Zusammenfassung des Urteils SB220086: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte wurde in mehreren Punkten schuldig gesprochen, darunter einfache Körperverletzung, Drohung, Tätlichkeiten und Beschimpfung. Er wurde zu einer Geldstrafe und einer Busse verurteilt, wobei die Geldstrafe aufgeschoben wird. Zudem muss er dem Geschädigten eine Genugtuung zahlen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf insgesamt CHF 12'245.75. Der Beschuldigte hat in mehreren Punkten Berufung eingelegt, jedoch wurden die meisten Anträge abgewiesen. Das Obergericht des Kantons Zürich hat das Urteil gefällt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220086 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 31.08.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Drohung etc. |
Schlagwörter : | Privatkläger; Beschuldigte; Beschuldigten; Privatklägerin; Verteidigung; Sinne; Privatklägers; Aussage; Urteil; Tasche; Vorinstanz; Aussagen; Schlag; Kopfstoss; Berufung; Äusserung; Drohung; Tätlichkeit; Recht; Einkaufstasche; Geldstrafe; Busse; Verfahren; Bezug; Hinsicht; Verfahren; über |
Rechtsnorm: | Art. 105 StGB ;Art. 106 StGB ;Art. 126 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 158 StPO ;Art. 177 StGB ;Art. 178 StPO ;Art. 180 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 398 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 433 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 45 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 119 IV 25; 127 IV 59; 134 IV 97; 99 IV 212; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220086-O/U/bs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, Ersatzoberrichterin lic. iur. Keller und Ersatzoberrichter Dr. iur. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Dharshing
Urteil vom 31. August 2022
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. R. Michel,
Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend Drohung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 19. März 2021 (Urk. 16) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB,
der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB,
der mehrfachen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB,
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB.
Vom Vorwurf der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB wird der Beschuldigte freigesprochen.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu Fr. 80.– sowie mit einer Busse von Fr. 1'000.–.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben. Die Probezeit wird auf 2 Jahre angesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Geschädigten eine Genugtuung von Fr. 400.– sowie Fr. 1'307.– Ersatz der Kosten der Vertretung des Privatklägers 2 zu bezahlen. Im übrigen Umfang werden die Anträge des Privatklägers auf Genugtuung bzw. Kostenersatz abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten. Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Entscheidgebühr um einen Drittel.
Die Entscheidgebühr, die Kosten für das Gutachten, sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
(Mitteilungen.)
(Rechtsmittel.)
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 69 S. 2)
Es sei die Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils aufzuheben und Herr A. sei vom Vorwurf der einfachen Körperverletzung im Sin- ne von Art. 123 Ziff. 1 StGB, der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB, der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB, sowie der Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB [Vorfall Tasche] freizusprechen;
Es sei Herr A.
einzig der einfachen Tätlichkeit im Sinne von
Art. 126 StGB [Vorfall Spucken] schuldig zu sprechen.
Es sei Dispositivziffer 3 und 4 des angefochtenen Urteils aufzuheben und Herr A. mit einer Busse von CHF 100.00 zu bestrafen.
Es sei Dispositivziffer 5 des angefochtenen Urteils aufzuheben und die Zivilansprüche der Privatklägerschaft seien abzuweisen, eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen.
Es sei Dispositivziffer 7 des angefochtenen Urteils aufzuheben und die Kosten des Verfahrens seien vollständig auf die Staatskasse zu
nehmen, eventualiter seien sie Herrn A.
(mit Ausnahme der
amtlichen Verteidigung) im Umfang von einem Zehntel (1/10) aufzuerlegen.
Herr A.
sei mit CHF 3'960.25 für die bis zum 8. März 2021
entstandenen, erbetenen anwaltlichen Aufwendungen zu entschädigen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen.
Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 56 S. 1)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht in Strafsachen, vom 25. Oktober 2021 wurde der Beschuldigte der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB, der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB, der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB sowie der mehrfachen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen, während er vom Vorwurf der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB freigesprochen wurde. Der Beschuldigte wurde mit einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu Fr. 80.– und einer Busse von Fr. 1'000.– bestraft, wobei die Geldstrafe bei einer Probezeit von zwei Jahren aufgeschoben und hinsichtlich der Busse deren Bezahlung angeordnet wurde. Ferner wurden die Genugtuungsansprüche des Privatklägers geregelt und dem Beschuldigten die Kosten des Verfahrens auferlegt (Urk. 40 S. 4 ff. i.V.m. Urk. 41; Urk. 45 S. 39 ff.).
Mit Eingabe vom 3. November 2021 hat die amtliche Verteidigung gegen das erstinstanzliche Urteil rechtzeitig die Berufung angemeldet (Urk. 43). Nach
Erstattung der Berufungserklärung vom 21. Februar 2022 und anschliessender Fristansetzung an die Staatsanwaltschaft und die Privatkläger erklärte die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 28. Februar 2022 den Verzicht auf eine Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 56). Die Vertretung des Privatklägers 2 (hernach der Privatkläger) sah mit Eingabe vom 16. März 2022 ebenfalls von einer Anschlussberufung ab, während sich die Privatklägerin 1(hernach die Privatklägerin) innert Frist nicht vernehmen liess, womit sie implizit ebenfalls auf eine Anschlussberufung verzichtet hat (Urk. 60).
Nachdem in zweiter Instanz festgestellt wurde, dass die Beratung sowie die Eröffnung des vorinstanzlichen Urteils nicht im Protokoll festgehalten worden waren, wurde dieses mit Präsidialverfügung vom 16. August 2022 der Vorinstanz zur Berichtigung zurückgewiesen (Urk. 64). Die Vorinstanz eröffnete den Parteien die Protokollberichtigung in der Folge mit Verfügung vom 19. August 2022 (Urk. 67).
Anlässlich zu der auf den 31. August 2022 angesetzten Berufungsverhandlung (Urk. 62) sind der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers sowie die Privatklägerschaft erschienen (Prot. II S. 5).
Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Die Verteidigung nimmt in ihrer Berufungserklärung lediglich mit Bezug auf den Schuldspruch betreffend die Tätlichkeit begangen durch Spucken (Dispositiv- Ziffer 1 Lemma 3) und den Freispruch vom Vorwurf der mehrfachen Nötigung (Dispositiv-Ziffer 2) eine Einschränkung der Berufung vor. Im Übrigen verlangt sie einen Freispruch sowie die Abweisung der Zivilbegehren unter vollständiger Kostentragung durch die Staatskasse (Urk. 69 S. 2). Damit ist das Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur bezüglich der Dispositiv-Ziffer 1 Lemma 3 (Tätlichkeit begangen durch Spucken), der Dispositiv-Ziffer 2 (Freispruch vom Vorwurf der
mehrfachen Nötigung) und der Dispositiv-Ziffer 6 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen, was vorab mit Beschluss festzustellen ist. In den angefochtenen Punkten (Dispositiv-Ziffern 1 [teilweise], 3 - 5 und 7) ist das Urteil hingegen im Sinne von Art. 398 Abs. 2 StPO umfassend zu prüfen.
Die Verteidigung hat im Hinblick auf die bzw. anlässlich der Berufungsverhandlung vorbehältlich der eingereichten Urkunden (Urk. 70/1-2) keine Beweisanträge gestellt (Urk. 52 S. 3). Es drängen sich in zweiter Instanz auch von Amtes wegen – abgesehen von der erneuten Befragung des Beschuldigten – keine Beweiserhebungen auf.
Was im Übrigen in prozessualer Hinsicht die Verwertbarkeit der im Recht liegenden Beweismittel angeht, so wird darauf in den nachfolgenden Ausführungen zum Sachverhalt näher eingegangen.
Anklagevorwurf
Dem Beschuldigten wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 19. März 2021 betreffend die vorliegend noch angefochtenen Vorwürfe angelastet, den Privatkläger am 4. Dezember 2019 im Rahmen eines Streites auf dem Parkplatz der […] mit einer Einkaufstasche mittels seitlicher Schwungbewegung ins Gesicht geschlagen zu haben, wodurch dieser eine Rötung an der rechten Schläfe, aber keine (weiteren) Verletzungen erlitten habe. Kurz darauf habe er den Privatkläger mit den Worten ich schlah dich ab, ich schlah dich ab in Angst versetzt, und seine Stirn gezielt gegen den Kopf des Beschuldigten geschlagen, so dass dieser sich die Lippe blutig gebissen und während einigen Tagen Schmerzen an der Nase, im Mund und im Nackenbereich gehabt habe, was eine ärztliche Behandlung erforderlich gemacht habe. Schliesslich habe der Beschuldigte die Privatklägerin als Dräcksfotze bezeichnet (Urk. 16 S. 2 ff.; Urk. 21).
Standpunkt des Beschuldigten
Der Beschuldigte bestritt in der Untersuchung und anlässlich der Hauptverhandlung sämtliche angefochtene Vorwürfe der Anklage und stellte sich auf den Standpunkt, dass er dem Privatkläger lediglich gefolgt sei und ihm die Tasche anschliessend von hinten an dessen rechte Schulter gedrückt habe. In Bezug auf den Kopfstoss gab er an, dass es sich umgekehrt verhalten habe und der Privatkläger seinerseits einen Kopfstoss gegen ihn platziert habe, als sie hinter der fahrerseitigen Türe bzw. beim Fahrzeugheck gestanden seien. Die Äusserungen gegenüber dem Privatkläger (ich schlah dich ab, ich schlah dich ab) und der Privatklägerin (du Dräcksfotze) stellte der Beschuldigte ebenfalls in Abrede (Urk. 4/3 S. 2 ff.; Prot. I S. 10 ff.).
Der Beschuldigte bekräftige diese Darstellung auch anlässlich der Berufungsverhandlung (Urk. 68 S. 5 ff.).
