Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220079 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 29.08.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Versuchten Raub etc. |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Schuldigten; Beschuldigten; Landes; Asservat-Nr; Staat; Landesverweisung; Urteil; Staatsanwalt; Schweiz; Staatsanwaltschaft; Berufung; Recht; Sinne; SIM-Karte; Gericht; Ausschreibung; Akten; Verordnung; Versucht; Anklage; Kanton; Kantons; IVm; Verteidigung; Prot; Beschlagnahmte; Mobiltelefon |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ; Art. 140 StGB ; Art. 144 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 25 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 5 BV ; Art. 66a StGB ; Art. 8 EMRK ; Art. 96 SVG ; |
Referenz BGE: | 137 IV 352; 142 IV 163; 144 IV 168; 144 IV 332; 145 IV 364; 146 IV 105; 147 IV 340; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220079-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Ohnjec und Ersatzoberrichterin Dr. iur. Schoder sowie Gerichtsschreiberin MLaw Boese
in Sachen
1. ...
2. A. ,
Beschuldigter, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter 2 verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X1.
gegen
Anklägerin, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungsklägerin
betreffend versuchten Raub etc.
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 23. Juli 2021 (Urk. 35) ist diesem Urteil beigeheftet.
Der Prozess Nr. DG210120-L wird mit dem vorliegenden Prozess Nr.
DG210097-L vereinigt und unter der letztgenannten Prozess Nr. weiterge- führt. Der Prozess Nr. DG210120 wird als dadurch erledigt abgeschrieben.
Auf den Anklagevorwurf gegen den Beschuldigten B. wegen mehrfa- chen Fahrens ohne Haftpflichtversicherung im Sinne von Art. 96 Abs. 2 SVG (Anklageziffer 1.1.) wird nicht eingetreten.
Das Verfahren gegen den Beschuldigten B. wegen Sachbeschädi- gung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB (Anklageziffer 1.2.) wird eingestellt.
Der Beschuldigte B. ist schuldig
des versuchten Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB (Anklageziffer 1.3.);
der Gehilfenschaft zum versuchten Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 3. Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 25 StGB
(Anklageziffer 1.1.);
des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB (Anklageziffer 1.2.);
der Gehilfenschaft zur Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1
i.V.m. Abs. 3 i.V.m. Art. 25 StGB (Anklageziffer 1.1.);
der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 7, Art. 25 und Art. 27 des Waffengesetzes und Art. 12
Abs. 1 der Waffenverordnung (Anklageziffer 1.2. und 1.3.);
des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG (Anklageziffer 1.1.).
Der Beschuldigte A. ist schuldig der Gehilfenschaft zum versuchten Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 3. Abs. 3 i.V.m. Art. 22
Abs. 1 i.V.m. Art. 25 StGB (Anklageziffer A. 1.2.).
Der Beschuldigte A. wird freigesprochen von den Vorwürfen
des versuchten Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB (Anklageziffer A. 1.1.);
der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB (Anklageziffer A. 1.1.).
Der Beschuldigte B. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 8 Jah- ren, wovon 996 Tage durch Haft erstanden sind, und einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu CHF 10. Es wird davon Vormerk genommen, dass sich der Beschuldigte B. seit dem 10. November 2020 im vorzeitigen Straf- vollzug befindet.
Die Freiheitsstrafe wird vollzogen. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufge- schoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Der Beschuldigte A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 2 Jah- ren, wovon 703 Tage durch Haft erstanden sind.
Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.
Der Beschuldigte B. wird gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB für 12 Jahre des Landes verwiesen.
Der Beschuldigte A. wird gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB für 5 Jah- re des Landes verwiesen.
Von der Ausschreibung der Landesverweisung des Beschuldigten B. im Schengener Informationssystem wird abgesehen.
Die Landesverweisung des Beschuldigten A. wird im Schengener In- formationssystem ausgeschrieben.
Die Privatklägerin O. wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg verwiesen.
Falls der Beschuldigte A. seinen Anteil an den Verfahrenskosten nicht innert drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils bezahlt, wird die Bezirksgerichtskasse angewiesen, die Republik Serbien, Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität C. [Ort in Serbien](Herr D. , MP Nr. 1, OIK NR. 2, E. [Strasse] …, C. ), rechtshilfeweise zu ersuchen, die gesperrte Vierzimmerwohnung Nr. 10 des Beschuldigten A. an der Strasse F. … in C. zu verwerten und den Erlös der Kasse des Bezirksgerichts Zürich (Konto-Nr. IBAN CH… bei der PostFinance AG, lau- tend auf Bezirksgericht Zürich, Rechnungswesen, 8004 Zürich) zu überwei- sen. Der Erlös wird zur Deckung der dem Beschuldigten A. auferleg- ten Verfahrenskosten verwendet. Ein Überschuss wird dem Beschuldigten A. auf erstes Verlangen auf ein von ihm zu bezeichnendes Konto überwiesen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 25. Februar 2020 (Akten A. , HD act. 23/1) beschlagnahmte bei der Bezirksgerichtskasse la- gernde Barschaft von CHF 2'397.75 (Belegnummer 3) wird zur teilweisen Deckung der dem Beschuldigten A. auferlegten Verfahrenskosten verwendet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 27. November 2018 (D3
act. 18/2) beschlagnahmte bei der Bezirksgerichtskasse lagernde Barschaft von CHF 1'570.70 (Belegnummer 4) wird zur teilweisen Deckung der dem Beschuldigten B. auferlegten Verfahrenskosten verwendet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 22. Februar 2018 (D3
act. 18/1) beschlagnahmte bei der Asservaten-Triage lagernde Pistole der Marke CZ Modell 70 mitsamt Magazin mit Patronen (A011'258'303, A011'259'577, A011'259'657) wird eingezogen und der Kantonspolizei Zürich, …, zur gutscheinenden Verwendung überlassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 5. Juli 2018 (HD
act. 18/5/9/2-3) sichergestellten, anlässlich der rechtshilfeweise durchgeführ- ten Hausdurchsuchung am Wohnort des Beschuldigten B. in C.
