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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB220077: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat am 27. September 2022 in einem Fall von mehrfacher Drohung, Hausfriedensbruch und versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte entschieden. Der Beschuldigte A. wurde schuldig gesprochen und zu einer Gesamtstrafe von 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon bereits 188 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft verbüsst wurden. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen, und eine ambulante Behandlung wurde angeordnet. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 3'000.-, und die Kosten der amtlichen Verteidigung werden vorerst von der Gerichtskasse übernommen. Der Beschuldigte wurde zur Kostentragung verpflichtet.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB220077

Kanton:ZH
Fallnummer:SB220077
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB220077 vom 27.09.2022 (ZH)
Datum:27.09.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache Drohung etc. und Widerruf
Schlagwörter : Beschuldigte; Drohung; Beschuldigten; Freiheitsstrafe; Sachverhalt; Dossier; Urteil; Vorinstanz; Verteidigung; Gewalt; Berufung; Sicherheit; Sinne; Dispositiv; Gericht; Beamte; Vollzug; Beistand; Angst; Drohungen; Vollzug; Behörde; Behörden; Versuch; Kantons; Sachverhalte; Berücksichtigung; Bundes; Gesamtstrafe
Rechtsnorm:Art. 10 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 180 StGB ;Art. 186 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 402 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 48a StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 63 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 84 StPO ;Art. 89 StGB ;
Referenz BGE:127 IV 92; 135 IV 146;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB220077

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB220077-O/U/mc-as

Mitwirkend: Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.

Hoffmann und Ersatzoberrichterin lic. iur. Nabholz sowie Gerichtsschreiber MLaw Andres

Urteil vom 27. September 2022

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend mehrfache Drohung etc. und Widerruf

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Affoltern, Einzelgericht, vom 5. Oktober 2021 (GG210010)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 30. Juli 2021 (Urk. 20) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte, A. , ist schuldig

    • der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB,

    • des Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB sowie

    • der mehrfach versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB, jeweils in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB.

  2. Die mit Entscheid des Amtes für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich, Bewährungs- und Vollzugsdienste, vom 16. Februar 2021 verfügte bedingte Entlassung wird widerrufen. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der noch ausstehenden Reststrafe von 72 Tagen Freiheitsstrafe rückversetzt.

  3. Der Beschuldigte wird unter Einbezug dieses Strafrestes bestraft mit

    9 Monaten Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe, wovon bis und mit heute 188 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft bereits erstanden sind.

  4. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  5. Es wird eine ambulante Behandlung des Beschuldigten, A. , im Sinne von Art. 63 StGB (Behandlung psychischer Störungen) angeordnet. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird nicht aufgeschoben.

  6. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1'800.–; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'000.– Gebühr Vorverfahren;

    Fr. 18'067.– Auslagen (Gutachten)

    Fr. 10'124.–Kosten amtliche Verteidigung (inkl. 7.7% MwSt.)

  7. Die Kosten des Vorverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens, ausge- nommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.

  8. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

  9. Rechtsanwalt Dr. iur. X. wird für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten aus der Gerichtskasse mit Fr. 10'124.– (inkl. 7.7% MwSt.) entschädigt.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 138)

    1. Es sei festzustellen, dass die Dispositiv-Ziffern 2, 4 und 5 des erstinstanzlichen Urteils in Rechtskraft erwachsen sind.

    2. Der Beschuldigte sei schuldig zu sprechen:

      • der mehrfach versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB jeweils in Verbin- dung mit Art. 22 Abs. 1 StGB

      • der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB (Dossier 1, Straftatbestand 2)

        Vom Vorwurf der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB (Dossier 2, Straftatbestand 3 und 4) sei der Beschuldigte freizusprechen.

    3. Der Beschuldigte sei unter Einbezug des Strafrestes gemäss Dispositiv Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils mit 6 ½ Monaten Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe zu bestrafen, wovon 188 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft bereits erstanden sind.

    4. Alles unter gesetzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen.

  2. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat: (Urk. 130, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

Erwägungen:

  1. Prozessgeschichte

    1. Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermei- dung von unnötigen Wiederholungen auf die Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 125 S. 5; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    2. Das erstinstanzliche Urteil erging am 5. Oktober 2021 (Urk. 101). Gleichentags wurde der Beschuldigte aus der Sicherheitshaft entlassen (Urk. 108). Gegen das Urteil liess einzig der Beschuldigte fristwahrend Berufung anmelden (Urk. 112). Anschlussberufung wurde keine erhoben. Das begründete Urteil wurde dem Beschuldigten am 28. Januar 2022 zugestellt (Urk. 119 = Urk. 125; Urk. 120). Der Beschuldigte liess mit Eingabe vom 17. Februar 2022 innert Frist die Berufungserklärung erstatten, worin er die eingangs wiedergegebenen Anträge stellen liess (Urk. 127).

    3. Am 27. September 2022 fand die Berufungsverhandlung statt, zu welcher der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers erschienen ist (Prot. II S. 4 ff.).

  2. Prozessuales

    1. Gemäss Art. 402 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung und wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils dementsprechend gehemmt. Das Berufungsgericht überprüft somit das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO).