Nachdem der Sachverhalt der noch strittigen Vorwürfe mithin auch in zweiter Instanz in den wesentlichen Punkten umstritten blieb, ist im Folgenden nochmals zu prüfen, inwiefern sich die entsprechenden Vorwürfe der Anklage dem Beschuldigten in Anwendung der allgemeinen Beweisgrundsätze gestützt auf die im Recht liegenden Beweismittel rechtsgenügend nachweisen lassen.
Beurteilung
Beweislage
Die Vorinstanz hat im Rahmen ihrer Ausführungen zum Sachverhalt die massgeblichen Beweismittel aufgelistet und auch die Grundsätze der Beweiswürdigung vollständig wiedergegeben (Urk. 45 S. 7 ff.). Es kann in diesem Zusammenhang vollumfänglich auf diese Erwägungen verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Zu ergänzen ist bezüglich der Beurteilung der Folgen der tätlichen Auseinandersetzung, dass nebst dem ärztlichen Bericht auch ein im Rahmen der ärztlichen Konsultation des Privatklägers vom 5. Dezember 2019 angefertigter Dokumentationsbogen für Erstkonsultation nach kranio-zervikalem Beschleu- nigungstrauma bei den Akten liegt (Urk. 7/2).
Verwertbarkeit der Beweismittel
3.2.1 In Bezug auf die Verwertbarkeit der Beweismittel weist die Vorinstanz zunächst auf den Umstand hin, dass der Beschuldigte am 4. Dezember 2019 als Auskunftsperson polizeilich einvernommen wurde (Urk. 4/1), um in der Folge zum Schluss zu gelangen, dass der spätere Rollenwechsel (zum Beschuldigten) deren Verwertbarkeit nicht entgegenstehe (Urk. 45 S. 10). Das Bundesgericht liess die Frage, ob Aussagen nach einem Rollenwechsel von der Auskunftsperson zum Beschuldigten verwertbar bleiben bisher offen und die Lehrmeinungen dazu gehen auseinander (vgl. Urteil 6B_208/2015 vom 24. August 2015, E. 1.4.; zur diesbezüglichen Auseinandersetzung in der Lehre vgl. EBNETER/HEIMGARTNER, Von der Auskunftsperson zur beschuldigten Person – Verwertbarkeit vormaliger Aussagen, in: AJP 3/2018, S. 267 ff.; EPPRECHT/GFELLER, Verwertbarkeit von Aussagen nach dem Rollenwechsel von der Auskunftsperson zur beschuldigten Person, in: AJP 11/2017, S. 1281 ff.; HASLER, Rollenwechsel im Strafverfahren, Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft, Band 127, Zürich 2019, S. 282 ff.; KERNER, BSK StPO I, 2. Aufl., N 17 zu Art. 178 StPO; RUCKSTUHL, BSK StPO I,
2. Aufl., N 5 zu Art. 158 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl., S. 382). Auch im vorliegenden Fall kann letztlich offen gelassen werden, wie es sich damit verhält. Der Beschuldigte gestand in der polizeilichen Einvernahme vom 4. Dezember 2019 lediglich den Spuck-Vorfall ein, welches Geständnis er in der späteren, zweifellos gültigen Befragung als Beschuldigter indes ausdrücklich wiederholte, weshalb zumindest aufgrund dieser späteren Einlassungen ein verwertbares Geständnis vorliegt. Die übrigen Vorwürfe bestritt der Beschuldigte in der Einvernahme vom 4. Dezember 2019 wie auch in den späteren Befragungen, so dass sich die Verwertung der ersten Aussagen insofern gar nicht zu dessen Lasten auszuwirken vermag.
3.2.2. Den Ausführungen der Vorinstanz betreffend die Verwertbarkeit der Aussagen der Privatkläger B. und C. ist im Ergebnis zuzustimmen, denn deren Aussagen sind im Verfahren gegen den Beschuldigten verwertbar. Als unzutreffend erweist sich in diesem Zusammenhang jedoch die vorinstanzliche
Feststellung, dass B.
aufgrund seiner Konstituierung als Privatkläger zu
Recht als Auskunftsperson einvernommen worden sei (Urk. 45 S. 11.). B. wurde nämlich vorliegend nie als Auskunftsperson, sondern stets als
Beschuldigter befragt (vgl. Urk. 4/3; Urk. 5/1; die im vorinstanzlichen Urteil erwähnte Urk. 5/2 betrifft eine Einvernahme der Privatklägerin), womit es diesbezüglich entgegen der Vorinstanz gar nie zu einem Rollenwechsel kam. Nachdem aber Aussagen von (Mit-)Beschuldigten im gleichen Verfahren ohne Weiteres verwertbar sind, sofern diese zumindest einmal miteinander konfrontiert worden sind, und auch bei einer nachmaligen Auftrennung in den beiden getrennten Verfahren verwertbar bleiben, ist dieser Umstand unproblematisch. Allerdings sind die Aussagen von B. bei dieser Konstellation stets vor dem Hintergrund zu würdigen, dass im mittlerweile abgetrennten Verfahren auch gegen ihn ein strafrechtlicher Vorwurf im Raum steht, welcher ihn dazu veranlassen könnte, seine Rolle in einem günstigeren Licht zu schildern.
Glaubwürdigkeit der Beteiligten
Die Verteidigung bringt hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Privatklägers
B.
vor, dass sich dieser in einem Scheidungsverfahren mit der aktuellen
Partnerin des Beschuldigten befinde und jegliche Schilderung einer Konfrontation mit ihr ihrem Partner Munition für die Durchsetzung eigener Interessen im Zivilverfahren darstelle, was bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit zu berücksichtigen sei (Urk. 33 S. 4).
Der Verteidigung ist insofern beizupflichten, als sie auf die notorische Gefahr eines missbräuchlich eingeleiteten Strafverfahrens zur Durchsetzung von Interessen in einem Scheidungsverfahren aufmerksam macht (vgl. Urk. 69
S. 4 f.). Indes unterlässt sie es zu erwähnen, dass diese Möglichkeit in Bezug auf beide Seiten der Auseinandersetzung in Betracht zu ziehen ist. Soweit mithin die Glaubwürdigkeit des Privatklägers durch die Auseinandersetzung im parallelen familienrechtlichen Verfahren geschmälert wird, trifft dies ebenso auf den Beschuldigten als mehrjährigem Partner der Ehegattin des Privatklägers zu, auch wenn dieser nur indirekt in jenes Verfahren involviert ist. Diesbezüglich liefern auch die von der Verteidigung anlässlich der Berufungsverhandlung eingereichten Urkunden (vgl. Urk. 70/1-2) keine neuen Erkenntnisse, zumal das Vorliegen eines schwerwiegenden familiären Konflikts, in dessen Rahmen grosse Differenzen
bestehen und bereits mehrfach Behörden involviert wurden, von keiner Partei bestritten wird.
In die gleiche Richtung schlägt die Verteidigung mit dem Hinweis, dass der Beschuldigte und die Ehegattin des Privatklägers mehr weniger nahtlos zusammengekommen seien, nachdem sich diese vom Privatkläger getrennt habe, was den Privatkläger tief verletzt habe und womit der Beschuldigte beim Privatkläger zur persona non grata geworden sei. Dass sich der Beschuldigte und der Privatkläger aufgrund ihrer Vorgeschichte gegenseitig nicht wohlgesinnt sind, ist indessen offensichtlich und wird – mit der Verteidigung – bei der Würdigung ihrer Aussagen miteinzubeziehen sein.
Des Weiteren ist bei der Würdigung der Aussagen des Privatklägers und der Privatklägerin zu berücksichtigen, dass es sich bei ihnen um Geschwister handelt, die ein gutes Verhältnis zueinander pflegen und im gleichen Haushalt leben. Dass ein solches Näheverhältnis durchaus geeignet ist, das Aussageverhalten zu beeinflussen, ist ebenfalls offenkundig, was wiederum eine Aussagewürdigung mit der gebotenen Zurückhaltung erheischt. Anders als von der Verteidigung vorgebracht wurde (Urk. 69 S. 5), liess die Vorinstanz das persönliche Näheverhältnis der beiden Privatkläger indes nicht unberücksichtigt und wies ausdrücklich darauf hin, dass (auch) deren Aussagen vor diesem Hintergrund mit der gebotenen Vorsicht zu würdigen seien (vgl. Urk. 45 S. 12 f.). Letzten Endes gilt es aber auch in diesem Zusammenhang die konkreten Aussagen auf deren Glaubhaftigkeit zu untersuchen, wobei der eingeschränkten Glaubwürdigkeit der Tatbeteiligten dabei lediglich die (untergeordnete) Rolle einer Hilfstatsache zukommt (VOLBERT/ STELLER, Die Begutachtung der Glaubhaftigkeit, in: Foerster et al. (Hrsg.), Psychiatrische Begutachtung, 5. Aufl., 2009, S. 831).
Komplott-Theorie
Der Beschuldigte vertritt die Ansicht, die Privatkläger hätten sich betreffend ihre Aussagen abgesprochen, um einen Komplott gegen ihn zu schmieden. Ebenfalls darauf abzielend weist die Verteidigung darauf hin, dass die Privatklägerin in den Tagen vor ihrer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme die Aussagen ihres
Bruders studiert habe, welcher Umstand im Rahmen der Aussagewürdigung einzufliessen habe (Urk. 69 S. 8).
