Zusammenfassung des Urteils SB220090: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte wird vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Die Genugtuungsklage der Privatklägerin wird abgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen. Der Beschuldigte erhält eine Entschädigung von Fr. 100.- für Fahrt- und Kopierkosten. Eine Genugtuung von Fr. 400.- wird dem Beschuldigten zugesprochen. Das Urteil wird den beteiligten Parteien mündlich eröffnet und schriftlich mitgeteilt. Gegen diesen Entscheid kann eine bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen innerhalb von 30 Tagen erhoben werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220090 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 23.11.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Vergewaltigung |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Privatklägerin; Beschuldigten; Handlung; Handlungen; Aussage; Berufung; Verteidigung; Aussagen; Gericht; Einvernahme; Shirt; Opfer; Recht; Staat; Vergewaltigung; Vorinstanz; Gewalt; Urteil; Täter |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ;Art. 147 StPO ;Art. 190 StGB ;Art. 191 StGB ;Art. 335 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 423 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 49 OR ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 128 IV 106; 131 IV 167; 87 IV 66; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220090-O/U/ad
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, Ersatzoberrichterin lic. iur.
Keller und Ersatzoberrichter Dr. iur. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Huter
Urteil vom 23. November 2022
in Sachen
,
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X.
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte
sowie
,
Privatklägerin und Berufungsbeklagte
unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y. , betreffend Vergewaltigung
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 3. Mai 2021 (Urk. 21) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte ist schuldig der Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 24 Monaten Freiheitsstrafe (wovon 1 Tag durch Haft erstanden ist) sowie einer Busse von Fr. 2'000.–.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen.
Es wird die Abnahme einer DNA-Probe beim Beschuldigten zur Erstellung eines DNA-Profils angeordnet.
Die Kantonspolizei Zürich wird innert 30 Tagen ab Rechtskraft des Urteils beauftragt und verpflichtet, beim Beschuldigten eine erkennungsdienstliche Behandlung mit Wangenschleimhautabnahme durchzuführen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 5'000.– zzgl. Zins zu 5 % seit 22. Februar 2020 zu bezahlen.
Die Entschädigungs- und die Genugtuungsansprüche des Beschuldigten werden abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 4'000.–; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 2'500.– Gebühr für die Strafuntersuchung Fr. 5'981.40 Auslagen Gutachten
Fr. 3'960.– Auslagen Polizei
Fr. 5'100.85 Kosten unentgeltliche Rechtsvertreterin der Privatklägerin (inkl. MwSt.)
Fr. 17'015.30 amtl. Verteidigungskosten (inkl. MwSt.) Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt; davon ausgenommen sind die Kosten der amtlichen Verteidigung in der Höhe von Fr. 13'698.15 und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, welche einstweilen und unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO von der Gerichtskasse übernommen werden. Die Kosten der amtlichen Verteidigung in der Höhe von Fr. 3'317.15 werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 47 S. 3 und Urk. 60 S. 3)
Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der Vergewaltigung freizusprechen.
Die Zivilklage sei abzuweisen.
Die Gerichts- und Verfahrenskosten, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, seien auf die Staatskasse zu nehmen.
Dem Beschuldigten sei eine persönliche Umtriebsentschädigung von Fr. 250.– zuzusprechen.
Dem Beschuldigten sei zulasten der Staatskasse eine Genugtuung von Fr. 1'000.– zzgl. Zins zu 5 % seit dem 24. Februar 2020 zuzusprechen.
Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland: (Urk. 51, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksgerichtes Bülach, I. Abteilung, vom 3. November 2021 meldete der Beschuldigte am
5. November 2021 Berufung an (Urk. 37). Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde ihm am 28. Januar 2022 zugestellt (Urk. 44), worauf er am 17. Februar 2022 die Berufungserklärung einreichte (Urk. 47).
Innert angesetzter Frist gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO verzichteten sowohl die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (fortan Staatsanwaltschaft) wie auch die Privatklägerin auf Anschlussberufung (Urk. 51 und 52). Die Privatklägerin beantragte für das Berufungsverfahren zudem im Sinne von Art. 335 Abs. 4 StPO die Besetzung der Kammer mit einer Person gleichen Geschlechts (Urk. 52).
Am 16. Februar 2022 und am 15. November 2022 wurde jeweils ein neuer Strafregisterauszug über den Beschuldigten eingeholt (Urk. 46 und Urk. 57).
Zur Berufungsverhandlung sind der Beschuldigte sowie sein amtlicher Verteidiger, Rechtsanwalt MLaw X. , erschienen (Prot. II S. 4). Die Staatsanwaltschaft war vom Erscheinen dispensiert worden (Stempelverfügung auf Urk. 51).
Umfang der Berufung
Der Beschuldigte hat seine Berufung nicht beschränkt, sondern verlangt einen umfassenden Freispruch unter entsprechender Regelung der Zivilansprüche und der Kosten- und Entschädigungsfolgen (Urk. 47 S. 3). Damit ist das erstinstanzliche Urteil bisher in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen (vgl. Art. 402 StPO).
Sachverhalt
Der Beschuldigte gab anlässlich der ersten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme zu, dass es mit der Privatklägerin in der Tatnacht zu sexuellen Handlungen sowie Geschlechtsverkehr gekommen war, stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass dies einvernehmlich erfolgt sei (Urk. 3/2 S. 3 ff.). Damit bestreitet er ein Kernelement des objektiven Vergewaltigungsvorwurfs (nötigende Handlungen) bzw. die Erkennbarkeit allfälligen Widerstandes der Privatklägerin, was den subjektiven Tatbestand beschlägt (so auch die Verteidigung in Urk. 31 S. 11 ff., Urk. 47 S. 11 f. und Urk. 60 S. 14 ff.). Mit dem Fokus auf diese Vorbringen ist somit zu prüfen, ob sich der Anklagevorwurf anhand der vorliegenden Beweismittel rechtsgenügend erstellen lässt. Nach welchen Beweisregeln und -grundsätzen dabei vorzugehen ist, wurde von der Vorinstanz zutreffend dargelegt (Urk. 45 S. 6 f.). Hierauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO).
Wie die Vorinstanz sodann ebenfalls zutreffend ausführte, geben die erhobenen forensischen Gutachten zur körperlichen Untersuchung der Privatklägerin und des Beschuldigten (Urk. 11/16-17) bzw. die pharmakologisch-toxikologischen Gutachten (Urk. 10/8 und 11) für die Sachverhaltserstellung nichts her und enthalten auch die weiteren sachlichen Beweismittel (Fotodokumentation, Urk. 7/1-4) keine entscheidenden Informationen (Urk. 45 S. 8 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Die Wohnungsmieter, C. und D. , wurden lediglich als polizeiliche Auskunftspersonen befragt, ohne dass der Beschuldigte seine Teilnahmerechte gemäss Art. 147 StPO wahrnehmen konnte (Urk. 5 und 6). Auf ihre Aussagen kann damit, wie die Verteidigung zutreffend ausführt (Urk. 60 S. 5), höchstens zugunsten des Beschuldigten abgestellt werden. Damit verbleiben einzig die sachbezogenen Aussagen des Beschuldigten und der Privatklägerin. Während sich die Privatklägerin mehrmals zur Sache äusserte (Urk. 4/1-2 und Prot. I
S. 9 ff.), liegt vom Beschuldigten nur eine einzige Einvernahme bei den Akten, in deren Rahmen er einlässlich zu den Tatvorwürfen Stellung nahm (Urk. 3/2).
