Zeitpunkt bereits im Sinne von Art. 307 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 309 Abs. 1 lit. c StPO über die dem Beschuldigten zur Last gelegten Delikte informiert wor- den wäre. Ob die Polizei angesichts der Schwere der von der Privatklägerin 1 gegenüber dem Beschuldigten erhobenen Vorwürfe gemäss Art. 307 Abs. 1 StPO verpflichtet gewesen wäre, die Staatsanwaltschaft zu orientieren, könne dabei offengelassen werden, zumal es sich hierbei um eine reine Ordnungsvorschrift

        handle, mit der Konsequenz, dass auch entgegen dieser Bestimmung von der Polizei vorgenommene Verfahrenshandlungen, insbesondere auch Einvernahmen, ihre Gültigkeit und Verwertbarkeit behalten würden (SCHMID/JOSITSCH, a.a.O., N 1 zu Art. 307 StPO, vgl. auch Art. 141 Abs. 3 StPO). Da keine Anhaltspunkte in Anwendung von Art. 309 StPO für die Eröffnung der Strafuntersuchung bereits am

        13. Februar 2015 sprechen würden, insbesondere auch die an diesem Tag durchgefährte Hausdurchsuchung für die Bestimmung des entsprechenden Zeitpunktes ausser Betracht falle, stellte die Vorinstanz diesbezüglich auf das Datum der Zustellung des Anzeigerapports der Stadtpolizei Zürich (Urk. D1/1/1) im September 2015 ab. In der Folge erklärte die Vorinstanz die nach jenem Datum in Verletzung von Art. 311 f. StPO durchgefährten polizeilichen Einvernahmen zu Lasten des Beschuldigten für unverwertbar. Die staatsanwaltschaftlichen Einver- nahmen ab jenem Datum erachtete sie indessen insofern für vollumfänglich verwertbar, soweit die Fragen an die einvernommenen Personen offen formuliert wurden und ihre Antworten sich dementsprechend nicht lediglich auf ein Bestätigen Früherer Aussagen beschränkten (Urk. 109 S. 12 ff.).

      2. Im Rahmen ihres Parteivortrages anlässlich der Berufungsverhandlung kritisierte die Verteidigung die betreffenden Annahmen der Vorinstanz und führte zusammenfassend aus, die Polizei hätte die Staatsanwaltschaft unverzüglich, also bereits am 13. Februar 2015 informieren müssen, was zur formellen Einleitung der Untersuchung gefährt hätte. Die im Rapport der Stadtpolizei Zürich vermerkte Kontrolle des Appartements, wo die Privatklägerin 1, der Beschuldigte und der Privatkläger 4 zusammen gewohnt hätten (Urk. D1/1/1 S. 2), sei als Hausdurchsuchung im Sinne von Art. 244 f. StPO zu qualifizieren, weswegen die Polizei gemäss Art. 241 Abs. 3 Satz 2 StPO die Genehmigung der Staatsanwaltschaft hätte einholen müssen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Untersuchung von der Staatsanwaltschaft ab diesem Datum eröffnet worden sei. Sollte die Polizei tatsächlich die zwingenden Vorschriften missachtet haben, dürfe dies nicht ohne Folgen bleiben. überdies habe es auch nicht protokollierte Gespräche der Polizei mit der Privatklägerin 1 gegeben. sämtliche in Verletzung der Parteirechte des Beschuldigten erhobenen Einvernahmen seien daher zu seinen Lasten unverwertbar (vgl. im Detail Urk. 528 S. 4 ff.).

      3. Der Ansicht der Verteidigung ist zwar insofern zuzustimmen, als dass die Zeitspanne zwischen der ersten Anzeige der Privatklägerin 1 und dem Rapport der Stadtpolizei Zürich an die Staatsanwaltschaft von rund sieben Monaten als vergleichsweise lang erscheint. Unterzieht man das Vorgehen der Polizei nach erfolgter Anzeige durch die Privatklägerin 1 jedoch einer genauen Betrachtung, erscheint dieses mit den Erwägungen der Vorinstanz indessen nicht als unhaltbar unfair. Da die Polizei vor der Durchführung einer eingehenden Befragung der Privatklägerin 1 noch nicht vom Vorliegen schwerer Straftaten im Sinne von Art. 307 Abs. 1 StPO ausgehen konnte, ist nicht anzunehmen, dass sie bereits im Zeitpunkt, als sich die Privatklägerin 1 meldete, zwingend die Staatsanwaltschaft hätte benachrichtigen müssen. Der Umstand, dass der Beschuldigte nicht festge- nommen wurde, deutet denn auch darauf hin, dass die Polizei jedenfalls in jenem Zeitpunkt nicht davon ausging, dass es sich bei ihm um eine einer schweren Straftat verdächtige Person handeln würde. Ein konkreter Tatverdacht gegen den Beschuldigten auf schwere Delikte ergab sich erst nach Durchführung der sich über mehrere Daten zwischen dem 3. März 2015 und dem 24. Juni 2015 hinweg erstreckenden Einvernahmen der Privatklägerin 1. Dass darauf auch das Verfassen des immerhin 66-seitigen Rapportes an die Staatsanwaltschaft eine gewisse Zeit in Anspruch nahm, bevor die Staatsanwaltschaft formell benachrichtigt werden konnte, ist bei einem Verfahren dieser Grössenordnung nicht zu beanstanden. Wie die Vorinstanz weiter zutreffend erwog, führt die fehlende Information der Staatsanwaltschaft durch die Polizei hinsichtlich der Kontrolle des Appartements an der AF. -strasse ..., ... Zürich, nicht zur Fiktion einer eröffneten Untersuchung, wie dies die Verteidigung im Rahmen ihres Parteivortrages macht. Wie vom Bun- desgericht im, auch von der Vorinstanz in ihrem Beschluss vom 28. Februar 2020 zitierten, Entscheid überzeugend dargelegt wird, führt die Unterlassung der Information der Staatsanwaltschaft hinsichtlich einer erfolgten Zwangsmassnahme dazu, dass diese rechtswidrig erfolgt ist und dementsprechend die daraus erfolgten Erkenntnisse zu Lasten des Beschuldigten unverwertbar sind. Dass aufgrund ei- ner solchen Unterlassung der Polizei ohne Kenntnis der Staatsanwaltschaft automatisch eine Untersuchung eröffnet worden wäre, kann jedoch nicht angenommen werden. Nach der rechtswidrigen Zwangsmassnahme durchgefährte Einver- nahme im Rahmen des Ermittlungsverfahrens behalten daher ihre Gültigkeit (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2018 vom 8. Februar 2019 E. 2.2.2). Da der Beschuldigte erst im Dezember 2015 zur Verhaftung ausgeschrieben und am 5. Juni 2016 verhaftet wurde, entstand ihm aufgrund der vergleichsweise späten Er- öffnung der Untersuchung im übrigen auch kein ersichtlicher Nachteil, zumal eine bereits früher bestellte amtliche Verteidigung nicht hätte instruiert werden können und es ihr demzufolge auch nicht möglich gewesen wäre, im Namen des Beschuldigten anlässlich delegierter, parteiöffentlicher Einvernahmen Ergänzungsfragen zu stellen. In übereinstimmung mit der Vorinstanz ist daher von der Eröff- nung der Untersuchung in Folge der Rapportierung der Stadtpolizei Zürich an die Staatsanwaltschaft am 17. September 2015 auszugehen (vgl. die Übermittlungs- Verfügung bezüglich des Rapports gleichen Datums [Urk. D1/1/1 Anhang]).

      4. Da von einer Eröffnung der Strafuntersuchung im September 2015 auszugehen ist, wobei die Polizei auch danach Einvernahmen durchführte, ohne dass ein entsprechender Auftrag der Staatsanwaltschaft im Sinne von Art. 312 Abs. 1 StPO vorlag und dementsprechend ohne Wahrung der Parteirechte, sind die nachfolgenden Einvernahmen zu Lasten des Beschuldigten unverwertbar:

        • Polizeiliche Einvernahme der Privatklägerin 3 vom 12. Oktober 2016 (Urk. D1/4/3/1 = D3/3/1);

        • Polizeiliche Einvernahmen von S. vom 25. und 26. Oktober 2016 (Urk.

          D1/4/4/1+3);

        • Polizeiliche Einvernahme der Privatklägerin 2 vom 9. November 2016 (Urk. D1/4/5/1 = D2/2/1);

        • Polizeiliche Einvernahme von O. (Urk. D1/4/6/1).

        vom 22. November 2016

      5. Eine Ausnahme besteht hinsichtlich der polizeilichen Befragung der Privatklägerin 1 bezüglich der dem Beschuldigten vorgeworfenen sexuellen Handlungen zum Nachteil des Privatklägers 4 vom 7. Juli 2016 (Urk. D1/3/15 = D4/2/1). Die Privatklägerin 1 wurde im Rahmen dieser Einvernahme erstmals zu diesen Vorwürfen, bezüglich derer vorher keinerlei Anhaltspunkte bestanden hatten, befragt. Dementsprechend wurde mittels ihrer polizeilichen Befragung ein neues Ermittlungsverfahren eröffnet, weswegen die Polizei im Rahmen ihres Ermittlungsauftrages gemäss Art. 306 Abs. 2 lit. b StPO in Verbindung mit Art. 142 Abs. 2 StPO befugt war, die Privatklägerin 1 eigenstündig hierzu einzuvernehmen, oh- ne dass dem Beschuldigten gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in diesem Stadium bereits Teilnahmerechte zugestanden hätten (Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2018 vom 8. Februar 2019 E. 2.2.2; Art. 179 StPO). Die betreffende Einvernahme ist daher vollumfänglich verwertbar.

      6. Bezüglich von der Verteidigung beanstandeten nicht protokollierten Gesprächen zwischen der Polizei und der Privatklägerin 1 (vgl. Urk. 528 S. 12) ist anzumerken, dass die Durchführung von Einvernahmen ohne zumindest vorheriger Gespräche administrativer Natur zwischen Polizei und Aussageperson gar nicht möglich wären, wobei auf der Hand liegt, dass nur Informationen, die im Rahmen einer protokollierten Einvernahme ins Verfahren eingefährt wurden, in irgend einer Weise verwertbar sind. Dass die Privatklägerin 1 ausserhalb einer Einvernahme gegenüber der polizeilichen Sachbearbeiterin im FIZ den Wunsch äusserte, weitere Aussagen zu machen und um einen Termin für eine Einver- nahme bat (vgl. das von der Verteidigung genannte Beispiel in Urk. D1/3/15 S. 1 F/A 6) ist daher nicht zu beanstanden.

      7. Im übrigen ist bezüglich Verwertbarkeit der einzelnen Aussagen der diversen im Rahmen des Vorverfahrens einvernommenen Aussagepersonen zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 460 S. 19-23 und Urk. 109 S. 14-17).

II. Sachverhalt

  1. Anklageziffer 1.1

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.1 zusammengefasst vor, er habe die Privatklägerin B. zwischen März und Juli 2009 in T. in der AA. angesprochen. Die damals 17-jährige Privatklägerin

      B. sei erst gerade aus einem Heim entlassen worden, habe kein Geld und keine Aussicht auf eine existenzsichernde Arbeitsstelle gehabt. Der Beschuldigte habe in der Folge alle finanziellen Auslagen der Privatklägerin B. bezahlt. Aufgrund dieses Umwerbens und Umsorgens habe sich die Privatklägerin

      B.

      schliesslich in den Beschuldigten verliebt. In der Folge habe der Beschuldigte von ihm gestaltete Sexinserate für die Privatklägerin B. inseriert. Aufgrund dieser Inserate habe die Privatklägerin B. zwischen März und Juli 2009 jedenfalls vor dem tt. Juli 2009 (d.h. vor dem 18. Geburtstag der Privatklägerin B. ) in U. [Ortschaft in Ungarn] gegen Entgelt einen zwei Freier bedient. Da der Beschuldigte ihr zuvor Ferien und Lebensmittel bezahlt hatte, habe sie sich ihm gegenüber verpflichtet gefühlt und ihm das Geld aus den erbrachten sexuellen Dienstleistung abgegeben. Dies sei das erste Mal gewesen, dass die Privatklägerin B. gegen Entgelt mit ihr nicht bekannten Männern Geschlechtsverkehr gehabt habe. In der Folge sei man zusammen nach V. [Ortschaft in Deutschland] gereist, damit sie dort als Prostituierte arbeiten würde. Die Privatklägerin B. habe dabei keinen anderen Weg gesehen, den prekären Lebensverhältnissen in ihrer Heimat zu entkommen. Ausserdem sei sie dar- über getäuscht worden, wie und unter welchen Bedingungen sie dort arbeiten würde. Am tt. Juli 2009 habe der Beschuldigte die Privatklägerin B. im Bor- dell

      W. in V.

      anschaffen lassen. Spätestens am 20. September 2009

      habe er sie mit seinem Auto in den Kanton Zürich gebracht, wo er sie vom

      20. September 2009 bis zum 13. Februar 2015 mit Unterbrächen auf dem Strassenstrich am F. habe anschaffen lassen als Escort an Freier vermittelt habe. Der Beschuldigte habe dabei ohne Rücksicht auf den eigenen Willen der Privatklägerin B. die Zeiten, ?-rtlichkeiten und sämtliche weiteren Modalit?ten, nach denen sie ihre tätigkeit als Prostituierte habe Ausüben müssen, geregelt. Dabei habe er ihr im genannten Zeitraum jeweils zwischen 50% und 100% des verdienten Geldes abgenommen. Der Beschuldigte habe in der fraglichen Zeit einzig von der sexuellen Ausbeutung der Privatklägerin B. gelebt (Urk. 24 S. 2 ff.).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.1 hinsichtlich des Vorwurfs des Menschenhandels zum Nachteil der Privatklägerin B. zur Erkenntnis, dass einerseits nicht erstellt sei, dass sich die Privatklägerin aufgrund von besonders schwierigen wirtschaftlichen sozialen Umständen in einem Zustand der Hilfs- und Perspektivenlosigkeit eines persönlichen abhängigkeitsverhältnisses zum Beschuldigten gezwungen gesehen habe, sich in der Schweiz zu prostituieren, sowie andererseits, dass sie in Bezug auf ihre tätigkeit bzw. die Art und Weise, wie diese in der Schweiz ausgeübt werden sollte, getäuscht worden sei. Dementsprechend sah die Vorinstanz diesen Anklagesachverhalt als nicht erstellt (Urk. 460 S. 41-45).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.1 (Urk. 460 S. 39-45) wie auch hinsichtlich der allgemeinen Regeln der BeweisWürdigung (Urk. 460 S. 32 f.) und den Vorbemerkungen zu den Delikten zum Nachteil der Privatklägerin B. (Urk. 460 S. 33-39) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Auf Letztere ist soweit notwendig zweckmässigerweise im Rahmen der Würdigung der jeweiligen Anklagesachverhalte einzugehen. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Bezüglich der Frage, ob sich die Privatklägerin B. aufgrund von besonders schwierigen wirtschaftlichen sozialen Umständen, in einem Zustand der Hilfs- und Perspektivenlosigkeit eines persönlichen abhängigkeitsverhältnisses zum Beschuldigten gezwungen gesehen habe, sich in der Schweiz zu prostituieren, ist zu bemerken, dass sie als gerade 18-jährige junge Erwachse- ne ohne abgeschlossene berufliche Ausbildung und in einem im damaligen Zeitpunkt wirtschaftlich (wohl) nicht besonders gutstehenden Land lebend, effektiv nicht allzu gute wirtschaftliche bzw. berufliche Perspektiven gehabt haben dürfte. Hieraus kann aber keineswegs der Rückschluss gezogen werden, sie habe sich geradezu in einem Zustand der gänzlichen Hilfs- und Perspektivenlosigkeit befunden. Die im vorinstanzlichen Urteil zitierten Aussagen ihrerseits deuten vielmehr darauf hin, dass bei ihr schlicht der nachvollziehbare Wunsch, sich wirtschaftlich verbessern zu können und eine gewisse Neugier eine entscheidende Rolle spielten. Sie machte denn auch nie z.B. geltend, aufgrund akuter Not, wie Schulden anderweitiger finanzieller bzw. wirtschaftlicher Not, mit dem Beschuldigten nach Deutschland und dann in die Schweiz gegangen zu sein, zumal sie in jenem Zeitraum auch keine Unterhaltspflichten gegenüber Kindern (der Pri-

        vatkläger E.

        wurde erste vier Jahre später geboren) anderen engen

        Verwandten trafen. Vielmehr führte sie an, früher bereits einmal kurz als Küchin und später als Kellnerin gearbeitet zu haben, weswegen zugunsten des Beschul- digten im Sinne von Art. 10 Abs. 3 StPO davon auszugehen ist, dass es ihr zumindest möglich gewesen wäre, in ihrer Heimat ein existenzsicherndes Einkommen zu finden. Besonders schwierige wirtschaftliche soziale Umstände, welche für die Privatklägerin B. zu einem Zustand der Hilfs- und Perspektivenlosigkeit gefährt hätten, sind daher entgegen der Ansicht ihrer Rechtsvertretung (Urk. 530 S. 2) zu verneinen.

      3. Hinsichtlich des von der Anklage angefährten abhängigkeitsverhältnisses der Privatklägerin B. zum Beschuldigten wird von der Vorinstanz dargelegt, weswegen ein solches aus rein wirtschaftlicher Hinsicht nicht bestand (Urk. 460 S. 42 f.). Anzumerken ist, dass ein abhängigkeitsverhältnis grundsätzlich auch auf rein emotionaler Ebene hätte bestehen können, insbesondere vor dem Hintergrund des starken GeFälles innerhalb der Beziehung zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B. . Im Zeitpunkt der Einreise der bei- den in die Schweiz dürfte das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und der

        Privatklägerin B.

        und damit die emotionale abhängigkeit ihrerseits noch

        weit weniger gefestigt gewesen sein als im späteren, für die Anklageziffern 1.2, 1.3, 1.4 und 1.8 relevanten Tatzeitraum. Auch auf emotionaler Ebene spricht die

        von der Vorinstanz zitierte Aussage der Privatklägerin B.

        nicht für ein im

        damaligen Zeitpunkt bestehendes eigentliches abhängigkeitsverhältnis: Kurz bevor ich 18 Jahre alt wurde, sagte A. , dass wir, das heisst, er, seine Freundin und ich, ins Ausland gehen würden, um diese Arbeit [Prostitution] zu machen. Seine Freundin wollte nicht, aber mir gefiel es, ins Ausland zu gehen. Also, ich

        war dabei (Urk. D1/3/1 S. 2). Das Bestehen eines persönlichen abhängigkeitsverhältnisses der Privatklägerin B. zum Beschuldigten im Zeitpunkt der Einreise in die Schweiz ist daher nicht mit rechtsgenügender Sicherheit nachweisbar.