aufgefundenen und bei der Asservaten-Triage lagernden Mobiltelefone und SIM-Karten
Mobiltelefon Nokia 1208 (Asservat-Nr. A011'670'636),
Mobiltelefon Samsung ET-E1200i (Asservat-Nr. A011'670'829),
SIM-Karte ALO! mobilni (Asservat-Nr. A011'670'896),
Mobiltelefon Nokia RM-217, inkl. Speicherkarte (Asservat-Nr.
A011'670'965, A011'757'770),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'670'987),
Taxkarte/SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'671'139),
Mobiltelefon Samsung GT-E1080W (Asservat-Nr. A011'671'195),
Mobiltelefon Nokia RM-1133 (Asservat-Nr. A011'671'651),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'671'731),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'671'764),
SIM-Kartenhalter (Asservat-Nr. A011'671'822),
SIM-Kartenhalter (Asservat-Nr. A011'671'844),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'671'979),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'671'980),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'672'029),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'672'041),
SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'672'187), werden eingezogen und vernichtet.
Marke Piaggio, Modell X9 500 (Rahmennummer 5, lagernd bei der Kantons- polizei Zürich), verwertet, falls dessen Verwertung noch nicht abgeschlossen
ist. Ein allfälliger Erlös verfällt dem Staat. Sollte die Verwertung des Rollers der Marke Piaggio bereits abgeschlossen sein, wird der dazugehörende Zündschlüssel eingezogen und vernichtet.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 27. Novem-
ber 2018 (D3 act. 18/3, Position 22, 24, 29, 32) beschlagnahmten und bei der Asservaten-Triage lagernden Mobiltelefone resp. Zubehör
SlM-Karten-Blister, Sunrise, Postpaid, SlM-Karte fehlend (Asservat-Nr.
A011'258'892),
Modem Huawei, Wifi Tower Sunrise, inkl. SIM-Karte Sunrise, SIM- Karten-Nr. 6 (Asservat-Nr. A011'258'916),
Mobiltelefon Nokia TA-1010, lMEl-Nr. 7, inkl. SIM, lMSI-Nr. 8, mts (As- servat-Nr. A011'313'647),
Mobiltelefon Nokia TA-1034, lMEl-Nr. 9, 10, inkl. SlM, lMSl-Nr. 11, Ly- camobile (Asservat-Nr. A011'260'234),
werden eingezogen und vernichtet.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 25. Februar 2020 (Akten A. , HD act. 23/1) beschlagnahmten bei der Asservaten-Triage lagernden Gegenstände
Mobiltelefon Apple iPhone 8 Plus (Asservat-Nr. A012'132'024),
Mobiltelefon MGM +12 (Asservat-Nr. A012'231'753),
SIM-Karte Swisscom GSM (Asservat-Nr. A012'209'493),
SIM-Karte MobiKlik (Asservat-Nr. A012'133'710),
SIM-Karte O2 (Asservat-Nr. A012'133'845),
SIM-Karten-Abschnitt, ohne SIM-Karte (Asservat-Nr. A012'131'634), werden eingezogen und vernichtet.
Mietvertrag AF. für Lancia lautend auf AG. (Asservat-Nr.
A011'259'442; HD act. 11/1),
Mietunterlagen Lancia (Asservat-Nr. A011'259'522; HD act. 11/1),
Übernahmeprotokoll Citroen Cactus (Asservat-Nr. A011'259'555; HD act. 11/1),
Parkticket vom 18.01.2018 in G. (Asservat-Nr. A011'259'588; HD act. 11/1),
Parkticket vom 10.02.2018 H. [Strasse] … (Asservat-Nr.
A011'259'602; HD act. 11/1),
Parkticket vom 14.02.2018 I. , J. (Asservat-Nr.
A011'259'624; HD act. 11/1),
werden eingezogen und in den Akten belassen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
CHF 30'000.00; die weiteren Kosten betragen:
CHF 15'000.00 Gebühr für das Vorverfahren Beschuldigter B.
CHF 4'812.50 Auslagen (Gutachten) Beschuldigter B.
CHF 21'067.50 Telefonkontrolle Beschuldigter B.
CHF 4'513.00 Auslagen Beschuldigter B.