Was die Aussagen der Privatklägerin angeht, ist sodann anzumerken, dass diese, wie bereits erwähnt, mehrfach – so auch durch die Vorinstanz (Prot. I
S. 9 ff.) – befragt wurde, wobei die staatsanwaltschaftliche Einvernahme vom 22. Oktober 2020 (Urk. 4/2) auf Video festgehalten wurde und bei den Akten liegt (hinter Urk. 4/2). Dies erlaubt es dem Obergericht, sich – neben der Kenntnis- nahme des Inhalts der Aussagen – auch ein Bild über ihr nonverbales Aussageverhalten zu machen. Eine erneute Einvernahme durch das Berufungsgericht drängt sich vor diesem Hintergrund nicht auf (vgl. hierzu auch BGer 6B_798/2021 vom 2. August 2022 E. 2), zumal die Privatklägerin zum Kerngeschehen der sexuellen Handlungen bereits vor Vorinstanz keine Erinnerungen mehr verbalisieren konnte und selbst mit Blick auf die einleitenden Geschehnisse eine starke Ver- drängungstendenz festzustellen war, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass dies nun, rund ein Jahr später, anders wäre. Eine weitere Einvernahme der Privatklägerin wurde denn auch von keiner der Parteien beantragt.
Die Vorinstanz hat den anklagegegenständlichen Sachverhalt (soweit bestritten) in zahlreiche Unterabschnitte bzw. -handlungen zerlegt und je einzeln geprüft, inwiefern sich diese aufgrund der Aussagen der Parteien erstellen lassen (Urk. 45 S. 11 ff.). Dieses Vorgehen wird der Tatsache, dass es sich um ein fliessendes, sich dynamisch entwickelndes Geschehen handelt, nicht gerecht, son- dern wirkt vielmehr künstlich konstruiert, wenig lebensnah und verhindert eine umfassende Beurteilung sowie eine eigentliche Aussagenanalyse, in welche das gesamte Aussageverhalten miteinzubeziehen ist und sich eine zuverlässige Einschätzung auch erst unter Einbezug eines genügend grossen Aussageumfangs machen lässt (Bender/Häcker/Schwarz, Tatsachenfeststellung vor Gericht,
5. Auflage 2021, Häcker Rn. 373 + 377 f.).
Wie bereits erwähnt, nahm der Beschuldigte nur einmal einlässlich zu den Vorwürfen Stellung (Urk. 3/2). Hierdurch schliessen sich Inkonsistenzen Wi- dersprüche zwischen verschiedenen Aussagen von vornherein aus, was eine eigentliche Aussagenanalyse ebenfalls erschwert, wenn nicht verunmöglicht (Ben-
der/Häcker/Schwarz, a.a.O., Rn. 373 ff.). Trotzdem kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich seine Schilderung zu weiten Teilen mit derjenigen der Privatklägerin deckt, was sie extern validiert. So schilderten beide die Vorgeschichte übereinstimmend, wie sie sich über gemeinsame Kollegen bereits kannten und beide die Nacht vom Fasnachtssamstag (22. Februar 2020) auf den Fas- nachtssonntag (23. Februar 2020) in E. feierten, wo sie beide auch reichlich Alkohol konsumierten. Später in der Nacht, nach 03.00 Uhr, hätten sie sich in der
Wohnung von D.
und C.
wieder getroffen, wobei die Privatklägerin
von Anfang an geplant hatte, dort auf dem Sofa zu übernachten, während es für den Beschuldigten galt, die (wenigen) verbleibenden Stunden zu überbrücken, bis er um 7.00 Uhr wieder zur Arbeit musste, und er sich eher spontan dazu entschied, sich ebenfalls hinzulegen. Zurück in der Wohngemeinschaft kochte die Privatklägerin offenbar noch für sich und ihre Kollegen etwas zu Essen (Urk. 4/1
S. 4, Urk. 5 S. 4 und Urk. 6 S. 6), bevor sich alle zu Bett begaben. Die Woh- nungsmieter schliefen in ihren jeweiligen Zimmern und die Privatklägerin und der Beschuldigte auf dem grossen Sofa im Wohnzimmer, auf welchem regelmässig Gäste der WG-Bewohner nächtigten, darunter auch schon früher sowohl die Privatklägerin als auch der Beschuldigte. Dass es hiernach zu verschiedenen sexuellen Handlungen zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten kam, ist dem Grundsatze nach ebenfalls unbestritten.