      1. Mit der Berufungserklärung vom 17. Februar 2022 (Urk. 127) verlangt der Beschuldigte die Aufhebung der Dispositivziffern 1 teilweise (betreffend Drohung gemäss Dossier 2 Sachverhalte 3 und 4) sowie 3. Da die Dispositivziffern 2 (Wi- derruf der bedingten Entlassung) und 4 (Vollzug der Strafe) eng mit dem Strafpunkt zusammenhängen, sind diese ebenso in den zweitinstanzlichen Entscheid

        einzubeziehen. Dasselbe gilt für den Umfang der Kostenauflage (Dispositivziffern 7 und 8).

      2. Unangefochten geblieben und nicht erneut zu überprüfen sind demgegen- über die Dispositivziffern 2, 3 teilweise (betreffend Schuldsprüche wegen mehrfacher versuchter Gewalt und Drohung gegen Beamte, Hausfriedensbruchs sowie Drohung betreffend Dossier 1 Sachverhalt 2), 6 und 9 (Kostenhöhe und Entschä- digung des amtlichen Verteidigers). Die Staatanwaltschaft beantragte die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils (Urk. 130). Die Privatklägerschaft liess sich nicht vernehmen. Insoweit ist das vorinstanzliche Urteil mithin unangefochten in Rechtskraft erwachsen, was vorab mittels Beschluss festzustellen ist. Bezüglich Dispositivziffer 5 wurde dies bereits mit Teilrechtskraftbeschluss vom 18. Juli 2022 festgestellt (Urk. 135).

  3. Sachverhalt

    1. Der Beschuldigte und seine Verteidigung anerkennen zwar den Sachverhalt vollumfänglich (Prot. I S. 11; Prot. II S. 13 f.), machten dann aber in der Berufungsverhandlung Hinsicht des Dossiers 2, Sachverhalte 3 und 4, geltend, der Beistand B. sei nicht in Angst und Schrecken versetzt worden (Prot. II S. 14 [Beschuldigter] und S. 15 ff. [Verteidigung]). Diesbezüglich kann der Beschuldigte somit nicht als geständig angesehen werden, obwohl er den Sachverhalt in der Untersuchung noch anerkannt hatte (vgl. die zutreffende Feststellung der Vorinstanz in Erwägung II.4.1.). Der Sachverhalt ist in diesem Punkt zu erstellen.

    2. Zur Frage, ob B. in Angst und Schrecken versetzt wurde, ist vorab darauf hinzuweisen, dass der äussere Sachverhalt unbestritten ist und nicht zur Diskussion steht. Strittig ist einzig der innere Sachverhalt bezogen auf B. . Zur Frage, was die Äusserungen des Beschuldigten in dessen Beistand ausgelöst haben, bestehen nur die Aussagen von B. selber, welche in der Folge einer Würdigung zu unterziehen sind.

    3. Auf die Ausführungen der Vorinstanz zu den allgemeinen Grundlagen der Beweiswürdigung kann im Wesentlichen verwiesen werden, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden (Urk. 125 S. 6 f.; Art. 82. Abs. 4 StPO).

    4. Die Aussagen von B. dazu, was die die Äusserungen des Beschuldigten in ihm auslösten (Urk. D1/6/5, insbesondere S. 7 f.), sind plausibel, nachvollziehbar, in ausreichendem Masse detailliert und widerspruchsfrei: Dieser gab in der Zeugeneinvernahme vom 22. April 2021 hinsichtlich der noch strittigen Drohungen zu Protokoll, er habe – nachdem er kurz zuvor den Kaufvertrag für den Verkauf der Liegenschaft des Beschuldigten unterzeichnet habe – ob dieser Drohungen wirklich Angst bekommen. Er sei deshalb nicht mehr Arbeiten gegangen, sondern zu Hause geblieben. Ferner sei der Sozialdienst von einem Sicherheits-

      dienst überwacht worden (Urk. D1/6/5 S. 7 f.). Überdies schilderte B.

      anschaulich, wie er sich in seinem Alltagsverhalten beeinträchtigt fühlte und dieses änderte. Seit diesen Drohungen habe jede Handlung, von der er vermuten musste, dass sie gegen den Willen des Beschuldigten erfolgte, bei ihm eine riesen Angst und Verunsicherung ausgelöst, was nun passieren würde, falls er irgendwo auf den Beschuldigten treffen würde. Er schaue sich, wenn er das Haus verlasse, jeweils um, aus Angst, dass der Beschuldigte plötzlich auftauchen und ihn überfahren könnte (Urk. D1/6/5 S. 7 f.). Mithin schilderte er nicht nur die äusseren Umstände einer Verhaltensänderung, sondern erläuterte ebenso nachvollziehbar sein Empfinden. Seine Aussagen sind als glaubhaft zu werten, wobei sie durchwegs auch aufgrund des eingestandenen äusseren Sachverhalts an Plausibilität noch gewinnen. Zum einen hatte der Beschuldigte bereits anlässlich des Vorfalls vom 21. Dezember 2020 (Dossier 2 Sachverhalt 2) eindrücklich seine Gewaltbereitschaft demonstriert. Zum andern war insbesondere die Äusserung vom 31. März 2021 (Dossier 2 Sachverhalt 4) nicht ein pauschale Drohung aus dem Moment heraus. Vielmehr handelte es sich bereits um eine sehr konkrete Beschreibung dessen, was passieren werde. Zudem äusserte sich der Beschuldigte gegenüber seinem Sohn und nicht direkt gegenüber B. . Das macht es sehr nachvollziehbar, dass letzterer die Äusserung des Beschuldigten für eine ernstgemeinte Ankündigung eines bereits – zumindest rudimentär – geplanten Vorgehens hielt; dies umso mehr, als sich der Beschuldigte erkennbar in einer Situation befand, in welcher er aus seiner Sicht nichts mehr zu verlieren hatte.