CHF 125.00 Entschädigung Zeuge
CHF 1'875.00 Entschädigung Dolmetscherin
CHF 30'000.00 Gebühr für das Vorverfahren Beschuldigter A.
CHF 39'325.00 Telefonkontrolle
CHF 68'943.25 Auslagen
CHF 4'162.50 Entschädigung Dolmetscherin
CHF 12'446.90 ehem. amtliche Verteidigung (RA X2. ) CHF 11'417.40 ehem. amtliche Verteidigung (RA X1. ) CHF 113'128.05 amtliche Verteidigung (RA X3. )
Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten
B. zur Hälfte auferlegt. Die separat ausgewiesenen Kosten der Unter- suchung werden dem Beschuldigten B. vollumfänglich auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten B. werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nach- forderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten
A. zu einem Viertel auferlegt und zu einem Viertel auf die Gerichts- kasse genommen. Die separat ausgewiesenen Kosten der Untersuchung, inkl. der Kosten für die amtlichen Verteidigungen, werden dem Beschuldig- ten A. zur Hälfte auferlegt und zur Hälfte auf die Gerichtskasse ge- nommen.
Der dem Beschuldigten A. auferlegte Teil der Kosten für die amtlichen Verteidigungen gilt als durch Verrechnung mit seinem hälftigen Anspruch auf Entschädigung seiner erbetenen Verteidigung abgegolten.
Rechtsanwalt lic. iur. X3. wird für seine Bemühungen und Barausla- gen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten B. mit
CHF 113'128.05 (inkl. MwSt. und Akontozahlung von CHF 45'000) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 96 S. 2; Urk. 100 S. 2)
Des Vertreters der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich: (Urk. 97, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Verfahrensgang
Mit Urteil vom 6. Dezember 2021 (Urk. 69) verurteilte das Bezirksgericht Zü- rich den Beschuldigten B. (Beschuldigter 1) wegen Raubes (z.Nt. Ju- welier K. , L. /…), versuchten Raubes (z.Nt. Orologeria
M. , N. ), Gehilfenschaft zu versuchtem Raub und zu Sachbe- schädigung (z.Nt. Juwelier O. , Zürich), mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz (im Kontext der Raubstraftaten z.Nt. K. und M. ) und wegen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern (im Kon- text der Raubstraftat z.Nt. O. ). Den Beschuldigten A. (Beschul- digter 2) verurteilte das Gericht wegen Gehilfenschaft zu versuchtem Raub (z.Nt. Orologeria M. , N. ). Von den weiteren Vorwürfen (versuch- ter Raub und Sachbeschädigung z.Nt. Juwelier O. , Zürich) sprach es ihn frei. Im Übrigen entschied die Vorinstanz über die Sanktionen der Beschuldigten 1 und 2, die Nebenfolgen sowie die Kosten- und Entschädi- gungsfolgen.
Das Urteil gegen den Beschuldigten B. wurde nicht angefochten.
Hingegen meldete der Beschuldigte A. gegen das Urteil Berufung an (Urk. 60/2; Urk. 64) und reichte beim Obergericht des Kantons Zürich recht- zeitig die Berufungserklärung (Urk. 68/3; Urk. 71) ein. Darin beantragte er einen Freispruch vom Vorwurf der Gehilfenschaft zu versuchtem Raub (z.Nt. M. ), die Freigabe von beschlagnahmten Vermögenswerten und Ge- genständen sowie die ausgangsgemässe Regelung der Kosten- und Ent- schädigungsfolgen zulasten der Staatskasse.
Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich erhob Anschlussberufung und beantragte, der Beschuldigte A. sei wegen Gehilfenschaft zu versuch- tem Raub und zu qualifizierter Sachbeschädigung (z.Nt. O. ) sowie wegen versuchten Raubes (z.Nt. M. ) schuldig zu sprechen. Weiter verlangte sie eine strengere Bestrafung des Beschuldigten A. und ei- ne längere Dauer der von der Vorinstanz angeordneten Landesverweisung.
O. (Privatklägerin) liess sich in der Sache nicht vernehmen.
Mit Beschluss vom 18. Februar 2022 stellte die II. Strafkammer des Oberge- richtes Zürich fest, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich bezüglich der den Beschuldigten B. betreffenden Dispositiv-Ziffern rechtskräftig geworden sei (Urk. 72). Es sind dies die Dispositiv-Ziffern 2 (Nichteintreten auf die Anklage betr. den Beschuldigten B. ), 3 (Verfahrenseinstellung betr. den Beschuldigten B. ), 4 (Schuldsprüche betr. den Beschuldigten B. ), 7 und 8 (Strafe und Vollzug betr. den Beschuldigten B. ), 11 und 13 (Landesverweisung und Absehen von Ausschreibung im SIS betr. den Beschuldigten B. ), 32 (Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten B. ).
Die Dispositiv-Ziffern 18 (Verwendung der beschlagnahmten Barschaft zur
Deckung der dem Beschuldigten B.
auferlegten Verfahrenskosten)
und 29 (Kostenauflage zulasten des Beschuldigten B. ) sind vom Beschluss über die Rechtskraft des angefochtenen Urteils praxisgemäss nicht erfasst.