Aussagen der Privatklägerin
Die Privatklägerin schilderte dazu am Morgen des 23. Februar 2020 bei der Polizei, dass sie schon irgendwie im Halbschlaf gewesen sei. Er sei immer näher zu ihr gekommen, er habe sie zu sich umgedreht. Den genauen Ablauf wisse sie nicht mehr. Aber er habe immer wieder versucht, sie zu küssen. Er habe immer wieder gesagt, sie solle aufwachen. Sie habe sich mehrmals von ihm weggedreht. Dann habe er ihr irgendwann die Hose ausgezogen. Sie habe ihn immer wieder weggedrückt von sich, aber sie habe keine Kraft gehabt. Sie habe sich immer wieder gesagt, dass sie aufstehen müsse und zum Kollegen ins Zimmer gehen müsse. Sie habe es nicht geschafft. Er habe immer weitergemacht, sie habe dann
irgendwann einfach mitgemacht. Er habe immer wieder ihr T-Shirt über den Kopf wegziehen wollen, aber sie habe es immer wieder retour gezogen. Sie habe ihm glaublich auf die Zunge gebissen. Er habe sie irgendwie auf dem Sofa umgedreht. Sie habe sich immer von ihm wegdrehen wollen. Er habe sie gefragt, ob er weitermachen dürfe. Sie habe immer wieder hmmmh [gemäss Anmerkung des protokollierenden Beamten handle es sich um ein verneinendes Hmmm] gesagt. Er habe sie nicht verstanden. Er habe nur gesagt, dass er sie liebe. Sie habe keine Kraft gehabt, aufzustehen. Irgendwann sei alles vorbei gewesen und sie habe einfach nur noch geschlafen. Als sie aufgewacht sei, sei er nicht mehr da gewesen (Urk. 4/1 S. 4). Auf Nachfrage erklärte sie, sie sei mit dem Rücken zu ihm gelegen, er habe sie gedreht. Er habe mehr an ihr gezerrt, als gedreht (Urk. 4/1 S. 8). Er habe immer wieder gesagt, wach auf, wach auf. Dann habe er angefangen, sie zu küssen. Auf die Wange, auf den Mund, überall. Sie habe die Küsse nicht erwidert. Sie habe ihren Kopf immer wieder auf die Seite gedreht, er habe weitergemacht. Er habe angefangen, sie auszuziehen. Wie, wisse sie nicht mehr genau. Sie habe probiert, sich selber aufs Sofa zu drücken, damit er ihre Hose nicht runterziehen könne, sie habe keine Ahnung, wie er darauf reagiert habe (Urk. 4/1
S. 8 f.). Die Frage, ob er die Hose habe runterziehen können, bejahte sie nickend. Das T-Shirt habe er auch hochgezogen. Er habe es ausziehen wollen, aber sie habe es immer wieder runtergezogen. Sicher zweibis dreimal. Er habe es ihr immer über den Kopf gezogen und sie habe es immer wieder runtergezogen. Er habe sich selber ausgezogen (Urk. 4/1 S. 9 f.). Die Frage, ob er nackt gewesen sei, bejahte die Privatklägerin wiederum durch Nicken. Dann habe er sich obenabegschafft. Er habe angefangen bei ihren Brüsten. Auf die Frage, was er dort gemacht habe, schwieg die Privatklägerin, wobei es ihr offensichtlich massiv schwer fiel, über das Geschehene zu sprechen. Nach längerer Pause erklärte sie schliesslich, sie habe dann irgendwann einfach mitgemacht (Urk. 4/1 S. 10). Auf Nachfrage, was sie damit meine, gab sie zu Protokoll, sie habe gedacht, je schneller es vorbei sei, desto schneller könne sie schlafen. Sie habe einfach nur noch gehofft, dass er zum Höhepunkt komme und sie dann in Ruhe lasse. Sie habe keine Ahnung, wie lange dies gedauert habe. Es sei ihr wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen. Am Schluss habe er sie wieder angezogen und dann sei
sie relativ schnell eingeschlafen (Urk. 4/1 S. 10). Auf erneute Nachfrage, was er an ihren Brüsten gemacht habe, erklärte sie, er habe mit dem Mund die Brüste geküsst. Sie habe zweioder dreimal versucht, ihn wegzustossen. Er habe gar nicht darauf reagiert, einfach weitergemacht. Dann habe er unten angefangen, zuerst mit dem Mund. Die folgenden Fragen konnte die Privatklägerin nur nonverbal durch Kopfnicken bzw. -schütteln beantworten. Ob sie den Genitalbereich meine (bejahendes Nicken), ob er vaginal eingedrungen sei (bejahendes Nicken), mit dem Penis (bejahendes Nicken), mit dem Finger (bejahendes Nicken), ob es zu Oralverkehr gekommen sei (bejahendes Nicken), bei ihr (bejahendes Nicken), bei ihm (bejahendes Nicken), Analverkehr (verneinendes Kopfschütteln), ob er sie bedroht habe (verneinendes Kopfschütteln), ob er Gegenstände verwendet habe (verneinendes Kopfschütteln; Urk. 4/1 S. 12). Der Beschuldigte habe etwas gesagt, aber sie könne sich nicht mehr erinnern. Die Frage, ob er Gewalt angewen- det habe, beantwortete sie, er habe sie einfach umenandzerrt. Er habe sie immer wieder gedreht, wenn sie sich weggedreht habe. Auf die Frage, wie sie sich während des Vorfalls gefühlt habe, erklärte sie, sie habe es gar nicht richtig realisiert. Sie sei so müde und betrunken gewesen, dass sie es gar nicht richtig realisiert habe. Sie habe keine Angst gehabt. Sie habe nur noch weg gewollt. Sie habe sich während des Vorfalls ruhig verhalten. Sie habe nicht gewollt, dass ihre Kollegen etwas davon mitbekommen, es sei ihr peinlich gewesen. Auf die Frage, ob sie sich in irgendeiner Art und Weise gegen die Handlungen des Beschuldigten gewehrt habe, erklärte sie, sie habe mehrmals versucht, ihn wegzudrücken. Sie habe sich immer wieder weggedreht. Verbal habe sie sich nicht deutlich gewehrt, sie habe einfach immer vor sich anegnuschelet, einfach immer wieder den Kopf geschüttelt. Laut, klar und deutlich habe sie sich nicht gewehrt, weil sie es nicht geschafft habe. Sie habe die Kraft dazu nicht gehabt (Urk. 4/1 S. 13). Die Frage, ob sie Handlungen an ihm habe ausführen müssen, verneinte sie kopfschüttelnd. Ebenso, ob er ein Kondom benutzt habe sie verhüte. Sie glaube nicht, dass er zum Samenerguss gekommen sei (Urk. 4/1 S. 13). Auf die Frage, ob es schon vor dem Vorfall einmal zu intimen Handlungen gekommen sei, antwortete die Privatklägerin, sie hätten sich mal geküsst, im November. Er habe ihr damals schon die ganze Zeit an ihre Brüste gewollt. Aber da sei sie nüchtern gewesen. Dort habe sie es ihm klar sagen können, dass sie das nicht wolle. Er habe darauf nicht speziell reagiert. Er habe es ein paar Mal probiert aber dann aufgehört, weil sie nein gesagt habe – habe nein sagen können (Urk. 4/1 S. 13 f.). Auf die Frage, an was der Beschuldigte habe erkennen können, dass sie nun mit sei- nem Tun nicht einverstanden gewesen sei, gab sie zu Protokoll, sie habe seine Küsse nicht erwidert. Sie habe sich immer wieder weggedrückt, sich immer wie- der auf die Seite gedreht. Das sollten genug Anhaltspunkte sein für ihn. Wenn ei- ner sie fragen müsse, ob sie wach sei, dann müsse er doch merken, dass er etwas nicht richtiges mache. Er habe sie immer und immer wieder gefragt, ob sie wach sei (Urk. 4/1 S.14). Ob zehn Minuten, eine halbe Stunde – sie habe keine Ahnung, wie lange das Ganze gedauert habe (Urk. 4/1 S. 14).