    5. Zusammenfassend ist der Sachverhalt in diesem Punkt aufgrund der glaubhaften Aussagen von B. , gestützt durch die weiteren Tatumstände, erstellt. Daran vermögen auch die zahlreichen von der Verteidigung eingereichten Unterlagen mit Korrespondenz zwischen ihr und verschiedenen Behördenstellen und Gerichten betreffend Beistandswechsel, welche im Nachgang an die vorliegend zu beurteilenden Taten erging (Urk. 139/1-11), nichts zu ändern. Wenngleich nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, weshalb der Geschädigte sein Amt als Beistand nicht früher und von sich aus niederlegte, nachdem das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Beschuldigten offensichtlich erheblich gestört war, kann daraus – entgegen der Verteidigung – nicht einfach der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Geschädigte B. durch die Drohungen des Beschuldigten nicht in Angst und Schrecken versetzt wurde bzw. werden konnte. Die wie dargelegt sehr glaubhaften Aussagen des Geschädigten vermögen diese Umstände je- denfalls nicht massgeblich in Zweifel zu ziehen. Vielmehr ist gar der Umstand, dass der Beistand gemäss Verteidigung die persönliche Konfrontation (Besuche, Besprechungen vor Ort etc.) mit dem Beschuldigten gemieden habe (Prot. II S. 18 f.), als Indiz dafür zu werten, dass der Geschädigte die Drohungen ernst nahm und befürchtete, der Beschuldigte könnte diese wahrmachen.

  4. Rechtliche Würdigung

      1. Der Beschuldigte sagte anlässlich der gerichtlichen Anhörung vom

        10. Februar 2021, dass er seinem Beistand B.

        den Kopf abhauen würde

        bzw. dass er dies tun könne. Die Anklage vertritt den Standpunkt, der Beschuldigte habe dabei zumindest in Kauf genommen, dass B. von dieser Äusserung Kenntnis erhalten und dadurch in seinem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt werden würde.

      2. Ebenso äusserte der Beschuldigte gegenüber seinem Sohn, dass er seinen Beistand B. umbringen würde. Er werde zudem das Gebäude der Sozial-

    dienste und die Polizeistation in C. anzünden. Er rechne damit, dass er im Kugelhagel sterben werde. Nach Ansicht der Anklage habe er dabei zumindest in

    Kauf genommen, dass B.

    von dieser Äusserung Kenntnis erhalten werde

    und dadurch in seinem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt werden würde.

    1. Die Verteidigung bringt dagegen vor, es gehe nicht an, dass ein Beistand nur über eine durchschnittliche Belastbarkeit verfüge. Als Opfer einer Drohung sei ein Berufsbeistand an einer hohen Belastbarkeit zu messen (Prot. I. S. 11 f.). Diesen Standpunkt vertrat sie sinngemäss auch an der Berufungsverhandlung (Prot. II S. 16 f.). Insofern ist denn auch nur auf diesen Einwand der Verteidigung einzugehen.

    2. Nach Art. 180 StGB ist strafbar, wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken Angst versetzt. Sofern das Opfer nicht besonders verletzlich bzw. schutzbedürftig ist, ist das Tatmittel der schweren Drohung an einem objektiven Massstab zu messen. Nur diejenige Drohung gilt als schwer, die ein verständiger Mensch mit durchschnittlicher Belastbarkeit als solche empfindet. Abgesehen von den erwähnten besonders schutzbedürftigen Opfern sind die Anforderungen an die schwere Drohung hoch anzusetzen (DELNON/RÜDY, in: Basler Kommentar StGB, 4. Aufl. 2019, N 20-22 zu Art. 180 StGB). Immerhin dürfte der Verteidigung insofern beizupflichten sein, als an die schwere der Drohung dann erhöhte Anfor- derungen zu stellen sind, wenn der Täter von einer besonders robusten Psyche des Opfers ausgehen darf.

    Der Bedrohte muss zudem die Verwirklichung des angedrohten Übels befürchten. Dies bedeutet einerseits, dass er die Zufügung des Übels für möglich hält tatsächlich damit rechnet, und anderseits, dass der angedrohte Nachteil von solcher Schwere ist, dass er Schrecken Angst auszulösen vermag. Geht das Opfer von einem Witz einem Bluff der Täterschaft aus, ist ihm der angedrohte Nachteil nur unangenehm wirkt die Drohung aus anderen Gründen nicht angsterzeugend, so fehlt es an der schweren Drohung im Rechtssinne, falls die Umstände nicht auf einen (untauglichen) Versuch hinweisen (DELNON/RÜDY, in: Basler Kommentar StGB, 4. Aufl. 2019, N 24 zu Art. 180 StGB).