Diesbezüglich ist betreffend die Aussagen der Privatklägerin zunächst festzustellen, dass sie einzig in Bezug auf den Vorfall mit der Einkaufstausche und die Beschimpfung gegen ihre eigene Person direkte eigene Wahrnehmungen des Geschehens gemacht hat und es insbesondere auch bei der von der Verteidigung erwähnten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme damit sein Bewenden hatte. Entgegen der Insinuation der Verteidigung ist demnach in keinerlei Hinsicht erkennbar, dass die Privatklägerin ihr Aussageverhalten im Verlauf des Verfahrens verschärft hätte, um die Beweislage für den Privatkläger zu verbessern. Im Gegenteil waren in diverser Hinsicht Verblassungstendenzen ersichtlich, was der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht und ihre Glaubwürdigkeit wie auch die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen stärkt.
Dass die Privatklägerin ihre Erinnerung vor der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme auffrischen wollte, nachdem seit den Vorfällen über ein Jahr vergangen war, deutet nicht auf einen Komplott hin. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Privatklägerin die Tatsache, dass sie die polizeilichen Einver- nahmeprotokolle studiert habe, auf die entsprechende Frage des Verteidigers un- umwunden preisgab (vgl. Urk. 5/3 S. 12), was dafür spricht, dass sie diesem Umstand keine grosse Bedeutung zumass. Allerdings ist bei der Aussagewürdigung zu beachten, dass die Privatklägerin das zweite Mal nicht mehr frei aus dem Ge- dächtnis heraus aussagten, als sie ihre ersten Ausführungen bestätigte.
Der Umstand, dass die Privatklägerin einzig in Bezug auf die Vorfälle betreffend die Einkaufstasche und die Beschimpfung gegen ihre eigene Person direkte Wahrnehmungen gemacht hat und dies von Beginn weg so äusserte, während umgekehrt der Privatkläger in Bezug auf die Beschimpfung gegen die Privatklägerin eigenen Angaben zufolge nichts mitbekommen hat, spricht mithin eindeutig gegen die geltend gemachte Komplott-Theorie. Wenn sich die beiden Privatkläger gegen den Beschuldigten verschworen hätten, wäre vielmehr ein Aussageverhalten zu erwarten gewesen, in dessen Rahmen sich die beiden Belastungspersonen in ihren Vorwürfen gegenseitig bestärkt und dabei gleichlautend ausgesagt hätten.
Schliesslich bleibt anzumerken, dass die Privatkläger selber keinen Hehl daraus machten, dass sie über die angeklagten Vorfälle gesprochen hatten. Letzteres spricht aber nicht gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen, solange nicht davon auszugehen ist, dass sie auch ihr Aussageverhalten miteinander abgesprochen haben, wofür bei der Würdigung ihrer Ausführungen indes keine konkreten Anzeichen bestehen (vgl. dazu auch nachfolgend Ziffer 3.5.4.).
Schlag des Beschuldigten gegenüber dem Privatkläger
Der Beschuldigte deponierte grundsätzlich konstant, er sei dem Privatkläger mit der Einkaufstasche, welche den vom Privatkläger gebastelten Adventskalender beinhaltet habe, hinterhergegangen und habe diesem die Tasche von hinten an dessen rechte Schulter gestossen, worauf der Privatkläger herumgeschrien und behauptet habe, der Beschuldigte habe ihn geschlagen (Urk. 4/1 S. 2; Urk. 4/2 S. 2; Urk. 4/3 S. 13). Entgegen der Vorinstanz ist bezüglich dieser Aussagen keine Aggravationstendenz ersichtlich (vgl. Urk. 45 S. 17). Insofern der Beschuldigte sich anlässlich der ersten Einvernahme (als Auskunftsperson) noch nicht ganz so eingehend zum Verhalten des Beschuldigten nach dem Stoss bzw. Schlag äusserte, kann dies zwanglos darauf zurückgeführt werden, dass damals noch gar kein Vorwurf gegen ihn im Raum stand, sondern es in dieser Einver- nahme um die Anzeige einer Tätlichkeit des Beschuldigten gegen den Privatkläger ging. Angesichts der geringen Komplexität des umstrittenen Vorgangs ist dem Kriterium der Konstanz der Aussage allerdings keine allzu grosse Bedeutung beizumessen. Festzuhalten ist jedoch immerhin, dass die Darstellung des Beschul- digten, er habe den Privatkläger mit der Berührung mit der Tasche (ein weiteres Mal) auffordern wollen, diese mitzunehmen, nicht per se unglaubhaft erscheint.
Der Darstellung des Beschuldigten stehen indessen zunächst die Aussagen des Privatklägers gegenüber. Dieser schilderte in der Untersuchung, wie ihm der Beschuldigte die Einkaufstasche überreicht und ihn aufgefordert habe, die Tasche mitzunehmen. Die Tasche sei ihm bekannt vorgekommen,
weshalb er angenommen habe, dass sich der Adventskalender darin befinde, den
er für seine Tochter D.
gebastelt habe. Er habe die Tasche zunächst an
sich genommen und hineingeschaut, um dies zu verifizieren, wobei er gemerkt habe, dass der Beschuldigte wütender geworden sei. Nachdem er die Kleider aus der Tasche genommen und dem Beschuldigten eröffnet habe, dass er den Kalender nicht zurücknehmen werde, sei dieser noch aggressiver geworden und habe erneut gefordert, der Privatkläger müsse die Tasche mitnehmen. Nachdem die Privatklägerin die Tasche kurz an sich genommen habe, hätten sie die Tasche
dann auf der Strasse zurückgelassen und seien mit D.
in der Hand in
Richtung des Parkplatzes gegangen. Er habe dann zunächst ein Rascheln und ein Rufen des Beschuldigten gehört und anschliessend im Augenwinkel auf der rechten Seite gesehen, wie eine Tasche geflogen gekommen sei, welche ihn an der rechten Gesichtshälfte getroffen habe. Der Aufprall habe einen lauten Knall verursacht und er sei erschrocken und völlig perplex gewesen. Sie hätten sich in der Folge umgedreht und den Beschuldigten gesehen, der die Tasche in der Hand gehalten habe. Der Privatkläger habe dann fünf sechs Mal geschrien: Gah wäg, hör uf mich zschlah. Er habe dies unter anderem auch gemacht, um eine Spaziergängerin in der Nähe auf die Situation aufmerksam zu machen. Der Beschuldigte sei dann aufgescheucht durch die Rufe über die Strasse zum Auto gegangen und habe die Tasche auf die Motorhaube bzw. die Windschutzscheibe geworfen, wobei auf der Motorhaube ein paar Kratzer entstanden seien (Urk. 5/1 S. 2).
Die Schilderungen des Privatklägers betreffend die Interaktionen vor dem vorgeworfenen Schlag mit der Einkaufstasche überzeugen. Hervorzuheben ist zu- nächst die Darlegung des wahrgenommenen Gefühlslebens des Beschuldigten, der unmittelbar vor dem Schlag immer wütender bzw. aggressiver geworden sei. Glaubhaft ist dies insbesondere deswegen, weil auch aufgrund der Aussagen des Beschuldigten selbst hervorgeht, dass dieser von Beginn weg gereizt war und sich durch das Verhalten des Privatklägers immer weiter provoziert fühlte. So nahm er bereits die Tatsache, dass die Privatkläger nicht am vereinbarten Treffpunkt gewartet hatten, sondern ihm entgegengekommen waren, als Akt der Provokation wahr (vgl. Urk. 4/3 S. 12), was er anlässlich der
Berufungsverhandlung bestätigte (Urk. 68 S. 7). Ebenfalls missfiel dem Beschuldigten, dass der Privatkläger nicht alleine erschienen war, sondern seine Schwester mitgebracht hatte, und er (der Beschuldigte) offenbar nicht begrüsst worden war (vgl. Urk. 4/3 S. 12). Weiter war es dem Beschuldigten ein überaus wichtiges Anliegen, dass der Privatkläger den Adventskalender zurücknimmt, worauf bereits der Umstand hinweist, dass der Beschuldigte den Adventskalender zum Treffen mitbrachte, obwohl er wusste, dass der Privatkläger die Rücknahme des Kalenders wohl verweigern würde (Urk. 4/3 S. 12). Vor diesem Hintergrund schlüssig erscheint die (weitere) deutliche Irritation des Beschuldigten, als der Privatkläger die Tasche nicht annahm, sondern auf der Strasse zurückliess (Urk. 4/3 S. 12: […] ich war dann völlig perplex, also ich war schon vorher
perplex, weil D.
eigentlich das Ritual hat von diesem Weg und erst dann
unten auf ihn trifft.). Der Beschuldigte fasst den Unmut, welchen er unmittelbar vor dem Stoss bzw. dem Schlag mit der Tasche verspürte, wie folgt zusammen (Urk. 4/3 S. 12): Mir war in diesem Zeitpunkt sehr unwohl und vor allem tat es mir leid für D. , dass sie erneut eine problematische Übergabe erleben muss. Ich wurde weder begrüsst, es wurde nicht auf mich eingegangen, als wäre ich Luft und eben, man hat die Sachen liegen gelassen. Die vom Beschuldigten geschilderte Gemütslage indiziert zusammen mit der Tatsache, dass er die Privatkläger mit der Tasche über eine beträchtliche Distanz bis zum Parkplatz verfolgte, dass er vor dem angeklagten Schlag mit der Tasche in einer sehr aufgebrachten Stimmung war. Vor dem Hintergrund der sowohl vom Privatkläger als auch vom Beschuldigten selbst anschaulich dargestellten Wut, in die sich der Beschuldigte immer weiter steigerte, ist schlüssig, dass er den Privatkläger, nachdem sich dieser ihm zu entziehen versuchte, verfolgte und in der Folge heftig mit der Tasche traktierte.