Bei der Staatsanwaltschaft, acht Monate später, schilderte sie, wie sie sich – auf dem Sofa liegend – weggedreht habe, weil sie keine Lust gehabt habe zu re- den, als er sich ebenfalls aufs Sofa gelegt habe. Sie sei auch schon müde gewesen. Sie wisse, dass er am nächsten Tag zur Arbeit musste. Er habe sie auch noch gefragt, ob er schlafen solle nicht. Sie habe zu ihm gesagt, er solle schlafen. Er habe versucht, sie dann zu sich zu drehen und habe Nähe gesucht. Sie habe versucht, sich immer wieder wegzudrehen. Im Kopf habe sie sich einfach immer wieder gedacht, dass sie jetzt aufstehen und zu ihrem Kollegen ins Zimmer müsse. Er habe versucht, sie auszuziehen. Er habe immer wieder ihr T- Shirt ausziehen wollen. Sie habe es immer wieder hinunter gezogen. Sie habe keine Kraft gehabt aufzustehen und zu rufen. Sie wisse nicht mehr genau, was dann abgelaufen sei. Sie wisse nur noch, dass sie am nächsten Morgen erwacht sei und er nicht mehr da gewesen sei (Urk. 4/2 S. 4 f.). Auf Nachfrage, was sie damit meine, keine Kraft mehr dazu gehabt zu haben, erklärte sie, sie habe sich gefühlt, als wäre sie gelähmt und könnte sich nicht bewegen. Als hätte sie keine Macht mehr über ihren eigenen Körper. Sie habe kein Zeitgefühl mehr gehabt (Urk. 4/2 S. 6). Auf Frage, wie die sexuellen Handlungen angefangen hätten, gab sie an, sie glaube mit Küssen und Anfassen. Auf Nachfrage, wo er sie geküsst und angefasst habe, antwortete sie überall und präzisierte auf nachhaken, auf den Mund, am Hals und angefasst eigentlich überall. Als Reaktion habe sie versucht, sich wegzudrehen. Er habe nicht wirklich gross darauf reagiert. Er habe
versucht, sie immer wieder zu sich zu drehen. Auf Frage, was in diesem Moment miteinander gesprochen worden sei, meinte die Privatklägerin, es sei nicht wirklich gross etwas gesprochen worden. Sie wisse, dass er immer wieder etwas zu ihr gesagt habe. Sie wisse aber nicht was. Welche Kleider sie bzw. der Beschul- digte in diesem Zeitpunkt noch getragen hätten, wisse sie nicht mehr. Er habe es irgendwann geschafft, sie auszuziehen, weil sie einfach die Kraft nicht mehr gehabt habe, etwas dagegen zu machen. Sie habe irgendwann einfach gehofft, dass er sie in Ruhe lasse. Sie glaube, der Beschuldigte habe sich selber ausgezogen. Auf Frage, wie sie ihm mitgeteilt habe, dass sie keine sexuellen Handlungen wolle, erklärte sie, sie habe sich mehrmals von ihm abgedreht und versucht, sich wieder anzuziehen. Sie wisse gar nicht, ob sie ihn sogar von sich wegzustossen versucht habe. Sie meine, dass sie ihn sogar noch gebissen habe, auf die Zunge, als er sie geküsst habe. Sie wisse nicht, wie er darauf reagiert habe. Sie sei in so einer Ohnmacht gewesen, dass es einfach passiert sei. Sie habe gemerkt, wie er Angst gehabt habe, dass jemand aus dem Zimmer komme. Es habe so gewirkt. Es habe gewirkt, als wäre bei jedem Ton bei jeder Bewegung, als hätte er Angst. Sie wisse nicht, sie habe es einfach so im Gefühl gehabt (Urk. 4/2
S. 7 f.). Aufgefordert, die sexuellen Handlungen zu präzisieren, erklärte sie zu- nächst, dies nicht zu können. Nach einer kurzen Pause führte sie dann aus, dass es mit Küssen und Berührungen und Anfassen angefangen habe. Bis er es geschafft habe, sie auszuziehen. Dann sei er in sie eingedrungen. Sie wisse nicht, wie lange es gegangen sei. Irgendwann sei es vorbei gewesen. Er habe sie wie- der angezogen. Sie habe einfach gehofft, dass es schnell vorbei sei. Auf Frage nach der Stellung, meinte sie, sie sei glaublich auf dem Rücken gelegen. Sie glaube nicht, dass die Stellungen gewechselt hätten. Er sei vaginal und oral eingedrungen, zuerst vaginal. Daran, ob er noch mit etwas anderem als mit seinem Glied eingedrungen sei, könne sie sich nicht erinnern. Auf Frage, ob sie Schmerzen gehabt habe, meinte sie, es habe weh getan, als er eingedrungen sei. Auf ei- ner Skala von 1-10 etwa 6 bis 7. Sie wisse nicht, ob sie betreffend Schmerzen etwas gesagt habe. Sie glaube nicht, dass der Beschuldigte darauf reagiert habe. Sie wisse nicht, ob er bemerkt habe, dass sie Schmerzen gehabt habe. Wie lange der Geschlechtsverkehr gedauert habe, wisse sie nicht. Sie wisse auch nicht, ob
er zum Abschluss gekommen sei nicht. Nach dem Geschlechtsverkehr sei sie eingeschlafen, als sei sie in Trance (Urk. 4/2 S. 9 ff.). Auf Nachfrage, in welcher Stellung es zum oralen Geschlechtsverkehr gekommen sei, erklärte sie, sie glaube auch liegend auf dem Rücken. Der Beschuldigte müsste dabei über ihr gewesen sein, genau könne sie sich nicht erinnern. Weiter bestätigte sie, dass sie und der Beschuldigte sich bei ihrem ersten Treffen geküsst hätten. Er habe ihr auch da schon an die Brüste fassen wollen. Sie habe da aber nein sagen können. Sie habe die Kraft gehabt, sich zu wehren (Urk. 4/2 S. 12 f.). Auf Nachfrage, ob er in irgendeiner Form Gewalt angewendet habe, erklärte sie, er habe sie nicht geschlagen so. Auf weitere Frage, ob er sie sonst irgendwie unter Druck gesetzt habe, meinte sie, nicht dass sie wüsste (Urk. 4/2 S. 13).