      1. Die Vorinstanz hat diese Rechtslage korrekt wiedergegeben und auf die vorliegend noch zu beurteilenden Sachverhalte angewendet. Auf die entsprechenden Erwägungen kann verwiesen werden (Urk. 125 S. 18-20 Ziff. 2.2.4 und 2.2.5. sowie Ziff. 3.2.1. und 3.2.2.). Im Sinne einer bekräftigenden Wiederholung sowie ei- ner Ergänzung ist festzuhalten, was folgt:

      2. Wie die Vorinstant richtig festhielt, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und B. vorgängig zunehmend. Dies zeigte sich bereits in Form von Drohungen (vgl. Dossier 2, Sachverhalte 1 und 2). Insbeson- dere wurde das Verhältnis durch den anstehenden Verkauf der Liegenschaft des Beschuldigten und der damit einhergehenden Räumung des Grundstücks belastet. Die Haltung des Beschuldigten diesem Verkauf gegenüber führte bei B. bereits zu einer latenten Angst vor dem Beschuldigten (Dossier 1 act. 6/5, S. 6 f. F/A. 28). Unbestreitbar war dieser Verkauf für den Beschuldigten denn auch sehr einschneidend. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte seine Gewaltbereitschaft sehr konkret zum Ausdruck brachte, indem er anlässlich der genannten Räumung auf B. zu rannte. B. musste dabei von den anwesenden Kantonspolizisten geschützt werden (Dossier 2 Sachverhalt 2). B. musste also davon ausgehen, dass der Beschuldigte vor physischer Gewalt nicht zurückschrecken würde, was dem Beschuldigten denn auch bewusst sein musste, zumal er hinsichtlich seiner Drohung gemäss Dossier 2 Sachverhalt 4 selber zu Protokoll gab, er habe die Leute erschrecken wollen (Urk. 99 S. 8). Wie weit die Gewaltbereitschaft des Beschuldigten gehen würde, war (und ist bis heute) nicht erkennbar. B. musste daher damit rechnen, dass der Beschuldigte, der – wie bereits dargelegt – aus seiner eigenen Perspektive nicht mehr viel zu verlieren hatte, zum Äussersten gehen könnte.

    Unter der vorliegend gegebenen Prämisse einer glaubhaften Drohung ist eine Drohung mit dem Tode zweifellos als schwere Drohung im Rechtssinne aufzufassen. Auch wenn das Abschneiden des Kopfes wenig realistisch erscheint, bedeu-

    tet dies nicht, dass B. nehmen müssen.

    die Tötungsankündigung an sich nicht hätte ernst

    Dass eine Todesdrohung geeignet ist, selbst psychisch sehr robuste Personen in Angst und Schrecken zu versetzen, liegt an sich auf der Hand, ist doch die An- drohung der Tötung besonders gravierend.

    5. Der erforderliche Strafantrag liegt vor (Urk. D2/2). Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Vorinstanz den Beschuldigten zurecht aufgrund der Vorwürfe gemäss Dossier 2, Sachverhalte 3 und 4, der mehrfachen Drohung schuldig gesprochen hat. Dies ist zu bestätigen.

  5. Widerruf, Strafzumessung und Vollzug

  1. Widerruf (Rückversetzung)

    1. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen der Strafzumessung, zum Widerruf und zum Vollzug zutreffend dargelegt (Urk. 125 S. 22 f., 24 ff. und 40). Sie brauchen in diesem Umfang nicht wiederholt zu werden und es kann darauf verwiesen werden.

    2. Wie die Vorinstanz richtig und unangefochten erwog, wurde der Beschuldigte wegen einschlägiger Delikte bereits zweimal zu Freiheitsstrafen verurteilt. So- dann wurde er aufgrund diverser Verfügungen des Statthalteramtes des Bezirkes Affoltern vom 15. Juni 2018, 29. Oktober 2019 und 14. Februar 2020 zu jeweils Fr. 50.– Busse einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe, Fr. 200.– Busse zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie Fr. 150.– Busse zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt (vgl. Urk. D2/3). Mit Verfügung vom 16. Februar 2021 des Amtes für Justizvollzug und Wiedereingliederung wurde der Beschuldigte per

      22. Oktober 2019 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen, bei einem nicht verbüssten Strafrest von 72 Tagen. Die Probezeit wurde auf ein Jahr festgesetzt (Urk. D2/3).

    3. Der Beschuldigte beging in der Probezeit mehrfach Vergehen i.S.v. Art. 10 Abs. 3 StGB und hat sich damit nicht bewährt. Deshalb und gestützt auf das Gutachten vom 7. Juli 2021 (Urk. D1/7/13), welches dem Beschuldigten eine Mass- nahmebedürftigkeit attestiert, kann nicht mehr von einer günstigen Legalprognose ausgegangen werden, weshalb die ihm gewährte bedingte Entlassung aus dem

      Strafvollzug zu widerrufen und die Rückversetzung in den Strafvollzug anzuord- nen ist (Strafrest 72 Tage).

    4. Im Rahmen der Strafzumessung ist nachfolgend die Möglichkeit der Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 89 Abs. 6 StGB zu prüfen, welche gleichartige Strafen voraussetzt.

  2. Strafart

    1. Der Beschuldigte ist mehrfach vorbestraft (Urk. 137):

      So wurde er am 3. Dezember 2015 wegen mehrfacher, teilweise versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– (bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren) sowie einer Busse von Fr. 300.– verurteilt. Die Probezeit von 2 Jahren wurde mit Strafbefehl vom 19. Mai 2017 um ein Jahr verlängert. Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. Februar 2020 wurde die bedingt ausgesprochene Geldstrafe widerrufen und der Vollzug der Geldstrafe angeordnet.