      4. Mit der Vorinstanz ist schliesslich auch eine Täuschung der Privatkl?-

        gerin B.

        durch den Beschuldigten im relevanten Zeitpunkt im Hinblick auf

        die Einreise in die Schweiz entgegen der Ansicht ihrer Rechtsvertretung (Urk. 530

        S. 3) nicht nachweisbar. Wie die Privatklägerin B.

        anlässlich ihrer ersten

        Einvernahme ausführte, machte sie dieselben Erfahrungen mit der gewalttätigen Verhaltensweise des Beschuldigten bereits in V. : Zwei Tage vor meinem

        18. Geburtstag fuhren wir nach V. . Und an meinem 18. Geburtstag arbeitete ich in V. im W. . An meinem ersten Tag habe ich dort sehr gut ver- dient. Etwas zwischen 360 und 390 Euro und A. war sehr gl?cklich. Ich habe ihm alles gegeben. Ich ging auch am nächsten Tag Geld verdienen, aber es

        war schon etwas weniger. Ich habe nur 160 Euro verdient. A.

        war dann

        sehr nervös und sagte, man könne auch draussen an der Strasse Geld verdienen. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich denke, ich ging schon am dritten Tag in V. an der Strasse arbeiten. Ich weiss nicht, wie ich es sagen soll, weil ich mich nicht genau erinnern kann, aber ich hatte fürchterliche Angst, an der Strasse zu arbeiten. Auch an der Strasse habe ich nicht so viel verdient, wie es sich A. vorgestellt hatte. Und so haben wir abgemacht, dass ich in der Nacht im Club arbeite und am Tag an der Strasse. Alles, was ich verdiente, hat A. automatisch genommen. Ich weiss es nicht mehr so detailliert, aber ich weiss, dass, nach ein paar Wochen, mich A. bei einer alten Frau in einem grossen Auto anschaffen liess. A. kam immer dorthin, um das Geld zu nehmen und wenn er nicht zufrieden war, nahm er mich mit dem Auto mit. Entweder schlug er mich dann er schrie mich an. Dann wartete er immer ein bisschen, bis ich mich beruhigt hatte, damit man nichts merkt, und brachte mich dann zurück. Ich hatte immer fürchterliche Angst, wenn ich ihn mit dem Auto kommen sah (Urk. D1/3/1 S. 2). Nach diesen Erfahrungen mit der Verhaltensweise des Beschuldigten musste die Privatklägerin B. davon ausgehen, dass dies in Zürich nicht anders sein würde als in V. , wobei es für die Privatklägerin B. keinen entscheidenden Unterschied gemacht haben dürfte, ob sie in ei-

        ner deutschen einer schweizerischen Grossstadt tätig war. Eine Täuschung der Privatklägerin

        B. , um sie dazu zu bewegen, in die Schweiz einzureisen, ist mithin nicht nachweisbar.

      5. Mit der Vorinstanz (Urk. 460 S. 44 f.) ist festzustellen, dass dem Beschuldigten in der Anklageschrift keine Druckausübung irgendwie geartetes nötigendes Verhalten mit dem Ziel, die Privatklägerin B. zur Einreise in die Schweiz zu bewegen, vorgeworfen wird. Die Schlüge und das Anschreien waren gemäss ihrer Schilderung vielmehr Frust-, Wut- und Bestrafungsaktionen des Beschuldigten gegen sie, wenn er mit ihrem Arbeitserl?s nicht zufrieden war. Zudem

        hätte sich eine Täuschung der Privatklägerin B.

        durch den Beschuldigten

        bereits vor der Reise nach V. ereignen müssen nachdem sie dort, wie erw?hnt, erste Erfahrungen mit seiner brutalen Vorgehensweise machte , was dem Beschuldigten in der Anklage aber ebenfalls nicht vorgeworfen wird. Dass die Privatklägerin B. aufgrund einer Täuschung durch den Beschuldigten bezüglich der Art der Ausübung der Prostitution von V. her in die Schweiz eingereist wäre, ist daher nicht nachweisbar.

      6. Da unter diesen Umständen, wie nachfolgend im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu zeigen sein wird, der Tatbestand des Menschenhandels nicht erfüllt wird, kann mit der Vorinstanz (Urk. 460 S. 45) eine weitere Erstellung des Sachverhalts gemäss Anklageziffer 1.1 unterbleiben.

  1. Anklageziffer 1.2

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.2 zusammengefasst vor, er habe in verschiedenster Hinsicht bestimmt, wie und wo sich die

      Privatklägerin B. in diversen Zeiträumen zwischen 2009 und 2015 zu prostituieren gehabt habe. Zudem wird ihm vorgeworfen, die Privatklägerin B. bei

      der Ausübung ihrer tätigkeit überwacht sowie Druck und Gewalt ihr gegenüber ausgeübt zu haben (Urk. 24 S. 6 ff.).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.2 bezüglich des Vorwurfs der Für- derung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin B. zur Erkenntnis, es sei erstellt, dass

      • die Privatklägerin in den Zeiträumen vom 20. September 2009 bis 26. Dezember 2009, 5. Januar 2010 bis 29. September 2010, 14. August 2012 bis 18. November

        2012, 23. November 2012 bis 26. August 2013 der Strassenprostitution am F. nachging,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin mit seinem Auto zum Strassenstrich fuhr und von dort auch wieder zurück an den gemeinsamen Logisort brachte,

      • der Beschuldigte bestimmte, ab wann am Abend und für wie lange die Privatklägerin anschaffen musste,

      • der Beschuldigte bestimmte, wo genau auf dem Strassenstrich die Privatklägerin sich den Freiern anbieten musste,

      • der Beschuldigte bestimmte, wann die Privatklägerin Pausen einlegen durfte und ihr SMS schrieb, wenn sie sich seiner Meinung nach zu lange im AE. -Bus aufhielt und sie aufforderte, wieder zur Arbeit zurückzukehren,

      • der Beschuldigte sich, während die Privatklägerin ihrer tätigkeit als Prostituierte nachging, stets in seinem Auto in ihrer Nähe aufhielt und sie, wenn immer möglich, beobachtete,

      • der Beschuldigte, wenn die Privatklägerin zu einem Freier ins Auto stieg, diesem nachfuhr und die Privatklägerin nach Abschluss des Geschäftes selbst mit seinem Auto wieder zurück an den Strassenstrich brachte,

      • der Beschuldigte der Privatklägerin Vorgaben machte, wieviel Umsatz sie pro Tag zu generieren hatte,

      • der Beschuldigte jeweils mindestens 50% des Geldes, welches die PrivatKlägerin mit ihrer tätigkeit erwirtschaftete, erhielt und dieses zumindest teilweise für eigene bedürfnisse verwendete,

      • der Beschuldigte der Privatklägerin verbot, am Strassenstrich Ungarisch zu sprechen,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin vorerst mit einem Walkie-Talkie und später auch mit Bluetooth-Kopfhürern mit Mikrofon ausstattete und über diese Kanäle Anweisungen gab und die Privatklägerin bei der Aufgleisung der Geschäfte belauschte,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin mit einem GPS-Sender ausrStete, damit er sehen konnte, wo sie sich aufhielt, während sie ihrer tätigkeit als Prostituierte auf dem Strassenstrich nachging,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin mit einer Babykamera ausrStete und die Privatklägerin aufforderte, diese mit ins Auto der Freier zu nehmen in ihrer Tasche zu verstecken, um so die Geschäfte aufnehmen zu können,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin aufforderte, auch als Prostituierte auf dem Strassenstrich zu arbeiten, während sie ihre Menstruation hatte,

      • die Privatklägerin in angemieteten Apartmentwohnungen Hotels gemäss Tabelle auf Seite 9 der Anklageschrift der Prostitution nachging,

      • die Privatklägerin zwischen dem 7. September 2013 und dem 12. Februar 2015 je nach Nachfrage als Escort an verschiedenen Logisorten der tätigkeit als Prostituierte nachging,

      • der Beschuldigte auf dem Internetportal G. .ch Sexinserate für die Privatklägerin schaltete, in denen er festlegte, welche Sexualpraktiken sie anbieten würde,

      • der Beschuldigte bestimmte, zu welchen Tageszeiten und für wie lange die Privatklägerin anschaffen musste,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin teilweise mit seinem Auto zu den Freiern fuhr, welche sie als Escort buchten und von dort auch wieder abholte,

      • sich der Beschuldigte, während die Privatklägerin ihrer tätigkeit als Prostituierte nachging, jeweils in der gleichen Wohnung in Nebenzimmern aufhielt,

      • der Beschuldigte der Privatklägerin Vorgaben machte, wieviel Umsatz sie pro Tag zu generieren hatte,

      • der Beschuldigte jeweils mindestens 50% des Geldes, welches die PrivatKlägerin mit ihrer tätigkeit erwirtschaftete, erhielt und dieses teilweise auch für seine eigenen bedürfnisse verwendete,

      • der Beschuldigte in den Zimmern, in welchen die Privatklägerin Freier bediente, Kameras installierte und die Geschäfte teilweise im Nebenzimmer auf seinem Laptop live mitverfolgte,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin zwar regelmässig, aber nicht mindestens 1 Mal pro Woche, mit seinen Händen schlug und sie mindestens einmal an den Haaren riss,

      • der Beschuldigte einmal an einem nicht näher bekannten Tag, als die Privatklägerin ihm den Lohn nicht ausgehündigt hatte, sie ins Gesicht schlug,

      • der Beschuldigte der Privatklägerin einmal drohte, dass er ihre Mutter täten wür- de,

      • der Beschuldigte die Privatklägerin zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 28. März 2014 und dem 3. April 2014 in einer Wohnung in L. packte und mit Wucht in einen Sessel warf,

      • der Beschuldigte mindestens einmal, als er mit der Privatklägerin stritt, ein Messer in der Hand hatte. Die übrigen in Anklageziffer 1.2 umschriebenen Sachverhaltselemente erachtete die Vorinstanz dagegen als nicht erstellt (Urk. 460 S. 71- 85).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.2 (Urk. 460 S. 45-85) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Stellt man sich die Frage, weswegen die Privatklägerin B.

        den

        Beschuldigten wie von ihm geltend gemacht wird wider besseres Wissen belasten sollte, so ist hierfür im Rahmen einer Gesamtbetrachtung kein schlüssiger Grund ersichtlich. Wie vorstehend erwähnt und worauf auch die Vorinstanz detailliert eingeht, war das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und der PrivatKlägerin

        B. sehr ambivalent. Hinsichtlich der Frage, weswegen sie trotz der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tathandlungen gegen sie über einen derart langen Zeitraum bei ihm blieb und sich zu seinem Nutzen prostituierte, so ist ihre auch von der Vorinstanz zitierte Aussage dazu aufschlussreich: Ich weiss nicht, was das war, es war keine Liebe. Aber wenn man sonst niemanden hat, dann hängt man an der Person, die da ist. Es gibt eine Verbindung. Ich hatte sonst keinen Menschen in meiner Nähe, ich hatte niemanden mit dem ich mich hätte unterhalten können. Ich habe nicht nur vor ihm Angst gehabt, sondern auch vor der Aussenwelt, weil ich gesehen habe wie die Welt ist. Einerseits hatte ich Angst, dass er mir etwas antut, anderseits, dass sonst jemand mir etwas antun könnte. Wir haben nur in solchen Kreisen verkehrt (Urk. D1/3/23 S. 8). War der Beschuldigte für die Privatklägerin B. einerseits Bedrohung und andererseits aber auch Stätze, erscheint ihr Verbleib bei ihm während mehrerer Jahre durchaus nachvollziehbar. Ab ihrer Schwangerschaft und der Geburt des gemeinsamen Kindes, des Privatklägers E. , im November 2013 versTürkt sich dieser Eindruck noch. Ebenso nachvollziehbar erscheint dann auch, weswegen sie den Beschuldigten letztlich doch verliess und ihn anzeigte, indem sie dies mit dem ihm ebenfalls vorgeworfenen Tathandeln dem gemeinsamen Kind gegenüber und seiner psychischen Verfassung, die ihn für die Privatklägerin B. immer unberechenbarer werden liess, begründete (Urk. D1/3/10 S. 21; D1/3/23 S. 13 f.). Mithin ist schl?s-

        sig erklürbar, weswegen sie einerseits sehr lange mit einer Anzeige zuwartete und beim Beschuldigten blieb, und weswegen sie ihn andererseits schliesslich doch verliess und anzeigte. Anzumerken ist, dass die Privatklägerin B. entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 18 ff.) auch kein wirtschaftliches Motiv für eine Falschbelastung des Beschuldigten hatte. Als StaatsanGehörige der AA. war es ihr grundsätzlich erlaubt, in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. wäre der Beschuldigte nie deliktisch gegen die Privatklägerin B. in Erscheinung getreten und hätte sie dabei aus der Prostitution aussteigen wollen, hätte sie sich schlicht eine andere Erwerbstätigkeit in der Schweiz suchen können, um mit dem Kind hier bleiben zu können. Dass die Privatklägerin B. wie von der Verteidigung insinuiert (Urk. 528 S. 18) einzig aufgrund eines familienrechtlichen Zwists wider besseres Wissens ein Strafverfahren derart grossen Umfangs über mehrere Jahre mit diversen Einvernahmen ihrerseits ausgeläst hätte, erscheint lebensfremd. Auch ein Motiv, sich als vermeintliches Opfer von Sexualdelikten ein Bleiberecht im Land zu verschaffen und/oder dem Beschuldigten den gemeinsamen Sohn zu entziehen, ist daher nicht gegeben.

      3. Unterzieht man die Aussagen der Privatklägerin B. zu den Tat- Vorwürfen gemäss Anklageziffer 1.2 einer eingehenden Betrachtung (vgl. Urk. 460

        S. 50-56), so ist klar, dass angesichts der Vielzahl von Einvernahmen bezüglich Ereignissen, die sich teils mehrere Jahre zuvor und über einen längeren Zeitraum erstreckt haben sollen, gewisse kleinere Widerspräche wie auch manchmal fehlende Erinnerungen unvermeidlich sind. Relevante, unaufl?sbare Widerspräche sind in ihren Aussagen indessen keine festzustellen. Die Kritik der (Früheren) Verteidigung des Beschuldigten an den Depositionen der Privatklägerin B. (Urk. 324 S. 7 ff.) blieb denn auch weitgehend substanzlos. Vielmehr wurde von der Verteidigung vor Vorinstanz auf einen auffallenden Detailreichtum in den Aussagen der Privatklägerin B. hingewiesen, wobei der festgestellte Detailreichtum der Aussagen entgegen den gängigen Kriterien der Aussagenanalyse schlicht umgedeutet wurde. Auch die aktuelle Verteidigung wiederholte dies im Rahmen der Berufungsverhandlung (Urk. 528 S. 20). Dem ist klar zu widersprechen. So ist durchaus anzunehmen, dass die dem Beschuldigten vorgeworfenen,

        gegenüber der Privatklägerin B.

        begangenen Tathandlungen, soweit sie

        denn tatsächlich stattfanden, bei dieser einen in der Erinnerung einprägsamen Eindruck hinterlassen haben mussten. Wenn die Privatklägerin B. die während rund sechs Jahren erfolgten Handlungen mit einem gewissen Mass an Detailreichtum zu schildern vermochte, so ist das ein klarer Hinweis darauf, dass sie diese jedenfalls im Kerngehalt der Anklage auch effektiv so erlebt hatte. hätte die Privatklägerin B. , wie das von der Früheren Verteidigung vor Vorinstanz geltend gemacht wurde (Urk. 324 S. 10 ff.) und von der aktuellen Verteidigung anlässlich der Berufungsverhandlung wiederholt wurde (Urk. 528 S. 22 ff.), Suggestionen der ersteinvernehmenden Polizistin, der Betreuerinnen des FIZ der eigenen Rechtsvertreterin widergegeben und dies während der gesamten Untersuchung so durchgehalten, wäre im Gegenteil gerade kein hohes Mass an Detailreichtum zu erwarten. Soweit der

        Privatklägerin B.

        bezüglich gänzlicher Nebenpunkte wie z.B. hinsichtlich

        sechs Jahre zuvor gegessener Mahlzeiten (vgl. Urk. 528 S. 20) allenfalls die Erin- nerung einen Streich spielte, bleibt dies jedenfalls in Bezug auf die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zum Kerngehalt der AnklageVorwürfe irrelevant. Die Aussagen der Privatklägerin B. zu den Ereignissen gemäss Anklageziffer 1.2 sind daher als detailliert, in sich schlüssig, lebensnah geschildert sowie im Wesentlichen glaubhaft und überzeugend zu bezeichnen.

      4. Auffallend ist sodann, dass die Aussagen der Privatklägerin B. von den weiteren Aussagepersonen insbesondere jene, die die Privatklägerin während ihrer Arbeit als Prostituierte über eine gewisse Zeit erlebten in diversen Punkten gestützt werden, während sie von keiner Person entscheidend widerlegt werden. So entlastete etwa die Zeugin O. den Beschuldigten insofern, als dass sie ausführte, sie glaube nicht, dass es der Privatklägerin B. auf dem Strassenstrich verboten gewesen sei, mit anderen Personen zu sprechen. Wenn der Beschuldigte in der Nähe gewesen sei, habe die Privatklägern B. zu ihr eher aus einer Entfernung gesprochen (Urk. D1/4/6/2 S. 10). Auch bezüglich der Verpflichtung zur Abgabe von Geld sagte sie, sie wisse das nicht, ihr sei es aber

        erschienen, als ob die Privatklägerin B.

        das freiwillig getan habe

        (Urk. D1/4/6/2 S. 9). Die Zeugin O. stätzte die Privatklägerin B. aber insoweit, als dass sie aussagte, diese habe ihr damals erzählt, dass der Beschul-

        digte sie misshandelt habe (Urk. D1/4/6/2 S. 5). Zudem habe diese ihr eine Geschichte erzählt, dass der Beschuldigte sie ans Bett gefesselt und für längere Zeit in der Wohnung gelassen habe (Urk. D1/4/6/2 S. 6). Wenn die Verteidigung in diesem Zusammenhang vorbrachte (Urk. 528 S. 29), die Vorinstanz habe hierzu eine unverwertbare Aussage der Zeugin vor der Polizei (Urk. D1/4/6/1 S. 3) zu Lasten des Beschuldigten verwertet (Urk. 460 S. 57), so ist dem zu entgegnen, dass der Staatsanwalt der Zeugin anlässlich von deren Zeugenaussage lediglich vorhielt, sie habe angegeben, die Privatklägerin B. habe ihr erzählt, der Beschuldigte habe sie ans Bett gebunden, worauf die Zeugin die Aussage detailliert und frei von sich aus schilderte: Ja. Sie hat eine solche Geschichte erzählt. Das ist ziemlich lange her. Ich erinnere mich daran, dass sie mir erzählt hat, dass sie von ihm angebunden wurde und dass er sie für längere Zeit alleine in der Woh- nung liess. Aber vom Zeitraum hat sie nicht gesprochen. Ich glaube, dass das hier in Zürich war (Urk. D1/4/6/2 S. 6). Angesichts des Umstandes, dass die Zeugin die betreffende Aussage detailliert aus eigener Erinnerung so schilderte und sie nicht lediglich

        einen für sich alleine betrachtet unverwertbaren Vorhalt bestätigte, ist diese verwertbar. Ebenfalls stätzte die Zeugin O. die Privatklägerin B. insofern, als dass sie schilderte, sie habe den Beschuldigten als eifersüchtigen Typen wahrgenommen, der auch Stimmungsschwankungen gehabt habe. Manchmal sei

        es vorgekommen, dass er mit der Privatklägerin B.

        lautergeworden sei

        (Urk. D1/4/6/2 S. 3 f.). Die Aussage, dass die Privatklägerin B. dann, wenn der Beschuldigte in der Nähe gewesen sei, eher aus einer Entfernung zu ihr der Zeugin O. gesprochen habe, korrespondiert denn auch durchaus damit,

        dass die Privatklägerin B.

        vermeiden wollte, dass der Beschuldigte den

        Eindruck erhielt, sie würde sich eingehend mit anderen Prostituierten unterhalten.