Schliesslich wurde sie auch durch die Vorinstanz befragt. Dabei wurde sie allerdings nicht aufgefordert, den Vorfall aus ihrer Erinnerung erneut zu schildern, sondern sogleich konkret gefragt, an was der Beschuldigte erkannt haben solle, dass sie keinen Sex mit ihm gewollt habe. Hierzu erklärte sie, er habe angefangen, sie zu sich zu drehen. Sie habe immer wieder probiert, sich von ihm wegzu- drehen. Er habe immer wieder probiert, ihr das T-Shirt abzuziehen und sie habe probiert, ihre Kleider anzubehalten. Das seien die zwei Sachen, an die sie sich erinnere. Sie wisse nicht, wie viel Kraftaufwand sie gebraucht habe, um sich wegzudrehen. Aber eigentlich sollte schon das Wegdrehen zeigen, dass sie in Ruhe gelassen werden möchte. Sie könne nicht sagen, wie oft sie sich habe wegdrehen können, aber mehr als einmal. Zur Intensität befragt, mit welcher sie das T-Shirt wieder runtergezogen habe, erklärte sie, zerrissen sei es nicht. Sie wisse, dass sie es immer wieder gehalten habe, als er probiert habe, es heraufzuziehen. Auf den Vorhalt, gemäss Beschuldigten solle sie gestöhnt haben, während er mit sei- nem Finger in ihre Scheide eingedrungen sei, gab sie zur Antwort, sie könne sich nicht vorstellen, dass es so gewesen sei. Zu irgendeinem Zeitpunkt sei einfach alles passiert gewesen. Sie glaube nicht, dass sie sich selbst vaginal zu befriedigen versucht habe. Sie könne sich nicht erinnern, dass sie den Penis des Beschuldigten in den Mund genommen habe. Auf die Frage nach einem Stellungswechsel von der liegenden Position zum Doggystyle erklärte sie, sie probiere sich immer wieder zu erinnern, was genau passiert sei. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt
wisse sie einfach nicht mehr genau, was passiert sei. Also nein, sie könne sich nicht erinnern, dass es so gewesen sei (Prot. I S. 10 ff.). Sodann bestätigte sie, dass es zu einem anderen (früheren) Zeitpunkt – als sie sich kennengelernt haben – zu körperlichem Kontakt mit dem Beschuldigten gekommen war. Weiter bestätigte sie auf (suggestive) Frage, dass der Moment, an dem sie keine Kraft mehr gehabt habe, gekommen sei, nachdem sie probiert gehabt habe sich wegzudrehen und das T-Shirt heruntergezogen habe. Sie habe einfach nichts mehr machen können und sei wie in Trance dort gelegen. Auf die Frage, ob die vom Beschuldigten beschriebenen Handlungen während dieser Trance stattgefunden hätten, erklärte sie, sie wisse es nicht. Ab einem gewissen Zeitpunkt wisse sie nicht mehr genau, was passiert sei. Sie wisse nur, dass sie am nächsten Morgen erwacht sei und sich komisch gefühlt habe. Auf die Frage, ob während des Vorfalls eine verbale Kommunikation stattgefunden habe, erklärte sie, nicht in Bezug auf das. In Bezug auf den Vorfall sei nicht gesprochen worden. Sie bestätigte so- dann explizit, dass es weder vom Beschuldigten noch von ihr während des Vorfalls Aussagen gegeben habe (Prot. I S. 13 ff.).
Aussagen des Beschuldigten
Der Beschuldigte verweigerte zunächst in der ersten polizeilichen Einvernahme am Vormittag des 24. Februars 2020 die Aussage, nachdem ihm pauschal eröff- net worden war, dass ihm vorgeworfen werde, gegen deren Willen mit der Privatklägerin Geschlechts- und Oralverkehr vollzogen zu haben (Urk. 3/1 S. 5). In der gleichentags folgenden Hafteinvernahme schilderte er dann aber detailliert, sie hätten links und rechts auf dem Sofa geschlafen. Er habe begonnen, sie zu küssen, sie anzufassen, zu streicheln und weiter zu küssen. Sie hätten sich ausgezogen, dann weiter geküsst. Er könne sich aber nicht weiter an die Szene erin- nern aber sie hätten dann Sex gehabt. Zuerst habe er mit dem Finger bei ihr unten begonnen sie zu streicheln, sie habe dabei auch gestöhnt. Er sei dann mit dem Finger eingedrungen. Mit der Zunge habe er dann auch noch mit dem Kitzler gespielt. Sie sei dann mit ihrem Kopf näher zu ihm gekommen und habe dann seinen Penis in den Mund genommen. Dann habe er versucht, sie vaginal zu befriedigen und er habe versucht, in sie einzudringen, aber das sei nicht gegangen,
weil er nicht richtig hart geworden sei. Dann habe sie begonnen, ihn in die Hand zu nehmen und zu rubbeln, bis er steif wurde. Danach habe er in sie eindringen können. Dann hätte sie die Stellung gewechselt und er habe sie dann von hinten genommen, so Doggystyle. Er sei aber bei dieser Sache nicht gekommen. Dann seien sie eingeschlafen, bis sein Wecker um 7.00 Uhr geklingelt habe. Er sei dann erwacht, habe seine Sachen genommen und sei nach Hause gegangen (Urk. 3/2 S. 3). Auf Nachfrage gab er zu Protokoll, unterhalten hätten sie sich nicht, aber die Privatklägerin habe immer so leise gestöhnt (Urk. 3/2 S. 3 und 5). Auf die Frage, wie er gewusst habe, dass die Privatklägerin einverstanden gewesen sei, erklärte er, als er da unten beim Kitzler begonnen habe zu spielen, habe sie gestöhnt und sich selbst zwischen den Beinen gerubbelt. Sie habe auch die Stellung gewechselt und seinen in die Hand genommen und gerubbelt. Sie habe ihn auch in den Mund genommen (Urk. 3/2 S. 4). Sie habe auch bei sich selbst immer am Kitzler gespielt, als er sie vaginal befriedigt habe (Urk. 3/2 S. 5). Zu seinem damaligen Zustand führte er aus, er habe getrunken gehabt und könne sich an das Meiste nicht wirklich erinnern. Er würde sagen, dass ihr Zustand ge- nau wie seiner gewesen sei. Vielleicht habe sie sogar noch mehr getrunken als er (Urk. 3/2 S. 4.). Er habe sie ausgezogen. Bei der Hose habe sie ihm geholfen, beim T-Shirt nicht (Urk. 3/2 S. 5). Sie habe ihn zurückgeküsst, mit den Lippen, nicht mit der Zunge. Sie habe ihn dabei angeschaut (Urk. 3/2 S. 5 f.). Auf Nachfrage, ob die Privatklägerin sonst noch irgendwie körperlich erwidert habe, zeigte er auf seinen Oberarm und erklärte, sie habe ihn einfach so am Arm gehalten. Danach habe er ihr geholfen, die Hose anzuziehen. Sie habe sich dann selber mit der Decke zugedeckt und sie seien nebeneinander eingeschlafen. Er sei hinter ihrem Rücken gelegen und sie habe zur Wand geschaut (Urk. 3/2 S. 6). Angefangen, sie zu streicheln, habe er zuerst beim Arm, glaube er. Dann sei er immer weiter nach unten bis zum Kitzler. Sie habe ihn einfach angeschaut, bis er nach unten ging bei ihr. Als er zu ihrem Kitzler ging, habe sie angefangen zu stöhnen. Er habe zuerst mit dem Finger begonnen und dann, als er mit der Zunge [gemacht] habe, sei das Stöhnen ein bisschen lauter gewesen. Es sei zärtlicher Sex gewesen, langsame Bewegungen. Sie habe gestöhnt, und als er in sie einge- drungen sei, habe sie den Mund so aufgemacht (Urk. 3/2 S. 6 f.). Auf die Frage,
ob es mit der Geschädigten, die er gemäss eigenem Bekunden anlässlich der Tat zum dritten Mal gesehen habe, schon zuvor zu irgendeiner Form von Zärtlichkeiten gekommen sei, antwortete der Beschuldigte, ja, aber einfach nur umemache. Beim ersten Mal auch auf dem Sofa und an Silvester hätten sie zusammen getanzt und auch umegemacht. Das heisse mit Lippe und Zunge geküsst (Urk. 3/2 S. 8).
Im weiteren Verfahren und auch heute machte er keine Aussagen zur Sache mehr.