      Weiter wurde der Beschuldigte am 19. Mai 2017 wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer unbedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 30.– verurteilt.

      Am 22. Oktober 2019 wurde der Beschuldigte erneut wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer Freiheitsstrafe von 45 Tagen verurteilt (Urk. 137 S. 2).

      Mit Urteil vom 14. Februar 2020 wurde der Beschuldigte wegen Drohung sowie wegen Gewalt und Drohung gegen Behörde und Beamten (mehrfache Begehung) zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt und es wurde eine ambulante Behandlung angeordnet.

      Überdies wurde der Beschuldigte am 15. Dezember 2020 wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.– verurteilt.

    2. Offenkundig haben den Beschuldigten die bisherigen, nicht allzu lange zurückliegenden Geld- und Freiheitsstrafen in keiner Weise beeindruckt, um deliktsfrei zu leben. Der Beschuldigte offenbarte ein gerüttelt Mass an Uneinsichtigkeit. Die Verhängung von Geldstrafen verbietet sich daher auch nur für einzelne der eingeklagten Delikte. Entsprechend ist vorliegend für sämtliche Straftaten eine Freiheitsstrafe auszusprechen, weshalb in Anwendung von Art. 49 StGB mit der zu widerrufenden Reststrafe (72 Tage Freiheitsstrafe) eine entsprechende Gesamtstrafenbildung vorzunehmen ist (Art. 89 Abs. 6 StGB).

  3. Strafzumessung:

    1. Die für die neue Straftat auszufällende Freiheitsstrafe bildet als Einsatzstrafe die Grundlage der Asperation. Das Gericht hat diese folglich mit dem Blick auf den Vorstrafenrest angemessen zu erhöhen (BGE 135 IV 146 E. 2.4.1).

    2. Vorliegend ist der Beschuldigte der mehrfachen Drohung i.S.v. Art. 180 Abs. 1 StGB, des Hausfriedensbruchs i.S.v. Art. 186 StGB sowie der mehrfachen versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamten i.S.v. Art. 285 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen. Bei allen drei Straftatbeständen beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe. Es liegt somit der Strafschärfungsgrund der Tatmehrheit und der teilweise mehrfachen Tatbegehung vor. Als Strafmilderungsgrund ist die mittelgradig verminderte Schuldfähigkeit des Beschuldigten zu berücksichtigen (Dossier 1, Urk. 7/13). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist jedoch nur unter besonderen – vorliegend nicht gegebenen – Umständen der Strafrahmen zu erweitern.

    3. Die Vorinstanz geht richtigerweise von der versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte gemäss Dossier 1, Sachverhalt 1 als schwerste Tat aus (wobei der Unterschied zur Schwere der Taten gemäss Dossier 2 graduell und vorliegend nicht massgeblich erscheint).

      Die vorinstanzlichen Ausführungen sind in theoretischer Hinsicht allerdings insofern zu korrigieren, als die Berücksichtigung des Strafmilderungsgrundes des

      Versuches nicht Teil der Erwägungen zum subjektiven Tatverschulden ist, zumin- dest dann nicht, wenn – wie vorliegend – ein vollendeter Versuch vorliegt. Sodann ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung im Falle eines versuchten Delikts im Sinne einer besseren Nachvollziehbarkeit zuerst eine hypothetische Strafe für das vollendete Delikt festzulegen. Die derart ermittelte hypothetische Strafe ist in der Folge unter Berücksichtigung des Strafmilderungsgrundes von Art. 22 Abs. 1 StGB zu reduzieren (statt vieler Urteil des Bundesgerichts 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.1).

      1. Bezüglich der objektiven Tatschwere des Delikts der versuchten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte hält die Vorinstanz richtig fest, dass D. in seinem Sicherheitsgefühl stark tangiert wurde und er sich davor fürchtete, dass der Beschuldigte zu ihm nach Hause gehen könnte, wo er Familie hatte, und seine Drohungen wahrmachen würde. Bei der ausgesprochenen Drohung handelt es sich um das schlimmste Übel, welches einer Person angedroht werden kann. Das objektive Tatverschulden kann als keineswegs mehr leicht bezeichnet werden.

      2. Bezüglich der subjektiven Tatschwere führt die Vorinstanz zutreffend aus, dass der Beschuldigte aus einer aus seiner Sicht verzweifelten Lage heraus han- delte. Schliesslich ist seine mittelgradig eingeschränkte Schuldfähigkeit zu seinen Gunsten in Betracht zu ziehen (Urk. D1/7/13).

      3. Gesamthaft hat die Vorinstanz das Verschulden zurecht als nicht mehr leicht eingestuft. Jedoch die Einsatzstrafe – selbst unter der Berücksichtigung der Strafreduktion zufolge blossen Versuchs – zu tief angesetzt. Ohne Berücksichtigung des Versuch wäre ein Freiheitsstrafe von 5 Monaten angemessen.