Ebenfalls als hilfreich zur Beurteilung des Sachverhalts erweisen sich die Darstellungen der Beteiligten betreffend die Ereignisse nach dem inkriminierten Schlag bzw. Stoss. Der Privatkläger schildert diesbezüglich nachvollziehbar, dass er vom Vorgehen des Beschuldigten überrascht und völlig perplex gewesen sei und fünf sechs Mal gah wäg, hör uf mich zschlah gerufen habe. Der Beschuldigte sei daraufhin über die Strasse zum Auto gerannt, wo er die Tasche
auf die Motorhaube geworfen habe (Urk. 4/3 S. 4; Urk. 5/1 S. 3). Demgegenüber sind die Aussagen des Beschuldigten kaum mit seiner Behauptung, es habe sich um ein Schauspiel seitens des Privatklägers gehandelt, um ihn (den
Beschuldigten) vor D.
in ein schlechtes Bild zu rücken, in Einklang zu
bringen. Hätte sich die Reaktion des Privatklägers so abgespielt, wie vom Beschuldigten vorgebracht, dann wäre vom Beschuldigten eine andere Reaktion zu erwarten gewesen, als weiteres aggressives Gebaren gegenüber den Privatklägern bzw. ihrem Fahrzeug. Vielmehr hätte er den Privatkläger zur Rede gestellt, weshalb er ihn vor D. derart in Misskredit zu bringen versuche, was aber nicht einmal ansatzweise geschehen ist. Auch im Übrigen mutet das Vorbringen des Beschuldigten abwegig an, dass es sich um ein Schauspiel der
Privatkläger gehandelt habe, um D.
(und allenfalls Dritten) vorzuspiegeln,
der Beschuldigte habe den Privatkläger geschlagen, da es für den Privatkläger
ein Leichtes gewesen wäre, den Beschuldigten bei D.
zu einem beliebig
anderen Zeitpunkt (beispielsweise im Rahmen des Besuchsrechts beim Privatkläger zu Hause) in ein schlechtes Licht zu rücken, so dass sich ein derart inszeniertes Schauspiel gar nicht lohnte.
Gegen die Darstellung des Beschuldigten sprechen aber auch noch andere Umstände. So mutet mit der Vorinstanz seltsam an, dass der Beschuldigte anlässlich der Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft eine Kreisbewegung mit dem gestreckten Arm demonstrierte, was nicht mit dem von ihm geschilderten Stossen vereinbar ist (vgl. Urk. 4/3 S. 14 f.). Auch wenn diesbezüglich festzuhalten ist, dass theoretisch auch ein Stoss mit gestrecktem Arm möglich ist die Bewegung mit gestrecktem Arm Teil einer Stossbewegung sein kann, wirkt sein Aussageverhalten nicht sehr lebensnah und deutet darauf hin, dass er im Nachhinein einen anderen Bewegungsablauf schilderte, als er ihn im Tatzeitpunkt tatsächlich ausgeführt hatte.
Für den Beschuldigten belastend wirkt sich schliesslich aus, dass auch die Privatklägerin, deren Ausführungen sich auch im Übrigen als detailliert, schlüssig und lebensnah mit Emotionen verknüpft erweisen, konstant aussagte, dass sie aus dem Augenwinkel gesehen habe, wie sich der Beschuldigte ihnen genähert
habe, worauf sie anschliessend ein lautes Geräusch vernommen habe. Aufgrund zu erwartender Verblassungstendenzen ist dabei entgegen der Verteidigung (Urk. 33 S. 11) durchaus erklärbar, dass sich die Privatklägerin bei der Staatsanwaltschaft über ein Jahr nach dem Vorfall nicht mehr genau erinnerte, ob sie im Augenwinkel die Ausholbewegung erkennen konnte lediglich die Annäherung des Beschuldigten. In der gleichen Hinsicht vermag die Verteidigung nichts zu Lasten der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin herzuleiten, wenn diese über ein Jahr nach dem Vorfall nicht mehr genau wusste, was der Privatkläger nach dem Schlag gesagt hat (vgl. Urk. 33 S. 12). Sie wusste jedenfalls, dass er sich mit Worten aufgeregt hat und in der Folge weggegangen ist. Eine Steigerung des Aussageverhaltens ist im Gegensatz zur Verteidigung (Urk. 33 S. 13) nicht erkennbar, zumal sie bereits bei der Polizei angab, aus dem Augenwinkel gesehen zu haben, wie der Beschuldigte mit der Tragtasche ausholte. Was die Privatklägerin jedenfalls als eindrückliche Erinnerung in glaubhafter Art schilderte, war das laute Geräusch, welches die Einkaufstasche beim Aufprall verursachte, was auch mit der entsprechenden Darstellung des Privatklägers übereinstimmt. Als nachvollziehbar und lebensnah erscheint sodann auch die von der Privatklägerin geschilderte Reaktion auf den Schlag mit der
Tasche, wonach sie D.
sofort losgelassen und sich als Puffer zwischen
den Privatkläger und den Beschuldigten gestellt habe, um Distanz zwischen ihnen zu schaffen (Urk. 5/2 S. 2; Urk. 5/3 S. 3 f.). Wenn es sich lediglich um ein Drücken bzw. Stossen der Tasche gegen den Oberarm des Privatklägers gehandelt hätte, hätte es keinen Grund gegeben, in der geschilderten Art und Weise zu reagieren. Selbst wenn mithin fraglich wäre, inwiefern die Privatklägerin den genauen Aufprallort der Tasche hätte erkennen können, bleiben ihre Depositionen mit dem konstanten Vorbringen des Beschuldigten, dass er die Tasche an die Schulter des Privatklägers gestossen habe, jedenfalls unvereinbar.
Die Verteidigung wendet schliesslich in dieser Hinsicht noch ein, dass die Privatklägerin links und der Privatkläger rechts von D. gegangen sei, womit die Privatklägerin eine allfällige Rötung unmittelbar nach dem Vorfall gar nicht hätte erkennen können (Urk. 69 S. 9). Sie blendet dabei jedoch aus, dass sich die Privatkläger gemäss übereinstimmenden Aussagen aller Beteiligten nach dem
Schlag umgedreht hatten und der Privatkläger den Beschuldigten darauf mehrfach anschrie (Urk. 5/2 S. 2; Urk. 5/3 S. 3), so dass die Privatklägerin die rechte Gesichtshälfte des Privatklägers ohne Weiteres sehen konnte.
Der weitere Einwand der Verteidigung, wonach das Verletzungsbild nicht mit dem Schlag mittels Einkaufstasche vereinbar sei, sondern schwerere Verletzungen hätten resultieren müssen (Urk. 69 S. 7), ist zwar grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen, doch kann das Ausbleiben von Prellmarken jedenfalls kein Beleg dafür sein, dass überhaupt kein entsprechender Schlag stattgefunden hat. Dass ein Adventskalender, welcher Gegenstände wie Autos, Knetdosen und Schneekugeln enthält (Urk. 5/1 S. 2), eine genügende Masse aufweist, um bei einem schwungvollen Schlag zumindest zu einer Rötung zu führen, ist aber offensichtlich. Eine solche Rötung auf der rechten Seite der Schläfe des Privatklägers ist – entgegen der Verteidigung – auf dem polizeilich aufgenommenen Foto aber jedenfalls ersichtlich und auch die Privatklägerin erklärte glaubhaft, beim Privatkläger eine entsprechende Rötung gesehen zu haben (vgl. Urk. 5/2 S. 2; Urk. 6 S. 3). In dieser Hinsicht ist auch darauf hinzuweisen, dass der fotografierende Polizeibeamte als Fotolegende die Formulierung Kreis: rötung und leichte Beule […] (vgl. Urk. 6 S. 3) wählte, was den Schluss nahelegt, dass die Rötung auch für ihn von blossem Auge ersichtlich war. Möglich wäre im Übrigen, dass der Schlag des Beschuldigten beim Privatkläger noch weitere Beeinträchtigungen verursachte, doch sind solche in diesem Zusammenhang nicht angeklagt und könnten demnach von vornherein nicht zu Lasten des Beschuldigten berücksichtigt werden.
Abschliessend ist demnach festzuhalten, dass die Schilderung des Beschuldigten zu diesem Vorfall zwar nicht per se unglaubhaft erscheint, letztlich aber derart viele Aspekte gegen dessen Darstellung des blossen Drückens mit der Tasche gegen den Privatkläger sprechen, dass der Anklagesachverhalt betreffend den schwungvollen Schlag gegen das Gesicht des Beschuldigten mit der Einkaufstasche rechtsgenügend erstellt ist.
Äusserungen des Beschuldigten gegenüber dem Privatkläger
Der Beschuldigte bestreitet, die ihm in der Anklage vorgeworfenen Äusserungen gegenüber dem Privatkläger getätigt zu haben (Urk. 4/3 S. 13; Prot. I S. 14). Die Vorinstanz führt dazu aus, die pauschalen Bestreitungen des Beschuldigten seien angesichts der insgesamt überzeugenden Schilderung des Privatklägers nicht glaubhaft. Zudem erachtet sie die zweite Äusserung (du wirst deine Tochter nie wiedersehen) angesichts der tatbeständlichen ersten Äusserung (ich schlah dich ab, ich schlah dich ab) als irrelevant (Urk. 45
S. 17 ff.). Diesen Schlüssen kann mit folgenden Präzisierungen und Ergänzungen gefolgt werden:
Zunächst mutet es bereits seltsam an, wenn der Beschuldigte für diese Phase geltend macht, er sei in einer Art Schock gewesen und zum Parkplatz davongestürmt, nachdem es erstmals zur Eskalation gekommen sei und der Privatkläger herumgeschrien habe. Hätte sich der Beschuldigte einer weiteren Eskalation entziehen wollen, so wäre es ihm offen gestanden, nach Hause zurückzukehren. Aufgrund seines Entschlusses, nicht nach Hause zurückzukehren, sondern weiter in die entgegengesetzte Richtung zum Auto der Privatkläger zu marschieren, um dort auf sie zu warten, erscheint der Beschuldigte vielmehr als Aggressor, der nicht an einer Deeskalation interessiert war, sondern im Gegenteil die weitere Konfrontation suchte, zumal sich dieses Verhalten gut mit dem vorerwähnten Gemütszustand des Beschuldigten in Einklang bringen lässt, der im Laufe der Vorgänge immer wütender wurde (vgl. vorne Ziffer 3.5.2.). Vor diesem Hintergrund scheint es grundsätzlich denn auch schlüssig, dass er dem Privatkläger gegenüber die Worte ich schlah dich ab, ich schlah dich ab äusserte, nachdem dieser beim Auto angekommen war.