Würdigung
Dass die Privatklägerin den Beschuldigten in die Zunge gebissen hätte, liess sich im Rahmen der gerichtsmedizinischen körperlichen Untersuchung des Beschul- digten nicht beweisen, entgegen den Vorbringen der Verteidigung (Urk. 60 S. 15 und 17; Prot. II S. 12) aber auch nicht wiederlegen (Urk. 11/16). Hinsichtlich der Aussagen der Privatklägerin ist sodann festzuhalten, dass sie den Beginn der Ereignisse einigermassen konstant und im Grundsatz glaubhaft wiederzugeben vermochte. Allerdings bleibt oft unklar, inwieweit sie ihre Handlungen (Wegdrehen/Wegstossen, T-Shirt festhalten/herunterziehen) wirklich gegen aussen sichtbar vornahm aber bloss versuchte, wovon der Beschuldigte nicht zwingend etwas bemerkte. So schildert sie doch einige Vorgänge lediglich als inneren Mo- nolog, dem gegen aussen jedoch keine Taten folgten (folgen konnten). Aufgrund ihrer späteren Äusserungen kann jedenfalls nicht verlässlich von je mehr als zwei effektiven Wegdreh- und T-Shirt-Festhalt-Handlungen ausgegangen werden. Ein Wegstossen wurde inkonstant geschildert. Die Schilderung der weiteren sexuellen Handlungen verkürzt sich sodann mit fortschreitendem Zeitablauf zur Unkenntlichkeit, während andere Dinge (stärkere Schmerzen beim Eindringen; Angst des Beschuldigten entdeckt zu werden) erst spät erstmals bzw. nur einmalig erwähnt werden. Auf derart inkonstanten Angaben kann – zumal zulasten des Beschuldigten – nicht ohne zusätzliche Validierungselemente abgestellt werden.
Dass und was gesprochen wurde und insbesondere der Inhalt und Ablauf der eigentlichen sexuellen Handlungen, Kernelement des Vergewaltigungsvorwurfs,
sind nur der ersten Einvernahme, teilweise allerdings nur nonverbal, zu entnehmen. Nachdem es sich dabei aber um die tatnächsten Angaben handelt, und die Privatklägerin in späteren Aussagen Handlungen nicht negiert, sondern vielmehr nicht erinnert, ist als erstellt anzusehen, dass sie – trotz eines allfälligen (durchaus glaubhaft geschilderten) inneren Zustands eines Freezings – die eigentlichen sexuellen Handlungen nicht nur passiv (er-)duldete, sondern aktiv mitmachte, in- dem sie ihrerseits Oralverkehr am Beschuldigten ausführte (so ihre nonverbale Zugabe in der polizeilichen Einvernahme, Urk. 4/1 S. 12), was sich mit seinen Ausführungen deckt. Ebenfalls in ihrer ersten Einvernahme (anders später bei der Staatsanwaltschaft) gab sie zu Protokoll, dass es zuerst zu Oralverkehr gekommen sei, was sich wiederum mit den Angaben des Beschuldigten deckt und in den (zunächst beiderseits) geschilderten grösseren Handlungsbogen (Berührungen/Küssen überall, dann obenabegschafft bis zum gegenseitiger Oralverkehr, dann Vaginalverkehr) passt. Und wenn sie sodann, danach gefragt, was sie mit mitmachen meine, ausführte, sie habe gedacht, je schneller es vorbei sei, umso schneller könne sie schlafen (Urk. 4/1 S. 10), lässt dies auch die Schilderung des Beschuldigten, sie habe (eigeninitiativ) seinen Penis mit ihrer Hand stimuliert, weil er zuerst zu wenig steif für Vaginalverkehr gewesen sei, als möglich erscheinen, unterstützte diese Handlung doch den Zweck, dass er zum Höhepunkt kommt und mich dann in Ruhe lässt (Urk. 4/1 S. 10). Mithin ist zu statuieren, dass die ersten, tatnächsten Angaben der Privatklägerin – von welchen der Beschuldigte bei seiner Einvernahme keine detaillierten Kenntnisse hatte – im Kerngeschehen auffallend mit denjenigen des Beschuldigten übereinstimmen. Ebenfalls ist festzuhalten, dass der Beschuldigte auch nach Darstellung der Privatklägerin diese weder bedrohte, noch körperliche Gewalt ausübte sie sonst irgendwie unter Druck gesetzt hat.
Eine Diskrepanz besteht hinsichtlich des Beginns der Intimitäten. Der Beschuldigte schildert hier zwar – übereinstimmend mit der Darstellung der Privatklägerin – dass die Initiative völlig einseitig von ihm ausgegangen ist, macht aber gleichzeitig geltend, dass er sich an die Szene nicht weiter erinnere, bevor er dann doch wie- der recht detailliert die sexuellen Handlungen wiedergibt. Dies lässt Raum für die von der Privatklägerin geschilderten Abwehrhandlungen (zweimaliges Wegdre-
hen, evtl. Kopf abwenden, zweimal T-Shirt festhalten/herunterziehen). Weiter beschrieb er ein Stöhnen, welches auch von ihr selbst geschildert wird, wobei sie ausführte, dass er glaublich nicht verstanden habe, dass es verneinend gemeint gewesen sei. Er interpretierte es offensichtlich als lustvolles Stöhnen, kongruent mit ihrer Teilnahme an den sexuellen Handlungen.
Mithin ist mit Blick auf den Anklagesachverhalt festzustellen, dass es sein mag, dass die Privatklägerin sich zunächst zweimal von ihm wegdrehte, wobei er sie jeweils wieder zu sich zurückdrehte, was allerdings mit keinem übermässigen Kraftaufwand verbunden war. Möglicherweise drehte sie auch den Kopf zur Seite, als er sie küsste (dies schilderte sie allerdings nur in ihrer ersten Einvernahme, obwohl sie sonst mit Bezug auf die einleitenden Momente keinen Erinnerungsverlust geltend machte). Nicht zu erstellen ist, dass sie ihm verbal zu verstehen gab, dass sie mit sexuellen Handlungen nicht einverstanden war – für ihn verständliche – verneinende Geräusche machte. Zwar zog sie sich zunächst das T- Shirt zweimal wieder nach unten bzw. hielt es fest (er beschrieb hierzu, beim T- Shirt habe sie ihm, anders als bei der Hose, nicht beim Ausziehen geholfen), je- doch kam es danach zu gegenseitigen sexuellen Handlungen, indem der Beschuldigte bei der Privatklägerin und die Privatklägerin beim Beschuldigten Oralverkehr ausübten. Allenfalls stimulierte die Privatklägerin hernach auch den Penis des Beschuldigten mit der Hand, als es mit Vaginalverkehr zunächst nicht klappte. Der darauf folgende Vaginalverkehr endete ohne Samenerguss des Beschuldigten. Ob es dabei auch zu einem Stellungswechsel kam, kann offen bleiben, da es für die rechtliche Subsumtion ohne Belang ist.