        Die Zeugin M.

        stätzte die Aussagen der Privatklägerin B.

        insofern,

        indem sie bestätigte, dass der Beschuldigte diese mittels Walkie-Talkies überwachte, dass diese ihm alles Geld abgegeben habe, so dass diese ihr nichts habe wechseln können, dass der Beschuldigte sich der Privatklägerin B. gegen- über mehrfach aggressiv verhalten und diese angeschrien habe, wobei sie aber nie gesehen habe, dass er diese auch geschlagen habe. Er sei ihr wie ein Wildtier

        vorgekommen (Urk. D1/4/1/3 S. 5 ff.; vgl. im Detail die zitierten Aussagen in vorinstanzlichen Entscheid [Urk 460 S. 58 f.]). Bezüglich des Einwandes der Vertei-

        digung, wonach M.

        kurz vor ihrer Zeugenaussage die Privatklägerin

        B.

        zweimal getroffen habe, weswegen anzunehmen sei, dass die Beiden

        über die anstehende Einvernahme gesprochen hätten (Urk. 528 S. 29 f.), ist zu bemerken, dass sich jedenfalls trotz jener zwei Treffen keine relevanten Widerspräche in den Aussagen der Zeugin M. zwischen ihren Aussagen bei der Polizei am 2. Juli 2015 und ihrer Aussage als Zeugin vom 15. März 2018 finden lassen, die auf erfolgte Absprachen schliessen liessen. Dafür, dass jene zwei privaten Treffen der Beiden anfangs März 2018 einen Einfluss auf das Aussageverhalten der Zeugin gehabt hätten, bestehen daher keine Anhaltspunkte. Die Privat-

        klägerin D.

        bestätigte, dass die Privatklägerin B.

        ein Walkie-Talkie

        aufsichgetragen habe, das der Beschuldigte dieser gegeben habe. Zudem schil- derte sie, einmal gesehen zu haben, wie der Beschuldigte die Privatklägerin

        1. geschlagen habe. Er sei dieser gegenüber auch aggressiv gewesen,

          weswegen sie die Privatklägerin D. Angst vor ihm gehabt habe (Urk. D1/4/3/2 S. 5 ff.). Die Privatklägerin

        1. bestätigte, gesehen zu haben, wie der Beschuldigte die Privatklägerin mittels Kameras überwacht habe, während sie Kunden bedient habe.

          Dass er diese bedroht geschlagen habe, habe sie nicht gesehen. Am letzten Tag, bevor sie die Privatklägerin C. gegangen sei, habe sie aber einen grossen Streit zwischen den beiden wahrgenommen, wobei die Privatklägerin B. die ganze Zeit geweint habe. Sie habe dies so interpretiert, dass die Pri-

          vatklägerin B.

          keine Kraft mehr gehabt habe. Bei diesem Streit habe der

          Beschuldigte die Privatklägerin B. auch gepackt und in einen Sessel geworfen (Urk. D1/4/5/3 S. 12 ff.). Wenn im übrigen die Privatklägerinnen D. und

        der Privatklägerin B.

        • wie von der Verteidigung angefährt (Urk.

          528 S. 33) auch in einigen Punkten eine aktive Rolle zusprachen, so schliesst das keineswegs aus, dass sie dabei unter dem Eindruck der Druckausübung des Beschuldigten handelte, waren doch jene aktiven Handlungen der Privatklägerin B. durchaus im Interesse des Beschuldigten.

      5. Bezüglich der von der Verteidigung angefährten (Urk. 528 S. 31) zu Lasten des Beschuldigten nicht verwertbaren Aussage von S. bei der Polizei vom 25. Oktober 2016, wonach die Beziehung zwischen der Privatklägerin

        B.

        und dem Beschuldigten nach Weihnachten gemeint 2014 , als die

        AA. ische Polizei ins Spiel gekommen sei, zu Ende gewesen sei und die

        Privatklägerin B.

        darauf alleine für sieben bis zehn Tage nach Zürich ge-

        gangen sei, um dort zu arbeiten, während sie S. an jenen Tagen den Privatkläger E. betreut habe (Urk. D1/4/4/1 S. 10 f.), ist zu bemerken, dass diese Aussage einzig die letzten Monate des insgesamt sechsjährigen Tatzeitraumes betrifft. Für den gesamten Zeitraum davor kann daraus nichts abgeleitet werden. Dass die Privatklägerin B. sich nicht von einem Tag auf den anderen vom Beschuldigten zu lösen vermochte, sondern diesen zunächst verliess, um darauf nochmals für einige Wochen zu ihm zurückzukehren, deckt sich denn auch mit dem sich präsentierenden Bild eines sehr ambivalenten Verhältnisses zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B. . Die betreffende Aussage von S. entlastet den Beschuldigten mithin nicht für den gesamten Tatzeitraum, jedoch immerhin bezüglich der maximal zehn Tage ab Weihnachten 2014 bis zu den ersten Tagen des Januars 2015. Die von der Verteidigung ange-

        führte Zeugin P.

        (Urk. 528 S. 33 f.) vermochte sich schliesslich nur zum

        Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B. zu äussern, wie es sich ihr präsentierte, wenn sie die beiden in der AA. traf. über die konkreten Umstände der Ausübung der Prostitution der Privatklägerin

        B.

        in der Schweiz und einer Kontrolltätigkeit des Beschuldigten während-

        dessen, konnte P. dagegen nichts sagen. Dass sie die Beiden während de-

        ren zwischenzeitlichen Aufenthaltes in der AA.

        als normales Paar wahr-

        nahm, deckt sich wiederum mit dem sich insgesamt präsentierenden Bild eines sehr ambivalenten Verhältnisses zwischen dem Beschuldigtem und der Privatklägerin B. . Dasselbe gilt für die von der Verteidigung angefährte (Urk. 528

        S. 34) Zeugin Q. , die den Beschuldigten und die Privatklägerin B. ebenfalls nur während Ferien gemeinsam traf.

      6. Bezüglich der Aussage der Privatklägerin D. zum Verhältnis zwi-

        schen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B.

        in ihrer Einvernahme

        als Auskunftsperson vom 13. Oktober 2016 machte die Verteidigung geltend, die Vorinstanz habe indirekt auf unverwertbare Aussagen abgestellt, zumal die Befragung sehr suggestiv gewesen sei (Urk. 528 S. 35). Bei genauer Betrachtung der Fragen und Antworten zeigt sich indessen, dass das nicht der Fall ist. Die Pri-

        vatklägerin D.

        wurde gefragt: Was haben bzw. hatten A.

        und

        B.

        für ein Verhältnis zueinander Antwort: Sie waren Freunde. Frage:

        Waren sie ein Paar einfach befreundet? Antwort: Sie waren ein Paar. Frage: Wie verhielt sich der Beschuldigte gegenüber B. ? Antwort: Er war manchmal normal und manchmal aggressiv ihr gegenüber. Frage: Wurde er B. gegenüber je gewalttätig? Antwort: Das weiss ich nicht. Frage: Haben Sie jemals selber gesehen dass er gewalttätig ihr gegenüber wurde Antwort: Ja. Frage: Wo und wann war das Antwort: Es war in Frankreich, aber wann weiss ich nicht mehr. Frage: Wie haben Sie reagiert? Antwort: Ich habe ihn angeschrien, er solle aufhören. Der Verteidigung ist dabei zwar beizupflichten, dass die Frage 33 nach der Antwort 32 für sich alleine betrachtet zunächst nicht logisch erscheint. In der Gesamtbetrachtung dieser Fragen und Antworten erweckt die Privatklägerin D. jedoch den Eindruck, dass sie den Beschuldigten zunächst nicht belasten wollte, sie dies auf Nachhaken des Staatsanwaltes dann aber dennoch tat, wenn auch zurückhaltend. Auch kann die Fragestellung des Staatsanwaltes entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht als suggestiv bezeichnet werden. Zudem erfolgten die Fragen offen und ohne Vorhalt der Früheren Aussagen. Die Verwertung der Aussagen durch die Vorinstanz erfolgte mithin korrekt. Die Verteidigung wendete sodann ein, die Aussage der Privatklägerin C. in der Einvernahme vom 10. November 2016 (Urk. D1/4/5/3 S. 7 f.) sei nicht zu Lasten des Beschuldigten verwertbar, da sie mit Bezug auf nicht verwertbare Aussagen bei der Polizei gefragt worden sei: Offenbar hatten Sie am ersten Abend in der Wohnung bereits Ihre Beobachtungen gemacht, insbesondere wie die beiden mit einander umgingen? (Urk. 528 S. 35). Dazu ist zu bemerken, dass der Staatsanwalt anlässlich der Formulierung der betreffenden Frage zwar einerseits Kenntnis der polizeilichen Einvernahme vom 9. November 2016 hatte, ande-

        rerseits aber auch diverser Einvernahmen der Privatklägerin B.

        wie auch

        der unmittelbar zuvor in derselben Einvernahme gemachten Aussagen der Privat-

        klägerin C. . Hierauf schilderte die Privatklägerin C. über gut eine halbe Seite hinweg frei und ohne Zwischenfragen zunächst einen anderen Vorfall und daraufhin den Vorfall, als der Beschuldigte in ihrer Anwesenheit an der Pri-

        vatklägerin B.

        den Oralverkehr vollzogen habe. Dass die Früheren Aussa-

        gen der Privatklägerin C.

        einen relevanten Einfluss auf ihre neuerlichen

        Aussagen gehabt hätten, ist jedenfalls nicht ersichtlich. Auch die Verwertung dieser Aussage und ein Abstellen auf diese durch die Vorinstanz erfolgte somit zu Recht.

      7. Die Verteidigung führte aus, wenn der Beschuldigte die Privatklägerin B. regelmässig geschlagen hätte, hätten andere Personen Spuren im Gesicht der Privatklägerin B. feststellen müssen (Urk. 528 S. 35 f.). Dem ist entgegenzuhalten, dass aus dem Umstand, dass keine der in der Untersuchung

        einvernommenen Personen Verletzungen der Privatklägerin B.

        wahrnahm

        und schilderte, nicht der Rückschluss gezogen werden kann, dass während des gesamten Zeitraumes von sechs Jahren nie solche für Drittpersonen sichtbar gewesen wären und daher ihre diesbezüglichen Aussagen falsch seien. Wenn die Verteidigung an den Erwägungen der Vorinstanz weiter beMängelt (Urk. 528 S. 36), diese habe in unzulässiger Weise in Verletzung seiner könstlerischen Freiheit die vom Beschuldigten erfundene Geschichte eines AB. bzw. AB. und eines 19-jährigen Mädchen herangezogen (Urk. D1/6/21 Doc. 4 S. 6 f.; Urk. 460 S. 81), so ist dazu zu bemerken, dass Selbstverständlich nicht eins zu eins davon ausgegangen werden kann, der Beschuldigte habe hier die reale Geschichte seines Verhältnisses mit der Privatklägerin B. niedergeschrieben. Die betreffende Geschichte stimmt aber doch zumindest in vielen Details mit dem erhaltenen Bild überein, wie es sich aus den Aussagen der Privatklägerin B. und der weiteren Aussagepersonen ergibt. So geht daraus jedenfalls hervor, dass der Beschuldigte sexuelle Gewaltfantasien bezüglich einer Partnerin im jungen Erwachsenenalter hegte. Insofern stellt die Geschichte zumindest ein Indiz dar, das den erhaltenen Eindruck abrundet. Und als solches Indiz ist sie auch verwertbar.

      8. Hinsichtlich des Einwandes der Verteidigung, die Privatklägerin B. habe sich häufig durchaus frei bewegen können und den Beschuldigten mehrfach verlassen und sei wieder zu ihm zurückgekehrt, was zeige, dass er sie nicht, wie von dieser geltend gemacht, dauernd überwacht habe (Urk. 528 S. 36), ist zu bemerken, dass die Privatklägerin B. das von ihr mehrfach geschil- derte dauernde überwachen durch den Beschuldigten auch wenn sie dies häufig verallgemeinernd schilderte primür auf die Zeiträume ihrer tätigkeit als Pros-

        tituierte bezog. Wenn Aussagepersonen, wie die Privatklägerin C.

        oder

        S. , einzelne Situationen schilderten, in denen die Privatklägerin B. sich über einen Zeitraum von sechs Jahren verteilt eine zwei Stunden ohne unmittelbare überwachung des Beschuldigten frei bewegen konnte, widerlegt das nicht, dass die Privatklägerin in der von ihr geschilderten Weise vom Beschuldigten bei ihrer tätigkeit als Prostituierte überwacht wurde. Der von der Verteidigung im Weiteren zitierte (Urk. 528 S. 37 f.) Chat zwischen der Privatklägerin B.

        und ihrer Schwester, in dessen Verlauf die Privatklägerin B.

        zu ihrer

        Schwester sagte, sie sei mit dem Beschuldigten deshalb wieder zusammen, weil sie es ihm erlaubt habe (Urk. D1/2/40/1 S. 8 f.), stellt, wie sich bei dessen genauer Betrachtung zeigt, offensichtlich einen Versuch der Beruhigung der Schwester durch die Privatklägerin B. dar, nachdem die Schwester aufgrund der zwi-

        schenzeitlichen Trennung der Privatklägerin B.

        vom Beschuldigten nach

        Weihnachten gemeint 2014 sich in der Heimat aus Angst vor dem Beschuldigten offenbar zur Polizei begeben hatte. Aus dem Chat geht denn auch hervor, dass sich die Privatklägerin B. zunächst vor dem Beschuldigten verstecken wollte, dieser aber ihr Inserat fand und sich danach zu ihr begab, worauf sie ihm öffnete. Entgegen der Ansicht der Verteidigung spricht dies somit in keiner Weise gegen ein überwachen der Privatklägerin B. durch den Beschuldigten und eine psychische Zwangsausübung. Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Privatklägerin B. , wie von der Verteidigung vorgebracht (Urk. 528 S. 38), sich lange keine Hilfe bei der Polizei an anderer Stellen suchte, obschon sie während des gesamten Tatzeitraumes grundsätzlich mehrfach die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Vor dem Hintergrund des ambivalenten Verhältnisses zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B. und der für sie über die Jahre

        hinweg entstandenen mentalen abhängigkeit vom Beschuldigten erscheint dieses Verhalten durchaus nachvollziehbar.

      9. Wenn die Verteidigung geltend macht, die Aussage der Privatklägerin B. , wonach sie alle Einnahmen aus der Prostitution dem Beschuldigten abgegeben habe (Urk. D1/3/21 S. 12 F/A 65), stehe im Widerspruch zu ihrer früheren Aussage, wonach sie einen Teil des Geldes habe behalten können und es auch Phasen gegeben habe, in denen sie die Hälfte habe behalten können (Urk. D1/3/20 S. 12 F/A 48), wobei die Privatklägerin B. auch überweisungen getätigt, ihre Mutter und ihre Schwester unterstätzt und Spenden geleistet habe, und zudem zwei Autos auf ihren Namen eingeläst und danach als ihr Eigentum betrachtet habe (Urk. 528 S. 39), so ist dem entgegenzuhalten, dass sich die verschiedenen Aussagen bei genauer Betrachtung auf jeweils andere Zeiträume beziehen. Die eine Aussage bezog sich auf den Zeitraum vor ihrer Schwangerschaft mit dem Privatkläger E. , während die andere geschilderte Phase die Aufenthalte in den Jahren 2009 und 2010 in Zürich betraf. Dass der Beschuldigte der Privatklägerin in unterschiedlichen Phasen unterschiedlich hohe Anteile ihrer Einkönfte abnahm bzw. nicht zurückgab, ist nachvollziehbar; ebenso, dass sie aus den ihr jeweils verbleibenden Geldern ihre Familie und Dritte zu Unterstützen vermochte. Dem Beschuldigten wird denn von der Anklage auch nicht vorgewor-

        fen, alles von der Privatklägerin B.

        mittels Ausübung der Prostitution ver-

        diente Geld erhalten zu haben, sondern jeweils mindestens 50% davon. Zum in diesem Zusammenhang weiter von der Verteidigung geäusserten Einwand, die Kunden der Skype-Vorführungen hätten gemäss Aussagen der Privatklägerin B. das jeweilige Entgelt auf ihr Konto überwiesen (Urk. D1/3/8 S. 16 f. F/A 106-111), was der Darstellung widerspreche, der Beschuldigte habe sämtliches Geld einbehalten, da das Geld in ihren Machtbereich und nicht zum Beschuldigten gelangt sei (Urk. 528 S. 39), ist zu bemerken, dass die Privatklägerin B. diesbezüglich ausführte, der Beschuldigte habe über eine Vollmacht des auf sie lautenden Kontos verfügt und das Geld von lediglich etwas über Fr. 400.? in mehreren Teilen abgebucht. Die betreffenden Einnahmen dürften mithin zum einen vernachlüssigbar gewesen sein im Vergleich zu denjenigen aus den direkten sexuellen Handlungen mit Kunden, und zum anderen widersprechen auch diese

        Aussagen nicht ihren sonstigen Aussagen, wonach in der Regel mindestens 50% der Einnahmen aus ihrer Prostitutionstätigkeit in Zürich an den Beschuldigten gegangen seien. Zum Einwand der Verteidigung, die Vorinstanz habe nicht dargelegt, weswegen unerheblich sei, ob der Beschuldigte den Erhalt des Geldes als Gegenleistung für seine tätigkeit Fahrdienste, Beschätzertätigkeit, Organisation von Kunden angesehen habe nicht, da die Beiden sich in einer Beziehung befunden hätten und es normal sei, dass man vom erwirtschafteten Geld, auch wenn dies nur einer verdient habe, gemeinsam lebe, insbesondere wenn der an- dere Unterstätzung bei der Erwerbstätigkeit des Partners leiste (Urk. 528 S. 40), ist zu bemerken, dass die von der Vor-instanz erwähnte Unerheblichkeit dieses Umstandes im Hinblick auf die rechtliche Würdigung bei welcher der Entzug der Einnahmen aus der Prostitution, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen darstellt zu verstehen ist. So konnte die Privatklägerin B. stets über mindestens 50% ihrer Einnahmen als Prostituierte nicht selbst verfügen, sondern musste sie das Geld dem Beschuldigten abgeben, worauf er alleine bestimmte, wieviel wofür verwendet würde, ohne dass dies zu-

        vor mit der Privatklägerin B.

        besprochen worden wäre. Der Hinweis der

        Verteidigung auf das Konkubinat zwischen den Beiden ist daher unbehilflich.