Wenn sich der Beschuldigte in diesem Zusammenhang pauschal auf den Standpunkt stellt, er habe die relevante Äusserung nicht getätigt, belastet ihn das selbstredend noch nicht. Dennoch sind die kargen Aussagen des Beschuldigten für den Zeitraum, in welchem die drohenden Äusserungen getätigt worden sind, auffällig, zumal der Beschuldigte für diesen Zeitraum lediglich seine Beobachtungen der anderen Beteiligten zu Protokoll gibt, während er über sein eigenes Verhalten schweigt (Urk. 4/3 S. 13).
Die trotzige und spontane Entgegnung des Privatklägers gegenüber dem Beschuldigten mit dem Wortlaut dänn schlah mi doch wirkt demgegenüber durchaus lebensnah, zumal der Privatkläger einräumt, dieser Bemerkung habe etwas Provokantes angehaftet. Namentlich deutet aber diese Entgegnung darauf hin, dass die Äusserung des Beschuldigten tatsächlich gefallen sein muss, da sie ansonsten keinen Sinn machen würde. Allerdings kann, wie bereits die Vorinstanz zu Recht festhielt (Urk. 45 S. 20), aus dieser Trotzreaktion keineswegs hergeleitet werden, dass der Privatkläger die Äusserung des Beschuldigten nicht ernstge- nommen hat. Vielmehr musste der Privatkläger aufgrund der Umstände, welche der Äusserung vorangingen (Schlag mit der Tasche sowie beharrliche Verfolgung bis zum Auto) von einer ernsthaften Androhung ausgehen, so dass seiner Entgegnung nebst der Trotzkomponente auch durchaus eine nachvollziehbare Verzweiflungskomponente innewohnt. Die vom Privatkläger beschriebenen Ängste, die er aufgrund der Äusserung verspürte (vgl. Urk. 4/3 S. 5; Urk. 5/1 S. 4), muten demnach durchaus echt an und erwecken nicht den Anschien einer Simulation.
3.6.5 Zusammengefasst ist demnach anklagegemäss erstellt, dass der Beschul- digte gegenüber dem Privatkläger zumindest mit den Worten ich schlah dich ab, ich schlah dich ab begegnete, als dieser bei seinem Fahrzeug ankam, worauf dieser in der Folge befürchtete, der Beschuldigte werde seine entsprechende Äusserung auch tatsächlich in die Tat umsetzen.
Kopfstoss des Beschuldigten gegenüber dem Privatkläger
Der Beschuldigte macht diesbezüglich geltend, dass er dem Beschuldigten keinen Kopfstoss versetzt habe, sondern es sich vielmehr umgekehrt verhalten habe. Dieses Vorbringen erstaunt schon deshalb, weil der Privatkläger selbst den Angaben des Beschuldigten zufolge bis zu diesem Zeitpunkt nichts getan hatte, was ansatzweise darauf gedeutet hätte, dass er sich körperlich betätigen, geschweige denn den Beschuldigten aktiv angreifen werde. Im Gegenteil hat sich der Privatkläger auch gemäss Angaben des Beschuldigten passiv verhalten und ist ihm ausgewichen bzw. von ihm weggegangen. Ohne einen konkreten Anlass, der den Privatkläger zum Umdenken gebracht hätte, ist ein derartiger Bruch im
Geschehensablauf nur schwer vorstellbar. Nachdem der Beschuldigte aber nichts dergleichen vorbringt, lässt sich diese angebliche Aggression des Privatklägers kaum stimmig in das Restgeschehen einordnen.
Zu berücksichtigen ist hinsichtlich der Umstände des vorgeworfenen Kopfstosses sodann, dass der Beschuldigte, nachdem er dem Privatkläger bereits bis zum Parkplatz nachgestellt hatte, auch dort nicht von ihm abliess. Die Privatklägerin schildert anschaulich, wie der Beschuldigte in der Folge vor der Beifahrertüre auftauchte, so dass der Privatkläger zwischen dem Beschuldigten und der Beifahrertüre zu stehen kam. Der Privatkläger sei dann vorne um das Auto herum zur Fahrertüre gegangen, während der Beschuldigte ihn verfolgt und nicht zugelassen habe, dass er einsteigen konnte, indem er ihn körperlich nach hinten in Richtung des Fahrzeughecks drängte (Urk. 5/2 S. 2 F/A 7; Urk. 5/3 S. 9 F/A 45). Der Einwand der Verteidigung, dass die Privatklägerin gar nicht habe sehen können, dass der Privatkläger nach hinten abgedrängt wurde (Urk. 33
S. 12), überzeugt nicht, zumal die Sicht aus dem Fenster bei der Fahrertüre nicht eingeschränkt war und offensichtlich ist, dass eine Person auf dem Beifahrersitz auch das Geschehen knapp hinter der Fahrertüre beobachten kann. Auf die eingeschränkte Sicht von den vorderen Sitzen wies die Privatklägerin zudem auf eigene Initiative und von Beginn weg selber hin, was zur Glaubhaftigkeit ihrer entsprechenden Aussagen beiträgt. Ebenso legte die Privatklägerin nachvollziehbar dar, dass sie sich Sorgen gemacht habe und aus dem Wagen gestiegen sei, gerade weil sie den abgedrängten Privatkläger wegen der Kopfstützen mit der Zeit nicht mehr gesehen habe (Urk. 5/3 S. 8 F/A 43). Schliesslich befand sich der Beschuldigte auch gemäss seinen eigenen Ausführungen mit dem Privatkläger hinter der Fahrertüre, als es zum Kopfstoss gekommen sei (Urk. 4/3 S. 16). Der Privatkläger weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass D. und die Privatklägerin bereits ins Auto gestiegen waren und er die Örtlichkeiten mit ihnen so schnell wie möglich verlassen wollte. Es gab für ihn mithin keinen Grund, sich an der Fahrertüre vorbei zum Heck des Wagens zu bewegen, weshalb die einzige plausible Erklärung für sein Verhalten ist, dass der Beschuldigte ihn weiter körperlich bedrängte, während er sich dem Beschuldigten versuchte zu entziehen, indem er von der Fahrertüre in die Richtung des
Fahrzeughecks bzw. der Mauer auswich. Die lapidare Erklärung des Beschuldigten, weshalb der Privatkläger an der Fahrertüre vorbei zur Mauer hätte gehen sollen, trägt demgegenüber nicht zur Glaubhaftigkeit seiner Aussagen bei (Urk. 4/3 S. 20): Warum er das gemacht hat, weiss ich nicht. Das muss er selbst wissen. Wie ich zu Protokoll gegeben habe, ich ging ihm nach, er ging Richtung Kofferraum. Etwa auf Höhe Kofferraum kam es zum Kopfschlag. Diese erstellte Vorgeschichte ist aber als Indiz für seinen darauffolgenden Kopfstoss zu werten, weil sich dieser nahtlos in den Geschehensablauf einfügt.
Ebenfalls nicht zur Glaubhaftigkeit der Ausführungen des Beschuldigten betreffend den Kopfstoss trägt sodann bei, dass er bereits acht Wochen nach der Tat erklärte, er könne sich nicht mehr an die Umstände des Kopfstosses erinnern. Insbesondere erwähnte er – anders als anlässlich seiner ersten Einvernahme – nichts mehr davon, dass er vom Privatkläger unmittelbar vor dem Kopfstoss von vorne an der Jacke gepackt worden sei, was insofern erstaunlich anmutet, als damit das Kerngeschehen angesprochen wird. Wenn der Beschuldigte weiter ausführt, es sei für ihn eine dramatische Situation gewesen, weshalb er sich auf sich selber konzentriert habe, so erstaunen diese Ausführungen insofern, als es auch gemäss den Aussagen des Beschuldigten er selber war, der den Privatkläger kurz vor dem Kopfstoss verfolgt hatte, so dass er offenbar die Kontrolle über das Geschehen hatte.
Ob es für eine grössere Person einfacher ist, einer kleineren Person einen Kopfstoss zu versetzen, wie die Vorinstanz mutmasst (vgl. Urk. 45 S. 23), kann vor dem Hintergrund des soeben Ausgeführten offen bleiben, zumal diesem Aspekt angesichts des geringen Grössenunterschiedes der beiden Kontrahenten vorliegend kaum eine relevante Bedeutung zukommt.