    4. Das Mass der Reduktion der Strafe beim vollendeten Versuch hängt sodann insbesondere von der Nähe des tatbestandsmässigen Erfolgs und den tatsächlichen Folgen der Tat ab. Die Reduktion der Strafe wird umso geringer sein, je näher der tatbestandsmässige Erfolg und je schwerwiegender die tatsächlichen Folgen der Tat waren (BGE 127 IV 92; vgl. auch Urteile des Bundesgerichts 6B_422/2008 vom 31. Juli 2008 und 6B_105/2010 vom 13. April 2010; schliess-

      lich WIPRÄCHTIGER/KELLER, in: Basler Kommentar StGB, 4. Aufl. 2019, N 24 zu Art. 48a StGB).

      Im vorliegenden Fall lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wie nahe der tatbestandsmässige Erfolg lag. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Versuch nicht folgenlos blieb, sondern beim betroffenen D. ein empfindliches Unwohlsein auslöste, welches ihn um seine Sicherheit und gar die Sicherheit seiner Familie sogar bei sich zu Hause, wo man sich besonders sicher fühlen können sollte, fürchten liess. Im Ergebnis ging die Vorinstanz somit zurecht davon aus, dass der Versuch nur zu einer geringen Strafreduktion führt.

      Gesamthaft betrachtet erscheint unter diesem Aspekt und der Tatsache, dass der Beschuldigte mit nichts geringerem als dem Tod drohte, die vorinstanzlich festgesetzte Einsatzstrafe als zu mild. Diese ist auf 4 Monate Freiheitsstrafe zu veranschlagen.

    5. Hinsichtlich der Vorwürfe der Drohung (Dossier 1, Sachverhalt 2), der bei- den Fälle versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Dossier 2, Sachverhalte 1 und 2) und der beiden Drohungen (Dossier 2, Sachverhalte 3

      und 4):

      Bezüglich der objektiven und subjektiven Tatschwere sowie zur teilweisen Berücksichtigung des Versuchs kann im Wesentlichen auf die vorangehenden Erwägungen (Ziffer 3. vorstehend) verwiesen werden. Insbesondere hat der Beschuldigte abermals das Sicherheitsgefühl diverser Personen erheblich erschüttert. Überdies wurden auf dem Notariat / Grundbuchamt C. Vorkehrungen für die Sicherheit der Mitarbeiter getroffen. So wurde die Haupttüre verschlossen und die Identität aller Personen, die das Notariat / Grundbuchamt C. betraten, überprüft (vgl. Urk. D1/6/6 F/A 10 ff.; Urk. D1/6/7 F/A 11-14 sowie Urk. D1/6/8 FA 13-21).

      Der Sozialdienst wurde überdies vom Sicherheitsdienst überwacht. Der Beistand B. fürchte sich vor jeglichen Handlungen, welche gegen den Willen des Beschuldigten waren, da er Angst hatte, was passieren würde, wenn er irgendwo auf den Beschuldigten treffen würde (Urk. D1/6/5 F/A 31 ff.).

      Gesamthaft betrachtet ist das Verschulden des Beschuldigten entgegen der Einschätzung der Vorinstanz nicht mehr als leicht zu betrachten. Generell ist darauf hinzuweisen, dass die Äusserungen des Beschuldigten die diversen von seinen Drohungen betroffenen Personen, die lediglich ihren Amtspflichten nachgingen, stark trafen, was dem Beschuldigten durchaus bewusst sein musste und zumin- dest teilweise auch von ihm beabsichtigt wurde (Ich wollte die Leute erschrecken; Urk. 99 S. 8). Ausserdem ist – gerade mit Blick auf die obere Grenze des Strafrahmens – darauf hinzuweisen, dass kaum eine schwerere Drohung als die Drohung mit dem Tode denkbar ist. Insofern fällt die Einschätzung des Verschul- dens des Beschuldigten durch die Vorinstanz auch bei Anerkennung aller verschuldensrelativierender Aspekte und der teilweise nur versuchten Tatbegehung zu wohlwollend aus.

    6. Die Vorinstanz weist bezüglich des Vorhalts gemäss Dossier 2, Sachverhalt 2, darauf hin, dass der Beschuldigte ein 75-jähriger, kleiner und hagerer Mann sei (Urk. 125 S. 31 Ziff. 2.2.5.1.), womit mutmasslich gesagt werden soll, dass die vom Beschuldigten ausgehende Gefahr erkennbar gering gewesen sei. Dabei lässt sie jedoch ausser Acht, dass sich die Gefährlichkeit einer Person nicht nur aus ihrer körperlichen Konstitution ableitet, sondern zu einem erheblichen Mass auch aus ihrer Gewaltbereitschaft und dem Mass an Rücksichtslosigkeit (gegenüber anderen aber auch sich selber), mit der sie bereit ist vorzugehen. Diesbezüglich ist abermals darauf hinzuweisen, dass der Beschuldige übelste Drohungen ausstiess und selbst angesichts der Präsenz der Kantonspolizei keine Skrupel hatte, auf B. loszugehen.

    7. Unter Berücksichtigung dieser Umstände und der Tatsache, dass nach dem Asperationsprinzip die für die einzelnen Straftaten je einzeln angemessenen Strafen nicht zu kumulieren, sondern zur Einsatzstrafe reduziert zu addieren sind, ergibt sich für die genannten fünf Straftaten ein Zuschlag von insgesamt 5 Monaten.

      Damit resultiert als Zwischenresultat eine Strafe von 9 Monaten Freiheitsentzug.