      10. Zusammenfassend ist der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.2 mit der Vorinstanz mit Ausnahme des erwähnten Zeitraumes von maximal zehn Tagen ab Weihnachten 2014 bis zu den ersten Tagen des Januars 2015 (vgl. Erw. 2.3.5.) insoweit als erstellt zu bezeichnen, dass der Beschuldigte die Privatklägerin

        B. in verschiedener Hinsicht überwachte und ihr in Bezug auf die Ausübung ihrer tätigkeit als Prostituierte Vorgaben machte. Erstellt ist auch, dass diese dem Beschuldigten mindestens 50% ihrer Einnahmen abgab und er das Geld mithin auch für seinen eigenen Lebensunterhalt verwendete. Ausserdem sind auch verschiedene Nötigungs- und GewaltVorfälle in diesem Zusammenhang als erstellt

        zu erachten. Inwiefern die Privatklägerin B.

        dadurch nicht mehr frei und

        selbstbestimmt darüber entscheiden konnte, wie sie ihre tätigkeit als Prostituierte ausübte, ist im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu prüfen.

  2. Anklageziffern 1.3 und 1.4

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.3 bezüglich

      sexuellen Handlungen zum Nachteil der Privatklägerin B.

      zusammengefasst vor, er habe im Zeitraum vom 20. September 2009 bis zum 13. Februar 2015 mindestens einmal pro Woche gegen den Willen der Privatklägerin B. entweder den vaginalen, analen oralen Geschlechtsverkehr an ihr vollzogen. Zudem habe er am 29. März 2014 im Beisein des Privatklägers E. und der Privatklägerin C. gegen den Willen der Privatklägerin B. den oralen Geschlechtsverkehr vollzogen (Urk. 24 S. 15 f.). Anklageziffer 1.4 bezieht sich auf einen einzelnen Vorfall vom 29. März 2014 (Urk. 24 S. 16 f.).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.3 und 1.4 bezüglich der Vorwürfe der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung zum Nachteil der Privatklägerin B. zur Erkenntnis, es sei erstellt, dass der Beschuldigte teilweise gegen deren Willen vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr vollzog. Nicht erstellt sei dabei, dass der Beschuldigte den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Privatklägerin vollzog, indem er Gewalt anwendete (Urk. 460 S. 90-96).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffern 1.3 und 1.4 (Urk. 460 S. 85-96) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Was die Interessenslage der Privatklägerin B. betrifft, so ist diese bezüglich der Vorwürfe, der vom Beschuldigten mit ihr jeweils vollzogene Geschlechtsverkehr sei weitestgehend gegen ihren Willen erfolgt, deckungsgleich mit denjenigen bezüglich der vorstehend behandelten Vorwürfe gemäss Anklageziffer 1.2. Ein Motiv, weswegen sie den Beschuldigten bewusst falsch belasten

        sollte, ist nicht zu sehen. Wenn die Vorinstanz feststellte, die Privatklägerin B. habe die Häufigkeit gegen ihren Willen erfolgter sexuellen Handlungen des Beschuldigten z.T. übersteigert geschildert, so ist dem grundsätzlich zuzustimmen. Dies spricht indessen keineswegs gegen die grundsätzliche Richtigkeit ihrer diesbezüglichen Aussagen, wonach dieser im fraglichen Zeitraum regelmössig in der vorgeworfenen Weise sexuelle Handlungen gegen ihren Willen mit ihr vornahm, sondern dürfte ihrer retrospektiven Betrachtung der zum Teil mehrere Jahre zurückliegenden, für sie wohl einDrücklichen Ereignisse geschuldet sein.

      3. Hinsichtlich der vom Beschuldigten gegenüber der Privatklägerin

        B.

        ausgeübter physischer Gewalt wie u.a. Schlüge ist wie auch vorste-

        hend betreffend die Vorwürfe gemäss Anklageziffer 1.2 dargelegt erstellt, dass der Beschuldigte sie während des relevanten Tatzeitraumes regelmässig schlug.

        Wenn die Privatklägerin B.

        ausführte, sie sei auch während des Geschlechtsverkehrs mit dem Beschuldigten häufig von diesem geschlagen worden, so erscheinen ihre diesbezüglichen Aussagen durchaus plausibel. In ihren Aussagen finden sich jedoch keine Hinweise, dass diese physische Gewalt des Beschuldigten des Brechens ihrer Gegenwehr zur Durchführung des vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen gedient hätte. Vielmehr deuten ihre Aussagen darauf hin, dass sie die Schlüge, wie auch den jeweiligen vaginalen, analen oralen Geschlechtsverkehr aufgrund ihrer allgemeinen Situation in der Beziehung mit dem Beschuldigten erduldete bzw. sie gar nicht in der Lage war, sich wirksam gegen den nicht gewollten Geschlechtsverkehr einerseits und die Schlüge dessen andererseits zu wehren. Die vom Beschuldigten gegen sie veräbte physische Gewalt war mithin nicht für die sexuellen Handlungen kausales Nötigungsmittel, sondern die veräbten tätlichkeiten dienten dem Beschuldigten nebst der sexuellen Handlungen zur zusätzlichen Demötigung der Privatklägerin B. . Dies deckt sich auch mit der Aussage der Privatklägerin C. , die einen sehr brutal ausgefährten Oralverkehr des Beschuldigten mit der Privatklägerin B. beobachtete, ohne dabei festzustellen, dass sich die Privatklägerin B. dabei gewehrt hätte bzw. auch nur versucht hätte, dies zu tun. Wenn also die Vorinstanz feststellt, es sei nicht erstellt, dass der Beschuldigte den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen der

        Privatklägerin B. vollzog, indem er Gewalt anwendete, so muss dies so verstanden werden, dass die physische Gewalt nicht das entscheidende Nötigungsmittel zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs gegen ihren Willen war.

      4. Bezüglich des Vorwurfs, den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Privatklägerin B. mittels Ausübung psychischen Drucks ausgeübt zu haben, erscheint es unumgänglich, die gesamte Situation der Beziehung zwischen den Beiden zu betrachten. Wie vorstehend

        dargelegt, sind die Aussagen der Privatklägerin B.

        zu den TatVorwürfen

        gemäss Anklageziffer 1.2 glaubhaft und überzeugend. Vergegenwürtigt man sich die diversen dortigen Tathandlungen des Beschuldigten gegen sie, so ergibt sich ein durchaus abgerundetes Bild, wonach sich die Privatklägerin B. vor diesem Hintergrund kaum relevant gegen brutale, für sie schmerzhafte sexuelle Handlungen und Schlüge wehrte und diese übersichergehenliess. Dasselbe gilt für die Frage, weswegen sie ihn während mehreren Jahren nicht einfach verliess und viel früher anzeigte. Und ebenso passt ins Bild, dass sich der Beschuldigte in dieser Situation auch selbst gewissermassen bei der Privatklägerin B. sexuell bediente, wann immer es ihm passte. Auch wenn sie die Häufigkeit der solchermassen erfolgten sexuellen Handlungen, wie erwähnt, wohl zu hoch angab, so ist doch festzuhalten, dass sie bezüglich deren Intensität keine übersteigerungen vornahm. Die Art und Weise, wie sie die Handlungen beschrieb, wirken zwar durchaus brutal, indem die Privatklägerin B. verschiedentlich den Vergleich mit Handlungen in Pornofilmen machte, jedoch wäre auch ein noch weit Grösseres Mass an Brutalität denkbar, das sie dem Beschuldigten hätte vorwerfen kön- nen, wenn sie ihn maximal möglich hätte belasten wollen. Die Beschreibung der sexuellen Handlungen deutet daraufhin, dass er jeweils gerade so weit ging, dass er der Privatklägerin B. keine gravierenden körperlichen Verletzungen zufügte, so dass sie auch weiterhin als Prosti-tuierte arbeitsfühig blieb. Dass keine der weiteren Aussagepersonen konkrete Spuren bei der Privatklägerin B. wahrnahm, vermag daher entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 42 ff.) nicht zu überraschen. Ein Widerspruch kann in der fehlenden Wahrnehmung durch Drittpersonen nicht gesehen werden. Anzumerken ist im übrigen, dass es entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 45) unerheblich ist, dass die

        Privatklägerin B. gemäss eigener Aussage (Urk. D1/3/25 S. 12 F/A 73 f.) dem Beschuldigten nicht (jedes Mal) würtlich sagte, dass sie den Sex nicht wolle. So führte sie aus, sie habe es ihm nicht nochmals gesagt, weil sie nicht so dumm gewesen sei, erneut geschlagen zu werden. Sie habe dem Beschuldigten aber sicher gezeigt, dass sie keinen Sex wolle. Auch diese Aussage passt überzeugend ins Bild einer sich während langer Zeit in ihr Schicksal fügenden Privatklägerin B. , die dem Beschuldigten lediglich noch nonverbal zuverstehengeben vermochte, dass sie die von ihm an ihr vollzogenen sexuellen Handlungen nicht wollte, sich aktiven Widerstand aber nicht traute. Die Aussagen der Privatklägerin B. zu den TatVorwürfen gemäss Anklageziffer 1.3 und 1.4 sind mithin als glaubhaft und überzeugend zu bezeichnen.

      5. Die Aussagen der Privatklägerin B. werden zumindest bezüglich eines Vorfalls desjenigen gemäss Anklageziffer 1.4 gestützt durch die Aussagen der Privatklägerin C. . So führte diese Folgendes aus: [...] ich sah, wie sie auf dem Rücken lag und er sass auf ihrem Gesicht. Und sie hatte sein Glied im Mund. Er hielt sie an den Haaren und hat sie an den Haaren zu sich gezogen. Aber das Ganze ziemlich drastisch, ziemlich hart. Er hat sie nicht sanft an den Haaren gehalten, sondern es war so, als er sie an den Haaren zieht. [...] Sie war sehr zart, sehr feingliedrig, und er war ein Stück von einem Mann. Sie hatte ihren Kopf zwischen seinen Schenkeln, die er fest zusammendRückte. Er sass auf ihren Hals. Sie konnte gar nicht fliehen. Eine normale Frau wäre bei so etwas weggegangen. Und ich hatte den Eindruck, dass sie es tat, weil sie musste. Und er hatte ihre Haare ganz stark in die Hand genommen und an denen gezogen. Und er hat es offensichtlich genossen und sie nicht. Man sah, dass er es genoss. [...] Und auch danach, es war nicht, dass sie gel?chelt hätte. Sie war ganz still. Sie ging sich waschen und ging zum Kleinen (Urk. D1/4/5/5 S. 7 ff.). Auch wenn die Pri-

        vatklägerin C.

        das nicht ausDrücklich erwähnte, so zeigt doch ihre Beschreibung des betreffenden Oralverkehrs entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 44) exemplarisch das Verhalten eines Opfers, das den brutalen Akt nur deshalb ohne Gegenwehr übersichergehenlässt, weil es sich schlicht nicht in der Lage fühlt, sich dagegen zu wehren. Gut in dieses Bild passt, dass sich die

        Privatklägerin B. danach sogar noch bei der Privatklägerin C.

        dafür

        entschuldigte, dass jene den harten sexuellen Handlungen beiwohnen musste.

        Auch in der Beschreibung der Privatklägerin C.

        waren die gewalttätigen

        Handlungen nicht das Nötigungsmittel, zumal sie gar keine Abwehr Abwehrversuche der Privatklägerin B. wahrnahm. Die Beschreibung deckt sich mit der Art und Weise, wie die Privatklägerin B. die jeweiligen sexuellen Handlungen des Beschuldigten an ihr beschrieb. Hinsichtlich der Aussage der Zeugin O. , die der Aussage der Privatklägerin B. , wonach der Beschuldigte sie zu Sex zu dritt mit der Zeugin O. gezwungen habe (Urk. D1/3/1 S. 3), widersprach (Urk. D1/4/6/2 S. 12), ist zu bemerken, dass dies entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 44) nicht gegen die Richtigkeit der Aussage der Privatklägerin B. spricht. Dass die Privatklägerin B. die betreffen- den sexuellen Handlungen zu dritt lediglich aufgrund der psychischen Drucksitua-

        tion machte, musste für die Zeugin O.

        keineswegs ersichtlich sein. Wenn

        die Verteidigung bezüglich der Zeugin O. anmerkt, diese habe geschildert, die Privatklägerin B. sei bezüglich des Beschuldigten eifersüchtig gewesen, wenn dieser auf der Strasse einer anderen Frau nachgeschaut habe (Urk. D1/4/6/2 S. 13), wobei auch die Privatklägerin B. selbst von Eifersucht gesprochen habe (Urk. 528 S. 43), so ist dem entgegenzuhalten, dass eine solche Gefühlsreaktion der Privatklägerin B. vor dem Hintergrund der ambivalenten Beziehung der Beiden durchaus nachvollziehbar erscheint. War der Beschul- digte für sie Peiniger und Stätze sowie Vater ihres Sohnes zugleich, erstaunt eine gewisse Eifersucht von ihr anderen Frauen gegenüber nicht und spricht keineswegs gegen die Richtigkeit ihrer Schilderungen. Schliesslich werden die Aussagen der Privatklägerin B. auch durch die Aufzeichnungen des Beschuldigten gestützt, worin er festhielt, dass das Mädchen, bei dem es sich aufgrund des

        Gesamtkontextes zweifellos um die Privatklägerin B.

        handelte, bei ihrem

        Zusammensein keinerlei Reaktionen zeigte und er der Beschuldigte sie vergeblich gebeten habe, den Sex zu geniessen (Urk. D1/6/21 Doc. 5 S. 4). Die Aussagen der Privatklägerin B. werden somit auch durch weitere Beweismittel und Indizien gestützt.

      6. Anzumerken ist, dass eine Einvernahme der Privatklägerin B. vor Gericht weder notwendig noch sinnvoll erscheint. Zwar handelt es sich bei den

        dem Beschuldigten vorgeworfenen Sexualdelikten weitestgehend um Vieraugen- delikte. Ihre parteiöffentlichen Einvernahmen bei der Staatsanwaltschaft wurden auf Video aufgezeichnet (vgl. Urk. D1/3/16-28), so dass sich auch die gerichtlichen Instanzen ein Bild vom Verhalten der Privatklägerin B. anlässlich ihrer Aussagen in der Untersuchung machen können. Sie sagte im Wesentlichen konstant und in sich logisch aus und zudem werden ihre Aussagen durch weitere Beweismittel gestützt. Auf eine Einvernahme als Auskunftsperson vor Gericht kann daher gestützt auf die diesbezügliche bundesgerichtliche Rechtsprechung (Urteil des Bundesgerichts 6B_1265/2019 vom 9. April 2020 E. 1.2.; m.H.a. BGE 140 IV 196 E. 4.4.2 und Urteil des Bundesgerichts 6B_918/2018 vom 24. April 2019 E. 2.2.2) verzichtet werden, zumal auch nicht anzunehmen ist, dass eine Einvernahme der Privatklägerin B. mehr als acht Jahre nach den letzten Tathandlungen sachdienlich wäre.

      7. Zusammenfassend ist mit der Vorinstanz als erstellt zu betrachten, dass der Beschuldigte teilweise gegen den Willen der Privatklägerin B. vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr an ihr vollzog, wobei aber nicht erstellt ist, dass er Gewalt als Nötigungsmittel anwendete, um den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen zu vollziehen. Der innere Sachverhalt wird zweckmässigerweise im Rahmen der rechtlichen Würdigung mit dem subjektiven Tatbestand zu prüfen sein.

  3. Anklageziffer 1.5

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.5 bezüglich

      Menschenhandels zu Lasten der Privatklägerin C.

      zusammengefasst vor,

      die Privatklägerin C. durch eine Täuschung in die Schweiz gelockt zu haben, indem er ihr hier für die Dauer von 14 Tagen eine Arbeit als Haushaltshilfe versprochen habe. In der Folge habe er die Privatklägerin C. am 28. März 2014 in der AA. abgeholt und nach L. gefahren. Hier habe er wenige Tage später ein Inserat für die Privatklägerin C. ohne deren Einverständnis auf dem Internetportal G. .ch geschaltet und die Privatklägerin C. zwi-

      schen dem 1. und 4. April 2014 aufgefordert, als Prostituierte zwei Freier zu be- dienen. Er habe sie aufgefordert, diese beiden Männer mittels Einsatz ihrer F?kalien sexuell zu stimulieren und ihr gedroht, dass es ihr Ende sei, wenn sie nicht mache, was er von ihr verlange. Dies habe bei der Privatklägerin C. Angst ausgeläst, was dazu gefährt habe, dass sie sich seinen Forderungen gefügt habe. Das dabei verdiente Geld habe sie ihm auf seine Aufforderung hin ausgehündigt. Der Beschuldigte habe, bereits als er das Inserat aufgegeben habe, gewusst, dass er Allfällige Interessentinnen nicht als Haushaltshilfen Kinderbetreuerinnen einsetzen werde, sondern in der Schweiz als Prostituierte an Freier vermitteln würde (Urk. 24 S. 17 ff.).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.5 bezüglich des Vorwurfs des Men-

      schenhandels zum Nachteil der Privatklägerin C.

      zur Erkenntnis, es sei

      nicht erstellt, dass der Beschuldigte in einem Inserat, auf das sich die PrivatKlägerin gemeldet habe, eine Hilfe für Haushalt und Kind suchte, dass die PrivatKlägerin davon ausging, dass sie während des Aufenthaltes in der Schweiz nur auf das Kind schauen und kochen würde, dass das im Internetportal G. aufgeschaltete Inserat bzw. die darin angebotenen sexuellen Dienstleistungen ohne grundsätzliches Einverständnis der Privatklägerin erfolgten, dass der Beschuldigte das für die Dienstleistung erhaltene Geld vollumfänglich für sich behielt und zu seinen eigenen Gunsten verwendete, und dass die Privatklägerin die beschriebenen sexuellen Dienstleistungen erbrachte, weil der Beschuldigte sie bedrohte, was bei ihr Angst auslöste (Urk. 460 S. 98-107).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.5 (Urk. 460 S. 96-107) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Die Aussagen der Privatklägerin C. bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.5 präsentieren sich in mancherlei Hinsicht widersprächlich. Am auffälligsten ins Auge springt dabei, wie sie einerseits ausführte, wie sie sich dem Beschuldigten selbstbewusst entgegengestellt habe. So habe sie sich noch in der AA. gegen dessen ungebührliche Annäherungsversuche klar und deutlich zur Wehr gesetzt: [...] Ich sagte ihm, er solle mich ja nicht mehr berühren, sonst würde ich ihm eine schmieren. Da war er schockiert. Ich nehme an, dass ihm das noch nie eine Frau gesagt hat. [...] (Urk. D1/4/5/1 S. 3). Hinsichtlich der Frage, welche sexuellen Praktiken sie mit den Kunden machen sollte, habe sie dem Beschuldigten klar und deutlich gesagt, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit Freiern machen werde: [...] so sagte ich ihm, einen intimen Verkehr mache ich für keine Million. [...] (Urk. D1/4/5/3 S. 12). Als Grund, weswegen sie bereits nach wenigen Tagen wieder nach Hause gegangen sei, nannte sie einen Streit mit dem Beschuldigten: [...] Ich rief dann das Taxi und sagte B. , ich würde jetzt gehen und sie würde wissen, wo sie mich finden würde. (Urk. D1/4/5/1 S. 17). Andererseits machte sie geltend, sie habe sich in der Schweiz nur deshalb prostituiert, weil der Beschuldigte sie bedroht habe, indem er gesagt habe, er habe hier in der Schweiz ganz viele Bekannte in hohen Positionen und die könnten ihr grosse Probleme machen (Urk. D1/4/5/1 S. 9) bzw. wenn sie nicht machen würde, was er wolle, so genüge ein Telefonanruf und das sei dann ihr Ende (Urk. D1/4/5/3 S. 11). Dass sich die Privatklägerin C. dem Beschuldigten einerseits mehrfach durchaus selbstbewusst entgegenstellte und bereits nach wenigen Tagen aufgrund eines Streits zurückkehrte, und sie sich an- dererseits aufgrund relativ vager Drohungen von ihm gleich fast unmittelbar nach Ankunft in der Schweiz zur Prostitution hätte zwingen lassen, erscheint wenig plausibel und stellt einen auffallenden Wider-spruch in sich selbst dar. Dazu ist zu bemerken, dass die Privatklägerin C. mit damals 41 Jahren bereits über ei- nige Lebenserfahrung verfügte, insbesondere wie sie anführte auch mit Menschenhändlern, die sie nach Spanien gelockt hätten, dass sie auch sonst schon in ?-sterreich, also im deutschsprachigen Raum, tätig gewesen war und der deutschen Sprache durchaus möchtig war. Von einer Hilflosigkeit ihrerseits kann, wie auch der Umstand ihrer Abreise zeigt, daher keine Rede sein.