Den Schlussfolgerungen, welche die Vorinstanz aus dem ärztlichen Bericht sowie den aktenkundigen Fotographien des Privatklägers zieht, ist insofern zuzustimmen, als grundsätzlich keine Zweifel daran bestehen, dass der Beschuldigte anlässlich der Vorfälle die aktenkundigen Verletzungen erlitt und einige Tage nach dem Vorfall noch unter Schmerzen litt (vgl. Urk. 45 S. 23). Entgegen der Verteidigung deutet nichts darauf hin, dass der Privatkläger
bewusst einen schwereren Verlauf geltend zu machen versuchte, denn die Verteidigung lässt aussen vor, dass der Privatkläger die in der Anklage umschriebenen Schmerzen (insbesondere Kopf- und Nackenschmerzen) spontan
– nicht auf Nachfrage – äusserte und diverse Beschwerden (namentlich Erbrechen, Hörstörungen, Schlafstörungen) – auf Nachfrage – verneinte. Des Weiteren leuchtet nicht ein, inwiefern die Tatsache, dass der Privatkläger (unbekannte) geplante Tätigkeiten nach dem Ereignis verrichten konnte (vgl. Urk. 7/2 S. 1), den beschriebenen Symptomen widersprechen würde (vgl. Urk. 33
S. 9). Fraglich ist indes, woher die mehrtägigen Beeinträchtigungen in Form von Schmerzen im Nackenbereich (im Sinne eines Schleudertraumas) rührten. Als der Privatkläger anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme gefragt wurde, welche Verletzungen er beim Schlag mit der Einkaufstasche erlitten habe, gab er an (Urk. 4/3 S. 7): Ich hatte hier eine Rötung, die anderen Sachen, das ist schwer zu sagen. Kopfweh, Nackenschmerzen, da kann ich nicht mehr sagen, wovon. Damit ist festzuhalten, dass auch der Privatkläger nicht eruieren konnte, wodurch die später verspürten Beschwerden im Nackenbereich ausgelöst worden waren. Das überrascht nicht, wenn man berücksichtigt, dass Schmerzen im Nackenbereich nicht zwingend unmittelbar nach einem Unfallereignis auftreten müssen und der Privatkläger solche auch erst einige Stunden später geltend machte (vgl. Urk. 7/2 S. 2). Der ärztliche Bericht hält diesbezüglich denn auch einzig fest, die erlittenen Verletzungen/Beschwerden seien plausibel für den geschilderten Angriff (Urk. 7/4 S. 1). Aus dem ärztlichen Dokumentationsbogen vom 5. Dezember 2019 erhellt sodann, dass der Privatkläger gegenüber der Ärztin sowohl den Schlag mit der Tasche als auch den Kopfstoss schilderte (vgl. Urk. 7/2 S. 1), womit sich auch insofern nicht eruieren lässt, ob die damals festgestellten Schmerzen im Nackenbereich die Folge des Kopfstosses des Schlages mit der Einkaufstasche waren. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Einkaufstasche gemäss den glaubhaften Vorbringen des Privatklägers insofern über beträchtliches Gewicht verfügte, als darin verschiedene Geschenke (u.a. Knetdosen, Schneekugeln, Spielzeugautos) enthalten waren. Da er seinen Rücken dem Beschuldigten zugewandt hatte, traf ihn die Einkaufstasche völlig unvorbereitet am Kopf, was die Beschleunigung des Kopfes und die Entstehung
eines Schleudertraumas offensichtlich begünstigt hätte. Dass beim Kopfstoss eine Prellmarke entstand und der Privatkläger sich dabei auf die Lippen biss, kann ebenfalls nicht zum Schluss führen, dass die Schmerzen im Nackenbereich vom Kopfstoss herrühren müssen.
Im Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass nicht mit rechtsgenügender Sicherheit festgestellt werden kann, dass die Schmerzen im Nackenbereich vom Kopfstoss des Beschuldigten herrührten, zumal dieser vom Privatkläger nicht als heftig beschrieben wird. Ebenso gut hätten diese Schmerzen vom Schlag mit der schwerer Einkaufstasche herrühren können, welcher aufgrund der beschriebenen Umstände eher zu einer Beschleunigung des Kopfes führte und damit als geeig- net erscheint, während einigen Tagen zu Schmerzen im Nackenbereich zu führen. In zuverlässiger Weise als ursächlich durch den Kopfstoss bewirkt lässt sich damit einzig die Prellmarke an der Stirn sowie die Rissquetschwunde durch den Biss auf die Unterlippe erstellen.
Äusserung gegenüber der Privatklägerin
Die Privatklägerin schildert die Umstände, unter denen es zur eingeklagten Äusserung gegenüber der Privatklägerin gekommen ist, in beiden Einvernahmen identisch (Urk. 5/2 S. 3 F/A 7; Urk. 5/3 S. 9 f. F/A 49-56): Nachdem sie aus dem Auto gestiegen sei, habe sie versucht, sich dem Beschuldigten in den Weg zu stellen, währenddessen sie den Privatkläger aufgefordert habe, die Möglichkeit zu nutzen und in das Auto zu steigen. Sie habe dabei dem Privatkläger zu verstehen gegeben, dass er sie zurücklassen soll und sie in der Folge die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen werde. Nachdem der Privatkläger dann im Auto gewesen sei, habe sie ihm erneut gahn zugerufen und ihm mit den Händen gedeutet, er solle wegfahren. Als der Privatkläger schliesslich weggefahren sei, habe der Beschul- digte ihr gegenüber den Ausdruck du Dräcksfotze gebraucht, worauf sie ihm entgegnet habe: Hüt bisch zwiit gangä, das git ä Azeig, woraufhin der Beschuldigte entgegnet habe: Äs staht e dies wort gegä miis.
Diesbezüglich erscheint angesichts der vorhergehenden Ereignisse durchaus schlüssig, dass sich der Beschuldigte in seiner Wut auch der Privatklägerin
zuwendete, nachdem er realisiert hatte, dass der Privatkläger, gegen den sich seine Aggressionen primär gerichtet hatten, weggefahren war und sich ihm auch dank der Privatklägerin endgültig entzogen hatte, ohne dass er sein Ziel, den Kalender zurückzugeben, erreicht hatte. Demgegenüber erscheint die entsprechende Darstellung der Geschehnisse durch den Beschuldigten offensichtlich lückenhaft, wenn er geltend macht, dass er gegenüber der Privatklägerin nichts geäussert habe, sondern nach dem Kopfstoss (des Privatklägers) schockiert gewesen und fluchtartig nach Hause gegangen sei (Urk. 4/1 S. 2 F/A 9; Urk. 4/3
S. 13 f.). Die Flucht des Privatklägers in Zurücklassung der Privatklägerin wäre nämlich gar nicht nötig gewesen, wenn der Beschuldigte die Örtlichkeit nach dem Kopfstoss fluchtartig verlassen hätte. Die von beiden Privatklägern einhellig geschilderten Interaktionen mit dem Ablenkungsmanöver der Privatklägerin weisen vielmehr darauf hin, dass der Beschuldigte nach dem Kopfstoss immer noch vor Ort war und sich seine Aggression nunmehr gegen die Privatklägerin wendete.
Unbehelflich ist schliesslich der Einwand der Verteidigung, dass nicht von einer spontanen Schilderung auszugehen sei, weil die Privatklägerin ihren Strafantrag erst Anfang Januar, mithin einen Monat nach dem Vorfall, gestellt habe (Urk. 69 S. 8 f.). Zwar wurde der Strafantrag in der Tat (erst) am 7. Januar 2019 unterzeichnet (Urk. 2), doch schilderte die Privatklägerin den Behörden die Äusserung des Beschuldigten bereits am 20. Dezember 2019, das heisst bereits rund zwei Wochen nach dem Vorfall (vgl. Urk. 5/2 S. 3 F/A 7).
Fazit
Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass der strittige Sachverhalt abgesehen von der Ursache der Schmerzen im Nackenbereich vollumfänglich erstellt ist. Namentlich hat der Beschuldigte dem Privatkläger demzufolge zu Beginn der Auseinandersetzung die Einkaufstasche schwungvoll an die rechte Gesichtshälfte geschlagen, wodurch sich der Privatkläger zumindest eine Rötung an der rechten Schläfe zuzog (Urk. 6 S. 3). In der Folge äusserte er sich gegenüber dem Privatkläger insbesondere mit den Worten ich schlah dich ab, ich schlah dich ab, wodurch er den Privatkläger verängstigte. Ferner stiess der
Beschuldigte seine Stirn gegen das Gesicht des Privatklägers, wodurch sich dieser zumindest eine gut sichtbare Prellmarke bzw. Beule an der Stirn zuzog und sich zudem auf die Unterlippe biss (Urk. 6 S. 2), so dass die Lippe blutete und er noch mehrere Tage Schmerzen an der Nase und im Mund verspürte. Gegenüber der Privatklägerin gebrauchte der Beschuldigte schliesslich die Worte du Dräcksfotze, was diese zur Äusserung veranlasste, er sei diesmal zu weit gegangen und werde angezeigt.
Einfache Körperverletzung
Betreffend den Tatbestand der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann in theoretischer Hinsicht auf die korrekten Erwägungen im vorinstanzlichen Urteil verwiesen werden (Urk. 45 S. 26). Zur Präzisierung und Abgrenzung ist festzuhalten, dass nicht auf den Tatbestand der einfachen Körperverletzung, sondern auf den der Tätlichkeiten zu erkennen ist, wenn Schürfungen, Quetschungen blaue Flecken offensichtlich so harmlos sind, dass sie in kürzester Zeit vorübergehen und ausheilen (vgl. BGE 119 IV 25
= Pra 1993 Nr. 17). Allerdings hat das Bundesgericht den Anwendungsbereich der Körperverletzung in seiner jüngeren Praxis zu Lasten von Art. 126 StGB nicht unerheblich ausgedehnt. Als Tätlichkeiten sind seither tendenziell lediglich noch körperliche Einwirkungen einzustufen, welche keine erheblichen Schmerzen ver- ursachen (ROTH/KESHELAVA, BSK StGB I N 5 zu Art. 126 StGB m.H.a. BGE 119
IV 1 und 25). Im Rahmen der Abgrenzung zwischen der Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB und der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB bzw. deren leichtem Fall im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB kommt dem Gericht ein erheblicher Ermessensspielraum zu, wobei nicht nur auf die objektiven Verletzungsfolgen, sondern auf die gesamten Umstände der Tat abzustellen ist (BGE 127 IV 59. E. 2.).