Mit Eingabe vom 16. August 2023 liess der Beschuldigte A. mitteilen, dass er die Berufung auf die Frage der Landesverweisung und deren Aus- schreibung im Schengener Informationssystem beschränke. Er liess die ein- gangs wiedergegebenen, modifizierten Berufungsanträge stellen und im Üb- rigen seine Berufung zurückziehen (Urk. 96).
Die Berufungsverhandlung fand am 29. August 2023 in Anwesenheit des Beschuldigten und von Rechtsanwältin X4. als Vertreterin des erbete- nen Verteidigers statt (Prot. II S. 5). Die Staatsanwaltschaft war im Einver- ständnis mit der Verteidigung von der Teilnahme an der Berufungsverhand- lung dispensiert worden (Urk. 97 S. 2). Die Privatklägerschaft hatte auf die Teilnahme an der Berufungsverhandlung verzichtet (Urk. 94).
Berufungsumfang / Kognition
Nach dem teilweisen Rückzug seiner Berufung liess der Beschuldigte
noch die folgenden Dispositiv-Ziffern des vorinstanzlichen Urteils
anfechten: 12 und 14 (Anordnung der Landesverweisung und deren Aus- schreibung im SIS). Die Staatsanwaltschaft zog ihre Anschlussberufung wie erwähnt zurück.
Das vorinstanzliche Urteil blieb somit – mit Ausnahme der vorgenannten Dispositiv-Ziffern – auch hinsichtlich der den Beschuldigten A. betref- fenden Dispositiv-Ziffern unangefochten.
Landesverweisung und Ausschreibung im SIS
1. Die Vorinstanz sprach gegen den Beschuldigten A. für die Dauer von 5 Jahren eine Landesverweisung aus und ordnete die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem an (Urk. 69 S. 286 ff., 305). Die Staatsanwaltschaft beantragte die Bestätigung des vorinstanzli- chen Urteils mit Bezug auf die Landesverweisung (Urk. 97 S. 1). Der Beschuldigte verlangte dagegen, dass von der Anordnung einer Landesverwei- sung, eventualiter von deren Ausschreibung im SIS, abzusehen sei (Urk. 96 S. 2; Urk. 100 S. 2).
IV 332 E. 3.1.2).
Soweit Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten betroffen sind, ist bei der strafrechtlichen Landesverweisung ausserdem zu prüfen, ob die Massnah- me mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) vereinbar ist (BGE 145 IV 364
E. 3). Da Serbien als Heimatstaat des Beschuldigten A. nicht Mitglied- staat der EU ist, fällt diese Prüfung vorliegend weg.
Die obligatorische Landesverweisung wird für 5 bis 15 Jahre ausgesprochen (Art. 66a Abs. 1 StGB). Dem Gericht kommt bei der Festlegung der Dauer der Landesverweisung ein weiter Ermessensspielraum zu. Massgebendes Kriterium ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, mithin die Verhinderung weiterer schwerer Straftaten auf schweizerischem Staatsgebiet. Das Gericht hat sich bei der Festlegung der Dauer am Ver- hältnismässigkeitsprinzip zu orientieren (Urteil des Bundesgerichts 6B_381/2023 vom 8. Juni 2023 E. 5.1 mit Hinweisen).
Wird gegen eine Person, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitglied- staats der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziati- on besitzt, ein Einreiseverbot verhängt, so wird sie nach Massgabe der Be- deutung des Falles im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreise- verweigerung ausgeschrieben (vgl. Art. 21 und Art. 24 der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS-II, Abl. L 381/4 vom 28. Dezember 2006 [SIS-II- VO], abgelöst durch Art. 21 und Art. 24 der Verordnung [EU] 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssys- tems [SIS] im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkom- mens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Ände- rung und Aufhebung der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 [Verordnung (EU) 2018/1861]; in der Schweiz in Kraft getreten am 11. Mai 2021 [SR 0.362.380.085]). Die Voraussetzungen zur Ausschreibung einer gestützt auf
Art. 66a und Art. 66abis StGB ausgesprochenen Landesverweisung gemäss
SIS-II-Verordnung sind weitgehend identisch mit den Voraussetzungen ge- mäss der nunmehr anwendbaren Verordnung (EU) 2018/1861. Deshalb kann weiterhin auf die Gerichtspraxis zur SIS-II-Verordnung abgestellt werden.
Voraussetzung für die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS ist eine nationale Ausschreibung, die gestützt auf eine Entscheidung der zuständi- gen nationalen Instanzen ergeht (Art. 24 Ziff. 1 Verordnung [EU] 2018/1861). Die Ausschreibung erfolgt, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung oder die nationale Sicherheit besteht. Das ist insbesondere der Fall, wenn die betreffende Person in einem Mitgliedstaat wegen einer Straf- tat verurteilt wurde, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 Bst. a Verordnung [EU] 2018/1861), oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie schwere Straftaten begangen hat, oder wenn konkrete Hinweise dafür bestehen, dass sie solche Taten im Ho- heitsgebiet eines Mitgliedstaats plant (Art. 24 Ziff. 2 Bst. b Verordnung [EU] 2018/1861).