      3. Zu berücksichtigen ist sodann, dass auch die Privatklägerin B. , die dem Beschuldigten aufgrund der ihr gegenüber veräbten Handlungen keineswegs wohlgesinnt gewesen sein dürfte, zumindest in einer Früheren Einvernahme den Aussagen der Privatklägerin C. widersprach, indem sie ausführte, die Privatklägerin C. habe sich auf ein Inserat gemeldet, in dem eine Frau für erotische Arbeit gesucht worden sei. Dabei nannte die Privatklägerin B. auch einen plausiblen Grund für den Streit zwischen dem Beschuldigten und der

        Privatklägerin C.

        sowie deren Abreise bereits nach wenigen Tage, indem

        sie bezüglich den finanziellen Konditionen ausführte, die Privatklägerin C. sei vor der Reise in die Schweiz davon ausgegangen, dass sie nur 30% abgeben müsse, der Beschuldigte habe sie in der Folge jedoch abgezockt (Urk. D1/3/7

        S. 2 f.). In einer späteren Einvernahme vier Jahre später relativierte sie zwar diese Aussage, indem sie es für möglich hielt, dass sich die Privatklägerin C. eventuell auch auf ein Inserat gemeldet habe, indem es nur ums Babysitten gegangen sei (Urk. D1/3/25 S. 5 ff.), wobei aber offengelassen werden kann und muss, ob sie ihre Aussage bewusst an diejenige der Privatklägerin C. anpasste sie sich was angesichts des Zeitablaufs durchaus plausibel erscheint schlicht nicht mehr genau erinnerte. Auch in jener Einvernahme merkte sie aber an, sie denke, der Beschuldigte habe der Privatklägerin C. schon gesagt, dass sie mehr Geld verdienen könnte (Urk. D1/3/25 S. 7). Insgesamt deuten die Aussagen der Privatklägerin B. jedenfalls darauf hin, dass sich die Privatklägerin C. vor ihrer Reise in die Schweiz bewusst war, dass sie hier als Prostituierte tätig sein würde, womit sie den Aussagen der Privatklägerin C. klar widersprach.

      4. Zusammenfassend ist mit der Vorinstanz festzustellen, dass die ge- nannten Elemente des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.5 nicht erstellt sind.

  4. Anklageziffer 1.6

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.6 bezüglich

      Förderung der Prostitution zu Lasten der Privatklägerin C.

      zusammengefasst vor, diese zu zwei nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten zwischen dem

      1. und 4. April 2014 angewiesen zu haben, als Prostituierte zwei Freier zu bedie- nen. Dabei habe er sie überwacht und die Modalitäten dieser tätigkeit bestimmt sowie Druck auf die Privatklägerin C. ausgeübt, wodurch diese nicht habe frei bestimmen können, wie sie ihre tätigkeit als Prostituierte ausgefährt habe und er mithin gegen ihren Willen gehandelt habe (Urk. 24 S. 19 f.).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.6 beim Vorwurf der Förderung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin C. zur Erkenntnis, es sei zwar erstellt, dass der Beschuldigte Treffen mit den Freiern vereinbarte und im Rahmen des von der Privatklägerin nicht Abgelehnten die entsprechende Dienstleistung vereinbarte. Nicht erstellt sei jedoch, dass er seine Vorgaben auch gegen den Willen deren durchsetzte und ihr gegenüber in der gemäss Anklageschrift beschriebenen Weise Druck ausübte (Urk. 460 S. 108-115).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.6 (Urk. 460 S. 108-115) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Wie soeben bezüglich der Vorwürfe gemäss Anklageziffer 1.5 dargelegt, präsentiert sich das Aussageverhalten der Privatklägerin C. bezüglich der Umstände, wie sie in die Schweiz kam und hier während rund drei Tagen mit zwei Kunden die Prostitution ausübte, wenig überzeugend. Dies hat auch entscheidende Auswirkungen bezüglich der Vorwürfe gemäss Anklageziffer 1.6. Da sich nicht erstellen lässt, dass die Privatklägerin C. ohne jede Absicht, sich

        hier zu prostituieren, in die Schweiz kam, spricht dies auch klar dagegen, dass der Beschul- digte sie bezüglich der zweimal erfolgten sexuellen Dienstleistungen an Kunden unter Druck setzte. Zwar wäre die ausgefallene Natur der veräbten sexuellen Dienstleistungen in Form von F?kalspielen durchaus geeignet, den Rückschluss

        zu ziehen, die Privatklägerin C.

        habe derartige Handlungen gegen ihren

        Willen vollzogen bzw. sich dazu genötigt gefühlt. Indessen sprechen insbesondere ihre vorstehend zitierten Aussagen, wonach sie bezüglich der Art der zu ver- übenden sexuellen Handlungen gegenüber dem Beschuldigten selbstbewusst aufgetreten sei und normalen Vaginalverkehr kategorisch abgelehnt habe, dagegen, dass sie sich diesbezüglich irgendetwas vom Beschuldigten aufzwingen liess sich auch nur mittels einer in Aussicht gestellten besseren EntLöhnung dazu überreden liess. Im Widerspruch zur Anklage, wonach der Beschuldigte der Privatklägerin C. nie etwas von den seitens der Kunden erhaltenen Gelder abgegeben habe, präsentieren sich sowohl die Aussagen der Privatklägerin C. selbst wie auch diejenigen der Privatklägerin B. . So sagte die Privatklägerin C. , sie habe von der Privatklägerin B. und damit indirekt vom Beschuldigten einmal Fr. 300 und einmal Fr. 400 erhalten (Urk. D1/4/5/3 S. 16; vgl. a. Urk. D1/7/7/1), was in etwa dem Betrag, den die beiden Freier gemäss Aussage der Privatklägerin C. bezahlt hätten (Urk. D1/4/5/3

        S. 11), entsprach. Die Privatklägerin B. führte aus, der Beschuldigte habe die Privatklägerin C. abgezockt, indem sie 50% ihrer Einnahmen plus weitere Auslagen habe bezahlen müssen, obwohl sie lediglich 30% habe abgeben wollen (Urk. D1/3/7 S. 3). Dies spräche dafür, dass die Freier effektiv rund den doppelten Betrag für die Dienstleistungen der Privatklägerin C. zu bezahlen hatten, sie aber nur die Hälfte davon erhielt, obschon sie sich mehr erhofft hatte. Insgesamt legen die Aussagen der Beteiligten den Schluss nahe, dass der Beschuldigte bzw. die Privatklägerin B. die Termine mit den Kunden abmachten und entsprechend die Administration besorgten, die Privatklägerin C. die sexuellen Handlungen mit den beiden Kunden jedoch durchaus ohne Druck und aus eigenem Antrieb vornahm und hierfür letztlich auch bezahlt wurde, auch wenn die Bezahlung prozentual nicht im von ihr beabsichtigten bzw. erwarteten

        Mass erfolgte. Dementsprechend lässt sich nicht erstellen, dass der Beschuldigte seine Vorgaben gegen den Willen der Privatklägerin durchsetzte und ihr gegen- über in der gemäss Anklageschrift beschriebenen Weise Druck ausübte.

  5. Anklageziffer 1.7

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.7 bezüglich

      Förderung der Prostitution zu Lasten der Privatklägerin D.

      zusammenge-

      fasst vor, die Privatklägerin D. zwischen dem 14. und 30. August 2012 angewiesen zu haben, am F. in Zürich der Strassenprostitution nachzugehen. Zudem habe er ihre tätigkeit überwacht und deren Modalitäten bestimmt. Dabei habe er sich nicht für die eigene Meinung der Privatklägerin D. interessiert und seine Vorgaben gegen ihren Willen durchgesetzt (Urk. 24 S. 21).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.7 bezüglich des Vorwurfs der Für- derung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin 3 (D. ) zur Erkennt- nis, dass erstellt sei, dass der Beschuldigte die Privatklägerin 3 (D. ) mit ei- nem Walkie-Talkie ausstattete und von ihr 50% des Geldes, das sie mit ihrer Tätigkeit verdiente, erhalten habe. Die übrigen in Anklageziffer 1.7 umschriebenen Sachverhaltselemente seien dagegen nicht erstellt (Urk. 460 S. 115-123).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.7 (Urk. 460 S. 115-123) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Unterzieht man die Aussagen der Privatklägerin D. einer genauen Betrachtung, zeigt sich, dass sie selbst gar nicht jedenfalls nie mit der genügenden Klarheit ausführte, der Beschuldigte habe sie zur Prostitution gezwungen. Zu den nicht angeklagten Ereignissen in Frankreich im Vorfeld des relevan-

        ten Tatzeitraumes in der zweiten Hälfte des Augusts 2012 sagte sie: A. hat uns dort auf die Strasse gestellt. B. hat mir gesagt, was ich zu tun hätte. Und auf die konkrete Frage, ob der Beschuldigte sie dort zur Prostitution gezwungen habe sagte sie: Ich weiss es nicht (Urk. D1/4/3/2 S. 6 f.). Ebenso führte sie bezüglich der anklagerelevanten Zürcher Ereignisse aus: Ich weiss nicht wie ich dies beantworten soll [...] Er hat mir nichts gesagt (Urk. D1/4/3/2 S. 9). Hinsichtlich des ihr mitgegebenen Walkie-Talkies vermochte die Privatklägerin D. nicht zu sagen, weswegen ihr das Gerät vom Beschuldigten mitgegeben worden sei, etwa ob dies zu ihrer überwachung erfolgt sei ob es sich um eine Mass- nahme zu ihrer Sicherheit vor Übergriffen der Kunden gehandelt hätte. Bezüglich des Geldes vermochte sie nicht zu sagen, wie viel Geld sie von den Kunden jeweils erhielt und ob es sich bei den 50% allenfalls um einen Anteil an der ihr während der betreffenden zwei Wochen Gewährten Kost und Logis handelte. Mithin

        lässt sich den eigenen Aussagen der Privatklägerin D.

        nichts Konkretes

        entnehmen, wonach sie vom Beschuldigten wider ihren Willen der Prostitution zugefährt worden wäre sie sei bei der Ausübung der Prostitution von ihm in konkreter Weise in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt worden.

  6. Anklageziffer 1.8

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten unter Anklageziffer 1.8 bezüglich

      sexuellen Handlungen mit Kindern zum Nachteil des Privatklägers E.

      zu-

      sammengefasst vor, an seinem Sohn, dem Privatkläger E. , im Alter von ca. 6 bis 14 Monaten bzw. im Zeitraum von 1. April 2014 bis 12. Februar 2015 verschiedentlich sexuelle Handlungen vorgenommen diesen in solche einbezogen zu haben. So habe er auf das Gesicht des Kleinkindes ejakuliert, seinen Pe- nis in die Hand des Kleinkindes gelegt und gleichzeitig masturbiert, den Penis des Kleinkinds in seinen Mund genommen, seinen eigenen Penis in den Mund des Kleinkindes eingefährt und dem Kleinkind Zungenk?sse gegeben (Urk. 24 S. 22).

    2. Vorinstanz

      Die Vorinstanz gelangte unter Anklageziffer 1.8 beim Vorwurf der sexuellen Hand-

      lungen mit einem Kind zum Nachteil des Privatklägers E.

      zur Erkenntnis,

      dass der ganze Sachverhalt erstellt sei mit Ausnahme des Vorwurfs, dass der Beschuldigte dem Privatkläger Zungenk?sse gegeben habe (Urk. 460 S. 123-131).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich des Anklagesachverhalts gemäss Anklageziffer 1.8 (Urk. 460 S. 123-131) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Die Frühere Verteidigung des Beschuldigten brachte bezüglich Motiva-

        tion der Privatklägerin B.

        vor Vorinstanz vor, bei ihr sei eine klar zutagetretende Aggravation in den Vorwürfen erkennbar, die ihren Höhepunkt darin gefunden habe, dass sie erst am 7. Juli 2016 also 16 Monate nach ihrer ersten Einvernahme die Vorwürfe der sexuellen Handlungen am und mit dem Privatkläger E. vorgebracht habe. Obwohl sie bereits anlässlich der Einvernahme vom 13. April 2015 auf diese Vorwürfe hingedeutet habe, habe sie über ein Jahr lang nichts dazu gesagt. Was im Hintergrund alles abgelaufen sei, ob die Privatklägerin B. über diese Vorwürfe vorgängig mit den Mitarbeiterinnen des FIZ und der einvernehmenden Polizistin gesprochen habe, wisse man nicht (Urk. 324

        S. 14 ff.). Dem ist entgegenzuhalten, dass die Privatklägerin B. nebst den sie selbst betreffenden TatVorwürfen kein Interesse hatte, den Beschuldigten zusätzlich zu belasten, wiegen doch diese bereits schwer. Sodann stellt das Zuwarten mit dem Deponieren von Aussagen in einer zu protokollierenden Einvernahme bezüglich gänzlich neuer Vorwürfe entgegen der Ansicht der ehemaligen Vertei- digung keine Aggravation dar. Von einer Aggravation könnte dann gesprochen werden, wenn die Privatklägerin z.B. nur Bagatellhandlungen des Beschuldigten mit dem Kind geschildert hätte und diese dann im Verlauf der Untersuchung immer mehr dramatisiert hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. So deutete die Privatklägerin

        B. in der Einvernahme vom 13. April 2015 zwar an, dass es etwas gebe, dass sie nicht sagen könne (Urk. D1/3/8 S. 6 f.), das sie aber offensichtlich belastete. In der rund 15 Monate später erfolgten Einvernahme vom 7. Juli 2016 machte sie dann die Aussagen über die Tathandlungen gegen das gemeinsame Kind, den Privatkläger A. , wobei ihre Aussagen sogleich umfassend und detailreich erfolgten (Urk. D1/3/15 = D4/2/1). Dass sie mit diesen Depositionen zum Nachteil des Kindes zuwartete, erscheint im Rahmen einer Gesamtbetrachtung entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 50) auch durchaus nachvollziehbar. Die Delikte des Beschuldigten gegen die Privatklägerin B. wurden für sie während Jahren gewissermassen zu ihrem Alltag, mit dem sie sich in der mit dem Beschuldigten gelebten Beziehung offensichtlich in gewisser Weise arrangiert hatte. Die Tathandlungen des Beschuldigten gegen das 6-14 Monate alte gemeinsame Kleinkind waren für sie dagegen wohl umso schockierender, worauf auch ihre Aussage im Zeitpunkt 13. April 2015 hindeutet: Wenn ich das erzähle, werde ich Selbstmord begehen (Urk. D1/3/8 S. 6 f.). Diese Aussage manifestiert eine erhebliche Verzweiflung und wohl auch Schuldgefühle der Privatklägerin

        B.

        ihrem Kind gegenüber, dies nicht früher verhindert haben zu können.

        Dass sie vor diesem Hintergrund mit den Aussagen bezüglich der TatVorwürfe des Beschuldigten gegen den Privatkläger A. 15 Monate zuwartete, spricht

        mithin nicht gegen deren Glaubhaftigkeit. hätte die Privatklägerin B.

        die

        Vorwürfe gegen den Beschuldigten bezüglich der Tathandlungen gegen das gemeinsame Kind, wie von der Verteidigung geltend gemacht (Urk. 528 S. 51 f.), nur deshalb vorgebracht, weil sie dem Beschuldigten das Kind hätte entziehen und einen weiteren Kontakt des Beschuldigten mit dem Kind verhindern wollen, so wäre vielmehr zu erwarten gewesen, dass sie die Vorwürfe sofort im Zuge der ersten Anzeige gemacht und nicht 15 Monate damit zugewartet hätte.

      3. Wie von der Vorinstanz zutreffend dargelegt wurde (Urk. 460 S. 128- 131), sind die Aussagen der Privatklägerin B. anlässlich der parteiöffentlichen Einvernahme vom 1. März 2018, in der sie die anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 7. Juli 2016 gemachten Aussagen mit Ausnahme derjenigen bezüglich der Zungenk?sse des Beschuldigten an den Privatkläger A. wie- derholte (Urk. D4/2/3) im Wesentlichen frei von Widersprächen, plausibel, detailreich, in sich schlüssig und damit glaubhaft, während der Beschuldigte sich wenig überzeugend dahingehend verteidigte, dass er die Mutter der Privatklägerin B. , S. , teilweise der ihm gemachten Vorwürfe bezichtigte. Die von der Verteidigung (Urk. 528 S. 52) als Beispiel für vermeintlich widersprächliche Aussagen der Privatklägerin B. bezüglich des Verhältnisses des Beschuldigten

        zum Privatkläger E.

        genannte Aussage in der Einvernahme vom 2. April

        2015 präsentiert sich bei genauer Betrachtung nicht als widersprächlich. Gefragt nach der Beziehung des Beschuldigten zum Privatkläger E. führte sie aus (Urk. D1/3/5 S. 3 F/A 13: In den ersten Monaten wollte er das Kind gar nicht se-

        hen und sagte zu mir, dass ich E.

        im Krankenhaus lassen soll. Danach

        wurde er netter, er hat sogar die Windeln gewechselt. Und nach dem Vaterschaftstest, nach Weihnachten, als er dann sicher war, dass er der Vater ist, liebte er ihn sehr. Das hat A. mir so gesagt. Ob das wirklich so ist, weiss ich nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er das Kind nur benutzt, um mir drohen zu können. Nachdem A. das Ergebnis gesehen hat, sagte er mir, jetzt sei sein Kind geboren. Zu Hause hat A. immer versucht, mich an sich zu binden. Und immer das Kind dafür benutzt. Er sagte: E. ist hier. Als ich ihn verlassen wollte, sagte er mir, dass ich das nicht tun dürfe, weil E. einen Vater brauche. Diese Aussage hat mich naTürlich beeinflusst. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich mit einem Baby fliehen soll. Wohin hätte ich gehen sollen, ich hatte keine Familie, keine Freunde. Jetzt habe ich wieder Kontakt mit meiner Familie, das war nicht immer so. Deshalb bin ich jetzt weg gegangen. Ich habe jemand, der mir hilft und meine Familie habe ich auch wieder. Die Privatklägerin B. schilderte mithin detailreich und lebensnah, wie sich das Verhältnis des Beschuldigten zum Kind nach ergangenem Vaterschaftstest wandelte und wie er das Kind auch benutzte, um sie unter Druck zu setzen. Nachdem, wie gezeigt, erklürbar ist, weswegen die Privatklägerin B. mit den konkreten TatVorwürfen bezüglich der Delikte zulasten des gemeinsamen Kindes noch zuwartete, kann in jener Aussage auch keine widersprächliche Beschreibung des Beschuldigten und dessen Verhältnis zum Kind erblickt werden. Liebe des Beschuldigten zum Kind einerseits und sexueller Missbrauch des Kindes andererseits schliessen sich kei- neswegs zwingend gegenseitig aus. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der

        beim Beschuldigten diagnostizierten psychischen Erkrankung. Aus dem Umstand, dass sich die Privatklägerin B. nicht mehr an die ürztin den Arzt zu erinnern vermochte, der bzw. die das Kind wegen einer Pilzerkrankung im Mundbereich in AG. untersucht hatte, kann entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 52) im übrigen keineswegs der Rückschluss gezogen werden, die Privatklägerin B. habe hierdurch die überPrüfung ihrer Aussage verhindern wollen. Schliesslich spricht auch der Umstand, dass keine anderen Aussagepersonen die Aussagen der Privatklägerin B. zu bestätigen vermochten, entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 528 S. 53) nicht gegen deren Richtigkeit, zumal bei den sexuellen Handlungen ausser dem Beschuldigten, dem Privatkläger E. und der Privatklägerin B. niemand anderes zugegen war und es vor dem Hintergrund ihres sehr ambivalenten Verhältnisses mit dem Be-

        schuldigten nachvollziehbar erscheint, dass die Privatklägerin B.

        nie je-

        mandem von den Missbrauchshandlungen des Beschuldigten gegen das gemeinsame Kind erzählte. Auf die glaubhaften und überzeugenden Aussagen der Pri-

        vatklägerin B.

        zu den TatVorwürfen zu Lasten des gemeinsamen Sohns,

        den Privatkläger 4, E. , kann daher abgestützt werden.