Gemäss den vorstehenden Ausführungen lassen sich lediglich noch die Verletzungen an der Stirn in Form einer gut sichtbaren Prellmarke bzw. Beule an
der Stirn sowie an der Unterlippe des Privatklägers eindeutig als Folge des inkriminierten Kopfstosses einordnen. Zudem ist erstellt, dass die Unterlippe blutete und der Privatkläger noch einige Tage Schmerzen an der Nase und im Mund verspürte (vgl. vorstehend Ziff. III./3.7.6.). Diese körperlichen Beeinträchtigungen des Privatklägers erreichen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung jedoch ebenfalls noch die Schwelle der einfachen Körperverletzung, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil es sich um ein relativ rüdes Vorgehen des Beschuldigten gegen den sensiblen Kopfbereich handelte, welcher notorischerweise überdurchschnittlich schmerzempfindlich ist. Allerdings liegt angesichts des Verletzungsbildes noch ein leichter Fall im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB vor, zumal zu Gunsten des Beschuldigten von einem relativ leichten Kopfstoss auszugehen ist und in Bezug auf den subjektiven Tatbestand keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er seinen Kontrahenten erheblicher verletzen wollte bzw. dergleichen in Kauf genommen hätte.
Drohung
In Bezug auf die Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB hat die Vorinstanz die theoretischen Grundlagen des Tatbestandes korrekt dargestellt, worauf verwiesen werden kann (Urk. 45 S. 27; Art. 82 Abs. 4 StPO). Zu ergänzen ist, dass im Rahmen der Beurteilung der notwendigen Schwere der Drohung auf das Empfinden eines vernünftigen Menschen mit einigermassen normaler psychischer Belastbarkeit abzustellen ist (BGE 99 IV 212, E. 1a). Des Weiteren ist nicht nur die Äusserung isoliert zu betrachten, sondern es sind auch die Umstände des täterseitigen Vorgehens in die Beurteilung einzubeziehen (DELNON/RÜDY, BSK StGB II, 4. Aufl., N 19 zu Art. 180 StGB).
Die eingeklagte Äusserung ich schlah dich ab, ich schlah dich ab ist vor diesem Hintergrund mit der Vorinstanz in objektiver Hinsicht durchaus als schwere Drohung im Sinne des Gesetzes zu beurteilen. Eine solche Ankündigung massiver körperlicher Gewalt (nicht nur ich schlage dich, sondern ich schlage dich ab als Steigerungsform) ist regelmässig dazu geeignet, beim Adressaten eine starke Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls hervorzurufen, zumal in casu auch die gesamten Umstände des täterseitigen Vorgehens zu berücksichtigen
sind, wonach der Beschuldigte durch seinen tätlichen Übergriff mit der Einkaufstasche seine Gewaltbereitschaft gegenüber dem Adressaten bereits unter Beweis gestellt hatte und zudem auch im Zeitpunkt der Äusserung äusserst aggressiv auftrat, indem er den Privatkläger auf den Parkplatz verfolgte (vgl. Urteil 6S.252/2005 vom 1. Oktober 2005, E. 8.1., welchem der Sachverhalt zugrunde lag, dass der Beschuldigte dem Geschädigten mit ich schlage dir deine Fresse ein drohte, nachdem er diesen zuvor mit dem Fahrzeug verfolgt und ihn zum Anhalten gezwungen hatte sowie wutentbrannt auf diesen zugekommen war). Entsprechend grosse Ängste löste die Äusserung des Beschuldigten in der Folge denn auch beim Privatkläger aus, weshalb sein Verhalten ohne Weiteres als (vollendete) Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB zu qualifizieren ist.
Beschimpfung
Im Weiteren hat sich der Beschuldigte, als er die Privatklägerin als Dräcksfotze bezeichnet hat, mit der Vorinstanz auch der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Bei einer solchen Titulierung handelt es sich um einen überaus derben Ausdruck, der ohne Weiteres geeignet ist, eine weibliche Person in ihrem Ehrgefühl nachhaltig zu beeinträchtigen, was insbesondere auch die Reaktion der Privatklägerin belegt, welche dem Beschuldigten erwiderte, diesmal sei er zu weit gegangen und werde angezeigt.
Tätlichkeiten
In Bezug auf den inkriminierten Schlag mit der Einkaufstasche gegen den Kopf des Privatklägers ist schliesslich festzuhalten, dass dieser zwar recht heftig war, letztlich aber als Folge davon lediglich eine leichte Rötung im Bereich der Schläfe nachweisbar ist, was noch als Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB zu gelten hat. Es ist zwar durchaus möglich, dass auch die persistierenden Nackenschmerzen von diesem Schlag stammen, doch sind diesbezüglich solche Folgen weder angeklagt noch rechtsgenügend als kausal nachgewiesen. Im Übrigen liesse sich eine insofern im Raum stehende Verurteilung wegen Körperverletzung vorliegend ohnehin nicht mit dem Verbot der reformatio in
peius in Einklang bringen, nachdem lediglich der Beschuldigte gegen den vorinstanzlichen Entscheid in Berufung gegangen ist.
Fazit
Der Beschuldigte ist nach dem Gesagten in zweiter Instanz – nebst der bereits rechtskräftigen Verurteilung wegen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB betreffend das Spucken gegen das Gesicht – auch der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB, der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB sowie der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB betreffend den Schlag mit der Tasche schuldig zu sprechen.
Grundlagen / Strafart
Die Vorinstanz hat die Grundlagen der Strafzumessung korrekt wiedergegeben und insbesondere die konkreten Strafzumessungsregeln betreffend die Gesamtstrafenbildung umfassend rezitiert (Urk. 45 S. 31 f.).
Wenn sie in der Folge bezüglich der Strafart erwägt, dass hinsichtlich der Vergehen des Beschuldigten eine Geldstrafe auszusprechen ist, so ist dies vor dem Hintergrund des Primats der Geldstrafe im Strafrahmenbereich bis 180 Tagessätze nicht zu beanstanden (BGE 134 IV 97, E. 4.2.2). Es sind beim nicht vorbestraften Beschuldigten keine Umstände ersichtlich, welche aufgrund von Zweckmässigkeitsüberlegungen bzw. der präventiven Effizienz für die Aussprechung einer kurzen Freiheitsstrafe sprechen würden, zumal er durchaus in der Lage ist, eine Geldstrafe zu bezahlen (vgl. Art. 41 Abs. 1 lit. a und b StGB).
Tatkomponente
Hinsichtlich des Tatverschuldens betreffend die Körperverletzung kann in objektiver Hinsicht auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 45
S. 32). Sie verweist hier zutreffend auf die relativ leichte Verletzung knapp oberhalb der der Schwelle zur Tätlichkeit, ohne die Tat in der Folge indessen rechtlich als leichten Fall zu qualifizieren, was vorliegend korrigiert wurde (vgl. vorne Ziffer IV./1.). In Berücksichtigung der Strafmilderung für den leichten Fall ergibt sich keine Erhöhung des objektiven Tatverschuldens im Rahmen der subjektiven Aspekte. Vielmehr erscheint in Anbetracht der längeren Vorgeschichte des Konflikts mit beiderseitigen Provokationen eine moderate Reduzierung angezeigt, welche das Gesamtverschulden noch als leicht erscheinen lässt, wofür sich eine Einsatzstrafe von 90 Tagessätzen rechtfertigt.
Bei der Äusserung des Beschuldigten ich schlah dich ab, ich schlah dich ab handelt es sich angesichts anderer vorstellbarer Drohungen um eine solche generischer Art, welche die Grenze zum Strafbaren nur relativ knapp überschreitet. Indes sind die Umstände, unter denen der Beschuldigte die Drohungen ausstiess, in die Beurteilung der objektiven Tatschwere mit einzubeziehen. Berücksichtigt man die vorangehende Verfolgung bis auf den Parkplatz und das – unbesehen von der Frage der Strafbarkeit – körperlich bedrängende Verhalten auf dem Parkplatz, lässt dies die Drohung für den Privatkläger schwerer erscheinen, was bei ihm auch entsprechend konkrete Ängste auslöste. Wenn die Vorinstanz im Rahmen ihrer (diesbezüglich sehr knappen) Begründung mithin – zumindest implizit – von einer separaten Strafe von 20 Tagessätzen betreffend die Drohung ausgeht (Urk. 45 S. 33), so erscheint dies in Berücksichtigung dieser Aspekte zu tief. Entgegen der Vorinstanz sind in subjektiver Hinsicht jedoch keine straferhöhenden Faktoren erkennbar (vgl. Urk. 45 S. 33), vielmehr ist auch in Bezug auf die Drohung der länger schwelende Konflikt zwischen den Parteien moderat strafmindernd zu berücksichtigen. Es erscheint damit in zweiter Instanz eine hypothetische Strafe betreffend die Drohung von 60 Tagessätzen angemessen.
Mit der Vorinstanz ist betreffend die Beschimpfung festzuhalten, dass es sich bei der Äusserung du Dräcksfotze nicht um eine besonders schwere Beschimpfung mit wenig individuellem Charakter handelt. Eine besondere Betroffenheit der Privatklägerin lässt sich denn auch nicht erkennen, zumal sich ihre Erwiderung gegenüber dem Beschuldigten, dieses Mal zu weit gegangen zu sein, sicherlich auch auf die vorangegangenen Vorfälle betreffend den Privatkläger
bezog. Es erweist sich demnach eine isolierte Einzelstrafe von 20 Tagessätzen als angemessen.