Art. 24 Abs. 2 Bst. a Verordnung (EU) 2018/1861 setzt weder eine Verurtei- lung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr voraus, noch ver- langt die Bestimmung einen Schuldspruch wegen einer Straftat, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist. Vielmehr genügt es, wenn der entsprechende Straftatbestand eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von einem Jahr oder mehr vorsieht. Indes ist im Sinne einer kumulativen Vo- raussetzung stets zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (Art. 21 Ziff. 2 Verordnung [EU] 2018/1861). An die Annahme einer solchen Gefahr sind keine allzu ho- hen Anforderungen zu stellen. Entscheidend ist zudem nicht das Strafmass, sondern in erster Linie die Art und Häufigkeit der Straftaten, die konkreten Tatumstände sowie das übrige Verhalten der betroffenen Person (BGE 147 IV 340 E. 4.8; Urteil des Bundesgerichts 6B_932/2021 vom 7. September 2022 E. 1.8.3).
3. Der Beschuldigte A. ist serbischer Staatsangehöriger und verfügt über eine Niederlassungsbewilligung C für die Schweiz (vgl. Prot. II S. 8). Er gilt somit als Ausländer im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB. Mit dem angefoch- tenen Urteil wurde der Beschuldigte wegen Gehilfenschaft zu versuchtem Raub (z.Nt. Orologeria M. , N. ) schuldig gesprochen. Dieser Schuldspruch ist in Rechtskraft erwachsen (vgl. vorstehende E. II.1.3.). Da- mit liegt eine Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB vor, die nach Inkrafttreten der Umsetzungsgesetzgebung zur Ausschaffungsinitiative
begangen wurde. Der Beschuldigte A. ist somit grundsätzlich obligato- risch des Landes zu verweisen.
Die Vorinstanz verneinte das Bestehen eines persönlichen Härtefalls und verzichtete dementsprechend auf die Abwägung des persönlichen Interes- ses des Beschuldigten A. am weiteren Verbleib in der Schweiz gegen die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung (Urk. 69 S. 286-288).
Der aktuell 52-jährige Beschuldigte A.
(Jahrgang 1971) wurde in
P. bzw. Q. im heutigen Kosovo geboren und wuchs in der Fol- ge mit seinen zwei älteren Brüdern bei den Eltern in R. (Serbien) auf. Dort absolvierte er die obligatorische Schulzeit und begann anschliessend eine Berufsausbildung als Koch, die er jedoch nicht abschloss. Danach leis- tete er ein Jahr Militärdienst. Im Alter von 22 Jahren migrierte er aufgrund der Kriege im ehemaligen Jugoslawien mit seinen zwei älteren Brüdern in die Schweiz (Akten A. , Ordner 13, HD Urk. 15/1 F/A 10; Prot. II S. 8 f.). Der Beschuldigte verbrachte folglich seine Kindheit und Jugend in sei- nem Heimatland Serbien. In der Schweiz lebt er seit 1993, d.h. seit rund 30 Jahren. Hier lernte er S. kennen, die er einige Zeit später heiratete. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die inzwischen 29 Jahre (T. , Jahrgang 1994) und 23 Jahre (U. , Jahrgang 2000) alt sind (Akten A. , Ordner 13, HD Urk. 15/1 F/A 10 ff.; Prot. II S. 9 f.). Wegen der Gründung einer eigenen Familie dürfte sich auch die lange Aufenthalts- dauer in der Schweiz prägend auf den Beschuldigten ausgewirkt haben.
Zu seiner beruflichen Integration ist festzuhalten, dass der Beschuldigte nach der Migration in die Schweiz bis ins Jahr 2017, d.h. während 24 Jahren stets erwerbstätig war, obwohl er über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Während dieser Zeit arbeitete er in verschiedenen Bereichen. Insbe- sondere war er mehrmals als Koch und in Reisebüros tätig, betrieb einen Ki- osk und zwei Cafés. Zudem war er als Verkäufer im V. tätig (vgl. da- zu im Einzelnen Akten A. , Ordner 13, HD Urk. 15/1 F/A 10; Prot. II
S. 10 f.; Urk. 100 Rz. 18). Ab Juli 2017 war er als arbeitslos gemeldet und bezog Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Während seiner Arbeitslo- sigkeit gründete er zusammen mit seiner damaligen Ehefrau eine Gesell- schaft für den Export von Autos nach Serbien, die ihre operative Tätigkeit per Januar 2019 hätte aufnehmen sollen. Da der Beschuldigte jedoch im De- zember 2018 verhaftet wurde und sich in der Folge während knapp zwei Jah- ren in Haft befand, kam es nie zur Umsetzung der Geschäftsidee. Nach sei- ner Entlassung aus der Haft am 13. November 2020 absolvierte der Beschuldigte gemäss seinen Aussagen anlässlich der Berufungsverhandlung die Taxiprüfung. Seither ist er als W. -Fahrer tätig und arbeitet seit dem 4. Februar 2023 nebenbei in einem 40 %-Pensum bei V. . Durch seine Erwerbstätigkeit erzielt er aktuell ein Einkommen von rund Fr. 8'000.