      4. Anzumerken ist, dass eine Einvernahme der Privatklägerin B. vor Gericht auch zu diesen TatVorwürfen weder notwendig noch sinnvoll erscheint. Zwar handelt es sich vollumfänglich um Vieraugendelikte. Die parteiöffentlichen Einvernahmen der Privatklägerin B. vor Staatsanwaltschaft wurden jedoch auf Video aufgezeichnet (vgl. Urk. D4/2/3 S. 2), so dass sich auch die gerichtlichen Instanzen ein Bild vom Verhalten der Privatklägerin B. und dem Ein- druck den sie anlässlich ihrer Aussagen in der Untersuchung hinterliess machen können. Sie sagte im Wesentlichen konstant und in sich logisch aus. Zudem wer- den ihre Aussagen im gesamten Verfahren durch weitere Beweismittel gestützt. Auf eine Einvernahme als Auskunftsperson vor Gericht kann daher gestützt auf die diesbezügliche bundesgerichtliche Rechtsprechung (Urteil des Bundesgerichts 6B_1265/2019 vom 9. April 2020 E. 1.2.; m.H.a. BGE 140 IV 196 E. 4.4.2

        und Urteil des Bundesgerichts 6B_918/2018 vom 24. April 2019 E. 2.2.2) verzichtet werden, zumal auch nicht anzunehmen ist, dass eine Einvernahme der Privatklägerin

        B. mehr als acht Jahre nach den letzten Tathandlungen sachdienlich wäre (vgl. a. Erw. 3.3.6.).

      5. Basierend auf den glaubhaften und überzeugenden Aussagen der Privatklägerin B. sind die TatVorwürfe gemäss Anklageziffer 1.8 mit Ausnahme des Verabreichens von Zungenküssen durch den Beschuldigten an den Privatkläger E. somit erstellt.

III. Rechtliche Würdigung

  1. Anwendbares Recht

    1. Um den Vorgaben des übereinkommens des Europarats vom 25. Oktober 2007 zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) zu genügen, wurde mit Bundesbeschluss vom 27. September 2013 neu die Förderung der Prostitution einer minderjährigen Person in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, unter Strafe gestellt (vgl. BBl 2012, S. 7613). Der diesbezüglich revidierte Art. 195 StGB wurde per 1. Juli 2014 in Kraft gesetzt. Die vorliegend zu beurteilenden Vorwürfe beging der Beschuldigte teilweise vor dem 1. Juli 2014, während sie erst nach Inkrafttreten zu beurteilen sind. Es ist daher zu prüfen, welches Recht anwendbar ist, soweit eine Subsumption des Anklagesachverhaltes unter Art. 195 StGB vorzunehmen ist.

    2. Art. 1 StGB bestimmt, dass eine Strafe eine Massnahme nur wegen ei- ner Tat verhängt werden darf, welche das Gesetz ausDrücklich unter Strafe stellt. Art. 2 Abs. 1 StGB konkretisiert diesen Grundsatz dahingehend, dass Verbrechen und Vergehen nur dann nach dem neuen Gesetz beurteilt werden dürfen, wenn sie nach dessen Inkrafttreten begangen wurden. Ausgeschlossen ist die Verhängung einer nachträglich angedrohten Erhöhten Sanktion (S TRATEN- WERTH/WOHLERS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 3. Aufl., Bern 2013, Art. 1 N 4). Dieses sogenannte Rückwirkungsverbot wird auch völkerrechtlich garantiert (Art. 7 Abs. 1 EMRK und Art. 15 IPBPR). Abs. 2 des Artikels 2 macht von dieser Regel jedoch eine gewichtige Ausnahme. Nach dem allgemei- nen Grundsatz von Art. 2 Abs. 2 StGB ist die Rückwirkende Anwendung neuer

      Strafnormen auf täter, die vor Inkrafttreten des neuen Rechtes delinquieren, aber erst nachher beurteilt werden, nach der sogenannten lex mitior zulässig, wenn die neue Gesetzesbestimmung für den täter milder ist als die bisher geltende Regelung (JOSITSCH/EGE/SCHWARZENEGGER, Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 9. A., Zürich 2018, S. 362 f.). Die Anwendung des neuen Rechtes auf täter, welche eine Tat vor Inkrafttreten dieses Rechtes begangen haben, ist nach dieser Bestimmung somit nur möglich, wenn das neue Recht das mildere ist. Die Ermittlung des milderen Rechtes im Sinne von Art. 2 Abs. 2 StGB richtet sich nach der konkreten Methode. Aufgrund des Grundsatzes der Alternativität ist in Bezug auf ein und dieselbe Tat nur entweder das alte das neue Recht anzuwenden. Eine kombinierte Anwendung der beiden Rechte ist ausgeschlossen, weil ein Gesetz, das nicht gilt und zu keiner Zeit gegolten hat, nicht anwendbar sein kann. Hat der täter indessen mehrere Selbständige strafbare Taten begangen, so ist in Bezug auf jede einzelne Handlung gesondert zu prüfen, ob das alte das neue Recht milder ist. Gegebenenfalls ist eine Gesamtstrafe zu bilden (BGE 134 IV 82, 88 f., E. 6.2.3; m.H.a. BGE IV 145, 151 E. 2c; BGE 114 UV 1, 4 E. 2a; BGE 102 IV 196;

      TRECHSEL/VEST, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl., Zürich 2021, N 5 zu Art. 2). Bei einem Dauerdelikt ist das neue Recht anwendbar (TRECHSEL/VEST, a.a.O., N 5 zu Art. 2; m.H.a. SJZ 13 [1942/43] Nr. 113 114, ZBJV 81 [1945] 92, ZR 43 [1944] Nr. 248, ZR 44 [1945] Nr.

      13; abweichend RS 1943 Nr. 6).

    3. sämtliche drei Privatklägerinnen waren im dem Beschuldigten vorgeworfe- nen Tatzeitraum bereits volljährig, weswegen die Rechtsänderung einzig redaktioneller Natur ist (Art. 195 lit. c StGB der gleichlautende Art. 195 Abs. 3 aStGB). Die Vorwürfe gemäss Anklageziffern 1.6 und 1.7 zum Nachteil der Privatklägerinnen C. und D. betreffen Zeiträume vor dem 1. Juli 2014, weswegen zu deren rechtlicher Würdigung altes Recht anwendbar ist, da das neue Recht nicht milder ist. Bei den TatVorwürfen gemäss Anklageziffer 1.2 zum Nachteil der Privatklägerin B. handelt es sich indessen um ein Dauerdelikt mit einzelnen Tathandlungen ab 20. September 2009, die bis 12. Februar 2015, also nach der Rechtsänderung andauerten. Für die rechtliche Würdigung von Anklageziffer 1.2 ist daher das neue Recht massgebend.

  2. Menschenhandel gemäss Anklageziffer 1.1

    1. Ausgangslage

      1. Die Staatsanwaltschaft subsumiert das Tatverhalten des Beschuldigten gemäss Anklageziffer 1.1 unter den Tatbestand des Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 182 Abs. 2 StGB (Urk. 24 S. 2 ff.

        und S. 23).

      2. Die Frühere Verteidigung brachte vor Vorinstanz vor, ohne Zwang bzw. ohne Aufhebung des Selbstbestimmungsrechts und ohne Täuschung sei der Tatbestand nach Art. 182 StGB nicht erfüllt (Urk. 419 N 3 f.). Ebenso beantragte die Verteidigung im Rahmen des Berufungsverfahrens einen Freispruch (Urk. 528 S. 54).

      3. Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten mangels Nachweises notwendiger Tatbestandselemente vom Vorwurf des Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 182 Abs. 2 StGB gemäss Anklageziffer 1.1 frei (Urk. 460 S. 134).

          1. Rechtliche Grundlagen

            Hierzu kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (Urk. 460 S. 132 ff.).

          2. Würdigung

        Da die Privatklägerin 1 anlässlich ihrer Einreise in die Schweiz am 20. September 2009 bereits volljährig war, fällt eine Qualifikation nach Art. 182 Abs. 2 StGB von vorneherein ausser Betracht. Wie im Rahmen der SachverhaltsWürdigung zu Anklageziffer 1.1 dargelegt, ist nicht erstellt, dass sich die Privatklägerin B. aufgrund von besonders schwierigen wirtschaftlichen sozialen Umständen, in einem Zustand der Hilfs- und Perspektivenlosigkeit eines persönlichen abhängigkeitsverhältnisses zum Beschuldigten gezwungen sah, sich in der Schweiz zu prostituieren, sowie dass sie vom Beschuldigten in Bezug auf ihre Tätigkeit bzw. die Art und Weise, wie diese in der Schweiz ausgeübt werden sollte,

        vor ihrer Einreise in die Schweiz getäuscht wurde (vgl. Erw. II.1.). Zudem wirft die Anklage dem Beschuldigten kein irgendwie geartetes nötigendes Verhalten etwa mittels Drohungen anderweitiger Druckausübung vor, um sie zur Einreise in die Schweiz zu bewegen. Zufolge Nichterstellung entscheidender objektiver Tatbestandsmerkmale fällt die Erfüllung des Tatbestandes somit ausser Betracht. Der Beschuldigte ist daher vom Vorwurf des Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 182 Abs. 2 StGB gemäss Anklageziffer 1.1 freizusprechen.

  3. Förderung der Prostitution gemäss Anklageziffer 1.2

    1. Ausgangslage

      1. Die Staatsanwaltschaft subsumiert das Tatverhalten des Beschuldigten gemäss Anklageziffer 1.2 unter den Tatbestand der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 aStGB bzw. Art. 195 lit. c StGB (Urk. 24 S. 6 ff. und S. 23; Urk. 412 S. 3 f.).

      2. Die Frühere Verteidigung brachte vor Vorinstanz vor, der Tatbestand der Förderung der Prostitution werde durch das erstellte Tatverhalten des Beschuldigten nicht erfüllt (Urk. 419 N 9 ff.; vgl. Urk. 460 S. 135 f.). Ebenso beantragte die Verteidigung im Rahmen des Berufungsverfahrens einen Freispruch (Urk. 528 S. 54 f.).

      3. Die Vorinstanz erachtete den Tatbestand der Förderung der Prostitution als erfüllt (Urk. 460 S. 138-141).

    2. Rechtliche Grundlagen

      Hierzu kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (Urk. 460 S. 136 ff.).

    3. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts gemäss Anklageziffer 1.2 (Urk. 460 S. 138-141) auf die zutreffenden Erwägungen

        im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. In objektiver Hinsicht kontrollierte der Beschuldigte die Privatklägerin B. mittels Einsatzes von SMS, Walkie-Talkie und Bluetooth-Kopfhürer. So erteilte er ihr über Mikrofon Anweisungen. Zudem kontrollierte er sie und überwachte sie durch seine physische Anwesenheit in der Nähe des Strassenstrichs bzw. in den entsprechenden Apartmentwohnungen Hotels und beobachtete sie durch die Ausrüstung mit einem GPS-Sender und Kameras. Diese umfassen-

        de Kontrolltätigkeit erfolgte, während die Privatklägerin B.

        der Prostitution

        nachging und Freier bediente. Durch dieses Vorgehen schränkte er ihre Handlungsfreiheit ein, so dass sie ihre tätigkeit nicht mehr gemäss ihrem eigenen Willen Ausüben konnte. Dabei bestimmte er, wo und ab wann und wie lange die Privatklägerin

        B. anschaffen musste und wann sie Pausen einlegen durfte. Er verbot ihr, am Strassenstrich Ungarisch zu sprechen, um Kontakte mit anderen Prostituierten zu minimieren, schaltete für sie Sexinserate auf dem Internetportal G. , in denen er festlegte, welche Sexualpraktiken sie den potentiellen Kunden anbieten würde, schrieb ihr vor, wie viel Umsatz sie erzielen und dass sie ihm die Hälfte ihres Verdienstes abliefern musste. Der Beschuldigte legte mithin fest, wie die

        Privatklägerin B.

        ihrer tätigkeit im Einzelnen nachzugehen hatte. Der

        Zweck dieser (überwachungs-) Handlungen bestand in der Einschränkung der Selbstbestimmungsbzw. Handlungsfreiheit der Privatklägerin B. . Um dies zu erreichen, schlug der Beschuldigte die Privatklägerin B. auch einmal ins Gesicht, als sie ihm den Lohn nicht sogleich aushündigte. Zudem drohte er ihr einmal, er würde ihre Mutter täten. Regelmässig schlug der Beschuldigte sie mit den Händen, riss sie mindestens einmal an den Haaren und hielt mindestens einmal ein Messer in der Hand, als er mit ihr stritt. Diese Drohungen und Gewalt waren insgesamt geeignet, eine Drucksituation und ein MachtgeFälle zu bewirken, zumal der Beschuldigte sich gegenüber der Privatklägerin B. , seiner Lebenspartnerin und später auch Mutter seines Sohnes, aufgrund seines umfassen- den Kontroll- und überwachungsverhaltens in einer Machtposition befand. Vor dem Hintergrund dieser umfassenden Kontrolle und überwachung sowie durch

        das gewalttätige Verhalten des Beschuldigten wurde die Privatklägerin von ihm in der Ausübung ihrer Prostitution richtiggehend beherrscht.

        Hierdurch wurde vom Beschuldigten in unzulässiger Weise Druck auf die Privatklägerin B. ausgeübt, die von ihm vorgegebenen Anweisungen umzusetzen und mit der Prostitution möglichst viel Geld zu verdienen bzw. überhaupt etwas zu verdienen, wodurch sie in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht bzw. ihrer Handlungsfühigkeit nicht mehr frei war. Zwar war die Privatklägerin B. je- denfalls zumindest zu Beginn bereit, als Prostituierte zu arbeiten, um sich anschliessend zusammen mit dem Beschuldigten ein schönes Leben aufzubauen. Aufgrund seines Tatvorgehens war sie in der Art und Weise der Ausübung ihrer tätigkeit jedoch nicht mehr frei, sondern erhielt stündig Anweisungen von ihm, die ihrem Willen und ihren bedürfnissen zuwiderliefen. Da die Privatklägerin B. unter stündiger überwachung stand und ihre Prostitutionstätigkeit vom Beschul- digten beherrscht wurde, kann im übrigen entgegen dessen Ausführungen selbst nicht mehr von einem BeSchätzen gesprochen werden. Der objektive Tatbestand ist somit erfüllt.

      3. In subjektiver Hinsicht drängt sich aufgrund der gesamten objektiven Umstände der Schluss auf, dass der Beschuldigte wissentlich und willentlich han- delte, wobei er wusste, dass die Privatklägerin B. die von ihm vorgeschriebenen Modalitäten der Prostitutionstätigkeit bzw. die Prostitutionstätigkeit an sich nicht (mehr) freiwillig ausübte. In einem Schreiben an die Vorinstanz führte er denn auch selbst an, er habe die Privatklägerin B. während fänf Jahren ein GPS-Sender tragen lassen, um sie an der Flucht zu hindern (Urk. 125 S. 2). hätte diese freiwillig gehandelt, hätte für ein Hindern an der Flucht gar kein Grund bestanden. Die Aussagen des Beschuldigten, wonach er sie lediglich habe beschätzen wollen bzw. sie die STürkere gewesen sei und ihn gezwungen habe, mit ihr zusammen zu sein und auf sie aufzupassen, sowie dass er von Anfang an Angst vor ihr gehabt habe (Urk. D1/2/8 S. 9 und 14; Urk. 316 S. 22), präsentieren sich als reine Schutzbehauptungen und stehen im Widerspruch zu seinen teils praktisch gleichzeitig gemachten Aussagen, mit denen er die Privatklägerin B. im Zeitpunkt ihres

        Kennenlernens als introvertierte und schöchterne Person beschrieb (Urk. D1/2/8

        S. 9 und 14). Es war ihm demnach bewusst, dass er durch das stündige Erteilen von Anweisungen die Handlungsfreiheit der Privatklägerin B. in Bezug auf ihre tätigkeit als Prostituierte einschränkte, diesbezüglich eine beherrschende Stellung einnahm und sie so an sich band, und er wollte diesen Zustand durch die permanente überwachung der Privatklägerin B. aufrechterhalten. Der direkte Vorsatz ist somit erfüllt.

      4. Zwar gab es bei den Tathandlungen einen längeren Unterbruch vom

29. September 2010 bis am 14. August 2012 und zudem diverse kürzere Unterbrächen von wenigen Tagen. sämtliche einzelnen Handlungen waren jedoch Teil desselben Tatentschlusses. Mithin liegt ein Dauerdelikt und mehrere einzelne, abgrenzbare Tathandlungen vor. Somit handelt es sich um eine einfache Tatbegehung vom 20. September 2009 bis am 12. Februar 2015. Der Beschuldigte erfällte unter Anklageziffer 1.2 daher den Tatbestand der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 lit. c StGB.

  1. Mehrfache Vergewaltigung und mehrfache sexuelle Nötigung gemäss Anklageziffern 1.3 und 1.4

    1. Ausgangslage

      1. Die Staatsanwaltschaft subsumiert das Tatverhalten des Beschuldigten gemäss Anklageziffern 1.3 und 1.4 unter die Tatbestände der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB und der mehrfachen sexuellen N?ti-gung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB (Urk. 24 S. 15 ff. und S. 23; Urk. 412 S. 4).