Die Drohung und Beschimpfung stehen trotz der Tatsache, dass sie sich gegen zwei verschiedene Adressaten richteten, zeitlich, sachlich und situativ in einem engen Zusammenhang, was sich bei der Asperation im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB zu Gunsten des Beschuldigten auszuwirken hat.
Aufgrund der Tatkomponente ist die Strafe nach dem Gesagten mithin auf insgesamt 130 Tagessätze festzusetzen.
Täterkomponente
Der Beschuldigte lebt mit der Ex-Partnerin des Privatklägers zusammen und hat zwei gemeinsame Kinder (geb. 2019 und 2021) mit ihr. Die Tochter seiner Partnerin (und gleichzeitig jene des Privatklägers) lebt ebenfalls im selben Haushalt. In beruflicher Hinsicht ist der Beschuldigte gegenwärtig als Zimmermann tätig und verdient netto Fr. 4'500.– monatlich, während seine Partnerin ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 700.– erzielt (Urk. 58). Der Beschuldige verfügt weder über Schulden noch über Vermögen und ist nicht vorbestraft (Urk. 66; 68 S. 4).
Die Lebensgeschichte und die Lebensumstände des Beschuldigten wirken sich weder zu seinen Gunsten noch zu seinen Lasten auf die Strafzumessung aus. Wenn die Vorinstanz die lang andauernde Konfliktsituation zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger im Rahmen der Täterkomponente erneut strafmindernd veranschlagt, nachdem sie dies schon im Rahmen der subjektiven Tatschwere tat (vgl. Urk. 45 S. 32), so liegt eine begünstigende Doppelverwertung eines Strafzumessungsfaktors vor: Bei der Frage, inwiefern der schwelende Konflikt im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, geht es im Kern um die Frage, wie dem Beschuldigten die objektive Tatschwere anzurechnen ist und ob aufgrund der Vorgeschichte Umstände vorliegen, die sein Verhalten in einem günstigeren Licht erscheinen lassen. Dem Umstand der konfliktbehafteten Beziehung ist daher alleine im Rahmen der Tatkomponente Rechnung zu tragen. In
Bezug auf die durch Spucken begangenen Tätlichkeiten ist sodann das frühe Geständnis des Beschuldigten in deutlich strafmindernder Hinsicht zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Täterkomponente strafzumessungsneutral zu gewichten, nachdem der Beschuldigte einerseits durch keine eingetragenen Vorstrafen belastet ist und er andrerseits im gesamten Verfahren keine weiteren Zugeständnisse gemacht Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt hat.
Nach dem Gesagten erscheint es auch unter Berücksichtigung der Täterkomponente angemessen, den Beschuldigten betreffend die heute zu beurteilen- den Vergehen mit einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu bestrafen.
Tagessatzhöhe
Die Vorinstanz hat die Tagessatzhöhe gestützt auf das damalige Nettoeinkommen von Fr. 4'024.80 (inkl. 13. Monatslohn) und unter Berücksichtigung der Unterhaltspflichten des Beschuldigten auf Fr. 80.– festgelegt (Urk. 45 S. 34). Aufgrund der nur unwesentlich veränderten finanziellen Verhältnisse und mit Blick auf die gesamten Umstände rechtfertigt es sich, die Tagessatzhöhe auch im Berufungsverfahren auf Fr. 80.– zu belassen.
Tätlichkeiten
In Bezug auf das Spucken und den Schlag mit der Einkaufstasche erweist sich in objektiver Hinsicht die vorinstanzliche Busse von insgesamt Fr. 1'000.–, selbst wenn es sich um wenig schwere Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit handelt, als eher mild. Nachdem aber einzig der Beschuldigte ein Rechtsmittel ergriffen hat, ist die Busse in Nachachtung des Verschlechterungsverbot in zweiter Instanz zu bestätigen.
Vollzug
Der Vollzug der Geldstrafe ist angesichts der Ersttäterschaft des Beschul- digten und seiner nach wie vor andauernden beruflichen Integration ohne Weiteres in Anwendung von Art. 42 Abs. 1 StGB und Art. 44 Abs. 1 StGB bei einer mi- nimalen Probezeit von 2 Jahren aufzuschieben.
Demgegenüber ist die dem Beschuldigten auferlegte Busse aufgrund des Gesetzes zwingend zu bezahlen (vgl. Art. 105 Abs. 1 StGB).
Fazit
Der Beschuldigte ist nach dem Gesagten mit einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu Fr. 80.– sowie mit einer Busse von Fr. 1'000.– zu bestrafen, was im Ergebnis der Bestrafung durch die Vorinstanz entspricht.
Die Geldstrafe ist bei einer Probezeit von 2 Jahren aufzuschieben, während die Busse zu bezahlen ist, wobei für den Fall der Nichtbezahlung der Busse
gestützt auf Art. 106 Abs. 2 StGB eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen festzulegen ist.
Grundlagen
Zu den rechtlichen Grundlagen der Beurteilung des gestellten Genugtu- ungsbegehrens kann vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden (Urk. 45 S. 36; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Beurteilung
Der Privatkläger, der vom Beschuldigten über eine längere Zeitdauer bedrängt und dabei unter anderem mehrfach tätlich angegangen wurde, hat im Einklang mit der Beurteilung der Vorinstanz eine genügend schwere Verletzung in seinen persönlichen Verhältnissen erlitten, um mit Erfolg eine Genugtuung für seine Unbill geltend machen zu können. Wenn die Erstinstanz die Höhe der Ge- nugtuung in der Folge auf den Betrag von Fr. 400.– festgesetzt hat, so erweist sich diese Summe sicherlich nicht als zu hoch. Eine Erhöhung dieses Betrages verbietet sich im Übrigen bereits deshalb, weil der Privatkläger das vorinstanzliche Urteil unangefochten liess.
Das erstinstanzliche Urteil ist im Zivilpunkt mithin ohne Weiteres zu bestätigen.
Erstinstanzliches Verfahren
Das Berufungsverfahren bestätigt das vorinstanzliche Urteil im Schuldpunkt weitestgehend, wobei lediglich in Bezug auf den Kopfstoss eine abweichende rechtliche Würdigung erfolgt. Der Beschuldigte hat demnach die Kosten für die Untersuchung und das erstinstanzliche Verfahren vollumfänglich zu tragen, was
zur Folge hat, dass eine Entschädigung für seine erbetene Verteidigung ausser Betracht fällt.
Entsprechend seiner Kostentragungspflicht hat der Beschuldigte auch den Rechtsvertreter des Privatklägers für das erstinstanzliche Verfahren angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 433 StPO). Das Urteil der Vorinstanz ist mithin auch in diesem Punkt nicht zu korrigieren, zumal die Höhe der zugesprochenen Entschä- digung in zweiter Instanz nicht beanstandet wurde.
Die im angefochtenen Entscheid angeordnete Kosten- und Entschädigungsregelung (Dispositivziffern 5 + 7) ist demnach in zweiter Instanz vollumfänglich zu bestätigen (vgl. Art. 426 StPO). Der heute gestellte Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Entschädigung für die teilweise erbetene Verteidigung vor Vorinstanz ist demzufolge abzuweisen.
Berufungsverfahren
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Inwiefern eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre in zweiter Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (Urteil 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015, E. 2.4.1.).
Die Entscheidgebühr im zweitinstanzlichen Verfahren ist auf Fr. 3'000.– zu veranschlagen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 lit. b GebV OG).
Der Beschuldigte vermag sich in zweiter Instanz mit seinem Antrag auf (teilweisen) Freispruch nicht durchzusetzen und erreicht lediglich eine Präzisierung des Schuldpunktes in rechtlicher Hinsicht. Mit Bezug auf den Straf- und Zivilpunkt ergibt sich ebenfalls keine Verbesserung seiner Position. Es rechtfertigt sich demzufolge im Berufungsverfahren keine teilweise Kostenübernahme durch den Staat. Vielmehr hat der Beschuldigte auch die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten vollumfänglich selber zu tragen, dies mit Ausnahme der Entschädigung der amtlichen Verteidigung, welche unter
Rückzahlungsvorbehalt einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen ist (Art. 135 Abs. 4 StPO).
Die Verteidigung des Beschuldigten macht für ihre Aufwendungen und Barauslagen im Berufungsverfahren den Betrag von Fr. 7'307.00 geltend (Urk. 71). Diese Aufwendungen sind ausgewiesen und das geltend gemachte Honorar steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung. Unter Berücksichtigung des bereits einberechneten Aufwandes für die Berufungsverhandlung (inkl. Weg und Nachbesprechung mit dem Klienten) erscheint es mithin angemessen, die amtliche Verteidigung mit Fr. 7'300.– (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse zu entschädigen.
Die Kosten der zweitinstanzlichen amtlichen Verteidigung sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten bleibt.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom 25. Oktober 2021 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
- (…)
- (…)
- der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB betreffend das Spucken gegen das Gesicht
- (…)
Vom Vorwurf der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB wird der Beschuldigte freigesprochen.
3. (…)
4. (…)
5. (…)
6. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist zudem schuldig
der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB,
der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB,
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB sowie
der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB betreffend den Schlag mit der Tasche.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu Fr. 80.– sowie mit einer Busse von Fr. 1'000.–.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger B.
Fr. 400.– als
Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Das erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsdispositiv (Dispositiv- Ziffern 5 + 7) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 7'300.– amtliche Verteidigung.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Der Antrag der Verteidigung auf Zusprechung einer Entschädigung für die erbetene Verteidigung wird abgewiesen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (versandt)
die Vertretung des Privatklägers B. handen des Privatklägers (versandt)
die Privatklägerin C. (versandt)
im Doppel für sich und zu (Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland
die Vertretung des Privatklägers B. handen des Privatklägers
im Doppel für sich und zuund nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Zürich, 31. August 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Wenker
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Dharshing
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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