– pro Monat (Akten A. , Ordner 13, HD Urk. 15/1 F/A 10 ff.; Urk. 99/1; Prot. II S. 11 f.). Es ist positiv zu werten, dass sich der Beschuldigte nach seiner Haftentlassung sogleich wieder um sein berufliches Fortkommen be- mühte und die Prüfung zum Taxifahrer ablegte. Ebenso ist zu berücksichti- gen, dass er wieder über eine Festanstellung verfügt und zusammen mit sei- nen Einkünften aus den W. -Fahrten seine Lebenshaltungskosten selbst bestreiten kann. Folglich ist ihm trotz fehlender Berufsausbildung die Integration in den Schweizer Arbeitsmarkt gelungen. Negativ wirkt sich einzig aus, dass der Beschuldigte im Betrag von rund Fr. 200'000.– verschuldet ist. Gemäss seinen Aussagen handelt es sich jedoch hauptsächlich um Schul- den bei Familienmitgliedern. Aktuell laufen jedenfalls keine Betreibungen ge- gen ihn (Urk. 99/2; Prot. II S. 13; vgl. auch Akten A. , Ordner 13, HD Urk. 15/1 F/A 22 ff.). In sprachlicher Hinsicht fällt es dem Beschuldigten zwar trotz seines langen Aufenthalts in der Schweiz teilweise schwer, komplexere Sachverhalte oder Fragen zu verstehen und darauf zu antworten. Dennoch verfügt er über gute Deutschkenntnisse und kann sich ohne Weiteres ver- ständlich ausdrücken. Anlässlich der Berufungsverhandlung benötigte er kei- ne Unterstützung durch eine Dolmetscherin.
Zu seinem familiären Umfeld in der Schweiz ist festzuhalten, dass der Beschuldigte inzwischen geschieden ist. Seine beiden Töchter sind – wie be- reits erwähnt – volljährig und leben nicht mehr mit ihrem Vater in einem ge- meinsamen Haushalt. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht sind sie nicht mehr auf dessen Unterstützung angewiesen. Die ältere Tochter ist stellvertretende Geschäftsführerin eines Restaurants in Zürich und die jüngere Tochter ar- beitet als Buchhalterin bei einer AA. in AB. (Urk. 100 Rz. 2 ff.; Prot. II S. 10). Folglich besteht kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis, welches über die normalen familiären Bindungen hinausgeht und die Bezie- hung des Beschuldigten zu seinen volljährigen Kindern unter das geschützte Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK fallen lässt. Ihm ist nicht abzuspre- chen, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu seinen beiden Töchtern unterhält und mehrmals pro Woche mit diesen in Kontakt steht. Es ist auch zutreffend, dass sich die Anordnung einer Landesverweisung erschwerend auf die Pfle- ge der Vater-Tochter-Beziehung auswirken würde und der Kontakt nicht mehr so eng wie bisher gelebt aufrechterhalten werden könnte (Urk. 100 Rz. 2 ff.). Dennoch wäre es dem Beschuldigten und seinen Töchtern zuzumuten, ihre Beziehung über die modernen Kommunikationsmittel und regelmässige Besuche bzw. gemeinsame Ferienaufenthalte im Ausland zu pflegen. Die Wegweisung des Beschuldigten aus dem Gebiet der Schweiz hätte folglich keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK zur Folge.
der Beschuldigte ausserhalb seiner familiären Beziehungen hierzulande so- zial integriert.
S. 286). Diese regelmässigen Reisen in die Heimat legen den Schluss auf ein intaktes Beziehungsnetz nahe. Anlässlich der Berufungsverhandlung er- klärte der Beschuldigte seine Reisetätigkeit jedoch damit, dass er seine Mut- ter besucht habe, welche bereits seit 2015 schwer krank gewesen sei. Ob- wohl er zusammen mit seinen Brüdern eine 24-Stunden-Betreuung organi- siert habe, habe er regelmässig überprüfen bzw. sichergehen wollen, dass alles beim Rechten sei (Prot. II S. 15). Diese Aussagen erscheinen nach- vollziehbar. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte in C. eine Wohnung und in R. eine Baulandparzelle für den Bau einer Tankstelle besitzt (vgl. Akten A. , HD Urk. 24/38 ff.). Dass er die- se Liegenschaften bis zu deren Sperrung durch die Staatsanwaltschaft nicht veräusserte, deutet darauf hin, dass er noch nicht sämtliche Verbindungen zu seiner Heimat abgebrochen hat.
grundsätzlich hinzunehmen (Urteile des Bundesgerichts 2C_642/2016 vom 20. Juli 2017 E. 4.3; 2C_327/2015 vom 22. April 2016 E. 5.5; 2C_1029/2011
vom 10. April 2012 E. 3.3.2 mit Hinweisen).
Der Beschuldigte ist mehrfach vorbestraft (vgl. Urk. 70; Urk. 95). Zwar liegen die früheren Verurteilungen bereits rund 10 Jahre zurück und betreffen je- weils nur relativ leichte Gesetzesverstösse, die mit der vorliegend zu beurtei- lenden Anlasstat (Gehilfenschaft zu versuchtem qualifiziertem Raub) nicht vergleichbar sind. Dennoch zeugt die wiederholte Delinquenz, teilweise auch während laufender Probezeit, von einer nicht unbeachtlichen Renitenz und Unbelehrbarkeit des Beschuldigten.