      2. Die Frühere Verteidigung brachte vor Vorinstanz vor, was mit dem in der Anklageschrift genannten abhängigkeitsverhältnis gemeint sein solle und wie die Staatsanwaltschaft einen Allfälligen Widerstand gegen die sexuellen Handlungen als gebrochen sehe, sei nicht ersichtlich, weshalb der Beschuldigte von den Vorwürfen gemäss Anklageziffer 1.3 freizusprechen sei (Urk. 419 N 24 ff.). Der Vorwurf gemäss Anklageziffer 1.4 sei mit Ausnahme der Gewaltanwendung erstellt und der Sachverhalt als sexuelle Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1

        StGB zu qualifizieren (Urk. 419 N 27). Im Rahmen des Berufungsverfahrens beantragte die Verteidigung einen Freispruch von diesen Vorwürfen (Urk. 528 S. 55 ff.).

      3. Die Vorinstanz erachtete die Tatbestände der mehrfachen Vergewaltigung und der mehrfachen sexuellen Nötigung als erfüllt (Urk. 460 S. 141-151).

          1. Rechtliche Grundlagen

            Hierzu kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (Urk. 460 S. 142 ff. und S. 148 f.).

          2. Würdigung

            1. Vorab kann bezüglich der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts gemäss Anklageziffer 1.2 (Urk. 460 S. 141-151) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

            2. In objektiver Hinsicht vollzog der Beschuldigte im Zeitraum vom 20. September 2009 bis zum 12. Februar 2015 mehrfach gegen den Willen der Privatklägerin B. mit ihr vaginalen, analen und oralen Verkehr, wobei erstere Handlungen grundsätzlich unter Art. 190 Abs. 1 StGB und letztere beiden unter Art. 189 Abs. 1 StGB zu subsumieren sind.

            3. Gemäss erstelltem Sachverhalt bestand zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B. ein abhängigkeitsverhältnis, das dazu führte, dass sie sexuelle Handlungen übersichergehenliess, mit denen sie nicht einverstanden war. Zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin B. bestand indessen nicht lediglich ein allgemeines abhängigkeitsverhältnis. Indem er sie seit deren 18. Lebensjahr für eine Dauer von rund fänfeinhalb Jahren als Prostituierte arbeiten liess, sie dabei stets unter Einsatz diverser technischer Hilfsmittel wie Kamera, GPS, Walkie-Talkie etc. überwachte bzw. kontrollierte und die Modalit?ten der Prostitution bestimmte, sie regelmässig schlug und sie mindestens einmal

              an den Haaren riss, als sie ihm ihren Lohn nicht ausgehündigt hatte, er ihr min- destens 50% des Prostitutionserlöses abnahm und ihr einmal drohte, dass er ihre Mutter täten würde, schuf und hielt er über mehrere Jahre ein starkes finanzielles und soziales abhängigkeitsverhältnis und daraus folgend eine Zwangssituation aufrecht. Dadurch und insbesondere vor dem Hintergrund seiner sich immer krankhafter verändernden Sexualität und Aggression brach er den Widerstand der Privatklägerin B. systematisch. Indem sich das dominante, beherrschende, kontrollierende Verhalten des Beschuldigten immer mehr versTürkte, indem eine Zunahme an

              sexuellen Übergriffen stattfand und er auf sie immer unberechenbar wirkte, war sie von seinem Verhalten immer sTürker ge?ngstigt. Aufgrund der zahlreichen Gewalterfahrungen und der Tatsache, dass sie während den fänfeinhalb Jahren in der Schweiz praktisch stündig vom Beschuldigten umgeben war und hier mit Ausnahme von einigen Prostituierten am F. , mit denen sie jedoch nicht bzw. nur unter Aufsicht des Beschuldigten sprechen durfte, sowie den Privatkl?-

              gerinnen C. und D.

              • niemanden kannte und seit dem tt. mm. 2013

              mit dem Beschuldigten ein gemeinsames Kind hatte, auf das der Beschuldigte ebenfalls sexuelle Übergriffe ausübte, befand sich die Privatklägerin B. in einer aus ihrer Perspektive ausweglosen Situation. Ihr Leben wurde durch den Beschuldigten Geprägt von Einschöchterungen, Gewalterfahrungen, sozialer Isolation und andauernder Kontrolle seinerseits. Die Ausweglosigkeit der PrivatKläge-

              rin B.

              gipfelte darin, dass sie sich gegen seine sexuellen Avancen nicht

              bzw. nicht mehr zur Wehr setzte, sondern aus Angst jeweils nachgab. Dennoch gab sie dem Beschuldigten immer wieder zu erkennen, dass sie den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr nicht wollte, indem sie sich jeweils weg- drehte. Er reagierte jedoch jeweils nicht auf ihre ablehnende Haltung, reagierte genervt aggressiv und ignorierte den von ihr manifestierten ablehnenden Willen. Zwar erwirkte der Beschuldigte den vaginalen, oralen analen Verkehr mit der Privatklägerin B. jeweils nicht durch Körperliche Gewalt, die von ihm aufgebaute Drohkulisse brach jedoch den Widerstand der Privatklägerin B. dauerhaft. Unter diesen Umständen war es ihr nicht mehr zuzumuten, sich den sexuellen Übergriffen zu widersetzen, musste sie doch andernfalls mit weiteren

              Aggressionen und ggf. schmerzhafteren sexuellen Übergriffen ihr und nach dessen Geburt dem Privatkläger E. gegenüber rechnen.

            4. Der Beschuldigte setzte mithin gegenüber der Privatklägerin B. das Nötigungsmittel des unter-psychischen-Druck-Setzens ein, um die vaginalen, oralen analen Penetrationshandlungen zu erzwingen. Dadurch erfällte er die objektiven Tatbestände der Vergewaltigung (vaginale Penetrationen) bzw. sexuellen Nötigung (orale anale Penetrationen) mehrfach.

            5. In subjektiver Hinsicht war ihm aufgrund der gesamten Umstände jeweils bewusst, dass er die betreffenden sexuellen Handlungen gegen den Willen der

              Privatklägerin B. vollzog, zumal diese ihn mehrmals verbal darauf aufmerksam machte, sie sich häufig auch wegdrehte und vor Schmerz weinte. Der Beschuldigte musste daher davon ausgehen, dass der vaginale, orale anale Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen erfolgte. Mit seinem gewalttätigen, drohenden und einschöchternden Verhalten während mehreren Jahren brach er den Widerstandswillen der Privatklägerin B. bewusst dauerhaft. Er wusste mithin von ihrer fehlenden Einwilligung und handelte dennoch. Dadurch handelte er mit direktem Vorsatz zweiten Grades.

            6. Der Beschuldigte erfällte somit die Tatbestände der sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB (Anklageziffern 1.3 und 1.4) und der Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB (Anklageziffer 1.3) jeweils mehrfach.

            7. Angesichts des Umstandes, dass eine Vielzahl einzelner Handlungen sowohl Vaginalverkehr einerseits als auch Oraloder Analverkehr andererseits stattfanden, liegt ein Fall echter Realkonkurrenz zwischen Art. 189 StGB und Art. 190 StGB vor, weswegen beide Tatbestände zur Anwendung gelangen (vgl. a. Urk. 460 S. 151).

  2. Menschenhandel gemäss Anklageziffer 1.5

    Wie vorstehend dargelegt (Erw. II. 4.) lässt sich der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.5 bezüglich des Vorwurfs des Menschenhandels zum Nachteil der Privatklägerin C. nicht erstellen. Mit der Vorinstanz (Urk. 460 S. 151) kann auf weitere Erwägungen dazu verzichtet werden. Der Beschuldigte ist vom Vorwurf des Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 1 StGB gemäss Anklageziffer 1.5 freizusprechen.

  3. Förderung der Prostitution gemäss Anklageziffer 1.6

    Wie vorstehend dargelegt (Erw. II. 5.) lässt sich der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.6 bezüglich des Vorwurfs der Förderung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin C. einzig insofern erstellen, dass der Beschuldigte Treffen mit den Freiern vereinbarte und im Rahmen des von der Privatklägerin C. nicht Abgelehnten die entsprechende Dienstleistung vereinbarte. Nicht erstellt ist jedoch, dass er seine Vorgaben auch gegen den Willen der PrivatKläge-

    rin C.

    durchsetzte und ihr gegenüber in der gemäss Anklageschrift beschriebenen Weise Druck ausübte. Mit der Vorinstanz, auf deren zutreffende Erwägungen zu verweisen (Urk. 460 S. 152 f.), ist daher festzuhalten, dass die wesentlichen Tatbestandselemente nicht erfüllt sind. Der Beschuldigte ist daher vom Vorwurf der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB gemäss Anklageziffer 1.6 freizusprechen.

  4. Förderung der Prostitution gemäss Anklageziffer 1.7

    Wie vorstehend dargelegt (Erw. II. 6.) lässt sich der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.7 bezüglich des Vorwurfs der Förderung der Prostitution zum Nachteil der Privatklägerin D. einzig insofern erstellen, dass der Beschuldigte diese mit einem Walkie-Talkie ausstattete und von ihr 50% des Geldes, das sie mit ihrer tätigkeit verdiente, erhielt. Die übrigen Sachverhaltselemente lassen sich nicht erstellen. Mit der Vorinstanz (Urk. 460 S. 153) kann auf weitere Erwägungen dazu verzichtet werden. Der Beschuldigte ist daher vom Vorwurf der Förderung der Pro-stitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB gemäss Anklageziffer 1.7 freizusprechen.

  5. Mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern und Schändung gemäss Anklageziffern 1.8

    1. Ausgangslage

      1. Die Staatsanwaltschaft subsumiert das Tatverhalten des Beschuldigten gemäss Anklageziffer 1.8 unter die Tatbestände der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 3 StGB und nachdem die Vorinstanz die Parteien anlässlich der Hauptverhandlung vom

        17. Januar 2022 darauf hinwies, dass hinsichtlich des Anklagevorwurfs betreffend den Privatkläger E. in rechtlicher Hinsicht auch der Tatbestand der Sch?n- dung zu prüfen sei (Prot. I S. 84) als mehrfache Schändung im Sinne von Art. 191 StGB (Urk. 24 S. 15 ff. und S. 23; Urk. 412 S. 5).

      2. Die Frühere Verteidigung anerkannte vor Vorinstanz den Tatbestand der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 StGB als erfüllt (Urk. 419 N 31). Hinsichtlich des Tatbestandes der Sch?n- dung im Sinne von Art. 191 StGB machte sie geltend, die hierfür notwendigen Tatbestands-elemente seien im Anklagesachverhalt nicht enthalten. Insbesondere ergebe sich aus dem Anklagesachverhalt nicht, dass der Beschuldigte den Privatkläger 4, E. , in Kenntnis dessen Urteilsoder Widerstandsunfähigkeit zu sexuellen Handlungen missbraucht habe. Gemäss Anklage habe der Beschuldigte bei der Vornahme der sexuellen Handlungen einzig gewusst, dass der Privatkläger E. zum Tatzeitpunkt noch nicht 16 Jahre alt gewesen sei (Urk. 419 N 32). Im Rahmen des Berufungsverfahrens beantragte die Verteidigung einen Freispruch von diesen Vorwürfen (Urk. 528 S. 58).

      3. Die Vorinstanz erachtete die Tatbestände der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern und der mehrfachen Schändung als erfüllt (Urk. 460 S. 154-159).

    1. Rechtliche Grundlagen

      Hierzu kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (Urk. 460 S. 154 ff.).

    2. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts gemäss Anklageziffer 1.8 (Urk. 460 S. 154-159) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Wie vorstehend dargelegt (Erw. II. 7.) ist der Sachverhalt gemäss Anklageziffer 1.8 mit Ausnahme des Verabreichens von Zungenküssen erstellt. Mit der Vorinstanz (Urk. 460 S. 155) ist der erstellte Sachverhalt zunächst unter Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 3 StGB zu subsumieren bzw. der Tatbestand wird erfüllt.

      3. Bezüglich des Tatbestandes der Schändung ergibt sich das Alter des

        Privatklägers E.

        im Tatzeitraum aus dessen Geburtsdatum, dem tt. mm.

        2013, klar aus der Anklageschrift. Der Privatkläger E. war somit im Deliktzeitraum vom 1. April 2014 bis zum 12. Februar 2015 fänf bis 14 Monate alt.

        Dass bei einem Kleinkind im Alter des Privatklägers E.

        eine Urteils- und

        Widerstandsunfähigkeit vorlag, ist eine notorische Tatsache und war auch dem Beschuldigten jederzeit bewusst. Eine nähere Umschreibung der Urteils- und Wi- derstandsfühigkeit ist zumindest bei einem Kleinkind im damaligen Alter des Privatklägers E. nicht notwendig, zumal dem Beschuldigten jederzeit klar war und ist, was ihm vorgeworfen wird. Der Anklagesachverhalt ist diesbezüglich somit rechtsgenügend umschrieben.

      4. Den Umstand, dass der Privatkläger E. altersbedingt keinen ausreichenden Willen zum Widerstand gegen sexuelle Übergriffe bilden bzw. äussern konnte, nutzte der Beschuldigte aus, indem er den Privatkläger E. im vorgenannten Zeitraum mindestens einmal pro Woche zu sexuellen Handlungen missbrauchte. Der Beschuldigte erfüllt somit sämtliche objektiven Tatbestandselemente der mehrfachen Schändung im Sinne von Art. 191 StGB.

      5. In subjektiver Hinsicht handelte der Beschuldigte hinsichtlich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale wissentlich, und er wollte diese erFällen, womit Vorsatz gegeben ist.

      6. Der Beschuldigte erfällte somit unter Anlageziffer 1.8 die Tatbestände der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 3 StGB und der mehrfachen Schändung im Sinne von Art. 191 StGB.

      7. Mit der Vorinstanz ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (Urteil des Bundesgerichts 6B_1194/2015 vom 3. Juni 2016 E. 1.3.1; vgl. auch BGE

120 IV 194 E. 2.b) von echter Idealkonkurrenz zwischen Art. 187 StGB und Art. 191 StGB auszugehen.

  1. Schuldfühigkeit

    1. Ausgangslage

      1. Die Staatsanwaltschaft sowie die Rechtsvertreterinnen der PrivatKläge-

        rin B.

        und des Privatklägers E.

        gehen von einer noch erhaltenen,

        aber schwer verminderten Schuldfühigkeit des Beschuldigten aus, da diesem im Nachhinein bewusst sei, worüber er nicht sprechen solle (Urk. 412 S. 5; Urk. 414

        S. 2 f.; Urk. 417 S. 2 f.). So sei das Bewusstsein, nicht über die Taten zu sprechen, beim Beschuldigten über den gesamten Verfahrenszeitraum von über fänf Jahren äusserst ausGeprägt. Dies sei auch nicht Teil seiner Verteidigungsstrategie, da der Beschuldigte ansonsten teils äusserst ausschweifende Aussagen gemacht habe (Urk. 412 S. 5 f.; Urk. 414 S. 2 f.). Die Rechtsvertreterin des Privat-

        klägers E.

        brachte darüberhinaus vor Vorinstanz vor, dass das Vorgehen

        des Beschuldigten über einen Tatzeitraum von rund sechs Jahren als sehr strukturiert und geplant erscheine. Da der Gutachter davon ausgehe, dass der Beschuldigte vor dem Tatzeitraum noch nicht unter der diagnostizierten STürung litt, erscheine nicht plausibel, dass die Schuldfühigkeit des Beschuldigten bereits ab Beginn der strafbaren Handlungen und während der ganzen Zeitdauer gleichermassen aufgehoben gewesen sei. Entsprechend erscheine nicht vorstellbar, dass die Einsichtsfühigkeit in das begangene Unrecht während des gesamten Tatzeitraumes vollständig gefehlt habe (Urk. 417 S. 2 f.). Im Rahmen des Berufungsverfahrens hielten sowohl die Staatsanwaltschaft (Urk. 529 S. 5) wie auch die Rechtsvertreterin der Privatklägerin B. (Urk. 530 S. 7 ff.) an ihrer Ansicht,

        wonach von einer zumindest teilweise erhaltenen Schuldfühigkeit auszugehen sei, fest.

      2. Die Frühere Verteidigung des Beschuldigten geht beim Beschuldigten gestützt auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters zur Einsichts- und Steuerungsfühigkeit von einer vollumfänglichen Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB aus. Da der Gutachter von einer mindestens schweren Verminderung der Schuldfühigkeit ausgehe, die Schuldfühigkeit nach dessen Ausführungen aber auch vollständig aufgehoben gewesen sein kön- ne, sei zu Gunsten des Beschuldigten in dubio pro reo von Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB zum jeweiligen Tatzeitpunkt auszugehen (Urk. 419 N 35 ff.; Prot. I S. 104). Auch im Rahmen des Berufungsverfahrens hielt die aktuelle Verteidigung an der Ansicht fest, wonach gestützt auf das psychiatrische Gutachten von Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB zum jeweiligen Tatzeitpunkt auszugehen sei (Urk. 528 S. 58 f.).

      3. Die Vorinstanz gelangte gestützt auf das Gutachten des psychiatrischen SachVerständigen med. pract. AC. , das sowohl eine schwer vermin- derte, als auch eine gänzlich aufgehobene Schuldfühigkeit des Beschuldigten im Tatzeitraum für möglich hält, dem Grundsatz in dubio pro reo folgend zur Annahme einer gänzlich aufgehobenen Schuldfühigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB (Urk. 460 S. 166).

    1. Würdigung

      1. Vorab kann bezüglich der Frage der Schuldfühigkeit (Urk. 460 S. 159166) auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Die nachfolgenden Erwägungen sind daher primür präzisierender Natur.

      2. Die Rechtsvertretung der Privatklägerin B. vertritt zusammengefasst die Ansicht, es sei zur Frage der Beurteilung der Schuldfühigkeit nicht auf das Gutachten des psychiatrischen SachVerständigen med. pract. AC. abzustellen, sondern auf das Frühere Gutachten von med. pract. AD. (Urk. D1/6/1). Dabei wird zur Begründung u.a. ausgefährt, das Gutachten von

        med. pract. AC. beruhe bei der Einschätzung der gegenwürtigen Situation zwar auf eigener Exploration, zur Frage der Schuldfühigkeit zur Tatzeit sei es aber ebenso wie dasjenige von med. pract. AD. ein Aktengutachten (vgl. im Detail Urk. 530 S. 6 ff.). Dieser Ansicht ist zu widersprechen. So zeigte sich im Rahmen des vorinstanzlichen Hauptverfahrens, dass ein vollumfänglich neues Gutachten in Auftrag zu geben war, wobei keine der Parteien gegen dieses Vorgehen opponierte (vgl. Urk. 560 S. 11; Urk. 204). Das Gutachten von med. pract. AD. erwies sich mithin als unvollständig, wobei diese Unvollständigkeit nie behoben wurde. Es kann daher entgegen der Ansicht der Rechtsvertretung der

        Privatklägerin B.

        nicht einfach das unvollständige Frühere Gutachten dem

        vollständigen neuen Gutachten als gleichwertig gegenübergestellt und dann in freier Würdigung entschieden werden, welches nun überzeugender wirke. Wenn med. pract. AC. im Gegensatz zum Früheren Gutachter eine eigene Exploration vornahm, sich also einen eigenen unmittelbaren Eindruck vom Beschuldigten verschaffen konnte, so stellt dies punkto vollständigkeit des Gutachtens auch für die Frage der Schuldfühigkeit des Beschuldigten im Tatzeitraum einen klaren Mehrwert hinsichtlich der BeurteilungsMöglichkeit des Gutachters dar. So erscheint es ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich ein erfahrener forensischer Psychiater zur Frage der Einsichts- und Steuerungsfühigkeit auch bei einem zeitlichen zurückliegen des Tatzeitraumes von mehreren Jahren ein deutlich klareres Bild machen konnte, wenn er die Möglichkeit hatte, mit dem Beschuldigten zu sprechen, als wenn er dies einzig aufgrund der Akten hätte beurteilen müssen. Auch ist zu beachten, dass med. pract. AC. sich im Rahmen sei- nes Gutachtens mehrfach mit den Erwägungen des Früheren Gutachters ausei- nandersetzte und diese für seine Schlussfolgerungen mitbeRücksichtigte. Werden die Erkenntnisse des SachVerständigen des vollständigen Gutachtens gewürdigt, werden diejenigen des Früheren, unvollständigen Gutachtens mithin indirekt mitgewürdigt. Zur Beantwortung der Frage der Schulfühigkeit ist daher primür das Gutachten des psychiatrischen SachVerständigen med. pract. AC. heranzuziehen.