    8. Bezüglich des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs (Dossier 3) ist in objektiver Hinsicht zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Räumlichkeiten des Sozi-

      aldienstes C.

      erst verliess, als ihm mitgeteilt wurde, dass die Polizei verständigt worden sei (Urk. 99 S. 9). Der Beschuldigte verhielt sich jedoch im Wesentlichen nicht renitent.

      Bezüglich der subjektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass der Beschul- digte direktvorsätzlich handelte. Das Motiv kann – wie die Vorinstanz richtig ausführte – darin erblickt werden, dass der Beschuldigte Geld benötigte und – wie er ausführte – telefonisch die Mitarbeiter des Sozialdienstes nicht erreichen konnte, weshalb er dann vor Ort ging (Urk. 99 S. 9; vgl. auch Prot. II S. 14), was durchaus nachvollziehbar erscheint.

      Das Verschulden wiegt in diesem Punkt marginal, weshalb sich bloss ein Zuschlag von einem halben Monat auf 9 ½ Monate Freiheitsstrafe rechtfertigt.

    9. Zu den persönlichen Verhältnissen ist aufgrund der Ausführungen des Beschuldigten selber folgendes bekannt:

      1. Der Beschuldigte ist in Zürich E. mit einem Bruder aufgewachsen und zur Schule gegangen. Im Jahr 1973 hat er geheiratet. Aus der Ehe sind seine beiden Kinder, F. , Jahrgang 1975, und G. , Jahrgang 1977, hervorgegangen. Im Jahr 1972 hat der Beschuldigte das nach seinen Angaben älteste Haus in H. gekauft, welches er mit seiner Ehefrau so umgebaut hat, dass es bewohnbar geworden ist. Seither hat er darin gelebt. Er hat lange als Architekt und freischaffender Künstler gearbeitet. Anfangs der 90er Jahre hat er im Theaterbereich zu arbeiten begonnen und eigene Bühnenbilder kreiert. Im Jahr 2014 hat seine Ehefrau – mit welcher er nun noch eine lose freundschaftliche Beziehung pflegt – die Scheidung eingereicht.

        Die Leute in H. hätten sich immer wieder daran gestört, dass er auf seinem Grundstück Materialien für Requisiten- und Bühnenarbeiten gesammelt und gelagert hat. Deswegen wurde er von der Gemeinde immer wieder aufgefordert, sein

        Grundstück ordentlicher zu gestalten. In diesem Zusammenhang habe er nach seiner Einschätzung einen Beistand bekommen. Im Jahr 2015 liess die Gemeinde seine Sachen entsorgen lassen. Im Jahr 2017 brannte sein Haus bis auf die Grundmauern nieder, nachdem es von jemandem angezündet worden sei, ohne dass man je herausgefunden habe, von wem. Er konnte danach zunächst bei ei- ner Freundin und hernach bei einer befreundeten Familie leben. Hernach kaufte er einen Wohnwagen und wohnte darin auf seinem Grundstück. Später erhielt er einen neuen Beistand. Schliesslich wurde sein Grundstück verkauft, zu einem aus seiner Sicht zu tiefen Preis, was er als einen weiteren Tiefpunkt in seinem Leben

        empfunden habe. Heute lebt er in einem Wohnheim I. in J.

        bei

        K. (vgl. zum Ganzen Urk. 7/13 S. 23 ff.; Urk. 99 S. 1 ff. und Prot. II S. 6 ff.).

      2. Der dargelegte Werdegang des Beschuldigten ist für die Strafzumessung nicht relevant, soweit er nicht bereits im Rahmen des Tatverschuldens berücksichtigt wurde.

    10. Wie bereits zuvor erwähnt ist der Beschuldigte mehrfach, teilweise einschlägig vorbestraft, wobei er mehrfach während laufender Probezeit straffällig wurde (E. V.2. 1. vorstehend). Das zeugt einerseits von einer erheblichen Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit, ist aber teilweise auch auf seine psychische Konstitution zurückzuführen, die zur bereits erwähnten reduzierten Schuldfähigkeit geführt hat. Die Vorstrafen führen zu einer Erhöhung der Strafe auf 11 Monate.

    11. Hinsichtlich des Nachtatverhaltens ist das teilweise Geständnis des Beschuldigten zu berücksichtigen. Da sein Geständnis relativ spät erfolgte und die Untersuchung nicht massgeblich erleichterte, wäre eine Reduktion um zwei Mo- nate angemessen, wenn das Geständnis sämtliche Delikte umfasst hätte. Da der Beschuldigte jedoch bis in die zweite Instanz nur teilweise geständig war, erscheint bloss eine Reduktion um einen Monat auf 10 Monate Freiheitsstrafe angemessen.

    12. Wie aufgezeigt, ist die mit Verfügung vom 16. Februar 2021 vom Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung bedingte Entlassung des Beschuldigten aus dem Strafvollzug, mit einem nicht verbüssten Strafrest von 72 Tagen, zu wi-

      derrufen und der Beschuldigte in den Strafvollzug dieser noch ausstehenden Reststrafe zurückzuversetzen. Da es sich sowohl bei der aus dem Widerruf der bedingten Entlassung des Beschuldigten resultierenden Reststrafe als auch bei der neu festzusetzenden Strafe um eine unbedingte Freiheitsstrafe, mithin um gleichartige Strafen handelt, ist eine Gesamtstrafe zu bilden. Bei der Bildung der Gesamtstrafe ist die neue Strafe als Einsatzstrafe in sinngemässer Anwendung des Asperationsprinzips (Art. 49 StGB) hinsichtlich der widerrufenen Strafe angemessen zu erhöhen. Die verbleibenden 72 Tage sind daher nicht an die Strafe zu addieren, sondern in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu re- duzieren. Daraus ergibt sich eine weitere leichte Erhöhung der Einsatzstrafe, wie dies auch die Vorinstanz richtig ausgeführt hat. Die ermittelte Freiheitsstrafe von 10 Monaten ist hinsichtlich der Reststrafe (72 Tage) um 2 Monate zu erhöhen, womit schliesslich eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten resultiert.