Rechtliche Würdigung
Die Vorinstanz hat den Tatbestand der Vergewaltigung gemäss Art. 190 StGB zutreffend dargestellt (Urk. 45 S. 18 ff.). Bezugnehmend darauf ist in Erin- nerung zu rufen, dass Vergewaltigung in der Variante der physischen Nötigungshandlung als Gewaltdelikt gilt und deshalb prinzipiell als Akt physischer Aggression zu verstehen ist. Das ist nicht schon mit jedem beliebigen Zwang gegeben. Die Einwirkung auf das Opfer muss nach aktuell geltender gesetzlicher Regelung erheblich sein (BGE 131 IV 167 E. 3.1). Gewalt im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB
ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Täter ein grösseres Mass an körperlicher Kraft aufwendet, als zum blossen Vollzug des Akts notwendig ist bzw. wenn sich der Täter mit körperlicher Kraftentfaltung über die Gegenwehr des Opfers hinwegsetzt. Eine körperliche Misshandlung, rohe Gewalt Brutalität etwa in Form von Schlägen und Würgen ist indes nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Täter seine überlegene Kraft einsetzt, indem er das Opfer festhält sich mit seinem Gewicht auf dieses legt. Vom Opfer wird nicht verlangt, dass es sich gegen die Gewalt mit allen Mitteln zu wehren versucht. Es muss sich nicht auf ei- nen Kampf einlassen Verletzungen in Kauf nehmen. Die von der Rechtsprechung geforderte Gegenwehr des Opfers meint aber eine tatkräftige und manifeste Willensbezeugung, mit welcher dem Täter unmissverständlich klargemacht wird, mit sexuellen Handlungen nicht einverstanden zu sein (BGer 6B_520/2021 vom 30. August 2021 und BGer 6B_479/2020 vom 19. Januar 2021; je mit Hinweisen).
Die Tatbestandsvariante des Unter-Druck-Setzens stellt klar, dass sich die Ausweglosigkeit der Situation auch ergeben kann, ohne dass der Täter eigentliche Gewalt anwendet. Es kann vielmehr genügen, dass dem Opfer eine Widersetzung unter den gegebenen Umständen aus anderen Gründen nicht zuzumuten ist. Damit wird deutlich, dass eine Situation für das Opfer bereits aufgrund der sozialen und körperlichen Dominanz des Täters aussichtslos im Sinne der sexuellen Nötigungstatbestände sein kann. Diese Dominanz muss nicht notwendigerweise mit der Furcht des Opfers vor körperlicher Gewalt verknüpft sein (BGE 128 IV 106
E. 3a/bb mit Hinweis). Der psychische Druck, welchen der Täter durch die Schaffung einer Zwangslage erzeugen muss, hat indes von besonderer Intensität zu sein. Zwar wird nicht verlangt, dass er zur Widerstandsunfähigkeit des Opfers führt. Die Einwirkung auf dasselbe muss aber immerhin erheblich sein und eine der Gewaltanwendung Bedrohung vergleichbare Intensität erreichen. Dies ist der Fall, wenn vom Opfer unter den gegebenen Umständen und in Anbetracht seiner persönlichen Verhältnisse verständlicherweise kein Widerstand erwartet werden kann bzw. ihm ein solcher nicht zuzumuten ist, der Täter mithin gegen den Willen des Opfers an sein Ziel gelangt, ohne dafür Gewalt Drohungen anwenden zu müssen (BGE 131 IV 167 E. 3.1 mit Hinweisen). Die Auslegung der
Art. 189 f. StGB hat sich insoweit insbesondere an der Frage der zumutbaren Selbstschutzmöglichkeiten des Opfers zu orientieren (BGE 128 IV 106 E. 3b, Urteile BGer 6B_145/2019 vom 28. August 2019 und BGer 6B_479/2020 vom
19. Januar 2021; je mit Hinweis).
Der Tatbestand der Vergewaltigung ist sodann nur erfüllt, wenn der Täter vorsätzlich handelt, wobei Eventualvorsatz genügt (BGE 87 IV 66 E. 3). Der Täter muss damit wissen zumindest in Kauf nehmen, dass das Opfer mit dem Beischlaf bzw. den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist (BGer 6B_479/2020 vom
19. Januar 2021 mit weiteren Hinweisen).
Wie die Sachverhaltserstellung ergeben hat, konnte nicht erstellt werden, dass die Privatklägerin dem Beschuldigten verbal zu verstehen gab, dass sie sei- ne Berührungen nicht wollte und unmissverständlich verneinende Geräusche von sich gab. Zudem ergab die Beweiswürdigung, dass sie – anders als im Anklagesachverhalt geschildert – die eigentlichen sexuellen Handlungen (Oral- und Vagi- nalverkehr) nicht nur ohne Gegenwehr passiv duldete (gewähren liess, Urk. 21
S. 3), sondern vielmehr insofern aktiv partizipierte, als sie ihrerseits Oralverkehr am Beschuldigten ausführte, ohne hierzu von ihm gezwungen auch nur (explizit implizit) aufgefordert worden zu sein. Vor diesem Hintergrund ist der objektive Tatbestand des Art. 190 Abs. 1 StGB nicht erfüllt, selbst wenn die Privatklägerin sich zu Beginn der Interaktion zweimal von ihm wegbzw. ihren Kopf abdrehte und ihr T-Shirt zunächst zweimal wieder herunterzog und festhielt. Denn diese Handlungen enthielten weder eine unmissverständliche Willensmanifestation, noch können sie angesichts der nachfolgenden aktiven Beteiligung der Privatklägerin am Geschehen als deutliche und beständige Gegenwehr gedeutet wer- den. Vielmehr rücken diese anfänglichen Zeichen zweifelhafter Kooperation bei Gesamtbetrachtung der Geschehnisse deutlich in den Hintergrund und reichen jedenfalls nicht aus, eine eigentliche (physische psychische) Gewaltanwen- dung des Beschuldigten (gar bis zur körperlichen Erschöpfung der Privatklägerin, wie von der Vorinstanz insinuiert, Urk. 45 S. 21 + 22: so lange wiederholt, bis diese keine Kraft mehr hatte, derart lange auf die Privatklägerin eingewirkt, bis diese keine Kraft mehr hatte) im Sinne der Rechtsprechung zum Vergewaltigungstatbestand zu begründen. Auch bestand weder ein Subordinations- noch ein anderweitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten, welches eine Gegenwehr (bspw. durch verbale Äusserung, Ver-
lassen des Wohnzimmers Hilferufe zuhanden von C.
und D. )
objektiv als unzumutbar erscheinen lassen würde. Bei der Privatklägerin und dem Beschuldigten handelte es sich vielmehr um circa gleich alte, voll im Berufsleben stehende Erwachsene (Urk. 4/1 S. 2, Urk. 6 S. 2, Urk. 3/1 S. 3, Urk. 3/4 S. 7), welche sich grundsätzlich auf Augenhöhe begegneten. So hatte denn auch die Privatklägerin gemäss eigenem Bekunden frühere Avancen des Beschuldigten, die über Küssen hinausgehen sollten, im Keim ersticken können (Urk. 4/1 S. 13, Urk. 4/2 S. 13). Daran ändert auch nichts, dass offenbar beide nach dem vorangegangenen Festbesuch einigermassen angetrunken waren, konnten sie vor dem zu Bett gehen doch noch problemlos untereinander und mit Dritten interagieren, sodass auch hieraus keine besondere, zumal für den Beschuldigten erkennbare Schutzbedürftigkeit der Privatklägerin abgeleitet werden kann.