      3. Der psychiatrische SachVerständige med. pract. AC.

        geht beim

        Beschuldigten von einer anhaltenden wahnhaften STürung aus, wobei auch eine

        organisch bedingte wahnhafte STürung eine paranoide Schizophrenie nicht ausgeschlossen werden könnten (Urk. 261 S. 106, 115 und 118; Urk. 341 S. 3; Urk. 398 S. 3 f.). Gemäss den Ausführungen des Gutachters bestand die wahnhafte STürung bereits zu Beginn der Delinquenz im Jahr 2009 und während des gesamten Tatzeitraumes (Urk. 261 S. 79, 93 ff. und 118). Aufgrund dieser Störung lag beim Beschuldigten für sämtliche Tathandlungen eine schwere Vermin- derung der Schuldfühigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB eine gänzlich aufgehobene Schuldfühigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB vor (Urk. 261

        S. 112 und 120; Urk. 341 S. 3; Urk. 398 S. 4 ff.). Aufgrund der schlüssigen und als solchen auch unbestrittenen Erkenntnisse des Gutachters ist mithin beides möglich bzw. nicht auszuschliessen. Die auch von der Vorinstanz zitierte (Urk. 460

        S. 165 f.) herrschende Lehre, wonach sich der Grundsatz in dubio pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO) auch auf die tatsächlichen Voraussetzungen der Schuldfühigkeit bezieht (BOMMER/DITTMANN, in: Keller/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht I, 4. Aufl., Basel 2018, Art. 19 N 51; WOHLERS, in: DONATSCH/HANS- JAKOB/LIEBER, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO),

        2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 10 N 7; RUCKSTUHL/DITTMANN/ARNOLD, Strafprozessrecht unter Einschluss der forensischen Psychiatrie und Rechtsmedizin sowie des kriminaltechnischen und naturwissenschaftlichen Gutachtens, Zürich/Basel/Genf 2011, N 183), vermag zu überzeugen. Aufgabe des psychiatrischen Gutachters ist es, soweit möglich die psychiatrisch-medizinische Tatfrage zu klüren, während das Gericht die sich daraus ergebende(n) Rechtsfrage(n) zu beantworten hat. Kann der Gutachter, wie dies vorliegend erfolgte, aufgrund des sich ihm bietenden Beweismaterials die sich ihm stellende Tatfrage nicht mit ge- nügender schlüssigkeit beantworten, bleibt dem Gericht letztendlich gar nichts anderes übrig, als den Grundsatz in dubio pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO) anzuwenden und von der für den Beschuldigten günstigeren Variante auszugehen. Anders könnte dann vorgegangen werden, wenn der Gutachter z.B. je nach vom Gericht angenommener SachverhaltsWürdigung zu einem anderen Ergebnis gelangen würde. Das ist vorliegend aber nicht der Fall. So erfolgt denn durch den Gutachter auch bei den von der Staatsanwaltschaft und der Rechtsvertreterin des

        Privatklägers E.

        genannten Konstellationen keine klare Bejahung einer

        noch leicht erhaltenen Einsichts- und Steuerungsfühigkeit. Vielmehr kann die Frage gemäss überzeugender Erkenntnis des Gutachters in keiner Konstellation mit genügender Sicherheit bejaht verneint werden. Es ist daher in Anwendung von Art. 10 Abs. 3 StPO zu Gunsten des Beschuldigten von einer gänzlich aufgehobenen Einsichts- und Steuerungsfühigkeit bzw. von einer gänzlichen Schuldunfühigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB des Beschuldigten während des gesamten Tatzeitraumes auszugehen.

      4. Nachdem nichts Gegenteiliges ersichtlich ist und das überdies auch nicht im Sinne eines Eventualantrages eingeklagt wurde, ist davon auszugehen, dass die Schuldunfähigkeit des Beschuldigten nicht selbstverschuldet ist.

  1. Fazit

    1. Erfällte Tatbestände

      Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass der Beschuldigte die Tatbestände

      • der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 lit. c StGB,

      • der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB,

      • der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB,

      • der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB sowie

      • der mehrfachen Schändung im Sinne von Art. 191 StGB

      im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB erfüllt hat.

    2. Freispräche

Von den Vorwürfen des mehrfachen Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit Abs. 2 StGB sowie der mehrfachen Für- derung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB gemäss Anklageziffern 1.6 und 1.7 ist der Beschuldigte freizusprechen.

IV. Massnahme

  1. Ausgangslage

    1. Gemäss Art. 19 Abs. 3 StGB ist zu prüfen, ob eine Massnahme nach Art. 59-61, 63, 64, 67, 67b und 67e StGB anzuordnen ist.

    2. Die Staatsanwaltschaft beantragt unter Bezugnahme auf das Forensisch- Psychiatrische Gutachten, das Forensisch-Psychiatrische Ergänzungsgutachten und die Aussagen von med. pract. AC. als sachverstündiger Zeuge die Anordnung einer stationüren Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB. Der Beschuldigte habe im Zeitpunkt der Taten an einer schweren psychischen STürung im Sinne des Gesetzes gelitten. Zudem bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen den Taten und der tatzeitaktuellen wahnhaften STürung des Beschuldigten, welche auch weiterhin bestehe. Aufgrund dieser schweren psychischen STürung bestehe die deutliche Gefahr weiterer Straftaten, durch welche Dritte an Leib und Leben gefährdet werden könnten. Die festgestellte wahnhafte STürung mache ei- ne therapeutische Behandlung notwendig. Der Beschuldigte sei somit massnahmenbedürftig. Um dieser schweren psychischen STürung und der damit einhergehenden Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen, gebe es Behandlungskonzepte und mit dem Zentrum für Forensische Stationüre Therapie in Rheinau auch eine geeignete Institution, welche diese durchführe. Einziger Knackpunkt seien die Massnahmefühigkeit und -willigkeit des Beschuldigten. Gemäss Gutachter sei von einer nicht vorhandenen maximal geringen Massnahmefühigkeit auszugehen. Die Behandlungs-Compliance liesse sich jedoch im Rahmen einer stationären Massnahme durchaus verbessern. Da das Bundesgericht nicht allzu strenge Anforderungen an die Therapiewilligkeit stelle, sei davon auszugehen, dass der Beschuldigte wenn er einmal in einer Klinik sei für eine Therapie durchaus motivierbar wäre. Die Erfolgsaussichten einer Behandlung bewerte der Gutachter zwar als gering, er empfehle dennoch einen Therapieversuch, weshalb eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verringerung der doch erheblichen Rückfallgefahr bestehe. Angesichts der objektiven Schwere der dem Beschuldigten vorgeworfenen Delikte sei die Anordnung einer stationüren Massnahme ohne weiteres verhältnismässig. Eine Strafe alleine eine ambulante Behandlung seien

      in Bezug auf die Rückfallgefahr nicht zielführend. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer stationüren Massnahme seien somit erfüllt und vom Gutachter eindeutig empfohlen (Urk. 412 S. 11 ff.).

    3. Die Frühere Verteidigung brachte hierzu vor, sie befinde sich hinsichtlich ei- ner Allfälligen Massnahme in einem offensichtlichen Dilemma, weshalb darauf verzichtet werde, den von ihr beantragten Verzicht auf Anordnung einer Mass- nahme näher zu begründen. Ob und welche Konsequenzen sich aus der vollumfänglichen Schuldunfähigkeit des Beschuldigten ergeben, und ob und welche Massnahme anzuordnen sei, sei letztlich ohnehin von Amtes wegen zu beurteilen (Urk. 419 N 39). Im Rahmen des Berufungsverfahrens verzichtete die Verteidigung explizit auf einen Eventualantrag für den Fall, dass ein Teil des Sachverhalts als erstellt erachtet werde (Urk. 528 S. 60).

    4. Die Vorinstanz erachtete gestützt auf das Gutachten des psychiatrischen SachVerständigen med. pract. AC. die Anordnung einer stationüren Mass- nahme im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB als sinnvoll und notwendig (Urk. 460 S. 167-181).

  2. Würdigung

    Die Erwägungen der Vorinstanz zur Frage der Anordnung einer Massnahme präsentieren sich als nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend, wobei anzumerken ist, dass die Vorinstanz vollumfänglich den vollständigen und überzeugenden Ausführungen bzw. Empfehlungen des psychiatrischen SachVerständigen med. pract. AC. in dessen Gutachten folgte (Urk. 460 S. 167-181). Nachdem die Frühere Verteidigung sich aufgrund der ablehnenden Haltung des Beschuldigten selbst ausser Stande sah, sich zur Frage einer Massnahme zu äussern, kann auf weitere Erwägungen verzichtet und vollumfänglich auf jene im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Somit ist eine stationüre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB (Behandlung von psychischen STürungen in einer geschlossenen Einrichtung) anzuordnen.

  3. Erstandene Haft und vorzeitiger Strafvollzug

Wie dargelegt, fällt die Aussprechung einer Strafe angesichts des fehlenden Schuldspruchs zufolge Schuldunfähigkeit ausser Betracht. Der Beschuldigte wur- de mit Datum vom 5. Juni 2016 festgenommen und befindet sich seither zunächst in Untersuchungshaft, danach ab 9. April 2019 im vorzeitigen Strafvollzug und seit dem vorinstanzlichen Urteil vom 4. Februar 2022 in Sicherheitshaft (Urk. 421). Bis zum Urteilsdatum, dem 17. August 2023, befindet er sich somit seit 2'629 Tagen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigem Strafvollzug. Dies ist im Dispositiv zuhanden der VollzugsBehörden vorzumerken.

V. ZivilAnsprüche

  1. Ausgangslage

    1. Die Vorinstanz wies zufolge Begehung der Straftatbestände in nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB sämtliche Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren der Privatklägerschaft ab (Urk. 460 S. 181-184).

    2. Wie vorstehend dargelegt (Erw. I. 1. und 2.), erhoben die Privatklägerinnen 2 und 3 keine Berufung gegen den vorinstanzlichen Entscheid.

    3. Die Privatklägerin 1 und der Privatkläger 4 beantragen eventualiter, für den Fall der Annahme der Tatbegehung in nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit, anstelle einer Abweisung ihrer ZivilAnsprüche deren Verweis auf den Zivilweg (Urk. 530 S. 18 f.; Urk. 533 S. 2 f.).

    4. Die Verteidigung beantragt eventualiter für den Fall der Annahme der Tatbegehung in nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit die Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids im Zivilpunkt (Urk. 528 S. 60).

  2. Grundlagen

    Bezüglich der Rechtsgrundlagen ist auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid zu verweisen (Urk. 460 S. 181-183).

  3. Würdigung

    1. Wie von der Vertretung der Privatklägerin 1 zutreffend ausgefährt wird (Urk. 530 S. 18), ist das Zivilgericht gemäss Art. 53 OR bei der Beurteilung der Voraussetzung einer Klage aufgrund unerlaubter Handlung nach Art. 41 ff. OR nicht an den Entscheid des Strafgerichts gebunden. Im Falle einer Klage der Privatklägerschaft auf dem ordentlichen Zivilweg wäre also zumindest grundsätzlich ein von den Strafgerichten abweichender Entscheid denkbar. Sodann ist, wie die Vorinstanz insofern zutreffend erwägt (Urk. 460 S. 184), zwar im heutigen Zeitpunkt nicht ersichtlich, dass der Beschuldigte im Ausland über nennenswerte Vermögenswerte verfügte, die es ihm ermöglichten, im Rahmen einer Billigkeitshaftung nach Art. 54 OR Schadenersatz und Genugtuung an die Privatklägerschaft zu leisten. Es ist dennoch nicht gänzlich auszuschliessen, dass bisheriges unbekanntes Vermögen des Beschuldigten im Ausland besteht. Sollte sich dies in einem späteren Zeitpunkt anders präsentieren, wäre nicht auszuschliessen, dass ein Zivilgericht eine Billigkeitshaftung des Beschuldigten gestützt auf Art. 54 OR bejahen könnte. Die Adhäsionsklagen der Privatklägerschaft erweisen sich daher als nicht liquide. Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, analog Art. 126 Abs. 1 lit. d StPO die ZivilAnsprüche der Privatklägerin 1 und des Privatklägers 4 auf den Zivilweg zu verweisen.

    2. Bezüglich der Privatklägerinnen 2 und 3 ergehen vollumfängliche Freispräche. Zufolge fehlender Berufung ihrerseits darf aufgrund des Verbots der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO) nicht zum Nachteil des Beschuldigten vom vorinstanzlichen Entscheid abgewichen werden. Der vorinstanzliche Entscheid auf Abweisung der Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren der Privatklägerinnen 2 und 3 ist daher zu bestätigen.

  1. Beschlagnahmte Gegenstände

    Die folgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 9. April 2019 (Urk. D1/8/2/1 und D1/8/2/8) beschlagnahmten und bei den Akten liegenden

    Gegenstände sind als Beweismittel bei den Akten zu belassen (Art. 263 Abs. 1 und Art. 267 Abs. 3 StPO):

    • 1 Laptop Asus (Seriennummer ...),

    • 1 SIM-Karte Swisscom,

    • 1 Natel ZTE dunkelblau (A010'188'257).

  2. Erstellung DNA-Profil

    Nachdem es zufolge Begehung der Taten in nicht selbstverschuldeter Schuldunfühigkeit zu keinen Schuldsprächen kommt, erscheint es angezeigt, den vorinstanzlichen Entscheid auf Abweisung des diesbezüglichen Antrages der Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf die überzeugende Begründung im vorinstanzlichen Entscheid (Urk. 460 S. 189-191) zu bestätigen. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA- Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes ist daher abzuweisen.

  3. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Erstinstanzliche Kostenübernahme auf die Gerichtskasse

    Ausgangsgemäss ist die erstinstanzliche Kostenübernahme auf die Gerichtskasse zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StPO).

  2. Kosten des Berufungsverfahrens

    1. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 6'000 zu veranschlagen. Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen auferlegt (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollumfänglich. Ebenso unterliegen die Staatsanwaltschaft, die Privatklägerin 1 und der Privatkläger 4 mit ihren Anschlussberufungen. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind daher dem Beschuldigten zur Hälfte aufzuerlegen und im übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen.

    2. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und die Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertreterinnen der Privatklägerschaft im Berufungsverfahren sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten im Umfang der Kostenauflage der Hälfte der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertreterinnen der Privatklägerschaft gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bzw. Art. 138 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten bleibt.

    3. Die amtliche Verteidigung ist für das Berufungsverfahren mit Fr. 32'161 (Urk. 525, abzüglich 4 Stunden Aufwand aufgrund kürzerer Berufungsverhandlung, inklusive Mehrwertsteuer), aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

    4. Die unentgeltliche Rechtsvertreterin der Privatklägerin 1 ist für das Berufungsverfahren mit Fr. 15'279.40 (Urk. 526, zuzüglich 1 Stunden Aufwand aufgrund längerer Berufungsverhandlung und 1 Stunde Nachbesprechung, inklusive Mehrwertsteuer), aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

    5. Die unentgeltliche Rechtsvertreterin des Privatklägers 4 ist für das Berufungsverfahren mit Fr. 5'037 (Urk. 527, zuzüglich 10 Stunden Aufwand für die Berufungsverhandlung samt 1 Stunde Nachbesprechung und zweimal Stunde Weg, inklusive Mehrwertsteuer), aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

Es wird beschlossen:

  1. Vom Rückzug der Berufung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat wird Vormerk genommen.

  2. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 8. Abteilung, vom 4. Februar 2022 bezüglich der Dispositivziffern 5 (Kontakt- und Rayonverbot), 7 (Herausgabe) und 9 (Kostenfestsetzung) sowie die Beschlüsse vom 3. März 2022 und vom 7. April 2022 in Rechtskraft erwachsen sind.

  3. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

  4. Gegen Ziff. 1 dieses Beschlusses kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, be- Gründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Es wird erkannt:

  1. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte A.

    folgende Tatbestände

    im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt hat:

    • mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB,

    • mehrfache sexuelle Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB,

    • mehrfache Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB,

    • mehrfache Schändung im Sinne von Art. 191 StGB sowie

    • Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 lit. c StGB.

  2. Der Beschuldigte wird freigesprochen von den Vorwürfen des mehrfachen Menschenhandels im Sinne von Art. 182 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbin- dung mit Abs. 2 StGB sowie der mehrfachen Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 aStGB gemäss Anklageziffern 1.6 und 1.7.

  3. Es wird eine stationüre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB (Behandlung von psychischen STürungen in einer geschlosse- nen Einrichtung) angeordnet.

  4. Es wird vorgemerkt, dass sich der Beschuldigte bis und mit heute seit 2'629 Tagen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigem Strafvollzug befindet.

  5. Die Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren der Privatklägerin 1 und des Privatklägers 4 werden auf den Zivilweg verwiesen.

  6. Die Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren der Privatklägerinnen 2 und 3 werden abgewiesen.

  7. Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom

    9. April 2019 beschlagnahmten Gegenstände werden als Beweismittel bei den Akten belassen:

    • 1 Laptop Asus (Seriennummer ...),

    • 1 SIM-Karte Swisscom,

    • 1 Natel ZTE dunkelblau (A010'188'257).

  8. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes wird abgewiesen.

  9. Die erstinstanzliche Kostenregelung (Ziff. 10) wird bestätigt.

  10. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 6'000 ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 32'161 amtliche Verteidigung

    Fr. 15'279.40 unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft 1

    Fr. 5'037 unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft 4.

  11. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretungen der Privatklägerschaft, werden dem Beschuldigten zur Hälfte auferlegt und im übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Vertei- digung und der unentgeltlichen Vertretungen der Privatklägerschaft werden

    auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten der Hälfte der Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Vertretungen der Privatklägerschaft bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  12. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

    • Rechtsanwältin Dr. iur.Y1. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin B.

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y2. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin C.

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y3. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin D.

    • Rechtsanwältin lic. iur.Y4. im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers E.

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Bundesamt für Polizei fedpol sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

    • Rechtsanwältin Dr. iur. Y1. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin B.

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y2. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin C.

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y3. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin D.

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y4. im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers E.

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten

    • die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben ( 54a Abs. 1 PolG)

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.

  13. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, be- Gründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 17. August 2023

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Stiefel

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Meier

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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