    13. Im Ergebnis erweist sich die von der Vorinstanz ausgefällte Freiheitsstrafe von 9 Monaten als zu mild. Da jedoch nur der Beschuldigte Berufung erhoben hat, hat es aufgrund des Verschlechterungsverbotes dabei sein Bewenden und es bleibt beim vorinstanzlich ausgesprochenen Strafmass, an welches die bereits erstandenen Haft (188 Tage) anzurechnen ist (Art. 51 StGB).

  4. Vollzug

    1. Unangefochten geblieben ist die vorinstanzliche Anordnung einer Mass- nahme. Die Anordnung einer Massnahme setzt gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. a StGB die Gefahr weiterer Straftaten voraus. Es ist entsprechend von einer ungünstigen Legalprognose auszugehen, weshalb – wie die Vorinstanz unter Verweis auf die Rechtsprechung bereits zutreffend erwogen hat (Urk. 125 S. 40) – ein volloder teilbedingter Strafaufschub gemäss Art. 42 und Art. 43 StGB vorliegend nicht in Frage kommt.

    2. Die Freiheitsstrafe ist entsprechend zu vollziehen.

VI. Kosten und Entschädigungsfolgen

  1. Ausgangsgemäss ist der Beschuldigte kostentragungspflichtig (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO). Davon ausgenommen sind grundsätzlich die Kosten der amtlichen Verteidigung (Art. 426 Abs. 1 Satz 2 StPO), wobei die Rückzahlungspflicht im Sinne von Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten bleibt. Danach sind die Kosten zurückzuzahlen, sobald die beschuldigte Person in günstigere wirtschaftliche Verhältnisse kommt.

  2. Die Höhe der Gerichtsgebühr bemisst sich gestützt auf § 199 Abs. 1 GOG nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 [GebV OG]. In Anwendung von § 14 Abs. 1 und § 16 Abs. 1 GebV OG und unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes des Gerichts sowie der Schwierigkeit des Falls ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 3'000.– festzusetzen.

  3. Nachdem die noch zu beurteilenden vorinstanzlichen Schuldsprüche allesamt bestätigt werden, ist auch das vorinstanzliche Kostendispositiv (Dispositiv- Ziffern 7 und 8) zu bestätigen.

  4. Der amtliche Verteidiger ist durch die Gerichtskasse zu entschädigen (Art. 135 StPO i.V.m. Art. 426 StPO). Er machte mit Kostennote vom

26. September 2022 für das obergerichtliche Verfahren einen Zeitaufwand von knapp 6,5 Stunden sowie Auslagen von Fr. 285.80 geltend (Urk. 140). Dieser Aufwand erscheint angemessen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Zeit für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung samt Reisezeit ist Rechtsanwalt Dr. X. mit pauschal Fr. 2'500.– (inkl. MwSt. und Auslagen) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss

Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird – ergänzend zum Teilrechtskraftbeschluss vom 18. Juli 2022 – festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Affoltern vom 5. Oktober 2021 ferner bezüglich Dispositivziffern 1 teilweise (Schuldsprüche wegen mehrfa-

    cher versuchter Gewalt und Drohung gegen Beamte, Hausfriedensbruchs sowie Drohung betreffend Dossier 1 Sachverhalt 2), 6 und 9 (Kostenhöhe und Entschädigung des amtlichen Verteidigers) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkennt- nis.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB (Dossier 2 Sachverhalte 3 und 4).

  2. Die mit Entscheid des Amtes für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich, Bewährungs- und Vollzugsdienste, vom 16. Februar 2021 verfügte bedingte Entlassung wird widerrufen. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der noch ausstehenden Reststrafe von 72 Tagen Freiheitsstrafe rückversetzt.

  3. Der Beschuldigte wird unter Einbezug dieses Strafrestes bestraft mit

    9 Monaten Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe, wovon bis und mit heute 188 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft bereits erstanden sind.

  4. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  5. Die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositivziffern 7 und 8) wird bestätigt.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 2'500.– amtliche Verteidigung

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  8. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat

    • die Privatklägerschaft

      (Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat

    • die Privatklägerschaft (falls verlangt)

    • das Bundesamt für Polizei fedpol, Bundeskriminalpolizei

    • den Nachrichtendienst des Bundes NBD

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten (betreffend vorliegendes Verfahren) sowie zwecks Neubestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten auf dem Formular Löschung des DNA-Profils und Ver- nichtung des ED-Materials betreffend früheres Verfahren SB190439 (Rückversetzung)

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A und B.

  9. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 27. September 2022

Der Präsident:

Oberrichter Dr. Bussmann

Der Gerichtsschreiber:

MLaw Andres

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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