Damit war mit Blick auf den subjektiven Tatbestand angesichts der im Kernbereich erstelltermassen mitwirkenden Handlungen der Privatklägerin für den Beschuldigten nicht erkennbar und konnte er damit auch nicht in Kauf nehmen, dass sie mit dem Geschlechtsverkehr und den sexuellen Handlungen nicht einverstanden war, sondern sich allenfalls in einem Schockzustand (Freezing/Trance) befand, welcher ihr eine verbale tätliche Gegenwehr verunmöglichte. Vielmehr durfte er aufgrund der aktiven Teilnahme der Privatklägerin von einem konkludenten Einverständnis mit den sexuellen Handlungen ausgehen. Damit ist er vom Vorwurf der Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB freizusprechen.
Nicht angeklagt wurde der Tatbestand der Schändung im Sinne von Art. 191 StGB, welcher den Täter, der eine bereits von Beginn an urteilsoder zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis dieses Zustands zum Beischlaf, zu beischlafsähnlichen anderen sexuellen Handlungen missbraucht, unter Strafe stellt. Dies völlig zu Recht, war doch die Privatklägerin gemäss eigener Schilderung bereits bei Beginn der Handlungen grundsätzlich wach (bzw. hat sich der
Beschuldigte gemäss ihren tatnächsten Aussagen diesbezüglich sogar extra versichert, indem er sie verbal aufforderte wach auf und später auch explizit fragte, ob er weitermachen dürfe, Urk. 4/1 S. 4 und 9). Sodann schilderte die Privatklägerin zwar – insbesondere in der letzten Einvernahme – einen andauernden, allenfalls müdigkeits- und/oder alkoholinduzierten Trancezustand, der es ihr verunmöglicht habe, sich verbal tätlich zu wehren auch nur aufzustehen und das Zimmer zu verlassen. Dieser Zustand war aufgrund ihrer aktiven Beteiligung an den sexuellen Handlungen für den Beschuldigten aber jedenfalls nicht erkennbar, womit das Tatbestandsmerkmal der Kenntnis der Widerstandsunfähigkeit zu verneinen wäre und – wäre diesbezüglich Anklage erhoben der vorliegende Anklagesachverhalt erweitert worden – ebenfalls ein Freispruch resultiert hätte.
Zivilansprüche
Die Privatklägerin beantragte vor Vorinstanz eine Genugtuung in Höhe von Fr. 9'000.– (Urk. 29 S. 5 ff.), wovon ihr im angefochtenen Urteil Fr. 5'000.– zugesprochen wurden (Dispositivziffer 6). Wie gesehen, ist der Beschuldigte vom Vorwurf der Vergewaltigung freizusprechen. Damit aber fehlt es an einer Grundlage für die Zusprechung einer Genugtuung im Sinne von Art. 49 OR, weshalb das Begehren der Privatklägerin abzuweisen ist, auch wenn nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Privatklägerin unter den damaligen Ereignissen bis heute zu leiden hat.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei Freispruch sind die Kosten grundsätzlich durch den Staat zu tragen (Art. 423 StPO). Eine ausnahmsweise Kostentragung durch den Beschuldigten ist nur möglich, sofern er die Einleitung des Verfahrens rechtswidrig und schuldhaft bewirkt dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO). Die Kosten des Berufungsverfahrens sind den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung, inklusive die Festsetzung der Entschädigungen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der
Privatklägerin (Dispositivziffer 8), wurde im Berufungsverfahren keinerseits gerügt und entspricht den gesetzlichen Vorschriften. Sie ist zu bestätigen. Angesichts des heutigen Ausgangs sind diese Kosten sofort und definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen, da dem Beschuldigten nicht vorgeworfen werden kann, das Verfahren schuldhaft verursacht dessen Durchführung erschwert zu haben.
Ausgehend von den eingereichten Honorarnoten sind der amtlichen Verteidigung eine Entschädigung von Fr. 7'421.90 und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin eine Entschädigung von Fr. 465.95 zuzusprechen (§ 17 Abs. 1 lit. a und § 18 Abs. 1 AnwGebV; Urk. 59 und 58).
Sodann fällt zufolge Freispruchs die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ausser Ansatz und sind die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Die vom Beschuldigten für die Teilnahme an den Einvernahmen im Vorverfahren und an den Gerichtsverhandlungen pauschal geltend gemachten Auslagen von Fr. 250.– für Fahrt- und Kopierkosten blieben unbelegt und scheinen auch bei pflichtgemässer Schätzung überhöht, da die Erstellung von nötigen Kopien bereits im Honorar des amtlichen Verteidigers enthalten ist und der Beschuldigte für die von ihm zurückgelegten Fahrten keinerlei Angaben zu den jeweiligen Distanzen und Kilometerkosten gemacht hat. Vor diesem Hintergrund ist er für die Fahrten pauschal mit Fr. 100.– zu entschädigen, und ist seine Forderung im Übrigen abzuweisen.
Sodann befand sich der Beschuldigte während zwei Tagen in Polizeiverhaft, wofür ihm praxisgemäss eine Genugtuung von Fr. 400.– zuzüglich 5 % Zins seit 24. Februar 2020 zuzusprechen ist. Seine diesen Betrag übersteigende For- derung von insgesamt Fr. 1'000.– (Urk. 31 S. 16 und Urk. 60 S. 22 f.) ist abzuweisen, da weder darin, dass (a) die Verhaftung vor Familienangehörigen erfolgte und sich in seinem Umfeld herumsprach, dass (b) bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde sowie dass (c) er einen Wangenschleimhautabstrich über sich ergehen lassen musste, genugtuungsrelevante Persönlichkeitsverletzungen zu sehen sind.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte wird vom Vorwurf der Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB freigesprochen.
Das Genugtuungsbegehren der Privatklägerin wird abgewiesen.
Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 8) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:
Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Verbeiständung der Privatklägerin für das gesamte Verfahren, werden auf die Gerichtskasse ge- nommen.
Dem Beschuldigten wird eine persönliche Umtriebsentschädigung von
Fr. 100.– aus der Gerichtskasse zugesprochen. Im Mehrbetrag wird seine Entschädigungsforderung abgewiesen.
Dem Beschuldigten werden Fr. 400.– (zuzüglich 5 % Zins ab 24. Februar 2020) als Genugtuung aus der Gerichtskasse zugesprochen. Im Mehrbetrag wird sein Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland
die Privatklägerschaft
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland
die Privatklägerschaft
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA mittels Kopie von Urk. 57
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 23. November 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Wenker
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Huter
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