Seit der gescheiterten Verübung eines bewaffneten Raubüberfalls auf die Orologeria M. in N. sind inzwischen rund 5 ½ Jahre vergangen. Davon befand sich der Beschuldigte während knapp 2 Jahren in Haft. Seit seiner Entlassung am 13. November 2020 hat er sich – soweit ersichtlich – wohlverhalten, was sich zu seinen Gunsten auswirkt.
Hinsichtlich der Art und Schwere der verübten Anlasstat kann einleitend auf die entsprechenden Erwägungen im angefochtenen Urteil zur Strafzumes- sung verwiesen werden (Urk. 69 S. 271 f.). Der Beschuldigte war als Mit- glied einer serbischen Räuberbande bei der Vorbereitung eines qualifizierten Raubes in der Schweiz als Gehilfe beteiligt. Sein Verschulden wurde zwar als noch leicht gewichtet. Dennoch war seine Teilnahme bzw. Mitwirkung nicht bloss nebensächlich. So hatte er bereits im Spätsommer 2017 Kennt- nis davon, dass ein Raubüberfall geplant wurde. Über den Stand der Vorbe- reitungen war der Beschuldigte stets informiert und wusste, wann etwas passiert (Akten A. , Ordner 11, HD Urk. 10/43 S. 2). Er hatte auch sehr detaillierte Kenntnisse von der Umgebung des Tatobjekts und den Schaufensterauslagen in der AC. [Strasse], was bei den Vorbereitun- gen zweifelsohne nützlich war (Akten A. , Ordner 11, HD Urk. 10/75
S. 2-3). Für die ausführenden Täter organisierte er die Beschaffung eines als Fluchtfahrzeug dienenden Motorrollers, kontrollierte dessen Verfügbar- keit regelmässig und war auch in die Organisation des Transports des Rol- lers von Zürich nach N. eingebunden. Beim Kauf des Rollers war der Beschuldigte derjenige, welcher den Roller aussuchte und dem Käufer prä- zise Weisungen für die Abwicklung des Kaufgeschäfts erteilte (vgl. Urk. 69
S. 190 ff.). Damit gab er zu erkennen, dass er nicht auf einer untergeordne- ten Stufe innerhalb der Täterhierarchie agierte. Des Weiteren steht fest, dass der Beschuldigte den anderen Tatbeteiligten die Adresse des Hotels AD. in AE. [Ortschaft in Italien], in welches die Beute aus dem Raubüberfall auf M. hätte transportiert werden sollen, bekanntgab und sich bereit hielt, um die Beute interessierten Käufern anzubieten (vgl. Urk. 69 S. 208). Aus dem Einsatz der verdeckten Ermittler ergibt sich zu- sätzlich, dass der Beschuldigte Verbindungen zu Personen hatte, die mit gestohlenen Uhren handeln. Er kannte die Abläufe im Anschluss an den ge- planten Raubüberfall, die Preise von gestohlenen Uhren und die darauf ge- währten Rabatte (Akten A. , Ordner 11, HD Urk. 10/21 S. 2; HD Urk. 10/22 S. 2; HD Urk. 10/39 S. 1-2; HD Urk. 10/43 S. 2). Den Ermittlern versprach er, dafür zu sorgen, dass die Ware, welche jeweils nach
C. gebracht werde, für ihn reserviert werde, damit sie dann als Erste aussuchen könnten. Er könne es stoppen, bevor es zu dem Mann gehe, der alles aufkaufe (Akten A. , Ordner 11, HD Urk. 10/43 S. 2). Mit die- sen Äusserungen liess der Beschuldigte erkennen, dass er Einfluss auf die Verteilung der Beute hatte und ihm auch im Anschluss an die Raubstraftat wichtige Funktionen zukamen. Damit trat er nicht bloss als Randfigur inner- halb der Tätergruppe auf.
Angesichts der strafrechtlichen Vorbelastung des Beschuldigten und seiner nicht unwesentlichen Mitwirkung an der Vorbereitung eines qualifizierten Raubüberfalls durch eine serbische Räuberbande ist das öffentliche Interes- se an seiner längerfristigen Wegweisung aus der Schweiz als hoch zu wer- ten.
In diesem Zusammenhang ist sodann zu berücksichtigen, dass der Beschul- digte engen Kontakt zu Personen hatte, die in der Schweiz Raubüberfälle
begingen (z.Nt. O.
und M. ). Zudem liess er die verdeckten Ermittler immer wieder wissen, dass er über eine Vielzahl von Verbindungen in ein schwer kriminelles Milieu verfügt (vgl. insb. Akten A. , Ordner 11, HD Urk. 10/56 S. 1). Es besteht die Gefahr, dass der Beschuldigte diese Verbindungen nicht aufgegeben hat und durch seine Kontakte wieder in kri- minelle Machenschaften in der Schweiz verwickelt werden könnte. Daran ändert nichts, dass er anlässlich der Berufungsverhandlung auf entspre- chende Nachfrage erklärte, er habe sich von den weiteren Tatbeteiligten, die er bei der Vorbereitung der Anlasstat unterstützt hatte, distanziert (Prot. II
S. 16). Aufgrund seiner Schulden im Betrag von rund Fr. 200'000.– könnte er in Zukunft wieder versucht sein, seine finanzielle Situation durch Vermö- gensdelikte, allenfalls sogar wieder durch seine Beteiligung an einem be- waffneten Raubüberfall auf ein Juwelier-Geschäft, zu verbessern. Es beste- hen deshalb nach wie vor Bedenken hinsichtlich der künftigen Bewährung des Beschuldigten.
Zusammenfassend überwiegt aufgrund der wiederholten Delinquenz des Beschuldigten, der Schwere der Katalogtat, seiner nicht bloss untergeordne- ten Rolle innerhalb der Tätergruppe und den Bedenken hinsichtlich seiner Verbindungen in ein schwer kriminelles Umfeld das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung und längerfristigen Fernhaltung aus der Schweiz. Es ist daher gestützt auf Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB eine Landesverweisung anzu- ordnen.
Die Vorinstanz setzte die Dauer der Landesverweisung auf das gesetzliche Minimum von 5 Jahren fest (Urk. 69 S. 288, 305). Da einer längeren Dauer der Landesverweisung das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO) entgegensteht, ist das vorinstanzliche Urteil in diesem Punkt zu bestätigen. Folglich ist der Beschuldigte in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB für 5 Jahre des Landes zu verweisen.
Auch die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informati- onssystem ist zulässig. Der Beschuldigte ist Staatsangehöriger von Serbien. Er gilt somit als Drittstaatsangehöriger im Sinne von Art. 3 Ziff. 4 Verordnung (EU) 2018/1861 und kann zur Einreise- bzw. Aufenthaltsverweigerung im SIS ausgeschrieben werden, sofern die Voraussetzungen von Art. 21 und Art. 24 Verordnung (EU) 2018/1861 erfüllt sind. Mit Urteil der Vorinstanz wurde der Beschuldigte A. wegen Gehilfenschaft zu versuchtem Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 140 Ziff. 3 Abs. 3, Art. 22 Abs. 1 und Art. 25 StGB verurteilt. Dieser Schuldspruch ist bereits in Rechtskraft erwachsen. Die Anlasstat erfüllt ohne Weiteres den von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a Verordnung (EU) 2018/1861 verlangten Schwere- grad. Mit Verweis auf die vorstehenden Erwägungen zur strafrechtlichen Vorbelastung des Beschuldigten, zur Art und Schwere der verübten Straftat, zu seinem konkreten Tatbeitrag und den Bedenken hinsichtlich seiner Ver- bindungen ins Verbrechermilieu stellt sein weiterer Verbleib in der Schweiz eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar (Art. 21 Ziff. 2 Verordnung [EU] 2018/1861). Die Voraussetzungen zur Aus- schreibung der Landesverweisung im SIS sind somit erfüllt.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch diejenige Par- tei, die das Rechtsmittel zurückzieht (Art. 428 Abs. 1 StPO). Unterliegt die Staatsanwaltschaft, trägt der verfahrensführende Kanton die Kosten (JO- SITSCH/ SCHMID, Praxiskommentar StPO, 4. Auflage, Zürich/St. Gallen 2023, N 3 zu Art. 428 StPO). Der Beschuldigte A. liess seine Berufung teil- weise zurückziehen, was einem teilweisen Unterliegen gleichkommt. Im noch aufrechterhaltenen Umfang dringt er mit seinen Berufungsanträgen nicht durch. Er unterliegt somit vollumfänglich. Allerdings unterliegt auch die Staatsanwaltschaft, nachdem sie ihre Anschlussberufung zurückzog. Bei diesem Verfahrensausgang erscheint es gerechtfertigt, die Kosten des zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens zu zwei Dritteln dem Beschuldigten aufzuerlegen und zu einem Drittel auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Ausgehend von diesem Entscheid über die Kostenverlegung ist dem Be-
schuldigten A.
für das Berufungsverfahren eine reduzierte Prozessentschädigung von Fr. 1'700.– zuzusprechen (BGE 142 IV 163 E. 3.2.2;
BGE 137 IV 352 E. 2.4.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_997/2020 vom 18.
November 2021 E. 3.2.2; 6B_950/2020 vom 25. November 2020 E. 2.3.3 f.; je mit Hinweisen). Dieser Betrag entspricht einem Drittel des geltend ge- machten Aufwands seiner erbetenen Verteidigung von rund Fr. 5'000.– (Prot. II S. 19).
und 14 (Anordnung der Landesverweisung und deren Ausschreibung im SIS betr. den Beschuldigten A. ), in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei den Strafrechtlichen Abteilun- gen des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB für
5 Jahre des Landes verwiesen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 8'000.–.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die erbetene Verteidigung des Beschuldigten 2 im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten 2 (A. ; übergeben)
das Migrationsamt des Kantons Zürich sowie in vollständiger Ausfertigung an
die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälli- ger Rechtsmittel an
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsa- chen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei den Strafrechtlichen Abteilun- gen des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 29. August 2023
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw Boese
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